Entscheidung (29.01.2007)

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Entscheidung (29.01.2007)
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Fax (++43)-1-53115/4285
BUNDESKOMMUNIKATIONSSENAT
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GZ 611.009/0017-BKS/2006
BESCHEID
Der Bundeskommunikationssenat hat durch den Vorsitzenden Dr. SCHALICH, die weiteren
Mitglieder Dr. PÖSCHL, Dr. GEISSLER, Dr. KARASEK und Dr. HOLOUBEK über die
Anzeige der KommAustria gemäß § 11a KOG vom 1. August 2006, KOA 3.500/06-017, wie
folgt entschieden:
Spruch:
I. Gemäß § 11a KOG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 9/2006 in Verbindung
mit § 35 Abs. 1 und § 36 Abs. 1 ORF-G in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I
Nr. 159/2005 wird festgestellt, dass der ORF am 12. Juni 2006 um ca. 16:56 Uhr im
Programm ORF 2 durch die Einblendung des Ö3-Logos „Hitradio Ö3“ in einem Werbespot
für die Ö3-Bühne am Donauinselfest die Bestimmung des § 13 Abs. 9 ORF-G verletzt hat.
II. Dem ORF wird gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G aufgetragen, innerhalb von vier Wochen ab
Zustellung der Entscheidung, den Spruchpunkt I. der Entscheidung an einem Montag
zwischen 16:50 Uhr und 17:00 Uhr in ORF 2 in folgender Weise durch Verlesung zu
veröffentlichen:
„Der Bundeskommunikationssenat hat aufgrund einer Anzeige der Kommunikationsbehörde
Austria festgestellt, dass der Österreichische Rundfunk am 12. Juni 2006 im Programm
ORF 2 durch die um ca. 16:56 Uhr erfolgte Einblendung des Ö3-Logos „Hitradio Ö3“ in
einem Werbespot für die Ö3-Bühne am Donauinselfest gegen das im ORF-Gesetz
vorgesehene Verbot der „Cross-Promotion“ verstoßen hat, wonach die Bewerbung von
Hörfunkprogrammen in Fernsehprogrammen und umgekehrt unzulässig ist.“
Dem ORF wird aufgetragen, binnen weiterer zwei Wochen über die Veröffentlichung einen
Nachweis in Form der Übermittlung von Aufzeichnungen zu erbringen.
-2–
Begründung:
Aufgrund einer Anzeige der KommAustria nach § 11a Abs. 3 KOG vom 1. August 2006 hat
der Bundeskommunikationssenat durch Abspielen einer DVD im Programm ORF 2 vom
12. Juni 2006 zwischen 15:00 Uhr und 17:00 Uhr folgenden Sachverhalt festgestellt:
Gegen 16:56 Uhr folgt nach einem Werbetrenner (in Form eines drehenden roten „Würfels“
mit der Ziffer 2 für ORF 2 und Einblendung des Wortes „Werbung“) folgender Spot: Ein leger
gekleideter Mann mit Hut wird am Wiener Westbahnhof im Stil eines Musikvideos – d.h.
insbesondere mit schnell wechselnden Einstellungen – an verschiedenen Plätzen
(Bahnsteig, Kassenhalle) gezeigt. Er verhält sich gewissermaßen „auffällig“ (bzw. als wäre er
„reif für die Insel“, vgl. im Folgenden), und zwar dadurch, dass er ausgelassen am Bahnhof
tanzt, also an einem Ort, wo man dies für gewöhnlich nicht tut. Als Musik untermalt „Michael
Gray – The Weekend“ („I can’t wait for the weekend to begin“) diesen Spot. Einige
Passanten werfen dem Mann verwunderte Blicke zu. Nach etwas mehr als zehn Sekunden
wird der Text „REIF FÜR DIE INSEL …” eingeblendet.
Danach ändern sich die Bilder und eine Bühne samt Publikum werden verfremdet gezeigt
und der Text „DIE Ö3 BÜHNE AM DONAUINSELFEST“ darüber gelegt. Im Folgenden
werden nacheinander die Namen „SILBERMOND“, „BLOODHOUND GANG“, „CHRISTINA
STÜRMER“ und „REAMONN …“ und wiederum der Text „DIE Ö3 BÜHNE AM
DONAUINSELFEST“ sowie „23.-25. JUNI 2006“ eingeblendet.
Den Abschluss dieses Spots bildet ein weiter Sprung eines Mannes aus einer – in der
Station Donauinsel – stehenden U-Bahn, was ihm wiederum einen verwunderten Blick eines
vorbeilaufenden Kindes einträgt, welches mit dem Mann fast zusammengestoßen wäre. Ein
zweiter senkrechter Sprung wird durch das Ö3 Logo, in welchem die Wortfolge Hitradio Ö3
vorkommt, überblendet. Der Spot hat eine zeitliche Länge von ca. 25 Sekunden. Es folgt
unmittelbar ein Werbespot für eine CD.
Diese Sachverhaltsfeststellung gründet sich auf die beschriebene Wahrnehmung seitens des
Bundeskommunikationssenates. Der der Anzeige zugrunde liegende Sachverhalt wurde vom
ORF im Wesentlichen nicht bestritten. In seiner Stellungnahme vom 11. August 2006 trat der
ORF der rechtlichen Beurteilung der KommAustria entgegen.
Die KommAustria führte in ihrer Anzeige aus, dass die Bewerbung des Donauinselfestes
bzw. der Ö3-Bühne als (Image-) Werbung für Ö3 zu sehen sei, da eine Veranstaltung
beworben werde, die vom ORF unterstützt bzw. mitorganisiert werde. Es stelle eine
Umgehung der Bestimmung des § 13 Abs. 9 ORF-G dar und würde die Bestimmung
aushöhlen, wenn eine Veranstaltung mit dem Programmnamen Ö3 im Fernsehen
imagemäßig beworben werden und eine kaum geringere cross-mediale Werbewirkung erzielt
werden könnte. Mit der Schlusseinblendung des Ö3 Logos mit der Wortfolge Hitradio Ö3
erhalte der Spot eine auf die Bewerbung des Programms Ö3 (als Hitradio) bezogene Wende.
Lediglich
jener
Teil,
der
von
den
Texteinblendungen
„DIE
Ö3
BÜHNE
AM
DONAUINSELFEST“ umschlossen werde, sei auf Grund seines überwiegend informativen
Charakters kein Hinweis, der isoliert betrachtet zu beanstanden sei.
-3–
In seiner Stellungnahme vom 11. August 2006 trat der ORF der rechtlichen Beurteilung der
von der KommAustria angezeigten Werbeverletzung entgegen. Da das Verbot des § 13
Abs. 9 ORF-G das Verbot der Bewerbung von Hörfunkprogrammen des Österreichischen
Rundfunks in Fernsehprogrammen des Österreichischen Rundfunks statuiere, fehle die
Voraussetzung,
dass
ein
ORF-Hörfunkprogramm
in
einem
ORF-Fernsehprogramm
beworben werde. Vielmehr handle es sich um Werbung für die vom Hörfunkprogramm Ö3
abgeleitete Veranstaltung „Ö3/Bühne am Donauinselfest“. Demnach liege kein von § 13
Abs. 9 ORF-G erfasster Sachverhalt vor. Selbst wenn der Sachverhalt von § 13 Abs. 9 ORFG erfasst wäre, liege kein Verstoß dagegen vor, weil mit der Gestaltung des Spots klar auf
das Ereignis, das beworben wird, die „Ö3/Bühne am Donauinselfest“ abgezielt werde und
das Publikum von dessen Programm, Ort und Zeit erfahre. Da mit dem Spot nicht das
Hörfunkprogramm Ö3 imagemäßig, sonder nur die Veranstaltung „Ö3/Bühne am
Donauinselfest“ beworben werde, liege mit der Ausstrahlung keine Verletzung des § 13
Abs. 9 ORF-G vor.
Rechtlich folgt:
Zu Spruchpunkt I:
§ 13 Abs. 9 ORF-Gesetz lautet:
„(9) Die Bewerbung von Hörfunkprogrammen des österreichischen Rundfunks in Fernsehprogrammen
des österreichischen Rundfunks (§ 3 Abs. 1) und umgekehrt ist, sofern es sich nicht um Hinweise auf
einzelne Sendungsinhalte handelt, unzulässig.“
Der Bundeskommunikationssenat hat sich bereits mehrfach mit der Auslegung der
Bestimmung des § 13 Abs. 9 ORF-G auseinandergesetzt (vgl. Bescheid vom 6. September
2002, GZ 611.913/004-BKS/2002; Bescheid vom 19. Mai 2003, GZ 611.923/005-BKS/2003,
Bescheid vom 14. Dezember 2004, GZ 611.933/0003-BKS/2004 oder Bescheid vom 4. April
2006, GZ 611.942/0002-BKS/2006).
Wie sich aus den Erläuterungen zur RV 634 BlgNR, XXI. GP ergibt, ist Zweck dieser
Bestimmung, den Wettbewerbsvorteil des ORF, mehrere Fernseh- und Hörfunkprogramme
zu veranstalten und diese gegenseitig bewerben zu können, d.h. die daraus resultierenden
einseitigen Wettbewerbsverzerrungen hintan zu halten. Neutral gehaltene Informationen
über einzelne Sendeinhalte sollen nicht vom Cross-Promotion-Verbot erfasst werden (EB zur
RV in: Kogler/Kramler/Traimer, Österreichische Rundfunkgesetze [2002] 41).
Die Bestimmung verbietet demnach „Image-Kampagnen“ für Fernsehprogramme in
Hörfunkprogrammen und umgekehrt. Hinweise auf einzelne Sendungen sind jedoch
zulässig. Mit dem Begriff „Hinweis“ kommt zum Ausdruck, dass nicht der bewerbende,
sondern der informative, redaktionelle Inhalt im Vordergrund zu stehen hat (VwGH,
-4–
20. Oktober 2004, Zl. 2003/04/0179; vgl. auch VfGH, 13. Juni 2005, Slg. 17.568). Auch in
seinem Erkenntnis vom 27. Jänner 2006, Zl. 2004/04/0114 hat der Verwaltungsgerichtshof
ausgeführt, dass § 13 Abs. 9 ORF-G „Eigenwerbung des ORF in Fernsehprogrammen für
Hörfunkprogramme des ORF bzw. umgekehrt nur insoferne eingeschränkt zu[lässt], als bei
der Werbegestaltung der informative, redaktionelle und nicht der werbende Inhalt im
Vordergrund zu stehen hat“.
Zum Vorbringen des ORF, es fehle zunächst an der Voraussetzung, dass ein ORFHörfunkprogramm in einem ORF-Fernsehprogramm beworben werde, sondern es handle
sich um Werbung für die vom Hörfunkprogramm Ö3 abgeleitete Veranstaltung „Ö3-Bühne
am Donauinselfest“, ist zunächst festzuhalten, dass die Bestimmung des § 13 Abs. 9 ORF-G
ihrem
Wortlaut
nach
die
Bewerbung
von
Hörfunkprogrammen
des
ORF
in
Fernsehprogrammen des ORF und umgekehrt verbietet.
Die Erwähnung der Veranstaltung „Ö3-Bühne am Donauinselfest“ ist für sich betrachtet nach
Ansicht des Bundeskommunikationssenates noch nicht als unzulässige Imagewerbung für
Ö3 zu qualifizieren, weil es sich dabei um die Ankündigung einer vom ORF mitorganisierten
Veranstaltung handelt. Hingegen wird die Grenze der Zulässigkeit im Lichte des § 13 Abs. 9
ORF-G mit der anschließenden Einblendung des Ö3-Logos und der Wortfolge „Hitradio Ö3“
überschritten. Damit wird nämlich zwischen der angekündigten und mit dem Spot
beworbenen
Veranstaltung
ein
expliziter
und
direkter
Zusammenhang
mit
dem
Hörfunkprogramm Hitradio Ö3 hergestellt und das durch den Spot vermittelte Image auf das
Programm Hitradio Ö3 übertragen und für dieses Programm genutzt. Da die Bewerbung von
Hörfunkprogrammen in Fernsehprogrammen des ORF nach § 13 Abs. 9 ORF-G aber nur
dann zulässig ist, wenn es sich um Hinweise auf einzelne Sendungsinhalte handelt, ein
Hinweis auf einen Sendungsinhalt im Programm Ö3 aber gar nicht erfolgt, wird mit der
Einblendung des Ö3 Logos mit der Wortfolge „Hitradio Ö3“ in unzulässiger Weise im
Ergebnis das Hörfunkprogramm Ö3 beworben und gegen die Bestimmung des § 13 Abs. 9
ORF-G verstoßen.
Ob es in dem Werbespot primär um Werbung für die vom Hörfunkprogramm Ö3 abgeleitete
Veranstaltung „Ö3-Bühne am Donauinselfest“ geht, spielt vor dem Hintergrund der
Bestimmung des § 13 Abs. 9 ORF-G deshalb keine Rolle, weil die Nennung einer von einem
Hörfunkprogramm abgeleiteten Veranstaltung verbunden mit der expliziten Erwähnung des
Hörfunkprogramms selbst ebenso wie die Nennung eines Hörfunkprogramms an sich
grundsätzlich geeignet ist, ein Hörfunkprogramm zu bewerben und dessen Image zu
verbessern. Damit war aber der gesamte Werbespot an den Grundsätzen des § 13 Abs. 9
ORF-G zu messen.
-5–
Zu Spruchpunkt II:
Der
Ausspruch
über
die
Veröffentlichung
der
Entscheidung
des
Bundeskommunikationssenates stützt sich auf § 37 Abs. 4 ORF-G und das Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 12.497/1991 zur wortgleichen Vorgängerbestimmung des
§ 37 Abs. 4 ORF-G – nämlich zu § 29 Abs. 4 des Rundfunkgesetzes, wonach „für
Rechtsverletzungen, die dem Rundfunk als Medium unterlaufen sind, die angemessene
Unterrichtung der Öffentlichkeit über eine verurteilende Entscheidung (…) stets erforderlich
sein [wird]“. Diese Auffassung wird auch durch das Erkenntnis des VwGH vom
15. September 2004, Zl. 2003/04/0045 bestätigt.
Hinsichtlich des Zeitpunktes der Veröffentlichung ist der Bundeskommunikationssenat im
Lichte des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes davon ausgegangen, dass
die Veröffentlichung als „öffentlicher ‚contrarius actus’“ zu einem vergleichbaren Zeitpunkt –
also zwischen 16:50 Uhr und 17:00 Uhr aufzutragen ist, um „tunlichst den gleichen
Veröffentlichungswert“ zu erzielen. Die Vorlage der Aufzeichnung stützt sich auf § 36 Abs. 5
ORF-G, wonach der ORF dem Bundeskommunikationssenat auf dessen Aufforderung
Aufzeichnungen seiner Sendungen zur Verfügung zu stellen hat, und dient der Überprüfung
der Erfüllung des bescheidkonformen Verhaltens.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann binnen sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den
Verwaltungsgerichtshof und/oder Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde
muss iS des § 24 Abs. 2 VwGG bzw. iS des § 17 Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 VfGG
von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Spätestens im Zeitpunkt der Überreichung der
Beschwerde ist eine Gebühr von EUR 180 zu entrichten.
29. Jänner 2007
Der Vorsitzende:
SCHALICH
Für die Richtigkeit
der Ausfertigung: