Grosser Rat 2. Sitzung 28. Mai 2013, 10.00 Uhr

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Grosser Rat 2. Sitzung 28. Mai 2013, 10.00 Uhr
Grosser Rat
Wortprotokoll
2. Sitzung
28. Mai 2013, 10.00 Uhr
Vorsitzende:
Vreni Friker-Kaspar, Oberentfelden
Protokollführung:
Adrian Schmid, Ratssekretär
Präsenz:
Anwesend 131 Mitglieder
(Art. 0017-0038)
Abwesend mit Entschuldigung 9 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Adrian Ackermann, Kaisten; Christoph Brun,
Brugg; Matthias Jauslin, Wohlen; Martin Keller, Obersiggenthal; Max
Läng, Obersiggenthal; Andre Rotzetter, Buchs, Ruth Jo. Scheier,
Wettingen; Andreas Senn, Würenlingen; Martin Steinacher, Gansingen
Die Protokolle der 141. bis 147. Sitzung wurden vom Büro genehmigt
Behandelte Traktanden
Seite
0017 Ansprache von Grossratspräsidentin Vreni Friker-Kaspar, Oberentfelden; Eröffnungsansprache
18
0018 Mitteilungen
19
0019 Mitglieder des Grossen Rats; Inpflichtnahme
20
0020 Angehörige des Justizgerichts; Inpflichtnahme
20
0021 Neueingänge
20
0022 Motion der Fraktionen der SVP, FDP und CVP vom 28. Mai 2013 betreffend raschmögliche Einführung einer Liste der säumigen Krankenkassenprämienzahlenden; Einreichung und schriftliche Begründung
21
0023 Motion Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg, vom 28. Mai 2013 betreffend Anpassung von § 38 Schulgesetz; Einreichung und schriftliche Begründung
22
0024 Motion Peter Voser, CVP, Killwangen, vom 28. Mai 2013 betreffend neues Gesetz für die
Regelung der Public Corporate Governance in Bezug auf die kantonalen Beteiligungen;
Einreichung und schriftliche Begründung
22
0025 Postulat Alexandra Abbt, CVP, Islisberg, Andrea Moll-Reutercrona, FDP, Sins, und Peter
Wehrli, SVP, Küttigen, vom 28. Mai 2013 betreffend Schaffung einer Fach- und Koordinationsstelle für Bienenhaltung; Einreichung und schriftliche Begründung
23
0026 Postulat Dr. Lukas Pfisterer, FDP, Aarau, vom 28. Mai 2013 betreffend Ausbau des Eppenbergtunnels für "mehr Bahn und mehr Bahnhof in Aarau"; Einreichung und schriftliche Begründung
24
0027 Interpellation Antoinette Eckert, FDP, Wettingen, vom 28. Mai 2013 betreffend Beschilderung von Kulturstätten im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
25
0028 Interpellation Jean-Pierre Gallati, SVP, Wohlen, vom 28. Mai 2013 betreffend Publikation
freigelassener Sexualstraftäter (Sex Offender Registry) ; Einreichung und schriftliche
Begründung
25
0029 Interpellation Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, vom 28. Mai 2013 betreffend massive
Mehrkosten der K315 Mühlethalstrasse in Zofingen; Einreichung und schriftliche Begründung
26
16
28. Mai 2013
0030 Interpellation Patricia Schreiber-Rebmann, Grüne, Wegenstetten, vom 28. Mai 2013
betreffend Bekämpfung von Neophyten durch Prävention bei Schlüssel-Stellen (Strassenbau, Forst und Landschaftsgärtner) und über flächendeckende Aufklärung bei der
Bevölkerung / Aktionstag "Neobiota"; Einreichung und schriftliche Begründung
27
0031 Interpellation Lilian Studer, EVP, Wettingen, vom 28. Mai 2013 betreffend Konzepterarbeitung Palliative Care im Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
28
0032 Interpellation Peter Voser, CVP, Killwangen, vom 28. Mai 2013 betreffend Steuerausstände bei den Gemeinde- und Kantonssteuern; Einreichung und schriftliche Begründung
28
0033 Interpellation Milly Stöckli, SVP, Muri, vom 15. Januar 2013 betreffend Strafvollzugsantritt in einem massiven alkoholisierten Zustand; Beantwortung und Erledigung
28
0034 Interpellation Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch, Richard Plüss, SVP, Lupfig
(Sprecher), und Martin Wernli, SVP, Thalheim, vom 15. Januar 2013 betreffend regierungsrätliche Beurteilung der Möglichkeiten, das Ansehen der Hausärzte beiderlei Geschlechts im Aargau weiterhin hochzuhalten und das Strassenverkehrsamt an die Grenzen seiner Kompetenzen zu erinnern; Beantwortung und Erledigung
30
0035 Interpellation der GLP-Fraktion vom 3. Juli 2012 betreffend Gerichts- und Verkehrsmedizin im Kanton Aargau; Beantwortung und Erledigung
33
0036 Motion Franz Hollinger, CVP, Brugg, vom 28. August 2012 betreffend Integration von
Ausländerinnen und Ausländern durch Information; Umwandlung in ein Postulat; Überweisung an den Regierungsrat
35
0037 Motion der SVP-Fraktion vom 30. Oktober 2012 betreffend Herstellung der Gemeindeautonomie im Bereich der Bewilligung für den Ausschank von Spirituosen an Quartierfesten
und dergleichen; Überweisung an den Regierungsrat
36
0038 Motion Benjamin Giezendanner (Sprecher), SVP, Rothrist, und Jean-Pierre Gallati, SVP,
Wohlen, vom 30. Oktober 2012 betreffend Einführung des Verhältniswahlsystems bei
den Regierungsratswahlen; Ablehnung
38
17
Art. 0017
28. Mai 2013
0017 Ansprache von Grossratspräsidentin Vreni Friker-Kaspar, Oberentfelden; Eröffnungsansprache
Vorsitzende: Ich begrüsse Sie mit folgendem Zitat sehr herzlich zur 2. Sitzung der neuen Legislaturperiode 2013/2016:
"Wer glaubt, etwas zu sein – hat aufgehört, etwas zu werden".
Diese Aussage, die ursprünglich vom griechischen Philosophen Sokrates stammt, wird sehr unterschiedlich interpretiert. Für mich persönlich ist diese Aussage das Synonym für ein lebenslanges Lernen. Wer sich nicht mit neuen Dingen beschäftigt, entwickelt sich nicht weiter. Wer nichts dazu lernt,
bleibt stehen.
Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, haben mir am 30. April 2013 Ihr vollstes Vertrauen ausgesprochen, indem Sie mich mit einem Spitzenresultat in die Funktion als Grossratspräsidentin gewählt
haben. Dieses hervorragende Wahlresultat widerspiegelt das hohe Vertrauen und die Wertschätzung
für meine zahlreichen Tätigkeiten, die Sie mir, werte Ratsmitglieder, attestieren. Für dieses Wohlwollen danke ich Ihnen nochmals sehr herzlich. Ich versichere Ihnen, dass ich mein Bestes geben werde
und bin heute schon davon überzeugt, dass ich in den kommenden 7 Monaten noch sehr viel lernen
werde!
Die Vorbereitungen für das Amt des Präsidiums beginnen mehrere Monate vor der Wahl. Viele Entscheidungen, wie beispielsweise die Einladung eines anderen Kantonsparlaments, der militärische
Truppenbesuch oder die Wahl des Geburtstagsgeschenks stehen an.
Hier ein paar Erklärungen zum Geschenk: Ich zähle mich zu den sogenannten “FerienGeburtstagskindern”. Das heisst, dass ich während den Schulferien Geburtstag habe. Dies wiederum
bedeutet, dass ich als Kind meistens nicht in den Genuss kam, mir an meinem Geburtstag ein Lied
wünschen zu können. Dies ist für ein singendes Schlieremer Chind eine bittere Pille. Offensichtlich bin
ich in dieser Beziehung ein sogenanntes "gebranntes Kind". Also machte ich mir schon sehr bald Gedanken über ein Geschenk für alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Meine erste Idee hatte
mit Musik zu tun. Ich dachte mir, dass eine CD mit Musik zur Entspannung das Richtige sein könnte.
Doch schon bald musste ich realisieren, dass mir die Wahl zwischen den Aargauern Künstlern, wie
dem Weltstar DJ Bobo aus Kölliken, den Operngesängen von Monica & Erwin Angelini-Heusser aus
Würenlos oder Peach Weber mit dem wohl treffendsten Titel "Ich bin en Aargauer und bin stolz da
druf!" sehr schwer fiel.
Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann, sagte ich mir und verwarf somit diese
Idee.
Wie Sie wissen, bin ich sehr stolz auf meine Familie, die mich auf meinem politischen Weg stets begleitet und unterstützt hat. Ich bin mir aber sehr bewusst, dass es alles andere als selbstverständlich
ist, Kinder zu haben. Mehr noch: Unser zweites Kind wurde aus dem Gebärsaal direkt in die Intensivstation verlegt. Der Grund waren eine verklebte Lunge und daraus folgende Atembeschwerden. Man
wusste vorerst nicht, wie sich unser Sohn entwickeln würde und ob allenfalls eine Behinderung daraus
entstehen könnte. Der Schock sass tief, als man mir auf der Intensivstation als erstes das Anmeldeformular der Invalidenversicherung in die Hand drückte.
In meiner Wohngemeinde Oberentfelden arbeiten und wohnen rund 100 Menschen mit besonderen
Betreuungsbedürfnissen. Sie arbeiten und wohnen in der Stiftung für Behinderte, die mit ihren Angeboten Wohnen, Arbeit, Bildung und Freizeit eine kompetente Teilnahme und Teilhabe an den Grundbedürfnissen ihres Lebens ermöglichen. Diese Menschen gehören zu meiner Wohngemeinde und zu
unserem wunderschönen Kanton Aargau und rufen uns täglich in Erinnerung, dass wir nicht alle dieselben Fähigkeiten mit in die Wiege gelegt bekommen haben. So hatte ich die Idee, diesen Menschen
mit besonderen Bedürfnissen eine Freude zu bereiten, indem ich Ihr Geburtstagsgeschenk in der Behindertenwerkstatt in Auftrag gegeben habe.
Das Resultat ist "Charly". Er ist aus Schweizer Buchenholz und freut sich, inskünftig Ihren Mantel tragen zu dürfen. Wie Sie in der Zwischenzeit wissen, ist es kein Sklave, sondern ein Kleiderbügel.
Geteilte Freude ist bekanntlich doppelte Freude. Daher hoffe ich, Ihnen mit dem Kleiderbügel, der vor
Ihnen auf dem Tisch liegt, eine kleine Freude bereiten zu können.
Ich versichere Ihnen, dass ich mir Mühe geben werde, dass ich Sie an Ihrem persönlichen Geburtstag
nicht vergessen werde und dass Sie zumindest eine Karte von mir erhalten werden.
18
28. Mai 2013
Art. 0018
Ich komme zu unserer Ratstätigkeit. Auch wenn zur Zeit Grossratssitzungen annulliert werden müssen, sage ich es an dieser Stelle – insbesondere zur Kenntnisnahme der Medien – dass ich mir sehr
bewusst bin, dass Sie in den Kommissionen viel Arbeit haben und wünsche Ihnen dabei viel Ausdauer.
Folgende Geschäfte werden wir in den kommenden Monaten gemeinsam bewältigen: Sämtliche Erneuerungswahlen für Richterinnen und Richter der verschiedenen Justizgremien, die Gesamterneuerungswahlen der Mitglieder für den Bankrat sowie für den Erziehungsrat und das Kuratorium; die Umsetzung der Kantonalisierung der Spitalfinanzierung; den Aufgaben- und Finanzplan (AFP) 2014 –
2017 sowie das Budget für das Jahr 2014; den Grosskredit für die Kantonsschule Wettingen; das Gebührengesetz; verschiedene Anpassungen des Richtplans sowie der Grosskredit für die Kantonale
Notrufzentrale, über dessen Notwendigkeit bereits über ein Jahrzehnt lang diskutiert wird. Dies alles
wird für lebendige Diskussionen sorgen; das verspreche ich Ihnen.
Ich freue mich auf unsere gemeinsamen Debatten im Plenum und wünsche Ihnen alles Gute sowie
viel Freude und unzählige interessante Begegnungen.
Zum Schluss ein letztes Zitat des englischen Anwalts und Politikers Norman Birkett (1883 – 1962): Er
sagte: "Ich habe nichts gegen Menschen, die auf ihre Uhr gucken, während ich rede. Aber ich protestiere strengstens dagegen, wenn sie anfangen, die Uhr zu schütteln, um festzustellen, ob sie noch
geht".
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor mich das gleiche Schicksal ereilt, beende ich freiwillig meine
Eröffnungsansprache. Nur noch eine letzte, kurze Bemerkung: Herzlichen Dank für Ihre geschätzte
Aufmerksamkeit.
0018 Mitteilungen
Vorsitzende: Ich habe Ihnen leider den Hinschied von folgenden ehemaligen Ratsmitgliedern zur
Kenntnis zu bringen:
Am 1. April 2013 verstarb Jürg Richner-Merz, Oberkulm. Jürg Richner gehörte dem Grossen Rat von
1984 bis 1993 als Mitglied der FDP-Fraktion an.
Am 6. Mai 2013 verstarb Frau Dr. Annemarie Schaffner-Mühlethaler, Anglikon. Frau Schaffner gehörte
dem Grossen Rat von 1985 bis 1991 an. Auch sie war Mitglied der FDP-Fraktion
Den beiden Trauerfamilien haben wir unser Beileid bekundet. Den Verstorbenen werden wir ein ehrendes Andenken bewahren.
Wir dürfen heute den Geburtstag eines Ratskollegen feiern. Es freut mich sehr, dass ich bereits heute
einem Ratsmitglied gratulieren darf. Herbert H. Scholl, Zofingen, feiert heute sein Wiegenfest. Geschätzter Herr Scholl, ich wünsche Ihnen für diesen Tag alles, was ich auch gern mag.
Mit Zuschrift vom 8. April 2013 orientierte der Generalsekretär der Bundesversammlung, dass die
Kommissionen für Rechtsfragen des Nationalrats und des Ständerats am 29. April 2010 beziehungsweise am 31. Januar 2011 beschlossen hatten, den beiden aargauischen Standesinitiativen "obligatorischer Besuch von Lernprogrammen während Warnungsentzügen von Führerausweisen" und "vorsorgliche Abnahme von Führerausweisen nach schweren Verkehrsunfällen" Folge zu geben. Anschliessend wurden die Initiativen dem Nationalrat bzw. seiner Kommission für Rechtsfragen zur Ausarbeitung eines Erlassentwurfs erneut zugewiesen. Auf Antrag ihrer Kommissionen haben nun am 14.
Dezember 2012 beziehungsweise am 7. März 2013 beide Räte beschlossen, die Standesinitiativen
abzuschreiben.
Obschon das Amtsjahr bereits am 1. April 2013 begann, gebe ich Ihnen zu Handen des Protokolls
Kenntnis von der offiziellen Mitteilung des Regierungsrats vom 27. März 2013, wonach dieser für das
Amtsjahr 2013 als Landammann Alex Hürzeler und als Landstatthalter Roland Brogli wählte. Auch
Ihnen herzliche Gratulation und ein spannendes Jahr.
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Art. 0019-0021
28. Mai 2013
Die Traktandenliste wird stillschweigend genehmigt.
Regierungsrätliche Vernehmlassungen an Bundesbehörden
1. Vernehmlassung vom 1. Mai 2013 an das Bundesamt für Umwelt, Bern, zur Änderung des
Gentechnikgesetzes (Berücksichtigung der Ergebnisse des NFP 59 und der GVO-freien Gebiete)
und Koexistenzverordnung
2. Vernehmlassung vom 22. Mai 2013 an das Bundesamt für Justiz, Bern, zum Bundesgesetz über
die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden und über den Schutz der schweizerischen Souveränität sowie zum Bundesbeschluss zur Genehmigung der Europäischen Übereinkommen über
die Zustellung von Schriftstücken und über die Erlangung von Beweisen und Auskünften in Verwaltungssachen im Ausland
3. Vernehmlassung vom 22. Mai 2013 an die Wettbewerbskommission, 3003 Bern, zur Freizügigkeit
und möglichen Inländerdiskriminierung von Notaren
4. Vernehmlassung vom 22. Mai 2013 an das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung, Bern,
zur Revision des Landesversorgungsgesetzes
Die Staatskanzlei stellt auf Verlangen die Vernehmlassungen samt den Unterlagen des Bundes zur
Verfügung. Die Vernehmlassungen können auch im Internet (www.ag.ch) abgerufen werden.
0019 Mitglieder des Grossen Rats; Inpflichtnahme
Gemäss § 5 des Geschäftsverkehrsgesetzes werden in Pflicht genommen:
Groux Rosmarie
Kerkhoven Adriaan
Küng Monika
SP
GLP
Grüne
Berikon
Brugg
Wohlen
0020 Angehörige des Justizgerichts; Inpflichtnahme
Anlässlich der Sitzung vom 26. März 2013 wurden der Präsident, die Mitglieder und die Ersatzmitglieder des Justizgerichts für die Amtsdauer bis 31. Dezember 2018 gewählt.
Heute wird durch den Grossen Rat in Pflicht genommen:
 Prof. Dr. Regina Kiener, Zürich, als Mitglied
0021 Neueingänge
1. Dekret über die Zivilstandskreise; Änderung. Vorlage des Regierungsrats vom 1. Mai 2013. Geht
an die Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben (VWA)
2. Aargauische Gebäudeversicherung (AGV); Geschäftsbericht 2012. Vorlage des Regierungsrats
vom 1. Mai 2013. Geht an die Kommission für öffentliche Sicherheit (SIK)
3. Sozialversicherung Aargau (SVA Aargau); Jahresbericht 2012. Vorlage des Regierungsrats vom
1. Mai 2013. Geht an die Kommission für Gesundheit und Sozialwesen (GSW)
4. Anpassung des Richtplans; Anpassung des Siedlungsgebiets (Kapitel S 1.2, Beschluss 1.4, Planungsgrundsatz B) in Würenlos. Vorlage des Regierungsrats vom 1. Mai 2013. Geht an die Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung (UBV)
5. Anpassung des Richtplans; Anpassung des Siedlungsgebiets (Kapitel S 1.2, Beschluss 1.4, Planungsgrundsatz B) und Reduktion von Fruchtfolgeflächen (Kapitel L 3.1, Beschluss 2.2) in Sins.
Vorlage des Regierungsrats vom 1. Mai 2013. Geht an die Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr,
Energie und Raumordnung (UBV)
6. Anpassung des Richtplans; Festsetzung von Durchgangsplätzen in Merenschwand und Würenlos
(Kapitel S 4.1 Halteplätze für Fahrende, Beschluss 1.1). Vorlage des Regierungsrats vom 1. Mai
2013. Geht an die Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung (UBV)
7. Tegerfelden AO; K 286, Hangsicherung und Ersatz Randleitmauer; Grosskredit. Vorlage des Regierungsrats vom 1. Mai 2013. Geht an die Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und
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28. Mai 2013
Art. 0022
Raumordnung (UBV)
8. Buchs IO; Neue Kantonsstrasse K 209, Verbindungsspange Buchs Nord; Grosskredit. Vorlage des
Regierungsrats vom 1. Mai 2013. Geht an die Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und
Raumordnung (UBV)
9. Gesetz über den finanziellen Ausgleich der wegfallenden Gemeindebeiträge an die Spitalfinanzierung (Ausgleichsgesetz Spitalfinanzierung); 1. Beratung. Vorlage des Regierungsrats vom 1. Mai
2013. Geht an die Kommission für allgemeine Verwaltung (AVW)
10. Ausbildung zur Assistentin beziehungsweise zum Assistenten Gesundheit und Soziales (AGS) an
der Berufsfachschule Gesundheit und Soziales (BFGS) mit eidgenössischem Berufsattest (EBA);
Grosskredit. Vorlage des Regierungsrats vom 15. Mai 2013. Geht an die Kommission für Bildung,
Kultur und Sport (BKS)
11. Anpassung des Richtplans; Anpassung des Siedlungsgebiets (Kapitel S 1.2, Beschluss 1.4, Planungsgrundsatz B) und Reduktion von Fruchtfolgeflächen (Kapitel L 3.1, Beschluss 2.2) in Wohlen. Vorlage des Regierungsrats vom 15. Mai 2013. Geht an die Kommission für Umwelt, Bau,
Verkehr, Energie und Raumordnung (UBV)
12. Touristisches Dachmarketing; Beitrag an den Verein Aargau Tourismus für die Jahre 2014–2016;
Kleinkredit. Vorlage des Regierungsrats vom 15. Mai 2013. Geht an die Kommission für Volkswirtschaft und Abgaben (VWA)
0022 Motion der Fraktionen der SVP, FDP und CVP vom 28. Mai 2013 betreffend raschmögliche
Einführung einer Liste der säumigen Krankenkassenprämienzahlenden; Einreichung und
schriftliche Begründung
Von den Fraktionen der SVP, FDP und CVP wird folgende Motion eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird aufgefordert, raschmöglichst im Rahmen einer vorgezogenen Teilrevision des
Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (SAR 837.100) die Rechtsgrundlagen zur Einführung einer Liste der säumigen Prämienzahlenden zu schaffen; Ziel ist die Einführung einer Schwarzen Liste per 1.6.2014 zu ermöglichen.
Begründung:
Am 22. März 2011 hat der Grosse Rat die Motion 10.325, worin die Einführung einer "Schwarzen Liste" für säumige Krankenkassenprämienzahlende gefordert wurde mit 83 gegen 39 Stimmen an den
Regierungsrat überwiesen. Aus den Medien musste entnommen werden, dass diese Liste erst etwa
Mitte 2016 vorliegen werde. Das ist inakzeptabel und ein Affront gegenüber Parlament, Stimmbürger
und insbesondere pflichtbewussten Prämienzahlern.
Wer seinen Verpflichtungen gegenüber der Krankenversicherung nicht nachkommt, soll Leistungskürzungen in Kauf nehmen. Nach dem neuen Art. 64a Abs. 7 KVG können die Kantone versicherte Personen, die ihrer Prämienpflicht trotz Betreibung nicht nachkommen, auf einer Liste erfassen, die nur
den Leistungserbringern, der Gemeinde und dem Kanton zugänglich ist. In diesem Fall verfügen die
Versicherer eine Leistungssperre, wobei Notfallbehandlungen davon ausgenommen sind. Personen,
die ihre Prämien nicht bezahlen können, haben nach wie vor Anspruch auf Prämienverbilligung, die
neu direkt den Versicherern ausbezahlt wird. Stossend hingegen ist, dass Personen, die ihrer Verpflichtung gegenüber dem Versicherer nicht nachkommen wollen, Leute, die ihr Budget falsch managen, oder ganz einfach andere Prioritäten setzen, keinerlei Leistungseinschränkungen zu befürchten
haben. Damit nützen sie das System auf Kosten der öffentlichen Hand und der Steuerzahler bewusst
aus. Art. 64a Abs. 7 KVG ermöglicht es den Kantonen versicherte Personen, welche ihrer Prämienpflicht nicht nachkommen, auf einer Liste zu erfassen. Selbst die Regierung schreibt in der Stellungnahme zur überwiesenen Motion 10.325, dass eine Analyse ergeben hat, dass es sich bei einem
Grossteil der Versicherten mit einem Leistungsaufschub um Personen handelt, welche mit umsichtigem Umgang mit ihren finanziellen Ressourcen durchaus in der Lage wären, ihre Krankenkassenprämien zu bezahlen. Zudem haben mehrere Kantone diese Liste bereits eingeführt, weshalb sich im
Kanton Aargau der administrative und personelle Aufwand in Grenzen halten sollte.
Für die SVP-, FDP- und CVP-Fraktion ist die rasche Einführung dieser Liste dringend. Bis Mitte 2014
erwarten wir die Einführung dieser Liste.
21
Art. 0023-0024
28. Mai 2013
0023 Motion Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg, vom 28. Mai 2013 betreffend Anpassung
von § 38 Schulgesetz; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg, und 18 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird
folgende Motion eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird eingeladen, § 38 des Schulgesetzes (und folglich auch § 17 der Verordnung
über die Volksschule) dahingehend leicht zu flexibilisieren, dass anstelle des freien halben Schultags
pro Quartal zwei freie Halbtage pro Semester bezogen werden können.
Begründung:
Es gibt wohl im Aargau keinen berühmteren Gesetzesartikel als den § 38 des Schulgesetzes, kennt
ihn doch nahezu jedes Kind. Er wird sehr gerne in Anspruch genommen, um mit der Familie Ausflüge
zu unternehmen, ein Wochenende zu verlängern oder um einfach einmal auszuschlafen. Damit ist
durchaus ein volkswirtschaftlicher Nutzen anzunehmen. Probleme mit der heutigen Regelung können
sich dadurch ergeben, dass eine Familie mehrere schulpflichtige Kinder hat, wovon möglicherweise
nur eines am gewünschten Tag am Morgen und am Nachmittag Schule hat. Ein Ausflug mit der ganzen Familie wird dadurch verunmöglicht.
Es bestehen in verschiedenen Nachbarkantonen mit sog. "Jokertagen" ebenfalls die ganztägigen Regelungen. Zudem arbeiten viele Aargauerinnen und Aargauer nicht in der Wohngemeinde, womit die
Feiertage anders liegen können. Eine Anpassung ermöglicht, dass an Freitagen der Eltern die Familie
gemeinsam etwas unternehmen kann. Mit der Formulierung, dass zwei Halbtage pro Semester bezogen werden können, erhalten die Eltern die Wahlfreiheit zwischen Bezug eines ganzen Tages oder
zwei Halbtagen (an verschiedenen Tagen) pro Semester. Sollte nicht erwünscht sein, dass der schulfreie Tag am letzten Schultag einer Stufe bezogen werden kann, weil die Kinder dann den gemeinsamen Abschluss verpassen würden, so könnte dies einschränkend in der Verordnung geregelt werden.
Durch eine Flexibilisierung kann also den Bedürfnissen der Familien besser Rechnung getragen werden ohne dass erhebliche negative Auswirkungen auf die Schule – weder betreffend Qualität, Chancengleichheit noch Administration – ersichtlich sind.
0024 Motion Peter Voser, CVP, Killwangen, vom 28. Mai 2013 betreffend neues Gesetz für die
Regelung der Public Corporate Governance in Bezug auf die kantonalen Beteiligungen; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Peter Voser, CVP, Killwangen, und 11 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Motion
eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird gebeten ein neues Gesetz für die Kantonsbeteiligungen auszuarbeiten.
Begründung:
Der Kanton Aargau besitzt grosse Beteiligungen. Im Jahr 2008 hat der Regierungsrat eine Strategie
für die Beteiligungen erarbeitet. Aus Gründen der Wirtschaftsentwicklung wurde die Strategie aufs Eis
gelegt. Zurzeit werden die Beteiligungen über Richtlinien gesteuert. Dies ist aus meiner Sicht nicht
mehr zeitgerecht. Wie in anderen Kantonen, sollte auch der Kanton Aargau eine Gesetzesgrundlage
haben für die Führung der Beteiligungen. Einige Grunddefinitionen wären:






Staatliche Aufgabenerfüllung mit Beteiligungen
Wahrung der kantonalen Interessen
Sicherstellung der Versorgung
Schaffung von Transparenz
Koordination zwischen politischen Zielen, Eigentümerinteressen und Unternehmenszielen
Systematische Risikobetrachtung zur Abschätzung und Minimierung von finanziellen und politischen Risiken
22
28. Mai 2013






Art. 0025
Systematisches und institutionalisiertes Controlling
Sparsamer Umgang mit öffentlichen Mitteln
Angemessene Gewinnausschüttung an den Kanton
Regelmässige Prüfung der Notwendigkeit und der Ausgestaltung der kantonalen Engagements
Kriterien der Besetzung der Aufsichtsgremien der Beteiligungen
Zuständigkeit Grosser Rat und Regierungsrat
0025 Postulat Alexandra Abbt, CVP, Islisberg, Andrea Moll-Reutercrona, FDP, Sins, und Peter
Wehrli, SVP, Küttigen, vom 28. Mai 2013 betreffend Schaffung einer Fach- und Koordinationsstelle für Bienenhaltung; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Alexandra Abbt, CVP, Islisberg, Andrea Moll-Reutercrona, FDP, Sins, Peter Wehrli, SVP, Küttigen, und 44 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgendes Postulat eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird eingeladen, im Rahmen der laufenden AFP-Beratung die Schaffung einer
Fachstelle für Bienenhaltung, die zweckmässigerweise organisatorisch dem Landwirtschaftlichen
Zentrum Liebegg angegliedert werden soll, zu prüfen.
Begründung:
Mit der Entgegennahme des Postulats 12.214 hat der Regierungsrat seiner Besorgnis über die Situation der Honigbiene in der Schweiz Ausdruck verliehen und einen dringenden Handlungsbedarf ausgemacht. Die in der Antwort auf diesen Vorstoss angezeigten Massnahmen sind lobenswert und sehr
wichtig, tragen aber nicht der Vielzahl der Faktoren Rechnung, die der Honigbiene und der Imkerei als
Ganzes das Leben schwer macht.
Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang einerseits die Seuchensituation, die durch die in den 80erJahren aus Asien eingeschleppte Varroamilbe verschärft worden ist. Als Folge davon wurde die Registrierungspflicht aller Bienenstände eingeführt, die Information und Schulung der Imker verstärkt, die
Forschung auf die Bekämpfung der Milbe fokussiert und rigorose Sanierungsmassnahmen auf Bienenständen mit Seuchenfällen durchgeführt, was zu einer deutlichen Mehrbelastung der kantonalen
Bieneninspektoren geführt hat. Durch den neu vom Bund geschaffenen Bienengesundheitsdienst wird
ergänzend von den Kantonen eine kantonale Anlaufstelle gefordert, mit welcher in enger Zusammenarbeit weitere dringend nötige Massnahmen ergriffen werden sollen.
Es versteht sich von selbst, dass die Entwicklung der Landwirtschaft die Bienenhaltung beeinflusst
und ein ständiger Austausch und eine funktionierende Kommunikation zwischen Imkerei und Landwirtschaft notwendig ist. Dies zeigte sich in der Vergangenheit deutlich im Zusammenhang mit Pflanzenschutzmassnahmen z. B. bei der Feuerbrandbekämpfung. Durch fachgerechte Anwendung des
Antibiotikums Streptomycin musste im Kanton Aargau kein kontaminierter Honig vernichtet werden.
Um auch zukünftige Herausforderungen gemeinsam zu lösen, scheint uns eine Bienenfachstelle am
Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg ideal.
Im oben erwähnten Postulat ist ein drittes Problemfeld angesprochen, die schwindende Biodiversität
vor allem im Siedlungsraum.
Nur schon diese drei grob umrissenen Handlungsfelder zeigen die Schwierigkeiten einer sinnvollen
Vorgehensweise auf. Erstens sind hier im Kanton Aargau bereits drei Departemente involviert, was
ein koordiniertes und zielgerichtetes Vorgehen sehr erschwert. Zweitens gibt es für Imker, für Bienenzüchtervereine und für weitere betroffene Personenkreise wie Landwirte, Gemeinden oder auch Forscher keine klare Ansprechperson, in der sich auch das entsprechende Wissen und die Vernetzung
mit allen massgeblichen Kreisen bündeln würden. Da sich die Herausforderung der Bienenhaltung wie
ein Mosaik aus einer Vielzahl einzelner Faktoren darstellt, ist eine kantonale Fachperson für alle Bienenfragen eine wichtige Voraussetzung für eine kompetente und vor allem effiziente Problemlösung.
Zu guter Letzt soll nochmals darauf hingewiesen werden, weshalb die Förderung der Honigbiene so
wichtig ist. Einerseits ist sie als Nutztier für die landwirtschaftliche Produktion, aber auch für die Allgemeinheit durch ihre Bestäubungsleistung, die sie quasi kostenlos erbringt, unersetzlich. Da die Imkerei in der Schweiz grundsätzlich hobbymässig und daher für die Gesellschaft ehrenamtlich betrieben wird, scheint es nur richtig, dass sich der Staat für verbesserte Rahmenbedingungen engagiert.
Andererseits ist aber auch die aktuelle Situation der Bienen exemplarisch für den Zustand unseres
ganzen Ökosystems. Von Massnahmen für die Honigbiene profitieren sowohl eine Vielzahl anderer
23
Art. 0026
28. Mai 2013
Insekten, namentlich gefährdete Schmetterlingsarten, als auch einheimische Feldblumen, Stauden
und Gehölze und damit auch unsere Vögel, was zu einer grundsätzlichen Verbesserung der Biodiversität führt.
0026 Postulat Dr. Lukas Pfisterer, FDP, Aarau, vom 28. Mai 2013 betreffend Ausbau des Eppenbergtunnels für "mehr Bahn und mehr Bahnhof in Aarau"; Einreichung und schriftliche
Begründung
Von Dr. Lukas Pfisterer, FDP, Aarau, und 17 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgendes
Postulat eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird eingeladen, alles zu unternehmen, damit nicht nur der Eppenbergtunnel der
Eisenbahn (Streckenabschnitt Aarau-Däniken) ausgebaut wird, sondern dieser Ausbau auch für mehr
direkte und schnelle Zugsverbindungen und zum Weiterausbau des Bahnhofs Aarau genutzt wird.
Begründung:
Der Planungsverband der Region Aarau (PRA) begrüsst den Bau des Eppenbergtunnels im Grundsatz. Er will aber erreichen, dass gleichzeitig das Schnellzugsangebot in Aarau verbessert wird. Dazu
hat der PRA Einsprache gegen den Eppenbergtunnel erhoben. Ebenso hat er eine Petition für das
Projekt lanciert. Beide Offensiven können nur Erfolg haben, wenn sich der Kanton und insbesondere
der Regierungsrat beim Bund (Bundesrat, -Versammlung und -Verwaltung) und bei den SBB dafür
einsetzen. Die SBB sind ohnehin in Pflicht zu nehmen, dass sie den angefangenen Bahnhofausbau
fortsetzen. Das ist ein Tatbeweis, dass sie es mit der Bedienung von Aarau und des Aargaus ernst
meinen. Aarau ist der wichtigste Anschlusspunkt für den Schnellzugsverkehr im Aargau, auch für die
Linien Brugg-Baden, Laufenburg-Fricktal, Lenzburg-Freiamt sowie Wynen- und Suhrental.
Der Eppenbergtunnel ist das Kernstück im Konzept "Zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur
(ZEB)". Aber Schienen allein nützen nicht, wenn die Aarauer und Aargauer Bevölkerung nichts davon
hat ausser vorbeisausenden Zügen.
Nach unserem Richtplan gelten unter anderem folgende Grundsätze (Kapitel M 3.2.):


Halte von InterCity-Zügen in Aarau hat erste Priorität im Aargau
Aargauer Kernstädte sollen von Direktverbindungen profitieren können
Die Region Aarau und der Kanton Aargau werden von den SBB ungenügend behandelt, namentlich in
Bezug auf die Qualität des Rollmaterials, den Zwang zum Umsteigen in Zürich und Olten oder auch
bezüglich unbediente oder unbegleitete Züge. Gemäss einem aktuellen Medienbericht werden mit
dem Fahrplanentwurf 2014/15 erneut Direktverbindungen ab Aarau gestrichen. Diesmal betrifft es die
Direktverbindung nach Chur. Diese stiefmütterliche Behandlung muss ein Ende haben.
Die Inbetriebnahme des Eppenbergtunnels ermöglicht einen Quantensprung im Bahnnetz. Sie schafft
Platz für:





Vier direkte schnelle Verbindungen pro Stunde nach Zürich und weiter (Flughafen – Ostschweiz/Graubünden)
Zwei IC/IR-Halte pro Stunde nach Bern und weiter
Zwei IC/IR-Halte pro Stunde nach Basel mit guten Anschlüssen nach F, B, D, NL
Direkte Anbindungen an die NEAT in Arth-Goldau
Direkte Zugsverbindungen zwischen Zofingen und Wettingen; dazu schweigt sogar der Richtplan.
Der Regierungsrat wird eingeladen, in Verhandlungen mit Bund und SBB raschmöglichst verbindliche
Zusagen (ev. Verträge) für einen Angebotsausbau und die Weiterführung des Bahnhofbaus zu erreichen.
24
28. Mai 2013
Art. 0027-0028
0027 Interpellation Antoinette Eckert, FDP, Wettingen, vom 28. Mai 2013 betreffend Beschilderung von Kulturstätten im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Antoinette Eckert, FDP, Wettingen, und 15 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende
Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Der Regierungsrat wird gebeten, dem Grossen Rat darzulegen, wie er eine zweckmässige Beschilderung von Kulturstätten an den Autobahnen im Kanton Aargau sicherstellt, bzw. Einfluss auf die entsprechende Planung nimmt. Bereits seit 2004 korrespondiert namentlich die Gemeinde Wettingen mit
dem Departement Bau, Verkehr und Umwelt bezüglich einer Beschilderung der Wettinger Klosteranlage auf der Autobahn bzw. den entsprechenden Ausfahrtstafeln. Gemäss den letzten Informationen
von Februar 2010 aus der Abteilung Tiefbau stand man – in Zusammenarbeit mit dem ASTRA, der
kantonalen Abteilung für Kultur und Aargau Tourismus – kurz vor einer Lösung. Der Informationsstand
heute ist, dass das Projektteam Aargau dem ASTRA Mitte 2013 einen Vorschlag für die Autobahntafeln für die Beschilderung von Kulturstätten unterbreitet und die Bewilligung des ASTRA auf Ende
2013 erwartet werden kann. Die Umsetzung soll dann im Frühling 2014 geschehen.
Der Regierungsrat ist gebeten, zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:
1. Ist der oben geschilderte Zeitplan als realistisch einzustufen?
2. Ist der Regierungsrat der Auffassung, dass diese Beschilderung der aktiven Unterstützung von
Aargauer Kulturstätten (erhöhte Aufmerksamkeit und Besucherfrequenz) dienlich ist?
3. Liegt ein Konzept für die Beschilderung von Kulturstätten entlang der Autobahn im ganzen Kanton
vor?
a) Nach welchen Kriterien werden die beschilderten Kulturstätten ausgewählt?
b) Wurden bereits Aargauische Kulturstätten für die Beschilderung ausgewählt?
c) Ist ein spezielles Signet/Logo vorgesehen, welches augenfällig ist, dessen Wiedererkennungswert gegeben ist und welches im Idealfall den zufälligen Betrachter auf die entsprechende Kulturstätte aufmerksam macht?
d) Wie sind die Regionen im Projektteam Aargau vertreten?
0028 Interpellation Jean-Pierre Gallati, SVP, Wohlen, vom 28. Mai 2013 betreffend Publikation
freigelassener Sexualstraftäter (Sex Offender Registry) ; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Jean-Pierre Gallati, SVP, Wohlen, und einem mitunterzeichnenden Ratsmitglied wird folgende
Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
In letzter Zeit ereigneten sich schweizweit, aber auch im Kanton Aargau Verbrechen, welche von verurteilten und (vorzeitig) freigelassenen Sexualstraftätern begangenen wurden. Es sind Wege und Mittel zu finden, diese Verbrechen zu verhindern und die Bevölkerung – zumeist junge Frauen und Kinder – durch präventive Information vor schrecklichen Wiederholungstaten zu schützen.
In einigen US-amerikanischen Bundesstaaten publizieren die Behörden die Portraits und Wohnadressen freigelassener Sexualstraftäter unter Angabe der begangenen Sexualdelikte und der Dauer der
Freiheitsstrafen (Beispiele: www.communitynotification.com und www. communitynotificton.com/cap_
main.php?office=54567 für den Bundesstaat Connecticut).
Ich bitte den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:
1. Ist es dem Kanton Aargau möglich, die Portraits freigelassener Sexualstraftäter via Internet zu
veröffentlichen?
2. Wenn nicht: Welche rechtlichen Bestimmungen stehen einer solchen Veröffentlichung entgegen?
3. Kann der Kanton Aargau kantonale Rechtsgrundlagen für ein öffentliches Register der freigelassenen Sexualstraftäter erlassen?
25
Art. 0029
28. Mai 2013
4. Ist der Schutz der körperlichen und sexuellen Integrität der Bevölkerung (v. a. junger Frauen und
Kinder) nicht höher zu gewichten als der Schutz der Persönlichkeit verurteilter Sexual-Straftäter?
5. Steht die Veröffentlichung der Namen und Wohnadressen verurteilter Sexualstraftäter einer erfolgreichen Resozialisierung der Straftäter entgegen?
0029 Interpellation Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, vom 28. Mai 2013 betreffend massive
Mehrkosten der K315 Mühlethalstrasse in Zofingen; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, und 15 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende
Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Die Gesamtkosten der Sanierung der Kantonsstrasse K315 Zofingen – Uerkheim im Zofinger Ortsteil
Mühlethal werden sich gemäss einer Mitteilung des Departements Bau, Verkehr und Umwelt von 7,67
Mio. auf 11,83 Mio. Franken erhöhen. Grund dafür sind ungenügende Abklärungen der Geologie in
diesem Sanierungsbereich. Seit der Beschlussfassung durch den Grossen Rat im Januar 2010 sind
mehr als drei Jahre vergangen! Weshalb die Verantwortlichen diese grobe Fehlplanung erst jetzt bemerkten, muss offen kommuniziert werden. Wie sind die Planungsverfahren abgelaufen und wer hat
diese geführt und kontrolliert? Die dringend notwendige Sanierung verzögert sich nun um ein weiteres
Jahr. Die Kantonsstrasse in diesem Bereich ist absturzgefährdet. Dazu kommt, dass wegen des Busverkehrs auf der engen Strasse immer wieder gefährliche Verkehrssituationen entstehen. Es drängen
sich deshalb Sofortmassnahmen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit auf. So könnte eine mobile Lichtsignalanlage installiert werden, die jeweils während der Busdurchfahrten in Betrieb genommen werden könnte. Nachdem beim Bau der Wiggertalstrasse und der Sanierung der Zofinger Luzernerstrasse anschliessend grössere Reparaturarbeiten durchgeführt werden mussten, dürfen sich
diese Fehler bei der Sanierung der Mühlethalstrasse nicht mehr wiederholen. Darauf ist bei der
Vergabe der Bauarbeiten zu achten. Zudem stellt sich die Frage, wer für diese Mehrkosten aufkommt.
Der knappe Hinweis auf das Dekret, auch die Stadt Zofingen müsse sich daran beteiligen, dürfte
kaum genügen. Da der Kanton verantwortlich für diese Fehler ist, hat er auch die Mehrkosten zu
übernehmen. Die ganze Angelegenheit ist sehr unerfreulich.
Ich bitte den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:
1. Wie und mit welchen Aufträgen sind die Planungs- und Submissionsverfahren zur Sanierung der
Mühlethalstrasse in Zofingen verlaufen?
2. Welche Planungs- und Ingenieurbüros hat das Departement Bau, Verkehr und Umwelt mit den
Abklärungs- und Planungsarbeiten beauftragt?
3. Wie hat das Departement Bau, Verkehr und Umwelt die abgelieferten Unterlagen und Dokumente
auf ihre Übereinstimmung mit den Aufträgen geprüft?
4. Wie hat das Departement Bau, Verkehr und Umwelt die zuständigen Instanzen von Zofingen in
diese Abklärungs- und Planungsarbeiten einbezogen?
5. Hat sich das Departement Bau, Verkehr und Umwelt die Kenntnisse und das Wissen der ortsansässigen Instanzen gesichert?
6. Wie sieht das weitere Vorgehen zur Planung und Ausführung dieser dringend notwendigen Sanierung aus?
7. Werden die schlechten Erfahrungen beim Bau der Wiggertalstrasse und der Sanierung der Zofinger Luzernerstrasse bei der Vergabe der Bauarbeiten berücksichtigt?
8. Werden Sicherungsmassnahmen für den gefährlichen Busverkehr auf dieser engen Strecke, insbesondere der Einsatz einer mobilen Lichtsignalanlage, vorgesehen?
9. Wird auf die Beteiligung der Stadt Zofingen an diesen Mehrkosten verzichtet, nachdem die Fehler
vom Kanton und nicht von der Stadt Zofingen verursacht worden sind?
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28. Mai 2013
Art. 0030
0030 Interpellation Patricia Schreiber-Rebmann, Grüne, Wegenstetten, vom 28. Mai 2013 betreffend Bekämpfung von Neophyten durch Prävention bei Schlüssel-Stellen (Strassenbau, Forst
und Landschaftsgärtner) und über flächendeckende Aufklärung bei der Bevölkerung / Aktionstag "Neobiota"; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Patricia Schreiber-Rebemann, Grüne, Wegenstetten, und 7 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern
wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Im Juni gibt es zum zweiten Mal einen Aktionstag Neobiota. Einerseits setzen sich seit Jahren Naturschutzvereine, kommunale Bauämter und Landschaftskommissionen aktiv gegen eine weitere Verbreitung von invasiven Neophyten und Neozoen ein. Andererseits ist der Wissenstand bei vielen Gartenbesitzern immer noch sehr bescheiden. Auffallend ist vor allem, dass entlang von Baustellen (Benken) plötzlich der Japanknöterich auftaucht, oder in Waldschlaggebiete neue Herdquellen vom Drüsigen Springkraut entdeckt werden. Damit die Bekämpfung durch viele ehrenamtliche Naturliebhaber/innen auch langfristig Früchte trägt, ist es enorm wichtig, flächendeckende Aufklärung zu betreiben. Die Regierung hat in der Antwort der Interpellation 02.420 von Christine Haller geschrieben
"Handlungsbedarf mit guten Erfolgsaussichten besteht in der Prävention. Das Verschleppen dieser
problematischen Arten mit Schnittgut, Aushub oder Gartenabraum ist zu vermeiden. An unerwünschten Orten, wo sie erstmals auftreten, sind sie unmittelbar zu beseitigen." In der neuesten Ausgabe
des Umwelt-Aargaus wurde ein separates Informationsblatt des Japanischen Staudenknöterichs beigelegt. Dieses erreicht aber nur Abonnenten des Umwelt-Aargaus.
Ich bitte den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:
1. Wie wird sicher gestellt, dass bei Strassensanierungen und Strassenneubauten die berücksichtigen Baufirmen über problematischen Aushub informiert sind und diesen fachgerecht behandelt,
resp. entsorgt? Gibt es in den Auftragsvergaben entsprechende Arbeitsanweisungen, resp. Inspektionen vor Ort? Wenn ja, wie sehen diese aus?
2. Werden unsere Forstarbeiter ebenfalls laufend über die neuesten Kenntnisse der NeophytenBekämpfung informiert? Wie wird sichergestellt, dass Holz-Aufträge an Dritte ebenfalls mit der
gleichen Sorgfalt ausgeführt werden? Gibt es Massnahmen, welche eine ungewollte Verbreitung
von Samen durch Räder vermeidet?
3. Obwohl auf der Home-Page "Arten-ohne-Grenzen" sehr anschaulich dargestellt wird, was jede
Einzelperson tun kann, sind die empfohlenen Punkte mehrheitlich auf freiwilliger Basis:





keine invasiven Neophyten anpflanzen, gebietsfremde Tiere nie aussetzen. Für einige Tiere
und Pflanzen ist das Anpflanzen, Tauschen und Verkaufen gemäss Anhang 2 der Freisetzungsverordnung verboten
invasive Neophyten aus dem Garten entfernen (allenfalls mit Hilfe von Fachleuten) oder mindestens vor der Versamung schneiden um eine unkontrollierte Ausbreitung zu verhindern (Detailinformationen siehe Infoblätter Info Flora)
invasive Neophyten korrekt entsorgen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern
Topfpflanzen und Grüngut nicht in die freie Natur ausbringen (Grünabfuhr oder Kehricht)
wo immer möglich beim Kauf einheimische Pflanzen berücksichtigen
a) Gibt es Abkommen mit Landschaftsgärtnern und mit Verkaufsstellen, auf den Anbau resp.
Verkauf von Problempflanzen zu verzichten?
b) Gibt es die Möglichkeit Problempflanzen aus privaten Gärten zu entfernen, wenn durch die
jeweilige Art Folgearbeiten in der umliegenden Natur nachweisbar sind (Analog Ambrosia Bekämpfung)? Die Potenz und Verbreitung via Flugsamen beim Riesenbärenklau, bei der kanadischen Goldrute oder beim schmalblättrigen Greiskraut ist ja enorm. Falls nein – wäre es
möglich via flächendeckende Flugblätter auf die Problematik hinzuweisen? Vor allem korrekte
Informationen zum Sommerflieder und einheimische Ersatzpflanzen dazu müssten endlich in
der Bevölkerung ersichtlich werden.
4. Der Kanton hat in den letzten Jahren die Zuständigkeiten geregelt und dank einem guten HomePage-Auftritt Aufklärung betrieben. Gibt es eine kantonale Meldestelle, wo Problempflanzen aus-
27
Art. 0031-0033
28. Mai 2013
serhalb des Siedlungsgebiets gemeldet werden können, damit diese fachgerecht bekämpft resp.
entsorgt werden können?
0031 Interpellation Lilian Studer, EVP, Wettingen, vom 28. Mai 2013 betreffend Konzepterarbeitung Palliative Care im Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Lilian Studer, EVP, Wettingen, wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Palliative Care wurde mit der gesundheitspolitischen Gesamtplanung 2010 sowie der letzten Revision
des Pflegegesetzes im Kanton Aargau verankert. Ein Konzept seitens des Regierungsrats ist seit einer Weile durch eine Projektleiterin in Bearbeitung. Auch eine Arbeitsgruppe bestehend aus Personen
aus diversen Sparten im Bereich der Pflege und Fachkenntnisse Palliative Care wurde dafür eingesetzt. Dies ist begrüssenswert. Schliesslich habe ich in einem Vorstoss im Jahre 2008 schon eine
Konzepterarbeitung in Zusammenarbeit mit Fachpersonen auch gefordert. Trotzdem scheint mir als
Betrachterin von aussen der Prozessverlauf eher stagnierend. Somit bitte ich den Regierungsrat, die
untenstehenden Fragen zu beantworten:
1. Wie sieht der zeitliche Prozessverlauf bezüglich Konzepterarbeitung und möglicher Umsetzung
aus?
2. Wie ist der Regierungsrat mit dem Prozessverlauf zufrieden?
3. Welche Anpassungen, falls Handlungsbedarf gegeben ist, gedenkt er zu unternehmen?
4. Gibt es schon Erkenntnisse zur Umsetzung?
5. Gibt es seitens des Regierungsrats aufgrund der verlängerten nationalen Strategie 2013–15 und
dessen Inhalte spezifischen Handlungsbedarf für den Kanton?
0032 Interpellation Peter Voser, CVP, Killwangen, vom 28. Mai 2013 betreffend Steuerausstände
bei den Gemeinde- und Kantonssteuern; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Peter Voser, CVP, Killwangen, und 12 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Immer wieder wird festgestellt, dass die Gemeinde- und Kantonssteuern nicht fristgerecht oder gar
nicht bezahlt werden. Die Zahlungsmoral scheint für Rechnungen der öffentlichen Hand unbefriedigend zu sein. Deshalb bitte ich den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:
1. Wie viele steuerliche Ausstände gibt es zur Zeit für die Gemeindesteuern sowie für die Kantonssteuern von natürlichen und juristischen Personen?
2. Wie viele Steuern mussten als uneinbringbar abgeschrieben werden?
3. Gibt es Unterschiede zwischen Steuerzahlenden von städtischen- und ländlichen Gebieten?
4. Wie haben sich die Steuerausstände und Steuerabschreibungen in den letzten Jahren verändert?
5. Was unternimmt der Regierungsrat um diese Steuerausstände zu reduzieren?
6. Kann sich der Regierungsrat drastische Massnahmen wie zum Beispiel eine öffentliche Liste der
säumigen Steuerzahlenden vorstellen?
0033 Interpellation Milly Stöckli, SVP, Muri, vom 15. Januar 2013 betreffend Strafvollzugsantritt
in einem massiven alkoholisierten Zustand; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 2298)
Mit Datum vom 27. März 2013 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
28
28. Mai 2013
Art. 0033
Vorbemerkungen
Das Departement Volkswirtschaft und Inneres hat als Vollzugsbehörde den gesetzlichen Auftrag, angeordnete Strafen und Massnahmen zu vollziehen. Hierfür haben ihm die urteilenden Behörden, Gericht oder Staatsanwaltschaft, rechtskräftige Strafentscheide mitzuteilen und den entsprechenden
Vollzugsauftrag zu erteilen. Befindet sich die betroffene Person in Freiheit, wird ihr in der Regel der
Strafantritt angekündigt, damit sie allenfalls einen Antrag auf Vollzug in der Form der Halbgefangenschaft stellen oder gegebenenfalls ihre persönlichen Verhältnisse vor dem Sanktionsantritt regeln
kann (beispielsweise Arbeitsverhältnis, Wohnung, Sicherstellung der Betreuung unterstützungsberechtigter Personen etc.). Im Anschluss daran wird der verurteilten Person der Vollzugsbefehl mit dem
genauen Termin und dem Ort des Antritts zur zu vollziehenden Sanktion zugestellt. Von der vorhergehenden Zustellung der Ankündigung und des Vollzugsbefehls kann abgesehen werden, wenn die
Gefahr besteht, dass die verurteilte Person flüchten oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit
darstellen würde oder der Massnahmenzweck anders nicht gewährleistet werden könnte.
Eine inhaltliche Überprüfung der zu vollziehenden Entscheide steht der Vollzugsbehörde nicht zu.
Stellt sie fest, dass die ausgesprochene Sanktion faktisch nicht vollzogen werden kann, weil es keine
entsprechende Vollzugseinrichtung gibt, oder zeigt sich im Verlauf eines Sanktionsvollzugs, dass es
geeignetere Sanktionen geben würde, so teilt die Vollzugsbehörde das der urteilenden Behörde mit
und stellt allenfalls einen Antrag auf Änderung der Sanktion.
Die Fürsorgepflicht der Vollzugsbehörde gegenüber der verurteilten Person beginnt mit dem Eintritt in
die bezeichnete Vollzugseinrichtung und endet mit dem Austritt.
Zur Frage 1: "Muss mit Repressalien gerechnet werden, wenn eine Person den Strafvollzug völlig
betrunken antreten will?"
Nein, es ist nicht mit Repressalien zu rechnen. Wenn beim ersten Strafantrittstermin der Verdacht
besteht, dass eine Person in betrunkenem Zustand erschienen ist, wird ein Atemlufttest durchgeführt.
Lassen ein positives Ergebnis sowie der Zustand der betroffenen Person darauf schliessen, dass sie
besonderer Fürsorge und Überwachung bedarf, wird von der Inhaftierung in einem Bezirksgefängnis
abgesehen, weil dort die Infrastruktur nicht für die in solchen Fällen notwendige Betreuung ausgelegt
ist. Die Mitarbeitenden des Bezirksgefängnisses schicken die betroffene Person nach Hause und erstatten der einweisenden Vollzugsbehörde Meldung über diesen Vorgang. Die betroffene Person erhält anschliessend von der Vollzugsbehörde umgehend einen neuen Vollzugsbefehl mit einem neuen
Antrittstermin. Dabei wird sie ins Zentralgefängnis nach Lenzburg aufgeboten, da dort die medizinische Betreuung und Überwachung besser sichergestellt werden können. Bei Unklarheiten wird der
Amtsarzt zur Beurteilung der Hafterstehungsfähigkeit beigezogen.
Zur Frage 2: "Was passiert weiter, wenn eine Person bewusst betrunken ein zweites oder drittes Mal
ihren Strafvollzug antreten will?"
Der zweite Strafantritt erfolgt im Zentralgefängnis Lenzburg. Dort sind die notwendige Betreuung und
Überwachung auch für eine in betrunkenem Zustand einrückende Person sichergestellt.
Zur Frage 3: "Wird eine Person, die wiederholt betrunken den Strafvollzug antreten will betreffend
einer Alkoholsucht abgeklärt?"
Die Vollzugsbehörde hat ein rechtskräftiges Strafurteil gestützt auf den Vollzugsauftrag des Gerichts
oder der Staatsanwaltschaft zu vollziehen. Es ist nicht Aufgabe der Vollzugsbehörde, eine Suchtabhängigkeit und eine allfällige Massnahmenbedürftigkeit der zum Strafantritt erschienenen Person zu
prüfen. Dies ist Sache der Staatsanwaltschaft und des urteilenden Gerichts. Hat der Richter auf eine
Freiheitsstrafe erkannt, ist diese im gesetzlichen Rahmen in einer Strafvollzugseinrichtung zu vollziehen. Für den Fall einer richterlichen Massnahme stehen spezielle stationäre oder ambulante Suchteinrichtungen zur Verfügung.
29
Art. 0034
28. Mai 2013
Zur Frage 4: "Wo wird eine alkoholsüchtige Person entgiftet, bevor es zum Strafvollzug kommt?"
Die Einweisung in eine Klinik zwecks Entgiftung erfolgt nur, wenn die betreffende Person vom Amtsarzt aufgrund ihres aktuellen Gesundheitszustands beim Antritt einer Freiheitsstrafe als nicht hafterstehungsfähig beurteilt wird. Sobald der Zustand der betroffenen Person es zulässt, verfügt die Vollzugsbehörde nach vorgängiger Absprache mit den ärztlichen Fachkräften die Versetzung in den normalen Strafvollzug.
Ist eine Massnahme zur Behandlung einer Alkoholsucht angeordnet, wird die betreffende Person in
der Regel in die Klinik Königsfelden zur Einleitung der Massnahme und der damit verbundenen Entzugsphase vorgeladen.
Zur Frage 5: "Kann eine Person, die betrunken den Freiheitsentzug antreten will, auch zur Ausnüchterung direkt in eine Klinik, die dafür geeignet ist, überwiesen werden?"
Nur bei Verdacht auf eine Alkoholsucht kann für eine Entgiftung die erste Phase des Strafvollzugs in
der Klinik durchgeführt werden, sollte sich dies bei Strafantritt als notwendig erweisen. Ein Klinikaufenthalt zur blossen Ausnüchterung ist dagegen nicht verhältnismässig.
Zur Frage 6: "Kann eine Person auch direkt von zu Hause, unangemeldet durch die Polizei, abgeholt
und inhaftiert werden?"
Wenn eine Person der Vorladung zum Strafantritt nicht Folge leistet, ist eine umgehende Verhaftung
durch die Polizei möglich. Dieses Vorgehen wird in der Vorladung so angedroht. Ohne vorhergehende
ordentliche Vorladung kann nur bei offensichtlicher Fluchtgefahr oder erheblicher Gefährdung der
öffentlichen Sicherheit eine Verhaftung zur Sicherung des Strafvollzugs angeordnet werden.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'045.–.
Mit Datum vom 21. April 2013 hat sich die Interpellantin, Milly Stöckli, SVP, Muri, gemäss § 84 Abs. 2
GO schriftlich von der Antwort des Regierungsrats befriedigt erklärt. Das Geschäft ist somit erledigt.
0034 Interpellation Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch, Richard Plüss, SVP, Lupfig
(Sprecher), und Martin Wernli, SVP, Thalheim, vom 15. Januar 2013 betreffend regierungsrätliche Beurteilung der Möglichkeiten, das Ansehen der Hausärzte beiderlei Geschlechts
im Aargau weiterhin hochzuhalten und das Strassenverkehrsamt an die Grenzen seiner Kompetenzen zu erinnern; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 2299)
Mit Datum vom 27. März 2013 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Vorbemerkungen
Alle Fahrzeuglenkerinnen und Fahrzeuglenker in der Schweiz müssen sich periodischen vertrauensärztlichen Kontrolluntersuchung unterziehen: Bei höheren Kategorien gilt vor Erreichen des 50. Altersjahrs eine Periode von fünf Jahren und anschliessend bis zum 70. Altersjahr eine solche von drei Jahren. Für alle Kategorien besteht ab 70 Jahren die Pflicht zur Untersuchung alle zwei Jahre (vgl. Art. 27
Abs. 1 Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr [Verkehrszulassungsverordnung, VZV] vom 27. Oktober 1976). Gemäss § 19b Satz 1 der Strassenverkehrsverordnung (StrVV) ernennt das Strassenverkehrsamt die Vertrauensärztinnen und Vertrauensärzte gemäss der VZV.
Die generelle Pflicht zu periodischen Kontrolluntersuchungen darf nicht verwechselt werden mit Verpflichtungen aufgrund von Auflagen. Solche muss das Strassenverkehrsamt je nach Sachlage im Einzelfall anordnen. Als Beispiele erwähnt seien: Die Pflicht zum Tragen einer Brille oder von Kontaktlinsen während der Fahrt, die Verpflichtung zu Blutzuckerkontrollen vor Fahrtantritt bei Diabetikern oder
die vollständige Abstinenz auf Alkohol, Drogen und/oder weitere Substanzen. Die Überwachung der
Einhaltung von Auflagen hat im Einzelfall sachgerecht zu erfolgen. Bei der Brillentragpflicht sind polizeiliche Kontrollen im Verkehr das richtige Mittel. Bei Abstinenzverpflichtungen sind laufende ver-
30
28. Mai 2013
Art. 0034
kehrsmedizinische Untersuchungen unerlässlich, wobei das Strassenverkehrsamt gemäss allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen die Kontrollstelle in jedem Einzelfall mittels Verfügung bezeichnen muss. Zudem ist in § 19 Abs. 1 Satz 2 StrVV festgehalten, dass das Strassenverkehrsamt
die weiteren für die verkehrspsychologischen und verkehrsmedizinischen Eignungsuntersuchungen
zuständigen Fachstellen oder Fachpersonen zu bezeichnen hat. Diese Bestimmung entspricht inhaltlich dem bis 1. Januar 2012 geltenden alten § 19 Abs. 2 und 3 StrVV. Das Strassenverkehrsamt hat
somit seit jeher die Kompetenz, die für die Abstinenzkontrollen Zuständigen generell zu bezeichnen.
Während Jahrzehnten, bis Frühjahr 2012, beauftragte das Strassenverkehrsamt die Hausärztinnen
und Hausärzte mit den Abstinenzkontrollen. Rund 400 frei praktizierende Ärztinnen und Ärzte, vornehmlich aus dem Kanton Aargau, führten die Kontrollen durch, wobei auf eine Ärztin beziehungsweise einen Arzt in der Regel wenige zu Kontrollierende entfielen. Das Strassenverkehrsamt hatte dabei
mit allen Ärztinnen und Ärzten direkten Kontakt. Kontrollen sind nur sinnvoll, wenn ungünstig lautende
Analyseresultate, welche auf einen Verstoss gegen die Abstinenzauflage hinweisen, umgehend gemeldet werden. Leider musste das Strassenverkehrsamt in Einzelfällen selbst in jüngster Vergangenheit feststellen, dass dieser Pflicht nicht nachgekommen werden konnte. Damit bürden sich Ärztinnen
und Ärzte die Verantwortung auf, dass Rückfällige trotz Kenntnis der Ärztin beziehungsweise des
Arzts über die Auflagenmissachtung allenfalls unter Substanzeneinfluss Verkehrsunfälle verursachen.
Aufgrund solcher und ähnlicher Erfahrungen, aber auch angesichts der Fortschritte in der Verkehrsmedizin, mussten die Abstinenzkontrollen immer präziser geregelt werden. Zur Illustration seien Beispiele aus dem jüngsten Merkblatt betreffend Überwachung der Drogenabstinenz angeführt:
"Die Aufgebote müssen innert Tagesfrist erfolgen. Die Aufgebote müssen für den Betroffenen unvorhersehbar
sein. Die Urinabgabe hat unter Aufsicht stattzufinden. Bei Verdacht auf Manipulation der Urinprobe muss die
Temperatur des Urins bestimmt werden."
Eine vertiefte Analyse unter Einbezug der schweizweiten Entwicklung ergab, dass eine nachhaltig
sichere, faire und gleiche Durchführung der Abstinenzkontrollen eine Ernennung der für die Abstinenzkontrollen Zuständigen analog der Ernennung der Vertrauensärztinnen und Vertrauensärzte gemäss § 19 Abs. 1 Satz 1 StrVV erfordern würde. Ernennungsvoraussetzungen wären insbesondere
eine Weiterbildung, die Einführung eines Qualitätsmanagements (für das Untersuchungsprozedere
und die Analysen) sowie die Sicherstellung der Möglichkeit zur Umsetzung neuester Analysemethoden (Haaranalysen) gewesen. Die Weiterbildung hätte nicht nur von den Ärztinnen und Ärzten, sondern auch vom Praxispersonal, das für die Fristenkontrollen, die Überwachung der Urinabgaben etc.
zuständig ist, besucht werden müssen.
Die Abstinenzkontrollen wurden mit den Ärztinnen und Ärzten laufend thematisiert, so auch anlässlich
der Weiterbildungen für Vertrauensärztinnen und Vertrauensärzte der Stufe 1 (Kontrolluntersuchungen für Lenkende 70 und älter) im Jahr 2011, welche von rund 300 Ärztinnen und Ärzten besucht
worden ist. Das Strassenverkehrsamt stellte fest, dass die neuen Erkenntnisse die Suche nach neuen
Lösungsansätzen notwendig machte.
Seit April 2012 führt das Kantonsspital Aarau (KSA) für das Strassenverkehrsamt Abstinenzkontrollen
durch. Bereits früher angeordnete Abstinenzkontrollen werden von den in den Verfügungen Bezeichneten zu Ende geführt mit Ausnahme von Fällen, in welchen Unregelmässigkeiten festgestellt werden.
So können die Ärztinnen und Ärzte des Kantons Aargau ihre knapp bemessenen Ressourcen der
Heilung und Therapie ihrer Patientinnen und Patienten widmen. Sie sind entlastet von sachfremden
"polizeilichen" Überwachungsaufgaben, welche den ordentlichen Abläufen in einer Praxis entgegenstehen. Auch sind damit für den Kanton Aargau Abstinenzkontrollen nach dem Grundsatz "best practice" nachhaltig sichergestellt. Insbesondere verfügt das KSA über ein schweizweit führendes, aktives
Qualitätsmanagement, das alle Bereiche systematisch analysiert und standardisiert. Die ersten Erkenntnisse zur neuen Lösung sind nur positiv. Es besteht die Gewähr, dass im Kanton Aargau Abstinenzkontrollen nachhaltig state of the art und kundenorientiert durchgeführt werden. Voraussichtlich
per April 2013 wird das KSA nebst der Anlaufstelle im Bahnhof Aarau noch eine Zweigstelle in Baden,
in Bahnhofsnähe, eröffnen.
Der direkte Kontakt und die rasche Information der Ärztinnen und Ärzten ist dem Strassenverkehrsamt
ein Anliegen. Zusätzlich zu den hergebrachten Kommunikationskanälen werden Newsletter via E-Mail
versandt und im Internet publiziert (www.ag.ch/de/dvi/strassenverkehr/strassenverkehr.jsp) => Körperbehinderung & Verkehrsmedizin => Vertrauensärzte => Newsletter Vertrauensärzte). In der
Newsletter 01/2012 (Versanddatum 16. Mai 2012) wurden zu den Neuerungen bei den Abstinenzkontrollen mitgeteilt:
31
Art. 0034
28. Mai 2013
"Weiter können wir Sie über eine erfreuliche Entlastungsmassnahme für die Vertrauensärztinnen informieren. Bis
anhin übernahmen primär Vertrauensärzte die Aufgabe, die Einhaltung von Abstinenzauflagen zu kontrollieren.
Diese Aufgabe war für diese oftmals mühevoll und mit Ärger verbunden. Für die Kunden des Strassenverkehrsamtes war es deshalb manchmal schwierig, überhaupt eine Kontrollärztin oder einen Kontrollarzt zu finden."
Das in der Interpellation erwähnte Merkblatt ist auf der Internetseite www.ag.ch/
de/dvi/strassenverkehr/formulare_dokumente/aerztliches/aerztliches_2.jsp publiziert. Es wurde im
Januar 2013 nachdatiert, inhaltlich aber nicht verändert.
Zur Frage 1: "Teilt der Regierungsrat die im ausgegebenen Merkblatt offenkundige Auffassung des
Strassenverkehrsamts, dass die Abstinenzkontrollen bisher unfair, uneinheitlich und unprofessionell
durchgeführt wurden?"
Das Strassenverkehrsamt stellte im Merkblatt die Neuregelung vor: Dank der Mithilfe des KSA sind
optimale Abstinenzkontrollen nachhaltig gewährleistet. In jedem Einzelfall ist sichergestellt, dass die
Kontrolle auf den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert und fair, rechtsgleich und kostengerecht ist.
Ein Vergleich mit der bisherigen Praxis im Kanton Aargau oder der aktuellen Praxis anderer Kantone
sollte damit nicht angestellt werden. Insbesondere ging es nicht darum, die Qualität der bisherigen
Abstinenzkontrollen anzuzweifeln oder die Verdienste der aargauischen Ärztinnen und Ärzte für die
Verkehrssicherheit herab zu würdigen. Vielmehr initiierte das Strassenverkehrsamt aufgrund von
Rückmeldungen und im Interesse der im Kanton Aargau frei praktizierenden und in der Verkehrsmedizin tätigen Ärztinnen und Ärzten die Zusammenarbeit mit dem KSA. Wie allen Vertrauensärztinnen
und Vertrauensärzte persönlich kommuniziert und im Internet allgemein zugänglich publiziert wurde,
war die Neuerung eine Entlastungsmassnahme. Die frei praktizierenden Ärztinnen und Ärzte sollten
von der oftmals mühevollen und mit Ärger verbundenen, undankbaren, aufwendigen und sachfremden
Arbeit der Überwachung polizeilicher Auflagen entbunden werden. Damit konnte zudem zumindest
mittelfristig sichergestellt werden, dass trotz sich verschärfendem Ärztemangel und trotz stetig zunehmender Zahl von Führerausweisinhaberinnen und Führerausweisinhabern von 70 und mehr Jahren die eigentliche medizinische Tätigkeit, die Durchführung der periodischen Kontrolluntersuchungen,
im Kanton Aargau nach wie vor durch frei praktizierende Ärztinnen und Ärzte wahrgenommen werden
kann.
Zur Frage 2: "Ist der Regierungsrat der Meinung, dass die Hausärzte und Hausarztpraxen in jeder
Hinsicht gestärkt und nicht durch Entzug von Aufgaben und Kompetenzen geschwächt werden sollten?"
Wie in der Antwort zur Frage 1 ausgeführt, sollen die frei praktizierenden Hausärztinnen und Hausärzte von belastenden Kontrollaufgaben befreit werden, so dass mehr Zeit zur Bewältigung der ärztlichen
Kernaufgaben zur Verfügung steht. Beabsichtigt ist somit eine Stärkung der Hausärzteschaft.
Die bisher im Kanton Aargau zur Stärkung der ärztlichen Grundversorgung in die Wege geleiteten
Massnahmen (Mitfinanzierung der Praxis-Weiterbildungs-Assistenz und von Hausarztmentoren sowie
Finanzierung der einheitlichen ärztlichen Notrufnummer) zeigen den hohen Stellenwert, den der Regierungsrat den Hausärztinnen und Hausärzten zollt, speziell auch im Hinblick auf den sich künftig
deutlich verstärkenden Mangel. Es ist dem Regierungsrat ein wichtiges Anliegen, auch in der Zukunft
eine flächendeckende, qualitativ hochstehende und für alle Bewohnerinnen und Bewohner zugängliche Grundversorgung aufrechterhalten zu können.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'517.–.
Mit Datum vom 19. April 2013 hat sich namens der Interpellanten Richard Plüss, SVP, Lupfig, gemäss
§ 84 Abs. 2 GO schriftlich von der Antwort des Regierungsrats befriedigt erklärt. Das Geschäft ist somit erledigt.
32
28. Mai 2013
Art. 0035
0035 Interpellation der GLP-Fraktion vom 3. Juli 2012 betreffend Gerichts- und Verkehrsmedizin im Kanton Aargau; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 2005)
Mit Datum vom 28. November 2012 hat der Regierungsrat die Interpellation beantwortet.
Zur Frage 1: "Ist es zutreffend, dass die Dienstleistungen für die gerichts- und verkehrsmedizinischen
Untersuchungen vor sehr langer Zeit (vor ca. 20 Jahren) an den Kanton oder die Universität Bern
vergeben wurden? Wann war das? Wer waren die Vertragspartner? Um welche Art von Vertrag handelte es sich (Staatsvertrag, offenes/befristetes/kündbares Auftragsverhältnis...)?"
Seit 1996 besteht mit dem Institut für Rechtsmedizin (IRM) der Universität Bern ein Dienstleistungsvertrag. Dieser umfasst die Leistungen (Begutachtung, Beratung sowie Weiterbildung) in den Bereichen forensische Medizin, forensische Chemie und forensische Molekularbiologie. Hauptbezüger der
Leistungen sind die Staatsanwaltschaft und die Kantonspolizei.
Bei der Vereinbarung handelt es sich um einen interkantonalen Vertrag beziehungsweise ein Konkordat, welches vom Grossen Rat am 14. November 1995 genehmigt wurde. Das Konkordat enthält in
Ziffer 4 eine Kündigungsklausel, gemäss welcher beide Parteien berechtigt sind, mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten von der Vereinbarung zurückzutreten. Wird der Vertrag nicht gekündigt,
läuft er ein weiteres Kalenderjahr weiter.
Zur Frage 2: "Auf welchen Grundlagen basieren die finanziellen Abgeltungen, die der Kanton Aargau
für diese Dienstleistungen nach Bern zu entrichten hat? Unterliegen diese ganz oder zu Teilen tariflichen Regelwerken, wie Tarmed oder Eidg. Analyseliste o. ä.? Welche Bereiche unterliegen allenfalls
keinem tariflichen Regelwerk? Um welche Beträge (in CHF) handelt es sich in den verschiedenen
Dienstleistungskategorien?"
In Ziffer 2 des Vertrags mit dem IRM Bern ist geregelt, dass die Dienstleistungen des IRM den Organen der Rechtspflege nach den kantonalbernischen Tarifen gemäss Verordnung über die Tarife des
IRM verrechnet werden. Bis 2011 war die Grundlage für den Tarif die Direktionsverordnung über die
Gebühren des Instituts für Rechtsmedizin und des Forensisch-Psychiatrischen Dienstes der Medizinischen Fakultät der Universität Bern (GebDV IRM) vom 22. September 2006; diese wurde jedoch per
1. Februar 2011 aufgehoben. Gemäss Art. 122a der bernischen Verordnung über die Universität
(UniV) erlässt heute direkt die Universitätsleitung die Tarife für die ständigen Dienstleistungen der
Universität. Sie kann Tarifvereinbarungen verbindlich erklären, die zwischen Tarifpartnern im Gesundheitswesen und in der Tiermedizin getroffen werden.
Für die vom Kanton Aargau bezogenen rechtsmedizinischen Leistungen gelten gegenwärtig immer
noch die Tarife gemäss Anhang I GebDV IRM. Das Gesamtvolumen der durch die Justiz- und Verwaltungsbehörden des Kantons Aargau beim IRM Bern bezogenen Leistungen lag in den vergangenen
Jahren zwischen 2–2,5 Millionen Franken pro Jahr. Detaillierte Auswertungen zu den einzelnen Leistungskategorien liegen nicht vor. Sie werden im Rahmen des Projekts für den künftigen Bezug der
rechtsmedizinischen Leistungen erarbeitet.
Zur Frage 3: "Wurde über diese ca. 20 Jahre das ganze Vertragswerk oder die Preisbildung regelmässigen Evaluationen oder gar Ausschreibungen unterzogen? Kann von einer marktähnlichen Situation gesprochen werden, oder handelt es sich um eine eng spezialisierte Dienstleistung mit nur wenigen und/oder kaum verfügbaren Anbietern?"
Es wurden bis heute keine Evaluationen oder Ausschreibungen vorgenommen. Die Dienstleistungen
sind sehr spezialisiert. Aus geografischen Gründen kamen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
nur die IRM der Kantone Bern, Basel und Zürich – und mithin nur wenige Leistungsanbieter – als Vertragspartner in Frage. Da lediglich das IRM Bern zu einer Kooperation mit dem Kanton Aargau bereit
war, wurde mit diesem eine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen.
Zur Frage 4: "Ist es zutreffend, dass heute die Kantonsspital Aarau AG (KSA) die gerichts- und verkehrsmedizinischen Untersuchungen vorwiegend erbringen, d.h. die Aargauer Behörden werden von
33
Art. 0035
28. Mai 2013
KSA-Personal beraten und bedient? Ist es zutreffend, dass die führenden Spezialisten von Bern heute
beim KSA angestellt sind? Falls ja: (i) seit wann ist das so?, (ii) sind dadurch preisliche Unterschiede
gegenüber Bern feststellbar?, (iii) sind für die Aargauer Behörden Unterschiede in der Dienstleistungsqualität bemerkbar? Was ist die Vertragssituation heute (3. Juli 2012)?"
Das Kantonsspital Aarau (KSA) beziehungsweise dessen Institut für Rechtsmedizin (IRMAG) erbringt
heute einerseits verkehrmedizinische Leistungen, im Rahmen von vier im Jahr 2011 mit dem Strassenverkehrsamt abgeschlossenen Vereinbarungen (Kontrolle von Auflagen, Durchführung von Begutachtungen und Weiterbildung von Vertrauensärzten). Andererseits übernimmt es vereinzelt im Bereich
der Gerichtsmedizin rechtsmedizinische Leistungen, dies jedoch im Auftrag des IRM Bern, für welches
das KSA (IRMAG) gestützt auf eine Vereinbarung zwischen den beiden IRM Aufträge übernimmt.
Es ist zutreffend, dass mehrere Ärzte das IRM Bern verlassen haben und nun im Dienst des KSA
(IRMAG) stehen.
Zur Frage 4i: Die genannten Ärzte wechselten im Verlauf dieses Jahrs vom IRM Bern in das KSA
(IRMAG).
Zu den Fragen 4ii und 4iii: In Bezug auf allfällige preisliche Unterschiede lassen sich keine Veränderungen feststellen. Unabhängig davon, ob das IRM Bern oder in dessen Auftrag das IRMAG die Leistungen erbringt, erfolgt die Rechnungsstellung nach den Tarifen, die gemäss der Vereinbarung mit
dem IRM Bern massgebend sind.
Auch was die Qualität der Leistungen anbetrifft, sind keine grossen Unterschiede feststellbar. Die
Qualität der Leistungen ist weiterhin hoch, wobei vom IRMAG erstellte Berichte wesentlich schneller
als früher eintreffen.
Zum heutigen Zeitpunkt gilt noch immer der Vertrag mit dem IRM Bern aus dem Jahr 1996.
Zur Frage 5: "Ist der Regierungsrat der Ansicht, dass für die Aargauer Behörden in Sachen Gerichtsund Verkehrsmedizin heute eine gute Situation vorliegt: schnell, umfassend, fachkompetent und ökonomisch effizient? Falls nein: wo ortet der Regierungsrat die Schwachstellen, und was hat er vor,
diesbezüglich zu unternehmen?"
Der Vertrag mit dem IRM Bern wurde seit dem Abschluss nie überprüft. Die Zusammenarbeit mit dem
IRM Bern funktioniert bisher grundsätzlich sehr gut. Die Art und das Volumen der Leistungen haben
sich bis heute jedoch wesentlich verändert. Das Leistungsvolumen ist heute viel höher, als dasjenige,
von welchem bei Vertragsabschluss ausgegangen wurde.
Ausserhalb des Vertrags mit dem IRM Bern hat sich im Lauf der Zeit eine vielfältige Zusammenarbeit
mit zahlreichen Kliniken und Ärzten entwickelt. Die Zusammenarbeit erfolgt jedoch bisher mehrheitlich
einzelfallbezogen und ist nicht durch Leistungsaufträge abgesichert. Dadurch ergeben sich häufig
Probleme bei der rechtzeitigen Verfügbarkeit der Leistungen (vor allem im Bereich Gutachten), was zu
Verfahrensverzögerungen führt. Aufgrund der wenig strukturierten Zusammenarbeit stellen sich heute
auch Fragen der Wirtschaftlichkeit beziehungsweise von Qualität und Kosten.
Im Bereich Verkehrsmedizin (Überprüfung Fahreignung), die hinsichtlich Gutachten und Ausbildung
der Ärzteschaft nicht Gegenstand des Vertrags mit dem IRM Bern ist, ist in den letzten Jahren ein
grosser Zusatzbedarf an rechtsmedizinischen Leistungen entstanden, der in den nächsten Jahren,
insbesondere aufgrund der neuen eidgenössischen gesetzlichen Regelungen im Rahmen des Massnahmepakets "Via sicura", weiter stark wachsen wird. Im Sinne einer vorläufigen Lösung hat das KSA
die Sicherstellung der entsprechenden Leistungen teilweise übernommen.
Das KSA hat im vergangenen Jahr mit dem IRMAG ein eigenes IRM mit den vier Abteilungen forensische Medizin, forensische Genetik, forensische Toxikologie und Verkehrsmedizin aufgebaut, welches
ab Anfang 2013 voll funktionsfähig sein wird. Der Vorteil einer Zusammenarbeit mit dem IRMAG liegt
insbesondere in der örtlichen Nähe des Instituts zu den einzelnen Leistungsbezügerinnen und Leistungsbezügern und damit in einer schnelleren Leistungserbringung.
Der Regierungsrat beabsichtigt deshalb, den Vertrag mit dem IRM Bern per Ende 2013 zu kündigen
und eine neue Vereinbarung betreffend die künftige Erbringung der rechtsmedizinischen Leistungen
für den Kanton Aargau mit der Kantonsspital Aarau AG (IRMAG) abzuschliessen. Der Abschluss dieser Vereinbarung setzt voraus, dass das IRMAG seine Leistungen zu vergleichbaren Kosten wie die
übrigen IRM in der Schweiz erbringt.
34
28. Mai 2013
Art. 0036
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'350.–.
Portmann-Müller Barbara, GLP, Lenzburg: Es mag ja häufig stimmen, dass die Mühlen der Verwaltung langsam laufen. Aber nicht immer. Hier hat das Departement gemerkt, dass der Handlungsbedarf
derart gross war, dass die Botschaft zur Verbesserung der heutigen Situation bereits bei uns eingetroffen war, noch bevor unsere Interpellation traktandiert wurde. Wir sind logischerweise sehr zufrieden. Inhaltlich soll aber doch nochmals kurz gesagt werden, dass es schon ein starkes Stück ist, wenn
ein Auftragnehmer – die Universität Bern – über Jahrzehnte ohne Überprüfung die Preise für den Kanton einseitig festlegen kann. Und es ist sogar grotesk, wenn der Aargau mit dem Auftragnehmer Universität Bern einen Vertrag aufrecht erhält, zu dem dieser die Leistungen im Kantonsspital Aarau
(KSA) einkaufen muss, weil die Fachleute nicht mehr vorhanden sind, weil sie eben ins KSA abgewandert sind. Da drängt sich schon die Frage auf, warum solche Verträge nicht regelmässig auf Bedarf, Inhalt und Bedingungen überprüft werden.
Vorsitzende: Namens der Interpellantin erklärt sich Barbara Portmann von der Antwort befriedigt. Das
Geschäft ist erledigt.
0036 Motion Franz Hollinger, CVP, Brugg, vom 28. August 2012 betreffend Integration von Ausländerinnen und Ausländern durch Information; Umwandlung in ein Postulat; Überweisung an
den Regierungsrat
(vgl. Art. 2044)
Mit Datum vom 21. November 2012 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender Begründung abzulehnen, beziehungsweise erklärt er sich bereit, sie als Postulat entgegenzunehmen:
1. Gemäss Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) sorgen Bund, Kantone und
Gemeinden für eine angemessene Information der Ausländerinnen und Ausländer über die Lebensund Arbeitsbedingungen in der Schweiz, insbesondere über ihre Rechte und Pflichten, und weisen auf
bestehende Angebote zur Integrationsförderung hin. Diese Informationen bilden eine wichtige Grundlage für die Orientierung im Alltag und die Basis, den Integrationsprozess in Gang zu setzen. Je
schneller neuzugezogene Personen die Funktionsweise der Wohngemeinde, des Schulsystems, der
Arbeitswelt und anderer wichtiger Lebensbereiche verstehen, über Rechte und Pflichten orientiert sind
und die wichtigen Orte und Angebote der Gemeinde und der Region kennen, desto schneller sind sie
in der Lage, die Eigenverantwortung für ihren Integrationsprozess zu übernehmen.
2. Gegenwärtig unterstützt der Kanton Aargau im Rahmen des kantonalen Programmkonzepts "Sprache und Bildung" und des "Umsetzungskonzepts zur Integration der ausländischen Bevölkerung im
Kanton Aargau" verschiedene Massnahmen zur Integrationsförderung. Die entsprechenden Angebote
wurden in den letzten Jahren angesichts des grossen Bedarfs ausgebaut.
3. Ab dem Jahr 2014 wird der Bund neu die spezifische Integrationsförderung der Kantone auf der
Grundlage von den derzeit in Erarbeitung befindlichen Kantonalen Integrationsprogrammen (KIP) mit
zusätzlichen finanziellen Mitteln unterstützen. Es sind folgende Handlungsbereiche für die Massnahmen im Rahmen der KIP vorgegeben: "Information und Beratung", "Bildung und Arbeit" sowie "Verständigung und gesellschaftliche Integration". Auf der Grundlage einer im Herbst 2011 im Kanton Aargau durchgeführten Bestandes- und Bedarfsanalyse, deren Resultate seit Mai dieses Jahrs vorliegen,
wird in Absprache mit den verschiedenen Departementen, den Gemeinden und den Akteuren der
Integrationsförderung ein Aktionsplan mit den Massnahmen der spezifischen Integrationsförderung
der Jahre 2014–2017 formuliert. Es soll aufgezeigt werden, mit welchen Massnahmen der Integrationsprozess der Migrantinnen und Migranten gefördert werden kann und wie die Gemeinden in ihren
Integrationsbemühungen unterstützt werden können.
Aus der durchgeführten Befragung der Gemeinden zu ihrer aktuellen Praxis im Bereich der "Erstinformation von Neuzuziehenden" ging hervor, dass diese verstärkt werden soll und eine Mehrzahl der
Gemeinden (ca. 74 %) an einer Unterstützung durch den Kanton interessiert ist. Weiter machte die
Befragung deutlich, dass die Bedürfnisse der Gemeinden je nach Grösse des Ausländeranteils unter-
35
Art. 0037
28. Mai 2013
schiedlich sind. Der Regierungsrat ist der Ansicht, dass dies entsprechend zu berücksichtigen sein
wird.
Ein Schwerpunkt muss auf einer systematischen und zielgruppengerechten Information der Migrantinnen und Migranten in enger Zusammenarbeit mit den Gemeinden und weiteren Akteurinnen und Akteuren liegen. Aktuell werden mit einzelnen Gemeinden Modelle im Bereich "Erstinformation" und
"Willkommenskultur/Neuzuzügeranlässe" getestet, um auf der Grundlage dieser praktischen Erfahrungen geeignete Modelle zu erarbeiten, die den Gemeinden im Rahmen des KIP zur Umsetzung
empfohlen werden können.
Unter Berücksichtigung des derzeitigen Stands der Arbeiten scheint es angesichts der unterschiedlichen Bedürfnisse in den Gemeinden wenig sinnvoll, eine starre Verpflichtung zu
einem Informationsgespräch mit allen neuzugezogenen Ausländerinnen und Ausländern vorzusehen.
Die Gemeinden sollten gemäss den jeweiligen Voraussetzungen selbst über die geeignete Form der
Umsetzung des Informationsauftrags entscheiden, wobei der Kanton voraussichtlich verschiedene
Formen der Unterstützung anbieten wird (zum Beispiel Informationsmaterial oder Empfehlungen und
Anleitungen aus Modellversuchen). Des Weiteren wäre eine generelle Verpflichtung der Ausländerinnen und Ausländer zu Informationsgesprächen kaum umsetzbar, da sie in der bestehenden Ausländergesetzgebung, die in ausschliesslicher Bundeskompetenz liegt, nicht vorgesehen ist und deshalb
keine Sanktionsmöglichkeiten bestehen. Der Regierungsrat erachtet es deshalb nach heutigem
Kenntnisstand als nicht angemessen, Form und Inhalt sowie Zuständigkeit für die Erstinformation mit
einer gesetzlichen Grundlage auf kantonaler Ebene vorweg zu nehmen.
Das KIP, welches derzeit erarbeitet wird, setzt sich unter anderem mit der Thematik der Information
und Erstinformation auseinander. Es soll nach derzeitiger Planung im Verlauf des ersten Halbjahrs
2013 dem Regierungsrat und im dritten Quartal 2013 dem Grossen Rat vorgelegt werden. Da das
Anliegen der Motion in diesem Rahmen bearbeitet wird, ist der Regierungsrat bereit, sie als Postulat
entgegenzunehmen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'045.–.
Vorsitzende: Der Motionär ist mit der Umwandlung in ein Postulat einverstanden. Das Postulat ist
unbestritten. Es wird stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen.
0037 Motion der SVP-Fraktion vom 30. Oktober 2012 betreffend Herstellung der Gemeindeautonomie im Bereich der Bewilligung für den Ausschank von Spirituosen an Quartierfesten und
dergleichen; Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 2159)
Mit Datum vom 16. Januar 2013 erklärt sich der Regierungsrat bereit, die Motion mit folgender Erklärung entgegenzunehmen:
Der Kleinhandel mit Spirituosen ist nach geltendem Recht bewilligungspflichtig (§ 9 Gesetz über das
Gastgewerbe und den Kleinhandel mit alkoholhaltigen Getränken [Gastgewerbegesetz, GGG; SAR
970.100]). Bewilligungspflichtig sind insbesondere Ausschank und Verkauf von Spirituosen. Das kantonale Gastgewerberecht unterscheidet zwischen regulären Gastgewerbebetrieben und Einzelanlässen. Einzelanlässe sind Anlässe von Landwirtschaftsbetrieben, Vereinen und ähnlichen Organisationen, an denen gewirtet wird. Die Durchführung solcher Anlässe darf dabei bloss eine Nebentätigkeit
des Betriebs, des Vereins oder der Organisation sein (§ 4 Verordnung über das Gastgewerbe und den
Kleinhandel mit alkoholhaltigen Getränken [Gastgewerbeverordnung, GGV; SAR 970.111]). Die vorliegende Motion betrifft in der Sache die Erteilung der Bewilligung für den Ausschank von Spirituosen
an Einzelanlässen. Die Zuständigkeit zur Erteilung der Kleinhandelsbewilligung für diese Anlässe soll
an die Gemeinden übertragen werden.
Eine solche Änderung des Gastgewerberechts hat der Kanton den Verbänden der Gemeindeammänner, der Gemeindeschreiberinnen und Gemeindeschreiber sowie der Finanzfachleute bereits im Jahr
2011 vorgeschlagen. In einer zwischen Juni und August 2011 durchgeführten Umfrage hat das Departement Volkswirtschaft und Inneres diesen Verbänden folgenden Vorschlag unterbreitet: Die Kompetenzen zur Erteilung von Kleinhandelsbewilligungen sowie zur Erhebung der Spirituosenabgabe für
Einzelanlässe sollen auf die Gemeinden übertragen werden. Dieser Vorschlag stiess jedoch sowohl
beim Verband Aargauer Gemeindeschreiberinnen und Gemeindeschreiber als auch bei der Gemeindeammänner-Vereinigung des Kantons Aargau auf Ablehnung. Der Verband Finanzfachleute Aargau-
36
28. Mai 2013
Art. 0037
er Gemeinden hat den Vorschlag hingegen befürwortet. Weil die Gemeindeverbände damals das Vorhaben überwiegend nicht unterstützten, wurde es nicht weiterverfolgt.
Der Regierungsrat erachtet eine Kompetenzübertragung an die Gemeinden für Einzelanlässe (Erteilen
der Kleinhandelsbewilligung und Erheben der Spirituosenabgabe) nach wie vor als sinnvoll: Einzelanlässe – etwa Quartierfeste – sind häufig lokal verwurzelt; die Gemeinden sind mit den lokalen Verhältnissen besser vertraut als die kantonalen Behörden. Sie sind zudem bereits heute Ansprechpartnerinnen für die Organisatorinnen und Organisatoren von Einzelanlässen, indem sie etwa die (Kleinhandels-)Bewilligungsgesuche entgegennehmen und an den Kanton zur Bewilligungserteilung weiterleiten.
Die Alkoholgesetzgebung des Bundes wird derzeit einer Totalrevision unterzogen. Die Frage der Bewilligungspflicht für den Kleinhandel mit Spirituosen erscheint dabei in einem neuen Licht: Der Entwurf
des Bundesrats für ein neues Alkoholhandelsgesetz sieht die gänzliche Abschaffung der Kleinhandelsbewilligungen vor. Den Kantonen soll freigestellt sein, ob sie weiterhin eine solche verlangen wollen. Zurzeit ist offen, welchen Weg der Kanton Aargau verfolgen wird. Sollte er ebenfalls auf die Bewilligungspflicht verzichten, fällt die Frage der Zuständigkeit der Bewilligungserteilung weg. Sollte die
Bewilligungspflicht bestehen bleiben, sei es von Bundesrechts oder von kantonalem Recht wegen, soll
die Änderung des kantonalen Gastgewerberechts dahingehend in Angriff genommen werden, als dass
zukünftig die Gemeinden die Kleinhandelsbewilligungen für Einzelanlässe erteilen und allfällige Abgaben erheben.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 868.–.
Studer Lilian, EVP, Wettingen: Wir bestreiten diese Motion. Nicht wahr, auf den ersten Blick scheint
der Vorstoss sehr plausibel; insbesondere aus Effizienzgründen: Weniger Umtriebe für Festveranstalter sowie eben für auch den Kanton – und das ist ja eigentlich begrüssenswert. Doch da machen es
sich der Kanton und die Motionäre ein wenig zu einfach. Warum haben sich vor zwei Jahren sowohl
der Verband Aargauer Gemeindeschreiberinnen und Gemeindeschreiber als auch die Gemeindeammännervereinigung des Kantons Aargau dagegen ausgesprochen? Sicher auch aus arbeitstechnischen Gründen, denke ich. Ich bin jedoch überzeugt, dass es den Gemeinden wegen der Nähe zu
den Bürgern schwer fällt, eine Nichtbewilligung auszuteilen oder durchzusetzen. Dies kann hier ein
Vorteil, aber eben auch ein Nachteil sein. Es stellt sich auch die Frage, warum man etwas, das sich
bewährt hat, nicht beibehalten sollte? Die EVP ist immer noch klar für eine Bewilligungspflicht sowie
eine höhere Bewilligungsinstanz, also der Kanton und nicht die Gemeinden, weil eben Auflagen doch
noch eher eine Wirkung erzielen. Ein Postulat hätten wir womöglich befürwortet, um das Thema eventuell noch genauer zu betrachten und zu beleuchten. Doch in dieser harten Form können wir es nicht
unterstützen. Wie gesagt, der Vorstoss tönt plausibel, doch eine einfachere Lösung ist es nicht. Eher
eine Abschiebung des Problems.
Glarner Andreas A., SVP, Oberwil-Lieli: Doch noch Dankeschön. Was wollen wir? Wir wollen, dass für
ein Quartierfest, ein friedliches Zusammenkommen von friedlichen Leuten, die Alkoholbewilligung
durch die Gemeinde ausgestellt werden kann. Heute läuft es ja so, dass wir diese Bewilligung vom
Gemeinderat an den Kanton senden müssen. Dieser bewilligt das immer. Es kostet 50 Franken. Vermutlich wäre der Aufwand bei 500 Franken anzusiedeln, bis jeder Beamte das Papier bestaunt und
nachher auch noch verbucht hat. Wir vor Ort kennen unsere Pappenheimer; wir wissen, wer hier in
Frage kommt, um eine Bewilligung zu erhalten. Somit könnten wir dies direkt in die Bewilligung der
Gemeinde aufnehmen. Ich glaube, hier kann niemand im Ernst widersprechen, ausser man sei sektierisch irgendwie jeder Lebensfreude abhold und betrachte Quartierfeste als allgemeine Besäufnisse!
Das würde ich dann in Abrede stellen. Liebe Frau Studer, ein Quartierfest ist ein Zusammenkommen
friedlicher Leute, die feiern wollen und – ich gestehe es – dazu ab und zu ein Glas Alkohol verwenden.
Und die, die sich heute an das Gesetz halten und eben eine Bewilligung einholen, sind dann eben die
Geprellten, weil sie dann noch eine Gebühr dafür zahlen müssen. Wir danken dem Regierungsrat für
die Entgegennahme und sind froh, wenn dieser bürokratische Unsinn endlich abgeschafft wird.
Studer Lilian, EVP, Wettingen: Lassen Sie mich folgendes klarstellen. Erstens weise ich darauf hin,
dass ich unsere Bevölkerung nicht einfach als Pappenheimer bezeichne. Für mich ist das Wohl der
Bevölkerung enorm wichtig und nenne sie auch so. Zweitens wissen wir ganz genau, dass Alkohol zu
unserer Bevölkerung dazugehört. Aber er führt auch immer wieder zu gewissen Schwierigkeiten. Ich
weiss, dass die Polizei immer wieder froh ist, zu wissen, wo getrunken wird. Dort, wo getrunken wird,
kann etwas passieren. Es muss nicht, aber es kann zu Ausschreitungen kommen. Somit möchte ich
einfach diesen Vorstoss nicht auf die leichte Schulter nehmen, ich möchte ihm einen gewissen Stel-
37
Art. 0038
28. Mai 2013
lenwert geben. Insbesondere, wenn ich an die Präventionsprogramme denke, welche wir in diesem
Bereich immer wieder durchführen. Somit bitte ich Sie, diesen Vorstoss als Motion abzulehnen. Ein
Postulat hätten wir allenfalls noch mit unterstützen können – nicht aber eine Motion.
Dr. Hofmann Urs, Regierungsrat, SP: Kurz etwas zur heutigen Rechtslage und zur wahrscheinlich
künftigen. Die heutige Rechtslage ist so, dass der Bund zwingend vorgibt, dass der Ausschank von
Spirituosen – auch wenn das im Einzelfall an Quartierfesten oder wo auch immer geschieht – bewilligungspflichtig ist. Dabei muss nicht nur eine Gebühr erhoben, sondern auch eine Abgabe erhoben
werden. Im Kanton Aargau haben wir die Regelung, wie sie Herr Glarner dargelegt hat. Die Gemeinden sind verpflichtet, dem Kanton solche Veranstaltungen zu melden und die entsprechenden Gesuche weiterzuleiten. Der Kanton muss die Bewilligung erteilen und die von Bundesrechts wegen vorgeschriebene Abgabe einverlangen. In der Realität verhält es sich so, dass viel weniger solche Gesuche
eingehen, als – wie jeder von uns weiss – Quartierfeste und ähnliche Veranstaltungen mit Café Fertig
oder Café Güx durchgeführt werden. Sehr viele Gemeinden haben zwar Kenntnis von solchen Veranstaltungen, fordern aber diese Bewilligungen nicht ein beziehungsweise leiten diese nicht an den Kanton weiter. Von schätzungsweise 2000 solchen Veranstaltungen im Kanton Aargau werden dem Kanton nur 100 – 200 pro Jahr vorgelegt. Das Gesetz kann also in der heutigen Form gar nicht umgesetzt
werden. Deshalb war es die Absicht des Kantons, diese von Bundesrechts wegen vorgeschriebene
Bewilligung und Abgabenerhebung an die Gemeinden zu delegieren, so dass dann die Gemeinden
auch die gesamte Verantwortung haben. Wenn die Gemeinden dann keine Bewilligung verlangen,
dann sind sie in der vollen Verantwortung – und nicht teilweise auch noch der Kanton, der selbstverständlich nicht noch zusätzliche Leute einstellen kann, um den Gemeinden in dieser Beziehung auf
die Finger zu schauen. Die Gemeinden haben diese Aufgabe nicht übernehmen wollen. Wahrscheinlich aus den Gründen, wie sie auch Frau Studer dargelegt hat, weil man nicht den Bösen spielen will
oder weil man sieht, dass das eine überlebte Regelung ist, die aber von Gesetzes wegen noch so
vorgesehen ist. Wie auch immer: Die Gemeinden haben sich geweigert, wir haben darauf verzichtet.
Jetzt ist eine neue Regelung in Vorbereitung. Der Bund will diese Bewilligungspflicht abschaffen,
ebenso die Abgabepflicht. Der Kanton wird zu entscheiden haben, ob er auf kantonaler Ebene eine
Bewilligungspflicht und eine Abgabenpflicht einführen will oder nicht. Dieser Entscheid wird Ihnen so
oder so vorgelegt werden müssen, in welcher Form auch immer. Der Regierungsrat hat auch intern
dazu noch nicht Stellung bezogen. Sie werden es also in der Hand haben festzulegen, ob es eine
Bewilligungspflicht braucht, ob eine Abgabenpflicht bestehen soll und wenn ja, wer diese Bewilligung
ausstellen soll – seien es die Gemeinden, sei es der Kanton. Und deshalb übernehmen wir die Motion,
weil ohnehin aufgrund der Änderung des Bundesrechts auf kantonaler Ebene Handlungsbedarf besteht. In diesem Sinne bitte ich Sie – auch wenn Sie inhaltlich anderer Meinung sind – die Motion so
zu überweisen, damit Sie am Schluss die Möglichkeit haben, auch unter diesem Aspekt darüber zu
entscheiden. Diese Aufgabe zwingend beim Kanton zu belassen, ist unseres Erachtens der falsche
Weg. Die zentrale Frage wird diejenige nach der Bewilligungspflicht Ja oder Nein sein. Diese Frage
werden Sie zu entscheiden haben.
Abstimmung
Die Motion wird mit 115 gegen 12 Stimmen an den Regierungsrat überwiesen.
0038 Motion Benjamin Giezendanner (Sprecher), SVP, Rothrist, und Jean-Pierre Gallati, SVP,
Wohlen, vom 30. Oktober 2012 betreffend Einführung des Verhältniswahlsystems bei den Regierungsratswahlen; Ablehnung
(vgl. Art. 2161)
Mit Datum vom 16. Januar 2013 beantragt der Regierungsrat, die Motion mit folgender Begründung
abzulehnen:
1.
Ausgangslage
Die Verfassung des Kantons Aargau (KV) legt fest, dass der Grosse Rat, der Verfassungsrat und die
Einwohnerräte nach dem gleichen Verhältniswahlverfahren gewählt werden. Alle andern Behörden
werden im Mehrheitswahlverfahren bestellt (§ 61 Abs. 2 und 3 KV). Diese Regelung war seinerzeit im
Verfassungsrat unbestritten und auch im damals durchgeführten Vernehmlassungsverfahren wurden
keine anderslautenden Vorschläge eingebracht.
38
28. Mai 2013
Art. 0038
Heute bildet das Mehrheitswahlverfahren (Majorzwahlverfahren) bei der Bestellung der kantonalen
Exekutiven in der Schweiz die Regel. Einzig in den Kantonen Tessin und Zug kommt das Verhältniswahlverfahren (Proporzwahlverfahren) zur Anwendung.
2.
Bisherige politische Vorstösse
Der Regierungsrat beantwortete die der vorliegenden Motion zugrunde liegende Fragestellung bereits
bei der Behandlung der Motion von Leodegar Huber, Aristau-Birri, vom 15. März 1994 betreffend Änderung von § 61 Abs. 2 KV sowie der Motion der SP-Fraktion vom 27. April 1999 betreffend Einführung des Proporzwahlverfahrens für Mitglieder des Regierungsrats, der Gemeinderäte, der Schulpflegen und anderer Gemeindekommissionen, der Bezirksgerichte und der Schulräte. Beide Vorstösse
enthielten das gleiche Grundanliegen wie die vorliegende Motion und wurden vom Regierungsrat damals abgelehnt. In beiden Fällen folgte der Grosse Rat jeweils mit grosser Mehrheit dem Antrag des
Regierungsrats und schloss sich der Ablehnung an.
3.
Eigenschaften der Wahlverfahren
3.1
Majorzwahlverfahren
Im Majorzwahlsystem geben die wählenden Personen ihre Stimme für einen bestimmten Kandidaten
oder eine bestimmte Kandidatin ab; gewählt sind diejenigen Kandidierenden, die – in einem Einerwahlkreis oder in einem mehrere Mandate umfassenden Wahlkreis – das absolute Mehr erreichen (50
% plus 1 Stimme). Falls das absolute Mehr nicht erreicht wird, ist ein zweiter Wahlgang erforderlich.
Gewählt sind dann jene Personen, die am meisten Stimmen erzielt haben.
Beim Majorzwahlverfahren steht die Persönlichkeit der Kandidatinnen und Kandidaten im Vordergrund. Es handelt sich um ein einfaches System, das mit einer kleinen Regelungsdichte auskommt.
Mit dem Erfordernis des absoluten Mehrs im ersten Wahlgang wird bewusst eine Hürde geschaffen,
um die Legitimation der Wahl zu erhöhen.
Als nachteilig erweist sich bei diesem System, dass für die Besetzung der Mandate allenfalls zwei
Wahlgänge erforderlich sind.
3.2
Proporzwahlverfahren
Beim Proporzwahlverfahren werden die zu vergebenen Mandate auf verschiedene Parteien im Verhältnis der Stimmen verteilt, welche für die Parteien oder ihre Kandidatinnen und Kandidaten abgegeben worden sind. Die wählenden Personen geben ihre Stimmen der Liste einer Partei, auf der die
Namen mehrerer Kandidatinnen und Kandidaten aufgeführt sind. Dabei besteht die Möglichkeit, die
Listen durch Kumulieren, Panaschieren oder Streichen von Namen abzuändern.
Eine zentrale Eigenschaft des Proporzwahlsystems ist, dass es die Minderheiten besser berücksichtigt als das Majorzwahlsystem. Es steht ausserdem mehr im Einklang mit dem Gedanken, dass ein
Gremium die politische Repräsentation des Volks darstellen soll. Zudem können die offenen Mandate
in der Regel in einem einzigen Wahlgang besetzt werden.
Das Proporzwahlsystem ist aufwendig. Es ist bezüglich der Vorbereitung und Resultatermittlung, verglichen mit dem Majorzsystem, eher kompliziert. Zudem ist das Proporzwahlverfahren auch parteibezogen, indem zugleich für eine bestimmte Partei votiert wird. Die Persönlichkeit der Kandidatinnen
und Kandidaten rückt in den Hintergrund.
4.
Stellungnahme zur Motion
Sowohl das Majorz- als auch das Proporzwahlverfahren haben ihre Vor- und Nachteile. Der Regierungsrat anerkennt die Gültigkeit der Argumente, welche in der Motion vorgebracht werden und die
Vorteile des Proporzsystems betonen. Nachfolgend wird aber aufgezeigt, warum der Regierungsrat
die Auffassung vertritt, dass für die Regierungsratswahlen am Majorzwahlsystem festgehalten werden
soll.
Für die Bestellung von Exekutivbehörden, die in der Regel aus 5–7 Mitgliedern bestehen, eignet sich
das Majorzwahlverfahren deshalb besser, weil die kleine Anzahl Sitze solcher Behörden oftmals nicht
ausreicht, um ein repräsentatives Bild des parteipolitischen Kräfteverhältnisses im Wahlkreis zu erhalten. Das Proporzwahlverfahren ist somit eher bei jenen Gremien, wie etwa den Legislativen, angebracht, die eine grosse Anzahl Mandate aufweisen.
Dem Majorzsystem wird zu Recht zugute gehalten, dass es die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der Exekutiven fördert und die politische Homogenität sowie die Fähigkeit zur Beschlussfassung
39
Art. 0038
28. Mai 2013
in den Vordergrund stellt. Der Regierungsrat hat als oberste leitende und vollziehende Behörde die
zentrale Aufgabe, eine gemeinsame Politik zu gestalten und die ihm von den Stimmbürgerinnen und
Stimmbürgern sowie dem Grossen Rat erteilten Aufträge möglichst rasch und unkompliziert auszuführen. Er soll deshalb politisch homogener ausgestaltet sein als das Parlament, denn Zusammenhalt,
Stabilität und Kontinuität sind in diesem Gremium wichtiger als eine möglichst grosse Parteienvielfalt.
Zudem erschweren Einzelauffassungen und Oppositionspolitik, wie sie in einem Parlament typisch
sind, die Regierungstätigkeit und können der Durchsetzungskraft des Gremiums und dem Kollegialitätsprinzip schaden.
Weiter kennt das Proporzsystem im Gegensatz zum Majorzsystem die mögliche Hürde des absoluten
Mehrs nicht. Bei Wahlen in Exekutivämter spielt jedoch die Persönlichkeit der Kandidierenden die
hauptsächliche Rolle. Deshalb sollte bei der Bestellung dieser Behörden eine zu übertreffende Hürde
vorhanden sein. Damit erfahren die gewählten Personen auch eine breitere demokratische Abstützung.
Für das Majorzwahlverfahren spricht zudem, dass es sich den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern
einfach, leicht verständlich und transparent präsentiert. Es gewährt der Wählerschaft insbesondere die
Gewissheit, dass ihre Stimmen ausschliesslich denjenigen Kandidatinnen und Kandidaten zukommen,
für die sie tatsächlich abgegeben worden sind. Im Proporzsystem, wo zuerst die Anzahl der Sitze der
Parteien zu errechnen ist und die Gewählten erst in einem zweiten Schritt ermittelt werden, besteht
diese Gewissheit indessen nicht.
Schliesslich ist zu erwähnen, dass beim Majorzwahlverfahren bei Exekutivwahlen in der Regel auch
der so genannte "freiwillige Proporz" beachtet wird. Das heisst, die Parteien stellen von Anfang an nur
so viele Kandidatinnen und Kandidaten auf, wie ihnen gemäss ihrer relativen Stärke etwa zukommen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Eigenschaften des Majorzsystems besser auf
die Regierungsratswahlen zugeschnitten sind als diejenigen des Proporzsystems. Aus diesem Grund
beantragt der Regierungsrat die Ablehnung der Motion.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'163.–.
Giezendanner Benjamin, SVP, Rothrist: Wie der Regierungsrat in seiner knapp gehaltenen Antwort
auf unseren Vorstoss festhält, wird das Wahlsystem für die Regierungsratswahlen in periodischen
Abständen, einer Dekade, hinterfragt.
Oftmals vergessen wir dabei, dass es sich bei diesem Wahlsystem um keine perfekte Lösung handelt.
Die Herrschaft des Volkes macht es unabdingbar, dass wir den Willen des Volkes kongruent abbilden.
Es ist wichtig, dass wir kein politisches System, sondern ein mathematisches System festlegen.
Selbstverständlich verstehe ich den argumentativen Notstand des Regierungsrats in der Beantwortung der Motion. Schliesslich wurde bei den vergangenen Exekutivwahlen klar festgehalten, dass sich
das Team des Regierungsrats bewährt habe und man möglichst wenig Wettbewerb bei neuen Kandidaten haben möchte. Deshalb wird der Regierungsrat auch in seiner Antwort darauf hinweisen, dass
man wieder eine Dekade warten solle, bis das System hinterfragt wird.
Jedoch macht es die verflixte Mathematik der Demokratie unabdingbar, dass der Grosse Rat das System hinterfragt und analysiert. Es ist wichtig, dass in diese Analyse die Bevölkerungsstruktur, der
Wandel des Kantons, der Wandel der Parteien im Aargau einfliessen.
In den vergangenen 50 Jahren konnte man zusehends eine Diskrepanz zwischen der Legislative und
der Exekutive feststellen. So war der Vorstoss der SP im Jahre 1999 in der Wirkung bestimmt gegen
das damalige enfant terrible, Alt-Regierungsrat Kurt Wernli, gerichtet. Jedoch in der Ursache war es
absolut stringent und richtig, was die SP damals gefordert hat: Kurt Wernlis Wahl oder der Ausschluss
der SP für viele Jahre aus dem Regierungsrat hätten mit dem Verhältniswahlsystem verhindert werden können.
Während all dieser Jahre konnten die Spannungen zwischen diesen zwei Kräften gemessen und in
vielen Vorlagen auch beobachtet werden. Das Verhältniswahlsystem hätte dies abgefedert. Die positiven Aspekte der Proporzwahl sind einerseits, dass wir nicht mehr sieben Scheinkandidaten plus Pius
Lischer haben, sondern es würden Dutzende von Kandidaten, plus selbstverständlich Pius Lischer,
antreten. Ausserdem würden gerade die kleineren Parteien echte Kandidaten mit echten Wahlchancen stellen können. Sie wären nicht mehr benachteiligt, sondern neu privilegiert. Innerhalb der Parteien könnten sie mit einem Kandidaten, mit fünf Kandidaten, die Strömung der Partei sowie Geschlechterfragen viel besser darstellen, es würde viel fairer argumentiert. Ganz wichtig ist auch, dass Regierungsräte, die den Wahlauftrag – die Mission der Partei – nicht befolgen, spätestens nach vier Jahren
auf der Liste nach hinten durchgereicht werden.
Das Argument der Persönlichkeitswahlen beim Majorzwahlverfahren vermag gegenüber dem Verhält-
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niswahlsystem nicht zu überzeugen. Schliesslich müssen Sie sich als Kandidat unter 40 Kandidaten
viel mehr positionieren und mit Ihrer Persönlichkeit viel mehr nach vorne treten, als es bei sieben
Scheinkandidierenden der Fall ist.
Abschliessend gilt es zu beachten, dass wir – der neu formierte Grosse Rat – verantwortlich sind,
dass der Wähler ein faires, ein einfaches und ein repräsentatives Wahlsystem erhält, um die Regierungsräte und Regierungsrätinnen zu wählen. Deshalb bitte ich Sie, hinterfragen Sie dieses System,
ob es wirklich diesen drei Anforderungen entspricht und stimmen Sie uns zu.
Voser Peter, CVP, Killwangen: Die CVP-Fraktion lehnt die Motion 12.266 einstimmig ab. Wir wissen
aus Erfahrung, dass vor allem bei Exekutivwahlen die Personen und nicht die Parteien im Vordergrund stehen. Deshalb werden Persönlichkeiten in die Exekutive gewählt und nicht – oder mindestens
weniger – Parteiaussagen. Das wollen wir so belassen!
Für die Wählerinnen und Wähler ist es in Exekutivwahlen überblickbarer, Personen im Majorz- als im
Proporzsystem zu wählen. Denn damit können sie gezielt und direkt auf die Wahlen Einfluss nehmen.
Im Weiteren wissen wir, dass es rein mathematisch schwierig ist, den Proporz in der Exekutive abzubilden, weil es in der Regel nur um fünf Personen geht. Damit wird die Aufschlüsselung nach Proporz
kritisch. Wir wollen, dass der Regierungsrat handlungsfähig ist und bleibt. Mit dem Majorzsystem ist
dieses Ziel besser erreichbar als mit dem Proporzsystem. Die Oppositionspolitik gehört ins Parlament
und nicht in den Regierungsrat.
Wichtig für uns ist auch, dass die Hürde des absoluten Mehrs bestehen bleibt. Damit ist die Messlatte
deutlich höher, um gewählt zu werden. Gleichzeitig hilft dies aber auch der gewählten Person, denn
damit ist die Akzeptanz über die Parteigrenzen hinweg vorhanden. Dies stützt die gewählte Person bei
der politischen Umsetzung der täglichen Arbeit.
Nussbaumer Marie-Louise, SP, Obersiggenthal: Mir ist durchaus bewusst, dass die Sozialdemokratische Partei der Schweiz oder des Kantons Aargau in ihrer Geschichte auch schon Proporzwahlen für
Exekutivämter gefordert und angestrebt hat und dass uns dieses Wahlverfahren auch schon sehr
entgegengekommen wäre. Ich weiss, es ist noch gar nicht lange her. Trotzdem, die Mehrheit der SPFraktion ist heute bei den Regierungsratswahlen für das klassische und in fast allen Kantonen übliche
Majorzwahlverfahren. Wir schliessen uns der Meinung an, dass Regierungsratswahlen Persönlichkeitswahlen sind. Die zu wählenden Persönlichkeiten brauchen eine breite Akzeptanz im Volk, also
auch über die eigene Partei hinaus. Es ist durchaus im Interesse des Gremiums, dessen Zusammenarbeit funktionieren soll, dass die Parteien bei der Auswahl ihrer Kandidatinnen und Kandidaten die
breite Abstützung im Volk im Auge haben müssen. Denn spätestens nach den Wahlen sollten diese –
in unserem Fall – fünf Personen als Gremium auf ein einheitliches Handeln ausgerichtet sein und eine
gemeinsame Politik gestalten. Für die Gewählten und das politische System hat der Majorz also die
grössere legitimierendere Wirkung. Denken Sie an das absolute Mehr, dass man nicht nachrücken
kann, Nachnominationen nicht möglich sind oder dass es auch keine stillen Wahlen gibt.
Bei nur fünf Mandaten ist der Proporzeffekt auch sehr beschränkt, weil er erst bei einer grösseren
Zahl – wie im Fall des Grossen Rats mit 140 Mandaten – wirklich Wirkung entfaltet.
Zu den Wählenden: Für sie ist der Majorz (das Mehrheitswahlverfahren) einfach und klar und sie wissen, wem sie ihre Stimme geben. Dies gilt beim Proporzwahlverfahren weit weniger, aber für das Parlament ist dies weniger wichtig. Zudem wissen wir alle, dass die Parteigebundenheit in den letzten
Jahren markant abgenommen hat. Die Wahlberechtigten möchten Köpfe und nicht Listen wählen. Das
mag man bedauern, ist aber eine Tatsache.
Zu bedenken gebe ich Ihnen auch, dass der Proporz auch unter dem Majorzwahlrecht einmal mehr,
einmal weniger gut spielt. Man mag es freiwilligen Proporz nennen, irgendeine Proportionalisierung
nimmt das Volk mit seinem Gespür meistens selbst vor. Natürlich leider nicht immer in unserem Sinn.
Zu guter Letzt; wenn wir umstellen und die Exekutive, also den Regierungsrat, zukünftig im Proporzwahlverfahren wählen, dann müssten wir es richtig machen. Dann stellen wir auch bei den Gemeinderäten, in den Gemeindekommissionen, in den Schulpflegen – Sie kennen weitere Gremien –
um. Wäre dies in Ihrem Sinn? Wenn ja, dann liesse zumindest ich nochmals mit mir darüber reden.
Dr. Jenni Felix, GLP, Oberwil-Lieli: Regierungsratswahlen sollen Persönlichkeitswahlen sein und ich
glaube, dies funktioniert nur im Majorzwahlverfahren. Es ist nicht so, dass jede Partei jederzeit und in
der richtigen Menge Persönlichkeiten zur Verfügung hat. Selbst eine grosse Partei hat manchmal keinen Kandidaten, vielleicht gelegentlich auch mal zwei oder drei. Dann sollen diese Personen nicht
aufgrund von Alter und Zeit grundsätzlich ausgeschlossen werden. Das hat in der Vergangenheit gut
funktioniert. So ist es normal, dass in einem kleinen Gremium Parteien manchmal über- oder untervertreten sind.
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Ich verstehe nicht, weshalb Kollege Benjamin Giezendanner die Chancen der kleinen Parteien bei
einem Wechsel als besonders gut beurteilt in Bezug auf die Persönlichkeiten. Es könnte mit gemeinsamen Listen möglich sein oder mit Listenverbindungen. Wenn wir auf die letzten Wahlen zurückblenden und die Resultate interpretieren, würde das bedeuten, dass die SVP zwar zwei RegierungsratsSitze hätte, aber es würde auch bedeuten, dass – je nachdem, wie man es rechnet – entweder die
CVP oder die FDP nicht mehr in der Exekutive vertreten wäre. Wäre das wirklich eine bessere Vertretung im Regierungsrat?
Dieser Vorstoss verdient eine klare Ablehnung, damit wir weiterhin Persönlichkeitswahlen haben.
Scholl Herbert H., FDP, Zofingen: Die FDP-Fraktion lehnt diese Motion ab. Die Majorzwahlen für die
Exekutiven im Kanton und in den Gemeinden haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten bewährt. Deshalb besteht kein Anlass, das System jetzt zu ändern. Wenn wir die Gemeindeexekutiven
und auch die kantonale Exekutive betrachten und wie sich deren Zusammensetzung in den letzten
Jahren und Jahrzehnten verändert hat, stellt man fest, dass überall immer wieder Wechsel stattgefunden haben.
Beim Regierungsrat ist es sogar so, dass alle traditionellen Bundesratsparteien immer wieder mit zwei
Vertretern oder Vertreterinnen in der Exekutive vertreten waren. Das gilt für die CVP, für die FDP, für
die SP und auch für die SVP, die damals noch BGB hiess. Immer wieder waren es etwa zwei Vertreter.
Zu Benjamin Giezendanner: Exekutivwahlen sind Persönlichkeitswahlen und keine mathematischen
Gleichungen.
Wir haben das bewährte Proporzsystem in den Parlamenten, sei es in unserem Parlament oder in den
Einwohnerräten. Das wollen wir beibehalten. Aber in die Exekutiven wollen wir Persönlichkeiten wählen. Wir wollen keine Listen und die Exekutiven nicht nach mathematischen Gleichungen zusammenstellen. Wenn man die Daten anschaut, dann merkt man, um was es geht: Am 21. Oktober 2012 waren nicht nur Grossrats-, sondern auch Regierungsratswahlen. Das Ergebnis ist uns bekannt. Bereits
am 30. Oktober 2012 wurde diese Motion 12.266 offenbar zur Korrektur der nächsten Regierungsratswahlen eingereicht.
Schnellschüsse lehnen wir ab. Wir bleiben gerne beim bewährten System. Lehnen Sie diese Motion
ab!
Kälin Irène, Grüne, Lenzburg: Wer als Kritiker eines Wahlsystems auftritt, muss sich gefallen lassen,
dass zuerst einmal gefragt wird, ob die Kritik vor allem darin liegt, dass das System ihn zum Verlierer
macht. In der vorliegenden Konstellation ist dies bestimmt nicht von der Hand zu weisen.
Wer als Verteidiger eines Wahlsystems auftritt, muss sich die gleiche Hinterfragung gefallen lassen. In
der vorliegenden Konstellation ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Grünen in Sachen Regierungsbeteiligung mit dem Majorzwahlverfahren besser fahren als mit dem Proporzwahlverfahren –
zumindest im Moment.
Unabhängig vom Eigennutzen oder Eigenschaden sind die Grünen der Meinung, dass das Majorzwahlsystem für die Bestellung des Aargauer Regierungsrats das richtige Wahlsystem ist und dies
aus folgenden Gründen: Das Majorzwahlsystem setzt die Grundidee der vielzitierten Persönlichkeitswahl um, die den Grünen als wichtige Basis für die Exekutivtätigkeit erscheint. Zudem haben die Wählenden die Gewissheit, dass ihre Stimme direkt den von ihnen Gewählten zugute kommt und nicht
etwa einer Liste oder sogar einer Listenverbindung, bei welcher zum Zeitpunkt der Stimmabgabe nicht
klar ist, wer schlussendlich der oder die Gewählte sein wird.
Würde bei einer Proporzwahl ein Mitglied des Regierungsrats ausscheiden, würde die zweiplatzierte
Person dieser Liste nachrücken. Das ist schlicht unvorstellbar für uns im Aargau, auch wenn dies in
den Gemeinden des Kantons Bern an der Tagesordnung ist.
Das Majorzwahlverfahren ist persönlichkeitsorientiert und ermöglicht es prinzipiell auch profilierten
Einzelpersonen ausserhalb der Parteien, in ein Exekutivamt gewählt zu werden. Solche Einzelpersonen können ja manchmal mehr oder weniger grosse Diskussionen in Gang setzen. Den Grünen
scheint es auch wichtig, dass die Personen, die die Exekutive bilden, eine explizite demokratische
Legitimation in ihrer Funktion beanspruchen können. Diese Legitimation ist in verstärktem Masse bei
einem Majorz- gegenüber einem Proporzwahlverfahren anzutreffen. Nicht zuletzt zeichnet sich die
Majorzwahl durch ein einfaches, transparentes Verteilungsverfahren aus, wenn es um die Zuteilung
der Sitze geht. Die Aspekte der Einfachheit und Transparenz sind in diesem Saal im Zusammenhang
mit Wahlsystemen bereits in der Vergangenheit thematisiert worden und – last but not least – die Demokratie liegt nicht in mathematischen Gleichungen!
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Dr. Bialek Roland, EVP, Buchs: Für die EVP ist auch ganz klar, dass wir diesen Vorstoss ablehnen.
Es wird zwar gesagt, das Verhältniswahlsystem sei ein Vorteil für uns. Aber es gibt einfach einen gravierenden Nachteil: Wir sind sechs Personen in der Fraktion, aber es hat nur fünf Plätze im Regierungsrat. Oder anders gesagt, wir müssen uns darum streiten, wer dann nicht bei den Regierungsratswahlen antreten darf. Oder wir überlegen uns, ob wir mit diesem System Hoffnung haben und
denken, das Spannende daran ist, dass die grossen Parteien bei uns vorbeikommen mit der Bitte, ob
man nicht vielleicht eine Listenverbindung machen könnte und falls die EVP in diese Listenverbindung
eintreten würde, gäbe es dann vielleicht die Chance auf einen zweiten Sitz usw. Das ergäbe vielleicht
interessante Gespräche, aber ob es das wirklich bringt, wissen wir nicht.
Unsere Beurteilung bezieht sich auf die Frage, ob es das sinnvollere System oder ob es nicht das
sinnvollere System ist. Wir wollen klar beim heutigen System bleiben.
Zur Begründung: Wir finden es grundsätzlich richtig, dass im Grossen Rat alle Gruppierungen vertreten sind mit den profiliertesten Personen aus der Sicht der Partei, weil hier die Mehrheiten gebildet
werden sollen in Bezug auf die wichtigen Sachgeschäfte und Gesetze. Wir finden es aber auch wichtig, dass in den Regierungsrat Personen gewählt werden, die auch eine Mehrheit beim Volk haben,
das heisst, dass sie durch eine möglichst grosse Anzahl von Personen gewählt worden sind, als Persönlichkeiten, weil man das Gefühl hat, diese Personen können diese Exekutiv-Aufgabe wahrnehmen.
Wir wollen nicht, dass eine Person primär in den Regierungsrat geht, um dort quasi die Parteimeinung
durchzusetzen. Nein, der Regierungsrat ist die Exekutive und wir gehen davon aus, dass er aufgefordert ist, den Willen des Grossen Rats durchzusetzen und nicht die eigene Parteimeinung. Deshalb
braucht es Leute, denen man dies wirklich zutraut und bei welchen auch eine grosse Anzahl der Bevölkerung dahinterstehen kann.
Deshalb sind wir ganz klar für Ablehnung der Motion 12.266. Das Verhältniswahlsystem bringt keinen
Vorteil für die kleinen Parteien. Falls es einmal eine Differenz zwischen dem Grossen Rat und dem
Regierungsrat gibt, bitte sehr, dann gehört es zum politischen Geschäft. Wir sind beide gewählt und
wir müssen beide zusammen eine Lösung finden!
Christen Martin, SP, Spreitenbach: Ich vertrete die Minderheit der SP-Fraktion. Im Jahr 1999 hat es
noch ganz anders geklungen. Die SP war vehement für das Proporzwahlsystem, unter anderem haben sich damals Max Chopard, der heutige Nationalrat, sowie drei weitere SP-Vertreter dafür eingesetzt. Die SVP war klar dagegen und die Grünen waren ebenfalls ganz klar für den Proporz. Der damalige Grossrat Geri Müller hat ebenfalls ganz klar für einen Systemwechsel votiert. Denn es geht
hier ja nicht einfach um Parteipolitik, es ist hier auch nicht einfach eine taktische Frage, sondern es
geht hier darum, welches Wahlverfahren fairer, gerechter und demokratischer ist. Deshalb sind auch
die Argumente, die hier aufgeführt worden sind und die für das Majorzwahlsystem sprechen sollen
sowie die Argumente des Regierungsrats, die Verhältniswahlen wären aufwendiger, komplizierter und
schwieriger durchzuführen, meines Erachtens nur zweitrangig.
Das Proporzwahlsystem weist grundsätzlich zwei Vorteile auf, die schwerer wiegen als alle aufgeführten Nachteile: 1. Die Stärkeverhältnisse der Parteien werden ganz klar besser abgebildet. 2. Die
Wahlchancen der Minderheiten werden vergrössert.
Jahrzehntelang war es die SP, die bei Mehrheitswahlen stets Mühe hatte, gemäss ihrer Stärke in den
Exekutivbehörden vertreten zu sein. Deshalb ist es auch wirklich ein altes SP-Anliegen. Heute ist es
eher die SVP, die mit dem Majorzsystem benachteiligt wird. Dies ist aber für mich und eine Minderheit
in der SP-Fraktion kein Grund, den vorliegenden Vorstoss abzulehnen, denn es geht hier wirklich um
die Grundsatzfrage, ob wir unser demokratisches Wahlverfahren noch etwas demokratischer gestalten wollen oder nicht.
Dr. Hofmann Urs, Regierungsrat, SP: Die Argumente für oder gegen das Proporzverfahren wurden
einlässlich dargelegt. Auch der Regierungsrat hat sich zu diesen Argumenten geäussert.
Ich möchte nicht allzu viel wiederholen, aber doch einige wenige Argumente noch einmal anfügen. Es
gibt ein ganz simples Argument: Es gibt nur zwei Kantone, die das Majorzverfahren nicht kennen und
das Proporzverfahren anwenden. Das sind die Kantone Zug und Tessin. Der Kanton Zug ist dabei,
den Wechsel vorzunehmen und ebenfalls das Majorzwahlverfahren einzuführen. Dies ist ein Indiz,
dass dieses Majorzverfahren doch nicht so schlecht sein kann und sich in den meisten Kantonen bewährt hat.
Das zweite Argument: Es gibt eine Initiative, über die wir am 9. Juni 2013 abstimmen werden, nämlich
die Volkswahl des Bundesrats. Interessanterweise schlägt die SVP für die Volkswahl des Bundesrats
das Majorzverfahren vor, obwohl sie wahrscheinlich profitieren würde, wenn sie das Proporzverfahren
vorgeschlagen hätte. Sie tut dies, weil man offenbar auch dort der Überzeugung ist, dass für Exekutivwahlen das Majorzverfahren die richtige Wahlmethode ist, wenn das Volk zur Wahl gerufen ist.
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Gerade bei der Diskussion über die Volkswahl des Bundesrats wird immer darauf hingewiesen, es
gehe darum, dass das Volk die Möglichkeit habe, diejenigen Personen persönlich zu wählen, in die es
das grösste Vertrauen für ein Exekutivamt hat und nicht nur eine Parteistimme abzugeben oder indirekt über seine Parteivertreter diese Wahl im Parlament vornehmen zu lassen. Dieses Gleichgewicht,
die Stärkung der Exekutive durch die direkte Volkswahl der einzelnen Personen, ist dort ein Hauptargument, aber hier auf kantonaler Ebene soll sie offenbar geschwächt werden.
Eine weitere Bemerkung: Es wird gesagt, es sei trotzdem noch möglich, auch beim Proporzwahlverfahren einzelne Persönlichkeiten zu wählen. Ja, das ist der Fall. Nur dann unterscheiden sich diese
Wahlverfahren nicht mehr entscheidend. Interessanterweise waren die Differenzen zwischen den
Wahlergebnissen im Majorzverfahren bei den Regierungsratswahlen relativ gering. Sie waren jedenfalls viel geringer als die Unterschiede in den Parteistärken. Es würde sich beim Proporzwahlverfahren
auch die Frage stellen, wie die Bürgerinnen und Bürger wählen. Wählen sie einfach listenmässig und
werfen sie die SVP-, die FDP- oder die SP-Liste ein? Dann wäre nachher das Abbild der effektive
Proporz. Oder wählen sie weiterhin so, wie sie es wollen; nämlich, indem sie auf ihre Liste diejenigen
Kandidaten – unabhängig der Parteiprovenienz – schreiben, in die sie das grösste Vertrauen haben.
Dann resultiert aber nicht mehr eine Verteilung nach Proporz. Es wären dann wiederum die einzelnen
Stimmen entscheidend, die ja auch im Proporzverfahren für die Bestimmung der Stimmenstärke der
einzelnen Parteien zählen.
Auch wenn man diese Überlegung macht, führt kein Weg daran vorbei: Entweder entscheiden wir uns
für eine Persönlichkeitswahl, dann entscheiden wir uns für das Majorzverfahren. Oder wir wollen effektiv auch bei der Wahl der Regierungsräte einen Proporz; dann ist selbstverständlich das Proporzverfahren das richtige Wahlverfahren.
Wenn wir uns diese Frage stellen, dann ist es eben eine grundsätzliche Frage des Verhältnisses von
Regierungsrat und Parlament in unserem direktdemokratischen System. Soll der Regierungsrat primär
aus Parteivertretern bestehen, die ihre Hauptloyalität gegenüber der eigenen Partei haben oder soll er
primär aus Leuten bestehen, die ihre Hauptloyalität gegenüber der Mehrheit der Wählenden haben –
auch wenn sie natürlich ihre Parteienherkunft in den einzelnen Geschäften nicht verleugnen.
Diese Frage der Legitimität der Wahl in den Regierungsrat – im Unterschied zum Parlament – das ist
wahrscheinlich letztlich die entscheidende staatspolitische Frage, die hinter dem Entscheid über Proporz oder Majorz steht. Der Regierungsrat ist der Ansicht, dass sich das Majorzwahlsystem nicht nur
bewährt hat, sondern auch in Bezug auf die staatspolitischen Grundlagen das richtige System für eine
Konkordanzdemokratie ist. Ich bitte Sie deshalb, die Motion abzulehnen.
Abstimmung
Die Motion wird mit 84 gegen 46 Stimmen abgelehnt.
Vorsitzende: Ich freue mich sehr, wenn ich Sie am nächsten Dienstag wiedersehe und wünsche Ihnen
heute einen wunderschönen und erlebnisreichen Tag; hoffentlich mit viel Sonnenschein!
(Schluss der Sitzung um 11.02 Uhr)
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