Mythos Ludwig II. - Haus der Bayerischen Geschichte

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Mythos Ludwig II. - Haus der Bayerischen Geschichte
Bayerische Landesausstellung 2011
GÖTTERDÄMMERUNG. LUDWIG II. UND SEINE ZEIT
Schloss Herrenchiemsee 14. Mai – 16. Oktober 2011
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Unterrichtsmaterialien in Themenpaketen
Mythos Ludwig II.
Folien/Arbeitsblätter:
– Gemälde: König Ludwig II. in Generalsuniform und Krönungsmantel
– Fotos/Postkarten: Die königliche Familie und Ludwig als junger Mann
– Fotos/Postkarten: Ludwig in Offiziersuniform und mit seiner Verlobten Sophie
– Fotos/Postkarten: Ludwig in reiferem Alter in Uniform und zivil (letzte
Aufnahme)
– Info (Auszug aus dem Begleitband): Ludwig II. und die Portraitfotografie
– Gemalte Postkarten: Ludwig in der Grotte von Linderhof und beim letzten
Spaziergang in Schloss Berg am 13. Juni 1886
– Gemalte Postkarten: Ludwig bei einer nächtlichen Schlittenfahrt und
Lobgedicht auf den verstorbenen König
– Gemalte Postkarten/Fotos: Ludwig im Herzen der bayerischen Bevölkerung
– Gemalte Postkarten/Fotos: Ludwig und seine Schlösser
– Infoblatt: Besucher in Ludwigs Schlössern
– Fotos: Ludwig als verkaufsfördernde Werbe-Ikone
– Fotos: Frühe Ludwig-Souveniers
– Info (Auszug aus dem Begleitband): Verfilmungen von Ludwigs Leben
– Zeitungsausschnitte: Mythos und Starkult bei heutigen Prominenten
– Info (Auszug aus dem Ausstellungskatalog): Der Mythos Ludwig II.
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Unterrichtsmaterialien zum Thema „Mythos Ludwig II.“
König Ludwig II. in bayerischer Generalsuniform mit dem Krönungsmantel
Ferdinand Piloty d. J. (1828 – 1895), München, 1865
Öl / Leinwand, 240 x 160
Bayerische Schlösserverwaltung, München, (L.II.-Mus. 901)
Eines der bekanntesten Porträts König Ludwigs II. stammt von Ferdinand Piloty. Es zeigt den jungen König
in der bayerischen Generalsuniform mit dem Krönungsmantel um die Schultern. Dazu trägt er die beiden
Wittelsbacher Hausorden, den Georgiritterorden und den Hubertusorden mit der Kollane. Wie alle
wittelsbachischen Könige vor ihm, wurde auch Ludwig II. nicht gekrönt. Königskrone und Krönungsmantel
sind jedoch fester Bestandteil der Staatsporträts. Die Darstellung des jungen Königs vermittelt etwas von
den enthusiastischen Beschreibungen, die Zeitgenossen über das Aussehen und die Haltung Ludwigs II. in
den ersten Jahren seiner Regierung gaben. So berichtete Justizminister Eduard von Bomhard über
gemeinsame Gespräche: „Des Königs Haltung war, bei einem gewissen Grad jugendlich natürlicher
Schüchternheit, die ihn bezaubernd zierte, doch majestätisch imponierend …“ Das Gemälde wurde gleich
nach seiner Entstehung in Fotografien und Reproduktionen weit verbreitet.
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Postkarten/Fotografien, um 1900ff.
© Digitalbild: Haus d. Bayerischen Geschichte/Augsburg (Originalobjekt: unbek. Urheber), Augsburg,
Haus/Bay. Gesch.
Die königliche Familie [1859], links Kronprinz Ludwig
Kronprinz Ludwig, 1862/63
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König Ludwig II. von Bayern mit seiner Verlobten Prinzessin Sophie in Bayern am 30.1.1867
König Ludwig II. von Bayern in Offiziersuniform , vermutlich 1868
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König Ludwig II. von Bayern [1880] in Generalsuniform
Fotographie wurde während einer Reise in die Schweiz im Sommer 1881 aufgenommen.
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Caroline Sternberg
Ludwig II. und die Porträtfotografie
„Alle Hofleute standen ihren ungeschminkten Abbildern gegenüber und hatten nicht mehr
schmeichlerische Ölbilder oder glatte Elfenbeinmalereien vor sich.“1
Die Entwicklung der Fotografie im 19. Jahrhundert hatte einen bedeutenden Einfluss auf die Wahrnehmung
der Herrscherfamilien, die über das neue Medium eine viel größere Öffentlichkeit als bisher erreichten.2
Zeigten sie sich bis in die 1840er-Jahre überwiegend in repräsentativen Bildnissen als Autoritäten, so
entwickelte mit der Formierung einer bürgerlichen Öffentlichkeit auch die Aristokratie ein neues
Selbstverständnis und passte sich dem Informationsbedürfnis der breiteren Schichten an.3 Neben
Empfängen und Paraden, bei denen der Herrscher als Repräsentationsfigur in der Menge seiner Untertanen
auftrat, wurden zunehmend der Alltag des Monarchen, das private Leben in der Familie und
Freizeitbeschäftigungen wie Jagd oder Reisen in Fotografien festgehalten.4 Das Spektrum der
Selbstdarstellung erweiterte sich damit um einige Facetten: Neben der Rolle des Herrschers wurden die
persönlichen Züge des Regenten und seiner Familie für die Untertanen sichtbar.5 Diese Entwicklung hatte
sich bereits nach 1800 in neuen Formen des Herrscherporträts niedergeschlagen, um dann im Medium der
Fotografie besonders deutlich hervorzutreten. […] Die Fotografien der Regenten wurden insbesondere in
Papierhandlungen verkauft9 und entwickelten sich bald zu Bestsellern. […]
Es ist nicht verwunderlich, dass auch Ludwig II. die neue Bildtechnik schätzte. Sein Vater hatte 1857 mit
Joseph Albert den ersten bayerischen Hoffotografen ernannt.12 […] Spätestens 1864, als Ludwig II. den
Thron bestieg, gewann die Fotografie an Bedeutung für den jungen Monarchen, der sich seinen Untertanen
bestmöglich präsentieren wollte. Neben Gemälden, die nun angefertigt wurden16, stand dafür auch die
Porträtfotografie zur Verfügung. Joseph Albert blieb in den ersten Regierungsjahren Ludwigs II.
Hoffotograf.17 Die zahlreichen Aufnahmen des Königs aus der zweiten Hälfte der 1860er-Jahre geben ein
reiches Spektrum seines Lebens wieder. Sie zeigen Ludwig II. als jungen Herrscher in Uniform bzw. im
Ornat des Großmeisters des Georgi-Ritterordens, aber genauso in Zivil, allein oder im Kreis seiner Familie.
[…] Die Breitenwirkung der fotografischen Porträts wurde durch den Verkaufserfolg erzielt, der den jungen
König in die Wohnstuben brachte. Ludwig II. gewann nach der Thronbesteigung schnell das Herz seiner
Untertanen. So wurden – wie Gottfried von Böhm berichtet – kurz nach seiner Thronbesteigung innerhalb
von drei Tagen 7000 Fotoporträts von ihm und seinem Vater verkauft.34 […] Dass das Zusammenspiel von
Angebot und Nachfrage jedoch funktionierte, lässt sich an dem von Albert aufgenommenen offiziellen
Verlobungsbild von König Ludwig II. und Herzogin Sophie Charlotte von Bayern aus dem Jahr 1867
aufzeigen.39 Das Foto des jungen Paars wurde in den illustrierten Zeitschriften und in den Schaufenstern im
ganzen Land präsentiert. Vermutlich wurde es auch zum Kauf angeboten. […] Die Präsenz des Regenten
und seiner Familie im Alltagsleben der Bevölkerung wird an dieser Stelle exemplarisch deutlich. […]
Die erhaltenen Aufnahmen aus den letzten Lebensjahren Ludwigs II. waren vermutlich nicht für
repräsentative Zwecke gedacht. Dafür spricht ein Inserat im „Münchner Fremden-Blatt“ vom 29. Juni 1886,
das nach dem Tod des bayerischen Königs die „letzte Originalaufnahme“ Ludwigs II. von Joseph Albert,
„aufgenommen im Winter in Hohenschwangau“, ankündigt.50 Dass der König in den späteren
Regierungsjahren keine offiziellen Porträts mehr von sich anfertigen ließ, mag in Zusammenhang mit seinem
grundsätzlichen Rückzug aus der Öffentlichkeit stehen, doch spielte sicherlich auch eine Rolle, dass ihm
bewusst war, mit dem Verlust seiner jugendlichen Schönheit an Ausstrahlungskraft verloren zu haben. […]
Dennoch blieb die Nachfrage nach Fotografien Ludwigs II. bestehen, wie die Herausgabe eines offiziellen
Herrscherporträts im Jahr 1885 zeigt. […]
Anmerkungen
1 Dies berichtete Max Dauthendey, dessen Vater am Dessauer Hof Anfang der 1840er-Jahre als Daguerreotypist tätig war. Vgl. Dauthendey, Geist, S. 64
2 Schwarzenbach, Royal Photographs, S. 256f.; vgl. Gernsheim, Photographie, S. 55–65
3 Habermas, Strukturwandel, S. 24ff.
4 Pohl, Kaiser, S. 9; vgl. Schoch, Herrscherbild, S. 62
5 Pohl, Kaiser, S. 11f.
9 Gernsheim, Photographie, S. 285
12 Ranke, Joseph Albert, S. 262
13 Pohl, Kaiser, S. 9
14 Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Geheimes Hausarchiv, Kabinettsakten König Ludwigs II. 66
15 Hacker, Augenzeugenberichte, S. 238
16 Schmid, König Ludwig II.
17 Gebhardt, Photographie, S. 17. Im Jahr 1872 ernannte der bayerische König Mathias Pössenbacher zum weiteren Hoffotografen, 1878 folgten Georg
Lechleitner und Ernst Küster, die das Atelier von Mathias Pössenbacher übernommen hatten. Vgl. Gebhardt, Photographie, S. 263; Gesamtverzeichnis, S.
285–325
34 Böhm, Ludwig II., S. 708
39 Ranke, Joseph Albert, S. 134
50 Schmid, Ludwig II., S. 181. Die Anzeige kündigt den Verkauf des Bildes ab dem Erscheinungsdatum in „allen Buch- und Kunsthandlungen“ an. Vgl.
Münchner Fremdenblatt, 9. Jg., Nr. 181 vom 29.6.1886, S. 13
Aus: Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.):Götterdämmerung – König Ludwig II. und seine Zeit. Aufsätze zur
Bayerischen Landesausstellung 2011, Schloss Herrenchiemsee 14. Mai bis 16. Oktober 2011, S. 203-210
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Postkarten/Fotografien, um 1900ff.
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Haus/Bay. Gesch.
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Postkarte/Lithographie, Papier/Farbe, um 1900
© Digitalbild: Haus der Bayerischen Geschichte/Augsburg (Originalobjekt: unbek. Urheber), Augsburg
Seite 8
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Postkarte/Lithographie, Papier/Farbe, 8x14 cm, um 1900
© Digitalbild: Haus d. Bayerischen Geschichte/Augsburg (Originalobjekt: unbek. Urheber), Augsburg, Haus/Bay. Gesch.
Postkarte/Lithographie, Papier/Farbe, 8x14 cm, um 1900
© Digitalbild: Haus d. Bayerischen Geschichte/Augsburg (Originalobjekt: unbek. Urheber), Augsburg, Haus/Bay. Gesch.
Seite 9
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Postkarte/Lithographie, Papier/Farbe, 8x14 cm, um 1911
© Digitalbild: Haus d. Bayerischen Geschichte/Augsburg (Originalobjekt: unbek. Urheber), Augsburg, Haus/Bay. Gesch.
Postkarte/Lithographie, Papier/Farbe, 9x14 cm, um 1905
© Digitalbild: Haus d. Bayerischen Geschichte/Augsburg (Originalobjekt: unbek. Urheber), Augsburg, Haus/Bay. Gesch.
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Öffnung der Schlösser
Besucher im Schlafzimmer von Schloss
Herrenchiemsee, Münchner Ilustrierte, 1886
Sammlung Jean Louis Schlim, München
Besucherstatistik
1886
1920
1930
1950
1970
1990
2010
Neuschwanstein
18.000
100.000
50.000
174.473
569.975
1.425.149
1.341.897
Herrenchiemsee
39.304
62.733
170.568
464.783
708.126
417.660
Linderhof
619
13.337
31.084
314.971
649.428
982.649
451.470
Der Mythos Ludwigs II. ist ohne seine Schlösser als Stein gewordene Denkmäler sicherlich nicht zu erklären.
Bereits im August 1886 wurden die Schlösser Ludwigs II. für das Publikum geöffnet. Zum einen um durch
die Einnahmen durch die Eintritte die Schulden zu tilgen, zum anderen aber auch weil man hoffte, dadurch
die Entmachtung des Königs ein Stück weit zu erklären.
Bereits im ersten Jahr besuchten 18 000 Menschen Schloss Neuschwanstein.
Die Menschen waren begeistert. Man spekulierte, ob der König angesichts dieses Phantasiebaus verrückt
war – oder einfach nur genial.
Auch im 20. Jahrhundert wuchs die Zahl der Menschen, die Neuschwanstein besuchten, stetig an. Waren es
1950 über 174 000 Besucher verdreifachte sich der Besucherstrom in nur 20 Jahren. Touristen aus aller
Welt kamen, um das wahre Disney-World-Schloss zu.
Im Jahr der Wiedervereinigung 1990 erreichte das Schloss den Spitzenwert von 1425 149 Besuchern. Als
„Nationaldenkmal“ wurde es übrigens auch in den Fragekatalog einiger Einbürgerungstests aufgenommen.
In den letzten Jahren haben sich die Besucherzahlen auf etwa 1,3 Millionen eingependelt.
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Ludwig II. als Marke
König-Ludwig-Kaffee der Firma August Stürzer, München und Treupreise
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann die Werbung mit berühmten Persönlichkeiten − Monarchen,
Fürsten und Staatsmännern. Bereits kurz nach seinem Tod wurde auch Ludwig II. zum Werbeträger für
unterschiedliche Produkte. Von Kaffee, Bier und anderen Genussmitteln über Luxuswohnungen bis zur
trendigen Mode – die Palette ist heute vielfältig. Ludwigs schillernde Figur eignet sich für unterschiedlichste
Projektionen. Ludwig II. ist nicht nur zum Aushängeschild Bayerns und Deutschlands geworden. In der
Werbung steht er auch für Tradition und Qualität, für monarchischen Glanz,
Fantasie und Exzentrik, Luxus und Lifestyle.
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Ludwig II . = Bayern?
Frühe Souvenirs: Bierkrug mit Neuschwansteinmotiv, vor 1895, Pfeifenkopf mit Ludwig II .-Dekor, Charivari
mit dem Porträt Ludwigs II., um 1890, Miniatur des Majolikaschwans aus Neuschwanstein, Neufaldersleben,
Thüringen 1886
Wie Oktoberfest, Volksmusik, Lederhosen und Dirndl ist auch Ludwig II. fester Bestandteil des BayernKlischees. Schon zu Lebzeiten fand sich sein Porträt in Wirtshäusern, auf Postkarten und Souvenirs. Doch
erst nach seinem Tod wurde er Symbol bayerischen Heimatgefühls, kultureller Eigenheit und des Anspruchs
auf staatliche Selbstständigkeit.
Bald nutzte man das Bild des unglücklichen Königs auch als touristisches Zugpferd.
Kein anderer bayerischer Monarch wurde derart präsent und populär. Vor Ludwigs Tod sahen gerade
bayerische Patrioten ihren König nicht unkritisch. Der Spruch vom „blassblauen Mondschein-Emmanuel“
ging um – eine Anspielung auf den Wittelsbacher Kurfürsten Max Emanuel, der Bayern gerne im Tausch
gegen ein anderes Land abgegeben hätte. Das traute man, nicht ganz zu Unrecht, auch
Ludwig II. zu.
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Verfilmungen
Im Blick auf die deutsche Geschichte ist kein Leben eines Monarchen so häufig „verfilmt“ worden wie das
Ludwigs II., der so gewissermaßen zum „Filmkönig“ avancierte:
„Das Schweigen am Starnberger See“, Regie: Rolf Raffé, 1920, Münchner Stadtmuseum, Filmmuseum
„Ludwig der Zweite, König von Bayern“, Regie: Wilhelm Dieterle, 1930, Münchner Stadtmuseum,
Filmmuseum
„Ludwig II. Glanz und Elend eines Königs“, Regie: Helmut Käutner, 1955, DIF Deutsches Filminstitut,
Frankfurt
„Ludwig II“, Regie: Luchino Visconti, 1972 (rekonstruierte Langfassung), Kirch Media GmbH & Co., München
„Ludwig – Requiem für einen jungfräulichen König“, Regie: Hans Jürgen Syberberg, 1973
Hans Jürgen Syberberg, Nossendorf
„Ludwig 1881“, Regie: Fosco und Donatello Dubini, 1993, Fosco und Donatello Dubini Filmproduktion, Köln
Für 2011 plant der Regisseur Peter Sehr ein neues Filmprojekt über das Leben Ludwigs II.
Fast jede Dekade des vergangenen Jahrhunderts kreierte „ihren“ Ludwig-Film. Einer der ersten in diesem
Reigen ist Rolf Raffés „Das Schweigen am Starnbergersee“ (1920), in dem der seinerzeit bekannte
Schauspieler Ferdinand Bonn den älteren König Ludwig II. spielt. Mit großer Sympathie wird das positive
Bild eines ganz und gar nicht verwirrten Bayernkönigs gezeichnet, der sich erfolglos gegen eine
Ministerintrige zur Wehr setzt. Dieser Ludwig ist eine aus privater wie politischer Enttäuschung den Künsten,
insbesondere der Person Richard Wagners, zugewandte, bis zum bitteren Ende um seine Königswürde
kämpfende Erscheinung, die als „Märtyrer der Schönheit“ Opfer einer Verschwörung wird. Ludwig stirbt hier
nicht, wie etwa bei Käutner, als Selbstmörder, sondern durch Herzversagen, als ein Mensch auf der Flucht,
den die Kräfte verlassen. Durch den geschickten Wechsel von Studio- und Außenaufnahmen, zum Teil vor
den realen Kulissen von Neuschwanstein und Herrenchiemsee, gewinnt der Film eine noch heute spürbare
Authentizität.
Zehn Jahre später konzentrierte sich Wilhelm Dieterle mit dem Studiofilm „Ludwig der Zweite, König von
Bayern“ (1930) – mit ihm selbst in der Hauptrolle – ganz auf das Schicksal des „Menschen“ Ludwig, um „eine
Persönlichkeit besser zu verstehen, als es die Vergangenheit vermochte“. Im Zentrum der Handlung stehen
die letzten Jahre der Regentschaft, die der Erzähllogik einer politischen Verschwörung gehorchen nach dem
Motto: „Seine Bauten sind unsere Hoffnung!“ Obwohl Dieterle dies sicherlich nicht intendierte, spielt er den
König als einen von Bausucht, Phobien und Selbstzweifeln geplagten Menschen, der so dem Vorwurf des
Wahnsinns immer neue Nahrung gibt. Damit steht dieser Ludwig am Ende zwar auch als ohnmächtiges
Opfer da, aber ebenso als grübelnder, menschenscheuer Gefangener seiner Sehnsüchte und Ängste. Auf
der Strecke dieses einfühlsamen Psychogramms bleiben allerdings die ästhetischen und politischen
Utopien, die Ludwig II. im Verbund mit Richard Wagner eben auch angetrieben hatten.
Erst 25 Jahre später legte Helmut Käutner eine erneute Verfilmung unter dem Titel „Ludwig II. – Glanz
und Elend eines Königs“ (1955) vor, die mit zwei Besonderheiten auftrumpfen konnte: der spezifisch
glanzvollen Farbigkeit von Technicolor und den ungehinderten Drehmöglichkeiten in und vor den
Königsschlössern. Käutner hatte dafür Kompromisse beim Drehbuch eingehen müssen, indem
beispielsweise das Thema Homosexualität ausgespart bleiben musste. Und so erzählt er das „Volksmärchen
von dem guten König, der am Unverstand seiner Umgebung kaputtging“, mit Ludwig und Elisabeth im
Zentrum einer Dramaturgie der Seelenverwandtschaft. Die wichtigste Neuerung gegenüber den Filmen von
Raffé und Dieterle ist die akzentuierende Rahmung durch eine Rückblendenstruktur, die den Tod des Königs
zum markanten Ausgangs- und Endpunkt eines tragisch verlaufenden Lebens macht.
Auch der 1973 uraufgeführte „Ludwig II“ des Italieners Luchino Visconti konnte mit dem Glanz der
Originalschauplätze der Königsschlösser aufwarten, die in seinem erst 1980 integral rekonstruierten
vierstündigen Epos geradezu reklamemäßig zelebriert werden. Visconti sieht Ludwig, dargestellt von Helmut
Berger, als Verkörperung einer anderen, jedoch unterlegenen politischen Idee von Deutschland unter
Verzicht auf Krieg als Mittel der Politik, einen mit großen Sympathien gezeichneten Verlierer, der angesichts
seiner Ohnmacht in die romantische Welt der Kunst von Musik und Architektur flüchtet mit Richard Wagner
als charismatischem Anführer. Neu an dem Film war die vorbehaltlose, wenngleich dezente Thematisierung
von Ludwigs Homosexualität, die dennoch einen Skandal und auch deshalb zensorielle Eingriffe
verursachte. Dramaturgisch gesehen, bestand eine wesentliche Neuerung darin, dass Visconti die Person
des Königs – einem Gerichtsverfahren nicht unähnlich – aus den unterschiedlichen Perspektiven der ihn
umgebenden Personen beleuchtet und damit ein langsam erzähltes, vielschichtiges Tableau entwirft.
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Dieses Tableau wiederum ist der Grundgedanke des fast zeitgleich entstandenen Films von Hans Jürgen
Syberberg „Ludwig – Requiem für einen jungfräulichen König“ (1973), der aber im radikalen Gegensatz und
in „ästhetischer Konkurrenz“ zu Visconti als statisches „tableau vivant“, als „lebendes Gemälde“ konzipiert
ist. Alle handelnden Personen stehen fast immer gleichzeitig auf der Bühne, die man insofern wörtlich
nehmen muss, als bei den stummfilmähnlichen Montagen (mit Zwischentiteln) mit den klassischen Mitteln
des Theaters und der Oper gearbeitet wird: dem gemalten Bühnenprospekt, den Requisiten und Kostümen,
den eingeblendeten Musikcollagen aus Wagner-Opern. Syberberg inszeniert den im Zentrum stehenden
Ludwig II. mit dem Wissen um sein Nachleben und Fortwirken bis in die Gegenwart. Dieser Ludwig als
Inkarnation bayerischer Identität ist gleichzeitig unschuldiges Kind, leidender Christus und märtyrerhaftes
Opfer der Geschichte. Es ist tatsächlich ein Requiem, also eine Totenmesse, die hier zelebriert wird und den
Zuschauer in unverkennbar didaktischer Absicht daran erinnern soll, warum gerade der Bayernkönig zum
Objekt einer bis heute andauernden mythologischen Volkssehnsucht geworden ist.
Die vorläufig letzte Filmbiografie präsentierten die Schweizer Regisseure Fosco und Donatello Dubini mit
ihrem „Ludwig 1881“ (1993), eine Chronik jener spektakulären Reise des Königs durch die Innerschweiz am
Vierwaldstättersee im Jahr 1881 mit dem Hofschauspieler Joseph Kainz. An den Originalschauplätzen von
Schillers „Wilhelm Tell“ sollte der Schauspieler unentwegt poetische Höhepunkte herbeizitieren, was
angesichts der Unzulänglichkeit von Mensch und Natur zwangsläufig zum Scheitern verurteilt war. Schon
durch die Besetzung der Hauptrolle mit dem Schauspieler Helmut Berger entsteht der gewollte Eindruck
einer Fortsetzung oder besser eines Weiterdenkens des Visconti-Films.
Stärker und plausibler als alle vorhergehenden Filme zeigen die Dubini-Brüder die Radikalität des
Ludwig’schen Kunstwollens, dem die menschliche Natur, etwa die eines Schauspielers oder eines
Komponisten, nicht gewachsen ist. Diesem hohen Anspruch können nur Bau- und Ingenieurskunst Genüge
leisten, weshalb in einer Parallelmontage zur Schweiz-Reise immer wieder Sequenzen mit den im Bau
befindlichen Königsschlössern zu sehen sind. Exakt diese Schlösser – und daran erinnern paradoxerweise
gerade die Ludwig-Filme in ihrer Dualität von Kunst und Leben – sind folglich das eigentliche ästhetische
Erbe des Bayernkönigs, dessen Entzifferung gerade erst begonnen hat.
A. M. A.
Aus: Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.):Götterdämmerung – König Ludwig II. und seine Zeit . Katalog zur
Bayerischen Landesausstellung 2011, Schloss Herrenchiemsee, 14. Mai bis 16. Oktober 2011
„Jede Generation hat „ihren“ Ludwig.“ – der
wohl berühmteste Ludwig ist Helmut
Berger, der den menschenscheuen
Monarchen 1972 im Werk von Luchino
Visconti verkörperte.
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„Ludwig II. Glanz und Elend eines Königs“, Regie: Helmut Käutner, 1955, DIF Deutsches
Filminstitut, Frankfurt
1955 war Helmut Käutners Interpretation
von Ludwig II. einer der meist gesehenen
Filmen im Kino. Zum Erfolg trugen vor
allem O.W. Fischer und Ruth Leuwerik in
den Hauptrollen, aber auch die Aufnahmen
an den Originalschauplätzen bei.
Der Film inszeniert das nostalgische Bild
eines friedliebenden Herrschers mit hohen
Idealen.
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Geschichte/Augsburg
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Eine berühmte Szene des Filmes, mit Klaus Kinski als Ludwigs II. Bruder Otto.
1871 hört man auf den Straßen die Siegesfeiern nach dem Deutsch-Französichen Krieg. Otto, kehrt
gerade aus Frankreich zurück. Die Euphorie der Massen weist auf den Größenwahn des neuen Reiches
voraus. In diesem Moment bricht der Wahnsinn bei Otto aus. Der Grausamkeit des Krieges spiegelt sich
in seinen Augen. Dies bewegt auch Ludwig II. zutiefst.
Die Szene ist ein gutes Beispiel, wie der jeweilige Zeitgeist auch die Interpretation König Ludwigs II.
beeinflusst. Der Heimatfilm der 50er Jahre bediente nach dem Zweiten Weltkrieg die Sehnsucht vieler
nach einer „heilen Welt“ oder der „guten alten Zeit“. Käutners pazifistischer Ludwig kann darüber hinaus
auch als Beitrag zu einer Debatte in der jungen Bundesrepublik gesehen werden. 1955 diskutierte man
über die Wiederbewaffnung und die Einführung der Bundeswehr.
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Der Mythos Ludwig II.
Das heute populäre Bild Ludwigs II. ist – neben den
Schlossbauten – vor allem von vier Stereotypen bestimmt: die angebliche Liebe zwischen Ludwig II. und
Kaiserin Elisabeth von Österreich, die Vorstellung von
Ludwig II. als pazifistischem „Kunst-König“, die Fortwirkung der von ihm so geförderten Musik Richard
Wagners unter anderem auch im populären Filmgenre und schließlich das immer wiederkehrende Erzählmuster vom einsamen König mit tragischem Ende.
„Du Adler, dort hoch auf den Bergen, /
Dir schickt die Möwe der See
Einen Gruss von schäumenden Wogen
Hinauf zum ewigen Schnee.“
Im Juni 1885 widmete Kaiserin Elisabeth von Österreich Ludwig II. diese Zeilen, in der sie ihrer beider
poetisch gestimmte Seelenverwandtschaft besingt. Wie
bereits die Zeitgenossen bemerkten, gab es viele Gemeinsamkeiten zwischen dem bayerischen König und
seiner um acht Jahre älteren Großcousine: Sie liebten
die Einsamkeit, hassten höfischen Zwang und verstießen oft gegen Konventionen. Freilich blieb das freundschaftliche Verhältnis der beiden nicht spannungsfrei.
So verärgerte die Auflösung von Ludwigs Verlobung
mit Elisabeths jüngerer Schwester, Sophie Charlotte,
die Kaiserin nachhaltig. Für das heute populäre Bild
einer unerfüllten Liebesbeziehung zwischen Ludwig II.
und „Sissi“ gibt es keine historischen Anhaltspunkte.
Diese Vorstellung zeigt vielmehr, wie sehr der Film unser Bild von Ludwig II. und Elisabeth von Österreich
prägt. Ursächlich dafür ist Helmut Käutners Spielfilm
„Ludwig II. – Glanz und Ende eines Königs“ von 1955
(Kat.-Nr. 5.45c). Der Regisseur ließ O. W. Fischer und
Ruth Leuwerik, damals überaus populäre Stars des
deutschen Kinos, ein Melodram unerfüllter Liebe spielen und änderte damit seine ursprüngliche Absicht,
die homoerotischen Elemente seiner Geschichte stärker zu gewichten.
Zwanzig Jahre später fanden sich die beiden Protagonisten dann im leidenschaftlichen Filmkuss: Helmut Berger und Romy Schneider in Luchino Viscontis „Ludwig“ von 1972 (Kat.-Nr. 5.45d). Damit war das
„Liebespaar Ludwig und Sissi“ endgültig im Bewusstsein des Publikums etabliert, zumal der Visconti-Film
nur in einer gekürzten Fassung in die Kinos kam, in
der Visconti wie schon Käutner viele der geplanten
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Fünfter Akt deutlich homoerotischen Anspielungen zurücknahm.
So rückte die Beziehung zwischen König und Kaiserin
stärker in den Mittelpunkt.
Anders als es die heutige touristische Vermarktung des „Märchenkönigs“ nahelegt, gehört auch Ludwigs politische Rolle im Zusammenhang mit den Kriegen von 1866 und 1870 / 71 sowie der Gründung des
Deutschen Kaiserreichs zu den Stereotypen, die sich
um die Figur Ludwigs II. gebildet haben, wenngleich
sich gerade hier teilweise diametral entgegengesetzte
Positionen finden. Einerseits wurde der Unterzeichner des „Kaiserbriefs“ – sehr gegen seinen Willen – als
„Ludwig der Deutsche“ und Geburtshelfer des Kaiserreichs gefeiert. Bezeichnend hierfür ist etwa die Benennung einer 1872 begründeten Steinkohlezeche „König
Ludwig“, die heute noch, viele Jahre nach ihrer Schließung, einem ganzen Stadtteil von Recklinghausen ihren Namen gibt. Ganz anders sahen die bayerischen
Pat­rioten Ludwig II. Für sie wurde er zur Symbolfigur der verlorenen Eigenstaatlichkeit Bayerns. Diese
Sichtweise war insbesondere in der Zeit der Weimarer Republik weit verbreitet, als der Zentralismus in
Deutschland durch die Weimarer Verfassung noch verstärkt wurde.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 und
vor allem in der Bundesrepublik der 1950er-Jahre wurde Ludwig II. wieder neu interpretiert. Nach dem verlorenen Krieg und angesichts der großen Zerstörung
faszinierte nun die Vorstellung eines der Machtpolitik
abholden, geradezu pazifistischen Königs, wie ihn Helmut Käutner 1955 inszenierte. Im Zusammenhang mit
der Diskussion um die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik entwickelte der historische Stoff eine neue,
aktuelle Dimension. Im Film berichtet Klaus Kinski in
der Rolle von Prinz Otto vom Krieg 1870 /71 und der
Kaiserkrönung in Versailles. Während im Hintergrund
„Heil Dir im Siegerkranz“ erklingt, bricht Otto in den
Armen seines weinenden Bruders Ludwig II. im Wahnsinn zusammen (Kat.-Nr. 5.45c). Der „Wahn“ des Königs selbst, sein übersteigertes „Kunst-Königtum“ erscheint bei Käutner die einzig mögliche Existenzform,
um den neuen deutschen Nationalismus zu ertragen.
Zum Mythos Ludwig gehört in gewisser Weise
der Mythos Wagner – das nahe Verhältnis von König
und Komponist, das mit Mäzenatentum nur unzureichend beschrieben wäre. Richard Wagners emotional
mitreißende Strategien der theatralischen Überwältigung, die charakteristische Technik der Erinnerungsoder Leitmotive gaben seiner Musik eine erzählerische
Kraft, die auch das neue Medium des Films in seinen
Bann zog. Eine Zäsur in der Entwicklung der Filmmusik stellte Max Steiners Partitur zu „King Kong“ (1933)
dar. Erstmals wurde ein Kinofilm auf der gesamten
Länge von symphonischer Musik begleitet, auch während der Dialogszenen. Der Komponist Max Steiner,
der aus Wien stammte, war dort in der Tradition Wagners geschult und unter anderem von Richard Strauss
und Gustav Mahler beeinflusst. Die gerade für die großen Werke Hollywoods typische Monumentalität auch
in der musikalischen Begleitung erlebte in den 1970erJahren durch Komponisten wie John Williams und
Jerry Goldsmith eine Renaissance. Besonderen Einfluss hatten Wagners Kompositionen auf die Soundtracks zu Science-Fiction- und Fantasy-Filmen. So verwendete beispielsweise der Komponist Howard Shore
für seine Musik zur Filmtrilogie „Der Herr der Ringe“
Wagner’sche Motivmuster.
Der Einsatz von Musik Richard Wagners im Film
nach 1945 ist häufig von der Wagner-Rezeption im Nationalsozialismus bestimmt. Der „Walkürenritt“ wurde durch Propagandafilme wie „Stukas“ von Karl Ritter aus dem Jahr 1941 geradezu zu einer Chiffre für die
Kriegspolitik im NS-Staat. Francis Ford Coppolas Film
„Apocalypse Now“ (1979) nimmt darauf Bezug, wenn
bei einem Luftangriff der Amerikaner auf ein vietnamesisches Dorf den Soldaten im Hubschrauber Wagners „Walkürenritt“ eingespielt wird. Mit den Worten
„Jetzt die psychologische Kriegsführung. Aber schön
laut“, begründet der Kommandant seine zynische Entscheidung, die der Regisseur in harten Gegenschnitten
mit der Grausamkeit der Bombentreffer in Szene setzt.
Im „Großen Diktator“ von Charlie Chaplin (1940) wird
der träumerische Charakter des Vorspiels zu „Lohengrin“ zur gespenstischen Begleitmusik für den grotesken Tanz des Diktators mit der Weltkugel. Die sphärischen Streicherklänge schwellen allmählich an,
zeigen den Größenwahn des Protagonisten Hynkel –
bis schließlich der Traum von der Weltherrschaft ebenso wie der Globus jäh zerplatzt.
Was das Erzählmuster des einsamen, tragisch endenden Königs angeht, so steht Ludwig II. in gewisser
Weise am Beginn einer Entwicklung, die im Lauf des
20. Jahrhunderts einen „Starkult“ entstehen ließ, der
bis heute unseren Alltag nahezu unausweichlich begleitet. Helden und Idole, „Stars und Sternchen“ sind
die Geschöpfe dieses Kults: „Die Leute sehen in ihnen
nicht mehr, wer sie sind, sondern was sie sind: ein zu
verkörperndes Stereotyp“, so der Kunsthistoriker W. J.T.
Mitchell über die Objekte des Starkults. Sie bereichern
als Identifikationsfiguren einen scheinbar banalen Alltag, geben Orientierung und schaffen die Möglichkeit,
exemplarische Handlungsmuster zu erleben, zu kommentieren und sich selbst zu positionieren. Es war die
im 19. Jahrhundert entstehende massenhafte Kommunikation durch die Presse, die auch Personen des öffentlichen Lebens ins Rampenlicht rückte. Sie teilten sich
die Aufmerksamkeit mit dem fiktiven Personal aus Mythen, Sagen und der Literatur, das vordem gesellschaftliche Orientierungsmuster geboten hatte. Vor allem das
Leben der Herrscherfamilien wurde nun von der Öffentlichkeit mit großem Interesse verfolgt. In vielfältigen Bildern wussten sich diese in verschiedensten Lebenssituationen zu präsentieren und abzubilden. Dies
galt auch für Ludwig II., seine weit verbreiteten Porträtfotografien, die das Bild des schönen, schwärmerischen
„Künstler-Königs“ beschworen, der sich als reale Person immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückzog und
damit für diese umso interessanter wurde.
Bereits mit den „Medienstars“ des 19. Jahrhunderts, großen Sängerinnen oder Schauspielern, spätestens aber seit den Tagen der Stummfilmstars gewann
diese Entwicklung an Dynamik. Prominenz aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen trat und
tritt ins Scheinwerferlicht. Dabei wiederholen sich
die Erzählmuster, ob bei Marilyn Monroe, Elvis Presley, Lady Di, bei Michael Jackson oder anderen: Glamour, die Feier jugendlicher Schönheit, ein oft kometenhafter Aufstieg und ein plötzliches oder ungeklärtes
Ende. Das einfache Scheitern, der natürliche Tod passen nicht zur „story“, vielmehr vermutet man Geheimnis und Verschwörung. Unterschiedlichste Theorien werden ins Feld geführt – vielleicht in keinem Fall
derart nachhaltig wie gerade bei König Ludwig II. So
gleichen sich die Schlagzeilen: Märchenprinzessin,
einsamer König, ewiges Kind – und Meuchelmord. Der
Mythos lebt.
Judith Bauer / Caroline Sternberg / Peter Wolf
Wie Ludwig starb und zum Mythos wurde
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