Wege zum Fernsehen - Geisteswirtschaft

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Wege zum Fernsehen - Geisteswirtschaft
Tipps, Berichte und zahlreiche Stellenangebote für Geistes- und
Sozialwissenschaftler/innen – jede Woche aktuell.
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„ARD Hauptstadtstudio“ © Peter von Bechen/pixelio.de
als Redakteure hinter oder als Moderatoren vor der Kamera stehen und um die es
in diesem Artikel vor allem gehen soll.
 MEDIENBERUFE
Wege
zum Fernsehen
Das Fernsehen bietet viele spannende Tätigkeitsfelder
für Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen, zum Beispiel als Redakteur/in oder Moderator/in. Doch wie gelingt der Einstieg? | Janna Lena Degener
W
ährend die eine vielleicht hofft,
irgendwann ihr eigenes Drehbuch zu schreiben, wünscht
sich der andere, in Live-Sendungen
über Weltnachrichten zu berichten. Und
während die eine unbedingt einmal
wie Caren Miosga die ARD-Tagesthemen moderieren möchte, sieht sich die
andere als Arabella Kiesbauer in einer
ProSieben-Talkshow... Später einmal
beim Fernsehen arbeiten zu können,
das ist für viele ein großer Traum. Doch
wohin soll die Reise gehen? „Kaum eine
Branche bringt eine solche Vielzahl unterschiedlicher Berufsbilder hervor wie die
Medien“, heißt es auf der Website des
arbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN
KoordinationsCentrum für Ausbildung in
den Medienberufen (AIM), dessen Mitarbeiter sich mehr oder weniger nur darum
kümmern, hier den Überblick zu bewahren. Denn die Bandbreite an Berufs- und
Tätigkeitsprofilen beim Fernsehen ist
unüberschaubar groß und die Berufsbilder wandeln sich ständig. Gerade auch
Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen
sind laut AIM-Mitarbeiterin Anne Schulz
in vielen Bereichen gefragt: Von Programmplanung,
Zuschauerforschung
und Marketing über die Stoffentwicklung
im Spielfilmbereich bis hin zur Archivarbeit und Medienpädagogik. Ganz zu
schweigen von den TV-Journalisten, die
1
Arbeitsalltag als TV-Journalist
„Mein Arbeitstag beginnt um neun Uhr mit
der Redaktionskonferenz, bei der die Themen für die Sendung ‚Drehscheibe Dresden‘ besprochen werden, die am späten
Nachmittag gesendet wird. Danach geht
es raus zum Dreh“, erzählt die angehende
Fernsehjournalistin Luisa Graf auf abi.de.
Manchmal besuche sie um diese Zeit
auch schon eine Pressekonferenz oder sei
für Recherchen unterwegs. Luisa Graf ist
Studentin des dualen Bachelor-Studiengangs Fernseh-Journalismus, den die
Hochschule für Technik, Wirtschaft und
Kultur (HTWK) in Leipzig gemeinsam mit
der Fernseh Akademie Mitteldeutschland
(FAM) anbietet. Das vierte Semester verbringt sie als Praxissemester beim Regionalsender „Dresden Fernsehen“. Luisa hat
die Erfahrung gemacht, dass der Arbeitstag häufig nicht wie geplant um 18.30 Uhr
endet und auch die regelmäßige Arbeit
am Wochenende zum Job gehört. Auch
andere, erfahrenere Berufsjournalisten
betonen gerne, dass der Arbeitsalltag
beim Fernsehen häufig weniger aufregend
abläuft als viele es sich vorstellen: „Was tut
ein Nachrichten-Redakteur also den lieben langen Tag? Kurz gefasst: Er liest, recherchiert, wählt Themen aus, schreibt
Texte, sichtet Bildmaterial, schneidet und
vertont Beiträge. Im Gegensatz zum Bild
des ‚rasenden Reporters‘ à la Kisch eine
vor allem sitzende Tätigkeit“, schreibt Peter Kloeppel, Anchorman von RTL Aktuell
und Chefredakteur von RTL im Buch „Faszination TV-Journalismus“. Und: „Die Arbeit in einer Redaktion macht meistens
Spaß, doch auch hier läuft man immer
wieder mal Gefahr, sich von der Routine
einlullen zu lassen“.
Wenig glamourös
Im selbem Buch versucht auch die Journalistin und Unternehmensberaterin Ka-
hrsg. vom Wissenschaftladen Bonn e.V., Buschstr. 85, 53113 Bonn
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trin Müller-Walde, gängige Vorurteile zu
widerlegen: „Der Beruf des Fernsehjournalisten erscheint Außenstehen oft als
glamourös, aufregend, als Beruf, bei dem
man wenig tun muss, viel Geld verdient
und berühmt wird. Das kann passieren.
Meist ist es aber nicht so. Im Gegenteil.
Gefragt sind Wissen, starke Nerven und
Ausdauer. Vor allem aber darf man nicht
empfindlich sein. Der Ton in der Branche
ist rauer als man annimmt. Genau genommen ist TV häufig schlecht bezahlte
Fließbandproduktion in Besenkammern
– Elektrosmog und missgelauntes, weil
gehetztes Personal inklusive. Dessen
muss man sich bewusst sein.“
Ein diffuses Interesse an dem Medium
reicht also offenbar nicht aus, um in der
Fernsehbranche Fuß zu fassen und sich
wohl zu fühlen. Wer aber – wie es der
Chefredakteur des ZDF, Nikolaus Brender,
formuliert – „mitfiebert im Fluss nach
Nachrichten, wer Spaß hat, mit Bildern
Geschichten zu erzählen, wer offen und
neugierig ist“, wer hartnäckig und stressresistent ist, ein breites Allgemeinwissen
hat, gut schreiben und zielorientiert arbeiten kann, für den kann der Beruf des
TV-Redakteurs tatsächlich ein Traumjob
sein und bleiben.
on“). Und auch heute noch konstatieren
die Fernsehjournalisten Massaguié und
Resch: „Für den größten Teil der Menschheit (nämlich die, die kein Fernsehen machen, sondern nur Fernsehen gucken),
arbeitet im Fernsehen nur einer, nämlich
der Moderator“. Laut der Journalistin Silke
Fritschke, die selbst erfolgreiche TV-Moderatoren trainiert, ist „Moderieren (...) heute
weit mehr als das pure Einleiten, Verbinden und Führen durch das Sendeformat.
Der Moderator ist zu einem integrierten
Sendeelement geworden, er trägt die Sendung und ist oft inhaltlich aktiv in die thematische Gestaltung involviert.“ Dazu gehören für Fritschke das „redaktionell-inhaltliche Mitwirken an der thematischen
Erschließung der Sendeinhalte, Recherchearbeiten und Informationsbeschaffung, Übersetzung schwieriger – oft politischer – Inhalte in verständliche Sprechtexte, das aktive Verbinden von Beiträgen zu
einem inhaltslogischen Sendeformat bis
hin zu Präsentationsaufgaben für das jeweilige Sendeformat in der Öffentlichkeitsarbeit.“ Kein Wunder also, dass eine
fundierte journalistische Ausbildung für
TV-Moderatoren – wie auch für TV- Redak-
teure – unerlässlich ist. Doch wie sollte
diese Ausbildung eigentlich aussehen?
Wege zum Beruf
Eine einheitliche Ausbildung für TV-Journalisten gibt es nicht. Doch es gibt zahlreiche Empfehlungen von Experten aus
der Praxis. Viele davon haben Vivan Massaguié und Markus Resch in ihrem Buch
„TV-Journalismus. Tipps und Tricks von
prominenten Fernsehmachern für den
Berufseinstieg“ zusammengetragen: Bei
den privaten Sendern kann man demnach nach dem Abitur ohne Studium einen Einstieg in den TV-Journalismus finden: „Ein Studienabschluss ist weder
eine Hilfe noch ein Hindernis“, wird ein
RTL-Mitarbeiter zitiert. Aber ohne Volontariat gehe dort auch nichts. Der Privatsender rekrutiere seinen Nachwuchs
ausschließlich von der eigenen Journalistenschule. Abgesehen von diesem Beispiel scheint ein abgeschlossenes Studium im Großen und Ganzen jedoch als
wichtige Grundvoraussetzung für den
Berufseinstieg in den TV-Journalismus zu
gelten. Von einem Studium der Publizistik
WEGWEISER IM MEDIENDSCHUNGEL
Als Moderator vor der Kamera
Das
Noch begehrter als der Redakteurjob
scheint der Moderatorenjob in Nachrichten- und Magazinsendungen oder auch
Unterhaltungs- und Talkshows zu sein:
Schon 1983 stellte der Kommunikationswissenschaftler Heinz-Dieter Fischer fest:
„Unter den zahlreichen KommunikatorRollen, die hierzulande im Journalismus
existieren, tritt eine ganz besonders augenfällig hervor, nämlich die des Fernsehmoderators. Personen dieser JournalistenSpezies sind dem Publikum in der Regel
bekannter als hoch- oder gar höchstrangige Vertreter der öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik
Deutschland, einschließlich der Intendanten, Chefredakteure und Programmdirektoren“ (Vgl. Silke Fritzsche: „TV-Moderatiarbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN
KoordinationsCentrum
spielsweise Informations- und
den
Orientierungsveranstaltungen,
in
eine individuelle Laufbahnbe-
Köln unterstützt die Mitar-
ratung und eine persönliche
beiter und auch die Me-
Orientierungsberatung
dienunternehmen
dabei,
Schüler und Studenten an,
die immer wieder neuen
die in die Medienbranche
für
Ausbildung
Medienberufen
in
(AIM)
Anforderungen der unüber-
für
einsteigen wollen. Mit dem
sichtlichen und sich ständig wandeln-
Medien-Informations-Archiv
den Medienbranche zu bewältigen:
stellen sie Medienschaffenden und
Die Mitarbeiter des AIM bündeln
Nachwuchskräften zudem einen In-
Informationen über Berufsfelder und
formations- und Beratungsdienst mit
Zugangswege, agieren als Ansprech-
Informationen zu einzelnen Berufsbil-
partner für den Hochschulbereich,
dern in der Medienbranche, Zugangs-
definieren Anforderungsprofile, un-
voraussetzungen und Ausbildungsan-
tersuchen Qualifikationsdefizite in der
geboten zur Verfügung. Mehr Infor-
Medienwirtschaft und unterstützen
mationen zum KoordinationsCentrum
Medienunternehmen bei der Perso-
für Ausbildung in den Medienberufen
nalentwicklung. So bieten sie bei-
gibt‘s unter www.aim-mia.de.
2
(MIA)
hrsg. vom Wissenschaftladen Bonn e.V., Buschstr. 85, 53113 Bonn
[email protected], Tel. 0228/20161-15
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Gefragter Job mit viel Öffentlichkeit - der TV-Moderator
oder der Film- und Fernsehwissenschaften raten viele Leute aus der journalistischen Praxis dagegen ab: „Da gibt es viel
Theorie, aber keine Praxis. Letztlich
kommt es darauf an, wie gut einer recherchiert und schreibt und nicht darauf, wie
gut das theoretische Wissen ist“, meint
der WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn. Laut Anne Schulz von AIM eignen
sich solche Studienabschlüsse dagegen
eher für andere Fernsehberufe: Medienund Kommunikationswissenschaftler seien neben BWLern interessant für das
Marketing, wo es um die Vermarktung
des Senders selbst geht. Die Film- und
Fernsehhochschulen qualifizieren laut
Schulz nicht in erster Linie für den Journalismus, sondern bieten Studiengänge
wie Regie, Schnitt, Schauspiel, etc.
Fachstudium ist gefragt
Wer dagegen TV-Journalist werden
möchte, sollte eher ein Fachstudium
ohne direkte Verbindung zum Journalistenberuf oder Fernsehen wählen. Das rät
auch Nikolaus Brender: „Empfehlenswert
ist ein abgeschlossenes Studium in einem der gängigen Fächer, von der Betriebswirtschaft bis zur Medizin. Allrounder mit breitem Allgemeinwissen haben
gute Chancen, einen Einstieg zu finden.
Mehr denn je werden in der heutigen Zeit
Spezialisten gesucht: Gute Wissenschaftsredakteure oder Kollegen mit exotischen Sprachkenntnissen, wie zum Beispiel Chinesisch. Der Rest ist Praxis, Praxis, Praxis.“ Am häufigsten sind in den
Redaktionen laut Peter Kloeppel „studierarbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN
Daniel Hajduk/pixelio.de
te Germanisten, Politologen, Historiker,
Juristen, Betriebs- und Volkswirte“ vertreten. Je ausgefallener das Studium, desto
besser seien manchmal die Einstellungschancen: Große Tageszeitungen,
aber auch Fernseh-Redaktionen suchen
laut Kloeppel schon mal gerne nach
Theologen, Biologen oder Sinologen –
denn Absolventen solcher Studiengänge
könnten das Spektrum und die Tiefe der
Berichterstattung immer bereichern.
Journalistik studieren?
Katrin Müller-Wade empfiehlt: „Studieren
Sie, was ihren Talenten am meisten entgegenkommt, und nicht notwendigerweise Journalistik. Studieren Sie, wofür
Sie brennen, worauf Sie wirklich neugierig sind. ... Gerne warne ich vor Publizistik
oder Journalistik, wenn der Studiengang
nicht unerhört praxisorientiert ist.“ Einen
guten Ruf haben sich in dieser Hinsicht
laut Manuel J. Hartung, Chefredakteur
des Studentenmagazins Zeit Campus,
die Journalismus-Studiengänge an den
Universitäten Dortmund, Eichstätt und
auch Leipzig erarbeitet (vgl. www.studisonline.de, Stichwort „Medien- und Journalismus-Studiengänge“), an denen
hohe NCs allerdings offenbar die Regel
sind. Auch Luisa Graf hat in Leipzig gute
Erfahrungen mit dem praxisorientierten
Fernsehjournalismus-Studium gemacht:
„Die Praxiserfahrungen der Studierenden“, heißt es auf abi.de, „beschränken
sich nicht nur auf den Betrieb, wo etwa
40 Prozent der Ausbildungszeit verbracht
wird. Beide Studienorte in Leipzig verfü-
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gen über die notwendige technische
Ausstattung, um Sendungen zu produzieren. Dazu gehören zum Beispiel Studios,
an denen die Film- und Tonaufnahmen
an Computerschnittplätzen bearbeitet
werden. (...) Sehr theoretisch sei in Luisa
Grafs Studium eigentlich nur das erste
Semester gewesen. Zu Beginn des Studiums gehörten Grundlagen wie das
Schreiben von Texten und die Unterschiede journalistischer Darstellungsformen wie etwa Nachrichten oder Porträts
dazu. Zudem lernten die Studierenden
bereits die Kameraarbeit intensiv kennen.“
Praktika, Hospitanzen,
Volontariate
Luisa Graf hat sich schon früh für den
Journalismus interessiert, als Schülerin
beim Offenen Kanal in Gera mitgearbeitet, Praktika bei zwei privaten Radiosendern in Leipzig sowie in der jungen Redaktion der „Sächsischen Zeitung“ gemacht und nach dem Abitur ein einjähriges Volontariat bei „Dresden Fernsehen“
absolviert. Damit hatte sie zu Studienbeginn schon wichtige Stationen durchlaufen, die andere erst während oder nach
dem Studium erwarten: Praktika, Hospitanzen, Volontariate... „Die Begrifflichkeiten unterscheiden sich von Sender zu
Sender. Meist ist ein Praktikum der erste
Schritt in eine Redaktion zum Kennenlernen der Abläufe. Ein Hospitant darf meist
schon stärker inhaltlich in der Redaktion
mitarbeiten. Und ein Volontär kann sich
am Ende seiner Lehrzeit Redakteur nennen“, erklären Massaguié und Resch.
„Wie auch immer der Fernsehnachwuchs
genannt wird: Sie alle sind neu und wollen wissen, wie Fernsehen funktioniert.“
Ein möglichst früher Einstieg ist laut Massaguié und Resch empfehlenswert:
„Denn Tausende bewerben sich pro Jahr
um die wenigen Hospitanzstellen, die es
in den Redaktionen gibt. Meist setzen die
Sender für die Hospitanz ein abgeschlossenes Grundstudium voraus. Doch man
sollte sich nicht erst dann bewerben,
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wenn alle Scheine des Grundstudiums
beisammen sind. Denn nicht selten müssen Kandidaten bis zu zwei Jahre auf eine
Zusage warten. Es ist sinnvoll, sich bereits
während des Grundstudiums zu bewerben und einen Termin anzugeben, zu
dem man mit abgeschlossenem Grundstudium zur Verfügung steht.“
Wenn man dann wie Luisa Graf vor
oder aber auch nach dem Studium einen
Volontariatsplatz bei einer Fernsehanstalt
ergattert, hat man häufig schon einen
wichtigen Schritt in seiner journalistischen Laufbahn gemacht. Dennoch sollte man sich – etwa mithilfe der „Checkliste Volontariat“ vom Deutschen Journalistenverband auf www.djv.de – vor Antritt
des Volontariats genau über die Ausbildungsbedingungen informieren, denn es
gibt hier große Qualitätsunterschiede. Bei
den meisten öffentlich-rechtlichen Sendern, bei denen nur alle zwei Jahre neue
Jahrgänge aufgenommen werden und
die Zahl der Ausbildungsplätze gemessen an der Nachfrage gering ist, ist der
Zugang laut Harald Keller nicht immer
einfach: „Der Hessische Rundfunk beispielsweise beschäftigt drei Volontäre,
der Saarländische Rundfunk acht, der
Bayerische Rundfunk zwölf.“ (Bericht
„Wege ins Fernsehen“ von Harald Keller
auf http://rtl-journalistenschule.de). „In
der Tat hangeln sich immer mehr Journalismusinteressierte (oft unbezahlt) von
Hospitanz zu Hospitanz, um einen Einstieg in die Branche zu finden“, stimmt
auch die Journalistin und Unternehmensberaterin Katrin Müller-Wade zu. Das sei
gewissermaßen der zweitbeste Weg,
wenn Ihre Versuche, ein Volontariat zu
absolvieren oder eine Stelle als Berufsanfänger zu finden, fehlgeschlagen sind.
Journalistenschulen und
Akademien
Eine Alternative sind die journalistischen
Aufbaustudiengänge oder der Einstieg
über Journalistenschulen und Akademien, deren Angebote sich aber hinsichtlich
der Voraussetzungen, Kosten oder Verarbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN
dienstmöglichkeiten und Ausbildungsinhalte laut Harald Keller teils erheblich
unterscheiden: „Aspiranten, die besondere Ansprüche und Wünsche erfüllt sehen wollen, kommen nicht umhin, sich
bei der Suche nach dem geeigneten Institut schon mal in der journalistischen
Tugend des Recherchieren zu üben.“ Einen ersten Überblick verschafft Kellers
Zusammenstellung „Wege ins Fernsehen“, die auf http://rtl-journalistenschule.de zum kostenlosen Download
zur Verfügung steht.
Unabhängig davon, welchen Karriereweg angehende TV-Journalisten wählen
- wichtig ist laut allen Experten, schon
möglichst früh Praxiserfahrungen zu sammeln. Massaguié und Resch empfehlen,
sich schon zu Beginn des Studiums um
einen Job in einem Sender zu bewerben
– „sei es als Kabelträger oder Telefonist.
Hauptsache, man ist drin.“ Wenn man
den Sender von innen kenne, um Abläufe und wichtige Personen wisse, könne
man leichter Kontakte knüpfen - die dann
wiederum bei der Bewerbung um einen
Hospitanz- oder Volontariatsplatz weiterhelfen können. Auch wer Moderator
werden möchte, sollte sich laut Massaguié und Resch „zunächst als Journalist
etablieren und dann versuchen, über die
internen Ausbildungswege der Sender
eine entsprechende Fortbildung zu machen“. Eine Möglichkeit dazu bietet beispielsweise das Institut für Moderation an
der Hochschule der Medien in Stuttgart
(www.hdm-stuttgart.de/weiterbildung/
imo/).
Arbeitsmarktchancen
„In der Tat, der Arbeitsmarkt sieht trübe
aus“, wird ZDF-Chefredakteur Nikolaus
Brender von Massaguié und Resch zitiert.
Und auch Ralf Beckmann, Arbeitsmarktexperte der Bundesagentur für Arbeit,
konstatiert auf abi.de: „Tätigkeiten beim
Fernsehen, egal ob kreativ, journalistisch
oder technisch sind für viele ein Traumberuf. Dementsprechend groß ist die
Konkurrenz“. Anne Schulz von AIM dage-
4
gen findet, dass man aufgrund der großen Bandbreite an verschiedenen Sendern und Tätigkeitsbereichen im Fernsehen keine pauschalen Antworten zu den
Arbeitsmarktchancen geben kann. Dazu
kommt laut Schulz, dass sich der Bedarf
bei den Sendern immer wieder ändere
und die Einstellungschancen gerade bei
Absolventen von geistes- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen von vielerlei Faktoren beeinflusst werden. Weil
die Sender nach wie vor jedes Jahr steigende Umsätze und eine höhere Fernsehnutzung verzeichnen, sieht sie die
Zukunft optimistisch: „Die Werbekrise hat
die Budgets der Sender zum Teil stark
beeinflusst, aber dennoch ist das Fernsehen nach wie vor ein Leitmedium.“ Und
auch Nikolaus Brender gibt zu: Seinen
Traumjob sollte man niemandem ausreden.
 INTERVIEW
mit Anne Schulz vom KoordinationsCentrum für Ausbildung in den Medienberufen (AIM) in Köln
arbeitsmarkt: Welche Arbeitsfelder
gibt es für Geistes- und Sozialwissenschaftler beim Fernsehen, abgesehen
von der Redaktion und Moderation?
Anne Schulz: Die Situation des Personalbedarfs unterscheidet sich stark je
nach Profil des jeweiligen Fernsehsenders. Wir haben einerseits die großen öffentlich-rechtlichen Flaggschiffe und andererseits eine breite Palette an privaten
Sendern – angefangen bei denen, die
sich vom Programmschema an den öffentlich-rechtlichen orientieren über die-
INTERVIEWPARTNER
Anne
Schulz
vom KoordinationsCentrum
für Ausbildung
in den Medienberufen (AIM)
in Köln.
hrsg. vom Wissenschaftladen Bonn e.V., Buschstr. 85, 53113 Bonn
[email protected], Tel. 0228/20161-15
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jenigen mit einem sehr werbeorientierten
Programmangebot bis hin zu Sendern,
die reines Verkaufsfernsehen machen.
Bei den Sendern, die ein relativ großes
redaktionell verantwortetes Programm
haben, die Nachrichten machen, Dokumentationen senden, Magazinbeiträge
machen, Sportberichterstattung machen
usw. und nicht nur Hollywoodfilme „recyceln“, haben wir, abgesehen von der Redaktion und Moderation, einen hohen
Anteil an Positionen in der strategischen
Planung, also Programmplanung und Zuschauerforschung. Dazu kommt der Bereich Archiv, in dem es um das Abspeichern und Zur-Verfügung-Stellen von Informationen geht. Dieser Bereich ist insbesondere für Absolventen der Bibliotheks- und Informationswissenschaften
interessant. Im Bereich der Programmplanung geht es dann bis hinein ins Marketing, also in die Vermarktung des Senders oder einzelner Sendeprofile. Hier
kommen vor allem BWLer, aber auch
Medien- und Kommunikationswissenschaftler zum Zug. Und dann geht es gerade bei den öffentlich-rechtlichen und
den größeren privaten Sendern auch um
die Frage der Medienpädagogik: Wie wird
mit Sendungen umgegangen, die sich an
Kinder und Jugendliche richten? Was ist,
wenn Programmbeschwerden kommen?
Das ist aber meist ein kleiner Bereich.
Jenseits der tagesaktuellen Berichterstattung, etwa im Spielfilmbereich, gibt es
auch im Bereich Stoffentwicklung Arbeitsfelder. Die Drehbücher werden von
Freiberuflern geschrieben, aber der Prozess wird von Mitarbeitern aus dem Sender begleitet. Dazu kommen die Absolventen von Studiengängen, die in die direkte Fernsehproduktion führen wie Regie, Schauspiel etcetera.
Welche Empfehlungen haben Sie für
Geistes- und Sozialwissenschaftler,
die einen Einstieg in die Fernsehbranche finden wollen?
Wenn es im Studium noch keinen
Schwerpunkt auf den Medienbereich
gibt, sollte man idealerweise während
arbeitsmarkt BILDUNG | KULTUR | SOZIALWESEN
des Studiums, in der Abschlussarbeit
oder bei studienbegleitenden Jobs schon
entsprechende Schwerpunkte legen.
Wenn jemand zum Beispiel Geschichte
studiert und sich für einen Einstieg in
dem Bereich Dokumentarfilm interessiert, wäre es gut, nicht nur Geschichtskompetenzen zu erwerben, sondern sich
auch damit zu beschäftigen, wie Geschichte medial verarbeitet wird: Was gibt
es für eine Tradition der filmischen Umsetzung? Wie entwickeln sich die Formate hier in der Bundesrepublik? Wie machen das andere Sender? Es gelingt
leichter, die Brücke zwischen dem eigenen Fach und der Fernsehbranche zu
schlagen, wenn man beispielsweise als
studentische Aushilfe selbst schon einmal im Sender gearbeitet hat. Außerdem
kann man so besser einschätzen, ob einem das Feld Spaß macht und welcher
Bereich einem selbst am besten liegt.
Wenn man im öffentlich-rechtlichen Bereich arbeiten möchte, sollte man da
auch früh Berufserfahrung sammeln. Außerdem sollte man sich allein aus berufsstrategischen Gründen mehrmedial ausrichten: Die meisten Sender sind keine
reinen Fernsehsender, sondern haben
zumindest einen großen online-Bereich
und oft auch Radio. In den Redaktionen
bespielen die Freien – und viele sind am
Ende des Studiums zumindest eine Zeitlang als Freie unterwegs – so gut wie immer mehrere mediale Plattformen.
Wie schätzen Sie den Arbeitsmarkt in
der Fernsehbranche für Geistes- und
Sozialwissenschaftler ein?
Die Bandbreite an Sendern und Tätigkeitsbereichen im Fernsehen ist so groß,
dass man auf diese Frage keine pauschalen Antworten geben kann. Es kommt
auch immer darauf an, was ich gemacht
habe, was momentan der Bedarf auf
dem Arbeitsmarkt ist und wie gut ich
meine Kompetenzen den potentiellen
Arbeits- oder Auftraggebern vermitteln
kann. Ganz aktuell gibt es aufgrund des
arabischen Frühlings in den Medien beispielsweise eine starke Nachfrage an
5
Leuten, die arabisch sprechen und sich
in der Region auskennen. Genauso ist
das vorher bei der EU-Osterweiterung
gewesen, als plötzlich völlig neue Themen auf den Tisch kamen. Und auch
Fragen der Wissenschaftsberichterstattung sind gerade ein Mega-Trend. Diese
Dinge entwickeln sich teils ad hoc und
teils langfristig, so dass man keine generellen Aussagen treffen kann. Es ist aber
zu empfehlen, dass Geistes- und Sozialwissenschaftler sich die Medien unter
Arbeitsmarktgesichtspunkten auch einmal nüchtern ansehen: Die Verkaufssender, aber auch der Bereich der interaktiven Spiele sind unter Arbeitsmarktgesichtspunkten sehr interessant. Manche
finden es auch inhaltlich spannend, andere wenden sich mit Grausen ab. Aber
in diesen Bereichen steigen die Umsätze
besonders.
INFO
Quellen, Literatur und Links:
„Fernsehjournalismus. An Mikro und
Schneidepult“ auf www.abi.de
„Jobs bei Film und Fernsehen“ auf
www.fluter.de
„Wege ins Fernsehen“ auf
http://rtl-journalistenschule.de
AIM – das KoordinationsCentrum für
Ausbildung in Medienberufen http://
www.aim-mia.de
Cornelia Schmidt-Matthiesen, Bastian Clevé: Produktionsmanagement
für Film und Fernsehen. UVK Verlagsgesellschaft mbH, 2010.
Deutscher Journalistenverband http://
www.djv.de
Silke Fritzsche: TV-Moderation. UVK
Verlagsgesellschaft mbH, 2009.
Vivian Massaguié, Markus Resch
(Hg.): Faszination TV-Journalismus.
Tipps und Tricks von prominenten
Fernsehmachern für den Berufseinstieg. Mit einem Nachwort von Ulrich
Wickert. BW Bildung und Wissen Verlag und Software GmbH, 2004.
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