Attraktive Wertanlagen

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Attraktive Wertanlagen
HANDELSBLATT: HB - XBEILAGE3 - 2 - 197 - 10.10.08 < 2 > - FARBE: Composite - Sendetermin: 13.10.08 10:01
KUNSTMARKT
K2|
Richter im
Härtetest
MATTHIAS THIBAUT | LONDON
N
ie stand der globale Kunstmarkt so im Härtetest. Starke
Nerven
braucht
die
Sotheby’s-Equipe in der Abendauktion am 17.10. Star ist Gerhard Richters „Jerusalem“. Das Bild aus einer „importanten europäischen
Privatsammlung“ hat mit 5 bis 7
Mio. Pfund nicht nur eine stolze
Taxe, der Preis ist auch garantiert.
Im Rückblick scheint er angemessen. Immerhin brachte „Kerze“ im
Februar einen Rekordpreis von
fast 8 Mio. Pfund, vor einem Jahr
lag der dekorative „Düsenjäger“ genau im Bereich der jetzigen Taxe.
Orientmaler, Lichtromantiker
wie J.W. Turner oder Konstantin
Aiwasowski erlagen dem Motiv
„Jerusalem“. Fast alle versuchten,
in der Darstellung der irdischen
Stadt das himmlische Jerusalem
ahnbar zu machen. Richters Blick
kehrt das gewissermaßen um. Der
Blick geht von einem Autoparkplatz im Vordergrund über die
Ebene, wo aber die Realität der historischen Stadt unter dem Pinsel
zerfließt und zur malerischen
Leerstelle wird. Am Horizont ein
Streifen Abendrot, darüber der
klare blaue Himmel. Selten hat
sich Richter als Landschaftsmaler
so weit ins Symbolische und Romantische vorgewagt.
Das Bild wurde vom Einlieferer
1999 bei Anthony d’Offay gekauft
und ist zum ersten Mal auf dem
Auktionsblock. Eine fast identische Zweitversion gehört der
Sammlung Frieder Burda.
Die Auktionen versprechen ein
Richter-Festival zu werden: Sotheby’s hat noch „Abstraktes Bild
(Rot)“ mit einer Schätzung von 3
bis 4 Mio., Christie’s hat als Hauptlos eine von Richters ehrgeizigsten Abstraktionen mit einer unveröffentlichten Taxe von um 6 Mio.
Pfund. Insgesamt sind die Sessions stark bestückt, die Schätzungen wurden aber zu einem Zeitpunkt festgelegt, als man vom Ausmaß der Wirtschaftskrise noch
nichts ahnte. Den Vogel soll ein
„Fine di Dio“ von Lucio Fontana
abschießen: Nachdem ein rosafarbenes Exemplar der Ei-Serie im
Juni mit 8 Mio. Pfund zu hoch angesetzt war, versucht es Christie’s
nun mit dem schwarzen Bild der
Serie: Auch dieses Los ist garantiert und soll 12 Mio. Pfund kosten.
Attraktive Wertanlagen
NEUES VOM MARKT
Schöner Erfolg für alles,
was glänzt
Die Munich Highlights wachsen auf 28 Teilnehmer
und dehnen sich auf vier Straßenzüge aus
SUSANNE SCHREIBER | MÜNCHEN
Die edelste Münchener Messe, die
Munich Highlights, präsentiert in ihrer fünften Ausgabe Kunst von der
Antike bis zur Gegenwart in nunmehr
14 ausgewählten Kunsthandlungen
der Innenstadt. Der Kreis der Initiatoren in der Brienner Straße ist um elf
neue Aussteller gewachsen: u.a. Marlborough in der Galerie Thomas (mit
raren Pergament-Abzügen von Picassos Suite Vollard), Michael Haas bei
Arnoldi-Livie, Jean-David Cahn in
der Galerie Maulberger. Einige Galerien stellen bei den Highlights und
der Münchener Kunstmesse aus, der
alte Exklusivitätsanspruch wurde aufgegeben.
Wer die Brienner-, die Pranner-,
die Maximilianstraße und den Odeonsplatz besuchen will, braucht gutes Schuhwerk und viel Zeit, denn es
gibt zahlreiche Entdeckungen zu machen.
Während die Banken endgültig
das Vertrauen der Anleger verspielt
haben, bieten die 28 Teilnehmer der
Highlights attraktive Wertanlagen,
die bereits den Segen der Kunstgeschichte haben: edle Skulpturen bei
Böhler und Blumka, feinste Ebenistenkunst bei Otto von Mitzlaff, historisches Silber bei Helga Matzke.
Die Grünwalderin hat beispielsweise eine getriebene, vergoldete
Nürnberger Bouillonschale aus der
Zeit um 1678 im Angebot. Ihr Deckel
fand an der fürstlichen Tafel als Brotteller zusätzliche Verwendung
(58 000 Euro).
Bei Röbbig findet der Porzellansammler ein Paar frühe Chinesenfiguren in einer zeitgenössischen Bronzemontierung des Régence. Sie werden George Fritzsche zugeschrieben.
Diese französische Umarbeitung von
Porzellanfiguren zu Leuchtern ist so
selten, dass 195 000 Euro erwartet
werden.
Georg Laue stellt eine formidable
Sammlung von Kabinettschränken
vor. Diese, mit edlen Hölzern intarsierten Kunstkammerschränke im
Miniaturformat sorgen im Inneren
mit vielen kleinen Schüben für Überraschungen. Sie lehren auch das Staunen wie etwa der „Einhorn“-Schrank
aus Tirol, der um 1600 entstand und
38 000 Euro kosten soll. Kupferge-
Foto: Kunstkammer Georg Laue PR
SPITZENSTÜCK
10./11./12. OKTOBER 2008 | NR. 197
mälde mit Ovids „Metamorphosen“ laden zur Kontemplation ein. Für sie ist ein Preis von
110 000 Euro veranschlagt.
Mit einem vielfältigen Gemäldeangebot nähern sich
Marcus Marschall und sein
Gast, Jean-François Heim aus
Paris, Italien und seinen
schönsten Seiten. Marschall
zeigt mit einer Corot-Skizze
von 1843 aus der Sammlung Delon,
wie sich die klassische Vedute zum
Stimmungsbild gewandelt hat. Dafür
wählte er am Forum Romanum einen
zufälligen Ausschnitt und machte die
Lichtverhältnisse zum Hauptthema
(580 000 Euro).
Heim führt mit zwei Venedig-Ansichten
von
Ippolito
Caffi
(1809-1866) vor, wie sich die Vedutenmalerei des 18. Jahrhunderts mit der
Lichtmalerei des 19. Jahrhunderts zu
starkfarbigen
Architekturpanoramen verbindet (ab 200 000 Euro).
Eine ganze Parade kapitaler Altmeister-Bilder erwartet den Besucher dann bei Konrad Bernheimer.
Allein schon wegen seiner Leuchtkraft hebt sich das Kupfergemälde
„Salomo empfängt die Königin von
Saba“ des österreichischen Rokokomalers Johann Georg Platzer von den
anderen Alten Meistern des rot ausgeschlagenen Saals ab. Den zeremoniellen Huldigungsakt zweier Gleichrangiger unterstreicht Platzer mit detailreicher Figurenbeobachtung, einer
Dieser schwarze Mini-Kabinettschrank reizt mit seinen Beschlägen aus Silber
und graviertem Messing das Auge – Er entstand um 1600 in Augsburg.
aufwendigen Architekturkulisse und
strahlenden Farben (435 000 Euro).
Skulptur trifft auf Malerei, Alte
Meister auf junge Wilde in der Galerie, die Dr. Riedl und Hildegard
Metz de Benito teilen. Für ein frühes
deutsches Stillleben von Isaak Soreau mit der charakteristischen
„Brombeer“-Signatur erwartet Riedl
380 000 Euro. Wesentlich günstiger
ist ein ungewöhnlich lebhaft gestaltetes Jesuskind mit Thron (Spanien
1740), das bei Metz 9 500 Euro kosten
soll. Nebenan bei Wager & Ahrend
findet der Geschichtsfreund eine auf
Elfenbein gemalte Miniatur vom
Markgrafen von Sachsen (7 800
Euro). Das Bildnis des illegitimen
Sohnes August des Starken ist in Silber gerahmt: was für ein Blick, was
für ein Kerl!
Mit einer brillant kuratierten
Schau wartet Fred Jahn auf. Er konfrontiert „Remix“-Zeichnungen von
Kunst-Konzentrat
5. Munich Highlights
Internationale Kunsthändler und
Sammler treffen sich in München
11. bis 19.10., tägl. 11 bis 18 Uhr
Die. und Do. bis 20 Uhr
Vorträge vor Originalen
16 Uhr, Galerie Bernheimer
11.10.: Konrad O. Bernheimer
12.10.:Heribert Tenschert
12.30/18.30 Uhr, Gal. Bernheimer
13.10.: Blanca Bernheimer
14.10.: Virginie Spenlé
15.10.: Helga Matzke
16.10.: Christine Deininger
12.30/18.30 Uhr
17.10: Galerie Daxer & Marschall
17.10. Galerie Dr.Riedl
Baselitz’ „Neuem Typ“ (32 000
Euro) mit Arbeiten von Picabia
und George Grosz. Picabias mythologische Strandszene (1929)
legt konturierte Figuren kühn
über die Landschaft (125 000
Euro); ein Akt aus Grosz’ Zeit
in den USA lebt gleichfalls allein aus der Linie (62 000
Euro). De Koonings späte Farbnebel
auf
Zeitungspapier
(112 000 Dollar) entfalten einen Dialog mit Gerhard Richters neuesten
Fotoübermalungen
mit
Lack
(16/20 000 Euro).
Häusler Contemporary präsentiert neue Licht-Arbeiten der Wienerin Brigitte Kowanz neben Schriftbildern in Neon (ab 23 000 Euro), auch
einen verspiegelten Glaskubus, in
dem die Neonschrift „matrix“ quasi
in die Unendlichkeit verlängert wird.
So entsteht eine Schrifttextur, die
sich im Umschreiten laufend verändert (31 000 Euro, bis 22.11.).
Um Erkenntnisblitze und Lichtkunst geht es auch in der Galerie Thomas. Hier stellt die Skulptur „Ohne
Titel (Für Charlotte)“ von Dan Flavin aus dem Jahr 1987 buchstäblich
das Highlight dar. Im dunklen Raum
strahlen die Farben Rot, Lila, Grün
und Gelb so stark, dass sich der Betrachter von ihr gleichsam ummantelt fühlt (550 000 Dollar). Selten
leuchten Errungenschaften der
Kunstgeschichte (der Ausstieg aus
dem Bild) so unmittelbar ein.
Die zweite Auktion von Art und Auktionen Scheublein am 19.9. in München brachte vor allem für die Silberofferte einer süddeutschen Privatsammlung und die Volkskunst
einen schönen Erfolg. Beides ließ
sich zu 90 Prozent nach Losen absetzen. Eine Helmkanne von Johann Mittnacht I, Augsburg, erzielte 9 000 Euro netto (Taxe
4 000), ein Nürnberger Deckelhumpen aus der 1. Hälfte des 17.
Jahrhunderts von Nicolaus Weiss
12 000 Euro. Der höchste Zuschlag von 75 000 Euro galt einer
„Sennerin im Hochgebirge“ von
Carl Spitzweg (um 1870/75,
70 000 Euro). Ein griechischer
Sammler bezahlte 15 000 Euro für
eine intime Mutter-Kind-Darstellung von Nikolaos Lytras, das Fünffache der Taxe. Franz von Lenbachs duftiges „Bildnis einer jungen Frau“ kam auf 12 000 Euro.
Komplett abgesetzt wurden die
Teppiche. Alle wurden zu vielfachen Taxen bis zu 1 900 Euro abgegeben. Mit einer Zuschlagsumme
von rund 500 000 Euro hat sich
die Verkaufserwartung „sehr positiv erfüllt“, sagt Michael Scheublein. Insgesamt wurden ca. 70 Prozent der Lose verkauft. | bet
Paralleler Auftritt für
Antiquitäten und Skulpturen
In der zweiten Novemberwoche finden in Berlin zwei Kunst- und Antiquitätenmessen parallel statt: die
alteingesessene Ars Nobilis
(7.-16.11.) im Automobilforum Unter den Linden und die neu gegründete Sculptura im Schlüterhof des
Deutschen Historischen Museums
(13.-16.11.). Auf der von 30 deutschen Händlern beschickten Ars
Nobilis figurieren vor allem Zeichnungen und Gemälde des 19. Jahrhunderts, Porzellane, Möbel, Silber und antike Öfen. Mit einer Sonderschau, in der fünf zeitgenössische Fotografen sich dem Thema
Plastik widmen, schlägt sie den Bogen zu der ersten Skulpurenmesse. Diese präsentiert Material
von 24 internationalen Ausstellern.
Das Spektrum reicht von den Antiken Cahns (Basel) bis zu modernen Skulpturen der Münchner Galerie Thomas. Seltene Messegäste
wie die Londoner Firmen Sam
Fogg und Daniel Katz sind mit von
der Partie. Zu den Paradestücken
der Ars Nobilis zählen der einzig erhaltene blau-weiße Stockelsdorfer
Ofenaufsatz in Rokokoform und
ein Gärtner-Gemälde der Klosterruine Lehnin. | ch
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