Am Ende der Kette
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Am Ende der Kette
unternehmen Am Ende der Kette W enn ein Produzent sich auf die Suche nach neuen Rohstoffquellen macht, ist das eine Warnung für den Lieferanten: Überarbeitet er sein Angebot nicht, verliert er schnell die Kundschaft. Abnehmer sekundärer Stoffströme sind beim Einkauf leider nicht so flexibel. So klagen Kunststoffrecycler schon seit längerem vermehrt über die Menge und Qualität der Versorgung. „Die Nachfrage nach Rezyklaten ist bei unseren Unternehmen gut, aber die Materialversorgung ist kritisch“, äußert sich Herbert Snell, Geschäftsführer der auf Kunststoffrecycling spezialisierten Unternehmen Multiport und Multipet und Vizepräsident des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse). Michael Scriba, Geschäftsführer des Regranulat- und Compounds-Herstellers MTM Plastics, bestätigt diese Sorgen: „Wir haben Probleme mit den Mengen und der Qualität beim Input.“ Die Versorgungsprobleme treffen die Kunststoffaufbereiter umso mehr, als sich die Marktlage aktuell schwierig darstellt. 10 Trotz Aufnahme in die Besondere Ausgleichsregelung und entsprechender Fortführung der Ausnahmen bei der EEG-Umlage steht noch die nationale Umsetzung der Regelung an. Sprich: Es fehlt Geld – je nach Unternehmen kann es dabei sogar um Millionenbeträge gehen. Für 2015 kann die Besondere Ausgleichsregelung in Anspruch genommen werden – doch für so manches Unternehmen wird es zur Herausforderung, die Zeit bis dahin zu überbrücken. Immerhin der Konjunkturaufschwung hat positive Auswirkungen auf den Kunststoffverbrauch – und damit auch auf das Recycling von Altkunststoffen. Bislang fehlen allerdings deutlichere Impulse vom Markt, vor allem bei den Standardkunststoffen. Bei den technischen Kunststoffen sieht die Lage etwas besser aus. Foto: Don Andreas, Fotolia.com Altkunststoffe Wer Verpackungen einsetzt, will Produkte verkaufen. Wer Verpackungen sortiert, will die Quoten der dualen Systeme erfüllen. Doch am Ende landen die Verpackungen bei den Recyclern. Sie haben immer größere Probleme, Kunststoffe in angemessener Qualität zu erzeugen. Doch die Grundprobleme liegen an anderer Stelle. So zeigt sich inzwischen immer deutlicher, dass das Produktdesign von Verpackungen drastische Auswirkungen auf das Kunststoffrecycling hat: Der Markt ist durchzogen von Verkaufsverpackungen, die sich nur schwer aufbereiten lassen. Dazu zählen Mehrschichtfolien, die heute schnell aus bis zu acht Lagen unterschiedlicher Kunststoffe bestehen. Ebenso problematisch sind untrennbare PapierKunststoff-Verbunde – oder trennbare Papier-Kunststoff- und Metall-KunststoffVerbunde, die nicht getrennt werden und dann zwangsläufig in der falschen Fraktion landen. RECYCLING magazin 11 | 2014 RECYCLING magazin 11 | 2014 PU R PC S So ns tig e PA PV C PS PS -E PP PE -H D AB PE S, T AS a, SA N PM M A PE -L D, PE -L LD 11 Quelle: PlasticsEurope (PEMRG)/Consultic/ECEBD Geht es um herkömmliche KunstAuch Pigmente und Additive, die Kunst- verpackungen aus PLA gebe es – trotz andestoffe, wirkt sich für die Recycler nachteilig stoffen beigemischt werden, sind nicht rer Behauptungen – nicht. Auch könnten solche biologisch abbaubaren Kunststoffe in aus, dass es sich bei den Abfällen um einen unproblematisch. Zwar haben Reach und CLP auch positive Effekte: Die Chemikalien- den heute betriebenen Kompostieranlagen Nachfragemarkt handelt – so weisen beiverordnung gewährleistet, dass das, was im schlicht nicht verarbeitet werden, kritisiert spielsweise PET-Verwertungsanlagen Überkapazitäten in Deutschland und Europa auf. Primärstoff eingesetzt wird, nicht gesund- Snell. Hinzu kommen schlechte Ökobilanzen. Die Folge: Die Abgeber der Altkunststoffe heitsgefährdend ist – und damit auch nicht der Sekundärstoff. Doch andererseits werden „Der Sinn dieses Materials ist nicht ver- nutzen die Möglichkeiten der Sortierung die Stoffverdachtslisten immer länger. Somit ständlich“, meint auch Scriba und ergänzt, nicht ausreichend und bringen Materialgemische mit Dosen oder sonstigen Verunkönnen im Kunststoffrecycling vermehrt es gebe massive Bedenken, dass solche Probleme entstehen. Diese treten kunststoff- Stoffe nicht aussortiert werden und im reinigungen in den Markt. Für die Recycler spezifisch auf: PET ist unauffällig, während Recyclingprozess landen. „Alle Recycler bedeutet das Kosten von 30 bis 60 Euro pro haben von Anfang an gesagt: Abbau- Tonne, um die Gemische wieder zu separiebeim PVC-Recycling die Herausforderen. Den Verkäufern kann das relativ egal bare Kunststoffe sind nicht die rungen durch Reach wachsen. „In Richtung Pigmentver„Verpackung Verpackung der Zukunft, wenn sein – die Nachfrage ist noch hoch genug. Auch PET-Verpackungen aus andenicht von Beginn an klar ist, meidung wird viel getan“, meint wird nicht ren Bereichen, also nicht für Getränke was damit geschieht.“ Da das Michael Scriba. Das Marketing fürs Recycling offenbar nicht klar wurde, ist oder andere flüssige Güter, bereiten Proder Inverkehrbringer von Vergemacht“ die Kritik, die etwa der bvse- bleme. Dazu zählen Trays für die Mikropackungen müsse den Kunden Fachverband Kunststoffrecycling welle, Blister-Verpackungen, Salatschalen: aber erklären, dass „weniger bunt“ mehrfach geäußert hat, bei weiten Tei- Ihr Anteil am gesamten Verpackungsmarkt nicht automatisch „billig“ bedeuten len der Hersteller und Inverkehrbringer nimmt stetig zu. Für sie gibt es aktuell aber muss. Da jedes Pigment und alle Additive noch keinen Verwertungsweg. Vorteilhaft angekommen. im Material verbleiben, schränken sie die Anders sieht es etwa bei „Plant Bottles“ wirkt sich im deutschen Markt dabei bisher weitere Anwendung der Rezyklate ein. nur aus, dass das Pfandsystem für Einweg„Die Verpackung wird nun einmal nicht aus, wie PET-Flaschen genannt werden, die gemacht, damit sie recycelt wird, sondern aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt flaschen aus PET eine separate Erfassung sicherstellt. Entsprechend froh ist die Brandamit sie das Gut schützt und dafür sorgt, werden. Hier werden Polymere zwar aus dass es sich möglichst gut verkauft“, meint nicht rohölbasierten Grundstoffen herge- che über diese Lösung. „Das würde ich mir stellt, aber die Polymerstruktur ist identisch. für andere Ländern in gleicher Weise wünHerbert Snell. Es gelte einen Kompromiss zu finden, damit keine unnötigen Auswüchse „Davon bekommen auch wir einige Mengen, schen“, sagt Herbert Snell von Multipet. Plastics demand market Denn dort ist die Lage anders – die aufbereiten undby verkaufen entstehen wie PET-Flaschen mit PVC-Etikett die wir als Flakes Kunststof f rec ycler haben außerha lb oder a ndere Kombi-Materialien. „Anderer- – das geht ohne Probleme“, erklärt Snell. seits müssen wir als Recycler auch akzeptieren, dass es grüne oder blaue Flaschen Nachfrage nach Kunststoffen in Europa gibt, weil sich die Hersteller voneinander Im Verpackungsbereich dominieren PE, PP und PET den Markt absetzen wollen“, ergänzt Snell. „Wichtig ist, dass man bereits bei der Gestaltung einer Verpackung die Verwertungsmöglichkeit 39,4 % Verpackung berücksicht igt. Man muss durch Kombinationen oder Gestaltungen ja nicht gleich die Baugewerbe 20,3 % Verwertung verhindern.“ In einem Punkt sind sich alle KunstAutomobil8,2 % industrie stoffrecycler einig: Die biologisch abbaubare Polymilchsäure (PLA) hat als Ver Elektrotechnik 5,5 % und Elektronik packungsmaterial keine Daseinsberechtigung. „Da stimmt meines Erachtens gar 26,6 % Sonstige nichts“, führt Thomas Probst vom bvseEU-27+N/CH Fachverband Kunststoffrecycling aus. Das Abfüllen von PLA-Medien sei schwieriger als bei PE- oder PP-Bechern; ein Recycling von benutzten und verschmutzten Verkaufs- unternehmen Deutschlands bereits mit wachsenden Anteilen im Stoffstrom zu kämpfen, auf die die Anlagen nicht eingestellt sind. Da diese Verpackungen oft aus Materialverbunden wie PET-PE bestehen, werden an die Verwertung andere Anforderungen gestellt, als das bei PET-Flaschen der Fall ist. Für diese Verpackungen ist der einzige Entsorgungsweg bisher die Verbrennung. Gerade weil die Fraktionen bei PETF laschen in Deutschland so sauber sind, droht den Recyclern in diesem vergleichsweise lukrativen Geschäft Konkurrenz: E inige Getränkehersteller und Abfüller betreiben bereits eigene Recyclinganlainfrage gestellt – hier haben die PET-Recygen für PET-Flaschen. Anlagenbauer, wie etwa Krones, bieten solche Anlagen schon cler bislang also noch die bessere Position. seit mehreren Jahren an. Über die Flaschen „Das sehe ich daher entspannt“, meint auch verfügt aber der Einzelhandel beziehungs- Herbert Snell. Leichte Entspannungstendenzen zeigen weise bei kastengebundenen Systemen der sich auch bei anderen Verpackungsdesigns. Abfüller. Hier buhlen Systeme wie Petcycle als Kreislaufsystem der Getränkei ndustrie Kunststoffrecycler melden, dass etwa die für Flaschen aus PET um die Mengen. Für Hersteller von Mehrschichtfolien willens sind, ihre Produkte im Sinne eines einfacheren das wirtschaftliche Betreiben einer Anlage seien aber mindestens 20.000 Tonnen zur Recyclings anzupassen. Dabei gibt es noch Verarbeitung nötig, meinen Wettbewer- Stolpersteine: Nicht immer wird zum Beispiel ber wie Snell. Eine Tonne entspricht rund auch das Material des Klebers berücksichtigt, 35.000 Flaschen – nur sehr wenige Abfüller der die Schichten verbindet. Selbst bei untereinander sortenreinen Folienschichten kann sind in der Lage, ein System solcher Größe zu betreiben. Eine zusätzliche Herausforde- die Verbindungstechnik dann Probleme beim rung können außerdem die Hygienebestim- Recycling machen. „Der Wille ist da“, betont Michael Scriba mungen sein, wenn Abfüllung und Recycling am gleichen Standort betrieben wer- von MTM. „Die Hersteller brauchen bloß den. Sobald der Abfüller aber nicht mehr die nötigen Informationen, um das Richtige beides am gleichen Standort betreibt, ent- zu tun.“ Im Dialog mit den Produzenten verfallen seine Synergieeffekte sofort. Damit suchen die Recycler daher, problematische wird dann auch die Investitionsgrundlage Verpackungselemente zu identifizieren – ein Das Online-Tool Recyclass Recyclass besteht aus drei Bausteinen: ss einem Online-Tool, ss einer Zertifizierungsmöglichkeit für einzelne Verpackungen hinsichtlich ihrer Recyclingfähigkeit und ss einem Label, dessen Nutzungsrechte nach der Zertifizierung erworben werden können, um es in Verbindung mit der Verpackung zu nutzen. Das Online-Tool zeigt an, wie gut oder weniger gut eine Verpackung für das Recycling geeignet ist. Eine Skala ähnlich der Energieeffizienzklassen von A bis F hilft bei der Beurteilung. Ein A bekommt eine sehr gut recycelbare Verpackung. Verpackungen der Klasse F können nur noch energetisch genutzt werden. Über die Beantwortung von Fragen zum Produkt kommen Anwender Schritt für Schritt dem Ergebnis näher. Zeichen für das vielversprechende Bestreben der Recycler, schon bei der Entwicklung neuer Verpackungen Impulse zu geben, die das Recycling erleichtern. „Ich bin überzeugt, dass Kompromisse möglich sind. Im PET-Bereich werden diese auch gemacht“, meint dazu Herbert Snell. Auf europäischer Ebene ist mit der European PET Bottle Platform (EPBP) bereits eine Plattform vorhanden, auf der sich Hersteller und Recycler austauschen, um zu Ergebnissen zu kommen, die beiden gerecht werden. Ein anderes Beispiel ist EuCertPlast, ein Projekt, das auf die Qualifizierung von Recyclingbetrieben zur Kunststoffverwertung abzielt. Dabei gelten schärfere Kriterien als bei der LAGA-Mitteilung 37. So bietet es beispielsweise ein Modul für das Recycling von alten zu neuen Lebensmittelverpackungen, was es bei der LAGA M37 noch nicht gibt. Ziel ist die Anerkennung der Betriebe in allen EU-Ländern – so können gleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Recyclingwirtschaft erreicht werden. Auch die Rückverfolgbarkeit der Materialien soll gegeben sein. „Das Ziel ist: Wir heben uns von Wettbewerbern ab, die dieses Zertifikat noch nicht haben – besonders gegenüber denen außerhalb Europa“, erklärt Michael Scriba. Ein neues Tool ergänzt die Bemühungen der Kunststoffrecycler um mehr Qualität. So hat der Verband Plastic Recyclers Europe (PRE) mit über 110 Mitgliedern aus der Branche im Mai auf der Interpack mit Recyclass ein webbasiertes Tool vorgestellt, das bei den RECYCLING magazin 11 | 2014 Anzeige Kunststoff_Layout 1 22.05.14 15:01 Seite 1 Anzeige tung fahren, können sie kostendeckend arbeiten.“ Auch Probst vom bvse sieht es als vordringliches Problem, die bestehenden Sortierkriterien zu überarbeiten und den Erfordernissen der Kunststoffrecycler anzupassen. Hierzu gibt es bereits Initiativen aus der AG Mischkunststoffe und Folien, die für den bvse-Fachverband Kunststoffrecycling arbeitet. Scriba findet gar, das Feinsortieren Pigmente schränken das sollte den Recyclern überlassen werden: Recycling ein, sind für die „Wir wissen am besten, was wir brauchen.“ Hersteller aber oft unverzichtbar. Die dualen Systeme hingegen hätten dafür Foto: tibeta, Fotolia.com weder Zeit noch Kompetenz. Scriba sieht dort „wenig Interesse, gemeinsam mit andeVerpackungsherstellern das Bewusstsein ren außer ihren eigenen Recyclern etwas am gegenwärtigen Zustand zu ändern“. Mehr für das Recycling steigern soll. Über die Angabe verschiedener Aspekte wie Verpa- Erfolg verspricht er sich davon, auf Verckungsgruppe, Material, Dichte und Rest- bandsebene eigene Sortierspezifikationen entleerbarkeit wird eine Einschätzung der zu erarbeiten – mit der Absicht, diese im Recyclingfähigkeit abgegeben. Negative Dialog mit den dualen Systemen im Laufe Auswirkungen einzelner Spezifikationen der kommenden Ausschreibungsrunden werden hervorgehoben, um es dem Anwen- durchzusetzen. Und wenn auch das nicht hilft? Die der zu erleichtern, verschiedene Ansätze bei der Optimierung durchzuspielen. Auch Kunststoffrecycler versuchen zunehmend, Recyclass kann ein Zertifikat ausgeben, mit sich unabhängiger von den Verkaufsverpackungen zu machen. Andere Herdem der Verpackungshersteller werkunftsbereiche wie Gewerbeben darf. Solche Zertifizierungen Sortierer sind müll, Transportverpackungen über die Recyclingfähigkeit und Sperrmüll gewinnen von Verpackungen helfen gezwungen, an Bedeutung. Das steigert den Verpackungsherstelihre Anlagen die Unabhängigkeit von den lern und -inverkehrbringern. zu überlasten dualen Systemen. Viele Quel„Das merken wir, wenn wir len sind sogar besser verwertbar. uns a nschauen, wer bereits auf „Verkaufsverpackungen sind die größte Recyclass zugegriffen hat und was geteHerausforderung“, erklärt Scriba. „Wir stet worden ist“, sagt M ichael Scriba. Bis die Zertifizierungsbestrebungen sind an jeder Quelle interessiert, die Matezum Erfolg, also zu höherwertigen Frakti- rial liefert, das für uns geeignet ist – natüronen führen, wird allerdings noch viel Ver- lich auch außerhalb der Verpackungsverpackungsmaterial den Weg vom Verbrau- ordnung“, meint auch Snell von Multiport. cher zum Recycler gehen. Auf diesem Weg Rechtliche Rahmenbedingungen müssten lauert ein weiteres Hindernis: die Sortie- allerdings noch angepasst werden, um die rung der Stoffströme. „Die Qualität dessen, Potenziale voll zu erschließen. „Das neue was aus den Sortieranlagen kommt, wird Wertstoffgesetz und die Neufassung der immer schlechter“, so Scriba. Die wesent- Gewerbeabfallverordnung sind jetzt drinliche Ursache hierfür sieht er im Kosten- gender denn je“, so Scriba. Marius Schaub druck, dem die dualen Systeme unterliegen und der sich auf die Wertschöpfungskette ab der Sortierung auswirkt: „Die Sortierer sind gezwungen, ihre Anlagen zu überfah- Das Recyclass-Tool ist verfügbar unter ren. Nur wenn sie mit 130 Prozent Auslas http://recyclass.eu/ RECYCLING magazin 11 | 2014 Einsparpotenzial im Wasserhaushalt nutzen Kunststoffrecycling = Wasserrecycling Die anfallenden Wasch- und Transportwässer im Kunststoffrecycling können mit einer an dem Prozess angepassten Teilund Vollstrombehandlung effizient gereinigt und wiederverwendet werden. So lässt sich mit der bewährten HUBER Technologie Frischwasser erheblich einsparen und Kosten werden reduziert. [email protected] www.huber.de WASTE WATER Solutions 13