Broschüre Gluten-/Weizensensitivität (Non Celiac Gluten Sensitivity)

Transcription

Broschüre Gluten-/Weizensensitivität (Non Celiac Gluten Sensitivity)
Gluten-/ Weizensensitivität
(Non Celiac Gluten Sensitivity)
INHALT
1 GLUTEN
Ein Gluten, viele Proteine
Kohlenhydratunverträglichkeiten und weitere
Auslöser einer Gluten- / Weizensensitivität
2 GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
2
4
8
10
12
Definition und Epidemiologie
13
Internationale Expertenempfehlungen
14
Der diagnostische Ablauf
14
Anzeichen und Symptome
18
Unterschiede zwischen Zöliakie
und Gluten-/ Weizensensitivität
22
Gluten-/ Weizensensitivität bei Kindern
26
3 THERAPIE
30
4 SCHWIERIGE FÄLLE
32
5 DR. SCHÄR
36
Dr. Schär
37
Dr. Schär Institute
38
Literatur
39
EINLEITUNG
EINLEITUNG
Die genetischen Veränderungen von
glutenhaltigen Getreidesorten, welche in den vergangenen 100 Jahren
zugunsten von Qualität und Quantität vorgenommen wurden, können
als „Evolutionsfehler“ bezeichnet
werden und werden unter anderem
als Ursache für glutenbedingte Erkrankungen vermutet. Die bekannteste Form der Glutenunverträglichkeit stellt die Zöliakie dar. Etwa
1 % der europäischen Bevölkerung
ist davon betroffen. Neben der Zöliakie gibt es noch weitere Formen
von Glutenunverträglichkeiten: Liegt
weder eine Weizenallergie noch Zöliakie vor, so kann gegebenenfalls eine
Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität (Gluten-/ Weizensensitivität, Non Celiac Gluten
Sensitivity (NCGS)) in Betracht gezogen werden. Diese Nahrungsmittelunverträglichkeit scheint sogar einen
größeren Teil der Bevölkerung zu betreffen als die Zöliakie. Bislang gibt es
keine validen Biomarker (Serumparameter oder Gewebemarker), um eine
Gluten-/ Weizensensitivität nachzuweisen. Die Diagnose einer Gluten-/
Weizensensitivität kann aktuell nur
nach Ausschluss einer Zöliakie und
einer Weizen- bzw. Glutenallergie
sowie bei einer klinischen Besserung
bei einer glutenfreien Diät postuliert
werden. In einem Expertenkonsortium wurde, aufgrund der Komplexität des diagnostischen Algorithmus,
ein klinisch detaillierter Leitfaden für
den Nachweis einer Gluten-/ Weizensensitivität erstellt.
YURDAGÜL ZOPF
Professorin für Innere Medizin, Bereichsleitung
klinische und experimentelle Ernährungsmedizin
am Universitätsklinikum Erlangen.
DETLEF SCHUPPAN
Professor für Molekulare und Translationale
Medizin (Fibrose- und Zöliakieforschung) an
der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.
CARLO CATASSI
Gastprofessor für Pädiatrie an der Università
Politecnica Delle Marche in Ancona, Italien,
und Präsident der italienischen Gesellschaft
für Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie
und Ernährung (2013 – 2016).
ALESSIO FASANO
Professor für Pädiatrie, Leiter der Abteilung für
Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung und
Direktor der Forschungszentren Center for Celiac
Research und Mucosal Immunology & Biology
Research Center am Mass General Hospital for
Children in Boston, Massachusetts (USA).
Gluten
4
1
1 | GLUTEN
Als Bestandteil von Weizen, Gerste, Roggen und deren Untersorten
ist Gluten ein Speicherprotein, das
sich hauptsächlich aus Prolaminen
und Glutelinen zusammensetzt. Im
Weizen wird die alkohollösliche Prolaminfraktion als Gliadin und die
alkoholunlösliche Glutelinfraktion
als Glutenin bezeichnet. Gluten wird
in wässriger Lösung elastisch und
porös und dient bei der Brotherstellung als Hauptstruktur. Physikalisch
gesehen ist seine Haupteigenschaft
zäh-elastisch. Dadurch entsteht ein
Material, das sowohl elastisch als
auch plastisch ist und über die Fähigkeit verfügt, seine ursprüngliche
Form zu verändern. Zu den praktischen Vorteilen von Gluten bei der
Brotherstellung gehören etwa die
Zunahme des Teigvolumens von mit
Backtriebmitteln hergestellten Produkten, die Bindungsfähigkeit von
Stärke während des Backvorganges
sowie die verzögerte Aufnahme von
Stärke während der Verdauung.
Roggen
Gerste
Weizen
Glutenine
Gluten
+ Energie
+ H2O
Gliadin
Glutenin
Gliadine
Gliadine (mind. 40 bis 50 verschiedene Moleküle) sind monomere
Proteine, die wenige molekulare
Wechselwirkungen, u. a. z.T. mit Gluteninen eingehen und dem Teig seine
Dehnbarkeit verleihen. Glutenine
ARG
180
VAL
ILE
VAL
PRO
VAL
sind Polymere, d. h. vielkettige Proteine, die viele molekulare
Wechselwirkungen eingehen. Diese
sorgen für Elastizität und bestehen
aus High-Molecular-Weight-Untereinheiten mit 3 bis 5 verschiedenen
GLN PRO GLN
SER
70
TYR
PRO
LEU
PRO
ALA
HIS
VAL
VAL
ILE LEU
HIS
GLN
GLN
GLN LYS
190
GLN GLN GLN
GLN
PRO
SER
GLN SER GLN
169
GLU
CYS 170
ASN
SER
PRO
HIS
GLN
ILE
ALA
GLN
LEU
ILE
GLN
TYR CYS
PRO
PRO
PRO
VAL
THR
GLN
GLN
266
ASN
255
ALA
ILE
GLN
GLN
TRP
SER
PRO 10
THR
ALA
ILE
PRO
PRO 260
GLN 160 LEU
GLY
PHE
GLN
PHE
PRO
PHE
TYR 250
PHE
GLN
HIS
GLY ILE
GLN PRO TYR
ASN
VAL
PRO
PRO 60
80
GLN
GLN
PRO
GLN
157 ASN
ILE
GLN
LEU
247
CYS
PRO 200
SER
PRO
PHE
156 CYS
GLN
LEU
CYS
GLN
LEU
MET
CYS
GLN
LEU
GLU GLU
GLN
126
GLU
GLN
ALA
ILE
TYR
GLN
MET
PHE
GLN
PRO
GLN
LEU
GLN 120
240
LEU
ARG
ASP
SER
GLN
LEU
GLN
GLN
THR GLN
LEU ALA LEU ASN
LEU
TYR
LEU
VAL
GLN
PRO
TYR
230
PRO
GLN 150
ILE
PRO
VAL
PRO 90
130
LEU
PRO
GLN
THR
GLN
GLN
GLN
LEU
GLN
GLN
LEU
THR
GLU 20
GLN
GLN
GLN
LEU
GLN
GLY
SER
GLN
PRO
ILE
PRO GLN
SER
GLN
ILE
50
VAL
GLN
GLN
VAL
GLN
PRO
SER
HIS
SER
GLY
PHE PRO
GLN
PRO
GLN
GLN
GLN
ASN
GLN
GLY
SER 210
PRO
GLN
LEU
LEU
ILE
GLN
GLN
GLN
PHE
GLN
VAL
VAL
PRO
110
ALA
ALA
ARG
TYR
GLN
ALA 220
GLN
GLN
GLN 100
HIS
PRO
PRO
GLN
GLN
SER
GLN
GLN
GLY ARG
SER
GLN
GLN
GLN
PRO
GLN
140
ASN GLN
GLN
GLN 40 GLN
GLN
30
GLN
PHE
GLN
PRO
GLN
LEU
PRO
GLY
PHE
GLN
GLN
PRO
GLN
PRO
GLN
PHE
ARG
6
Struktur des Gliadins
1 | GLUTEN
Struktur
des HMWGlutenins
Molekülen sowie Low-MolecularWeight-Untereinheiten mit 16 bis
25 verschiedenen Molekülen. Gliadine und Glutenine werden aufgrund
ihres hohen Prolingehalts nicht vollständig im Darm gespalten. Dies liegt
daran, dass im menschlichen Darm
die notwendigen Verdauungsenzyme, die sogenannten Prolylendopeptidasen (PEP), nicht vorhanden
sind. Prolin ist eine vom menschli-
Prolin
chen Organismus synthetisierbare,
nicht essenzielle Aminosäure, die
durch eine Oxidase abgebaut und
über die Zwischenstufe Glutamat-γSemialdehyd in Glutaminsäure umgewandelt wird. Die vom Organismus synthetisierbare Glutaminsäure
ist sowohl eine Proteinkonstituente
als auch ein erregender Neurotransmitter des Nervensystems als Vorstufe zur γ-Aminobuttersäure.
Glutaminsäure
COOH
HN
C
H2C
CH2
CH2
H
Glutamin
COOH
H2N
C
H
COOH
H2N
C
CH2
CH2
CH2
C=O
COOH
NH2
H
EIN GLUTEN, VIELE PROTEINE
Die im Keim einer einzelnen Weizensorte vorhandenen Speicherproteine machen nur 10 bis 15 % des
Trockengewichts, aber 80 bis 90 %
des Proteingehalts aus. Sie sind, wie
oben beschrieben, sehr heterogen
(mind. ~100 verschiedene Moleküle). Dank dieses Polymorphismus
lässt sich jede kultivierte Sorte anhand ihrer eigenen Speicherproteinzusammensetzung identifizieren
(„Fingerprint“). Der allelische
8
Polymorphismus von Gliadinen
ist äußerst hoch. In italienischen
Weichweizensorten (triticum aestivum) wurden beispielsweise 25 Allele für α-Gliadine am Chromosom
6A, 22 Allele am Chromosom 6B
und 19 Allele am Chromosom 6D
identifiziert. Die α-Gliadine und
ω-Gliadine enthalten die meisten,
als Antigen wirkenden Epitope,
die hauptsächlich für die Zöliakie
verantwortlich gemacht werden.
1 | GLUTEN
KOHLENHYDRATUNVERTRÄGLICHKEITEN
UND WEITERE AUSLÖSER EINER
GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
Die Hinweise häufen sich, dass Kohlenhydrate in Weizen, Gerste und
Roggen, u. a. Fruktane, für gastrointestinale Symptome bei Patienten mit
funktionellen Magen-Darm-Erkrankungen mitverantwortlich sind. 1 – 5
Fruktane sind Fruktosepolymere
und umfassen Fructooligosaccharide
(FOS), Oligofructose und Inulin. 6
Da im menschlichen Organismus die
benötigten Enzyme zur Verwertung
von Fruktanen fehlen, passieren sie
den Gastrointestinaltrakt mit einer
sehr geringen Absorptionsrate. 7 Dadurch verursachen die unverdauten
Kohlenhydrate osmotische Veränderungen, die einen erhöhten Wassergehalt im Dünndarm und damit
eine mögliche veränderte Motilität
zur Folge haben. 1 Im Dickdarm werden Fruktane zudem von den Darmbakterien fermentiert, was zu einer
vermehrten Bildung von Gasen und
luminaler Distension führt. 1, 4 Bei
sensitiven Patienten kann dies abdominelle Beschwerden oder Schmerzen sowie Blähungen verursachen. 5
Der Verzicht auf Fruktane ist Teil
10
einer speziellen Diätmaßnahme,
bekannt als Low-FODMAP-Diät,
die sich auf Beobachtungen sowie
komparative und randomisierte
kontrollierte Studien stützt. 2, 5, 8 – 14
Die Abkürzung „FODMAP“ steht
für „Fermentierbare Oligo-, Diund Monosaccharide und Polyole“.
Die Auswirkungen von FODMAPs
scheinen bei abwechslungsreicher
Ernährung dosisabhängig zu sein. Als
Therapie von Reizdarmsymptomen
empfiehlt sich eine vorläufige Restriktion aller und nicht nur einzelner
FODMAPs. 15 Bei der Low-FODMAP-Diät wird für einen Zeitraum
von vier bis acht Wochen auf alle
Lebensmittel, die diese fermentierbaren Kohlenhydrate enthalten, verzichtet. Daraufhin folgt eine Phase
der Wiedereinführung und eine Ermittlung der individuellen Toleranzschwelle. Obwohl der Fruktangehalt von Getreide relativ niedrig ist,
wird in Europa Weizen regelmäßig
in großen Mengen konsumiert, sodass Fruktane einen großen Teil der
täglichen Aufnahme betragen. 4, 16, 17
1 | GLUTEN
Allerdings haben Fruktane auch bedeutende gesundheitliche Vorteile.
Dank ihrer probiotischen Wirkung
stimulieren sie Wachstum und Aktivität wichtiger Darmbakterien,
u. a. Lactobacillus und Bifidobakterien. 8 Erst durch weitere Studien
kann bestimmt werden, welchen
Einfluss Fruktane auf gastrointestinale Symptome haben und wie
sich der vorübergehende Verzicht
auf Fruktane längerfristig auswirkt. 4
Andere Daten lassen vermuten, dass
Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATIs)
Auslöser für die Gluten-/ Weizensensitivität sein könnten. Weizen-ATIs
sind eine Familie aus bis zu 16 strukturhomologen Proteinen mit einem
Molekulargewicht um 15.000, die
meist Di- und Tetramere bilden und
hochresistent gegenüber einer intestinalen Proteolyse sind. Sie gehören
u. a. zu den wichtigsten Allergenen,
die Bäckerasthma auslösen können.
ATIs aktivieren die angeborene Immunität über eine Stimulation des
TLR4-MD2-CD14-Komplexes (Lipopolysaccharid-Rezeptor) auf Makrophagen und dendritischen Zellen
und führen hier zu einer Hochregulierung von Reifungsmarkern und
einer Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen, was in den
Zellen von Zöliakie- und Nicht-Zöliakiepatienten sowie in Biopsien von
Zöliakiepatienten nachgewiesen werden konnte. 18a Es mehren sich Daten, die zeigen, dass ATIs, von denen
täglich mit einer normalen glutenhaltigen Diät ca. 0,5 bis 1,5 g konsumiert werden, eine wichtige Rolle als
Trigger der Weizen-(Gluten-)Sensitivität spielen und mechanistisch gut
erklärbar insbesondere auch für die
häufigen extraintestinalen Symptome verantwortlich sind. 18b, c
Gluten-/
Weizensensitivität
12
2
2 | GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
DEFINITION
Bei der Gluten-/ Weizensensitivität
(Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität) handelt
es sich um eine Nahrungsmittelunverträglichkeit mit intestinalen
und extraintestinalen Symptomen,
die nach dem Verzehr glutenhaltiger Nahrungsmittel auftreten
kann. Nach Ausschluss einer Zöliakie und einer Weizenallergie
kann eine Gluten/Weizensensitivität postuliert werden. 19
EPIDEMIOLOGIE
Obwohl noch weitere Untersuchungen zur Bestätigung der
tatsächlichen Prävalenz der Gluten-/ Weizensensitivität notwendig
sind, scheint diese höher als bei
Zöliakie zu sein. 20 Epidemiologische Studien schätzen die Prävalenz
der Zöliakie in der erwachsenen
europäischen Bevölkerung auf ca.
1 %, mit steigender Tendenz. 21, 22, 24, 25
Neueren Metaanalysen zufolge kommen auf jeden diagnostizierten Fall
von Zöliakie bei Erwachsenen sieben
bis acht unerkannte Fälle. 23
Während sich eine Reaktion auf Gluten bei Zöliakie oder Weizenallergie
durch allergische und autoimmu-
ne Mechanismen manifestiert, liegen derzeit noch keine spezifischen
Marker für eine Gluten-/ Weizensensitivität vor, was die Diagnose
erschwert. Erste Fallberichte und
wissenschaftliche Studien über die
Gluten-/ Weizensensitivität bei Kindern liegen zwar ebenfalls schon vor,
detaillierte Untersuchungen und
Angaben über die Prävalenz gibt es
jedoch noch nicht. 19
In der S2k-Leitlinie Zöliakie haben die Autoren den Begriff
Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität
(kurz: Weizensensitivität) festgelegt. International wird
hingegen nach wie vor von einer Non Celiac Gluten
Sensitivity gesprochen.
INTERNATIONALE EXPERTENEMPFEHLUNGEN
Im Februar 2011 fand in London
die erste „Consensus Conference on
Non Celiac Gluten Sensitivity“ statt.
Erstmals kam ein internationales Expertenteam zusammen, um (a) einen
diagnostischen Algorithmus, (b) die
Definitionen der verschiedenen Formen der Reaktionen auf Gluten (z. B.
Weizenallergie, Zöliakie und NCGS)
und (c) die komplexen Symptome,
die mit dieser Störung einhergehen
können, zu besprechen. Das zweite
internationale Treffen wurde im Dezember 2012 in München mit dem
Ziel abgehalten, die Ergebnisse der
ersten Konferenz zu aktualisieren
und neue wissenschaftliche Daten
auf dem Gebiet NCGS zu diskutieren, wie dem Zusammenhang von
NCGS mit dem Reizdarmsyndrom
und psychologischen Störungen (Autismus und Schizophrenie). Beim
„Third International Expert Meeting
on Non Celiac Gluten Sensitivity“
im Oktober 2014 widmeten sich internationale Mediziner und Wissenschaftler vorrangig der Diagnose. Die
Ergebnisse dieses Treffens sind kürzlich veröffentlicht worden. 18d Aktuelle Informationen finden Sie auch
hier: www.drschaer-institute.com
DER DIAGNOSTISCHE ABLAUF
Eine detaillierte und genaue Anamnese ist bei der Gluten-/ Weizensensitivität von großer Bedeutung.
Zunächst muss abgeklärt werden,
ob die betroffene Person Symptome
aufweist, die der Gluten-/ Weizensensitivität zugeordnet werden können. Da sich diese Symptome mit
14
denen der Zöliakie überschneiden
können, muss sich der Patient zuerst
einmal serologischen und histologischen Tests unterziehen (z. B. unter laufender oder erst kürzlich, vor
wenigen Wochen, beendeter glutenhaltiger Diät). Können histologisch
und serologisch eine Zöliakie und
2 | GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
eine Weizenallergie ausgeschlossen
werden, kann eine probatorische glutenfreie Diät bei Verdacht auf eine
Gluten- / Weizensensitivität getestet
werden. Jedoch hat eine Vielzahl von
Patienten bereits seit längerer Zeit
eine glutenfreie Diät begonnen. Hier
kann eine genetische Bestimmung
auf HLA-DQ2 oder -DQ8 hilfreich
sein. Liegt diese Veranlagung nicht
vor (ca. 2/3 der europäischen Bevölkerung), kann eine Zöliakie ausgeschlossen werden.
Zusammenfassend sollte die Diagnosefindung wie folgt ablaufen:
1
Ausschluss einer Weizenallergie – Das Spektrum der
Weizenallergie umfasst: respiratorische Allergien (bei Erwachsenen häufiger), u. a. Berufsasthma
und Rhinitis; Lebensmittelallergien mit Magen-Darm-Symptomen
(leicht zu verwechseln mit Zöliakie),
Nesselsucht und Angioödem, Bronchialverengungen, Verschlechterung
der atopischen Dermatitis; WDEIA
(Wheat Dependent Exercise Induced Anaphylaxis), die hauptsächlich
durch ω-5-Gliadin vermittelt wird;
Kontakt-Urtikaria. Der Ausschluss
einer Weizenallergie kann jedoch
schwierig sein, da Allergien trotz negativer Hauttests (Prick- oder Patchtest) und trotz normaler IgE-Spiegel
gegen Weizen oder Gluten vorliegen
16
kann (IgE-negative Allergie). Primäres Unterscheidungsmerkmal zur
Zöliakie oder Gluten-/ Weizensensitivität ist der Beginn von Symptomen wenige Minuten bis Stunden
nach dem Verzehr glutenhaltiger
Nahrungsmittel, während Symptome bei Weizensensitivität oder Zöliakie i. R. nach Stunden bis Tagen,
bzw. mehreren Tagen auftreten 18b (s.
Tabelle S. 23). IgE-negative Nahrungsmittelallergien können jedoch
mit Hilfe der Provokation mit direkt nachfolgender konfokaler Endomikroskopie nachgewiesen werden, einer Methode, die in einigen
Jahren breiter zur Verfügung stehen
könnte. 18e
2
Ausschluss einer Zöliakie – Die Zöliakie ist eine
Autoimmunkrankheit, die
von spezifischen serologischen Markern charakterisiert ist, vor allem von
Anti-Gewebs-Transglutaminase 2
(TG2)-Antikörpern, die auch durch
Endomysium-Antikörper
(EMA)
erkannt werden. Sind die serologischen Marker negativ, lässt sich Zöliakie erst dann ausschließen, wenn
erwiesenermaßen kein IgA-Mangel
vorliegt, der einen falschnegativen
Befund hervorrufen kann.
2 | GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
3
Suche nach den Genen
HLA DQ2/8 – Die Untersuchung der genetischen
Prädisposition ist sinnvoll, um durch
das Fehlen der Heterodimere DQ2/8
in Zweifelsfällen eine Zöliakie auszuschließen. Bei Gluten-/ Weizensensitivität sind die Haplotypen HLADQ2 und DQ8 in bis zu 50 % der
Fälle vorhanden. 26
4
Analyse der intestinalen Mukosaschädigung
– Wenn unter glutenhaltiger Ernährung in repräsentativen
(mindestens vier) und korrekt orientierten Biopsien keine Atrophie der
Darmzotten nachweisbar ist, ist eine
Zöliakie sehr unwahrscheinlich. Gefordert wird eine Reduktion oder
das Verschwinden der Darmzotten
(Marsh 3a – c) sowie eine erhöhte
Anzahl von IEL (intraepithelialen
Lymphozyten > 25). 26 Ein erhöhter
Wert der intraepithelialen Lymphozyten allein ist nur in ca. 15 % der
Fälle ein Indikator für eine Zöliakie.
5
Rolle von AntigliadinAntikörpern (AGA) der
ersten Generation – IgA
sind Antikörper, die vor allem im
Speichel, in der Tränenflüssigkeit
und in Schleim zu finden sind. Diese
Antikörper unterstützen die Barriere
der Schleimhäute gegen für den Organismus bedrohliche Substanzen.
Umgekehrt greifen die Immunglobuline IgG den Eindringling an und
helfen, ihn zu vernichten. Jedoch
ist bei der Zöliakie die Sensitivität
und insbesondere die Spezifität der
AGA-IgA und -IgG nur gering. Ihre
Bestimmung ist gegenüber den zöliakiespezifischen IgA anti-TG2 oder
EMA nicht sinnvoll. 18f Die IgA- und
insbesondere IgG-Antikörper gegen
deamidierte Gliadinpeptide (antiDGP) erreichen jedoch fast den prädiktiven Wert der IgA-anti-TG2-Antikörper, und IgG-anti-DGP gelten
als gute Marker bei IgA-defizienten
Zöliakiepatienten. 18f
6
Abklingen der Symptome
nach Beginn der glutenfreien Diät – Wenn die
diagnostischen Kriterien bei einem
Patienten einer Gluten-/ Weizensensitivität entsprechen, klingen die
Symptome durch eine glutenfreie
Ernährung bei ca. zwei von drei Patienten bereits innerhalb von zwei
Wochen ab.
ANZEICHEN UND SYMPTOME
Die Symptome von Gluten-/ Weizensensitivität sind vielfältig und
können den Symptomen der Zöliakie, ggf. auch der Weizenallergie
ähneln. Bei Kindern kann sich die
Gluten-/ Weizensensitivität in Form
typischer gastrointestinaler Symptome wie abdominellen Schmerzen
und Diarrhoe manifestieren. Extraintestinale Symptome scheinen
bei Kindern hingegen weniger häufig
aufzutreten. 19 Extraintestinale Symp-
18
tome scheinen bei Erwachsenen aber
vorzuherrschen. 19a, b, c Hier ist die
Dunkelziffer für extraintestinale Beschwerden aber wahrscheinlich sehr
groß, da die Patienten meist wegen
gastrointestinaler Beschwerden zum
Arzt gehen und wahrscheinlich viele
Patienten mit chronischen (extraintestinalen) Beschwerden gar nicht
wissen, dass sie weizensensitiv sind.
Zu den intestinalen und extraintestinalen Beschwerden gehören:
2 | GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
HÄUFIGKEIT
INTESTINAL
EXTRAINTESTINAL
Sehr häufig
Blähungen
Unwohlsein
Abdominale Schmerzen
Müdigkeit
Häufig
Diarrhoe
Ängstlichkeit
Magenschmerzen
Foggy mind
Übelkeit
Taubheit
Aerophagie
Gelenk-/Muskelschmerzen
Refluxkrankheit
Hautausschlag/Dermatitis
Aphthöse Stomatitis
Alternierende
Stuhlgewohnheiten
Obstipation
Unbestimmt
Hämatochezie
Gewichtsverlust
Analfissur
Anämie
Gleichgewichtsverlust
Depression
Rhinitis / Asthma
Gewichtszunahme
Interstitielle Zystitis
Eingewachsene Haare
Menstruationsstörungen
Sensorische Symptome
Schlafstörungen
Halluzinationen
Gemütsschwankungen
Autismus
Schizophrenie
Modifiziert nach Catassi et al.: Diagnosis of Non-Celiac Gluten Sensitivity (NCGS): The Salerno Experts’ Criteria
Auf der zweiten International Conference on Non Celiac Gluten Sensitivity
wurde die Rolle einer Gluten-/ Weizensensitivität in Bezug auf andere
Erkrankungen von Experten erörtert:
(a) Reizdarmsyndrom
(Irritable Bowel Syndrome, IBS)
(b) Autismus-Spektrum-Störungen
(ASS)
In den westlichen Ländern liegt die
Prävalenz von IBS in der erwachsenen
Allgemeinbevölkerung vermutlich bei
10 bis 20 %. 27 Um den Zusammenhang zwischen der Glutenaufnahme
und IBS zu verstehen, muss zuerst
der Zusammenhang zwischen Zöliakie
(CD) und dem Diarrhoe-dominanten
Reizdarmsyndrom (IBS-D) erörtert
werden. Dieses wurde erstmals 2001 28
beschrieben und seitdem von international anerkannten Studien bestätigt.
Aus diesem Grund empfiehlt das britische National Institute for Health
and Care Excellence (NICE) bei allen
IBS-Patienten routinemäßige serologische Tests auf eine Zöliakie. 29 Neueren Metaanalysen zufolge zeigen Patienten mit diagnostizierter CD unter
einer glutenfreien Diät (GFD) weniger
IBS-ähnliche Symptome. 30 So lassen
auch andere Studien von deutschen,
amerikanischen und australischen Forschern vermuten, dass bei Patienten
mit IBS-D-Symptomen eine Besserung
durch GFD möglich ist. Berichte von
vielen Patienten, die nach dem Verzehr
von glutenhaltiger Nahrung IBS-ähnliche Symptome aufweisen, bestätigen
dies. 20 (s. Abbildung S. 21)
Bei
Autismus-Spektrum-Störungen
handelt es sich um ähnliche Störungen
mit unterschiedlichen Schweregraden.
Die Symptome setzen in der Regel vor
der Vollendung des dritten Lebensjahres ein. In den USA gehören sie zu
den Entwicklungsstörungen mit dem
stärksten Zuwachs. Eine der häufigsten Maßnahmen bei ASS ist die gluten- und kaseinfreie Ernährung (gfcfDiät). Es wurde angenommen, dass
einige Symptome durch Opioid-Peptide hervorgerufen werden, die bei der
unvollständigen Verdauung von glutenund kaseinhaltiger Nahrung gebildet
werden. Eine erhöhte Darmdurchlässigkeit, auch als „Leaky-Gut-Syndrom“
bezeichnet, könnte nach dieser Hypothese dazu beitragen, dass diese Peptide die Darmmembran durchdringen,
in den Blutkreislauf gelangen, die
Blut-Hirn-Schranke passieren und dort
das endogene Opiatsystem und die
Neurotransmission im Nervensystem
beeinflussen. Der daraus resultierende
Opioid-Überschuss könnte dann die
bei ASS beobachteten Verhaltensweisen verstärken, und der Verzicht dieser
Substanzen bei der Ernährung könnte
zu einem reduzierten autistischen Ver-
20
2 | GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
CD
CD
+
IBS
IBS
?
GS + IBS
GS
GS (extraintestinal)
halten führen. Es sind jedoch weitere
prospektive und kontrollierte Studien
notwendig, um diese Hypothese zu
bestätigen. 19 Hierfür gibt es jedoch
keinerlei in vivo Evidenz, geschweige
denn eine klinische Studie, die einen
Opioid-Effekt von Casein oder Gluten
beim Menschen belegt.
CD
IBS
GS
Zöliakie
Reizdarmsyndrom
Gluten- / Weizensensitivität
A Model for the relationship
between coeliac disease, IBS
and gluten sensitivity? Ball A and
Sanders DS Am J Gastroenterol
2012;105:222–3
(c) Schizophrenie und Zöliakie
Bereits in den 1950er Jahren wurde
in Berichten eine Verbindung zwischen
CD und Schizophrenie beschrieben.
Neuere Studien zeigten bei Schizophreniepatienten eine hohe Prävalenz
von AGA-Antikörpern; die genauen
Mechanismen, die zur Verbesserung
der Symptome bei manchen Patienten
durch glutenfreie Diät führten, sind
jedoch weiterhin unklar. 19 Zudem sind
die AGA-Antikörper keine verlässlichen
Indikatoren für eine Zöliakie (s. S. 17).
UNTERSCHIEDE ZWISCHEN ZÖLIAKIE
UND GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
Zöliakie ist eine autoimmune Enteropathie, die bei genetischer Veranlagung durch den Verzehr von glutenhaltiger Nahrung verursacht wird.
Gluten-/ Weizensensitivität
ist
eine
Nahrungsmittelsensitivität
(=Immunreaktion, hier des angeborenen Immunsystems) mit z.T.
zöliakietypischen intestinalen, insbesondere aber extraintestinalen
Symptomen, die ebenfalls nach dem
Verzehr glutenhaltiger Nahrungsmittel eintreten. Eine Zöliakie und
eine Weizenallergie müssen jedoch
ausgeschlossen werden, was für die
Weizenallergie mit den StandardTests schwierig ist (s. S. 16.). 19
Im Unterschied zu Zöliakiepatienten liegen bei Patienten mit
Gluten-/ Weizensensitivität
keine
dünndarmhistologischen Läsionen
nach den bisherigen Kriterien vor,
bzw. beschränken sich diese auf
den ersten Grad der Marsh-Skala
(s. S. 25). Außerdem weisen sie nach
aktueller Studienlage eine normale intestinale Permeabilität auf,
22
was durch eine Hochregulation des
Schlussleistenproteins Claudin-4 bedingt sein könnte. Bei Patienten mit
Gluten-/ Weizensensitivität und intestinaler Manifestation scheint eine
erhöhte Expression des Toll-likeRezeptors 2 (TLR2) feststellbar,
jedoch keine Veränderung von an
adaptiven Immunantworten beteiligten TH1 und TH17 Zytokinen
(IL-6, IL-17 A, IL-21). Diese sind
nur bei Zöliakiepatienten erhöht.
Toll-like-Rezeptoren sind zentrale
Rezeptoren des angeborenen Immunsystems, die zu entzündlichen
Prozessen und zur Aktivierung von
neutrophilen Granulozyten und den
Zellen des Monozyten-Makrophagischen Systems inklusive der dendritischen Zellen (myeloide Zellen)
führen. 31 Daher liegt bei Patienten
mit Gluten-/ Weizensensitivität u. a
auch in Anbetracht der TLR4-aktivierenden ATIs aus glutenhaltigen
Getreiden (s. S. 11.) eine primäre
Beteiligung des angeborenen Immunsystems, allerdings mit sekundärer Aktivierung des (peripheren)
adaptiven Immunsystems vor. 18a – c
2 | GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
ZÖLIAKIE
GLUTEN- / WEIZENSENSITIVITÄT
WEIZENALLERGIE
Zeitraum
zwischen Glutenexposition und
Auftreten der
Symptome
Wochen bis Jahre
Stunden bis Tage
Minuten bis Stunden
Pathogenese
Autoimmunität
(angeborene +
adaptive Immunität)
Immunität?
(angeborene
Immunität?)
Allergische
Immunantwort
HLA
HLA-DQ2/8
(~97 % positive Fälle)
Unklar – 50 %
DQ2/8 positive Fälle
ZöliakieAutoantikörper
Fast immer präsent
Keine
Keine
Marsh-Enteropathie
Fast immer präsent
Manchmal präsent
(Marsh 0 – 1)
Nie präsent
Symptome
Intestinal und
extraintestinal
Intestinal und
extraintestinal
Intestinal und
extraintestinal
Ko-Morbidität
Begleiterkrankungen
Aktuell keine bekannt
Keine Begleiterkrankungen
Tabelle 1: modifiziert aus 18b
–
Detaillierte Darstellung: Im Unterschied zur Zöliakie treten bei
Gluten-/ Weizensensitivität
keine
Autoimmunantikörper und in der
Routinediagnostik
erkennbaren
Darmschädigungen auf. Histologisch betrachtet ist beim normalen
Darm die Höhe der Zotten größer
als die Tiefe der Krypten (Verhältnis Zotte/Krypte > 3). Nimmt dieser Verhältniswert ab, bedeutet dies
eine progressive Schädigung der
Darmschleimhaut, bis hin zur vollständigen Abflachung der Zotten.
Bei Zöliakie sind typischerweise die
Enterozyten in Mitleidenschaft gezogen (Vakuolisierung); dies ist auch
24
bei vielen anderen Darmerkrankungen der Fall, etwa bei der postinfektiösen chronischen Diarrhoe oder
der Abetalipoproteinämie. Die Typisierung des Zellinfiltrats der Lamina
propria kann wichtige Hinweise auf
die Art der Erkrankung liefern: Eine
Erhöhung des eosinophilen Infiltrats
weist auf eine eosinophile Gastroenteritis oder eine allergische Enteropathie hin, während das Fehlen von
Plasmazellen mit Agammaglobulinämie in Verbindung gebracht wird.
Das intraepitheliale Zellinfiltrat ist
bei einer Zöliakie lymphozytär (mit
Anstieg der lymphozytären Gamma/
Delta-T-Fraktion), mitunter wird
2 | GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
Dünndarmschleimhaut
mit Darmzotten
Dünndarmschleimhaut mit
teilweise zurückgebildeten
Darmzotten
es auch bei einer Giardiasis gefunden. Die enzymatische Analyse der
Biopsien kann einen Laktase-, Saccharase- oder Maltasedefekt zeigen.
Entsprechende Färbungen des apikalen Zytoplasmas können auf eine
mikrovilläre Atrophie hinweisen.
Der Marsh-Index kodifiziert das histologische Diagnoseschema von Zöliakie: Bei Typ 0 (Normalzustand)
werden in der Darmschleimhaut
weniger als 25 IEL pro 100 Enterozyten nachgewiesen, während Typ 4
eine äußerst seltene Läsion bedeutet,
die von einer totalen Zottenatrophie mit normalen IEL-Werten
gekennzeichnet ist und nur beim
intestinalen T-Zell-Lymphom, der
HIV-Enteropathie oder der graft vs
host disease, nicht aber bei der normalen Zöliakie beobachtet wird. Bei
Dünndarmschleimhaut mit
vollständig zurückgebildeten
Darmzotten
Zöliakie liegt der Marsh-Index üblicherweise bei 3, kann aber von 1 bis
3c variieren. Bei Gluten-/ Weizensensitivität spricht man von Marsh
0 bis 1, wobei 0 für einen normalen Zustand der Zotten steht und
1 für eine Läsion infiltrativen Typs
mit normaler Zottenarchitektur und
in der Norm liegendem Schnitt der
Krypten, aber erhöhter Anzahl der
IELs (zwischen 25 und über 100
IELs pro 100 Enterozyten). Die
Marsh-Klassifizierung ist hilfreich,
um Darmschädigungen präzise und
rasch zu bewerten; außerdem erlaubt
sie eine Gegenüberstellung verschiedener Läsionen in unterschiedlichen
Zeiträumen, um jene Patienten besser kontrollieren zu können, die nur
langsam auf eine glutenfreie Ernährung ansprechen.
GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT BEI KINDERN
Überblick von Francesca Arezzo, Fernanda Cristofori, Maria Stella, Ruggiero Francavilla
Die zumeist im Erwachsenenalter
vorkommende
Gluten-/ Weizensensitivität wurde bislang nur unzureichend im Zusammenhang mit
Kindern beschrieben. Aufgrund der
vielfältigen Symptome, die mit dem
Krankheitsbild einhergehen, wird
die Gluten-/ Weizensensitivität oft
einer nicht IgE-vermittelten Weizenallergie gegenübergestellt.
Symptomatik auf, die eindeutig auf
den Verzehr von Gluten zurückzuführen war und sich bei einem Verzicht auf Gluten positiv veränderte. 33
Um klinische und laborchemische
Charakteristika der weizensensitiven
Patienten identifizieren zu können,
erfolgte ein Vergleich mit 15 Kindern
mit nachgewiesener Zöliakie und 15
gesunden, beschwerdefreien Kindern.
Die Prävalenz einer Gluten-/ Weizensensitivität konnte bislang nicht
genau abgegrenzt werden. Allerdings
hat eine neue Studie von Tanpowpong bei Kindern gezeigt, dass sich
eine glutenfreie Diät bei bis zu 4,3 %
der Kinder positiv auf die gastrointestinale Symptomatik ausgewirkt
hat, auch wenn bei den betroffenen
Kindern noch keine Zöliakie nachgewiesen wurde. 32
Nachdem eine Zöliakie durch spezifische serologische Untersuchungen
(Anti-Endomysium und Anti-Transglutaminase der IgA-Klasse) und
eine Allergie gegen Weizen (RAST
und Epikutantest) ausgeschlossen
werden konnten, wurde zur Bestätigung der Diagnose Glutensensitivität
(GS) eine einfachblinde Provokation
durchgeführt. Vor Beginn der Provokation wurde Gluten aus der Diät
der Patienten für mindestens acht
Wochen ausgeschlossen. Die Provokation erfolgte über 48 Stunden im
Krankenhaus. Den Patienten wurden
Lebensmittel mit einer steigenden
Dosis an Gluten bis hin zu einer
Kumulativdosis von mindestens 5 g
Erstmalig wurde das Vorkommen
einer Gluten-/ Weizensensitivität im
Kindesalter in einer Fallstudie mit
15 Kindern (zehn Jungen) mit einem
Durchschnittsalter von zehn Jahren
beschrieben. Alle Kinder wiesen eine
26
2 | GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
verabreicht. Die Höchstdosis wurde nach 24 Stunden erreicht. Alle
Patienten wurden dazu angehalten,
auftretende Symptome in einem
klinischen Tagebuch festzuhalten.
Alle Kinder mit einer Steigerung der
Scores von mindestens 30 % wurden
als positiv eingestuft und damit als
Patienten mit GS diagnostiziert.
In dieser Fallstudie waren die glutenbedingten Beschwerden überwiegend (60 % der Kinder) mit
gastrointestinalen Symptomen, wie
z. B. Bauchschmerzen und Durchfall, gekennzeichnet. Extraintestinale
Beschwerden, wie eine psychische
Kompromittierung, Müdigkeit, Ekzeme, Gelenkschmerzen und Muskelkrämpfe, so wie sie bei Erwachsenen 26 beschrieben werden, lagen
keine vor. Im Vergleich zu den Erwachsenen waren bei den Kindern
häufiger Jungen betroffen.
Genau wie bei Erwachsenen konnten
keine spezifischen serologischen, biochemischen oder genetischen Marker
für das Krankheitsbild nachgewiesen
werden.
Anti-Gliadin-Antikörper
(AGA) vom Typ IgG wurden am
häufigsten nachgewiesen. Sie waren
bei 66 % der Kinder mit GS erhöht,
auch wenn mit einer deutlich niedrigeren Prozentzahl als bei Kindern
mit nachgewiesener Zöliakie. Die
HLA-Typisierung hat in 66 % der
Fälle mit GS ein Prädispositionsgen
für Zöliakie ergeben (HLA-DQ2). Es
gab keinen Unterschied in Bezug auf
ernährungsrelevante, biochemische
und entzündungsrelevante Marker
bei Kindern mit GS im Vergleich zu
gesunden Kindern. Die histologische
Untersuchung ergab bei Kindern mit
GS eine normale oder leicht entzündete Schleimhaut: 82 % wurden als
Marsh 0 (gesunde Darmschleimhaut)
und 18 % als Marsh 1 (Vorliegen infiltrativer intraepithelialer Lymphozyten) klassifiziert. Im Vergleich zu
Kindern mit Zöliakie war die Anzahl
der intraepithelialen Lymphozyten
(IEL) deutlich niedriger.
Durch das Fehlen serologischer oder
histologischer Marker erfolgt aktuell
die Diagnose einer GS ausschließlich
nach klinischen Kriterien, wobei die
relevanten Differentialdiagnosen Zöliakie und eine Weizenallergie ausgeschlossen werden sollten. Nur eine
glutenabhängige Symptomatik nach
entsprechender Provokation kann
hinweisend für eine GS sein. 19 Die
28
2 | GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
doppelblinde Provokation ist hierbei vorzuziehen, um den Placebo-/
Nocebo-Effekt auf ein Minimum
zu reduzieren. Klinisch und wissenschaftlich ist noch nicht bekannt,
ob die GS ein chronisches oder
vorübergehendes
Krankheitsbild
darstellt. Eine regelmäßige Evaluierung (z. B. alle sechs bis zwölf Monate) der weizen(gluten)abhängigen
Beschwerden ist, vor allem bei Kindern, dringend erforderlich.
Auch in der Pädiatrie wird bei den
Patienten
differentialdiagnostisch
zur GS das Vorliegen einer nicht
IgE-vermittelten Weizenallergie vom
verspäteten Typ diskutiert. 2006
berichteten Venter et al. 36 im Zusammenhang mit der Sensibilisierungsprävalenz von Lebensmittelallergenen bei Kindern im Alter von
sechs Jahren auf der Isle of Wight von
einem Fall mit chronischem Durchfall und Bauchschmerzen, bei dem
allergologische Tests (IgE-spezifisch
für Weizen und Prick-Test) negativ
und eine Provokation mit Weizen
positiv ausfielen. In einer finnischen
Studie 37 zur Prognose von Hochsensibilität gegen Weizen beschreiben
die Autoren vier Kinder mit gastrointestinalen Symptomen im Zusammenhang mit dem Verzehr von
Gluten (Diagnose durch Provokation bestätigt), die trotz negativer allergologischer Tests als allergisch klassifiziert wurden. Möglicherweise lag
hier eher eine Weizensensitivität vor,
als eine verspätete Typ IV Allergie.
Dies ist in Einklang mit der hohen
Rate IgE- und Prick/Scratch-Test negativer Weizenallergiker (13/32) unter Patienten mit Reizdarm, die mit
Provokation und unmittelbar darauf
folgender konfokaler Endomikroskopie diagnostiziert wurden. Bei
diesen Patienten führte die glutenfreie Diät zu einer hochsignifikanten
Besserung der Reizdarmbeschwerden
über einen Nachbeobachtungszeitraum von zwölf Monaten. 18e
Therapie
30
3
3 | THERAPIE
Eine Therapie darf erst nach gesicherter Diagnosestellung begonnen werden.
(1) Wenn anamnestisch, laborchemisch (unauffällige Zöliakie-Ak: anti-TG2 IgA, ggf. EMA, anti-DGPIgG) und histologisch eine Zöliakie
sowie, soweit wie möglich (insbes.
auch klinisch) eine Weizenallergie
ausgeschlossen werden konnten und
(2) der Patient eine Besserung der
Symptome unter einer glutenfreien Kost verspürt, kann eine Gluten- / Weizensensitivität postuliert
werden. In diesem Fall ist eine mehrmonatige glutenfreie bzw. deutlich
glutenreduzierte Kost (geschätzt 90
bis 95 % Reduktion) zu empfehlen,
wobei keine strikte Glutenelimination wie bei der Zöliakie notwendig
ist. Die Notwendigkeit einer Eliminationsdiät sollte in regelmäßigen
Zeitintervallen reevaluiert werden,
u. a. um die Lebensqualität der Patienten aufrechtzuerhalten. Bisher ist
noch unklar, ob und inwieweit eine
Weizensensitivität auch wieder verschwinden kann.
Die Vermeidung von glutenhaltigen
Lebensmitteln führt bei weizensensitiven Patienten in der Regel zu einer
raschen Besserung der Beschwerden
(innerhalb von wenigen Tagen bis
Wochen).
UNTERSCHIEDE IN DER ERNÄHRUNGTHERAPIE
ZWISCHEN DEN GLUTENBEDINGTEN ERKRANKUNGEN:
Bei Weizenallergie führt der Verzicht auf weizenhaltige Nahrungsmittel zur deutlichen
Besserung der nach Konsum akut bis subakut auftretenden Beschwerden; gelegentlich
können Mastzellstabilisatoren und ggf. die Applikation von Cortison notwendig sein.
Bei Zöliakie muss die glutenfreie Ernährung lebenslang strikt eingehalten werden, um
Folgekomplikationen zu vermeiden.
Bei Gluten-/ Weizensensitivität könnte die Notwendigkeit einer deutlich glutenreduzierten
Ernährung zeitlich beschränkt sein.
Schwierige
Fälle
32
4
4 | SCHWIERIGE FÄLLE
FALLSTUDIE 1
JUNGE FRAU MIT VERDACHT AUF PRIMÄR BILÄRE ZIRRHOSE
FINALE DIAGNOSE: GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
Anzeichen und Symptome: chronische Erschöpfung, Anorexie, refluxähnliche
Dyspepsie, Pyrosis, Diarrhoe mit Gewichtsverlust von etwa 10 kg in drei Monaten
und Hautjucken. Keine abdominellen Schmerzen.
24 Jahre
Klinische Befunde
Therapie
• Diagnosefindung: mittels Gastroskopie wird
eine Ösophagitis vom Grad A nach Los-Angeles-Klassifikation nachgewiesen; kardiale
Inkontinenz; chronische Duodenitis mittleren
Grades mit abwechselnden Bereichen mit normalen und abgeflachten Zotten (Marsh 1).
Es wird eine Corticosteroidtherapie verordnet, jedoch ohne Besserung der Symptome. Aufgrund
einer Prädisposition für Zöliakie und der typischen gastrointestinalen Symptomatik wird die
Patientin auf eine glutenfreie Ernährung gesetzt.
• Serologische Tests: autoimmune Serologie
und Zöliakiemarker negativ, lediglich erhöhte
Werte der AGA IgA, des Haplotyps HLA-DQ2
und der Alkalischen Phosphatase.
Ergebnisse
Die glutenfreie Ernährung bewirkt eine deutliche
Besserung der Symptome, das Verschwinden des
Juckreizes und eine Reduktion der Alkalischen
Phosphatase auf Normalwerte.
Diagnose
• Verdacht auf Primäre Biläre Zirrhose, daher
wird der Patientin nach der Regel „wait and
see“ eine Therapie mit PPI und Motilitätsmedikamenten verschrieben.
• Aufgrund der Verschlechterung der Symptome
wird eine Untersuchung auf AMA und andere typische Marker für hepatische Krankheiten durchgeführt, die negativ verläuft. Eine
hepatobiläre-splenische Sonographie mit
hepatischer Biopsie bringt ebenfalls negative
Ergebnisse.
1
FALLSTUDIE 2
43-JÄHRIGE FRAU MIT REIZDARMSYNDROM (IBS)
UND GLUTEN-/ WEIZENSENSITIVITÄT
Anzeichen und Symptome: Veränderte Darmtätigkeit, Blähungen und Unwohlsein über mehrere Jahre. Der Hausarzt diagnostiziert IBS. Ihre Symptome
verschlechtern sich und es folgt eine Überweisung zum Gastroenterologen.
Klinische Befunde
Hämatologisch und biochemisch unauffällig; normale Schilddrüsenfunktion. ESR- und CRP- sowie Vitamin-B12-, Folsäure- und Ferritin-Werte
sind normal. Tests auf Immunoglobuline, Gewebetransglutaminase, Endomysium- und GliadinAntikörper fallen negativ aus.
Diagnose
Um Zöliakie und Reizdarmsyndrom auszuschließen, werden aufgrund der andauernden und
sich verschlechternden Symptome Gastroskopie,
Zwölffingerdarmbiopsie, Koloskopie und Kolonbiopsien durchgeführt. Alle endoskopischen Tests
und Biopsien sind unauffällig. Bei der nächsten
Untersuchung erfolgt eine Befragung zur Ernährung der Patientin und zu anderen Symptomen.
Die Patientin klagt über Müdigkeit („tired all the
time“, TATT) und Kopfschmerzen und hat den
Verdacht, dass ihre Symptome glutenbedingt
sein könnten. Es liegt keine Familienanamnese
hinsichtlich einer Zöliakie vor. Sie bemerkt eine
Verschlechterung der Symptome nach dem Verzehr von Pizza und wird von einem Freund auf die
Möglichkeit von Zöliakie aufmerksam gemacht.
34
43 Jahre
Ihr HLA wird während der zweiten Untersuchung
getestet mit dem Ergebnis: HLA-DQ2 heterozygot. Die Patientin wird darüber informiert, dass
keine Zöliakie vorliegt und langfristige Komplikationen, die mit Zöliakie einhergehen, nicht zwingend gegeben sind.
Therapie
Sie wird mit diätetischer Unterstützung auf glutenfreie Ernährung umgestellt.
Ergebnisse
Dank der glutenfreien Ernährung zeigt sich eine
Besserung der Symptome.
2
4 | SCHWIERIGE FÄLLE
FALLSTUDIE 3
58-JÄHRIGER MANN,
ANAMNESE: GASTROINTESTINALE SYMPTOME
58 Jahre
Klinische Befunde
Der Patient leidet seit zwölf Jahren an Blähungen, veränderter Darmtätigkeit sowie ständigem
und lästigem Reflux.
Diagnose
Trotz mehrerer Koloskopien, Endoskopien und
Biopsien können die Fachärzte keine Abnormalität feststellen. Es liegt eine zehnjährige Medikation mit rezeptpflichtigen PPIs sowie Selbstmedikation mit rezeptfrei erhältlichen Arzneimitteln
zur Behandlung von GI-Symptomen vor. Trotz der
zwölfjährigen Vorgeschichte von gastrointestinalen Symptomen unbekannter Ursache wurde kein
Ernährungsberater zurate gezogen. Der Patient
konsultiert einen Ernährungsberater, nachdem
seine Schwester, die ebenfalls Symptome zeigt,
gut auf diätetische Maßnahmen anspricht.
Dünndarmbiopsien
Gluten-/Weizensensitivität
festgestellt wurde, stimmt der Patient einer glutenfreien, Low-FODMAP-Diät zu. Innerhalb von
vier Wochen klingen die gastrointestinalen Symptome vollständig ab. Nach acht Wochen folgt ein
Nahrungsbelastungstest, und eine Gluten- / Weizensensitivität wird systematisch ermittelt. PPIs
werden abgesetzt und für die Dauer von einem
Jahr wird als alleinige Therapie eine glutenfreie
Diät, bestehend aus natürlichen glutenfreien Lebensmitteln und glutenfreien Speziallebensmitteln verordnet.
Ergebnisse
Der Patient bleibt symptomfrei. 38
Therapie
Als Primärtherapie wird bei ihm versuchsweise
eine laktosefreie Diät angesetzt. Diese zeigt nur
eine begrenzte Wirkung. Aufgrund des abwechselnden Auftretens von Verstopfung und Diarrhoe, und da bei einer Schwester trotz normaler
3
Dr. Schär
36
5
5 | DR. SCHÄR
Dr. Schär stellt seit über 30 Jahren
glutenfreie Lebensmittel her und
unterstützt Patienten dabei, die erforderliche glutenfreie Ernährung
einzuhalten und gewissenhaft den
besonderen diätetischen Ernährungsbedürfnissen nachzukommen.
Das ist die Basis für ein bewusstes
und genussvolles Leben. Wir arbeiten mit aller Kraft daran, aus einer
bei der ersten Diagnose noch vermeintlichen Einschränkung eine
positive Lebenshaltung zu machen.
Dr. Schär ist unangefochtener europäischer Marktführer im glutenfreien Segment und hat ein
breites Sortiment an frischen und
tiefgekühlten glutenfreien Pro-
dukten geschaffen, die nicht nur
wegen ihrer hohen Qualität, absoluten Sicherheit und Innovation
geschätzt werden, sondern auch für
ihren köstlichen Geschmack. Diese
Produkte sind weltweit erhältlich.
Dr. Schär investiert in Forschung
und Entwicklung, strenge Qualitätsstandards sowie wissenschaftliche Forschung und Marktforschung und steht im Zuge seines
Produktentwicklungsprogramms
im ständigen Dialog mit Gesundheitsexperten und Patienten. Auf
diese Weise kann Dr. Schär seine Produktpalette für Personen,
die auf eine glutenfreie Diät angewiesen sind, ständig erweitern.
Das Dr. Schär Institute ist die internationale Wissensplattform von Dr.
Schär, die Ernährungsexperten und
Mediziner bei der Betreuung von
Zöliakiebetroffenen und Patienten
mit Gluten- / Weizensensitivität unterstützt. Gerade in diesem Bereich
ist ständige Weiterbildung von essenzieller Bedeutung. Deshalb bietet die
Abteilung Professionals, der international operierende Ernährungsexperten angehören, einen kompetenten
Service für alle Fachleute, die sich mit
glutenbedingten Erkrankungen und
ausgewogener glutenfreier Ernährung
befassen. Um den Erfahrungsaustausch mit der Welt der Wissenschaft
zu fördern, die Aufmerksamkeit gegenüber glutenassoziierten Erkrankungen zu steigern und vor allem das
tägliche Leben jener zu erleichtern,
die eine glutenfreie Ernährung ein-
www.drschaer-institute.com
38
halten, bedient sich das Dr. Schär
Institute eines wissenschaftlichen Komitees aus Kinderärzten, Gastroenterologen, Spezialisten der Ernährungswissenschaften und anderen Experten
aus ganz Europa.
Auf unserer Webseite www.drschaerinstitute.com finden Sie eine Auswahl
von Informationsmedien, die wir eigens für die in diesem Bereich arbeitenden Fachleute erstellt haben, sowie
eine vollständige Studienbibliothek
zum Thema Zöliakie, Gluten- / Weizensensitivität und glutenfreie Ernährung mit Richtlinien für Diagnose
und Therapie.
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