brennpunkt 3-2016
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brennpunkt 3-2016
brennpunkt 3/2016 5,00 Euro 32. Jahrgang Magazin für Fotografie Juli bis September 2016 Galerien • Buchbesprechungen • Fotoszene Portfolio Thomas Nitz FÜR ORIGINALE „Ich fotografiere für den Fine Art Druck. Erst die Kombination von hochwertigen traditionellen Büttenpapieren und modernster Drucktechnik bringt die sinnliche Qualität meiner Bilder optimal zur Geltung.“ Manfred Kriegelstein Die Digital FineArt Collection bietet exklusive Künstlerpapiere mit edler Haptik und bestechender Optik für den Inkjetdruck. Brillante Schwarz-Weiß-Aufnahmen oder subtile Farbfotografie werden dank unserer feinen Papiere der Individualität Ihrer Kunstwerke mehr als gerecht. Mehr Papierkunst unter www.hahnemuehle.de 2 brennpunkt 3/2016 P A P I E R E M I T M U S E U M S Q U A L I T Ä T, A L T E R U N G S B E S T Ä N D I G U N D M E H R F A C H P R Ä M I E R T . Impressum: brennpunkt Magazin für Fotografie Erscheint vierteljährlich, erhältlich in Fotogalerien, Geschäften, Buchhandlungen und über Abonnement. Jahresabo 20,00 Euro Einzelpreis 5,00 Euro Konten: Postbank Berlin Konto-Nr. 375 106 104 BLZ 100 100 10 Redaktionsschluss: jeweils am 10. vor dem Erscheinungsmonat Herausgeber: edition buehrer c/o Dietmar Bührer, DGPh Odenwaldstraße 26 12161 Berlin-Friedenau Telefon u. Telefax: (0 30) 8 53 35 27 e-Mail: [email protected] Internet: www.edition-dibue.de Copyright bei Edition Druck: schöne drucksachen Bessemerstraße 76a, 12103 Berlin Redaktion: Dietmar Bührer V.i.S.d.P. Michael Gebur Klaus Rabien Manfred Kriegelstein Udo Rzadkowski Hinweis: Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotografien wird keine Haftung übernommen. Regina Relang, Jaques Griffe, 1953, © Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie Archiv Relang Galerien Josephine Ernst, Else Vinæs, Erik Jørgensen »Berlin« ............................................... Susanne Schleyer, Michael J. Stephan »POOR WHITES« .................................... NatureCultures .................................................................................................. Anja Schäfer, Elisabeth Putz »Millionaires of time...« .......................................... Gesche Würfel »Oppressive Architecture« ......................................................... Pavel Sticha »Made by Natur« ............................................................................. Alice Springs, Helmut Newton, Mart Engelen ..................................................... Thomas Bak, Das Photographische Capriccio ..................................................... Monika Schulz-Fieguth »LUMEN ET UMBRA« ................................................... Helsingforser Platz für Kunst 2016 ...................................................................... Danila Tkachenko »Restricted Areas« ................................................................ Christoph Kohlmann »Weltreise« ....................................................................... Tilman Brembs »Zeitmaschine I Analog Rave« .................................................... Isa Marcelli »Le laboratoire des rêves« ................................................................ Luzia Simons »Schnittmengen« .......................................................................... FRAMMENTI 20X25, Toni Meneguzzo .............................................................. WINFRIED MUTHESIUS, NOLI ME TANGERE - New Photographs....................... Kai Wiedenhöfer »WARonWALL« ....................................................................... Brigitte Tast »Tage wie die endlos schwarze See...« ................................................. Cofrades – Zeitgenössische Maya, Gesellschaften in Guatemala ......................... The (Im)Personal Landscape .............................................................................. Thomas Struht »Nature & Politics« ..................................................................... Berenice Abbott »Fotografien« ............................................................................ Allure (frz. Stil, Eleganz), Fotografien aus der Collection Susanne von Meiss ....... »Querdurch« – von der Romantik bis zur Realität................................................ INSIDE/OUT BERLIN ......................................................................................... Frank-Rüdiger Berger .......................................................................................... Rina Castelnuovo »Bereaved – Hinterblieben« .................................................... Israel-Palestine Presence of the Void ................................................................... Sony World Photography Awards 2016 ............................................................... Rainer König »Berlinische Fragmente« ................................................................. Bernd Heyden »Berlin Prenzlauer Berg«.............................................................. MACHT / POWER – MAUER / WALL .................................................................. The Best of Czech Press Photo 1995-2015........................................................... Jan Šibík »Der Teufel in uns«............................................................................... AKTGALERIE – Verschiedene Autoren ................................................................ Elena Ternovaja – Die Verstrickung der Zeit ........................................................ Enrico Pietracci »Fließende Körper« .................................................................... Marga van den Meydenberg »POP UP PHOTOSTUDIO III« .............................. Silvia Sinha »Abstraktion des Raumes« ............................................................... Oliver S. Scholten »about photography (and me)« .............................................. Das Camera Obscura Prinzip .............................................................................. Welcome to the World of Anderson & Low ....................................................... GESELLSCHAFT – ACH WAS – LEUTE ................................................................ »UrbanISTanbul« – Der Blick auf die Stadt .......................................................... Jewgeni Roppel »MAGNIT« ................................................................................ Christoph Boecken »Auf Augenhöhe« ................................................................. Loredana Nemes »Nadelstreifen« ....................................................................... 20 Jahre argus fotokunst – Highlights aus 20 Jahren ............................................. Berliner Galerien ............................................................................................................... Galeriebesprechungen Europa stößt an seine Grenzen (Klaus Rabien) ................................................... Ausstellungen Regina Relang »Inszenierte Eleganz« ................................................................... Johanna Henning »EVOKING SPIRITS« .................................................................... Manfred Paul »Werkzyklen« ...................................................................................... Fotosommer in Görlitz ................................................................................................. Portfolio Atelierbesuch bei Thomas Nitz .......................................................................... Fotoszene Pepper´s Photo Chat – Christian Reister interviewt Pepper................................... Vernissagen »Rückblicke« ................................................................................... Notizen aus Warschau (Pepper) ................................................................................. Kunst und Konzept – Darmstädter Tage der Fotografie (Manfred Kriegelstein) ..... Buchbesprechungen Leidenschaft Aktfotografie – Der Rote Faden – Faszination Fotografie ................. Vorschau 4-2016 ............................................................................................................... brennpunkt 3/2016 5 6 8 9 10 11 12 14 16 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 50 51 52 54 56 57 58 59 60 61 62 66 67 68 69 76 70 86 75 88 89 90 3 Galerien Josephine Ernst Else Vinæs Erik Jørgensen »BERLINEXPERIMENTE« Berlin bleibt doch Berlin - oder? © Josephine Ernst © Else Vinæs »BERLIN-EXPERIMENTE« ist die persönliche fotografische Interpretation einer Stadt und ihrer Plätze durch die dänischen Fotografen Josephine Ernst, Else Vinæs und Erik Jørgensen. Durch ihre experimentellen Ausdrucksformen nehmen die Fotokünstler den Besucher mit auf einen Rundgang durch Berlin, in welchem sie Fiktion und Wirklichkeit in einer neuen Ganzheit verschmelzen lassen. Die ausgewählten Ansichten spiegeln scheinbar das uns bekannte Berlin wider. Diese Orte sind zwar noch erkennbar, aber durch künstlerische Bearbeitung in eine neue Realität versetzt - eine Realität, die so nicht existiert. © Erik Jørgensen Die drei dänischen Künstler arbeiten alle mit der Fotografie als künstlerischem Ausdrucksmittel. Die Bilder werden gemischt und bearbeitet in einer Interpretation, in welcher Phantasie und Wirklichkeit zusammenfließen und etwas Neues und Unerwartetes entsteht! In ihren Werken werden die fotografischen Grenzen aufgehoben und neue Stimmungen erzeugt. © Erik Jørgensen 12. Juli bis 22. Juli 2016 © Josephine Ernst DENCKER und SCHNEIDER Art Gallery Kalckreuthstrasse 14 10777 Berlin-Schöneberg Vernissage 15. Juli 2016, 17 Uhr bis 20 Uhr Di – Sa 13 – 18 Uhr brennpunkt 3/2016 5 Galerien Susanne Schleyer Michael J. Stephan »POOR WHITES / ARME BLANKES« Fotografie/ Sound Installation Der Sprechsaal ist hocherfreut, sich bis zum 15. Juli 2016 einer Komplexität zu stellen, die wirklich arm und unsexy ist. Freiwillig/ unfreiwillig ausgeschlossen und extrem degeneriert. So läßt sich das Problem der »Armen Weißen« in Südafrika ungenau aber prägnant zusammenfassen. David G., 76 Jahre alt © S. Schleyer / M.J. Stephan Monique B., 42 Jahre alt © S. Schleyer / M.J. Stephan Ausführlicher und genauer hieße es: Schon 1920 gab es ein weißes Armutsproblem, doch das blieb marginal, denn allein durch den unverhohlenen Rassismus waren Weiße auf Kosten der schwarzen Mehrheit der Bevölkerung bevorzugt. Rassismus war die Grundsäule der Apartheidspolitik bis 1994, was auch dafür sorgte, dass ungebildete oder verarmte Weiße zwar durch Hilfe des Staates überleben konnten, sich aber kaum weiterentwickelten. Sie blieben dauerhaft auf Armut gestellte Menschen, die aus dem gesellschaftlichen Blickfeld geraten und mit dem Stigma der Überflüssigkeit behaftet sind. Die demokratische Umwandlung Südafrikas traf diese Bevölkerungsschicht bis ins Mark. Heute geht man davon aus, dass ca. eine Million Weiße, etwa 20% der weißen Bevölkerung Südafrikas, sich nicht selbst ernähren können. Ivan K., 30 Jahre alt Hendrik H., 36 Jahre alt Gründe dafür gibt es viele, doch wird © S. Schleyer / M.J. Stephan © S.Schleyer / M.J. Stephan diese Entwicklung kaum beachtet, da das meiste Kapital noch immer in den zumeist außerhalb der Städte, verste- ein Fotostudio improvisiert. Sie baten die Händen der weißen Minderheit liegt cken sich in Hinterhöfen von Farmen Mitwirkenden vor eine »White Wall«. und auch die schwarze Mehrheit in oder in Elendsquartieren irgendwo in Einige erschienen in der Kleidung, die überwiegender Zahl mit katastrophaler der Natur. In den Camps sind Trinkwas- sie nur sonntags zum Kirchgang tragen Armut kämpfen muss. ser und Strom selten. - es gab keinerlei Vorgaben, wie sich die Porträtierten darstellen sollten. »Arme Weiße«, »White Trash« oder Susanne Schleyer und Michael J. Ste- In Bild und Ton werden 30 Bewohner »Arme Blankes« werden die Verlierer phan haben mehrere Wochen diese ver- aus den Squatter-Camps »Eagles Nest« der Gesellschaft genannt. Sie leben lorenen Orte besucht und dort jeweils und »Maranata«, der Stadt Springs und 6 brennpunkt 3/2016 Galerien Netta R., 19 Jahre alt © S. Schleyer / M.J.Stephan Neville Henry F., 60 Jahre alt © S. Schleyer / M.J. Stephan Susana Elisabeth K., 68 Jahre alt © S. Schleyer / M.J. Stephan Die glücklicheren Weissen, denen der Umbruch der Gesellschaft nur zu noch mehr Reichtum verhalf, kommen indes nicht zu Wort. Doch es geht natürlich auch um sie, die einen Teil ihrer oder jeder anderen Klasse billigend scheitern lassen, die dabei zusehen und selbst das für gottgewollt verkaufen. Dieser Fakt macht die »Poor Whites« zu einer Beschreibung der Entsolidarisierung, die vielleicht auch uns in der »Alten Welt« treffen könnte. Die Ausstellung entstand mit Unterstützung der Sylt Foundation in Johannesburg. Dennis D., 77 Jahre alt © S. Schleyer / M.J. Stephan Paul S., 51 Jahre alt © S. Schleyer / M.J. Stephan dem »Care Center Manger« portrai- schnell Gott oder »die Schwarzen« für tiert. Die hörbaren Biografien sind in ihre Misere schuldig sprechen. Sie leben Blöcke gefasst und im Stil einer anti- isoliert in ihren Siedlungen in panischer ken Tragödie arrangiert, weil die »Poor Angst vor den Schwarzen. Trennung und Whites« genau dies zu ihrem Mantra Intoleranz bleiben die Parameter ihres machen - das unverschuldete Schei- sozialen Umfelds. tern. Leicht ist erkennbar, dass die Verlierer des neuen Südafrikas noch immer vom alten System geprägt sind und sehr bis 15. Juli 2016 Sprechsaal Marienstraße 26 10117 Berlin-Mitte Mi – Sa 14 – 22 Uhr www.sprechsaal.de brennpunkt 3/2016 7 Galerien »NatureCultures« Mit Arbeiten von Brandon Ballengée, Katya Gardea Brownes und Pinar Yoldas Kuratiert von Regine Rapp & Christian de Lutz Die Ausstellung »NatureCultures« untersucht die verflochtene Struktur menschlicher und nichtmenschlicher Akteure im 21. Jahrhundert. Der Ausstellungstitel bezieht sich auf den gleichnamigen Begriff der amerikanischen Wissenschaftlerin Donna Haraway, die für eine Überwindung der unproduktiven Dichotomie von Kultur und Natur appelliert. Die Auswirkungen menschlicher Technologie dringen in alle Bereiche der Umwelt ein und verändern das Gleichgewicht und damit auch den Aufbau dessen, was wir einmal »Natur« nannten. Angesichts der großen ökologischen Katastrophen überrascht wiederum die Widerstandsfähigkeit unzähliger Lebensformen auf unserem Planeten. Das Ausstellungsprojekt stellt drei Künstler vor, die den Bereich zwischen Naturwissenschaft und künstlerischer Forschung sowie die Schnittstellen von Kultur und Natur erkunden. Als Künstler und Biologe beschäftigt sich Brandon Ballengée gleichermaßen mit den Bereichen Natur, Naturwissenschaft und Ökologie. Seine professionelle Auseinandersetzung mit dem Niedergang und gradueller Auslöschung vieler Amphibien verbindet Feldforschung, Bürgerwissen und die Fähigkeit, wissenschaftliche Methoden mit ästhetischer Produktion zu verbinden. Für die Untersuchung von Fröschen, Salamandern und seit kurzem auch großen Wassertieren verwendet er den historischen chemischen Prozess »Säubern & Färben«, bei dem Knochen und Knorpel in leuchtenden Farben und Muskeln transparent erscheinen. Dies nutzt 8 brennpunkt 3/2016 Pinar Yoldas, Regnum alba, 2014 Druck auf Hadernpapier 85 x 115 cm, © Pinar Yoldas, (O.i.F.) Brandon Ballengée, Ghosts of the Gulf: Pompano, 2014, Giclée-Druck auf handgeschöpftem japanischen Reispapier 45,7 x 61cm, © Brandon Ballengée / Courtesy Ronald Feldman Fine Arts, New York, NY, (O.i.F.) er auf künstlerischer Ebene, um großformatige Portraits deformierter Tiere zu schaffen und in wissenschaftlicher Hinsicht, um die Ursachen der Deformati- plinär arbeitende Künstlerin und Wisonen zu verstehen. Seine jüngste For- senschaftlerin ist spezialisiert in Kunst, schung über die weiteren Auswirkun- Architektur, Interface-Design, Inforgen der Ölpest von 2010 auf die Bio- matik und Neurowissenschaften. Ihre diversität des Golfs von Mexiko hat künstlerischen Arbeiten übersetzen ebenfalls zu einer Reihe neuer künstle- Yoldas’ Forschungsprozess über biologirischer Arbeiten geführt – so zum Bei- sche Systeme und ökologische Katastrospiel die Serie Ghosts of the Gulf – was phen. Sie begreift unsere Gegenwart als eine bemerkenswerte Verbindung von ein posthumanes Ökosystem und entwinaturwissenschaftlicher Forschung und ckelt dafür in ihrer künstlerischen Praxis künstlerischer Praxis darstellt. spekulative Organismen. Ihrer aktuellen Arbeit Regnum Alba liegt ein interessanLokale, ortsspezifische Themen aus tes Thema zugrunde: die Vorliebe vieler Zentralamerika, insbesondere Mexiko, Laborforscher für künstlich gezüchtete stellen die Grundlage für Katya Gardea Albino-Organismen. Diese Form »kultiBrownes hochästhetische Arbeiten vierter« Organismen – zugunsten einer in Fotografie und Video dar. Um die symbolischen Form der Reinheit – deckt bekannte Dichotomie Natur und Kultur eine pervers anmutende ideologische zu überwinden, konzentriert sie sich auf Seite der naturwissenschaftlichen Forpräkoloniale (agri)kulturelle Praktiken, schung auf. Bei ihren Recherchen zur welche Haraways Begriff »Naturecul- technologisierten Natur bewegt sie sich tures« in weite Vergangenheit rücken nicht selten im Bereich des spekulativen lässt. Angesichts der gegenwärtigen Designs, so zum Beispiel bei ihrer Serie ökologischen Krise wiederum emp- der Designer Babies. Diese beschreibt fiehlt Gardea Brownes Arbeit, aktuelle die Künstlerin als einen »schnellen Blick Probleme durch die Wertschätzung in die Zukunft des Transhumanismus«. und Wiederbelebung alter mesoameri- Regine Rapp & Christian de Lutz kanischer agrikultureller Technologien zu lösen. Ihre Werkserie Xochimilco Eröffnung: in Fotografien und Videoarbeiten zeigt Freitag, 1. Juli 2016, 19 Uhr nicht nur eine interessante Form künstlerischer Forschung über jene Wasserstraßen der mexikanischen Hauptstadt 2. Juli bis 4. September 2016 auf. Die gleichnamigen Arbeiten vermitteln auch jenen unverkennbaren kine- Alfred Ehrhardt Stiftung Auguststraße 75 matografischen Blick der Künstlerin. 10117 Berlin-Mitte 11 – 18 Uhr In ihrer künstlerischen Praxis erkundet Di – So Do 11 – 21 Uhr Pinar Yoldas die Verbindung zwischen www.alfred-ehrhardt-stiftung.de Technologie und Natur. Die interdiszi- Galerien Millionaires of time... Eine audiovisuelle Ausstellung Fotografien Anja Schäfer / Audioporträts Elisabeth Putz In dem audiovisuellen Ausstellungsprojekt Millionaires of time… zeichnen die Fotografin Anja Schäfer und die Hörfunkautorin Elisabeth Putz jenseits gängiger Fremdzuschreibungen ein vieldimensionales Bild der Roma, die nahe der ostslowakischen Stadt Košice in šaca bzw. Luník IX leben. Letzteres gilt als eines der größten Ghettos von Roma in Europa. Mirka, Košice-Luník IX, Slowakei, 2015 Robert, Košice-Šaca Slowakei, 2016 © Anja Schäfer, (O.i.F.) © Anja Schäfer, (O.i.F.) tet sie als freie Fotografin und hat zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland realisiert. Ein DAAD Stipendium führte sie 2008/09 zu einem FotoprojektaufDie atmosphärischen fotografischen enthalt nach St. Petersburg/Russland. und auditiven Portraits zeigen die Men- 2013 kam sie durch eine Künstlerresischen in ihrer Individualität. Sie lassen denz des Goethe-Instituts nach Košice/ einen Mikrokosmos lebendig werden, Slowakei. Seither begleitet die Künstder auf übergeordnete gesellschaftspo- lerin die Situation der Roma in Košice litische Strukturen verweist. mit ihrer Kamera. Anja Schäfer lebt in Košice-Luník IX, Slowakei, 2015 © Anja Schäfer, (O.i.F.) Berlin. In der Ausstellungsinstallation aus Fotografien und mobilen Hörstationen ent- Elisabeth Putz (*1982), arbeitet als freie steht ein Raum, in dem das Publikum Autorin, Regisseurin und Journalistin hörend, sehend und assoziierend ent- für zahlreiche Radiosender (Deutschdecken kann. landradio, NDR, SRF, Radio Österreich 1 u.a.). Ihre Hörspiele und Features Rund 250.000 Roma leben in der Slo- wurden mehrfach ausgezeichnet (darwakei. »Wir können kommen, wann unter: Hörspielpreis der Kritik, Hörspiel immer wir wollen«, sagt František, denn des Jahres, Hörspiele des Monats etc.). er sei »ein Millionär der Zeit«. Man hört Elisabeth Putz lebt in Österreich. Rišo, Košice-Šaca ,Slowakei, 2015 oft, Roma seien aus der Zeit gefallen, sie © Anja Schäfer, (O.i.F.) wüssten nicht was Zeit bedeute oder aber sie hätten alle Zeit der Welt. Und Eine Ausstellung des Fachbereichs Kunst, František, einer der porträtierten Perso- Kultur und Museen Tempelhof-Schönenen, weiß von diesem Klischeebild und berg, gefördert durch den Ausstellungs- bis 31. Juli 2016 spielt damit. Wer sind »DIE ROMA«? fonds Kommunale Galerien. Das Projekt Ein Volk? Eine Nation ohne Land – aber wurde unterstützt vom Goethe-Institut HAUS AM KLEISTPARK mit Flagge und Hymne? Die Ausstellung Bratislava, dem österreichischen Kultur- Projektraum ist der Versuch, hinter eine Mauer aus forum Bratislava, dem Deutschlandra- Grunewaldstraße 6/7 Klischees zu blicken, an der lange und dio Kultur in Koproduktion mit dem RBB 10823 Berlin-Schöneberg von vielen Seiten gearbeitet wurde. und dem ORF. Di – So 11 – 18 Uhr Die Fotografin Anja Schäfer (*1983) stuwww.hausamkleistpark.de dierte Fotografie und Medien in Bielewww.anjaschaefer.com feld. Seit ihrem Studienabschluss arbeibrennpunkt 3/2016 9 Galerien Gesche Würfel »Oppressive Architecture« Die deutsch-amerikanische Künstlerin Gesche Würfel dokumentiert mit ihrem Projekt »Oppressive Architecture«, welche Formen der Architektur das NSRegime für sein sich stetig erweiterndes Terrorsystem nutzte. Die von ihr fotografierten Bauten machen deutlich, auf welch unmenschliche Weise die Menschen in den Konzentrations-, Arbeitsund Todeslagern leben und arbeiten mussten. Zu sehen sind unter anderem Fotos der ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen, Ravensbrück, Dachau und Auschwitz sowie Aufnahmen des ehemaligen KZ Flossenbürg und des dazugehörigen Steinbruchs, in dem Häftlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen Granitsteine für NS-Großbauprojekte wie das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und die in Berlin von Albert Speer geplante »Reichshauptstadt Germania« produzieren mussten. © Gesche Würfel, Barackenruinen, Gedenkstätte and Museum Auschwitz-Birkenau, (O.i.F.) © Gesche Würfel, Waschbecken, Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit, (O.i.F.) © Gesche Würfel, Seziertisch, Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, (O.i.F.) © Gesche Würfel, Ehemaliges Hausgefängnis der Gestapo-Zentrale, Topographie des Terrors, (O.i.F.) Die Fotos stellen dar, wie die architektonischen Überreste noch heute die Landschaft, ihre Bewohner_innen und unseren Umgang mit der Geschichte beeinflussen. Der Beitrag des Projekts besteht in der Dokumentation einer Vielzahl physischer Strukturen der Unterdrückung. Es erkennt auch den historischen Wert der fotografierten Bauten an und stellt die Frage, inwieweit Architektur genutzt werden kann, um an die Vergangenheit eines Landes zu erinnern und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Die Fotografien werden an einem passenden historischen Ort ausgestellt, dem Schwerbelastungskörper in BerlinSchöneberg, einem baulichen Überrest der »Germania«-Planungen von Albert Speer. Dieser wurde 1941 errichtet, vermutlich unter Einsatz von französischen Zwangsarbeitern. Mit Hilfe des über 12.000 Tonnen schweren Betonzylinders sollte die Belastbarkeit des Bodens für den von Speer geplanten Tri10 brennpunkt 3/2016 Veranstalter: Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg Abteilung Bildung, Kultur und Sport Museen Tempelhof-Schöneberg bis 30. Oktober 2016 Informationsort Schwerbelastungskörper General-Pape-Straße, Ecke Loewenhardtdamm 12101 Berlin-Schöneberg © Gesche Würfel, Schwerbelastungskörper, Berlin-Schöneberg, 2016, (O.i.F.) Di, Mi 14 – 18 Uhr Do 10 – 18 Uhr So 10 – 18 Uhr Eintritt frei umphbogen ermittelt werden. Die Fotos werden im und unter dem Schwerbelaswww.schwerbelastungskoerper.de tungskörper zu sehen sein. www.geschewuerfel.com Galerien Pavel Sticha »Made by Natur« Der Westen und Südwesten der Vereinigen Staaten von Amerika sind bekannt für die vielen glücklosen Goldsucher während der Jahre des Goldrausches. Doch Pavel Sticha und sein Sohn Philip zogen nicht nach Westen, um Gold oder Edelsteine zu suchen, sondern um reich an fotografischen Schätzen nach Hause zurückzukehren. Sie befuhren endlose Highways, holprige Sandpisten und so manches ausgetrocknete Flussbett, liefen kilometerweit durch heiße Wüsten, kletterten auf Bergplateaus, zwängten sich durch Felsspalten. Mehr als 40.000 km haben sie zurück- © Pavel Sticha, (Original in Farbe) © Pavel Sticha, (Original in Farbe) gelegt, um die Wüstenlandschaften von Arizona, Colorado, Kalifornien, Nevada, New Mexico und Utah nach fotografischen Kostbarkeiten zu durchsuchen. Und sie sind fündig geworden! Ein Meer von Farben hat sich ihnen aufgetan – von Weiß über Ocker bis hin zu Orange und Rot. Doch nicht nur das Farbspiel der bizarren Wüstenlandschaften faszinierte sie, sondern auch die Formenvielfalt der Landschaft und Steine. Das ein oder andere Mal hatten der Fotograf und sein Assistent den Eindruck, Amerika neu entdeckt zu haben. Ob in den Steinwüsten Arizonas oder in den entlegenen Indianerreservaten Utahs, ob in der einsamen Wildnis Nevadas oder in den weißen Wanderdünen New Mexicos – überall entdeckten sie märchenhafte Welten aus Sand und Stein. Katrin Starke © Pavel Sticha, (Original in Farbe) bis 23. August 2016 Auto&Art | Form Consulting Nachtalbenweg 61 13088 Berlin-Pankow Mo – Fr 10 – 18 Uhr Sa 10 – 14 Uhr www.autoundart.de www.pavelsticha.com © Pavel Sticha, (Original in Farbe) Telefon 030 863 182 01 brennpunkt 3/2016 11 Galerien Alice Springs »The MEP Show« Helmut Newton »Yellow Press« Mart Engelen »Portraits« Am 1. Juni 2016 eröffnete die Sommerausstellung der Berliner Helmut Newton Stiftung. Unter dem Titel »Alice Springs: The MEP Show / Helmut Newton: Yellow Press, / Mart Engelen: Portraits« vereint sie nicht nur drei Bildautoren, sondern auch drei unterschiedliche fotografische Ansätze. Alice Springs, Melrose Avenue, Los Angeles, 1984 © Alice Springs, (O.i.F.) Seit 1970 arbeitete June Newton, Witwe des legendären Mode- und Aktfotografen, unter dem Pseudonym Alice Springs selbst als Fotografin. Mehrfach haben sie und Helmut Newton zusammen ausgestellt, insbesondere das gemeinsame Projekt »Us and Them«. 2010 wurde die erste Alice Springs-Retrospektive in der Helmut Newton Stiftung realisiert; nun wird die 2015 vom Pariser Maison Européenne de la Photographie (MEP) organisierte zweite Retrospektive ebenfalls in Berlin gezeigt und von einer Publikation im Taschen-Verlag begleitet. In den zahlreichen Porträts ihrer Fotografenkollegen – darunter Richard Avedon, Brassaï, Ralph Gibson und natürlich Helmut Newton – sowie anderer Prominenter wie Nicole Kidman, Audrey Hepburn, Christopher Lambert oder Claude Chabrol gelingt es Alice Springs nicht nur, das Aussehen der Dargestellten einzufangen, Alice Springs, Malibu, 1983, © Alice Springs sondern auch deren Aura. Der wortlose Dialog, der zu den außergewöhnlichen aufmerksam dokumentierte. Diese anarPorträts führt, scheint auf einer Art See- chische Jugendkultur, gekennzeichnet lenverwandtschaft zu fußen. durch teilweise radikale Frisuren und schrille Piercings, verweigerte sich der Die intensiven Bildnisse in Schwarz- Idee einer kapitalistischen Gesellschaft. Weiß und Farbe werden durch eine Nur einige Jahre später verebbte die umfangreiche Bildserie von Straßen- musikalisch und modisch fundierte Profotografien ergänzt, die in der Melrose testbewegung in Kalifornien wieder; was Avenue in Los Angeles entstanden, wo von ihr blieb, ist die ausgestellte künstAlice Springs in den 1980er-Jahren die lerische Bestandsaufnahme, bei der die kalifornische Punk- und HipHop-Szene Punks posierten und die Fotografin ins12 brennpunkt 3/2016 Alice Springs, Helmut Newton with Lisa Lyon, Venice, California, 1981 © Alice Springs Mart Engelen, Pete Doherty, Montreux, 2008 © Mart Engelen zenierte. Stets sind es Menschenbilder voller Empathie, die spürbare Mischung aus Einfühlung und Neugierde macht das Werk von Alice Springs bis heute so interessant. Helmut Newton arbeitete nicht nur im Auftrag von Modezeitschriften oder Modedesignern. Er interessierte sich auch für Abseitiges, für Paparazzi-Bilder, Galerien Alice Springs, Helmut Newton with models, Monte Carlo, 1997 © Alice Springs, (O.i.F.) Helmut Newton, The Woman on Level 4, Monte Carlo, 2000 © Helmut Newton Estate für Polizei-Fotografie oder Kriminalgeschichten, kurzum: für die Yellow Press, der Mischung aus Sensationspresse und den Artikeln aus der Rubrik »Vermischtes« der Tageszeitungen. Die gleichnamige Ausstellung »Yellow Press«, die noch vom Fotografen persönlich zusammengestellt und erstmals 2002 in seiner damaligen Züricher Galerie präsentiert wurde, ist eine ungewöhnliche Melange aus unterschiedlichen Werkgruppen, entstanden zwischen 1973 und 2002. Darunter finden sich mehrere Bildserien, die zuvor nicht in den Büchern von Newton veröffentlicht wurden, etwa eine Reihe, die er »Self-Appropriation« nannte, eine Aktserie zum Thema »Lolita« für den »Playboy« oder eine Reportage im Auftrag von »Paris Match« über eine aufsehenerregende Gerichtsverhandlung in Monaco. Die rätselhafte, 18-teilige S/W-Bildserie »The Woman on Level 4« dreht sich hingegen um eine junge Frau, die Newton in einem kleinen, fensterlosen Raum exponiert. Mal ist sie nackt, mal mit semi-transparentem BH und zugeklebten Augen inszeniert, mal sieht man sie mit einer Pistole oder in dunkler Lederjacke. Zusammengenommen entspricht die Serie einer Art Kriminalgeschichte in Bildern ohne Anfang und Ende. Ebenfalls zu sehen sind Newtons kurzer Werbefilm für den italienischen Reissverschlusshersteller Lanfranchi aus den 1980er-Jahren sowie die Polaroids, die Newton von diesem auf einem Monitor laufenden Film als Form der Selbstaneignung des eigenen Werks machte. Zusammen paraphrasieren Film und Polaroid-Bilder eine Sadomaso-Phantasie. Viele Motive, die uns hier begegnen, würde man nicht unbedingt mit Helmut Newton in Verbindung bringen – umso Mart Engelen, Willem Dafoe, Amsterdam, 2012 mehr bereichern sie das Bild, das man © Mart Engelen von Newton und seinem Werk gemeinhin hat. Da es sich um die letzte vom ellen Porträtsitzungen, der ArbeitsproFotografen selbst zusammengestellte zess verläuft meist schnell und spontan, Bildauswahl handelt, kommt »Yellow ganz ähnlich der Arbeitsweise von Alice Press« einer Art Vermächtnis gleich. Springs. Und auch wenn der Bildaufbau als traditionell oder klassisch bezeichAuch diesmal wird posthum Newtons net werden kann, sticht gelegentlich Wunsch entsprochen und ein weiterer etwas Besonderes in Engelens visuelFotograf eingeladen, in »June’s Room« ler Personenschilderung heraus, etwas, auszustellen: Mart Engelen aus Amster- das der geübte Rezipient erspüren, aber dam zeigt erstmals in Berlin mehr als 20 nicht immer in Worte fassen kann. Schwarz-Weiß-Porträts der zeitgenössi- Vielleicht ist es diese unnachahmliche schen Kulturszene, inspiriert u. a. durch Verbindung aus Selbstbewusstsein und den französischen Film noir, darunter Verletzlichkeit, die wir in der DarstelSchriftsteller wie Michel Houellebecq, lung erahnen. Künstler wie Gilbert & George und Matthias Harder Julian Schnabel, Regisseure wie John Waters oder Schauspieler wie Willem Dafoe. Mit Anfang 20 kam Engelen zur Zur Ausstellung erscheint eine PublikaFotografie, zehn Jahre später begann tion im TASCHEN-Verlag: Alice Springs. seine Karriere als freier Fotograf mit »The MEP Show«, Hardcover, 21,0 x einer Reihe von Auftragsarbeiten für Phi- 27,5 cm, 112 Seiten, Euro 39,99; ISBN lips und Canon sowie für Magazine wie 978-3-8365-3973-9 (Deutsch, Englisch, »Esquire“ oder „Vanity Fair«. Seit 2009 Französisch) veröffentlicht er das exklusive Fotomagazin #59 mit zahlreichen eigenen Bildern in jeder Ausgabe – eine interessante Verbindung zu Helmut Newton, bis 20. November 2016 der zwischen 1985 und 1995 die ebenfalls großformatige Zeitschrift »Helmut Helmut Newton Stiftung Newton´s lllustrated« herausgab. Enge- im Museum für Fotografie lens Aufnahmen der Schönen und Rei- Jebensstraße 2 chen entstehen mal in deren Wohnun- 10623 Berlin-Charlottenburg gen oder Ateliers, mal auf dem Filmfestival von Venedig oder auf Vernissa- Di, Mi, Fr, Sa, So 11 – 19 Uhr gen. Damit unterscheiden sich die Auf- Do 10 – 20 Uhr nahmesituationen deutlich von offizi- Eintritt: 10 Euro, ermässigt: 5 Euro brennpunkt 3/2016 13 Galerien Thomas Bak Das Photographische Capriccio Blätter aus den Jahren 1998 – 2008 Bis zum 16. September 2016 zeigt die Galerie Hilaneh von Kories die nostalgisch anmutenden und höchst irritierenden Arbeiten des Künstlers Thomas Bak. Seine Figuren, Objekte, Landschaften und Räume konfrontieren den Betrachter mit manieristischen, exzentrischen wie enigmatisch-erotischen Bildwelten. Bak zählt mittlerweile zu den Klassikern künstlerischer Photographie, die zum surrealistischen Spiel zwischen Authentizität und Autonomie im Gewand historisch anmutender Daguerreotypien einlädt. Bak nennt seine Vorgehensweise »das Wiederbeleben atavistischer und scheinbar verlorener Bilder«. Die Resultate dieses totemisierenden Prozesses sind melancholische, poetische Metaphern; »alchemystische« Allegorien aus der Perspektive unserer Zeit. Baks Ikonographie ist mit Symbolen, Fetischen und Zitaten der Kunstgeschichte, Literatur und Hermetik aufgeladen. Mit dem Ausstellungstitel »Das Photographische Capriccio« bezieht sich der Photograph auf die Kunstform des Capriccio, die sich vom 16. bis ins späte 18.Jahrhundert als Kampf um künstlerische Freiheit entwickelte und in der Kunsttheorie als vielschichtiger Wegbereiter der Moderne gilt: Capriccio-Maler und -Grafiker setzten sich über die geltenden akademischen Regeln hinweg. Sie stellten jenseits jeder Wirklichkeitsnähe die Ausgeburten ihrer abgründigen Träume und Phantasien dar und verwendeten dafür unterschiedlichste Bildgegenstände. Viele Künstler nutzten diesen postulierten künstlerischen Freiraum auch für gesellschaftskritische und politische Aussagen. So heißt zum Beispiel eine von Baks Bildserien 14 brennpunkt 3/2016 © Thomas Bak, TST00 41 »Arche=Nada«: ein bizarrer Gegenent- Baks Arbeiten für den ehemaligen Bauwurf zu der tröstlichen Vorstellung der haus-Sänger Peter Murphy sowie Dalis Arche Noah. Car etablierten ihn in der MusikindustDer Photograph, der auch Literat, Musi- rie weltweit. Nach längeren Aufenthalker und Zeichner ist, entwirft seine Bilder ten in Los Angeles und Paris lebt er seit zunächst in Skizzen, die er dann für das 2015 in Spanien und Deutschland, wo Photographieren aufwändig inszeniert. er sich gegenwärtig vermehrt seinem Verlag, den Buchkünsten und photoThomas Bak wurde im polnischen Szc- graphischen Projekten widmet. zecin (Stettin) geboren. Er studierte in Bremen an der Hochschule für Künste Design, Fotografie und Buchkunst und machte seinen Abschluss bei Professor Fritz Haase. 2004 wurde Bak mit den renommiertesten deutschen Nachwuchs-Preisen für Fotografie ausgezeichnet: dem BFF- und dem ReinhardWolf-Preis. Seine Bilder wurden international ausgestellt und sind in staatlichen Sammlungen vertreten. Galerien © Thomas Bak, TST00 12 © Thomas Bak, TST00 02 © Thomas Bak, TST00 03 9. Juli bis 16. September 2016 Galerie Hilaneh von Kories Belziger Straße 35 10823 Berlin-Schöneberg © Thomas Bak, A=N00 14 © Thomas Bak, A=N00 24 Di – Fr 14 – 19 Uhr Sa 12 – 15 Uhr und nach Vereinbarung www.galeriehilanehvonkories.de brennpunkt 3/2016 15 Galerien Monika SchulzFieguth »LUMEN ET UMBRA« Mit der Retrospektive »LUMEN et UMBRA« würdigt das Potsdam Museum das umfangreiche OEuvre von Monika Schulz-Fieguth. Auf dem bildsprachlichen Prinzip Licht und Schatten gründet jegliche Fotografie. Es sind aber auch die menschlichen Licht- und Schatten seiten, die Extreme und Gegensätze des Lebens wie Freude und Trauer, Glück und Leid, Leben und Tod, die SchulzFieguth in ihrer künstlerischen Arbeit anregen. Die 1949 geborene Potsdamer Fotografin absolvierte ihr Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Ihrem Lehrer und Mentor, dem Leipziger Maler Arno Rink, verdankt sie die einfühlsame und durchdringende Art, mit der sie sich ihren Themen und Modellen widmet und die ihren Fotografien einen besonderen, nachhallenden Klang verleihen. Ein Schwerpunkt ihrer künstlerischen Arbeit liegt auf der Porträtfotografie. Sie fokussiert Momente menschlicher Nähe und Verwundbarkeit und setzt sie unprätentiös in Szene. © Monika Schulz-Fieguth, »unterwegs«, 1982 Dabei begegnet sie ihren Modellen – ob Wissenschaftlern oder Künstlerfreunden, ob Menschen mit Behinderungen © Monika Schulz-Fieguth, »Jürgen Kuczynski oder im hohen Alter – stets respektvoll. und Hans-Jürgen Treder«, 1979 Voyeurismus ist ihr fremd; ihre Arbeiten zeugen von Vertrautheit mit den Ebenso behutsam und sinnlich dokumenAbgebildeten. Sie entfalten im Zusam- tiert sie mit ihrer Kamera das städtische menspiel aus natürlicher Schönheit und Leben, hält architektonische Spuren und Verletzbarkeit eine ergreifende, mitun- Überreste vergessener Zeiten und den ter verstörende Ästhetik. Lauf der Jahreszeiten fest. Ihre Motive findet sie immer wieder in ihrem HeiVielfältig lotet Monika Schulz-Fieguth matort Potsdam. Sie führt Zwiesprache auch die Möglichkeiten und Grenzen mit den kriegszerstörten und doch liebsozialen Zusammenlebens aus. Sie lich anmutenden Skulpturen des Potsdabegleitet den Alltag in einer Kommune, mer Stadtschlosses und beobachtet die in der Menschen mit und ohne Behinde- jahreszeitlichen Stimmungen am Heilirungen zusammenlebten, erzählt behut- gen See, an dessen Ufer sie ihren Rücksam den leidvollen Prozess des Sterbens zugsort gefunden hat. und gibt vertrauliche, atmosphärische Einblicke in das Innenleben des Zister www.schulzfieguth.de zienserklosters Heiligenkreuz. www.schulz-fieguth.com 16 brennpunkt 3/2016 © Monika Schulz-Fieguth, »Selbstporträt mit Manfred Nitsche«, 1979 © Monika Schulz-Fieguth, »Petra«, 1987 Galerien © Monika Schulz-Fieguth, »Vater«, 2004 © Monika Schulz-Fieguth, »Marlene«, 2014, (O.i.F) © Monika Schulz-Fieguth, »Franziska Knuppe«, 2014, (O.i.F) © Monika Schulz-Fieguth, »Frater Kilian«, 2008 bis 21. August 2016 Potsdam Museum Am Alten Markt 9 14467 Potsdam © Monika Schulz-Fieguth, »Schmerz«, 2007 © Monika Schulz-Fieguth, »Willy Brandt und Oskar Lafontaine«, 3. Oktober 1990 Di, Mi, Fr 10 – 17 Uhr Do 10 – 19 Uhr Sa + So 10 – 18 Uhr Montag geschlossen Eintritt: 5 Euro brennpunkt 3/2016 17 Galerien »Helsingforser Platz für Kunst 2016« Jugendfotografie aus FriedrichshainKreuzberg Die Fotogalerie Friedrichshain zeigt zum Ende des Berliner Schuljahres 2015/2016 in einer zweiwöchigen Ausstellung die interessantesten Ergebnisse aus verschiedenen Foto-Workshops mit Jugendlichen. Bereits im März gab Fotografin Laure Gilquin einen LochkameraWorkshop für geflüchtete Jugendliche aus Syrien und Afghanistan mit dem Titel »Eine neue Sicht auf Friedrichshain«. Die Teilnehmer bauten sich jeweils eine eigene Lochkamera, fotografierten damit rund um den Helsingforser Platz und entwickelten die Bilder im Anschluss selbst im temporären Labor der Fotogalerie. Die besondere Ästhetik und Formensprache der Lochkamera ermöglicht dabei einen anderen, fast surrealen Blick auf die Umgebung der Galerie. © C. Menne, (O.i.F.) Ende Juni fand unter dem Label Helsingforser Platz für Kunst zum zweiten Mal eine Aktion des Kulturring in Berlin e.V. mit und für Jugendliche des Bezirks statt. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt auf Portraitfotografie und die Ergebnisse aus diesen Workshops bilden den Kern © Michy, (O.i.F.) © Michy, (O.i.F.) der Ausstellung. Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren kamen über verschie- aktiv in die Organisation und Gestaltung dene Schulen und Freizeiteinrichtun- der Ausstellung mit einzubinden. Ange- Vernissage: gen des Bezirks in die Fotogalerie und fangen bei der Klärung der Bildrechte, Donnerstag, 7. Juli 2016, 18 Uhr wählten aus den in Zweiergruppen ent- über das Einsenden der Fotos im richti- Einführung: Felix Hawran (Leiter der standenen Portraits ihre Favoriten für die gen Format mit Bildreferenzen, die Aus- Fotogalerie) Ausstellung aus. wahl der Größe für den Druck, das richtige Papier und die Produktion, die AusDarüber hinaus wurden Jugendliche aus wahl der Rahmen bis hin zur Hängung dem Bezirk eingeladen, sich mit ihren und begleitenden Texten. So lernen sie 8. Juli bis 21. Juli 2016 Fotos zu präsentieren. Sowohl Einzel- den ganzen Prozess kennen, der zwipersonen als auch Fotokurse im Rahmen schen einem guten Foto und einer pro- Fotogalerie Friedrichshain des Kunstunterrichts reichten ihre Bei- fessionellen Ausstellung liegt. Helsingforser Platz 1 träge ein, von denen einige die Ausstel10243 Berlin-Friedrichshain lung vervollständigen. Die Produktion der Ausstellung wurde unterstützt von Louis@Nicéphore Foto- Di – Sa 14 – 18 Uhr Teil des Konzeptes des Helsingforser pioniere in Friedrichshain und Hahne- Do 10 – 20 Uhr Platz für Kunst ist es, die Jugendlichen mühle. facebook/fotogaleriefriedrichshain 18 brennpunkt 3/2016 Galerien Danila Tkachenko »Restricted Areas« Zum Europäischen Monat der Photographie 2016 zeigt die Fotogalerie Friedrichshain die dokumentarische Serie Restricted Areas des jungen Moskauer Fotografen Danila Tkachenko, welche bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde. Danila Tkachenkos Fotoprojekt Restricted Areas beschäftigt sich mit dem utopischen Streben der Menschheit nach technologischem Fortschritt, angetrieben von einer unstillbaren Gier und dem Wunsch auf ein besseres Leben. Restricted Areas nimmt den Betrachter mit auf Spurensuche nach Orten, die für den technologischen Fortschritt in der Sowjetunion von großer Bedeutung waren - und heute verlassen sind. Geheime Städte, die auf keiner Karte zu sehen sind, vergessene wissenschaftliche Triumphe, geheim gehaltene Nuklearkatastrophen, verlasse Gebäude von fast unmenschlicher Komplexität – eine Reise quer durch die unendlichen Weiten der ehemaligen Sowjetunion. Jeder Fortschritt kommt früher oder später zum Stillstand, sei es durch Wirtschaftskrisen, Atomkrieg oder Umweltkatastrophen... was bleibt zurück? © Danila Tkachenko, (O.i.F.) © Danila Tkachenko, (O.i.F.) Die in der Ausstellung gezeigten Fotografien werden ergänzt durch Archivmaterial und Bücher über den technologischen Fortschritt in der Nachkriegszeit. Informationen unter: http://www.danilatkachenko.com/ © Danila Tkachenko, (O.i.F.) Vernissage: 6. Oktober 2016, 19 Uhr DJ-Set mit elektronischer Musik aus den 70er und 80er Jahren © Danila Tkachenko, (O.i.F.) 16. September bis 28. Oktober 2016 Fotogalerie Friedrichshain Helsingforser Platz 1 10243 Berlin-Friedrichshain Di – Sa 14 – 18 Uhr Do 10 – 20 Uhr facebook/fotogaleriefriedrichshain brennpunkt 3/2016 19 Galerien Christoph Kohlmann »Weltreise« Die Arbeit »Weltreise« beschäftigt sich mit der Wahrnehmung der alltäglichen Außenwelt in einer von digitaler Kommunikation geprägten Wohlstandsgesellschaft. Leise Gesellschaftskritik und eine große Portion Bewunderung für die Welt gehen Hand in Hand und münden in nüchtern beobachtete Bilder voll subtiler Besonderheiten. Eine Weltreise überwiegend in Berlin und Umgebung fotografiert – da lässt sich eine gewisse Ironie natürlich nicht leugnen. Doch wirft der Titel auch ernstgemeinte philosophische Fragen auf: Wo hört der Alltag auf, wo fängt die Reise an? Ist »hier« nicht auch schon »die Welt«? Kann und darf etwas nur faszinierend sein, wenn es ungewohnt und exotisch ist? © Christoph Kohlmann, (O.i.F.) Auch die Motive selbst stellen Fragen, welche jedoch grundsätzlich unbeantwortet bleiben. Es ist nicht entscheidend, alles erklären zu können; viel wichtiger ist es, die Welt und ihre alltäglichen Vorgänge mit der Neugier eines Kindes zu hinterfragen, anstatt in vermeintlich »erwachsener« Art die Dinge einfach als gegeben hinzunehmen. Oder in den Worten von Hannes Wanderer (25books, Peperoni Books): »Kohlmann reiht die Banalitäten und Kuriositäten kommentarlos aneinander und in der Summe erzählen sie doch eine ganze Menge über die »Welt«. Die Arbeit wurde erstmals im Oktober 2015 in der Gruppenausstellung »OHO« (9. Jahrgang der Ostkreuzschule für Fotografie) im HO|Berlin gezeigt und zeitgleich als Buch in einer Auflage von 200 Exemplaren im Selbstverlag publiziert. © Christoph Kohlmann, (O.i.F.) 18. Mai bis 12. Juli 2016 Das Buch kann über den Fotografen bezogen werden: www.ckohlmann.de FENSTER61 Torstraße 61 10119 Berlin-Mitte © Christoph Kohlmann, (O.i.F.) 20 brennpunkt 3/2016 © Christoph Kohlmann, (O.i.F.) www.fenster61.de Galerien Tilman Brembs »Zeitmaschine | Analog Rave« Der Fotograf und Wahlberliner Tilman Brembs lebt seit 30 Jahren in der Hauptstadt und begleitet fotografisch fast ebenso lang die Entwicklung Berlins. Als »Hausfotograf« des Techno-Magazins Frontpage war Tilman Brembs immer ganz nah dran und nicht nur ein Chronist des frühen Technojahre, sondern vielmehr integraler Bestandteil dieser Musikszene und Partykultur. In seinem Archiv von ca. 20.000 analogen Fotos, hat er die Entwicklung der frühen Technoszene von 1991 - 1997 in einmaligen Bildern festgehalten. Seine Fotografien aus 25 Jahren Technogeschichte zeichnen damit die Ethnographie dieser einstigen Subkultur nach. © Tilman Brembs, (O.i.F.) Treibstoff dieser Zeitmaschine sind bis dahin persönliche Erinnerungen, individuelle Erlebnisse und kollektive Erfahrungen. Die Fotografie dient als Katalysator, diesen Geschichten wieder zu einem Bild zu verhelfen oder vergangene Bilder neu heraufzubeschwören. Meine Fotografien dokumentieren, informieren, übermitteln Botschaften - interpretieren muss sie jeder für sich, denn ein Foto ist auch immer Dokumentation eines Dialogs zwischen dem Fotograf und dem Objekt vor seinem Objektiv. Die Zeitmaschine stellt also eine Chronik dieser Zeit dar, präsentiert die Menschen, die diese Zeit lebendig gemacht haben, inszeniert die Mode, das Lebensgefühl und die Künstler. Die gänzlich andere Art der Inszenierung als im Gegenwärtigen der Sozialen Netzwerke macht es zu etwas ganz Besonderem, denn der Fokus liegt auf der Darstellung von Subkultur und Kunst ohne den Hintergrund der dauernden Verfügund Abrufbarkeit und dem Bewusstsein des Fotomotivs, sich am nächsten Tag weltweit im Netz betrachten (lassen) zu können. © Tilman Brembs, (O.i.F.) 13. Juli bis 13. September 2016 FENSTER61 Torstraße 61 10119 Berlin-Mitte © Tilman Brembs, (O.i.F.) www.fenster61.de brennpunkt 3/2016 21 Galerien Isa Marcelli »Le laboratoire des rêves« Wenn wir fortgehen – hinweg über das Laub des Sommers und die Wiesen, die sich getrost und stechend der Sonne hingaben – hallen in all unseren Schritten Erinnerungen wider. Rücklings ließen wir Bedauern und Sehnsucht zurück; während im Gestrüpp vor uns das Kommende lauert. Und dies ist nur ein Bild aus einem verlorenen Garten – aus einem Gewebe, gepflanzt aus Blüten und Sommersprossen. Die 1958 in Algerien geborene Photographin Isa Marcelli hat noch dutzende solcher Bilder parat. Bilder, die wie kleine Rückblenden wirken. Reminiszenzen an eine in uns schlummernde Landschaft der Kindheit. Da ist der leere Gartenstuhl, der seine Geschichten nie auserzählen durfte. Da ist die Allee, über die wir mit schwerem Herzen ins Heute fortgingen. All diese Bilder sind gespickt mit unzähligen Verweisen und kleinen Rätseln. Voller Nebel und Verzitterungen. Als wären es die Elementarteilchen unserer frühesten Träume. Für die französische Künstlerin Isa Marcelli ist Photographie wie die Arbeit in einem märchenhaften Laboratorium. Aus Ethanol und Ether, Kollodiumwolle und Bromsalzen erschafft sie Bilder, die weit zurückreichen zu den Archetypen des Unbewussten. »Meine Aufnahmen«, sagt Marcelli, »sind Bild für Bild Skizzen einer eigenen Welt. Sie sind Ausdrucksweisen jener Person, die ich hinter allen Hüllen wirklich bin.« Seitdem sich die heute in einem Dorf nahe Paris lebende Isa Marcelli mit dem Medium der Photographie beschäftigt, hat sie immer wieder mit historischen Aufnahme- und Druckverfahren experimentiert – zunächst mit Polaroids, Holgas und selbst gebauten Lochbildkameras, später mit Ferrotypien und Kollodiumnassplatten. Verfahren aus der Mitte des 19. Jahrhunderts hat sie hinübergerettet in die Gegenwart der glattgerechneten Pixelwelten. So sind unter Rückgriff auf oft unvorstellbare Belichtungszeiten, mit viel Empathie und Freude am photochemischen Experiment in den zurückliegen22 brennpunkt 3/2016 © Isa Marcelli, Le jardin, 2016, Courtesy Johanna Breede / PHOTOKUNST den acht Jahren Abzüge entstanden, die reich sind an Empfindung, Zartheit und Fragilität. Unter dem Titel »Le laboratoire des rêves« sind Marcellis Photographien in der Berliner Galerie Johanna Breede PHOTOKUNST zu sehen. Melancholisch, verspielt und oft surreal erzählen sie von einer merkwürdigen Welt, die bereits dicht hinter der Oberfläche der Wirklichkeit schlummert. »Ich möchte einen Weg finden, auf dem man die Wirklichkeit vergessen kann. Ich liebe es, wenn sich meine Bilder den Träumen oder den subjektiven Empfindungen öffnen.« Mal gelingt dies der Autodidaktin, indem sie auf ungewohnte Montagen zurückgreift, mal indem sie ihre Bildausschnitte zu poetischen Arrangements verdichtet. Obwohl Marcellis Aufnahmen stets einen magisch-narrativen Sog entwickeln, bleiben alle Geschich- ten Andeutungen. Letztlich sind sie so geheimnisvoll und verzaubert wie die Gärten der tief in uns verschütteten Kindheit. Gewebe, so fein und zerbrechlich, dass sie einzig im Laboratorium unserer Träume gedeihen konnten. (Ralf Hanselle) Vernissage: 15. Juli 2016, 18 bis 21 Uhr in Anwesenheit der Photographin 16. Juli bis 24. September 2016 Johanna Breede PHOTOKUNST Fasanenstraße 69 10719 Berlin-Charlottenburg Di – Fr 11 – 18 Uhr Sa 11 – 16 Uhr www.johanna-breede.com Galerien Luzia Simons »Schnittmengen Zeitgenössische Kunst und die Überlieferung« Luzia Simons‘ Blumenbilder sind keine klassischen Fotografien. Die Künstlerin komponiert ihre Bilder mit echten Blüten, die sie direkt auf dem Scanner anordnet. Die Stellen, an denen die Blumen auf dem Glas aufliegen, werden mikroskopisch genau abgebildet. Dort, wo es einen größeren Abstand gibt, entsteht eine abstrakte Unschärfe. Die meist großformatigen Bilder bestechen durch frappante räumliche Tiefe, eindringliche Plastizität und farbliche Brillanz. Im Gegensatz zur intensiven Präsenz dieser Scanogramme stehen ihre fragilen Zeichnungen, die in ihrer unbestimmten Dynamik vom Betrachter weitergedacht werden wollen. © Luzia Simons, Chrysanthemum Nr. 4 - 1/1, 2013, Scannogramm auf Büttenpapier, 47 x 83 cm Bild-Kunst Bonn 2016, (O.i.F.) Migration, Wandel und Adaption sind Themen, die Luzia Simons beschäftigen. In ihren Darstellungen dekonstruiert sie herkömmliche Bildvorstellungen, indem © Luzia Simons, Chrysanthemum Nr. 3 - 1/1 sie die Blumen aus ihrem natürlichen 2013, Scannogramm, Fine Art Print auf Kontext isoliert und zu einem abstraktAwagami Bamboo Papier, 47 x 47 cm, ästhetischen Motiv erhebt, das eine VG Bild-Kunst Bonn, 2016 ganze Palette an Bedeutungen transportiert. In diesem Verzicht auf eine Verankerung in Raum und Zeit sind ihre Bilder © Luzia Simons, Chrysanthemum Nr. 2 - 1/1 ostasiatischer Malerei geistesverwandt. 2013, Scannogramm auf Büttenpapier, 47 x 33 Die traditionell ein eigenes Genre bil- cm, VG Bild-Kunst Bonn, 2016 dende Blumenmalerei Ostasiens zeigt Blumen und andere Pflanzen häufig bilder bekannt geworden. Neben diesen ihrer natürlichen Umgebung enthoben Scanogrammen entwirft sie auch raumund metaphorische Bedeutungen reprä- greifende, ortsbezogene Installationen sentierend. und beschäftigt sich mit Video- und Performance-Kunst. Ihre Werke wurden in bis 8. Januar 2017 Luzia Simons wurde 1953 in Quixadá, Einzel- und Gruppenausstellungen in Brasilien, geboren und lebt in Berlin. Sie zahlreichen Museen und Galerien in Museum für asiatische Kunst studierte bis 1981 Geschichte und von Europa, Brasilien, den USA, Kuba und Staatliche Museen in Berlin 1984 bis 1986 Bildende Kunst an der Sor- Japan gezeigt und fanden Eingang in Museum Dahlem bonne in Paris. Nach dem Studium ver- viele private und öffentliche Sammlun- Lansstraße 8 legte sie ihren Hauptwohnsitz zunächst gen weltweit. Luzia Simons wird von 14195 Berlin-Dahlem nach Stuttgart, später nach Berlin. Die den Galerien Fabian & Claude Walter Künstlerin ist in den letzten Jahren vor (Zürich) und Alexander Ochs Private Di – Fr 10 – 17 Uhr allem durch ihre großformatigen Tulpen- (Berlin) repräsentiert. Sa + So 11 – 18 Uhr brennpunkt 3/2016 23 Galerien FRAMMENTI 20X25 Die Polaroids von Toni Meneguzzo kuratiert von Harald Theiss Anlässlich der Fashion Week Berlin eröffnet die GALERIE 206 im Departmentstore Quartier 206 am 29. Juni 2016 mit FRAMMENTI 20X25 erstmalig in Berlin eine Auswahl stilprägender Modefotografien des italienischen Künstlers Toni Meneguzzo. Toni Meneguzzo, Vogue, Pelle, 1986, © + courtesy Toni Meneguzzo, (O.i.F.) Meneguzzo (*1949 in Portogruaro/ Venezien) ist ein international wir- geschieht an der Luft. Für ihn ist die kender Fotokünstler, der seit über 30 Fotografie ein Handwerk, mit der er verJahren vor allem als Modefotograf für sucht, eine Magie zu erzeugen und sie die Vogue, Harper‘s Bazaar, Harpers gleichzeitig festzuhalten. Es entstehen & Queen, Arena und New York Times künstlerisch inszenierte und einmalige tätig ist. Seine Polaroids im Großformat, Kompositionen. Seine Bilder sind nicht welche in den Editorials der Modema- nur atmosphärisch stilvolle Modefotogazine zu sehen waren, machten ihn grafien, glanzvolles Dokument, sonschnell bekannt. Sie wurden zu Mene- dern auch zeitlose Porträts. Später entguzzos unverwechselbaren Markenzei- deckte Meneguzzo die digitale Fotograchen. Der Titel der Berliner Ausstellung fie sowie das Medium Film und widmete »FRAMMENTI 20X25« bezieht sich sich in den letzten Jahren verstärkt der darauf, aber auch auf das Genre, das er Architekturfotografie. Er publizierte u.a. weitgehend mit den Polaroids geprägt in der New York Times, der AD, World of hat. Gleichzeitig verweist der Fotograf Toni Meneguzzo, Vogue, oder Architekselber auf seine Zeit als Modefotograf; tur & Wohnen. 2010 erschien der Fotoein Fragment innerhalb seiner künstle- band Go Shala nach einer intensiven rischen Karriere. Beschäftigung mit dem Hinduismus und den damit verbundenen Riten und ZereMeneguzzos erste Schau hatte er in monien, bei denen die heiligen Kühe London bereits 1975. In dieser Zeit bemalt und geschmückt werden. begann seine enge und langjährige Zusammenarbeit mit der Vogue Condé Die Galerie 206 freut sich ganz besonNast Group. Darüber hinaus war er ver- ders, Toni Meneguzzo mit dieser Ausantwortlich für viele große Modekam- stellung wieder zu entdecken und in pagnen, wie die für Jil Sander, Issey Berlin zu begrüßen. Miyake, Gianfranco Ferré oder auch für Guerlain, eines der ältesten Parfumhäu- Über die GALERIE 206: ser der Welt. Es folgten unzählige inter- Die Fotokunst war von Beginn an ein nationale Ausstellungen und Beteiligun- zentraler Bestandteil des exklusiven gen an Foto-Biennalen, in denen seine Departmentstore Quartier 206 in der Arbeiten zunehmend Anerkennung in Berliner Friedrichstraße, unweit der hisder zeitgenössischen Fotografie bekom- torischen Mitte mit dem Gendarmenmen. Mit der Polaroidkamera 20X25 zu markt und der weltberühmten Musearbeiten, bezeichnet Meneguzzo als umsinsel. 1997 eröffnete auf Initiative unverfälscht und pur. Er benötige dafür der Gründerin und Kunstsammlerin kein Fotolabor, denn die Entwicklung Anne Marie Jagdfeld die GALERIE 206 24 brennpunkt 3/2016 Toni Meneguzzo, L.A. Style, 1992, © + courtesy Toni Meneguzzo, (O.i.F.) mit dem bekannten New Yorker Fotografen Steven Klein ihre erste Ausstellung. Es folgten Peter Beard mit seinen Afrika Bildern, Leni Riefenstahls Dokumentarfotografien, Modefotografien von F.C. Gundlach und Horst P. Horst, die heute zusammen mit den 2007 ausgestellten Fotos von Michel Comte zu den Klassikern des Genres gehören, sowie die Arbeiten von Esther Haase und Ralph Mecke. Porträts wurden u.a. von dem Magnum Fotografen Elliot Erwitt, Diane Arbus und Sheila Rock gezeigt und von Denis Brihat die stillen Naturbilder. Von der jungen Generation der Fotokünstler wurden u.a. Werke von Frauke Eigen, Silke Lauffs und Nick Brandt, die mittlerweile zu den auf dem Kunstmarkt etablierten Fotografen gehören, gezeigt. bis 10. September 2016 GALERIE 206 im DEPARTMENTSTORE QUARTIER 206, 1st floor Friedrichstraße 71 10117 Berlin-Mitte Mo – Fr Sa 11 – 20 Uhr 10 – 18 Uhr www.dsq206.com Galerien WINFRIED MUTHESIUS NOLI ME TANGERE – New Photographs Die Galerie Springer Berlin freut sich, Ihnen neue fotografische Arbeiten des Künstlers Winfried Muthesius zu präsentieren. An der Schnittstelle von Malerei und Fotografie nimmt Muthesius eine äußerst spannende Position ein, die sich perfekt in das Programm der Galerie einreiht und daher bereichert. Der Entwicklungsweg eines jeden einzelnen Werkes unterliegt mehreren Arbeitsschritten. Der Ursprung der gezeigten Arbeiten © Winfried Muthesius, Noli Me Tangere III, 124 x 164 cm der Ausstellung sind großformatige (O.i.F.) Malereien des Künstlers aus der Serie »Schädelbilder«. Diese Bilder werden kann, ein Sakralbau in einen saugenan unterschiedliche, meist öffentliche den Abyss. Diese Bildwelten umfassen Orte gebracht und von Muthesius dort unsere Zeit.« fotografiert. Die jeweils entstandenen Fotografien werden nun auf das Maß Diese kurze, prägnante Beschreibung von ca. 30 x 40 cm vergrößert. Diese von Christoph Tannert, künstlerischer Bilder werden jetzt in weiteren Schrit- Leiter des Künstlerhaus Bethanien, ten erst übermalt, dann gescannt und umfasst das Werk von Winfried Mutheabschließend im endgültigen Format sius ausgesprochen gut. reproduziert und verarbeitet. »Was Muthesius ästhetisch organisiert, ist im besten Sinne die Verschmelzung von Gegensätzlichem: Oberflächenbewegungen im malerischen Fluss und Bildtiefe, die durch das fotografische Bild hergestellt wird. So beginnen Überlagerungen zu wuchern, die kein Hirn vorab planen oder imaginieren kann. Kleinste Teilchen kollidieren innerhalb der Bildräume. Was damit erreicht wird, ist atemberaubend. Und zeigt die wichtigste Identität des Künstlers - die mit seinem Werk. Unterschiedliche Bildelemente auf mehreren Ebenen werden miteinander verwoben. Zufallsräume überlagern sich. Muthesius verbindet BildFlächen und Bild-Segmente und setzt sie unter Spannung bis sie Bilder hervorrufen und dann Welt werden. Keine schöne, sondern eine unberechenbare Welt, in der sich binnen Sekunden ein Weinberg in eine Wüste verwandeln Über Winfried Muthesius: 1957 in Berlin geboren, lebt und arbeitet in Berlin und Drewen / Brandenburg. Winfried Muthesius studierte von 1979 – 1984 Malerei an der HDK (der heutigen UDK) Berlin. Es folgten zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland. Die Arbeiten von Winfried Muthesius sind in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten, u.a. der Berlinischen Galerie, Berlin. Ed.3, Fine art print, acrylic face mount, © Winfried Muthesius, X-3, 180x 120 cm, Ed.3, Fine art print, acrylic face mount, (O.i.F.) bis 30. Juli 2016 Galerie Springer Berlin Fasanenstraße 13 10623 Berlin-Charlottenburg Di – Fr 12 – 18 Uhr Sa 12 – 15 Uhr www.galeriespringer.de brennpunkt 3/2016 25 Galerien Die Gesellschaft für Humanistische Fotografie (GfHF) zeigt: »WARonWALL« Fotografien und Texte vom Krieg in Syrien auf der Berliner Mauer Eine Arbeit von Kai Wiedenhöfer Im Frühjahr 2016 wütete der Bürgerkrieg in Syrien seit fünf Jahren. Über eine Million Menschen sind seither verletzt worden, rund eine Viertelmillion sind tot. Es sind Menschen wie Sundus Hawarna (11), die ihre ganze Familie, ihre drei Brüder und ihre Eltern, durch die Explosion einer Fassbombe verlor. Auch die elfköpfige Familie ihres Onkels, der einen Stock über ihr wohnte, kam um. Khalid (42) wurde verletzt, als sein Heimatdorf beschossen wurde und er seine Familie mit dem Motorrad in Sicherheit bringen wollte. Iman (40) wurde von der Kugel eines Scharfschützen gelähmt und lebt nun in ständiger Angst, dass ihr Mann sie aufgrund der Behinderung verlässt. Sie alle erzählen von dem Augenblick, der ihr Leben zerstörte. Ein Jahr lang porträtierte der international renommierte Fotograf Kai Wiedenhöfer kriegsversehrte syrische Geflüchtete in Jordanien und im Libanon: Männer, Frauen und Kinder. Ganz unmittelbar spricht aus seinen Bildern die Gewalt, die für sie alles mit einem Mal verändert hat. Sie sitzen im Rollstuhl, tragen Prothesen oder erlitten Verbrennungen. Ihre körperlichen Wunden kann man sehen, die seelischen nicht. Viele von ihnen haben Angehörige verloren: Mutter, Vater, Geschwister, Freunde. 26 brennpunkt 3/2016 Fast alle ihr Zuhause. Trotzdem stellen die Porträts von Kai Wiedenhöfer einen Augenblick der Würde her. Schaut man den Menschen in die Augen, so sieht man Kraft und Stolz und nicht selten ein Lächeln. Panoramabilder der zerstörten Stadt Kobane ergänzen die Porträts und zeigen die ganze Wucht der Zerstörung. Trümmer schichten sich auf Trümmer zu endlosen Schutthaufen. Wie eine leblose Mondlandschaft wirken die zerbombten Behausungen, in denen einst die Menschen lebten, die aus ihrer Heimat fliehen mussten. Im Zusammenspiel der Fotografien versehrter Menschen und zerstörter Häuser lässt sich die ganze Unmenschlichkeit moderner Kriege erahnen. Eine beschönigende Ästhetik verbietet sich angesichts der Grausamkeit der Realität von selbst. Kai Wiedenhöfers schonungslose Bilder sind ein leidenschaftliches Plädoyer für den Frieden. Mit ihnen will er den Krieg in Syrien hierzulande erfahrbarer machen und die Aufmerksamkeit auf all jene lenken, die auf der ganzen Welt ihr Leben lang unter den Folgen moderner Kriege leiden. Präsentiert werden die Fotografien und Texte – in der bundesweit größten Ausstellung im öffentlichen Raum – auf 350 laufenden Metern direkt auf der ehemaligen Berliner Mauer. In Zusammenarbeit mit der Stiftung STERN werden in der Ausstellung Gelder für syrische Kriegsopfer gesammelt. Kai Wiedenhöfer, geb. in Schwenningen am Neckar, studierte Fotografie und Buchgestaltung an der Folkwangschule der Universität Essen und Arabisch in Damaskus. Im Nahen Osten liegt seit 1989 sein Arbeitsschwerpunkt. Für seine Arbeit erhielt er zahlreiche Stipendien und Preise, darunter die Leica Medal of Excellence, mehrfach den World Press Photo Award, den Eugene Smith Grant in Humanistic Photography, den Carmignac Gestion Photojournalism Award sowie den Deutschen Fotobuchpreis. Im renommierten Steidl- Verlag, Göttingen, hat er insgesamt vier Bücher veröffentlicht. »WARonWALL« wird gefördert von: ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Heinrich-Böll-Stiftung, Brot für © Kai Wiedenhöfer, aus dem Projekt WARonWALL, (Original in Farbe) die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, VG Bild-Kunst, Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit Berlin, Michael-Horbach-Stiftung. Die Gesellschaft für Humanistische Fotografie (GfHF) wurde 2006 gegründet, sie fördert engagierte Autorenfotografie, die sich mit gesellschaftlich relevanten Themen auseinandersetzt. In Ausstellungen, die sie in Kooperation mit Museen und Kulturinstitutionen im In- und Ausland realisiert, präsentiert sie die Arbeiten renommierter und aufstrebender zeitgenössischer Fotografinnen und Fotografen. Weitere Informationen unter: www.gfhf.eu www.facebook.com/GFHF.eu bis 30. September 2016 West Side Gallery – der Spree zugewandte Seite der East Side Gallery Mühlenstraße | Oberbaumbrücke | 10243 Berlin-Friedrichshain Mo – So ganztägig frei zugänglich Galerien Brigitte Tast »Tage wie die endlos schwarze See, ein Hafen stets so schwer zu finden« In den letzten Jahren hat sich die Fotokünstlerin Brigitte Tast mehrmals mit außergewöhnlichen Kinowerken auseinandergesetzt, Dabei entstanden subjektive Schwarzweiß-Serien zu dem ultimativen Fotografen-Spielfilm »BlowUp« (1966) von Michelangelo Antonioni, zu der in Marokko gedrehten Shakespeare-Verfilmung »Othello« (1953) von Orson Welles sowie zu »Fährmann Maria« (1936) von Frank Wysbar. Brigitte Tast, »Tage wie die endlos schwarze See, ein Hafen stets so schwer zu finden«I, (11/2015) Die Hauptdarstellerin in diesem HeideDrama, Sybille Schmitz, eine rätselhafte, androgyne Schönheit in den 1930-50er Jahren, irritiert bis heute. Auch durch ihre tragische Lebensgeschichte. Ungewöhnliche Filmrollen, Erfolge auf Brigitte Tast, »Tage wie die endlos schwarze See, ein Hafen stets so schwer zu finden«III, (11/2015) der Leinwand, ruinierte Beziehungen, Schwermütigkeit und Süchte. Ihre letz- »Ein wenig lebt sie nun weiter in einem ten Lebensmonate nahm Rainer Werner reich illustrierten Heft, das sich ihrer Fassbinder 1982 als Vorlage für »Die ebenso poetisch wie kenntnisreich Sehnsucht der Veronika Voss«. annimmt. Die Fotografin Brigitte Tast und ihr Mann Hans-Jürgen machen seit »Meine eigenen Empfindungen zu ihrer Jahrzehnten vom kleinen niedersächsi- Eröffnung: melancholischen Ausstrahlung in Leben schen Ort Schellerten aus eine Publi- Freitag, 23. September 2016, 19 Uhr. und Film habe ich im Jahr 2015 u.a. mit kationsreihe, die es immer wieder in Es spricht die Literaturwissenschaftlerin Hilfe einer Darstellerin, der Schauspie- sich hat. ‚Kulleraugen - Visuelle Kom- Rike Felka lerin Maria Schubert, in eine Diptychen- munikation‘ heißt sie, umfasst meist 60 Sequenz umgesetzt. Auf diese Weise ist Seiten und kombiniert journalistische in mehreren Schritten die Assoziations- Darstellung mit fotografischen Assozikette ‚Tage wie die endlos schwarze See, ationsketten, was oft ein seltsam schöein Hafen stets so schwer zu finden‘ ent- nes Flirren ergibt, einen fast traumhafstanden, die nun zum ersten Mal als Aus- ten Zustand, wenn man sich in die Hefte stellung zu sehen ist.« (Brigitte Tast) vertieft. Oder gar in eine der in winzigen Auflagen entstehenden VorzugsausKonzipiert war diese in Schwarzweiß gaben, oft mit einer beiliegenden Foto- 24. September bis 22. Oktober 2016 gehaltene Serie als künstlerische grafie in Museumsqualität versehen.« Ergänzung für die Broschüre »Dem Licht, (AM, culturmag.de, 3. Mai 2016) galerie beate brinkmann dem Schatten so nah« von Brigitte Tast Fasanenstraße 69 und Hans-Jürgen Tast (Kulleraugen - Vis. 10719 Berlin-Charlottenburg Komm. Nr. 46, ISBN 978-3-88842-0467, EUR 8,90) über die Schauspielerin Di – Fr 12 – 18 Uhr Sybille Schmitz. Sa 12 – 16 Uhr www.kulleraugen-verlag.de www.beatebrinkmannberlin.com brennpunkt 3/2016 27 Galerien Cofrades Zeitgenössische Maya Gesellschaften in Guatemala Die Ausstellung bietet an der Schnittstelle von Fotografie, Anthropologie und Kunsthandwerk einen Einblick in zeitgenössische Maya Gesellschaften in Guatemala. Ausgangspunkt bilden die Portraits von spirituellen Maya-Führern des spanischen Fotografen Santiago Albert, graviert und gedruckt mit der Technik der Heliogravur. Über die Laufzeit entsteht eine wissenschaftliche wie künstlerische Darstellung der Maya Cofradías in Guatemala. Durch Gesprächsrunden, Filmprojektionen, Mini-Installationen und Workshops wird das Projekt erweitert und ein tieferer Blick in die Kultur gewährt. Im Rahmen der Ausstellung wird ein Künstlerbuch entstehen. Der Kontext Cofradías sind religiöse Bruderschaften innerhalb des Maya Volks, die sich gegen Ende des 15. Jahrhunderts als Reaktion auf die spanische Invasion bildeten. Der für Lateinamerika typische Synkretismus führte dazu, dass in den Cofradías die gezwungenermaßen angenommenen katholischen Bräuche mit indigenem Glauben verschmelzen. Als Priester, Führer und Schamanen werden die cofrades, wortwörtlich »Mitglieder der Bruderschaft«, wegen ihres Glaubens und ihrer moralischen Achtbarkeit gewählt. Während ihres Mandats wachen sie in totaler Hingabe über das kulturelle und religiöse Leben ihrer Gemeinde, geben Rat, schlichten und führen Festlichkeiten an. Heliogravur und Künstlerbuch Der spanische Fotograf Santiago Albert (*1965) lebt seit 1996 in Guatemala. Die cofrades haben ihm das seltene Privileg gewährt, ihre Gesichter und Geschichten in die Welt zu tragen. Graviert und gedruckt mit der seltenen Technik der Heliogravur, werden zu Beginn der Ausstellung 28 brennpunkt 3/2016 Heliogravur: Tomás, Cofrade, Chichicastenango, Guatemala, mit einem Foto von Santiago Albert. Foto Katrin Hammer, 2016 Tomás, Cofrade, Chichicastenango, Guatemala. Foto Santiago Albert, 2014 Kupfermatrize der Fotografien und ihr Druck ausgestellt. Diese wurden von Antonin Pons Braley (*1988) von Tumuult und Fanny Boucher (*1976), Élève-Maître d’Art (Meisterschülerin) im Pariser Atelier Hélio’g angefertigt. Die aus dem 19. Jahrhundert stammende Copper matrix, heliogravure by Antonin Pons Heliogravur-Technik, von der UNESCO Braley & Fanny Boucher. Foto Éric Chenal, als immaterielles Kulturerbe geschützt, 2016. (O.i.F.) wird traditionell für die Reproduktion von Fotografien verwendet. Ein Highlight ist der Besuch von cofrade Künstlerbuch mit 13 heliogravierten Manuel Xiloj Tol, der im November über Portraits ist zeitgleich zur Ausstellung sein Volk, seine Wurzeln und seinen im Entstehungsprozess. Es wird in einer Weg sprechen wird. Schachtel präsentiert, ausgelegt mit Das umfangreiche Programm, in KooStoffen die speziell für diesen Zweck von peration mit der Botschaft Guatemala, den Maya aus dem Ort Chichicastenango kann online unter: www.tumuult.com gewebt wurden. Durch die Vorstellung eingesehen werden. des Künstlerbuchs im Oktober 2016 wird die Ausstellung in der Tumuult Tumuult Galerie komplettiert. Das unabhängige art&research Lab Tumuult, gegründet 2014 von Antonin Die Ausstellung im prozesshaften Dialog Pons Braley und Lena Gudd in Berlin, – das Programm arbeitet an der Schnittstelle von AnthroIm Dialog mit Santiago Albert’s pologie, Fotografie und Kunsthandwerk. fotografischer Arbeit werden im Juni die Neben Gudds und Pons Braleys StuPortraits des deutsch-amerikanischen dien von Gegenwartsgesellschaften in Fotografen Hans Namuth (1915-1990) nördlichen Regionen, erkundet Tumugezeigt. Seine Serie Los Todos Santeros ult mit Ausstellungen und Gesprächsist eine sensible anthropologische runden die wechselseitige Beziehung Bestandsaufnahme der Bevölkerung von zwischen dem Menschen und seinem Todos Santos, die er von 1947 bis 1987 Lebensraum. aufgenommen hat. Rituelle indigene Masken werden im Juli ausgestellt, bis 13. Dezember 2016 bevor der Dokumentarfilm Corazón del Cielo, Corazón de la Tierra in der Tumuult Galerie Anwesenheit der Regisseure Frauke Heinrich-Roller-Straße 8 Sandig und Eric Black im August gezeigt 10405 Berlin-Prenzlauer Berg wird. Im September findet eine Lesung der Gedichte von dem K’iche’ Maya Di – Fr 14 – 18 Uhr Dichter Humberto Ak’abal statt. Das und nach Absprache Galerien The (Im)Personal Landscape Morgan Ashcom, Josee Schryer, Daniel Reuter, Susan Hayre, Leo Goddard Im Sommer 2016 wird der fünfte Jahrgang das International LimitedResidency Photography MFA Programm der Hartford Art School / University of Hartford (USA) absolvieren. Um diesen Meilenstein zu feiern, werden eine Reihe von Ausstellungen mit Abschlussarbeiten ehemaliger Studenten an mehreren Standorten auf der ganzen Welt stattfinden. Die erste wird in Deutschland in der Galerie exp12 / exposure twelve, Berlin vom 10. September bis zum 8. Oktober 2016 gezeigt werden. Die zweite Ausstellung in São Paulo, Brasilien, ist in Vorbereitung. Jede Ausstellung wird sich einem größeren Themenkreis widmen. Das Thema in Berlin heißt: The (Im)Personal Landscape. Landschaft und Natur dienen seit jeher als Inspirationsquelle und Sujets für Künstler. In der Malerei stellten Landschaften Kulissen für große Schlachten dar oder sie gemahnten durch die Darstellung kleinerer Bauwerke oder Figuren an die Erhabenheit und Macht eines größeren Ganzen. In der Geschichte der Fotografie wurden ähnliche Themen erforscht und dargestellt. © Josee Schryer, (O.i.F.) © Morgan Ashcom, (O.i.F.) © Daniel Reuter © Daniel Reuter Die Künstler, die in dieser Ausstellung vertreten sind, betrachten Landschaften © Josee Schryer, (O.i.F.) als Ausgangspunkt, um tief in ihre eigenen Biographien einzutauchen, sei Da das Hartford MFA-Programm einen es auf sehr persönliche Art und Weise starken Fokus auf das Fotobuch hat - zum oder durch die Arbeit mit größeren Zeitpunkt der Ausstellung werden drei gesellschaftlichen Themen. Vordergrün- der Fotografen ihre Bücher veröffentlicht dig eine Sammlung von Landschaftsauf- haben – wird die Ausstellung durch nahmen handelt The (Im)Personal Land- die Präsentation von Büchern ergänzt. scape von den Auseinandersetzungen Besucher haben daher die Möglichkeit, der Menschen mit der Welt, wie sie die Arbeit der Absolventen auch durch durch die Augen von fünf Absolventen dieses besondere Medium zu erfahren. gesehen werden: Morgan Ashcom (USA), Leo Goddard (GB), Susan Hayre (USA), Daniel Reuter (D / ISL), Josee Schryer (CAN). www.hartfordphotomfa.org © Josee Schryer, (O.i.F.) Vernissage: 10. September 2016, 19 Uhr 11. September bis 8. Oktober 2016 exp 12 / exposure twelve Greifswalder Straße 217 10405 Berlin-Prenzlauer Berg Sa 15 – 19 Uhr und nach Vereinbarung www.exp12.com brennpunkt 3/2016 29 Galerien Thomas Struth »Nature & Politics« Thomas Struth ist einer der bekanntesten Fotografen der Gegenwart. Erstmals sind seine Arbeiten im Martin-GropiusBau in Berlin zu sehen. Gezeigt werden etwa 35 zum Teil großformatige Fotografien aus den Jahren 2007 bis 2015. Die Motive sind industrielle Produktionsanlagen, Operationssäle und Forschungslabore, aber auch Alltagsarchitektur oder Erlebnisparks. Struth untersucht in seinen Bildern der letzten Jahre, wie Ehrgeiz und menschliche Vorstellungswelten zu räumlicher, objekthafter Wirklichkeit werden. Sachlich und nüchtern zeigen sie uns hochkomplexe Apparaturen, Strukturen und Konstruktionen, die unsere Gegenwart prägen, aber dem Blick der Öffentlichkeit meist unzugänglich sind. Seestück, Donghae City 2007, Chromogenic print, 160,0 x 205,2 cm, © Thomas Struth, (O.i.F.) Basilica of the Annunciation, Nazareth, 2014 Inkjet print, 144,0 x 206,2 cm, © Thomas Struth, (O.i.F.) Tokamak Asdex Upgrade Interior 2, Max Planck IPP, Garching, 2009, Chromogenic print 141,6 x 176,0 cm, © Thomas Struth, (O.i.F.) bis 18. September 2016 Martin Gropius Bau Niederkirchnerstraße 7 10963 Berlin-Kreuzberg Research Vehicle, Armstrong Flight, Research Center, Edwards 2014, Inkjet print, 142,0 x 192,9 cm, © Thomas Struth, (O.i.F.) 30 brennpunkt 3/2016 Mi – Mo 10 – 19 Uhr Di geschlossen Galerien Berenice Abbott »Fotografien« Berenice Abbott (1898 – 1991) gilt als eine der wichtigsten Dokumentarfotografinnen Amerikas. Ihr Werkzyklus »Changing New York« hat sie berühmt gemacht. Er entstand zwischen 1929 und 1939. Die Bildserie dokumentiert New York im Umbruch: hier die viktorianische Architektur und CowboySalons, dort die Moderne mit hochaufstrebenden Wolkenkratzern und erste große Werbetafeln. Straße für Straße hat sie fotografiert. Dabei ging sie ähnlich vor wie ihr großes Vorbild Eugène Atget, der um die Jahrhundertwende das alte Paris aufnahm und den sie, in den 1920er Jahren als sie von New York aus nach Paris emigrierte, kennen und schätzen lernte. Sein Nachlass erwarb sie später, um ihn zu publizieren. Drei Jahre lang war sie Man Rays Assistentin. Auf sein Anraten, begann sie zu fotografieren. Abseits des Dokumentarischen arbeitete sie auch als Wissenschaftsfotografien und als Portraitistin bekannter Künstler und Schriftsteller: Edward Hopper, James Joyce, Jean Cocteau, Sylvia Beach, Djuna Barnes ließen sich von ihr portraitieren. Mit 82 Aufnahmen gibt der Martin-Gropius-Bau Einblick in das Œeuvre einer großen Künstlerin. Berenice Abbott, Floating Oyster Houses, South Street and Pike Slip, 1931-32, © Berenice Abbott/ Commerce Graphics, courtesy Howard Greenberg Gallery, NY. bis 3. Oktober 2016 Berenice Abbott, James Joyce, 1928, © Berenice Abbott/ Commerce Graphics, courtesy Howard Greenberg Gallery, NY. Berenice Abbott, Gunsmith and Police Department, 6 Centre Market Place and 240 Centre Street, Manhattan, 1937, © Berenice Abbott/ Commerce Graphics, courtesy Howard Greenberg Gallery, NY. Martin Gropius Bau Niederkirchnerstraße 7 10963 Berlin-Kreuzberg Mi – Mo 10 – 19 Uhr Di geschlossen brennpunkt 3/2016 31 Galerien Allure [frz. Stil, Eleganz] Fotografien aus der Collection Susanne von Meiss Zwischen all den schnellen Moden, Trends und Meinungen schimmert sie ruhig und zeitlos hervor. In kurzen Momenten taucht sie in einer flüchtigen Kombination aus Eleganz, Anmut und Bewegung auf. »Allure« ist unfassbar, unbeschreiblich und unerreichbar im ewigen Rauschen des Zeitgeistes. Und doch ist sie die Essenz, die tief aus dem Innersten strahlt. Sie oszilliert zwischen Coolness und Natürlichkeit, fasziniert zwischen Inszenierung und Authentizität. Je mehr sie selbst jedoch zum Thema wird und in den Fokus rückt, umso stärker verflüchtigt sie sich. Diesem Paradox nehmen sich Fotografen immer wieder neu an – mit dem Ziel, das ephemere Phänomen mal spontan, mal arrangiert visuell zu bannen. Seit über 25 Jahren sammelt die Schweizer Journalistin, Publizistin und Unternehmerin Susanne von Meiss Fotografien mit dem speziellen Fokus auf »Allure« und spannt einen repräsentativen Bogen über alle Genres und Stile der Fotografiegeschichte hinweg – von den 1920er-Jahren bis zur Gegenwart. Ihre persönliche Auswahl reicht von Diane Arbus, Richard Avedon, Rene Burri und Henri Cartier-Bresson über Horst P. Horst, Irving Penn, Paolo Roversi und August Sander bis zu zeitgenössischen Künstlern wie Tracey Emin, Nan Goldin, Daido Moriyama, Richard Prince und Juergen Teller. Die Collection Susanne von Meiss wird bei C/O Berlin erstmals öffentlich präsentiert. Die Ausstellung umfasst ca. 250 Fotografien – darunter viele Unikate und Vintageprints – und wurde von Birgit Filzmaier und Felix Hoffmann kuratiert. Zur Ausstellung erscheint eine Publikation im Kehrer Verlag. 32 brennpunkt 3/2016 Greg Gorman, Grace Jones with hat, 1991 © Greg Gorman bis 4. September 2016 C/O (im Amerika Haus) Hardenbergstraße 22-24 10623 Berlin-Charlottenburg Thomas Ruff, neg. india_01, 2014 © VG Bild-Kunst, Bonn 2016 / Courtesy Konrad Fischer Galerie, Düsseldorf täglich 11 – 20 Uhr Eintritt 10 Euro Galerien Querdurch« – von der Romantik bis zur Realität » Fotografie bietet unerschöpfliche Möglichkeiten individueller Sichtweisen und des eigenen Ausdrucks. Das spontane Festhalten eines »schönen« Motivs ist ganz nett, die durchdachte Umsetzung eines eigenen Themas hingegen, ist interessant. Die gemeinschaftliche Suche nach der jeweiligen Ausdrucksform brachte der 41. Jahresklasse der imago Fotoschule kostbare Erkenntnisse und erzeugte gleichermaßen Reibungspunkte. Doch Reibung fördert meist den schöpferischen Prozess. Das Ergebnis spricht für sich. © René Schröder, (O.i.F.) © Claudia Brendel, (O.i.F.) © Raunveig Einarsdóttir, (O.i.F.) © Dagmar Rehberg, (O.i.F.) In einer Ausstellung präsentieren die Absolventen der Fotoklasse einen Teil ihrer Arbeiten. Thematisch ist diese Präsentation in einem Wort zu fassen: »Querdurch«. Das Thema beschreibt die Individualität der Arbeiten ebenso wie die Individualität der Menschen. Diese Ausstellung erzählt von Schönheit, Vergänglichkeit und unausweichlicher Realität. Doreen Richter © Uta Maier bis 20 Juli 2016 und 6. bis 10. September 2016 © Doreen Richter imago fotokunst Veteranenstraße 20 10119 Berlin-Mitte Di – Fr 14 – 19 Uhr www.imago-fotokunst.de © Rukan Malas, (O.i.F.) brennpunkt 3/2016 33 Galerien INSIDE/OUT BERLIN Berlino Magazine Kollektivausstellung Marta Braga – Daniela Comparin – Luana De Rosa Mario Di Nucci – Giulia Filippi Betty Lapeyre – Nora Matland Beatrice Meo – Julia Nicotra Linda Paggi – Mary Rossi © Beatrice Meo, (O.i.F.) Giovanna Ruscitti Das Café Aroma Photogalerie in Zusammenarbeit mit Berlino Magazine lädt Sie herzlich zur der neuen kollektiven Fotoausstellung »INSIDE/OUT BERLIN« ein. Hierbei handelt es sich um eine Auswahl der schönsten Bilder der Schüler des letzten Street-Photographie Kurses des Berlino Magazins. Unter Anleitung der Fotografin Anna Agliardi fand dieser Kurs statt. »INSIDE/OUT BERLIN« erzählt von der Stadt, gesehen durch die Augen der 12 Künstler. Deren Fotos wurden während entdeckungsreicher Kursausflüge aufgenommen. Die Ausstellung stellt auch ein Wechselspiel zwischen in(side) und out(side) dar. Inside, weil die Künstler Berliner Bürger sind, outside weil sie irgendwie Ausländer sind. Aber auch inside, weil die Fotos die Persönlichkeit und Interessen der Fotografen widerspiegeln, outside weil die Fotos im Freien entstanden. Berlino Magazine, das Italienische Magazin über Berlin, bietet eine breite Auswahl an nützlichen Informationen über die Hauptstadt. Berlino Magazine organisiert in den Redaktionsräumen auch verschiedene Aktivitäten und Kurse auf italienischer Sprache. http://berlinocacioepepemagazine.com/. 34 brennpunkt 3/2016 © Giovanna Ruscitti, (O.i.F.) bis 30. November 2016 Café Aroma Photogalerie Hochkirchstraße 8 10828 Berlin-Schöneberg © Luana De Rosa, (O.i.F.) täglich ab 17 Uhr Sonnabends ab 12 Uhr Sonntags ab 11 Uhr Galerien Frank-Rüdiger Berger Tanzen ein leerer Raum weites, glänzendes Parkett die ersten Schritte den Alltag hinter sich lassen der Musik folgen, sie auskosten, genießen Bewegung koordinieren miteinander den Raum durchmessen Geschwindigkeit und Ruhe führen und führen lassen Abend für Abend, Woche für Woche Walzer, Slowfox, Cha Cha Cha gesellschaftliche Verpflichtung, Spaß und Sport © Frank-Rüdiger Berger, (Original in Farbe) Paare im Einklang, sich trennen, sich finden in der Bewegung in der Musik © Frank-Rüdiger Berger, (Original in Farbe) © Frank-Rüdiger Berger, (Original in Farbe) 15. September bis 10. November 2016 Vernissage Donnerstag, 15. September 2016, 18 – 20 Uhr © Frank-Rüdiger Berger, (Original in Farbe) www.caritas-berlin.de Caritas-Galerie Berlin Residenzstraße 90 (Eingang Reginhardstraße) 13409 Berlin-Reinickendorf Mo – Do 8 – 17 Uhr Fr 8 – 15 Uhr und nach Vereinbarung brennpunkt 3/2016 35 Galerien Rina Castelnuovo »Bereaved – Hinterblieben« »Nach mehr als 30 Jahren, in denen ich Krieg und Begräbnisse fotografiert habe, finde ich Hoffnung darin, die trauernden Familien zu treffen und ihren Versöhnungsprozess mitzuerleben. Wenn sie dies tun können, sollte es jeder andere ebenfalls können.« Rina Castelnuovo Als Fotografin für die New York Times ist Rina Castelnuovo über drei Jahrzehnte lang Zeugin des israelisch-palästinensischen Konflikts; dabei hat sie sich zum Ziel gesetzt, vor allem die menschlichen Opfer zu dokumentieren. Sie entwickelte einen Stil, der möglichst unaufdringlich hinter den politischen Auseinandersetzungen die persönlichen Schicksale aufspürt. In ihrer ergreifenden Fotoserie Bereaved porträtiert sie Israelis und Palästinenser, die durch Terrorangriffe, Selbstmordattentate oder dem Militärdienst Geschwister und Kinder verloren haben. Sie trauern zusammen und begreifen, dass es sehr wichtig ist, die Geschichte der anderen Seite kennenzulernen. Sie wissen, dass die einzige Möglichkeit, die Barrieren einzureißen und aus ihrer Dunkelheit zu entkommen, darin besteht, einander zu verstehen und Versöhnung zu leben. Rina Castelnuovos Mitgefühl zeigt sich in der Intimität der Aufnahmen, in denen es ihr gelingt, für einen kurzen Moment die Seele der Porträtierten einzufangen. 23. Juni bis 14. August 2016 Freundeskreis Willy-Brandt-Haus Willy-Brandt-Haus Stresemannstaße 28 10963 Berlin-Kreuzberg Di – So 12 – 18 Uhr Eintritt frei / Ausweis erforderlich www.fkwbh.de 36 brennpunkt 3/2016 © Rina Castelnuovo, Robi Damelin, links, Israeli, verlor 2002 ihren 27 Jahre alten Sohn David Damelin. Bushra Awad, rechts, Palästinenserin aus Beit Umar, Westbank, verlor 2008 ihren 17 Jahre alten Sohn Mahmoud. © Rina Castelnuovo, Hamouda al-Farah, Mitte, Palästinenser, mit seiner Frau Awatef, links, und seinem Enkel Muhamad, der wegen einer schweren Krankheit im Krankenhaus behandelt wird. Die Familie al-Farah ist aus Khan Yunis, Gaza, und hat seit dem arabisch-israelischen Krieg 1967 viele Verluste erlitten. Buma Inbar, rechts, Israeli, verlor seinen 20 Jahre alten Sohn Yotam, der während seines Dienstes in der israelischen Armee getötet wurde. Galerien Israel-Palestine Presence of the Void Gegenwart der Abwesenheit Die sehr persönlichen Fotografien der Ausstellung »Presence of the Void« stammen von zehn palästinensischen und israelischen Frauen, die alle enge Familienmitglieder durch den jahrzehntelangen Israelisch-Palästinensischen Konflikt verloren haben. Der verlorene Mensch kann in einem Zimmer voller Erinnerungen gegenwärtig werden, durch eine stehen gebliebene Armbanduhr, ein Fenster, an dem die Mutter stand als sie von dem Tod erfuhr, vielleicht sogar durch ein Kind, das den Namen des Gestorbenen trägt. Hintergrund des bilateralen Fotoprojekts ist es, die Geschichte des Anderen kennenzulernen und auch seinen Verlustschmerz nachempfinden zu können. So besuchen sich israelische und palästinensische Frauen gegenseitig. Dabei entsteht ein Foto, das an die geliebte Person erinnert. Das Projekt erzählt aber auch von der Kraft des Dialogs und der Hoffnung auf Versöhnung. © Masha Litvak, Kibbutz Negba/Israel Verlor ihren Vater und ihren Bruder Arnon - Besuchte Hanan Lubadeh in Nablus / Palästina Die Armbanduhr ihres Bruders Arnon, nach seinem Tod in seinem Nachlass gefunden, Kibbutz Negba Für einige der Frauen war es die erste Bekanntschaft mit einer Kamera. Begleitet wurden sie von den palästinensischen und israelischen Fotografen Vardi Kahana, Ata Awwisat und Micky Kretzmann. Parents Circle-Families Forum (PCFF) besteht seit 1995. Dem Forum gehören über 600 Palästinensern und Israelis an, die Familienmitglieder durch den Konflikt verloren haben. Der PCFF fördert Versöhnung als Alternative zu Rache und Gewaltspiralen. Die Vision ist, eine Einstellungsveränderung herbei zu führen, die eine Voraussetzung für ein nachhaltiges Friedensabkommen ist. © Nasra Shihab, Nablus/ Palästina, Verlor zwei Söhne Tayseer und Kamal, Besuchte Iris Segev in Ramat Gan / Israel, Die Kleidung meines Sohnes Kamal auf dem Bett in seinem Zimmer, Nablus bis 14. August 2016 Freundeskreis Willy-Brandt-Haus Willy-Brandt-Haus Stresemannstaße 28 10963 Berlin-Kreuzberg © Masha Litvak, Kibbutz Negba/Israel, Weizenfelder, Kibbutz Negba Di – So 12 – 18 Uhr Eintritt frei / Ausweis erforderlich www.fkwbh.de brennpunkt 3/2016 37 Galerien Sony World Photography Awards 2016 Die besten Fotos des größten Fotowettbewerbs der Welt in Berlin Mit dem Fokus auf international politisch und sozial engagierter Fotografie präsentiert der Freundeskreis Willy-BrandtHaus e.V. den größten Fotowettbewerb der Welt: die Sony World Photography Awards 2016. Vom 6. Juli bis zum 25. September 2016 sind rund 200 Fotos der Preisträger erstmals in Deutschland zu sehen. Der internationale, renommierte Wettbewerb zeigt seit nunmehr neun Jahren jedes Jahr das Beste, was die zeitgenössische Fotografie vom Studenten über Amateur bis hin zum Profifotografen zu bieten hat. Aus insgesamt 230.103 Einreichungen haben die Juroren in diesem Jahr erneut die bewegendsten und beeindruckendsten Werke ausgewählt. © Pedro Diaz Molins, Spain, Winner, Open, Enhanced, 2016 Sony World Photography Awards, (O.i.F.) Kaum ein Fotowettbewerb hält so unterschiedliche Fotografien bereit, die teilweise zum Lachen und teilweise zum Nachdenken anregen. Mit der Serie »Fire of Hatred« sicherte sich der iranische Fotograf Asghar Kamseh mit Bildern von Opfern von Säureanschlägen den Gesamtsieg. Die fesselnde Fotoserie der deutschen Dokumentarfilmerin und Fotografin Kirstin Schmitt zum Alltagsleben in Kubas Hauptstadt © Michaela Šmidová, Czech Republic, Winner, © Asghar Khamseh, Iran, Photographer of the Havanna belegte zum Beispiel in der Open, Nature, & Wildlife, 2016 Sony World Year, Professional, Contemporary Issues, 2016, Kategorie »Schnappschuss« den ersten Photography Awards, (O.i.F.) (O.i.F.) Platz. Von Naturaufnahmen über ausdrucksstarke Porträts bis hin zu abstrak- studentische Fotografie und bietet der ten Fotos zeigen die Sony World Photo- Fotoindustrie eine globale Plattform zur graphy Awards einen Querschnitt zum Kommunikation, Kollaboration und PräThema Fotografie aus 186 Ländern sentation aktueller Trends in den Bereidieser Welt. Im Willy-Brandt-Haus in chen Fotojournalismus, Fine Art und 6. Juli bis 25. September 2016 Berlin werden zum ersten und einzi- kommerzielle Fotografie. gen Mal in Deutschland die Arbeiten Weitere Informationen gibt es unter Freundeskreis Willy-Brandt-Haus aller Gewinner sowie der Fotografen der http://worldphoto.org. Willy-Brandt-Haus Shortlists zu sehen sein. Stresemannstaße 28 Die World Photography Awards wurden 10963 Berlin-Kreuzberg 2007 mit Unterstützung von Sony von der World Photography Organisation Di – So 12 – 18 Uhr (WPO) ins Leben gerufen. Die WPO Vernissage: Eintritt frei / Ausweis erforderlich fördert die professionelle, Amateur- und 5. Juli 2016, 19.30 Uhr www.fkwbh.de 38 brennpunkt 3/2016 Galerien Rainer König »Berlinische Fragmente« Rainer Königs Blick auf Berlin ist der eines Schmuckmachers, der bei der Kreation eines ganzen Ensembles die Details nie aus den Augen verliert. Zahlreiche Aufnahmen von Häusern, Ruinen, Monumenten und vor allem Details von Fassaden, Türklinken, Geländern oder Treppen fügen sich gleichsam zur Inventarisierung Berlins zusammen. Es steht weniger die Stadt als Lebensraum, sondern vielmehr als architektonisches Objekt im Mittelpunkt. König hat auch das Heiligenseer Gartenhäuschen seiner Tante Hannah Höch nach ihrem Tod 1978 fotografisch dokumentiert. Seine Fotografien von Stadt und Land zeigen Fragmente und Monumente gleichermaßen. Rainer König, 1926 in Berlin geboren, studierte Architektur. Er arbeitete in verschiedenen Architekturbüros in West-Berlin und begann sich nebenher mit Fotografie zu beschäftigen. 1966 beendete er seine Arbeit als Architekt und unterrichtete Fotografie. Von 1970 bis 1991 war er Professor für Ausstellungsgestaltung und Fotografie an der HfbK (heute UdK) in Berlin. © Rainer König, Berlin-Charlottenburg, S-Bahnhof Savignyplatz, 1966 Eine Ausstellung der Collection Regard, kuratiert von Gisela Kayser und Antonio Panetta. © Rainer König, Berlin-Charlottenburg, Block 118, 1975 © Rainer König, Berlin-Schulzendorf, Haus Hannah Höch, 1978 23. September bis 6. November 2016 Katalog Rainer König - Berlinische Fragmente, Mit einem Text von Janos Frecot, Herausgegeben von Collection Regard, Format: 24 x 22 cm, 45 S/W-Abbildungen/ 48 Seiten, Softcover. Deutsch und English, Lieferbar. Preis 18,90 Euro, zzgl. Versand Freundeskreis Willy-Brandt-Haus Willy-Brandt-Haus Stresemannstaße 28 10963 Berlin-Kreuzberg Vernissage: 22. September 2016, 19.30 Uhr Di – So 12 – 18 Uhr Eintritt frei / Ausweis erforderlich www.fkwbh.de brennpunkt 3/2016 39 Galerien Bernd Heyden »Berlin Prenzlauer Berg« Bernd Heydens fotografischer Blick von damals fasziniert noch heute. Der Betrachter von heute erlebt nicht nur die Passanten von damals, sondern erhält ganz nebenbei einen Einblick in die Wohn- und Lebensverhältnisse, den Alltag in Ost-Berlin. Neben den Leuten, die in den Läden und auf den Straßen arbeiteten, porträtierte Heyden die Alten, Gebrechlichen und Gestrandeten sowie die lustigen, die traurigen und die frechen Kinder, für die der verfallende Kiez rings um die Prenzlauer Allee ein riesiger Abenteuerspielplatz war. Für den Ost-Berliner Fotografen Bernd Heyden ist Berlin nur Kulisse, das Leben spielt sich davor ab. Die Vertrautheit dieser verlorengegangenen Welt ist in feinschattierten Grautönen wieder da. © bpk/Bernd Heyden, Kinder im Hinterhof, Stargarder Straße, Ost-Berlin, 1973 Bernd Heyden, 1940-1984, begann Mitte der 1960er Jahre zu fotografieren, ab 1967 arbeitete er in dem von Arno Fischer und Sibylle Bergemann gegründeten »Club junger Fotografen« mit. Zwischen 1970 und 1980 entstanden nahezu alle überlieferten Bilder aus dem Prenzlauer Berg mit weit über 1000 Motiven. Eine Ausstellung des Freundeskreis WillyBrandt-Haus und der Bildagentur bpk, Preußischer Kulturbesitz, kuratiert von Gisela Kayser und Hanns-Peter Frentz. © bpk/Bernd Heyden, Fleischträger, Bötzowstraße, Ost-Berlin, 1974 Vernissage: 22. September 2016, 19.30 Uhr Bernd Heyden, Berlin - Ecke Prenzlauer, Fotografien 1966-1980, Lehmstedt Verlag, Herausgegeben von Mathias Bertram in Zusammenarbeit mit dem Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz, 192 Seiten, 169 ganzseitige Duotone Abbildungen 24 x 27 cm, Festeinband, Fadenheftung ISBN 978-3-937146-61-4 40 brennpunkt 3/2016 2. September bis 6. November 2016 Freundeskreis Willy-Brandt-Haus Willy-Brandt-Haus Stresemannstaße 28 10963 Berlin-Kreuzberg bpk/Bernd Heyden, Am Bockwurststand »Konnopke«, Schönhauser Allee, Ost-Berlin, 1970 Di – So 12 – 18 Uhr Eintritt frei / Ausweis erforderlich www.fkwbh.de Galerien MACHT ⁄ POWER MAUER ⁄ WALL Inventarisierung der Macht. Die Berliner Mauer aus anderer Sicht. Ausstellung und Buch von Annett Gröschner und Arwed Messmer Weite Landschaften, in denen sich Stacheldrahtverhaue oder wacklige Wachtürme seltsam fehlplaziert ausnehmen, ergänzen die Bilder von vermauerten Fensteröffnungen und hastig errichteten Blockaden aus Zementplatten. Mit Inventarisierung der Macht. Die Berliner Mauer aus anderer Sicht haben Annett Gröschner und Arwed Messmer ihr Langzeitprojekt vollendet. Eine lückenlose Ansicht des gesamten Verlaufs der Berliner Mauer vor 50 Jahren mit dem Blick von Ost nach West zeigt die Ausstellung im Haus am Kleistpark in Berlin, ergänzt durch eine zweibändige Publikation mit 1.328 Seiten im Hatje Cantz Verlag, die zeitgleich erscheint. Der Titel Inventarisierung der Macht verweist auf das Methodische der Vorgehensweise. Die Hinterlassenschaft einer niedergegangenen Macht, im Archiv konserviert, wird noch einmal ausgebreitet und unter künstlerischen Gesichtspunkten neu geordnet. Ausgangsmaterial sind Fotografien, die von den DDR-Grenztruppen um 1966 angefertigt wurden. Aus diesen Einzelbildern hat der Fotograf Arwed Messmer Panoramen geschaffen. Die Schriftstellerin Annett Gröschner verdichtet die Protokolle der Grenztruppen literarisch zu Bildunterschriften, die zeit- und ortsgleich die Begegnungen zwischen Menschen auf beiden Seiten der Mauer verhandeln. 1995 hatten die beiden Künstler im Militärischen Zwischenarchiv in Potsdam auf der Suche nach Bildern Türme | Towers, Arwed Messmer, 2016 aus: »Inventarisierung der Macht« von Annett Gröschner und Arwed Messmer eines Abschnitts der Berliner Mauer einen unscheinbaren Pappkarton geöffnet. Sie fanden viele zusammengerollte Kleinbildfilme – und ahnten nicht, dass dieses Material sie viele Jahre beschäftigen würde. Die Berliner Mauer Aus anderer Sicht hatten Gröschner und Messmer bereits 2011 in einer Ausstellung und einem preisgekrönten Vorgängerband präsentiert. 2012 schließlich entdeckten sie ein weiteres umfangreiches und bisher unveröffentlichtes Bildkonvolut. Nun zeigen sie mit 1.059 Panoramen und Einzelbildern den gesamten Verlauf der Mauer um West-Berlin. Das neue Ausstellungskonzept verweist auf die Herkunft des Materials: Die Ausstellung hat Werkstattcharakter, die Bilder sind teilweise auf dünnem Papier gedruckt und mit Nadeln an die Wand Türme | Towers, Arwed Messmer, 2016 gepinnt. Eine Lesesaalsituation, wie sie aus: »Inventarisierung der Macht« von Annett im Archiv gegeben ist, steht als Mittel- Gröschner und Arwed Messmer punkt der Arbeit im Raum. Die strenge Geheimhaltung, der diese Wort- und Bilddokumente einst unterlagen, ist nun erloschen. Das Archiv wird zur Schatzkiste, aus dem sich die Künstler Material aneignen, um es zeitgenössisch und als Gegenentwurf zu einer offiziellen Geschichtsschreibung zu erzählen. Ergänzt werden die Panoramen durch weiteres bearbeitetes Material aus dem bis 21. August 2016 Bundesarchiv. So vollendet sich ein Projekt »dokumentarischer Empathie« HAUS AM KLEISTPARK (Florian Ebner), von dem der Fotokriti- Grunewaldstraße 6/7 ker Gerry Badger sagte, ihm gelänge es, 10823 Berlin-Schöneberg »die Interpretation historischer Fakten in einem kreativen Akt in ein künstle- Di – So 11 – 18 Uhr risches Werk zu verwandeln«. www.hausamkleistpark.de brennpunkt 3/2016 41 Galerien The Best of Czech Press Photo 1995–2015 Die Ausstellung zeigt die besten Arbeiten aus der inzwischen 20jährigen Geschichte des Wettbewerbs um die besten Pressefotos aus Tschechien und der Slowakei.Die Auswahl ist zugleich eine Chronik der wichtigsten Ereignisse der letzten beiden Jahrzehnte in Tschechien und der Welt. Die Fotos erinnern unter anderem an die verheerenden Jahrhunderthochwasser von 1997 und 2002, an Ausschreitungen gegen Roma in Nordböhmen im September 2011 oder an das Begräbnis des Staatspräsidenten Václav Havel im Dezember 2011. Zu sehen sind auch Fotografien, die an die Terroranschläge vom 11. September 2001, an den Besuch Barack Obamas in Prag 2009 oder an die Flüchtlingskrise im Sommer 2015 zurückdenken lassen. FILIP SINGER, European Pressphoto Agency (EPA), Beginn, Kiew, Ukraine, Winter 2013 FOTOGRAFIE DES JAHRES 2013, (O.i.F.) Anliegen des jährlich ausgetragenen Wettbewerbes ist es, ein unabhängiges visuelles Zeugnis vom Leben in der Tschechischen Republik und in der Welt zu bringen, so wie es tschechische und slowakische Pressefotografen durch das Objektiv ihrer Kameras sehen. Durch die Verleihung der Preise soll außerdem das Interesse am Bildjournalismus als einem wichtigen Mittler gestärkt werden, der Wissen vermittelt und zum Kennenlernen zwischen Menschen und Völkern beitragen kann. In Zusammenarbeit mit dem Außenministerium der Tschechischen Republik und Czech Press Photo JAN ZÁTORSKÝ, Tageszeitung MF Dnes, Flüchtlinge an der ungarisch-serbischen Grenze, Grenzübergang Röszke-Horgoš, September 2015, FOTOGRAFIE DES JAHRES 2015, (O.i.F.) bis 2. September 2016 Tschechisches Zentrum Wilhelmstraße 44 Eingang: Mohrenstraße 10117 Berlin-Mitte MICHAL ÇÍŽEK, Leben im Prager Stadtzentrum, Prag, November 2014 – August 2015 42 brennpunkt 3/2016 Di – Sa 14 – 18 Uhr Eintritt frei http://berlin.czechcentres.cz/ Galerien Jan Šibík »Der Teufel in uns« Der tschechische Fotoreporter Jan Šibík ist mit seiner Kamera immer vor Ort, wenn sich irgendwo in der Welt politische Konflikte oder humanitäre Katastrophen ereignen. Seine beeindruckenden und vielfach ausgezeichneten Fotografien dokumentieren das Weltgeschehen der vergangenen 20 Jahre. In Schwarz-Weiß-Fotografien erzählt Jan Šibík vom Ende des Sozialismus in Osteuropa: vom Fall der Berliner Mauer, von der Samtenen Revolution in der Tschechoslowakei, vom Sturz des Ceausescu-Regimes in Rumänien. Seine Aufnahmen aus den 1990er Jahren legen Zeugnis ab von Hungersnöten im Sudan, in Somalia und Äthiopien, von Kriegen in Ruanda oder Tschetschenien. Andere Aufnahmen dokumentieren die zerstörerische Kraft eines Tsunami, den Krieg im Irak, in Afghanistan und Liberia oder das Erdbeben auf Haiti. Neuere Aufnahmen zeigen die Krise in der Ostukraine und Flüchtlinge auf ihrem beschwerlichen Weg nach Europa. Jan Šibík (*1963) ist einer der bekanntesten tschechischen Reportagefotografen. Er arbeitete viele Jahre mit der Zeitschrift Reflex zusammen. Seine Arbeiten waren auf zahlreichen Ausstellungen in Tschechien, in ganz Europa und in Afrika zu sehen. In Deutschland werden sie erstmals gezeigt. www.sibik.cz Im Rahmen des EMOP Berlin - European Month of Photography 2016 (www.emop-berlin.eu). Mit freundlicher Unterstützung durch das Außenministerium der Tschechischen Republik. © Jan Šibík, Erdbeben in Haiti, 2010, Digitalfotografie, C-Print, 60 x 80 cm, (O.i.F.) © Jan Šibík, Flüchtlingskrise Rözske, 2015, Digitalfotografie, C-Print, 60 x 80 cm, (O.i.F.) Eröffnung: Donnerstag, 15. September 2016, 19.00 Uhr in Anwesenheit von Jan Šibík 16. September bis 19. Oktober 2016 Tschechisches Zentrum Wilhelmstraße 44 Eingang: Mohrenstraße 10117 Berlin-Mitte © Jan Šibík, Priština, Kosovo, 1999, Farbe, manuell vergrößert, 100 x 70 cm, (O.i.F.) © Jan Šibík, Ngara, Tansania, 1994, Farbe, manuell vergrößert, 100 x 70 cm, (O.i.F.) Di – Sa 14 – 18 Uhr Eintritt frei http://berlin.czechcentres.cz/ brennpunkt 3/2016 43 Galerien Jürgen Kobczyk Günter Krauke »offen & verhüllt« Mitglieder des Arbeitskreises »Rückschau« Der Fotograf Jürgen Kobczyk zeigt in dieser Ausstellung erotische Studioaufnahmen. Sein Fokus liegt dabei stets auf der ästhetischen Wirkung seiner Fotos. Sie sind eine Hommage an die Frau und an die Schönheit. Dadurch wird dem Betrachter ermöglicht, die die Symbiose zwischen Erotik und Sinnlichkeit zu erleben. Die Gemeinschaftsausstellung nimmt Als Berufsfotograf mit technisch-wissenzum aktuellen Anlass die mittlerweile schaftlichem Aufgabengebiet fand Ekkezwei Jahrzehnte andauernde aktive Teil- hard Gollner erst spät auch zur erotihabe des ARBEITSKREISES KÜNSTLE- schen Fotografie, die ihn als Hobby und RISCHE AKTFOTOGRAFIE e.V. an der Kontrastprogramm zum gewohnten Berliner Foto- und Galerie-Szene. Beschäftigungsalltag reizte. Mit geeigneten Modellen und dem Arbeitskreismitglieder zeigen in der von Gespür für Sinnlichkeit entstanden, ihnen seit 16 Jahren geführten AKTGA- seit nun schon 16 Jahren, überwieLERIE einen persönlichen Rückblick auf gend Studio-Aufnahmen, von denen er die eigene aktfotografische Entwick- jeweils eine Auswahl in bereits zehn lung. Einzelausstellungen in der Aktgalerie zeigen konnte. In einem verdichteten zeitrafferartigen Seine künstlerisch gestalteten AktQuerschnitt ihres fotografischen Oeu- und Erotik-Fotos haben Pfiff und sind vres enthüllen die beteiligten Fotogra- zugleich eine Hommage an die Schönfen früheste bis gegenwärtige Beispiele heit weiblicher Formen. ihrer Bildproduktion zum Thema Akt. Für Günter Krauke ist die Aktfotografie die Herausforderung Körper, Raum, Licht und Atmosphäre miteinander zu verbinden. Er versucht durch seine Inszenierungen eigene Gefühle, Gedanken und Träume in Bilder umzusetzen. Wesentlichen Einfluss auf seine Arbeit haben dabei die Modelle. Ihre Persönlichkeiten, ihre Mitarbeit und ihr Einbringen von Ideen verändern seine ursprünglichen Konzepte. Dadurch entstehen neue Zusammenhänge. Dieser gemeinsame Prozess führt immer wieder zu nicht vorher planbaren Ergebnissen. Ekkehard Gollner »Magic Moments 2« © Jürgen Kobczyk © Jochen Deckert © Ekkehard Gollner Vernissage: Freitag, den 1. Juli 2016 um 19 Uhr Vernissage: Freitag, den 5. August 2016 ab 19 Uhr Vernissage: Freitag, den 2. September 2016 um 19 Uhr 1. Juli bis 31. Juli 2016 5. August bis 28. August 2016 2. September bis 2. Oktober 2016 Die Aktgalerie Krossener Straße 34 10245 Berlin-Friedrichshain Eintritt frei Die Aktgalerie Krossener Straße 34 10245 Berlin-Friedrichshain Eintritt frei Die Aktgalerie Krossener Straße 34 10245 Berlin-Friedrichshain Eintritt frei Fr, Sa + So Fr, Sa + So Fr, Sa + So 44 15 – 19 Uhr brennpunkt 3/2016 15 – 19 Uhr 15 – 19 Uhr Galerien Elena Ternovaja Die Verstrickungen der Zeit Im Archiv der Erinnerungen und der Gedanken Bilder entfalten – genauso wie Persönlichkeiten – ihre eigene und unverwechselbare Wirkung. In einer Mischung aus Kraft und Zartheit, Monochromie und Farbigkeit, Rätselhaftigkeit und Materialität erzählen die Fotoarbeiten von Elena Ternovaja vom Fluss des Lebens, den Verstrickungen der Zeit und vom unermüdlichen Forschergeist der Künstlerin. Ihre Bilder haben eine auffallend malerische Dimension, die sich in den nuancierten Grau- und Farbwerten und © Elena Ternovaja, Pflanzliche Analogien I, im subtilen, impressionistisch anmuten- Fotogramm, Albumindruck, 2013, (O.i.F.) den Duktus von Licht und Schatten in den Binnenbereichen mitteilt. In der Ausstellung der aus Odessa (Ukraine) stammenden Fotokünstlerin Elena Ternovaja im Max-Planck-Institut für Bildungsforschung werden die Werkbeispiele ihrer analogen Serie »Vergessene Menschen« und Bilder einer kameralosen Fotografie – Fotogramme und Lumenprints, in denen das Licht als elementares Gestaltungsmittel fungiert, gezeigt. Die Pflanzenmotive der Werkgruppe »Poems about flowers« sind Ternogramme auf altem Dokumentenpapier, hier hat sie ihr spezifisches Belichtungsverfahren selbst entdeckt und entwickelt. Diese Ternogramme, sind ein historischer Beitrag in der Fotogeschichte. Die neuen Arbeiten aus dieser Serie werden zum ersten Mal dem Publikum präsentiert. Die Bilder der Ausstellung erzählen von einer Fotografin, die mit voller © Elena Ternovaja, Pflanzliche Analogien III, Hingabe ihrem eigenen inneren Auf- Fotogramm, Cyanotypie, 2014, (O.i.F.) trag folgt, der in nichts Geringerem als im Ausdruck der eigenen Gefühle im Die Ausstellung wird von Frau Petra Laufe der Lebens-Zeit und im formalen Schröck, Galeristin BrotfabrikGalerie Ausloten der Möglichkeiten und Gren- kuratiert. zen des Mediums Fotografie liegt. Darüber hinaus stellen sie Verbindungen Vernissage: zwischen innerem und äußerem Raum 23. September 2016, 19 Uhr her, die offen genug bleiben, um dem Betrachter eigene Assoziationen und www.mpib-berlin.mpg.de www.ternovaja.photography Inspirationen zu ermöglichen. © Elena Ternovaja, Poem about flowers III, Ternogramm, 2015, (O.i.F.) © Elena Ternovaja, Poem about flowers I, 4 Ternogramme, 2015 23. September bis 28. Oktober 2016 Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Lentzeallee 94 14195 Berlin-Dahlem Mo – Fr 8 – 19 Uhr brennpunkt 3/2016 45 Galerien Enrico Pietracci »Fließende Körper« Lichtmalerei Die Arbeiten des visuellen Künstlers Enrico Pietracci sind das Ergebnis eines über viele Jahre hinweg verfolgten Prozesses, basierend auf dem experimentellen Erarbeiten einer ästhetischen Ausdrucksform, die sich aus der dynamischen Fusion von »visueller« und »performativer« Kunst, aus Körpern in Bewegung und grafisch-malerischen Spuren zusammensetzt. Diese Fusion führt zu dem Entstehen einer besonderen ästhetischen Form, die mit der Unmittelbarkeit der dynamischen und emotionalen Aktionen konzipiert und in Interaktionen zwischen dem visuellen Künstler und dem Sujet, in diesem Fall einer Tänzerin oder Performerin, umgesetzt wird. © Enrico Pietracci, (O.i.F.) Die fotografische Ausdrucksform der »Licht-Malerei« ist die Fortsetzung dieser bis dahin durch zahlreiche AktSekundenskizzen umgesetzten Grundidee. Alle Skizzen sind in Gegenwart von Tänzerinnen in Aktion entstanden und Ergebnis einer langen Untersuchung der Bewegungsdynamik als Zusammenspiel von Körperlichkeit und dem Ausdruck der Linie. Nach Jahren des Experimentierens auf Basis der durch die reine Linie bestimm- © Enrico Pietracci, (O.i.F.) ten intuitiven Live-Aktzeichnung von Tanz und expressiver Bewegung beginnt Die Fotos, die mit einer digitalen Reflex- Vernissage: für den Künstler im Jahr 2015 eine neue kamera im Atelier des Künstlers entstan- Donnerstag, 11. August 2016, 19 Uhr kreative Phase. Diese ist der Fotografie, den sind, zeigen das Ergebnis einer sorg- Live-Performance aus Musik, Tanz genauer gesagt der Fotomalerei gewid- fältigen Beschäftigung mit der Beleuch- und Action-Painting met. Die Auswahl der aktuell gezeigten tungstechnik und der Belichtungszeit. fotografischen Arbeiten zeigt die Umset- Sie sind in keiner Weisenachbearbeizung der synthetischen Linie in die chro- tet. 12. August bis 9. September 2016 matische Fülle der Fotografie. Fotogalerie Friedrichshain Bei der jeweiligen Fotosession mit perHelsingforser Platz 1 formativem Charakter bewegt sich die 10243 Berlin-Friedrichshain Tänzerin/Performerin frei. Der Fotograf verfolgt sie intuitiv, ohne ihr Vorgaben Di – Sa 14 – 18 Uhr zu machen und führt die Kamera dabei Do 10 – 20 Uhr ausschließlich in der Hand (ohne Stativ). facebook/fotogaleriefriedrichshain 46 brennpunkt 3/2016 Galerien Marga van den Meydenberg »POP UP PHOTOSTUDIO III« Ende Juli 2016 führt die Fotografin Marga van den Meydenberg ihr Portrait-Projekt in der Carpentier Galerie fort. Arbeiten dieser Fotografin waren bereits 2014 im Rahmen der Ausstellungsserie »Berlin Photographie« in der Carpentier Galerie zu sehen. Dort zeigte sie die Straßen von Berlin als eine große Bühne, auf der sie mit ihrer Kamera als aufmerksame Zuschauerin die ungewöhnlichen Zufälle und Absurditäten des Alltags festhielt. 2015 eröffnete sie in der Neuköllner Weserstraße ihr erstes Pop-Up-FotoStudio. Bei diesem experimentellen Projekt wandte sie sich an Passanten, mit der Bitte sie portraitieren zu können. Nach der erfolgreichen Fortführung des Portrait-Projektes 2016 in der Kreuzberger Oranienstraße wechselt sie nun mit ihrem Pop Up Photostudio in das gutbürgerliche Wilmersdorf. So erweitert sie den Blickwinkel ihrer fotografischen Arbeit, mit der sie das gesamte Spektrum der in Berlin lebenden sozialen Schichten erkunden will. In dem vom 29. Juli bis zum 28. August geöffneten Pop Up Studio in der Meinekestraße 12A-13 wächst mit den Portraits von Anwohnern, Nachbarn und Passanten eine Ausstellung, die von allen Interessierten im Rahmen der Finissage am 29. August besichtigt werden kann. © Marga van den Meydenberg, Blandina, (O.i.F.) © Marga van den Meydenberg, Martin, (O.i.F.) © Marga van den Meydenberg, Freya, (O.i.F.) © Marga van den Meydenberg, Niels, (O.i.F.) Finissage / Präsentation 29. August 2016 ab 18 Uhr 29. Juli bis 28. August 2016 Carpentier Galerie Pop Up Studio III Meinekestraße 12 A - 13 10719 Berlin-Wilmersdorf Mo., Mi., Fr. 12 – 18 Uhr und nach Vereinbarung www.carpentier-galerie.de www.meydenberg.com brennpunkt 3/2016 47 Galerien Silvia Sinha »Abstraktion des Raumes« Unter dem Titel »Abstraktion des Raumes« präsentiert die Carpentier Galerie in einer Einzelausstellung neue Arbeiten der Berliner Fotokünstlerin Silvia Sinha, die vom Wahrnehmen und Erleben eines Raumes erzählen. In ihren aktuellen Fotografien zeigt Sinha einmal mehr ihre Hingabe zur Farbfotografie und den ungewöhnlichen Blick in, wie es scheint, stets menschenleere Räume. Sie sucht die Stille im Raum, und dafür ergründet, observiert und erlebt sie den Ort, bis der Weg zu »ihrem Raum« freigegeben wird - von den Menschen, die eigentlich doch da sind; denn die Räume, in denen Sinha sich bewegt, sind häufig museale Räume. Sinhas Interesse gilt vorwiegend der freien, künstlerischen Architekturfotografie, wobei sie immer wieder den direkten Dialog mit dem Raum in den Mittelpunkt rückt. Dabei wendet sie sich gerne von der Gesamtheit eines architektonischen Bauwerks ab und widmet sich seiner Ausschnitthaftigkeit und Intimität. Sie sucht dabei stets nach Möglichkeiten der Dekonstruktion eines vorgegebenen Sujets, ohne dabei den wesentlichen Charakter einer vorliegenden Ordnung außer Acht zu lassen. Ihr liegt nicht nur das Analytische, das Strukturieren von Vorgegebenem, sondern auch das Kombinieren von neu entdeckten Ausdrucksformen. Leere Räume üben eine besonders große Anziehung auf sie aus, wenn kontrastierende Farbflächen an Decken und Böden oder Lichtquellen und Schattenwürfe den Raum mitgestalten und seine klare Architektur durchbrechen. Sie sieht sich »außerhalb« des Raumes um und nimmt dabei neue Bildräume sinnlich wahr. Was sie sieht, ist die Interaktion von Raumflächen und grafischen Elementen mit dem jeweils vorhandenen Umgebungslicht. Sich 48 brennpunkt 3/2016 © Silvia Sinha, O.T., (Original in Farbe) ausdehnende Lichtreflexe von natürli- Abstraktion des reell vorhandenen chem wie auch künstlichem Licht auf Raumes. Durch einen häufig streng leeren Wänden, gelegentlich auch farb- gewählten Bildausschnitt reduziert sie lich gestaltete oder angestrahlte Wände die ursprünglich vorgefundene Realität kokettierenmit den vorhandenen Linien und konstruiert eine neue Raumeinheit, und Formen im Raum. Silvia Sinha löst deren Formen und Flächen sowohl den sich dabei von der allgemeinen Wahr- Raum selbst als auch den darin verbornehmung des Gegenständlichen und genen Farbraum um ein Vielfaches verexperimentiert mit gezielter Verschie- dichten. Zurück bleibt eine Bildsprabung von Perspektiven. che, die sich in ihrer minimalistischen Sie reizt ihre Auffassung von konkre- Form an der Grenze zum Konstruktivistem Raum aus und widmet sich der mus bewegt. Galerien © Silvia Sinha, O.T., (Original in Farbe) Vernissage: Freitag, 2. September 2016, 19 Uhr Finissage: 23. September 2016, 16 – 19 Uhr 2. September bis 23. September 2016 Carpentier Galerie Meinekestraße 13 10719 Berlin-Wilmersdorf © Silvia Sinha, O.T., (Original in Farbe) Di – Do 16 – 18 Uhr Fr 16 – 19 Uhr (die Künstlerin ist freitags anwesend) und nach Vereinbarung www.carpentier-galerie.de Silvia Sinha www.in-response.de brennpunkt 3/2016 49 Galerien Oliver S. Scholten »about photography (and me)« Seit 30 Jahren widmet sich O.S.Scholten als Künstler und Dozent dem Medium Fotografie und dekliniert es in nahezu jeder erdenklichen Weise. Seine Arbeiten reichen von das Medium selbst hinterfragenden Objekten und Installitionen über klassische dokumentarische fotografische Arbeiten und Bildzusammenstellungen oder Fotografik bis hin zur Performance, die dann wieder in bildhafter Darstellung mündet. Dabei geht es nicht um Spektakel oder komplizierte Arrangements sondern um den Bezug, den Fotografie und deren Nutzung zur Welt und zu einem selbst herstellen kann. Auch die Darstellung der eigenen Person ist bei ihm nicht lediglich ein Hinweis auf die eigene Geschichte sondern ein Symbol für den Benutzer und Betrachter von Fotografie und Kunst im Allgemeinen. © Oliver S. Scholten, total overload, 2011, (O.i.F.) © Oliver S. Scholten, Objekt mind machine, 2013, (O.i.F.) Anlässlich dieses runden Jubiläums zeigt die Galerie Carpentier mit der Ausstellung »about photography (and me)« eine Zusammenstellung verschiedener fotgrafischer und objekthafter Arbeiten aus verschiedenen Zeiten zum Monat der Fotografie. Lee Revos © Oliver S. Scholten, Now 4 EGO, Blumen an mich selbst, 2013, (O.i.F.) Vernissage 30. September 2016, 19 Uhr Finissage 4. November 2016, 14 – 19 Uhr © Oliver S. Scholten, Obsession 2014 50 brennpunkt 3/2016 1. Oktober bis 4. November 2016 Carpentier Galerie Meinekestraße 13 10719 Berlin-Wilmersdorf Di – Do 16 – 18 Uhr und nach Vereinbarung www.carpentier-galerie.de www.edition-carpentier.de Galerien Das Camera Obscura Prinzip Zeitgenössische Positionen zur Camera Obscura Photographie Thomas Bachler, georgia Krawiec, Oliver Möst, Karen Stuke, © Oliver Möst, Totensonntag, Videostill, 3,30 min. 2009 Michael Wesely Als Aristoteles 400 Jahre vor Christus eine Sonnenfnsternis beobachten wollte, erkannte er zum erstenMal das Prinzip der Camera Obscura. Wenn Licht durch ein kleines Loch in einen dunklen Raum fällt erzeugt es ein auf dem Kopf stehendes Bild. Leonardo da Vinci stellte 1800 Jahre später fest, dass unser Auge prinzipiell genauso funktioniert. Die Ausstellung Das »Camera Obscura Prinzip« beleuchte dieses Phänomen anhand von zeitgenössischen, künstlerischen Positionen. Neue Blickwinkel, veränderte Bauweisen und konzeptionelle Strategienzeigen, dass die uralte Faszination auch heute noch nichts von ihrer Wirkung eingebüßt hat und weiterhin visionär ist. In der Ausstellung werden Werke zu sehen sein, die experimentelle und aktuelle Zugänge zur historischen Technik deutlich machen. Zum Beispiel zeigt Michael Wesely Lochkamera Boxen, deren Seitenwände mit fotosensiblen Papier ausgestattet sind, die nur den Umraum und nicht das Objekt zeigen auf das die Kamera gerichtet ist. Oliver Möst filmt die Mattscheibe der Lochkamera und schafft so poetische Pinhole-Film-Miniaturen. Karen Stuke benutzt ihr Auto als Stativ und belichtet auf Fahrten durch europäische Tunnel © Michael Wesely, Salzburg, 1990, Lochkamera Rahmenprogramm: 31. Juli 2016, 12 Uhr: Werksgespräch mit den Künstlern der Ausstellung 28. August 2016, 12 Uhr: Die Geschichte der Camera Obscura Vortrag von georgia Krawiec 11. September 2016, 12 Uhr: Vortrag: Michael Wesely »Das Frühwerk« 16. – 17. September 2016 Das Camera Obscura Prinzip. Workshop mit Karen Stuke Anmeldung unter: www.PhotoWerkBerlin.com 25. September 2016, 12 Uhr: Kuratorenführung und Finissage von Ihrem Armaturenbrett. Zeit, Licht und Raum entwickeln eine Sogwirkung aus Formen und Farben. georgia Krawiec hat Geschwisterpaare aus Schlesien mit zwei Lochkameras photographiert und die Bilder dann in einem Stereoskop-Guckkasten zusammengeführt. 6. Juli bis 25. September 2016 Sie erzählen von Nostalgie und Absenz. Thomas Bachler verändert immer wieder Projektraum | PhotoWerkBerlin die Beschafenheit des Lochs der Camera in Zusammenarbeit mit der und erzielt in seiner Serie Pixel Trees ein Kommunalen Galerie Berlin Verwirrspiel, das trotz der analogen Auf- Hohenzollerndamm 176 nahme einen digitalen Efekt erzeugt. 10713 Berlin-Wilmersdorf Neben Photographien, Videos und handgemachten Apparaten wird in der Aus- Di – Fr 10 – 17 Uhr stellung auch eine begehbare Camera Mi 10 – 19 Uhr Obscura zu erleben sein. So 11 – 17 Uhr www.PhotoWerkBerlin.com/ Eröffnung: Projektraum Dienstag, den 5. Juli 2016 um 19 Uhr [email protected] brennpunkt 3/2016 51 Galerien Welcome to the World of Anderson & Low Die CWC GALLERY freut sich, die Ausstellung »Welcome to the World of Anderson & Low« präsentieren zu dürfen. Die bis dato umfangreichste Ausstellung des Künstlerduo Anderson & Low präsentiert über 100 Arbeiten aus verschiedenen Werkserien. Deren gestalterische Palette reicht dabei von den spektakulären Arbeiten aus der Serie »Manga Dreams« über die grazil pittoreske Serie »Nudes« bis hin zur atemberaubenden Serie »On the Set of James Bond‘s ‚Spectre‘«, deren Werke weltweit exklusiv zum ersten Mal ausgestellt sein werden. Die Ausstellung wird mit ausgewählten Arbeiten aus den Serien »Architecture«, »Abstraction«, »Athletes«,»Gymnasts – NDGT« und »New Process« komplettiert. © ANDERSON & LOW, PALAZZO, ROME, FROM »ON THE SET OF JAMES BOND’S SPECTRE«, 2015, (O.i.F.) »On the Set of James Bond’s ’Spectre’« Im vergangenen Jahr wurde Anderson & Low die außergewöhnliche Ehre zuteil, ein besonderes Kunstprojekt am Filmset von »Spectre« – dem jüngsten Teil der James Bond Reihe – zu realisieren. Jenseits jeglicher menschlicher Spuren legen die Künstler in ihrer präzisen und nüchternen Dokumentation der Drehorte deren geheimnisvolle Aura frei. Mit ihrem außergewöhnlichen Verständnis von Ästhetik und einem beharrlichen Blick aufs Detail eröffnen Anderson & Low einzigartige Bildräume, die zwischen Surrealismus, Illusion und Wunder schweben. Findet sich der Betrachter beim Motiv »Helicopter Front« in einer zerstörten Stadtszenerie wieder, ist er bei »Oberhauser‘s Control Room« und »Q Workshop« zurück in der perfekt architektonisch © ANDERSON & LOW, OBERHAUSER’S CONTROL ROOM, MOROCCO durchkomponierten Welt des Films. Der FROM »ON THE SET OF JAMES BOND’S SPECTRE«, 2015, (O.i.F.) Kosmos, in den Anderson & Low den Rezipienten entführen, offenbart sich »Manga Dreams« schiedenen Kunstgattungen. So bediedabei gerade wegen seiner Perfektion In dieser Serie legen Anderson & Low nen sich die Künstler bei »Ramen Bakuselbst als Illusion. Die Werke, welche den Fokus auf den Einfluss von Manga retsu Ken« nicht nur der für Manga typiallesamt in den berühmten Pinewood und Anime auf die globale Jugendkul- schen Bildsprache, sondern ebenso der Studios entstanden sind, halten der tur. Um der extremen Bildsprache von Mittel der Comic Typografie. Die Werke ästhetischen Scheinwelt des Films den Manga entgegenzutreten, beschränken aus dieser sehr zeitgenössischen Serie Spiegel vor. Im Juni erschien im Hatje sich Anderson & Low dabei nicht nur wurden weltweit in berühmten Museen Cantz Verlag der Fotoband mit dem mehr auf die fotografische Gestaltungs- wie dem Metropolitan Museum of Art gleichnamigen Titel der Serie. ebene, sondern agieren zwischen ver- inNew York ausgestellt, welches auch 52 brennpunkt 3/2016 Galerien © ANDERSON & LOW, MANGA DREAMS UNTITLED (FOREST DEFENDER), (O.i.F.) © ANDERSON & LOW, NATIONAL DANISH GYMNASTIC TEAM, SKY #28 ausgewählte Werke in seiner Sammlung führt. Die Leidenschaft zur Abstraktion in ihrem umfassenden Werk konzentrieren sich Anderson & Low auch auf das künstlerische Gestaltungsmittel der Abstraktion. Besonders die Serie »Nudes« interpretiert auf diese Weise die Ästhetik des menschlichen Körpers in seiner Vollkommenheit und schafft dabei zeitlose Studien von Form und Licht, die nicht nur die Ästhetik der Moderne, sondern ebenso Stilmerkmale der Romantik und des Klassizismus zum Gegenstand hat. Auch die Serie »New Process« beschäftigt sich mit dem menschlichen Körper, arbeitet sich aber weg vom Monumentalen und dafür hin zu einer intimeren, lyrisch majestätischen Ebene. Werke wie »Female Torso (Rowena)« offenbaren dabei ein erstaunlich feines Gefühl für den Körper und lassen uns dessen fragile Eleganz erfahren. Als visuelles Pedant, wenn auch mit Architektur als Bildgegenstand, ist die Serie »Abstraction« zu verstehen. Abweichend von der klassischen Architekturfotografie wachsen die Gebäude hier gerade durch die visuelle Abstraktion in ihrer Reduktion über ihre Profanität hinaus und finden zurück zu ihrem Grundcharakter von Form und Struktur. © ANDERSON & LOW, MANGA DREAMS, UNTITLED (KIT THE SWORDSMAN), (O.i.F.) und das Printverfahren liegt. Die Arbeiten von Anderson & Low werden weltweit ausgestellt und befinden sich in namhaften Sammlungen: Metropolitan Museum of Art (New York), Victoria & Albert Museum (London), Nationa Portrait Galleries (England und Australien), Museum of Fine Art (Houston), High Museum of Art (Atlanta), Baltimore Museum of Art (Baltimore), National Gallery of Australia, National Gallery of Australia, US Olympic Center, Maison Européene de la Photographie und Museet Fotokunst (Dänemark). Anderson & Low waren die offiziellen Künstler der Olympischen Spiele in London 2012. Ihre Arbeit wurde darüber hinaus auf der Biennale in Venedig gezeigt (2011). bis 27. August 2016 Über Anderson & Low Seit 1990 arbeiten Jonathan Anderson CWC GALLERY und Edwin Low als Künstlerzusammen- Auguststraße 11-13 schluss Anderson & Low zusammen. Ihr 10117 Berlin-Mitte Schaffenswerk umfasst Porträt, Architektur, Abstraktion, Reportage und Land- Di – Sa 11 – 19 Uhr schaft, wobei der künstlerische Fokus auf das Konzept, die Form, das Licht www.camerawork.de brennpunkt 3/2016 53 Galerien GESELLSCHAFT |ACH WAS |LEUTE | Fotogruppe Nachfolge 30 Claudia Hagen Dietmar Kaross Ilona Magdalena Kozlowska Christa Majewski Christine Mansfeld Carsten Meltendorf Claudia Schmidt-Brücken Christoph Stöppler Hanni Winkler © Dietmar Kaross, (O.i.F.) Seit längerer Zeit arbeitet die Gruppe Nachfolge 30 miteinander an eigenen und gemeinsamen Themen. Es erfolgt eine regelmäßige Auseinandersetzung mit der Fotografie und mit innovativen fotografischen Positionen. Der Begriff Gesellschaft wurde immer wieder eingebracht und diskutiert. Es entstanden breit gefächerte Arbeiten mit und über Menschen in unterschiedlichen Situationen. Auch die Spuren, die Menschen hinterlassen, sind immer wieder ein Thema. Ursula Kelm, Kuratorin © Christoph Stöppler, (O.i.F.) bis 17. Januar 2017 Bezirksamt Lichtenberg von Berlin Große-Leege-Straße 103 (8. Etage) 13055 Berlin-Lichtenberg © Christa Majewski, (O.i.F.) 54 brennpunkt 3/2016 © Hanni Winkler, (O.i.F.) Mo – Fr 9 – 18 Uhr Galerien © Hanni Winkler, (O.i.F.) © Claudia Hagen, (O.i.F.) © Claudia Schmidt-Brücken © Carsten Meltendorf © Ilona Magdalena Kozlowska, (O.i.F.) © Christine Mansfeld, (O.i.F.) © Carsten Meltendorf © Christoph Stöppler, (O.i.F.) © Dietmar Kaross, (O.i.F.) brennpunkt 3/2016 55 Galerien »UrbanISTanbul« Der Blick auf die Stadt Luzia Marion Bär, Valie Djordjevic Klaus W. Eisenlohr, Andrea Höhne Ania Kaszot, Türkan Kentel Tine Kurka, Wilfried Püschel Peggy-Nicole Sarmann, Frank Seeger Rembert Stolzenfeld, Elena Ternovaja Klaus Wazlak © Tine Kurka 13 Fotografinnen und Fotografen, vier Monate Vorbereitung, eine Woche Istanbul. Das Ergebnis ist eine Ausstellung, die eine Stadt zeigt, die im ständigen Umbruch ist. Wo heute noch Wohnhäuser stehen, wachsen morgen Wolkenkratzer und Autobahnen. Istanbul unter urbanen Aspekten zu © Rembert Stolzenfeld betrachten, ist eine Herausforderung. Eine der ältesten Städte und zugleich eigenen Bildstrategien, um der Macht eine der jüngsten Metropolen, deren der Medienbilder etwas eigenes entgerapides Wachstum erst um 1950 begon- genzustellen. Ein Ziel war, durch bildnen hat. Damals hatte die Stadt 1 Mil- hafte Aneignung den Blick auch auf die lion Einwohner, 2005 waren es 10 Mil- eigene Stadt zu verändern, sowohl für lionen und heute sollen es um die 16 die Fotografen als auch für die Besucher Millionen sein. Doch dieses schnelle der Ausstellung. Wachstum bringt Probleme mit sich: Immobilienspekulation, Verdrängung, Trotz aller Unterschiede in der HeranPlanungslücken. gehensweise und Stil haben die entstandenen Fotos eines gemeinsam: Sie Mit diesem Hintergrund beschäftigten zeigen nicht das typische Istanbul mit sich die Fotografinnen und Fotografen Moschee und Basar. Es gibt keine Exotik der Ausstellung schon in der Vorbe- des Orients, keine touristischen Werreitung. Dabei ging es ihnen nicht um bebilder – stattdessen Häuser und Straeine dokumentarische Herangehens- ßen, die menschengemachten urbanen weise, sondern darum, sich mit künst- Landschaften, in denen inzwischen die lerischer Absicht und reflektiertem Blick Mehrheit der Menschen leben. den modernen und jüngsten Stadtentwicklungen anzunähern und Aspekte »UrbanISTanbul« ist die Fortsetzung des Alltags einer Stadt im Umbruch eines Fotografie-Projekts, das mit dem selbst zu erfahren. Photocentrum der vhs FriedrichshainKreuzberg und dem StädtepartnerSie näherten sich der Stadt und den schaftsvereins Kadiköy e.V. seit 2012 Straßen Istanbuls mit individuell unter- besteht. Es ist ein künstlerischer Ausschiedlichen Bildkonzepten. Die tausch auf hohem Niveau entstanden, Kamera wurde dabei zum Mittel der mit Teilnehmern aus Berlin und Istanbul Kommunikation und zu einer Mög- und mehreren Ausstellungen in beiden lichkeit, Öffentlichkeit herzustellen – Städten. In Berlin betreut der Künstler vor allem in den Stadtteilen, die direkt und Fotograf Klaus W. Eisenlohr das Provon Verdrängung und Gentrifizierung jekt, in Istanbul unterstützt vom Fotograbetroffen sind. Dafür bedurfte es der fen Levent Karaoglu. 56 brennpunkt 3/2016 © Peggy-Nicole Sarmann www.urbanistanbul.de Mit einem Gastbeitrag Istanbuler Fotografen, geleitet von Levent Karaoglu. Mit Dilek Ílhan Güner, Özgül Küçük, Nilüfer Çetin, Nuh Koçak, Deniz Kizilkanat, Patrick Schilling und Levent Karaoglu Vernissage: Freitag 2. September 2016, 19 Uhr 3. September bis 11. September 2016 Projektraum im Kunstquartier Bethanien Mariannenplatz 2 10997 Berlin-Kreuzberg Mo – Fr Sa + So 14 – 20 Uhr 12 – 20 Uhr Galerien Jewgeni Roppel »MAGNIT« In dem Langzeitprojekt »Magnit« geht es um die soziale und spirituelle Landschaft Sibiriens. Eine kollektive Sehnsucht entwickelt sich fortlaufend seit Anfang der Neunziger Jahre. Die Individuen, die auf der Suche nach dem neuen Sinn sind, haben der Gesellschaft, der orthodoxen Kirche oder ihrer Familienmitglieder den Rücken gekehrt und gehen auf die Suche nach Transformation, Mystik, spirituellen Lebensgemeinschaften und alten Legenden. Inspirationen finden sie in diversen Schriften und Lehren wie der Theosophie, die mit der indisch-tibetischen Mythologie verknüpft ist, dem Buddhismus, Shivaismus, Sufismus oder Synkretismus (Vereinigung von diversen Glaubensrichtungen). Ihr Antrieb ist aber der Traum von einer neuen geistig spirituellen Zukunftsgesellschaft, die sich laut mehrerer Prophezeiungen und Legenden an einigen Orten in Westsibirien entfalten soll. Der Blick in die Geschichte zeigt ein düsteres Bild von Sibirien ab, das seit der Zarenzeit bis in die 70er Jahre als »Gulag« (Straflager für politische Gegner oder Kriminelle) oder »Verbannungsort« galt. Heute entwickelt sich der nordasiatischen Teil der Russischen Föderation zu einem neuen Hoffnungsort und stellt für viele Suchende, einen spirituellen Neuanfang dar. Sie glauben an die Transformation und folgen ihrer Vision und bezeichnen die Sakralen Orte in der Natur als »duhovnie Magnity« spirituelle Magneten die oft mit mystische Seen, Bergen oder Wäldern verbunden werden. © Jewgeni Roppel, (O.i.F.) Vernissage 15. Juli 2016, 19 Uhr 16. Juli bis 3. September 2016 Teile der Arbeit wurden im Rahmen der Reihe »gute aussichten - junge deutsche fotografie« unter anderem in den Technischen Sammlungen Dresden, im Rahmen des Fotofestivals Lodz und in den Deichtorhallen in Hamburg gezeigt. Für world in a room wurde die Arbeit weiterentwickelt und neu zusammengestellt. world in a room Projektraum für Fotografie Jewgeni Roppel hat sein Masterstudium Brunhildstraße 7 Fotografie und Bildmedien an der Fach- 10829 Berlin-Schöneberg hochschule Bielefeld absolviert. Er lebt und arbeitet in Hamburg und Biele- Fr + Sa 14 – 18 Uhr feld. www. worldinaroom.de www.jewro.de © Jewgeni Roppel, (O.i.F.) brennpunkt 3/2016 57 Galerien Christoph Boecken »Auf Augenhöhe« Christoph Boeckens Portraits vermitteln eine Nähe ohne Aufdringlichkeit. Seine unaufgeregte und ruhige Art zu fotografieren spiegelt sich in authentischen Abbildungen, ohne übertriebene Posen oder unnötige Requisite, wieder. Das von ihm bevorzugte Medium der analogen Schwarz-Weiß-Fotografie und seine Vorliebe für natürliches Licht verleihen den Bildern eine Zeitlosigkeit und Beständigkeit, die sich wohltuend von den kurzlebigen Moden der kommerziellen Portraitfotografie abhebt. Diese Natürlichkeit bleibt jedoch nicht dem Zufall überlassen, sondern wird von ihm im Detail präzise und subtil gestaltet. So gelingt das Festhalten eines intimen Blicks auf die Persönlichkeit der Portraitierten, welcher nur auf Augenhöhe zwischen Fotograf und Modell möglich ist. © Christoph Boecken © Christoph Boecken © Christoph Boecken 14. Juli bis 16. September 2016 Fotogalerie Potsdam Am Neuen Garten 64 14469 Potsdam © Christoph Boecken 58 brennpunkt 3/2016 Vernissage 14. Juli 2016, 19 Uhr Mo – Fr 8 – 21.30 Uhr (Sommerpause vom 8. – 20. August) www.fotogalerie-potsdam.de Galerien Loredana Nemes »Nadelstreifen« Für »Nadelstreifen« (2016) portraitiert Loredana Nemes in Frankfurt a. M. arbeitende Bankangestellte. Banker sind mächtig, sie genießen seit Jahren keinen guten Ruf und sind, zumindest in den höheren Positionen, durchweg Männer. Nemes setzt an ihrer Berufsuniform an, dem Anzug, einem Kleidungsstück für den nicht körperlich arbeitenden Mann. Diese Hülle wird für sie zur neuen Architektur, zum Geheimnisträger, zur Zwangsjacke, zum Kopftuch. Die Haptik der feinen Stoffe fordert Berührung ein, die Satins des Innenfutters schmiegen sich an weiche Männergesichter. © Loredana Nemes, Sebastian, 2016, aus der Serie »Nadelstreifen«, Silbergelatineabzug © Loredana Nemes, Andreas, 2016, aus der Serie »Nadelstreifen«, Silbergelatineabzug Es ist ein Spiel mit Bildern, die Fragen aufwerfen und die Geschlechter aufheben, die Bekanntes auf den Kopf stellen und neue Betrachtungsweisen einfordern. Im Dialog mit den Portraitierten scheint alles möglich, ein grenzenloses Spiel, ein Ausbruch aus dem Rhythmus aller Tage, eine Sehnsucht nach Abenteuer, nach einem Bild, das Ungesehenes zeigt. 8. September bis 19. November 2016 Podbielski Contemporary, Berlin Koppenplatz 5 10115 Berlin-Mitte Di – Sa 12 – 18 Uhr © Loredana Nemes, Constantin, 2016, aus der Serie »Nadelstreifen«, Silbergelatineabzug brennpunkt 3/2016 59 Galerien 20 Jahre argus fotokunst Highlights aus 20 Jahren Hundertzwanzig Ausstellungen in zwanzig Jahren, das ist die stolze Bilanz der von Norbert Bunge geleiteten Galerie argus fotokunst. © Will McBride © Konrad Hofmeister © Wolfgang Krolow Zunächst in einer schmalen Ladenwohnung in der Altberliner Marienstraße eingerichtet und Monate später in einen sanierten Ausstellungsraum auf der anderen Straßenseite verlagert, hat sich die Galerie schnell zur ersten Adresse für klassische Schwarz-WeißFotografie entwickelt; nicht zuletzt, weil der Galerist mit vielen Fotografen in Ost und West persönlich bekannt war und ist. (Hans Jörg Rother, Tagesspiegel) © Ragnar Axelsson © Sibylle Bergemann Part one bis 30. Juli 2016 © Erika Stone Part two 31. August bis 1. Oktober 2016 Galerie argus fotokunst Marienstraße 26 10117 Berlin-Mitte Mi – Sa 14 – 18 Uhr www.argus-fotokunst.de 60 brennpunkt 3/2016 © Karol Kállay Ausstellungen Caritas Galerie Galerie argus fotokunst bis 9. September 2016 André Fischer Sandra Ratkovic Fotografien aus Minsk und Moskau bis 30. Juli 2016 20 Jahre Galerie argus fotokunst Jubiläumsausstellung Residenzstraße 90 13409 Berlin-Reinickendorf Mo–Do 8–17 Uhr Fr 8–15 Uhr imago fotokunst 16. September bis 29. Oktober 2016 Abschlussausstellung Porträtklasse Thomas Kierck Marienstraße 26 10117 Berlin-Mitte Mi–Sa 14–18 Uhr Museum für Fotografie bis 3. August 2016 M+M (Marc Weis + Martin De Mattia) »7 Days« Veteranenstraße 20 10119 Berlin-Mitte Di–Fr 14–19 Uhr Jebensstraße 2 10623 Berlin-Charlottenburg Di–Fr 10–18 Uhr Do 10–20 Uhr Sa + So 11–18 Uhr C/O Berlin KEHRER GALERIE 16. Juli bis 25. September 2016 Adam Jeppesen »Out of Camp« bis 27. August 2016 Ida Pimenoff Aapo Huhta »VIRTA // Block« Hardenbergstraße 22-24 10623 Berlin-Charlottenburg täglich 11–20 Uhr Kunst Kreuzberg Bethanien 22. Juli bis 24. Juli 2016 Shifting Focus PHOTOBOOKMARKET Potsdamer Straße 100 10785 Berlin-Schöneberg Mi–Sa 11–18 Uhr Kuckei + Kuckei bis 30. Juli 2016 Jörn Vanhöfen »Zwischenzeit 1989–1991« Mariannenplatz 2 10997 Berlin-Kreuzberg Mo–So 12–19 Uhr Linienstraße 158 10115 Berlin-Mitte Di–Fr 11–18 Uhr Sa 11–17 Uhr Robert Morat Galerie galeriepixelgrain bis 31. Juli 2016 Andrea Grützner »Erbgericht« bis 29. Juli 2016 Tanja Selzer Linienstraße 107 10115 Berlin-Mitte Di–Sa 12–18 Uhr me Collectors Room Berlin bis 28. August 2016 Cindy Sherman »Works from the Olbricht Collection« Auguststraße 68 10117 Berlin-Mitte Di–So 12–18 Uhr Fotopioniere L@N GmbH bis 30. September 2016 Lutz Matschke »Phôtos Mythos« Karl-Marx-Allee 87 10243 Berlin-Friedrichshain Mo–Fr 11–20 Uhr Sa 11–18 Uhr DAS VERBORGENE MUSEUM bis 7. August 2016 Alice Lex-Nerlinger, 1893-1975 Fotomonteurin und Malerin Schlüterstraße 70 10625 Berlin-Charlottenburg Do & Fr 15–19 Uhr Sa & So 12–16 Uhr Haus am Waldsee 8. Juli bis 28. August 2016 Ingo Mittelstaedt »Chinese Whispers« Argentinische Allee 30 14163 Berlin-Zehendorf Di–So 11–18 Uhr Rosenstraße 16/17 10178 Berlin-Mitte Mo–Fr 10–19 Uhr Sa 14–19 Uhr brennpunkt 3/2016 61 Galeriebericht Europa stößt an seine Grenzen In meinem letzten Bericht beklagte ich das Fehlen jeglicher Auseinandersetzung mit dem Flüchtlingsproblem. Die Galerie Hilaneh von Kories sorgte für Abhilfe mit einer starken Reportage des Hamburgers Neal McQueen von den Brennpunkten am Mittelmeer. Die Galerie ist bekannt für ihr hohes fotografisches Niveau und ihre Vorliebe für Schwarzweiß, das ja gerade in der journalistischen Fotografie überzeugender wirkt als die Farbe. Das bewies uns von Kories schon im April mit den wunderbar atmosphärischen Bildern des Herbert Dombrowski aus dem Hamburg der fünfziger Jahre. Neal McQueen ist mit seinem Projekt »Perilous Hope – A Documentary on Refugees« ganz auf der Seite der verzweifelten Menschen. Im Januar dieses Jahres war er als »humanitärer Aktivist« auf Lesbos unterwegs und im März in Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze. Seine kraftvollen Bilder sind auf lange Papierfahnen gedruckt und einem zweiten Thema gegenübergestellt, »Quo vadis, Europa?«, für das der Fotograf durch den ganzen Kontinent reist und Menschen zu Europa befragt. Die sehr ausführlichen Interviews in englischer Sprache neben den Porträts der Befragten mögen einer internationalen Verbreitung dienlich sein, hier bei uns sollten sie unbedingt auch auf Deutsch zur Verfügung stehen. C/O Berlin ist darin vorbildlich. Ohne Kommentar kommt der Rostocker Axel Heller aus, der uns in der Fotogalerie am Helsingforser Platz vom Leben in einer der abgelegensten Regionen Europas erzählt, der Maramures im Norden Rumäniens, an der Grenze zur Ukraine. Seine intensiven Schwarzweißbilder erinnern an Josef Koudelka, sie romantisieren nicht, zeigen uns Menschen, die in ihrer Armut stark und selbstbewusst das Leben meistern, stark auch in ihrem orthodoxen Glauben. In eine solche Gesellschaft ist die Minderheit der Roma besser eingebettet als in eine mit 62 brennpunkt 3/2016 © Axel Heller / Lehmstedt Verlag © Herbert Dombrowski, Schupo, 1962 einem auch nur etwas höherem Lebensstandard, zum Beispiel in der Ostslowakei. Für »Millionaires of Time …« (Haus am Kleistpark) hat Anja Schäfer schlichte farbige Konterfeis von Roma gemacht, ohne jedes Umfeld. Eine Aussage entsteht erst durch die Audioporträts von Elisabeth Putz, die Ende Mai auch der Stoff für ein bewegendes Feature im DLR Kultur waren. Die Roma, die sich hier energisch und drastisch zu Wort melden, fühlen sich von Europa im Stich gelassen. Geld der EU fließt zwar, aber es erreicht die Basis nicht. »Wir hoffen, sagt einer, »dass diese Sendung in ganz Deutschland gehört wird, vor allem von Frau Merkel!« Günter Grass hat 1997 gesagt: Als geborene Europäer lehren uns die Roma aus jahrhundertealter Erfahrung Grenzen zu überschreiten, mehr noch, die Grenzen in uns und um uns aufzuheben und ein nicht nur in Sonntagsreden behauptetes, sondern erwiesen grenzenloses Europa zu schaffen.« Heute, fast 20 Jahre später, sind wir weit davon entfernt. Wenn sich Künstler in humanitären Projekten engagieren, sichert ihnen das einen Vorschussbonus. Ohne den wäre die Ostkreuzabsolventin Bigi Möhrle kaum in die Galerie »world in a room« geraten. Sie hat Gärtnerinnen und Gärtner aus dem interkulturellen Garten »Rosenduft« mit der Kamera begleitet und interviewt, der vor 10 Jahren für © Bigi Möhrle bosnische Flüchtlinge gegründet wurde. »Ich mache kein elitäres Programm«, sagt der Galerist Horst Schönig, »ich liebe die Vielfalt«. Na, dann springen wir mal schnell nach Bangalore/Indien. Wir finden es im Rathaus Tempelhof. Nora Bibel hat indische Großfamilien zusammengetrommelt und in ihren Wohnzimmern kunstvoll aufgebaut zu imposanten Tableaus, mit höchster Auflösung, quer durch alle Kasten, jeweils im Sonntagsstaat. Bis zu 20 Protagonisten sehen offenen Auges starr in die Kamera, außer den Kleinsten. Das ist eine logistische Meisterleistung der Fotografin und zugleich eine Anspielung auf das klassische Atelierporträt. Für die Familien ist es natürlich ein wertvolles Dokument, für das sich der kollektive Dressurakt gelohnt hat. Für den Betrachter ist es eher eine kalte Pracht. Galeriebericht © Nick Brandt, Alleyway With Chimpanzee, 2014 Die gelungene Gratwanderung zwischen Inszenierung und behutsamer Beobachtung führt uns das Photo Werk Berlin vor mit einem bezaubernden Kammerspiel der Fotografin Viktoria Sorochinski, die mit 11 Jahren ihre russische Heimat verließ und über Israel nach Kanada gelangte. 2005 lernt sie dort die junge Landsmännin Anna und ihre 3-jährige Tochter Eve kennen und begleitet die ebenso intime wie ambivalente Entwicklung dieser Mutter-Tochter-Beziehung auf eine ebenso neugierige wie zurückhaltende Weise, so, dass Spontaneität und Inszenierung harmonisch verschmelzen. Eve ist ein sehr ernstes Kind, das für die zerbrechliche Anna auch Halt und Stütze ist, sich aber nicht opfern will. Es sind die leisen Töne, die berühren. Bei CameraWork geht es plakativer zu. Es würde mich interessieren, was Nick Brandts schwarzweißer Lieblingselefant dazu sagen würde, dass sein Meister ihn als veritable Riesenfotowand in eine afrikanische Müllkippe stellt, als Symbol für die Verdrängung der Natur durch den Menschen und seine Gier. Man sollte das Tier zu einer Talkshow einladen. Es würde uns wahrscheinlich daran erinnern, dass der Naturschutz auch vielen Eingeborenen ihren Lebensunterhalt geraubt hat, als eine Folge der Kolonisation. Aber höchst eindrucksvolle Bilder sind das schon, die Nick Brandt da mit so großem Aufwand erstellt hat, ohne sich von Computer oder Farbe verführen zu lassen. Am liebsten sehen wir Galeriebesucher uns immer noch als Vertreter der eigenen Spezies an. Die müssen nicht mal schön sein, damit überflutet uns ja die Werbung. Wenn ein Künstler einen Ruf hat wie Erwin Olaf bei Wagner + Partner, kann er uns Cellulitis und Schmerbauch ruhig zumuten, lebensgroß an der Wand oder als Plastik im Raum. »Skin deep« nennt sich seine neue Serie, aber sie bleibt sehr an der Oberfläche, im Gegensatz zu seinen früheren oft beklemmenden Inszenierungen. Heidi Specker in der Berlinischen vermeidet alles, was ein Porträt eigentlich ausmacht. Eher beiläufig nähert sie sich ihren Protagonisten, im Profil, in zufälliger Pose. Damit verhindert sie eitle Selbstdarstellung, aber auch den Zugang zur Person. Diesen Widerspruch kriegt Anne Kathrin Greiner besser in den Griff. Ihre Menschen sind – bei sparsamem Licht – ganz in sich gekehrt, fast abwesend, aber es geht eine Aura von ihnen aus. Die kleine Galerie »Alles Mögliche« in Friedenau ist immer wieder für Überraschungen gut. Ein richtiger Draufgänger in Sachen Porträt ist der Pole Krzysztof Gieraltowski, einst in knallhartem Schwarzweiß (brennpunkt 1992), jetzt in ebenso überzogenen Farben. Er dreht seine Schauspieler und Politpromis durch die Mangel, bis sie Funken schlagen. Nur bei Donald Tusk hält er sich zurück, wohl aus taktischen Gründen. Zu sehen waren die Bilder im August-Bebel-Institut der SPD in der Müllerstraße, mit dem Titel »Face to Face. Nachbar Polen«. Sicher ganz zufällig hat dem Johanna Breede ihr »vis-à-vis« gegenübergestellt, eine köstliche Auswahl zum Thema, von 25 Weltklassekünstlern. Die ist noch bis 9. Juli zu sehen. Darunter ein geheimnisvolles Porträt von Isa Marcelli, der anschließend eine Einzelausstellung gewidmet ist, vom 15. Juli bis in den September. (siehe Seite 22). Der Amerikaner Matthew Russel Rolston bei CWC in der Auguststraße interessiert sich mehr für die Karikatur des Menschen, mit 30 Porträts von historischen Handpuppen. Sonst hat er es eher mit Promis wie Madonna. Eine Parallele zum künstlichen Medienstar ist denkbar. Die kartoffelgroßen Puppenköpfe leuchtet er blitzmäßig aus und zieht sie hoch auf ein Extremformat, für das sie nicht gemacht sind. Dass sie die Detailschärfe dennoch vertragen, spricht für ihre kunsthandwerklichen Schöpfer, nicht für den Fotografen. Emotional lässt sich zu einem Kasperle nun mal schwerer Kontakt finden als zu einem Menschen. Kinder werden das anders sehen. Die hätten sicher großen Spaß gehabt an den bizarren Verkleidungen, die sich Axel Hoedt hat einfallen lassen zum Gallery Weekend am 30. April und 1. Mai. Im »Palais« neben dem DHM zeigte er die großen Formate im Rahmen des neuen »Berliner Fotografie Salons«. Der ist ein Kind des etablierten »Berliner Mode Salons«, über den die Chefin der deutschen Vogue ihre schützende Hand hält. Ziel der Initiative ist, den Fotografen des Metiers mehr Beachtung zu verschaffen. Die fand ganz sicher Stefan Heinrichs mit traumhaften Aktaufnahmen in edelstem Schwarzweiß, leider eben nur zwei Tage lang. Für ihn könnte man den schönen Satz über Newton abwandeln, er sei ein Modefotograf, der auch mal ohne Kleider auskommt. Das Gallery Weekend bringt angeblich 20.000 Leute auf die Beine. »Davon merke ich hier nichts«, sagt Norbert Bunge von der Galerie argus fotokunst in der Marienstraße. Dazu muss man wissen, und das ist in diesem Fall ein Kompliment, Bunge ist »von gestern«. Selbst gestandener Fotograf und Filmebrennpunkt 3/2016 63 Galeriebericht © Nora Bibel, Sabanna, Bangalore, Indien, 2014. Aus der Serie: Family Comes First macher, ist er ein Hüter und zugleich ein Entdecker auf dem Gebiet der erzählenden Fotografie des letzten Jahrhunderts, schwarzweiß und auf original Baryt. Immer hat er dabei auch nach Osten geschaut, und über den großen Teich nach New York. Derzeit feiert argus Jubiläum, mit einer reichen Retrospektive. Die Autoren können sich allesamt sehen lassen. (siehe Seite 60). Eine solche Konsequenz wird man anderswo kaum finden. »Aber«, sagt Bunge, »man findet anderswo viel mehr Publikum!« So hat sich die Stadt Monschau in der Eifel der Fotografie verschrieben und Bunge hat ihr Ken Heyman beschert, 1930 geboren in New York. Von April bis Juni folgte daselbst Will McBride, ebenfalls auf Bunges Initiative. Für beide Künstler wurden tausende von Besuchern registriert. Davon kann man in Berlin nur träumen. Aber sollten wir denn das Überangebot in unserer Stadt nicht genießen? Wir müssen nur lernen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Das führt zu Vorurteilen, von denen ich natürlich auch nicht frei bin. Am Ende ist alles Glücksache. Empfehlen kann ich nach Besichtigung die sehr liebevoll gestaltete Schau »Berlin, Stadt der Frauen« im Ephraimpalais (bis 28.8.) und dazu den weiblichen Hajek Halke, Alice Lex-Nerlinger, im Verborgenen Museum (bis 64 brennpunkt 3/2016 7.8.). Für Standhafte auch die Relikte des Kalten Krieges, bis 14.8. im DHM. Thomas Struth im Gropiusbau konnte ich wegen Redaktionsschluss nicht mehr sehen, er ist natürlich als einer der höchstgehandelten Deutschen ein Muss, oder auch nicht? Wolfgang Tillmans, zuletzt bei Buchholz in der Fasanenstraße, hat mich noch nie begeistert, aber dass er sich kürzlich für den Verbleib der Briten in der EU energisch engagiert hat, das »gefällt mir«. Sicher wird auch C/O Berlin nicht an ihm vorbeikommen, denn es hat sich erklärtermaßen von der narrativen Fotografie abwandt und bekennt sich damit weitgehend zur derzeit beliebten Beliebigkeit, mit Puklus und Feldmann schon praktiziert. Wieweit das Publikum das für 10.- Euro sehen will, bleibt abzuwarten. Puklus hat dem Publikum immerhin einige Köder vorgeworfen, zwecks interaktiver Beteiligung. Jetzt setzt C/O auch auf Modisches, mit »Allure« aus der Sammlung von Susanne von Meiss. Das hätte ich eher von CW in der Kantstraße erwartet. Vorsichtig agieren ja alle führenden Galeristen, verständlicherweise. So richtig durchgeknallt geht es dagegen oft im »Fenster 61« in der Torstraße zu. Letztes Beispiel Boris Eldagsen. Seine bunten und rauschhaften Delirien legen den Verdacht nahe, dass er auch seine Kamera mit »Johnnie Walker« getränkt hat. In die Geschichte eingehen wird das alles nicht. Auch nicht die gewiss sehr schönen und erotischen Pflanzendetails von Kathrin Schmidt bei imago in der Veteranenstraße. Eher schon die Andeutungen und Fingerzeige in vagen Unschärfen und irritierenden Details von Claudia Lerch am selben Ort. Beide sind Absolventinnen der Schule. Sieben Berliner Chronisten haben sich die Heidestraße vorgenommen, diese ewige Baustelle im Norden des neuen Hauptbahnhofs. Und alle Sieben sind dem Charme einer Imbissbude erlegen, Oase der Menschlichkeit, ein jeder auf seine ganz spezifische Weise, die zu studieren mir am Kleistpark viel Spaß gemacht hat. Es sind dies André Kirchner, Andreas Muhs, Jörg Schmiedekind, Wolf Jobst Siedler, Peter Thieme, Volker Wartmann und Jochen Wermann. Im selben Haus war Maria Sewcz mit »Jetzt, Berlin« zu sehen, die die Stadt als ein einziges Provisorium erlebt und das in entsprechend fragmentarischen Details zum Ausdruck bringt. Eine Methode, der sich in ähnlicher Weise auch Andrea Grützner und Torsten Schumann bei exp 12 bedienen. Pars pro toto. Wenn das Puzzle zu beliebig ist, fällt es schwer, darin ein Ganzes zu erkennen. Oft spricht daraus das Unvermögen, ein Thema fotografisch stringent zu gestalten. Ein Gespür für die Ausnahme hat Manfred Carpentier bewiesen mit dem Duo Roger Ballen (Fotograf) und Wolfgang Petrick (Maler) in »Broken Home«. Wir würdigten das mit dem Titelbild und Pepper’s Photo Chat im letzten Heft. Ich empfehle den schönen Katalog. Schwere Kost mutet uns das Haus am Kleistpark zu, hoffentlich nicht nur uns, denn es geht um die jüngere deutsche Geschichte, also ein Muss für die Schulen: Die Berliner Mauer. Unter dem Titel »Inventarisierung der Macht« haben Arwed Messmer und Annett Gröschner aus Archivmaterial eine Art Lehrstück gebastelt, an dem wir uns geistig abarbeiten sollen. In 12 Bänden, die dort ausliegen, sind 1059 Mauerpanoramen zu sehen, die von den Grenzern um 1966 in erbärmlicher Qualität abgelichtet wurden. 120 porträtierte Volksarmisten würden uns dabei von der Galeriewand zusehen, wenn man ihnen nicht die Augen zugeklebt hätte. Die schier endlose Reihe der Wachtürme erinnert Galeriebericht © Boris Eldagsen, POEMS, (O.i.F.) Zwei Mädchen mit Schatten © Hans-Peter Feldmann, courtesy Mehdi Chouakri, Berlin; Foto: Jan Windszus, Berlin. stark an die Bechers. Bis 21. August können Sie das erleben. Es ist eine sicher verdienstvolle Fleißarbeit, die versucht, Geschichte anschaulich zu vermitteln. Der Begriff »Macht« im Titel irritiert mich. War die Mauer nicht eher ein verzweifeltes Symbol der Ohnmacht, wie es sich jetzt an den Grenzen Europas wiederholt? Dabei fällt mir eine kleine lokale Pointe ein aus dem Wonnemonat: Zum 20. Mai 2016 erreichte mich eine Einladung des »Freundeskreises Palast der Republik« zur Eröffnung einer Fotoausstellung zum 40. Geburtstag dieses inzwischen verschiedenen Monuments. Ort: Nachbarschaftszentrum »Rudi«. Es spricht: Dr. Hans Modrow, Ministerpräsident der DDR a.D. Ost-West bleibt Thema. Auch für die GfF, die Gesellschaft für Fotografie, hervorgegangen aus dem Kulturbund der DDR und von ihrem rührigen Präsidenten Hans-Jürgen Horn nach der Wende auf gesamtdeutsch getrimmt. Mit der genialen Idee der »100 Bilder des Jahres«, die jetzt zum 22. Mal stattfanden, ist ihm das in bewundernswerter Weise gelungen. Und der Wettbewerb »Was bleibt« mit jedermanns Fotos aus dem ersten Jahr nach der Wende, ist 2016 endlich zum Abschluss gekommen mit der Präsentation im Freizeit Forum Marzahn. Unterstützt wird Horn dabei wesentlich vom Landesvorsitzenden der GfF in Berlin, Dr. Hans-Joachim Kühn, und vielen Ehrenamtlichen. Gerade diese 2 Events sagen viel aus. Die 100 Bilder, immer sehr volksnah bewertet, nicht nach elitären Maßstäben, haben sich dennoch inzwischen immer mehr dem Ranking im internationalen Wettbewerb angepasst, peu à peu. Aus den Ost-WestBildern von 1989-90 dagegen, vor der digitalen Revolution, spricht vor allem das unmittelbare Erleben der Wende, ins Bild gesetzt auf allerlei symbolische Art, witzig, hintersinnig, treffsicher. Das macht richtig Spaß und spiegelt Skepsis und Euphorie oft in einem einzigen Foto. Es ist ein bisschen schade, dass der Katalog der 100 Bilder und die versprochene CD mit den Ost-West-Fotos nicht zur Eröffnung fertig waren. Wir hätten gern ein paar Beispiele abgedruckt. Kurz vor Redaktionsschluss erfuhr ich von der geradezu triumphalen Eröffnung einer Ausstellung von Monika SchulzFieguth im Potsdam Museum, das im alten Rathaus untergebracht ist. »Lumen et Umbra«. Alle Honoratioren der Stadt waren dabei und wollten erleben, was Schulz-Fieguth aus Licht und Schatten macht. Sie ist in Potsdam seit Jahren eine »Figura«, auch in ihrer äußeren Erscheinung und persönlichen Ausstrahlung, die ihr manche Tür geöffnet haben. Ausgebildet in der Leipziger HGB bei Arno Fischer, hatte sie das Rüstzeug für eine eigenwillige Laufbahn, gewissermaßen zwischen Ost und West. Bis 21. August sind die imposanten Porträts u.a. von Willy Brandt und vielen Künstlern zu sehen. Manches an ihrenweiteren Projekten ist mir zu bewusst provokativ. Aber wunderbar fotografiert ist das alles, auch der Heilige See, an dem sie sehr nobel wohnt. RBB-Radio Kultur brachte in den »Märkischen Wandlungen« eine ganze Stunde im Gespräch mit der Fotografin. Sie ist auch Teil der elitären »Photographen Lounch Potsdam«, die ab und zu gemeinsam ausstellt. Für das Finale meines Berichts habe ich mir eine echte Räuberpistole aufgehoben. Sicher erinnern sich die Leser an die skandalöse Havarie des Kreuzfahrtschiffs »Costa Concordia« 2012 an der toskanischen Küste, weil der Kapitän einem befreundeten Bürgermeister aus der Nähe zuwinken wollte. Das teure Wrack wurde später gehoben und zum Ausschlachten in den Hafen von Genua geschleppt. Betreten allerstrengstens verboten. Damit wurde es natürlich ein Objekt der Begierde, auch für den jungen deutschen Fotografen Jonathan Danko Kielkowski. Bei 25 Books in der Brunnenstraße erzählt er mir bereitwillig, wie er die Bewachung unterlaufen hat. Am letzten Augustsonntag 2014, einem Feiertag in Genua, hat er sich bei Nacht und Nebel in der Badehose an das Wrack herangepirscht, Stativ und Kamera verstaut in einem Kinderschlauchboot. Der Coup gelingt, er kann nach Sonnenaufgang unentdeckt etliche Stunden fotografieren. Und seine Ausbeute ist grandios! Im Verfall, überwachsen von allerlei Meeresalgen, wirkt Luxus umso sinnloser, geradezu pervers. Ein Theater mit roten Plüschsesseln, ein Fitness-Studio mit ganzen Reihen von Trainingsgeräten, das ist so aberwitzig, und eigentlich auch ohne Havarie ein Untergangssymbol nach dem Beispiel des alten Rom. Wir werden hier mit einer Metapher konfrontiert, der wir kaum gewachsen sind. Die Kröte müssen wir schlucken. Guten Appetit! (Die bibliophile Kostbarkeit »Concordia« ist für 49.- Euro bei 25 books zu erwerben) Klaus Rabien brennpunkt 3/2016 65 Ausstellungen REGINA RELANG »Inszenierte Eleganz Reportage- und Modefotografie von 1930 bis 1980« Regina Relang (*1906; †1989) beginnt ihre fotografische Karriere im Paris der 1930er Jahre. Ihre ersten Erfolge feiert sie mit Reportageaufnahmen, die während ihrer Reisen durch Südeuropa entstehen. Die körperlich schwere Arbeit der Lastenträgerinnen im Hafen von Porto weckt ebenso ihr Interesse wie eine traditionelle makedonische Hochzeit in Galicnik. In der Nachkriegszeit avanciert Relang zur führenden Modefotografin Deutschlands. Zu ihren Auftraggebern zählen namhafte Modeschöpfer wie Christian Dior, Pierre Cardin oder Yves Saint Laurent, ihre Fotografien werden in zeitgenössischen Modejournalen wie Constanze, Madame oder Film und Frau abgedruckt. In ihren Fotografien, die treffend als »Schaufenster in Bewegung« bezeichnet wurden, kombiniert sie auf eigenwillige und ungewöhnliche Art Mode mit Alltagssituationen. Die Ruinen des zerstör- Regina Relang, Gisela Ebel mit Schmetterlingsbrille, 1950, © Münchner Stadtmuseum Sammlung ten Münchens dienen ihr dabei ebenso Fotografie Archiv Relang als Kulisse wie das bunte und rege städtische Treiben internationaler Modeme- die Geschichte der deutschen Modefotropolen. Mit ihrem eigenen fotografi- tografie eines halben Jahrhunderts. schen Stil überwindet Relang die Gren- Erstmals ist mit dieser Ausstellung eine zen zwischen Mode- und Reportagefo- Auswahl aus dem Nachlass Regina tografie. Sie bettet die neuesten Kollek- Relangs aus der Sammlung Fotografie tionen in einen alltäglichen Kontext ein des Münchner Stadtmuseums außerhalb oder inszeniert ihre Models als Starman- des süddeutschen Raums zu sehen. nequins ganz im Sinne der glamourösen Filmwelt. In den 1960er Jahren ändert Mit der Ausstellung REGINA RELANG sich ihr fotografischer Blick und sie foto- setzt die LUDWIGGALERIE in der grafiert zunehmend im Studio. Sparte der populären Galerie die Vorstellung bedeutender Fotografinnen und bis 18. September 2016 Die Ausstellung spannt den Bogen von Fotografen der vergangenen Jahrzehnte den frühen Reisereportagen der 1930er fort. Ludwiggalerie Jahre über Modefotografie der NachSchloss Oberhausen kriegszeit bis zu den Fotografien für Die Ausstellung wird gefördert durch Konrad-Adenauer-Allee 46 Hochglanzmagazine wie Die Dame die Stadtsparkassen-Bürgerstiftung, die 46049 Oberhausen oder VOGUE. Sie präsentiert Relangs Peter und Irene Ludwig Stiftung und Lebenswerk und spiegelt gleichzeitig WDR3. Di – So 11 – 18 Uhr 66 brennpunkt 3/2016 Ausstellungen Johanna Henning »EVOKING SPIRITS« Der balinesische Tanz Johanna Henning, geboren in Eckernförde, lebt und arbeitet in Berlin. Ihre langjährige, berufliche Laufbahn in der Medien- und Kreativbranche und ihr internationales Studium (Master in European Management, ESCP-EAP) führt sie nach Paris, London, Indien, Istanbul, Düsseldorf und Hamburg. Nach einem Jahr an der Neuen Schule für Fotografie in Berlin entschließt sie sich in 2013, sich als Fotografin selbständig zu machen und zeitgleich international anerkannten Fotografen zu assistieren. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind Reportage, Mode und Portrait. Freie Arbeiten setzt sie im analogen Mittelformat um. 2015 reist sie in Kooperation mit der Indonesischen Botschaft nach Papua und mit der Deutsch-Indonesischen Gesellschaft nach Sumatra. Die erste Station ist Bali, wo sie Zugang zu einer Schule für den Balinesischen Tanz erhält, in der die Arbeit »Evoking Spirits« entsteht. Fotografischer Werdegang 2015 Assistenz bei Beat Presser, Fotograf und Hasselblad Master, Berlin 2013 Assistenz bei Just Loomis, Fotograf, Berlin 2013 Studentin bei Eva Bertram, 3. und 4. Semester, Neue Schule für Fotografie, Berlin 2012 Seminaristin bei Linn Schröder Ostkreuzschule, Berlin 2010 Studentin bei Ursula Kelm, imago fotokunst, Berlin Gruppenausstellungen 2013 Engagement, Neue Schule für Fotografie, C-Prints 2012 Pauline, Neue Schule für Fotografie, C-Prints 2011 My Mother, Punctum, Ostkreuzschule, C-Print 2010 It’s not meit’sthem, imago fotokunst, C-Prints © Johanna Henning © Johanna Henning © Johanna Henning www.johannahenning.com [email protected] bis 30. September 2016 Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) Bernhard-Nocht-Strasse 74 Vernissage 23. April um 17.30 Uhr 20359 Hamburg brennpunkt 3/2016 67 Ausstellungen Manfred Paul »Werkzyklen« Manfred Paul (Jahrgang 1942) zählt zu den wichtigen Vertretern der DDRAutorenfotografie. Er ist in den 1980er Jahren der Fotograf, der die Moderne der 1920er Jahre am deutlichsten reflektierte und dem durch seinen liebevollen und poetischen Blick auf die Welt immer wieder atmosphärisch-dichte Aufnahmen gelingen. Von Anfang an setzt sich Manfred Paul in seinen Arbeiten mit den existentiellen Fragen des menschlichen Daseins auseinander. Die Darstellung des Subjektiven steht bei ihm stets stärker im Vordergrund als das Abbild einer objektiven Realität. Seine große Sensibilität und sein ausgeprägter Sinn für eine klassische Bildsprache bringen Bilder von Dingen, Menschen und Landschaften hervor, die in ihrer Intensität und Stille vollkommen zeitlos erscheinen.Die Ausstellung präsentiert eine Auswahl an Fotografien aus einzelnen Werkzyklen, die aus verschiedenen Schaffensjahren stammen und u.a. Pauls langjährige Beschäftigung mit Ostberliner Stadtlandschaften und Hinterhöfen im Prenzlauer Berg, Stillleben und Meereslandschaften belegen. Einen Schwerpunkt bilden dabei die Stillleben, eines der bevorzugten Genres des Fotografen.Etliche der zwischen 1983 und 1985 entstanden Aufnahmen von Alltagsobjekten gehören neben vielen anderen Bildern des Fotografen seit seiner Einzelausstellung im Jahr 1985 zum Bestand des dkw. Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus. Dem Zyklus der Stillleben widmet der Leipziger Verlag spector books eine Publikation, die zur Ausstellung erscheinen wird. »Manfred Paul, »Berlin Ackerstraße«, 1973, Silbergelatineabzug, dkw. Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus bis 28. August 2016 dkw. Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus Uferstraße / Am Amtsteich 15 03046 Cottbus Dr – So 10 – 18 Uhr Montags geschlossen www.museum-dkw.de 68 brennpunkt 3/2016 Ausstellungen Fotosommer in Görlitz Ein Fotofestival ist beim Blick ins Internet gar nicht mehr so etwas Einmaliges – nicht was die Inhalte sondern was deren Anzahl angeht. Der Versuch einiger Görlitzer Fotofreunde ein solches Ereignis in ihrer Stadt zu organisieren verlief im vergangenen Mai so ermutigend, dass es in diesem Jahr eine Neuauflage geben wird. Die Stadt Görlitz war im vergangenen Jahrhundert einer der größten Standorte der feinoptischen Industrie. Es gab über neunzig Hersteller von Kameras und Fotozubehör. Insofern gehört in Görlitz alles was mit Fotografie zusammenhängt dort zum Rhythmus des Lebens. Der Fotosommer wird am 8.Juli mit den Arbeiten dreier Fotografinnen eröffnet. Die Fotografinnen versprechen interessante Einblicke in das Schaffen der Künstlerinnen die alle in der ehemaligen DDR geboren sind und deren Leben so unterschiedlich verlaufen ist. Unter dem Thema »Schauplätze« zeigen Eva Mahn und Sandra Bergemann ihre Arbeiten. Als dritte Fotografin ist Barbara Köppe vorgesehen. Eva Mahn hat für ihren großformatigen Zyklus den Namen eines Schlosses in Cornwall »Strawberry Hills« als Titel gewählt. Sandra Bergemanns zeigt malerisch abstrakte Arbeiten »Zwischen den Welten«. www.fotomuseum-goerlitz.de © Sandra Bergemann, aus der Serie: »Gegen das Sehen«, (O.i.F.) © Sandra Bergemann, aus der Serie: »Gegen das Sehen«, (O.i.F.) Vom 26. August 2016 bis 11. September 2016 finden weitere Veranstaltungen statt: Es gibt eine Ausstellung polnischer, tschechischer und deutscher Fotografen aus einem offenen regiona- © Eva Mahn, Ausstattung Katrin Busching, Eröffnung: len Wettbewerb. In einem ehemaligen Hero II, aus der Serie: »Strowberry Hill«, 2013, 8. Juli 2016 18 Uhr Kühlhaus, findet ein Workshop zur Licht- (O.i.F.) malerei und im Maschinenraum dieses Gebäudes eine Ausstellung polnischer in der Dunkelkammer des Fotomuseum 8. Juli bis 11.September 2016 Fotografen der Hochschule der Schö- unter Anleitung selbst Filme entwickeln nen Künste Breslau, der Kulturhaupt- und Vergrößerungen herstellen. Museum der Fotografie stadt Europas 2016 statt. Sandra BerGörlitz e.V. gemann veranstaltet einen Workshop. Die genauen Termine und das Pro- Löbauer Straße 7 Fotowalks durch Görlitz und Führun- gramm im Internet unter: 02826 Görlitz gen zu den Gräbern der Görlitzer Industriepioniere der Fotografie sind weitere Di – So 12 – 18 Uhr Programmpunkte. Interessierte können www.fotofestival-goerlitz.de www.fotomuseum-goerlitz.de brennpunkt 3/2016 69 Pepper´s Photo Chat »Für mich sind meine Aufnahmen Portraits, auch die Akte.« – Christian Reister interviewt Pepper Seit 2013 veröffentlicht unser Autor Jens Pepper an dieser Stelle Gespräche zu fotografischen Themen. In dieser Ausgabe wollen wir ihn nun auch einmal selbst zu Wort kommen lassen, um etwas über seinen Werdegang und seine eigenen Fotos zu erfahren. Wir bringen daher noch einmal ein bereits im August 2014 auf dem Blog »Obst und Muse« erschienenes Gespräch, das Peppers Blogkollege Christian Reister mit ihm geführt hat. Christian Reister: Du startest mit mir den Blog »Obst & Muse«. Warum eigentlich? Pepper: Im vergangenen Jahr hatte ich begonnen Interviews mit Fotografen, Fotohändlern, Fotohistorikern etc. zu führen, die ich dann auf einer an meine Homepage gekoppelte Blogseite gestellt und teilweise auch in der kleinen Berliner Fotozeitschrift Brennpunkt veröffentlicht habe. Meine Blogaktivität habe ich später etwas vernachlässigt, auch weil ich diesen notwendigen technischen Aspekt des fachgerechten Einstellens der Texte und Begleitfotos auf diese Seite und das Formatieren der Daten nicht sonderlich gut beherrsche und mag. Als Du dann vorschlugst, deine eigene Interviewtätigkeit mit meiner zusammenzulegen und einen neuen gemeinsamen Blog zu gründen, war das für mich einen wunderbare Gelegenheit, bereits vorhandene Gespräche aus ihrem digitalen Grab zu befreien und erneut einer Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen sowie eine neue Publikationsplattform für zukünftige Gespräche zu schaffen. Dabei gewährleistet mir die Kooperation mit dir einen unkomplizierten 70 brennpunkt 3/2016 technischen Support, was ganz wunderbar ist, denn du bist in Sachen Webdesign immerhin Profi. Außerdem erhoffe ich mir natürlich viele spannende Einsichten in die Fotografie durch die von dir selbst geführten Interviews. Und zu guter Letzt glaube ich, dass wir unkompliziert miteinander umgehen können. Christian Reister: Das Schreiben über Fotografie und Kunst ist für dich ja nichts Neues. Neben deiner Tätigkeit als Fotograf – dazu kommen wir noch – hast du ja schon die unterschiedlichsten Rollen im Kunstbetrieb gespielt. Autor, Galerist, Kunstvermittler. Hab ich was vergessen? Lässt sich dieser Werdegang in ein paar Sätzen zusammenfassen? ich das Angebot angenommen. Ich bin dann auch aus der Galerie ausgestiegen und habe für verschiedene Blätter geschrieben, am Anfang eher schwache Texte, wie ich heute sagen muss. Außerdem habe ich für andere Galerien gearbeitet, habe kleinere Ausstellungen kuratiert und ein wenig Kunsthandel betrieben. Anfang der 2000er Jahre habe ich dann wieder einen eigenen kleinen Raum ins Leben gerufen: pepperprojects. Dort habe ich u.a. mehrfach mit der Klangund Lichtinstallationskünstlerin Christina Kubisch zusammengearbeitet oder mit Wolfgang Petrick, einem großartigen Maler und Zeichner, mit dem ich seit sehr langer Zeit gut befreundet bin. Dieses Projekt ging dann irgendwann über in ein Galerieprojekt, das ich mit einem Bekannten aus Schultagen gegründet habe, dass dann aber wegen völlig unterschiedlicher Ansichten bald wieder auseinander ging. Für diese Galerie habe ich unter anderem die Fotografen Arthur Tress und Brigitte Maria Mayer gewinnen können, die beide großartige Ausstellungen gezeigt haben. Derzeit arbeite ich mit einem Kunstliebhaber und Sammler aus den USA an der ersten englischsprachigen Monografie zu Leben und Werk von Wolfgang Petrick, die demnächst in den USA erscheinen wird. Und, last but not least: Aufgrund einer Wette habe ich mit dem Fotografieren begonnen. Da ich damit Erfolg habe – ich hatte im vergangenen Jahr eine Einzel- und zwei Gruppenausstellungen und es wurde auch über mich geschrieben – mache ich damit weiter. So, kurz ist das alles jetzt nicht geworden, aber es gibt Dir einen kleinen Überblick. Pepper: Schon während meines Studiums der Kunstgeschichte und Geschichte habe ich für eine kleine Offgalerie – die Galerie paranorm – in Berlin gearbeitet. Unter anderem haben wir Künstler, Musiker und Designer besucht und interviewt, d. h., ich habe die Gespräche geführt und der Galerist, Ralf Roszius, hat diese auf Video aufgezeichnet. Dabei habe ich ziemlich viel gelernt und überhaupt erst einmal richtigen Zugang zur Kunstszene Berlins erhalten. 1989, kurz vor dem Fall der Mauer, habe ich dann mit einer damaligen Freundin, Lena Braun, meine erste eigene Galerie eröffnet, die Galerie Loulou Lasard in Schöneberg. Das war ein ziemlich angesagter Ort. Ich habe vor allem die Ausstellungen organisiert, beispielsweise mit Ampelio Zappalorto, dessen von uns präsentierte Klanginstallation später auch auf der Biennale in Venedig zu sehen war. Lena dagegen hat sich primär um ein spannendes Veranstaltungsprogramm gekümmert. So ist damals beispielsweise Lotti Huber mit ihrer autobiografischen Lesung bei uns Christian Reister: Na, jetzt kokettierst aufgetreten und wir haben eine wilde du aber. Wette verloren und aufgrund Zwanziger-Jahre-Party organisiert für die erster Erfolge »mache ich weiter«. Das uns der spätere Tresor-Gründer Dimitri klingt ja nicht sehr ambitioniert. Dabei Hegemann einen kleinen Roulettetisch steckst du in deine Arbeiten recht viel geliehen hat, an dem man dann im Zeit und Enthusiasmus. Keller sein Geld verspielen konnte. Irgendwann habe ich aber gemerkt, Pepper: Oh, kommt das so rüber? Das dass mir noch ziemlich viel Wissen in war nicht meine Absicht. Sachen zeitgenössischer Kunst fehlte Verloren hatte ich die Wette übrigens und als Marius Babias mich fragte, ob nicht, sondern gewonnen. Ein befreunich ab und an mal einen Artikel für die deter Fotograf erzählt mir schon seit den Stadtzeitung Zitty schreiben wolle, habe 1990er Jahren immer mal wieder, dass Pepper´s Photo Chat © Pepper, »Jenny«, 2010, aus der Serie: Snapshot Beauties, (O.i.F.) © Pepper, »Luise«, 2011, aus der Serie: Snapshot Beauties, (O.i.F.) © Pepper, »Nikkou«, 2010, aus der Serie: Snapshot Beauties, (O.i.F.) ihn Aktfotografie reizen würde, aber irgendwie hat er das nie umgesetzt. Als er diesen Gedanken vor einigen Jahren noch einmal äußerte, habe ich mit ihm gewettet, dass ich, der Laie, wenn ich jetzt loslegen würde, schneller als er zu einer Einzelausstellung und einem Buch mit meinen eigenen Aktfotos kommen würde. Die Einzelausstellung hatte ich dann im vergangenen Frühjahr in der Galerie Carpentier in Berlin, das Buch ist gestaltet, harrt aber noch der Drucklegung in diesem Jahr. Ich habe übrigens nicht nur Aktfotos für dieses Projekt gemacht. Und zu Deiner Frage nach der Ambition. Klar bin ich ambitioniert. Die Fotografie macht mir Spaß und ich habe sehr viele Ideen, die ich realisieren möchte. Dafür muss ich mir aber auch noch einige Dinge beibringen, also technischer Natur, denn wie gesagt, ich komme aus der Kunstvermittlung und bin kein ausgebildeter Fotograf. Aber ich habe ein gutes Auge. Ich weiß, ob ein Foto gut ist oder nicht. Selbst kreativ zu sein war bis vor einigen Jahren nie mein Ziel gewesen. Die Rolle des Vermittlers hatte mir immer sehr gut gefallen. Jetzt merke ich, dass es eine Prioritätenverschiebung gegeben hat. Ich habe die Seiten gewechselt, bin vom Vermittler zum Produzenten geworden, zumindest zu einem beträchtlichen Teil. Christian Reister: Die Mädchen, die du fotografierst, sind sehr jung und keine typischen Models – sie wirken eher wie die unbedarfte Studentin von nebenan. Wie lernst du sie kennen? ein paar Wochen später haben wir die Fotos für das Projekt aufgenommen. Du sagst die Models wirken unbedarft. Das halte ich für eine unglückliche Wortwahl. Unbedarft war und ist keines von ihnen. Es sind im Gegenteil alle sehr starke Persönlichkeiten die genau wussten, was sie machen. Diejenigen, die vor unserer Zusammenarbeit schon Fotos von mir gesehen hatten, konnten sich ja auch vorstellen, in welche Richtung das Shooting gehen würde. Die hatten Lust, sich ebenso portraitieren zu lassen. Für mich sind diese Aufnahmen nämlich Portraits, auch die Akte. Das Sexuelle steht nicht im Vordergrund, sondern die Person, der Mensch. Gerade weil ich keine Profimodels engagiert habe, sondern Laien, kommt dieser Portraitaspekt in meinen Augen ziemlich stark zur Geltung. Zwar sind die Fotos in gewisser Weise inszeniert, aber die Mädchen wirken dennoch sehr natürlich und authentisch. Das ist es auch, was meine Fotos für Frauen und Männer gleichermaßen interessant erscheinen lässt. Übrigens war es jedem Model freigestellt sich bekleidet, akt oder halbakt fotografieren zu lassen. Wichtig war mir nur, dass die Aufnahmen einen erotischen Touch haben, und dass die Mädchen, die kein Akt oder Halbakt machen wollten, damit einverstanden waren, dass ihre Fotos auch im Kontext mir Akt- Pepper: Für mein erstes Projekt »Snapshot Beauties« habe ich in der Tat ziemlich junge Frauen fotografiert. Da die ersten, mit denen ich dafür zusammengearbeitet habe, zwischen 18 und 22 Jahre alt waren, habe ich dieses Alter dann für dieses Projekt beibehalten, um die ganze Bildserie einheitlich zu gestalten. Einheitlich waren auch die Wahl der Kamera – ich habe eine analoge Kodak FunSaver Einwegkamera mit eingebautem Blitz und Plastiklinse genommen – und der Aufnahmeort: meine Wohnung. Die ersten Models habe ich über Modelnetzwerke im Internet wie ModelKartei und fotocommunity bekommen. Andere sind mir von Freunden vermittelt worden, wieder andere habe ich auch einfach angesprochen. Ein Model, mit dem ich noch heute zusammenarbeite, habe ich mit ihrem Freund auf dem Mauerparkflohmarkt gesehen und einfach angesprochen. Ich habe den beiden mein Projekt erläutert und sie eingeladen, sich irgendwann einmal Aufnahmen bei mir im Atelier anzusehen. Das haben die zwei dann auch gemacht und brennpunkt 3/2016 71 Pepper´s Photo Chat aufnahmen zu sehen sind. Mit einigen der Models, die ich für die »Snapshot Beauties« fotografiert habe, arbeite ich auch heute noch zusammen. Christian Reister: Die Beschreibung »unbedarft« war von mir als Beschreibung der Wirkung der Frauen auf den Fotos gemeint, nicht als Charakterisierung der Person. Unbedarft im Sinne von unroutiniert und daher eigenständig im Umgang mit geposten Fotos. Das macht für mich den Charme der Arbeit aus. Eben weil die tyischen Modelposen und lasziven Blicke und Gesten konsequent vermieden werden. Genauso wie die Technik ja auch nicht auf dicke Hose macht und gekonnt jeden Kitsch und Mackeransatz umschifft. Vermutlich sieht das aber nicht jeder so. Kommst du öfter in die Situation, dass du dich gegenüber Vorwürfen und Vorurteilen rechtfertigen musst? Und falls ja: ist das ein Problem für dich? © Pepper, aus der Serie: Gorzow Wielkopolski, 2006-2010, (O.i.F.) viel Zuspruch erhalte, gerade auch der Mädchen, das ich für diese Serie Pepper: Ja genau, dass das alles unrou- von Frauen. Beispielsweise die Mutter fotografiert habe, ist vietnamesischen tiniert wirkt war mir auch wichtig. Wie eines meiner Modelle, eine Lehrerin, Ursprungs; also ihre Eltern stammen schon gesagt, ich denke, dass durch die findet es toll, dass sich ihre Toch- aus Vietnam. Sie selbst ist aber gebürtige dieses ungeübt sein der Models intimere ter von mir Akt fotografieren lässt. Eine Berlinerin. Zur Zeit des Shootings stand Portraits entstehen. Bei einem übermäßi- bekannte Schriftstellerin hat sich ein sie gerade vor der Entscheidung, ob sie gen und professionellen Posing werden Foto von mir in ihre Wohnung gehängt, gleich ein Studium beginnen soll oder persönliche Gesten und Mimiken eher und ebenso hat das eine bekannte Fil- erst einmal ein Jahr lang durch die getilgt oder überspielt. memacherin und Fotografin getan. Welt reisen will. Die Tazredakteurin sah nun zwei Fotos von diesem Model, Vorwürfe die in Richtung »ich sei ein Christian Reister: Irgend ein kluger mit dem ich übrigens weder Akt- noch Sexist« gehen gibt es ab und zu, aber Mensch hat mal gesagt: »Mindestens Halbaktfotos gemacht habe, und sagte eher selten, und wenn, dann werden sie 50% einer Fotografie entsteht im Auge mir dann, dass sie durch diese Fotos meistens von Frauen meiner Generation des Betrachters«. Ich bekomme mit an Thai-Sextourismus erinnert würde. geäußert, Frauen, die vielleicht gerade meiner Fotografie auch ab und an die Da war ich wirklich baff. Wie kann in der Midlife-Crises stecken oder mit abfälligsten Reaktionen ab, weil für ein erwachsener, politisch gebildeter dem Älter werden nicht zurechtkom- manche Menschen das Fotografieren Mensch so einen Bullshit von sich men und in der Zusammenarbeit zwi- von Menschen in der Öffentlichkeit geben? Das war purer Rassismus. Das schen älterem Fotografen und jüngerem per se schon eine Schweinerei zu sein was die Redakteurin eigentlich mit Modell möglicherweise einen persön- scheint. Andere interpretieren in meine ihrer Äußerung sagte war, dass eine lichen Affront sehen. Manchmal auch Fotos Dinge und Absichten hinein, die junge Frau die asiatisch aussieht mit von ausgeprägt linksfeministisch einge- in Abgründe blicken lassen, die wohl Sicherheit eine Prostituierte sei. Sie hat stellten Frauen der jüngeren Generati- weder der Fotografierte und ich je gese- das gewiss nicht so gemeint, dachte onen. In den vergangenen drei Jahren hen haben. bestimmt auch viel mehr so, dass, wenn habe ich so etwas aber keine zehn Mal ich als deutscher Mann eine asiatisch erlebt. Vielleicht schweigen die meis- Pepper: Dazu möchte ich Dir noch aussehende Frau fotografiere, dieses ten möglichen Kritikerinnen ja auch ein- eine Anekdote erzählen, denn sie ist etwas von »Mann kauft Prostituierte« fach, ich weiß es nicht, und es interes- ein Beispiel dafür, wie vermeintlich an sich hat. Aber das ändert nichts siert mich auch nicht ernsthaft. Jeder soll engagierte Menschen im Wust ihrer daran, dass ihre Äußerung im Grunde seine Meinung haben. Ich präsentiere eigenen Vorurteile und Klischees vorurteilsbeladen und rassistisch war. mich ja mit meinen Fotos einer Öffent- gefangen sind. Vor ungefähr zwei Hätte sie das vor dem Model geäußert lichkeit. Da kann ich kaum erwarten, Jahre hatte mich eine Redakteurin der hätte sie sich mit Sicherheit eine dass alle meine Arbeit mögen. Tageszeitung taz besucht und hat sich die eingefangen. Doch solche Vorfälle sind Ich freue mich aber darüber, dass ich »Snapshot Beauties« angesehen. Eines wirklich selten. Die meisten Menschen 72 brennpunkt 3/2016 Pepper´s Photo Chat Christian Reister: Ich bin gespannt. Willst du noch einen kleinen Ausblick auf deine kommenden Interviews geben, die wir hier in nächster Zeit veröffentlichen werden? Pepper: Ich werde ein bereits publiziertes Gespräch mit Klaus Honnef über zeitgenössische Aktfotografie aus dem letzten Jahr auch noch mal auf dieser Plattform veröffentlichen. Dann ein Gespräch mit der Kunsthistorikerin Helen Adkins über Schadographien und ein Interview mit dem Fotografen André Wagner. Es gibt noch so viele Fotografen, Galeristen, Kuratoren, Fotohistoriker usw. beiderlei Geschlechts mit denen ich über ihre Arbeit sowie Fotografie ganz im allgemeinen reden möchte. Ich denke, dieser ganze Blog wird für mich genau so spannend werden wie für fotografieinteressierte Leser. © Pepper, aus der Serie: Gorzow Wielkopolski, 2006-2010, (O.i.F.) denken glücklicherweise nach, bevor sie den Mund aufmachen. Christian Reister: …oder respektieren zumindest die Freiheit der Kunst und der Berichterstattung. Auf deiner Website findet sich noch ein Fotoprojekt ganz anderer Art. Was hat es mit dem Langzeiprojekt über Gorzow Wielkopolski auf sich? Sag jetzt bitte nicht, du hättest da eine Wette gewonnen… Pepper: Gorzow Wielkopolski ist eine Stadt im Westen Polens, ungefähr 130 km von Berlin entfernt. Sie ist aber kaum jemandem ein Begriff. Nur ältere Menschen und Germanisten kennen die Stadt, die bis zum Kriegsende Landsberg an der Warthe hieß. Christa Wolf wurde dort geboren und Gottfried Benn war um 1943 dort als Militärarzt stationiert. Nach dem Krieg wurden die deutschen Bewohner von dort vertrieben und ihrerseits vertriebene Polen aus Galizien wurden dort zwangsangesiedelt. Nach der Wende dann, als Polen den sowjetischen Einfluss abgeschüttelt hatte, ging es mit Gorzow wirtschaftlich bergab und die Arbeitslosigkeit stieg rasant an. Als ich 2006 erstmals dort hinkam, hatte man der Stadt den jahrzehntelangen Verfall und die relative Armut angesehen. Und obwohl sie so nah an Berlin gelegen ist und bereits 17 Jahre seit der Wende vergangen waren, wirkte die Stadt atmosphärisch noch ziemlich osteuropäisch. Aber Gorzow war ganz offensichtlich auch im Wandel begriffen. Die anstehende 750-Jahr-Feier in 2007 hatte es wohl möglich gemacht, dass Gelder flossen und ziemlich viel im öffentlichen Raum gebaut und restauriert wurde. Vieles war also ganz heftig im Wandel begriffen und das wollte ich fotografieren. Aber das Ganze fing erst einmal so nebenher an, denn der eigentliche Grund warum ich in Gorzow war, war eine Beziehung. Ich habe zunächst auch gar nicht an eine Nutzung der Fotos gedacht und habe deshalb nur eine ziemlich simple Digitalkamera von Praktica benutzt, dieselbe, die ich später für die Serie »Bloom of Youth« verwendet habe. Aber wie es so ist: das Projekt hat sich verselbstständigt und ist nun mit der Auswahl von 60 Gorzow-Aufnahmen aus den Jahren 2006 bis 2010 der Beginn einer Auseinandersetzung mit Polen. Das Land interessiert mich zusehends mehr und derzeit arbeite ich an einer Langzeitdokumentation über Warschau. Ich habe auch noch allerlei andere Ideen, die ich mit den Jahren in Polen umsetzen möchte. Seit 2014 ist viel geschehen. Viele weitere Interviews sind entstanden und auf Obst und Muse eingestellt worden, aktuell eines mit Roger Ballen. Das Buch »Snapshot Beauties« ist im Selbstverlag erschienen und wird unter anderem vom konkursbuch Verlag Tübingen vertrieben. Ein Katalog mit Aufnahmen aus der Serie »Bloom of Youth 2« ist im Frühjahr 2016 in der Edition Carpentier veröffentlicht worden. Ab Juni wird unser Autor in Warschau leben und uns künftig von dort aus mit neuen Interviews und Artikeln über die dortige Fotoszene beliefern. Peppers fotografische Auseinandersetzung mit der polnischen Hauptstadt geht ebenfalls weiter. www.obstundmuse.com www.photosbypepper.tumblr.com www.reister-images.de brennpunkt 3/2016 73 Fotografie © Isa Marcelli, Sans Titre, aus der Serie: Parfums, 2012, Courtesy Johanna Breede / PHOTOKUNST Ausstellung: Johanna Breede PHOTOKUNST (16. Juli bis 24.September 2016), siehe Seite 22 74 brennpunkt 3/2016 Notizen aus Warschau Notizen aus Warschau. Ich bin im Juni nach Warschau gezogen. Nach knapp dreißig Jahren Berlin brauchte ich eine Abwechslung. Berlin kenne ich in- und auswendig, obwohl ich zugeben muss, dass Berlin so schnelllebig ist, dass es schwer fällt, immer auf dem Laufenden zu sein: die neuen Cafés, die Veränderungen in den hip gewordenen Stadtteilen, die zahlreichen Ausstellungen, Konzerte, Theaterstücke. Man kann unmöglich überall bestens informiert sein. Dennoch, ich möchte noch einmal etwas ganz Anderes erleben, eine neue Stadt und eine andere Kultur. Warschau ist da eine gute Wahl. Nur fünfeinhalb Stunden mit dem Zug entfernt (also heimwehkompatibel) und doch so fremd. Wer kennt denn schon die polnische Hauptstadt? Immerhin, die Bücher von Steffen Möller haben bei den Deutschen ein gewisses Interesse geweckt. Sie beginnen sich langsam für ganz Polen zu interessieren, also auch über Danzig, Breslau und Krakau hinaus. Da kann eigentlich nur die aktuell regierende PiS mit ihrer antieuropäischen Politik diesen Trend abwürgen. Wir werden sehen. Bevor ich in meine neue Heimat gezogen bin, habe ich viel über Polen und insbesondere über Warschau gelesen. Ich wollte informiert sein, so gut es eben geht. Neben Politik und Geschichte, darüber ist in Buchform so einiges zu finden, zumindest in den Berliner Bibliotheken, wollte ich vor allem einiges über das einfache, alltägliche Leben erfahren. Doch hier wurde die Luft dünn. Es gibt kaum etwas, das inhaltlich über die oberflächlichen Reiseführer hinausgeht. Wäre der Möller mit seinen drei Büchern »Viva Polonia«, »Expedition zu den Polen - Eine Reise mit dem BerlinWarszawa-Express« und »Viva Warszawa« nicht gewesen, hätte ich echt Probleme gehabt. Gute Tipps und Kontakte vermittelte mir dann noch die polnische Fotografin Georgia Krawiec, die es gerade in umgekehrte Richtung gezogen hatte und die nach vielen Jahren in Warschau nun in Berlin lebt. © Pepper Wenn ich verreise, versuche ich mir auch visuell einen Eindruck über den Zielort zu verschaffen, meistens mache ich das über Fotobücher (und das Internet). Eigentlich gibt es über jeden Ort inzwischen irgendwelche mehr oder weniger bebilderten Publikationen. Auch über Warschau gibt es diese, und wenn ich in Berlin suche, dann sind sie zumeist in deutscher und englischer Sprache. Aber man muss schon gezielt nach ihnen Ausschau halten. Die meisten Bildbände, die ich in den Händen hielt oder mir gekauft habe, waren entweder reine Erinnerungsbände, die in mehr oder weniger hübschen Aufnahmen die Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigten, oder es waren ältere Bücher aus den Zeiten der kommunistischen Herrschaft, die dann neben den schönen Ansichten auch die städtebaulichen Errungenschaften des Sozialismus ausgiebig präsentierten. Blicke auf das gegenwärtige nichttouristische Warschau und Fotobücher von Fotokünstlern, die sich ihrer Heimatstadt mit irgendeinem konzeptuellen Ansatz nähern oder die als Straßenfotografen den Alltag und die Menschen dokumentieren sind in Deutschland kaum zu finden. Vereinzelt gibt es noch interessante Bildbände mit historischen Aufnahmen deutscher Soldaten aus dem jüdischen Ghetto oder - aus DDR-Produktion - sehr gute Publikationen über den Wiederaufbau der von den Deutschen völlig zerstörten Stadt in den 1950er und 1960er Jahren. In Warschau selbst dominieren ebenfalls die touristischen Kaffeetisch-Wälzer. Und natürlich gibt es auch hier noch zusätzlich, und auch in größerer Auswahl als in Deutschland, fotohistorische Bücher, die den Zweiten Weltkrieg, den Warschauer Aufstand, die Zerstörung der Stadt durch die Deutschen und den anschließenden sozialistischen Wiederaufbau zum Thema haben. Einige Fotobände über Warschau widmen sich der Frühzeit der Fotografie (siehe auch Brennpunkt 1/2016). Einen künstlerischen Blick auf die Stadt gibt es dann aber auch, doch diesen muss man suchen, in Galerien, die ein eigenes Verlagsprogramm führen, wie die Galerie raster, oder in Museumsbuchhandlungen, wie die der Zacheta. Dort werden Warschauliebhaber fündig und finden das etwas Abseitigere, Nichttouristische und weniger Erinnerungslastige; einen frischen Blick auf das heutige Warschau. Und es gibt auch Abhandlungen zu fotohistorischen Themen aus den vergangenen Jahrzehnten ohne sozialistisches Gepräge. Ich bin noch ganz am Anfang meiner Recherche und werde hoffentlich noch auf viele interessante Fotobücher stoßen, die mir ein Warschau jenseits der bekannten Wege zeigen. Und wer weiß, vielleicht mache ich ja in Zukunft ein Buch mit meinen eigenen Fotografien über Warschau. Ich habe da schon so meine Ideen. Pepper brennpunkt 3/2016 75 Portfolio Thomas Nitz Atelierbesuch bei Thomas Nitz Wenn man sein Atelier betritt herrscht zuerst einmal kreatives Chaos. Überall stapeln sich Bilder, die Wände sind mit seinen Arbeiten schwer behangen, an einer Seite reihen sich 3 baugleiche Großbildvergrößerer aus den 60er Jahren, altes Industriemetall, es riecht nach Fotochemie. Wer zum ersten Mal die Bilder von Thomas Nitz sieht ist etwas irritiert, man denkt an Drucktechniken wie Radierung, jedoch stammen alle Arbeiten aus dem Fotolabor, allerdings habe ich ähnliches noch nie gesehen. Es entsteht alles analog, ausschließlich mit sw Material auf Rollfilm oder Planfilm. Die Fotografie ist für Thomas Nitz mechanisches Lichtzeichnen, er experimentiert mit Doppel- und Mehrfachbelichtungen, Unschärfe und dem Sandwichen der Negative im Labor. Für die Abzüge beschichtet er Aquarellkarton mit Pigmenten und Bindern um dem Untergrund seinen Klang, farbig wie haptisch zu geben. Dieser scheint nach der Deckschicht aus flüssiger Fotoemulsion durch und verbindet sich mit dem Motiv. Es entstehen Unikate wovon Reproduktionen hergestellt werden können, allerdings sichtbar wie das Verhältnis von Malerei und dessen Replikaten und Drucken. Um das zu unterstreichen baut Thomas Nitz in die Untergründe seiner Arbeiten eine Schicht aus phosphoreszierenden Pigment ein welches im Dunkeln nachleuchtet für einige Zeit. Dies will er nicht als Kapriole verstehen, vielleicht eher als Wasserzeichen. Thomas Nitz sieht jede seiner Arbeiten als selbstständige Objekte an welche in sich funktionieren müssen. Ihn interessiert nicht die exakte Wiedergabe, die Essenz der Dinge muß für ihn sichtbar sein, also welches Gefühl ein Gegenstand oder Mensch bei ihm hinterlässt oder auslöst. Das mag die Intensität eines Blickes sein, das Flackern der Baumstämme im Wald, die fragile Monströsität von Architektur. So wie er arbei76 brennpunkt 3/2016 © Thomas Nitz, Gropiuspassagen #1, 2016 tet ist das Ergebnis nicht 100% kontrollierbar, er kann nur den Impuls geben, die Richtung weisen wie das belichtete Material mit der Chemie reagiert und oft entstehen überraschende Momente, im Positiven wie im Negativen. Es ist für ihn ein Abenteuer und es hat noch den Zauber der Fotografie inne wie er mir lebhaft erzählt. Da stellt sich mir die Frage wann eigentlich die Fotografie für Thomas Nitz entzaubert ist... In der Serie »Verona« sind die Grafitis aus dem Haus von Romeo + Julia zu sehen, ein Gewirr aus tausenden von Initialien sich liebender Paare, an die Wände geschrieben und im ständigen Wandel durch neuere Übermalungen mit einer Flüchtigkeit welche das reale Leben widerspiegelt. In seiner Serie Antlitz sind Köpfe und Körper verwoben in Texturen und entziehen sich so der Neugier des Betrachters, für ihn ist es ein Spiel mit dem Konsum von Pornografie... Ich merke das Thomas Nitz doch eine Affinität zur Malerei hat und konfrontiere ihn mit der Frage warum er dann überhaupt fotografiert und nicht gleich alles malt bzw. zeichnet. Thomas Nitz: »Was man nicht zeichnen soll muß fotografiert werden...es macht keinen Sinn ein 30-stöckiges Hochhaus in allen Details zu zeichnen, die Kraft der Zeichnung liegt in der Reduktion auf das Wesentliche. Vielleicht ist dies die Schnittstelle mit der ich die Grenze und die Chance der Fotografie für mich auslote.« Wir verlassen das Atelier, Thomas Nitz schaltet das Licht aus und über das Thomas Nitz: »Es beginnt mit dem Blick Chaos legt sich die Dunkelheit, allein auf das Display kurz nach der Aufnahme seine Arbeiten glimmen grünlich an der und endet mit dem glatten Ausdruck auf Wand. Papier nach dem digital workflow, ehrSebastian Geyer lich gesagt die digitale Fotografie langweilt mich, es ist alles so rein, sauber und kontrolliert. In meinem Beruf als Thomas Nitz hat Bildende Kunst an der Fotograf mache ich nur Auftragsfotogra- UdK Berlin studiert und arbeitet seit fie digital, ein älterer Kollege sprach mal 1992 als freier Fotokünstler in Berlin. Er von »elektrischen Fotos« (lacht) ist u.a. Lehrbeauftragter für Fotografie Es tauchen immer wieder ähnlich Motive an der HTW Berlin in seinen Arbeiten auf, manches wirkt Nach vielen Ausstellungen waren seine auf mich eher morbide. Arbeiten zuletzt im Nov. 2015 in der Thomas Nitz verneint und findet alles Carpentier Galerie Berlin zu sehen. sehr lebendig. Obwohl er jede seiner Arbeiten als Objekt sieht arbeitet er doch seriell, für ihn geht es immer um existenzielle Dinge wie Urbanität, Natur und Sexualität. www.tnt-fotoart.de In der Serie Kathedralen und Metropolis wird durch Mehrfachbelichtungen die Struktur der Architektur verdichtet, Shopping Malls zersplittern zu Fragmenten aus Licht und Schatten, Hochhäuser werden zu Phalli der Großstadtsilhouette, Wälder zum Stakkato aus Linien und Texturen. Portfolio Thomas Nitz © Thomas Nitz, Potsdamer Platz Arkaden, #1, 2016 brennpunkt 3/2016 77 Portfolio Thomas Nitz © Thomas Nitz, Sozialpalast # 1, 2012 78 brennpunkt 3/2016 Portfolio Thomas Nitz © Thomas Nitz, Upper West #1, 2016 brennpunkt 3/2016 79 Portfolio Thomas Nitz © Thomas Nitz, SH #1, 2011 80 brennpunkt 3/2016 Portfolio Thomas Nitz © Thomas Nitz, MES #2, 2015 brennpunkt 3/2016 81 Portfolio Thomas Nitz © Thomas Nitz, Waldstück #6, 2015 82 brennpunkt 3/2016 Portfolio Thomas Nitz © Thomas Nitz, Living Levels #4, 2015 brennpunkt 3/2016 83 Portfolio Thomas Nitz © Thomas Nitz, Mall of Berlin #1, 2016 84 brennpunkt 3/2016 Portfolio Thomas Nitz © Thomas Nitz, Verona 11/2013 #5, 2015 brennpunkt 3/2016 85 Vernissagen (Rückblicke) Torsten Solin »Das Album« Unter dem Titel »Das Album« zeigte die galerie hiltawsky bis zum 2. Juli 2016 neue Arbeiten von Torsten Solin (*1972, Jena, Deutschland). Mit seinen manipulierten Bildern bzw. den in anderen Szenen inszenierten Torsten Solin in der galerie hiltawksy, © dibue Torsten Solin mit Besuchern, © dibue Selbstportraits erforscht Solin gesellschaftliche und geschlechtsspezifische Zugehörigkeiten. Damit öffnet er ein komplexes (Foto)Album neu und macht es vielfältig lesbar. Es geht um Identität und Selbstinszenierung. Durch ein obsessives Spiel damit, wird die Erinnerung, das Hauptmotiv eines Fotoalbums, gelöscht. Das zugrunde liegende historische Fotomaterial bekommt durch den künstlerischen Aneigungsprozess eine neue Funktion Rechts: Christian Hiltawsky und der Kurator der und erlaubt zugleich unterschiedliche © Torsten Solin (aus der Ausstellung) Ausstellung Harald Theiss © dibue Interpretationen. Es entsteht ein imaginäres Fotoalbum mit neuen Selbst- allem aus der Literatur des 19. Jahrhun- Die Ausstellung untersucht und hinporträts und Selbstinszenierungen, die derts, der Romantik, bekannt ist, bleibt terfragt die Einzigartigkeit, den Identigleichzeitig Hinweise auf das Motiv des es bis heute ein Forschungsgegenstand; tätsverlust und ist gleichzeitig auch die Doppelgängers sind. Obwohl es vor nicht nur in Erzählungen. Neukonstruktion des Selbst. Neal McQueen »Perilous Hope – A Documentary on Refugees« Seit vielen Jahren beschäftigt sich Neal McQueen mit gesellschaftlichen und politischen Veränderungen in Europa. Viele Male ist er in den letzten zwei Jahren nach Griechenland gereist. Im Frühjahr 2016 arbeitete er an der griechisch-mazedonischen Grenze in Idomeni. Insbesondere dieser Ort hat internationale Aufmerksamkeit erhalten, stauten sich doch in diesem kleinen Grenzort nach Schließung der so genannten Balkanrouten tausende von verzweifelten Flüchtlingen, denen die Weiterreise verwehrt wurde und die so gezwungen waren unter unmenschli86 brennpunkt 3/2016 Galerie Hilaneh von Kories, (Vernissage), © Udo Rzadkowski, 20. Mai 2016 © Neal McQueen chen Bedingungen in der Grenzregion auszuharren. Anders als viele Bildjournalisten, die der europäischen Flüchtlingskrise eine visuelle Wahrnehmung geben, versteht sich Neal McQueen eher als unabhängiger Fotograf, als humanitärer Aktivist. Blog zum Projekt »Perilous Hope«: http://periloushope.tumblr.com Blog zum Projekt »Quo Vadis Europa«: http://quo-vadis-europa.tumblr.com Einführung: Prof. Dr. Thomas Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof. © Udo Rzadkowski, 20. Mai 2016 Vernissagen (Rückblicke) Allure [frz. Stil, Eleganz] Fotografien aus der Collection Susanne von Meiss Susanne von Meiss und René Groebli, © dibue Peter Knapp und René Groebli, © dibue »Allure ist etwas, das existiert. Es hält einen fest. Ob ein intensiver oder flüchtiger Blick auf der Straße oder ein Gesicht in der Menge – man wird festgehalten.« Diana Vreeland, Modejournalistin Zwischen all den schnellen Moden, Trends und Meinungen schimmert sie ruhig und zeitlos hervor. In kurzen Momenten nur taucht sie in einer flüchtigen Kombination aus Eleganz, Anmut und Bewegung auf. Haltung, Attitude oder Allure ist unfassbar, unbeschreib- Peter Knapp, © dibue Marianne Coks, © dibue lich und unerreichbar im ewigen Rauschen des Zeitgeistes. Und doch ist sie in den Fokus rückt, umso stärker ver- nehmen sich Fotografen immer wieder die Essenz, die tief aus dem Innersten flüchtigt sie sich. Will man sie fassen neu an – mit dem Ziel, das ephemere strahlt. Sie oszilliert zwischen Coolness und erklären, löst sie sich förmlich auf. Phänomen mal spontan, mal arrangiert und Natürlichkeit, fasziniert zwischen Wie lässt sich nun aber Allure in ihrem visuell zu bannen. Inszenierung und Authenzität. Je mehr fragilen, immateriallen Charakter fotosie selbst jedoch zum Thema wird und grafisch festhalten? Diesem Paradox c/o Berlin, 27. Mai 2016 Fotoszene Warschau Erleben Sie mit dem Fotografen und BrennpunktAutor Jens Pepper ein ganz besonderes Warschau. 2½-tägiger Workshop mit einem Einleitungsvortrag sowie mit Führungen durch Warschauer Galerien, Museen, Ateliers und interessanten Begegnungen mit Fotografen, Galeristen und Kuratoren. Termin: 7. - 9. September 2016 Preis: 149,00 € (bei eigener Anreise und Unterkunft) Informationen und Anmeldung: [email protected] (Maximal sieben Teilnehmer; Englischkenntnisse von Vorteil) Warschau, 2015 © Jens Pepper brennpunkt 3/2016 87 Fotoszene Kunst und Konzept Darmstädter Tage der Fotografie Die »Darmstädter Tage der Fotografie« gelten als eines der renommiertesten fotografischen Kunstevents in Deutschland. Ich habe mich auch schon gelegentlich - leider ohne Erfolg - daran beworben. Dieses Jahr wollte ich mir aber die Ausstellung erstmalig persönlich ansehen. Ein willkommener Anlass war ein damit zusammenhängendes Symposium des DVF zum Thema »konzeptionelle Fotografie«. Das Motto der Darmstädter Veranstaltung war dieses Jahr genauso kryptisch, wie spannend: »Projektion - Fotografische Behauptungen«. Nun, der Begriff »Behauptung« ist landläufig ja eher aus der Sprache oder Schrift bekannt. Wer etwas behauptet, sollte den Beweis der Wahrheit eigentlich nicht schuldig bleiben. In der analogen Fotografie mag man ja noch eine gewisse Wahrhaftigkeit von Bildern angenommen haben, obwohl wenn auch aufwändiger - oft »geschummelt« wurde. Man denke nur an die retuschierten Fotos der Stalinzeit, aus der unliebsame politische Gegner wie zum Beispiel Leo Trotzki entfernt und damit auch gesellschaftlich getilgt wurden. Es bedarf aber auch nicht unbedingt verwerflicher Motivation, um Fotografie eben nicht als Realitätsabbildung zu benutzen, sondern vielmehr als Medium subjektiver Kreativität zu verstehen. Schon in den 1920er Jahren hat Moholy Nagy die Forderung aufgestellt, dass Fotografie nicht nur reproduzieren, sondern auch das vermitteln sollte, was für das Auge nicht sichtbar ist. In diesem Zusammenhang sind auch die Arbeiten von Thomas Ruff zu erwähnen, der fotoempfindliches Material ohne Kamera mit digital gesteuerten Lichtfluss belichtete. Es gibt noch zahlreiche andere Beispiel kreativer Autoren, die mit allen zur Verfügung stehenden technischen Mitteln nicht die Objektivität, sondern die 88 brennpunkt 3/2016 © Ingelore Willing Subjektivität in ihren Bildern zum Ausdruck bringen wollen. Insofern ist in der digitalen Zeit, nach meiner Meinung, eine fotografische Behauptung nicht mehr möglich - weil es schlicht an der nötigen Wahrhaftigkeit fehlt! Umso mehr ist der individuelle-kreative Spielraum für die Autoren unendlich gewachsen. Jede Art künstlerischen Konzepts, kann ohne große Schwierigkeiten bildmässig umgesetzt werden. Genau das haben die »Darmstäter Tage der Fotografie« deutlich gemacht. Meine persönliche Schwierigkeit bestand allerdings darin, dass ich oft hervorragende intellektuelle Konzepte gesehen habe. Nur leider blieb die fotografische Umsetzung dahinter zurück. Tröstlich für mich, dass die Arbeit, die mich sowohl konzeptionell als auch bildmässig am meisten überzeugt hat, den »Merck Preis« gewonnen hat - also ganz oben auf dem Siegerpodest stand. Es handelt sich um die Arbeit »Messages from the Darkroom« von Alexander Gehring. In der Zahnheilkunde gibt es einen wichtigen Lehrsatz »form follows function« - ich will jetzt nicht behaupten, dass man - auf die Fotografie bezogen den Satz umdrehen sollte, eine gewisse Gleichwertigkeit von Konzept und bildmässiger Umsetzung wäre aber schon wünschenswert. © Ingelore Willing Genau das gleiche Phänomen habe ich übrigens als Juror bei dem Portfoliowettbewerb des DVF festgestellt. Es gab hervorragende, hochintellektuelle Texte zu den Bildstrecken. Nur leider konnten die Fotos diesen Anspruch nicht annähernd erfüllen. Vielleicht bin ich auch zu sehr »Old School« - aber mich begeistern eben in erster Linie gute Bilder... Manfred Kriegelstein Buchbesprechung Leidenschaft Aktfotografie Der Rote Faden Faszination Fotografie Einblicke in das intimste aller Genres Eigene Fotoprojekte konzipieren und verwirklichen Wie besondere Bilder entstehen Von Corwin von Kuhwede Meike Fischer 1x.com (Hrsg.), Johannes Leckebusch (Übersetzung) Verlag: Rheinwerk Verlag ISBN: 978-3-8362-3447-4 352 Seiten, 2016, gebunden, in Farbe, 29,90 Euro Verlag: dpunkt.verlag ISBN: 978-3-86490-205-5 232 Seiten, komplett in Farbe, Festeinband 34,90 Euro Verlag: dpunkt.verlag ISBN: 978-3-86490-282-6 244 Seiten, komplett in Farbe, Festeinband 34,90 Euro Schon wieder ein Aktbuch, könnte man denken. Wieso nicht - »sex sells«... Nein, mit diesem Ansatz würde man dem Werk nicht gerecht werden. Der Autor Corwin von Kuhwede verfolgt einen ganz anderen Ansatz als die meisten anderen Bücher zu diesem Thema. Es ist eben keine »Aktfotoschule«. Sie erfahren nichts über Kameratechnik oder Aufnahmedaten, sondern viel mehr über die entscheidende Interaktion zwischen Modell und Fotograf. Viele Bilder würde ich auch eher der szenischen Fotografie zurechnen - auf jeden Fall ist deutlich zu spüren, dass es dem Autor immer um den »Menschen hinter dem Körper« geht! Vielleicht ein kleiner Kritikpunkt - eine bessere Papier- und Druckqualität würde den Bildern sicherlich noch mehr gerecht werden... Manfred Kriegelstein Viele Fotografen - insbesondere Amateure - haben ja häufig das Problem einer fehlenden Konzeption in Ihrer fotografischen Arbeit. Oft präsentieren sie ein Sammelsurium von Einzelbildern, die durchaus gut sind aber keinerlei thematischen Zusammenhang aufweisen. Für diese Zielgruppe ist das neue Werk von Meike Fischer ein perfekter Ratgeber! Sie vermittelt sehr anschaulich anhand von zahlreichen Beispielen, wie man Fotoprojekte plant und umsetzt. Das reicht von der Art der Aufnahme über die digitale Nachbearbeitung bis hin zur Präsentation. Wenn man sich dieses Werk intensiv anschaut, wird wieder einmal klar, wie Bilder sich gegenseitig beeinflussen - und auch durchaus aufwerten können... Eine absolute Empfehlung für jeden, der Fotografie ernsthaft betreiben will! Manfred Kriegelstein Hier mal wieder ein Werk, welches der dpunkt-Verlag in Zusammenarbeit mit 1x.com herausgegeben hat. 1x.com ist die weltweit größte kuratierte fotografische Kunstgalerie im Internet - nach eigenen Angaben mit mehr als 150000 Besuchern täglich. Es handelt sich hier nicht nur um einen tollen Bildband dessen Niveau mit den Katalogen gehobener internationaler Wettbewerbe vergleichbar wäre - sondern gewissermaßen gleichzeitig um ein Fachbuch. Sie sehen tolle Bilder und zusätzlich das »making of« mit detaillierten Erklärungen zur Aufnahmesituation und digitaler Nachbearbeitung. Aus meiner Sicht eine absolute Empfehlung für jeden, der Spaß an guten Bildern hat und eventuell die eine oder andere Anregung mitnehmen will.. Manfred Kriegelstein brennpunkt 3/2016 89 Vorschau 4/2016 brennpunkt 4-2016 erscheint am 4. Oktober 2016 »Der Europäische Monat der Fotografie« 1. bis 31. Oktober 2016i Portfolio Dieter Titz »Mittendrin, aber nicht dabei« Geschätzt 5000 Menschen leben in Berlin auf der Straße, Tendenz steigend. Wir begegnen ihnen jeden Tag auf unseren Wegen durch die Stadt, denn sie leben mitten unter uns, aber nicht immer bemerken wir sie. Dieter Titz begleitet einige von ihnen seit Monaten mit der Kamera, fotografiert sie und schreibt über ihre Leben und ihre Schicksale, die so unterschiedlich sind wie die Menschen selbst. © Dieter Titz QR-Code Sehr geehrte Leserinnen und Leser, die Redaktion ist stolz darauf Ihnen eine europaweite Innovation im brennpunkt vorstellen zu können. Kein neues Kameramodell, keine Bildbearbeitungssoftware, sondern einen QR-Code. Nun gut, die Entwicklung ist schon über zwanzig Jahre alt. Die Anwendung, die wir Ihnen bieten ist aber brandneu und einzigartig. Ab dieser Ausgabe leitet Sie ein entsprechender QR-Code zu den Homepages der Galerien bzw. Ausstellungen weiter, die im Magazin beschrieben sind. Sollten Sie einen QR-Code vermissen, dann fehlen uns die Zustimmung der Galerien. 90 brennpunkt 3/2016 Galerien im Überblick Darüber hinaus bieten wir Ihnen noch einen zusätzlichen Service an. Ein weiterer QR-Code befindet sich am Ende des brennpunkt. Genaugenommen auf der Seite der Vorankündigungen für die nächste Ausgabe des brennpunkts. Dieser QR-Code führt Sie zu den tagesaktuellen Ausstellungen in Berlin. Der brennpunkt kann als Printexemplar keine nach Redaktionsschluss eingegangenen Veranstaltungen berücksichtigen. Daher haben wir für Sie eine Onlineredaktion eingerichtet. Diese aktualisiert laufend aktuelle Events zur Fotoszene in Berlin. Diese können Sie über diesen QR-Code abrufen. Wir würden uns freuen, ein Feedback für diesen Service von Ihnen zu erhalten. [email protected] oder auf Facebook (Freundeskreis brennpunkt). Vorschau 4/2016 brennpunkt 3/2016 91 Vorschau 4/2016 Papiere, Folien und Ideen ������������������������ ��������������������������������� ���������������������������� ������������������������� “the experts of photo & fine art” St a rke M a rke n f ü r s t a rke D ru c ke rg e b n i s s e : �������������|���� ������ ������� ������ ���� ������� Die MediaJet® PhotographersLine wurde speziell für die �������������� ��� �������������� �������� ������������ ����� ������������������������������������������������������������� ������� ���� ������������� ������������������ �� ������ ���� �������� ����������� ������ �������������� ��� ��������������� ��������������������������������������������������������� Papiere, Folien und Ideen �������������|���� � � � � � � | � � � � ������� ������ ���� ������������� ��������� ����� ����������� ������ ������� ����� ������� �� ���� ��������®� ����������� �������� ����� ������ �������� ��� �������� ���� ��������������� ����������� ���� ������ ���������� ���� ����� ����������� ���� ���������������� Medien der MediaJet®� ����������� ��������� �������� ������� ���� ��� ��������� ���� �������������� ���� ������� ������������������������������������������������������������ �������� ������ ���� ����������� ��� den Papieren erhalten Sie auf � � �� � � � � � � � � � � � ������|���� Ve r t r i e b d u rc h R . R a u c h G m bH Gutenbergstraße 3 | D-78549 Spaichingen Tel +49(0)7424-94850 | Fax +49(0)7424-501413 www.rauch-papiere.de | [email protected] Kreativität sichtbar machen! 92 brennpunkt 3/2016