Der Krieg um den Wurzenpass" (Der Offizier)
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Der Krieg um den Wurzenpass" (Der Offizier)
Militärische Zeitgeschichte „Der Krieg um d Ein weiteres Kapitel der Curiosa Austriaca oder d von Manfred Bild: Bunkermuseum Beim „Bunkermuseum Wurzenpass/Kärnten“ handelt es sich um ein 11.400 m² großes Areal der ehemaligen Sperrstellung des Bundesheeres am Wurzenpass. Es ist in seinem Kern mit sieben Bunkern, zahlreichen Kampfstellungen und weitläufigen, teils tunnelartigen Verbindungsgräben eingerichtet. Die Verteidigungsanlage wurde während des Kalten Krieges ab 1963 errichtet und ausgebaut. Hier haben rund 250 Milizsoldaten einer Sperrkompanie im Rahmen des damaligen Raumverteidigungskonzeptes im Einsatzfall einen Beitrag zur Sicherung bzw. Verteidigung der Staatsgren- Die Entwicklung des und Milizsoldaten, die nunmehr ihren ze zum ehemaligen Jugoslawien Museums Angehörigen zeigen können, wie sie ihre geleistet – schon 1968 im Rahmen „Freizeit in Uniform“ verbracht haben. der Sicherungsmaßnahmen ÖsNachdem sich im Sommer 2005 terreichs bei der Niederschlagung die bis dahin geheimen und verschlosDie Einrichtung am Wurzenpass des Prager Frühlings durch Trup- senen Tore der Bunkeranlagen des Bun- scheint in ihrer Entwicklung angetan, pen des Warschauer Pakts, danach desheeres am Wurzenpass öffneten, wur- einen wertvollen Beitrag zur Identitätsdurch laufende Truppenübungen de die Anlage in mehreren Phasen im- findung des Bundesheers der Zweiten nach Aufstellung der Miliz und mer weiter um- und ausgebaut. Die ur- Republik zu leisten. Ein Beitrag, der schließlich 1991 im Sicherungs- sprüngliche Verteidigungs-Infrastruktur möglicherweise manchem Gegner des einsatz während des YU-Bürger- konnte um zahlreiche Schaustücke er- Museums ein Dorn im ohnedies recht kriegs in der damaligen Teilre- gänzt werden. Heute sind hier unter an- kurzsichtigen Auge ist. publik Sloweniens. Ein Denkmal derem alle Waffensysteme zu sehen, die quasi, das einem Kreis dort einge- das Bundesheer im „Kalten Krieg“ orts- Besondere Entwicklungen im setzter Soldaten und wehrpolitisch fest in Bunkern installiert hatte, vom BMLV(S) engagierter Bürger für die Nach- Maschinengewehr bis zum schweren welt erhaltenswert schien. So auch Artilleriegeschütz, von fix eingebauten Im März 2010 wurde unter dem dem Proponenten des Museums Panzertürmen bis zum komplett ver- Titel „effizientere Strukturen“ und eine projekts und späteren Projektbe- bunkerten Kampfpanzer... „einheitliche Kommunikation“ durch treiber Mag. Andreas Scherer, Bedas BMLV(S) mittels Presseaussendung amter im BMLV(S), am WurzenDie Besucherbilanz des Museums, erklärt, den Bereich der Öffentlichpass als Milizsoldat dienend und das die Wintermonate über geschlos- keitsarbeit neu strukturieren zu wollen. Oberst. In seinen beruflichen Ver- sen ist, kann sich mit zigtausenden Be- Manche dachten dabei an den Grundwendungen auch Büroleiter beim suchern sehen lassen. An Spitzentagen satz von der „Einheit der Führung“, war damaligen Milizbeauftragten Ge- finden sich gar über 200 Gäste ein. Im doch zu beobachten, dass an der Komneral Entacher, dem heutigen Chef August vorigen Jahres waren es alleine munikationsarbeit des Ressorts gleich des Generalstabs und für einige 3.600 Besucher, die sich für die muse- eine Reihe an Abteilungen werkten. Jahre Abteilungsleiter für Öffent- ale Festungsanlageanlage interessierten, Nicht immer an einem Strang und in lichkeitsarbeit des BMLV. darunter auch Veteranen, Zeitzeugen die selbe Richtung vielleicht, aber bei D e r Offizier 2-2012 Militärische Zeitgeschichte den Wurzenpass“ der Rückfall in eine Zeit stalinistischer Methoden? d Gänsdorfer Bild: Bunkermuseum der Komplexität der Materie, die es an den Staatsbürger und gleichzeitig auch an die Unternehmensmitarbeiter zu vermitteln galt, durchaus erklärbar. Ein im BMLV(S) kein neues Phänomen, aber die Notwendigkeit einer Neustrukturierung wurde damals auch als Konsequenz auf ein BH-Video der Abteilung Personalmarketing („Na Mädels, Lust auf eine Spritztour?“) begründet und von vielen plausibel gesehen. So weit, so gut, möchte man hier meinen. Die Begründung der Strukturänderung war jedoch das eine, deren Wirklichkeit eine andere. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es ausschließlich darum ging, „flexiblere“ Helfer in der Kommunikationsarbeit zu gewinnen, die in neuen Strukturen eine stärkere Anbindung an die politische Führung und ihren Helfer erhielt. Dass 2-2012 dies in einem Artikel des Nachrichtenmagazins Profil (19. Juli 2010) Niederschlag fand, schrie im Büro des Ministers direkt nach Verfolgung, zumal man Scherer hinter diesem Beitrag vermutete. Von „Vertrauensuntergrabung“ war da die Rede und gegen den Leiter der aufgelösten Abteilung wurden durch das Büro des Ministers disziplinäre Schritte angeordnet. Schritte, die bislang freilich nur zu einer Einvernahme des Betroffenen führten, aber keinerlei weitere disziplinarrechtliche Konsequenzen hatten. Zwischen Stalin und Kabarett Sollte das, was in der Chronologie folgte, Zufall sein? Es gehört wohl in die Sammlung der Curiosa Austriaca, wenn man dem D e r Offizier Museumsbetreiber seitens des BMLV(S) einen Bescheid ausstellt, ihm für die Zwecke eines von ihm betriebenen Museums den Erwerb und Besitz eines Panzerturms Charioteer mit einer schießunfähig gemachten 8,34cm Panzerkanone genehmigt und das selbe Ministerium mangels Verfügbarkeit einer solchen Kanone eine vom Kaliber 10,5 cm liefert. Auf die Spitze getrieben erscheint die Sache, wenn dann noch der Leihnehmer von eben jenem Ministerium, das die falsche Lieferung veranlasst hat, wegen illegalen Waffenbesitzes bei der Staatsanwaltschaft angezeigt wird. Ein Akt, der in anderen Staaten wohl eher in die Kategorie Kabarett oder stalinistischer Verfolgungsmethoden einzuordnen wäre: Dem Betreiber wird wegen des illegalen Besitzes einer 10,5 cm Kanone seitens des BMLV(S), also des Leihgebers (sic!) die „waffenrechtliche Verlässlichkeit“ aberkannt, obwohl dieser selbst um Ausstellung eines neuen Bescheids ersucht hat. Ja mehr noch: Der Museumsbetreiber wird aufgefordert, auf eigene Kosten alle (!) ihm zugestellten Waffen zu retournieren – bei einem Kostenrahmen von knapp unter 300.000.- Euro. Mit Erlass S90931/40-Recht/2010 vom 22. September 2010 hat Rechtsabteilung des BMLV(S) mit einem 21seitigen Bescheid die zwischen 2001 und 2008 erteilten Ausnahmebewilligungen zum Erwerb und Besitz von Kriegsmaterial entzogen. Jenes Kriegsmaterials, das den Kern des Bunkermuseums ausmacht. Die Begründung wurde mit „mangels waffenrechtlicher Verlässlichkeit gemäß § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 und § 18 Abs. 5 des Waffengesetzes 1996 (WaffG), BGBI. I Nr. 12/1997.“ angegeben. Militärische Zeitgeschichte Aus dem Parlament Am 13 06 2012 zitiert NR-Abgeordneter Mario KUNSASEK (F) aus einem vertraulichen Papier des BMLV(S), das vom Chef des Generalstabs an den Minister erging: „Die Klage des BMLVS stellt nun einen weiteren lösungsfernen Akt dar: Wem nützt es? Was ist der gewünschte Endzustand? Soll hier ein zeitgeschichtliches Zeugnis des ÖBH verbracht werden? Zusammenfassung, Empfehlung: Tatsächlich wird Mag. SCHERER seit mehr als einem Jahr in seiner Existenz durch Aktivitäten aus dem BMLVS bedroht. Die Klage kann existenzvernichtend sein. Um Ärgstes zu verhindern und das BMLVS im Ansehen nicht zu schädigen, schlägt ChGStb folgende Empfehlung vor: • 1. ehebaldigste Zurücknahme der Klage • 2. Ausstellung eines Bescheides der Verlässlichkeit von Mag. SCHERER“ Darabos: „Man hat vorgeschlagen, eine andere Person mit der Leitung zu betrauen und dieser die Verlässlichkeit zuzuerkennen!“ Ein merkwürdiges Verständnis politischer Kultur: Ein Minister schreibt einem Verein vor, wer seine Organe zu sein haben. Der (bisherige) Gipfel der Groteske Es war das BMLV(S), das bescheidwidrig eine Kanone lieferte. Ob Fehler eines Mitarbeiters oder einer Referentin dem zu Grunde liegen, mögen die zuständigen Stellen befinden und die Haftungsansprüche einleiten. Ob darüber hinaus das BMLV(S) überhaupt zuständig ist, jemandem die Verlässlichkeit bezüglich des Waffenbesitzes zuzuerkennen, darf bezweifelt werden. Bekanntlich liegen diesbezügliche Zuständigkeiten im Innenministerium bzw. bei dessen Polizeidirektionen. Und dass 10 der Betreiber des Museums nach wie vor eine Waffenbesitzkarte sein Eigen nennt, wird von der Villacher Polizeidirektion bestätigt. Hat man da etwa mit Kanonen auf Spatzen geschossen, um im Pulverschmauch des Geschützes diverse Unzulänglichkeiten innerhalb des Verteidigungsressorts zu kaschieren? Verwechselt man Rollen, Zuständigkeiten und gar das politische System? In der Parlamentsdebatte hat es der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Bgdr Dr. Fichtenbauer(F) möglicherweise auf den Punkt gebracht, in dem er ausführte: Man versucht, Fehler in der Ministerialverwaltung gegenüber einem Museumsbetreiber diesem anzulasten und begründet damit dessen Unverlässlichkeit, anstatt sich selbst Unfähigkeit zu attestieren. Ausblick Der betroffene Projektbetreiber, ObstdhmfD Mag. Scherer, dem auf Betreiben des BMLV(S) eine Klage bezüg- lich Rücklieferung der Waffen zugestellt wurde, vertraut auf die Vernunft der Gerichte und den Rechtsstaat. Denn den Mangel einer „nicht bescheidkonformen Lieferung“ dem Empfänger der Lieferung anzulasten und ihm deshalb die Verlässlichkeit des Besitzes abzuerkennen mutet zumindest sonderbar an. Und ihn neben der Aufforderung, auf eigene Kosten die falsche Lieferung zu retournieren, zusätzlich mit einer Strafanzeige wegen illegalen Waffenbesitzes zu verfolgen, sollte einen nicht nur nachdenklich machen. Warum: • Verfolgung eines „unbotmäßigen“ Mitarbeiters durch den Minister und dessen Helfer? • Stellvertreterkrieg gegen Entacher nach „verlorener Schlacht“? • Zerstörung einer Einrichtung, die mit dem Beispiel des Bunkermuseums dokumentiert, was im Österreichischen Bundesheer in Zeiten des Kalten Krieges unternommen wurde, um dem Auftrag des Gesetzgebers nachzukommen? Öffnungszeiten • Neidgefühle „eifriger Ministerialdiener“, die fürchten, am Ende der Amtsperiode ihres Herrn als Bilanz wohl nur „heiße Luft“ präsentieren zu können? Juli-August: täglich10.00–18.00 Uhr • Beeinträchtigung der Akzeptanz des Bundesheeres (insbesondere der Miliz)? www.bunkermuseum.at D e r Offizier • Alles von dem? 2-2012 Militärische Zeitgeschichte Nüchtern betrachtet Sachverhalt: Scherer hat, beginnend im Jahr 2002, das sogenannte „Bunkermuseum Wurzenpass“ mit Hilfe eines von ihm initiierten und mitgegründeten „Verein zur Erhaltung der Sperrkompanie Wurzen“ aufgebaut. Scherer war der letzte Kommandant der im Rahmen der „Raumverteidigung“ dort angelegten Sperrstellung. Da das BMLV(S) an der Errichtung dieses Museums wehrpolitisches Interesse hatte, wurde zum Zwecke des Aufbaus desselben im Jahr 2002 zwischen dem BMLV und Scherer bzw. dem Verein eine Nutzungsvereinbarung geschlossen, die u.a. unentgeltliche personelle und materielle Unterstützung seitens des Ressorts garantierte. In den Jahren 2007 bis 2009 wurde zusätzlich eine finanzielle Unterstützung im Ausmaß von € 280.000,- gewährt. Zum Zwecke der Errichtung des Bunkermuseums wurden Scherer mit insgesamt 7 Bescheiden des BMLV(S) Ausnahmegenehmigungen nach dem Waffengesetz erteilt. Dabei handelt es sich insbesondere um solche für einen Panzerturm eines Kampfpanzers CHARIOTEER mit 8,34 cm Panzerkanone sowie eine 2 cm Infanterie- und Fliegerabwehrkanone, eine 2 cm Fliegerabwehrkanone 58 und eine Maschinenkanone 55/57-FAN. Durch das BMLV(S) wurden jedoch (entgegen dem eigenen Bescheid) anstatt eines Panzerturms CHARIOTEER Kaliber 8,34 cm einer mit Kaliber 10,5 cm sowie für die Fliegerabwehrkanonen zusätzliche „Ersatzrohre“ ausgeliefert. So entstand in Teilen eine Diskrepanz zwischen den in den bescheidmä2-2012 ßigen Ausnahmegenehmigungen des BMLV angeführten und den durch das BMLV(S) tatsächlich gelieferten Geräten. Am 31.03.2010 retournierte Scherer die „überzähligen“ Ersatzrohre. Offenbar durch diese „Retournierung“ ausgelöst, wurde durch die Abteilung Disziplinar- und Beschwerdewesen des BMLVS am 26.07.2010 Strafanzeige wegen des Verdachtes des Verstoßes gegen das Waffengesetz bei der StA Klagenfurt erstattet, weil Scherer ohne Genehmigung im Besitz eines Panzerturms CHARIOTEER mit 10,5 cm Kanone sei. Darüber hinaus sei im Bescheid des BMLV(S) auf die „Ersatzrohre“ der Fliegerabwehrkanone nicht explizit eingegangen worden. Durch die StA Klagenfurt wurde das Verfahren gegen Mag. Scherer am 19.10.2010 mangels Strafbarkeit eingestellt. Wegen dieses bei der StA Klagenfurt vom BMLVS ausgelösten Verfahrens wurde durch das BMLVS die waffenrechtlicher Verlässlichkeit des Scherer als nicht mehr gegeben beurteilt und ihm mit Bescheid vom 22.09.2010 die Ausnahmegenehmigungen entzogen. Gegen diesen Bescheid hat Scherer am 08.11.2010 beim VwGH Beschwerde erhoben und Antrag auf aufschiebende Wirkung gestellt. Diesem Antrag auf aufschiebende Wirkung wurde mit Beschluss vom 22.11.2010 nicht statt gegeben. Am 21.01.2011 wurde Scherer durch das BMLVS/Heeresgeschichtliche Museum (HGM) aufgefordert, sämtliche Gerätschaften auf eigene Kosten zurückzustellen. Aufgrund des schwierigen Geländes des Bunkermuseums respektive der en- D e r Offizier ormen Tonnage der Geräte und daher des Bedarfes an entsprechenden Spezialfahrzeugen, würde eine solche, in diesem Fall privat zu tragende Rückführung (=ca. € 275.000.-) wohl den finanziellen Ruin für Scherer bedeuten. Zusammenfassung: Seitens des BMLV wurde szt. die Initiative zum Bunkermuseum nicht nur begrüßt, sondern ausdrücklich gewünscht und daher auch nachhaltig unterstützt. Wenn durch das BMLV(S), entgegen der eigenen Bescheide, anderes Gerät (wegen offenbar nicht gegebener Verfügbarkeit eines 8.34 cm Geschützes wurde eines mit Kaliber10.5 cm beigestellt) bzw. ein „Zuviel“ davon übergeben wurde („Ersatzrohre“), so ist dies primär nicht dem Empfänger anzulasten und wäre sinnvoller Weise mit einer ressortseitigen Änderung des Bescheides zu korrigieren gewesen. Jedenfalls widerspricht die Aufforderung, die durch das BMLVS an Mag. Scherer übergebenen und zugeführten Geräte, auf eigene Kosten rückzustellen, dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Einerseits wird einem Bediensteten des BMLVS aus nicht nachvollziehbaren Gründen persönlich massivster Schaden zugefügt, andererseits wird ein durch das BMLVS selbst als (militär)historisch und wehrpolitisch bedeutsam beurteiltes Projekt, in das u. a. auch öffentliche Gelder geflossen sind und das für den regionalen Tourismus von Interesse ist, ohne Notwendigkeit zerstört. Zwar wird seitens des BMLVS/GStb eine Lösung der Problematik im Sinne Scherers favorisiert, jedoch scheint die Intention des KBM/BMLVS dem diametral gegenüber zu stehen. red. 11