Interpretation zum gestiefelten Kater von Ludwig Tieck

Transcription

Interpretation zum gestiefelten Kater von Ludwig Tieck
Lobo Lutz, Unterrichtsfach Deutsch
Modul Nr. 4 von Lukas
Thema: Modularbeit Sturm und Drang
Seite 1 von 3
6300 Zeichen ergibt 4 Pt.
Bewertung: genügend-gut
Interpretation zum gestiefelten Kater von Ludwig Tieck
Das Kindermärchen Märchen 'der gestiefelte Kater' dervon den Gebrüdern Grimm wurde von
vielen Künstlern aufgegriffen, so auch von Ludwig Tieck, der die Geschichte in ein Theaterstück
(benütze besser den Begriff 'Stück' weil 'Theater' die Institution/das Gebäude meint) umschrieb1.
Das Spezielle daran ist, dass es sich um ein Theater im Theater handelt, das heisst auf der Bühne
ist eine zweite Bühne zu sehen, auf welcher das eigentliche Stück aufgeführt wird, und davor
weitere Schauspieler, die als Zuschauer das Stück betrachten und es während des Geschehens
kritisieren. Auch tritt teilweise auch der angebliche Dichter des Stücks auf, um die Menge von
Banausen zu beruhigen. Die Zuschauer geben vor, alles zu wissen über Kunst, werden aber als
einfache Menschen dargestellt, die den Sinn des Stücks nicht verstehen. Kurz gesagt, endet das
Schauspiel in einem Desaster, da das Publikum mit der Geschichte nicht zufrieden sind. Sie geben
das den Schauspielern und dem Dichter so zu verstehen, indemdass sie anfangen zu pochen und
zu rufen, bis der Besänftiger erscheinen muss, um die Meute zu beruhigen. Jedenfalls scheitert
das Stück kläglich, sodass Schauspieler ihren Text falsch aufsagen, wie zum Beispiel der Besitzer
des Katers Hinze, namens Gottlieb, der die reale Zeit mit der auf der Bühne verwechselt, da ihn
die Audienz verunsichert. So verwirren sich alle gegenseitig, bissodass die Zuschauer, die eher
wenig Verständnis zeigen, völlig die Geduld verlieren. Als das Stück endlich zu Ende gespielt ist,
erklärt der Dichter niedergeschlagen, er habe nur die Zuschauer für einen Abend zurück in die
Kindheit versetzen wollen, was ihm anscheinend aber nicht gelungen sei, worauf er
niedergeschlagen die Bühne verlässt. Ein Mann aus dem Publikum sagt, er sei eben genau froh,
nicht mehr ein Kind sein zu müssen, also war das Bemühen des Schreibers völlig zwecklos.
Ich habe selten ein Schulbuch so schnell durchgelesen und das nicht nur, weil es so dünn ist,
sondern auch, weil es Spass macht dem Publikum zuzuschauen, dessen Meinung zu vernehmen
und sie bewerten, obwohl ihre Aussagen während dem eigentlichen Stück manchmal nur stören.
So verpasst man einige wichtige Momente der richtigen Geschichte, da der Ort des Geschehens
ständig wechselt. Andererseits kann man das auch als positivenr Punkt betrachten, weil man sich
so ein wenig wie einer aus dem Publikum fühlt, der vor allem die dummen Kommentare
mitbekommt. Ich betrachte dies als eine Art Gruppendruck-Effekt. Es gibt eigentlich nur zwei, drei
Personen, die nichts Besseres zu tun haben, als noch während des Theaters zu kritisieren. Der
Rest der Gruppe schliesst sich schlussendlich einfach an. (Gute Beobachtung!) Ausserdem sind
die Reaktionen des Publikums meistens überhaupt nicht angemessen. Zum Beispiel gibt es zwei
1 Die Grimms haben das Märchen nicht erfunden. Sie haben lediglich bestehende, volkstümlich Märchen gesammelt
und herausgegeben. Beachte bitte, dass Tiecks Stück älter ist, als die Grimm-Fassung des Stoffs.
Lobo Lutz, Unterrichtsfach Deutsch
Thema: Modularbeit Sturm und Drang
Seite 2 von 3
Szenen auf dem freien Feld, in welchen ein Liebespaar auftritt. Sobald die Audienz(?) mit dem
Verlauf der Szene nicht einverstanden sind, rufen sie ihr Missfallen sofort aus, was ein aufgeklärter
Mensch meiner Meinung nach niemals machen würde, da eine solche Reaktion einfach nicht
angebracht ist.
Ehrlich gesagt finde ich die Hinweise auf Sturm und Drang nicht wirklich (Wer sagt, dass es sie
geben muss?). Es gibt weder einen höllisch leidenden Werther, der mit seinen Gefühlen nicht
zurechtkommt, noch gibt es einen ehrenvollen Karl von Moor, der von Liebe und
Verantwortungsbewusstsein getrieben wird. Die eigentliche Geschichte spricht für das einfache
Volk, da der König und sein Gefolge nicht wirklich gut wegkommen. Der arme Gottlieb ist zwar
einfältig und hat nichts ausser seinem Kater, ist aber gutgläubig und aufrichtig. Die Katze hilft ihm
nur, aufgrund dessen (?). In ihr haben wir wiederum einen aufgeklärten Charakter. Er gibt nichts
auf die Obrigkeit und weiss, was er zu bieten hat und was er erreichen kann, obwohl er im freien
Feld mit seiner Natur kämpfen muss, ein Hinweis auf die Menschlichkeit. Er überwindet sie jedoch
und bringt dem König sein lang ersehntes Kaninchen. Der Monarch ist meiner Ansicht nach
ebenfalls eine Kritik an dem Klassensystem. Wenn ein so dummer Mann ein Land regiert, wie
kann da noch Gerechtigkeit existieren? Auch seine Tochter ist schön, aber beschränkt. Sie schafft
es nicht einmal die richtige Fallform anzuwenden (Beleg?), was einen natürlich lächerlich dünkt,
wenn man an eine Prinzessin denkt, die doch gebildet sein sollte. Ein klarer Hinweis auf die Ironie
in dem Stück. Trotzdem ist sie ein eher positiver Charakter. (Also rechnest du das Stück der SpätAufklärung und nicht dem Sturm und Drang zu, oder? Dem würde ich zustimmen. Die Ironie,
welche du zudem korrekterweise ausmachst, ist wiederum typisch für Komödien der Romantik)
Eigentlich ist mir klar, an wem der gestiefelte Kater Kritik seinüben sollte, doch obwohl das
Publikum die ungebildete, verständnislose Masse spielt, mit der man als Künstler leider immer zu
tun hat, kann ich mich recht gut in die Leute hinein fühlen. Man kann nicht alles Kunst nennen und
die Gegner einfach Banausen nennen. Das ist zu einfach, auch wenn es manchmal wirklich so ist.
Ausserdem kann sich die Kunst nicht über den 'Durchschnitt' der Menschheit stellen. Sobald sie
sich als etwas besseres sieht, wird sie enorm unsympathisch. 2 Bis zum Schluss macht die
Geschichte ein wenig diesen Eindruck auf mich. Der Dichter verteidigt sein Werk vor der
rumorenden Meute. Am Ende des Spiels erklärt er den Zuschauern jedoch, auf eine mir sehr
einleuchtende Art, was er eigentlich mit dem Stück hätte bezwecken wollen. Er habe die Menschen
nur für diesen Abend zurück in ihre Kindheit versetzen wollen, was ihm in den Augen des
2 Das ist deine – durchaus nachvollziehbare – Ansicht. Ich würde es aber nicht in dieser absoluten Form darstellen. Es
gab und gibt immer wieder 'Elite-Kunst', die sich zu einem gewissen Teil dadurch definiert, dass sie von
'Unwissenden' nicht verstanden werden kann, bzw. diese aufklären will. Vgl. z.B. 'Bauhaus' in der Architektur/im
Design: Der Stil wurde von den einfachen Leuten dieser Zeit auch nicht verstanden...
Lobo Lutz, Unterrichtsfach Deutsch
Thema: Modularbeit Sturm und Drang
Seite 3 von 3
Publikums ganz und gar nicht gelungen ist, Uund zugegeben: Es ist eine Aufgabe, die sozusagen
nicht zu meistern ist. Warum? Weil wir uns in der Pubertät so fest von der Kindheit und der
kindlichen Haltung entfernen, sodass wir später ein Leben lang auf der Suche nach ihr sind. Einer
der Männer behauptet, er wäre froh, erwachsen zu sein, was ich für absoluten Schwachsinn halte.
Kein erwachsener Mensch kann wieder so glücklich sein, wie ein Kind, auch wenn er es auf alle
Art und Weise pProbiert. Dessen bin ich mir sicher. Der Dichter, beziehungsweise Tieck, hat sicher
einiges in der Menschheit erkannt. Für mich ist die Geschichte trotz aller Ironie und lustiger
Gesellschaftskritik ein etwas verzweifelter Versuch, zu veranschaulichen, wie hilflos der Autor sich
fühlen muss, wenn er Menschen von seiner Kunst, Ansicht und Philosophie, wie zum Beispiel
seine Meinung zur Kindheit, überzeugen will.
Kommentar
Positiv:
•
In deinem Text gewinnst du tiefe Einblicke in gewisse Aspekte des Stücks von Tieck. Deine
Beobachtungen und Schlussfolgerungen sind dabei scharfsinnig.
Negativ:
•
Der Aufbau/die Konzeption der Arbeit sind nicht wirklich gelungen. Ich habe den Eindruck,
dass du am Anfang des Textes noch nicht gewusst hast, wo du am Ende hingelangen wirst.
Dadurch ist der Text nicht wirklich zielgerichtet aufgebaut. Stichwort: These/Fragestellung
in der Einleitung.
•
Du schreibst eine Interpretation und solltest dich dabei möglichst an Objektivität halten. In
diesem Text geht es zu sehr um deine Meinung/deine Ansichten.
•
Du argumentierst durchaus am Text. Allerdings solltest du dann mit Vorteil auch die
Textpassagen benennen, auf die du dich beziehst.