IHR GUTES RECHT

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IHR GUTES RECHT
Prozesskostenhilfe
Durch Prozesskostenhilfe übernimmt der
Staat unter bestimmten Voraussetzungen
die eventuell entstehenden Gerichtskosten und die Kosten für den Anwalt
des Antragsstellers. Diese Hilfe ist also
für Personen gedacht, die sich einen
Rechtsstreit nicht leisten können, weil sie
zu wenig Geld verdienen oder Sozialleistungen erhalten. Prozesskostenhilfe kann
jeder beantragen, der eine entsprechende
Bedürftigkeit bei dem für ihn zuständigem
Amtsgericht nachweist. In dem Antrag
muss der Streitfall unter Bezugnahme auf
anwaltliche Schreiben klar wiedergegeben
werden. Ferner müssen sich daraus die
Aussichten auf Erfolg klar und schlüssig
ergeben. Zudem sind dem Antrag die entsprechenden Beweise beizufügen, damit
sich das Gericht ein genaues Bild von dem
Fall machen kann. Auch müssen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
des Antragsstellers offengelegt werden, die
zum Nachweis der Bedürftigkeit und zur
Festlegung der Ratenzahlung des Antragstellers herangezogen werden. Wem nach
Abzug von Steuern, angemessenen Mietund Heizkosten, Versicherungsbeiträgen,
einem Freibetrag für Erwerbstätige etc.
und unter Berücksichtigung von Unterhaltsverpflichtungen nicht mehr als ein bestimmter monatlicher Betrag zum Leben
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bleibt, dem kann Prozesskostenhilfe gewährt werden. Über die aktuelle Höhe der
jährlich angepassten Freibeträge informiert
die Seite des Bundesministeriums für
Justiz in einer Broschüre (www.bmj.de),
ebenso über die Höhe der Raten, zu denen die Prozesskostenhilfe zurückgezahlt
werden muss. Die wird mittels Staffelung,
die die Höhe der maximal 48 monatlichen
Rückzahlungsraten festlegt berechnet. Befindet sich das einzusetzende Einkommen
unterhalb von 15 Euro, wird die Hilfe als
Zuschuss gewährt und muss nicht zurückgezahlt werden. Wichtig: Die Prozesskostenhilfe umfasst nur die Gerichtskosten
und die eigenen Anwaltsgebühren. Sollte
man den Prozess verlieren, dann muss
man die Anwaltsgebühren des Gegners
auch dann bezahlen, wenn einem selbst
Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.
Das Prozessrisiko bleibt also bestehen, mit
Ausnahme von Arbeitsrechtsprozessen
in erster Instanz. Dann trägt jede Partei
ihre gerichtlichen und außergerichtlichen
Anwaltskosten selbst, auch wenn man
den Prozess verloren hat. So will der Gesetzgeber verhindern, dass ein wirtschaftlich schwächerer Arbeitnehmer von der
Durchsetzung seiner Ansprüche aufgrund
des Kostenrisikos absieht.
Zeugnis verschwunden
Verliert ein ehemaliger Arbeitnehmer sein
Arbeitszeugnis, muss der Arbeitgeber ihm
ein neues überlassen. Das gilt jedenfalls
dann, wenn es dem Arbeitgeber möglich
und zumutbar ist, entschied das Hessische
Landesarbeitsgericht. In dem Fall hatte ein
Schlosser von seinem ehemaligen Arbeitgeber 2009 ein Zeugnis erhalten. 2010 bat
er um eine Neuausfertigung, da sein Zeugnis nicht mehr auffindbar sei. Der Firmeninhaber weigerte sich. Das Gericht entschied
jedoch, dass der ehemalige Arbeitgeber
verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer ein neues Zeugnis auszustellen. Das ergebe sich
aus einer Nebenpflicht des Arbeitsvertrages. Es komme nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer für den Verlust oder die Beschädigung des Originalzeugnisses verant-
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wortlich sei. Entscheidend sei vielmehr, ob
dem bisherigen Arbeitgeber die Ersatzausstellung zugemutet werden könne. In der
Regel sei für den Arbeitgeber eine Ersatzausstellung jedoch nur mit geringem Aufwand verbunden. Allerdings müsse dann
der Arbeitnehmer das Zeugnis beim Arbeitgeber abholen.
(Hessisches Landesarbeitsgericht, Az. 16 A
1195/10)
Steuerrückzahlung angerechnet
Hartz-IV-Empfänger, denen das Finanzamt
zu viel gezahlte Einkommensteuer erstattet, müssen sich dieses Geld nach einer
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf ihre monatlichen Bezüge anrechnen lassen. Die Richter begründeten
ihr Urteil damit, dass das Eigentumsrecht
der Betroffenen dadurch nicht verletzt
würde. Angerufen hatte das Bundesverfassungsgericht eine Frau, die im Jahr 2009
vom Finanzamt einen größeren Einkommensteuerbetrag für zurückliegende Jahre
zurückbekommen hatte. Als ihr infolgedessen für den laufenden Monat kein Arbeitslosengeld II ausgezahlt wurde, sie sogar rund 430 Euro an Hartz-IV-Leistungen
zurückzahlen sollte, zog sie vor Gericht. In
einem ersten Verfahren wies das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg die Klage
ab, weil es sich bei Rückzahlungen von
Einkommensteuer nicht um Vermögen,
sondern um Einkommen handele. Dieses
sei auf das Arbeitslosengeld anrechenbar.
Dagegen erhob die Frau Verfassungsbeschwerde. Nach der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts ist jedoch die
Rechtsprechung der Sozialgerichte verfassungsgemäß. Steuererstattungen seien
zwar vom Eigentumsrecht geschützt.
Durch die Anrechnung werde aber nicht
der Steuererstattungsanspruch vermindert. Vielmehr führe die Rückzahlung lediglich zu einer Verringerung des steuerfinanzierten Sozialhilfeanspruchs. Und der
sei als „fürsorgerische Sozialleistung“ nicht
vom Grundrecht auf Eigentum geschützt.
(Bundesverfassungsgericht, Az. 1 BvR
2007/11)
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