Fox @ MoMA: The Studio as Auteur

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Fox @ MoMA: The Studio as Auteur
Fox @ MoMA
Fox @ MoMA: The Studio as Auteur
ZOO IN BUDAPeST
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Als am 16. Mai 1929 im Rahmen eines Banketts mit
270 geladenen Gästen im Hollywood Roosevelt Hotel
in Los Angeles zum ersten Mal die Academy Awards
verliehen wurden, gingen fünf von 12 der vergebenen
Oscars an Produktionen der Fox Film Corporation:
Beste künstlerische Produktion (Fox Film Corporation
für SUNRISE), beste Hauptdarstellerin (Janet Gaynor für
SUNRISE, 7TH HEAVEN, STREET ANGEL), beste Regie
(Frank Borzage für 7TH HEAVEN), bestes adaptiertes
Drehbuch (Benjamin Glazer für 7TH HEAVEN) und beste
Kamera (Charles Rosher und Karl Struss für SUNRISE).
William Fox war auf der Höhe seines Erfolgs: Der Besitzer von Nickelodeons und Kinos war 1914 in die Produktion von Filmen eingestiegen und hatte seine Fox
Film Corporation in den 1920er Jahren zu einer der
führenden amerikanischen Filmfirmen ausgebaut.
Stets aufgeschlossen für technische Innovationen,
hatte er sich Mitte der 1920er Jahre Patente für das
Lichttonsystem gesichert, das sich in den 1930er Jahren durchsetzen sollte, experimentierte als einer der
ersten mit Breitwandsystemen und frühen Formen des
Merchandising und Cross-Marketing. Stärker als alle
anderen Studios konzentrierte sich die Fox Film auf
künstlerisch interessante Regisseure, etablierte die
Namen von Raoul Walsh, John Ford, Frank Borzage,
Howard Hawks und gab Erfolgsregisseuren aus
Deutschland wie F. W. Murnau oder Erik Charell die
Chance, ihren ersten amerikanischen Film zu drehen.
Die besten Fox-Filme verbanden künstlerischen Anspruch mit kommerziellem Erfolg und gingen in die
Filmgeschichte ein.
Als William Fox Ende der 1920er Jahre zu seinem größten wirtschaftlichen Coup ausholte und MGM seiner
Firma einverleiben wollte, scheiterte er an den AntiTrust-Gesetzen. Der Börsencrash von 1929 und ein
schwerer Autounfall, der ihn für mehrere Monate außer
Gefecht setzte, trugen dazu bei, dass er 1930 seine
Anteile verkaufen musste und die Banken seine Firma
übernahmen. Der Niedergang von William Fox wurde
1933 von Upton Sinclair ausführlich in seinem Buch
»Upton Sinclair Presents William Fox« beschrieben. Die
Fox Film Corporation produzierte weiterhin erfolgreiche
Filme, blühte jedoch erst wieder auf, als sie 1935 mit
der Firma Twentieth Century Pictures fusionierte und
Dream Team: Gaynor & Farrell
7th Heaven (Im siebenten Himmel) | USA 1927 | R:
Frank Borzage | B: Benjamin Glazer, nach dem Stück
von Austin Strong | K: Ernest Palmer, Joseph A. Valentine | M: William P. Perry, Ernö Rapée | D: Janet Gaynor,
Charles Farrell, Ben Bard, David Butler, Albert Gran |
118 min | OF | Movietone | Eine Geschichte unter, in
und über Paris zu Beginn des Ersten Weltkriegs: Der
Kanalarbeiter Chico nimmt die verwahrloste Diane in
seiner Dachwohnung im 7. Stock auf. Die Mobilmachung trennt die beiden, doch im Universum von Frank
Borzage, dem Meister des Melodrams, kann die Liebe
wirklich alles bezwingen. Borzage ging ein großes Wagnis ein, als er mit Janet Gaynor und Charles Farrell zwei
Unbekannte besetzte; er schuf so eines der größten
Leinwandpaare, das bis 1934 in zwölf Filmen gemeinsam auftrat. Bei den ersten Academy Awards wurde
Janet Gaynor für SUNRISE, 7TH HEAVEN und STREET
ANGEL als beste Darstellerin ausgezeichnet. Die aufwändigen Sets erlaubten unvergleichliche Bilder, besonders der Kameraaufzug, mit dem der Aufstieg in
den 7. Stock gefilmt wurde, und die Miniaturlandschaften, durch die die »Taxis de la Marne« fuhren. Berühmt
wurde der Titelsong »Diane«, der auf der originalen Movietone-Tonspur des Stummfilms zu hören ist.
▶ Freitag, 9. September 2016, 21.00 Uhr
Street Angel (Engel der Straße) | USA 1928 | R:
Frank Borzage | B: Marion Orth, nach der Erzählung
»Cristilinda« von Monckton Hoffe | K: Ernest Palmer | M:
Ernö Rapée | D: Janet Gaynor, Charles Farrell, Natalie
Kingston, Henry Armetta, Guido Trento | 102 min | OF |
Movietone | Die Neapolitanerin Angela findet nach
einem halbherzigen Versuch, als Prostituierte Geld zu
verdienen, Zuflucht in einem Wanderzirkus. Dort wird
sie als Artistin zur Hauptattraktion. Sie lernt den Maler
Gino kennen und inspiriert ihn zu einem idealisierten
Porträt. Fox Films bot dem Regisseur an, STREET
ANGEL in Neapel zu drehen, das Borzage gut kannte.
Doch er entschied sich dafür, alle Ressourcen des Studios in einem gewaltigen runden Set zu nutzen, in dem
die Kamera fliegend, schwebend, gleitend verschiedenste Handlungselemente zusammenführte. Die Tonspur verwendet keinen Dialog; Musik, gesungene und
gepfiffene Lieder verbinden die Liebenden, auch wenn
sie getrennt sind. Der erste Texttitel in STREET ANGEL
könnte über Borzages Gesamtwerk stehen: »Everywhere,
in every town, in every street, we pass, unknowing,
human souls made great through love and adversity«.
▶ Samstag, 10. September 2016, 21.00 Uhr
Fox @ MoMA
Darryl Zanuck die Leitung übernahm. Die 20th Century
Fox existiert noch heute, zu ihren Erfolgsfilmen der letzten Jahrzehnte gehören STAR WARS (1977), ALIENS
(1979), INDEPENDENCE DAY (1996), TITANIC (1997), XMEN (2000), ICE AGE (2002), AVATAR (2009) und THE
MARTIAN (2015).
1935 verkündete das Museum of Modern Art in New
York die Akquisition einer Gruppe von Filmen aus der
Produktion der Fox Film Corporation und verbreitete
eine Erklärung von Sidney R. Kent, der als Präsident der
20th Century Fox fungierte: »Ich habe mir die Aktivitäten des Museums für die Gründung einer Filmsammlung zur Erhaltung von Filmen verschiedener Produzenten angeschaut, die von bleibendem Wert für zukünftige Studien und Weiterentwicklungen der Filmkunst
sind. Ich finde, dass dieses uneingeschränkte Unterstützung verdient, und es freut mich sehr, Filme der
20th Century-Fox Film Corporation dem Museum für
seine Arbeit zur Verfügung zu stellen.« So gelangten
wichtige Stummfilme und frühe Tonfilme in die Sammlung des Museum of Modern Art, die seinerzeit nur
noch einen geringen kommerziellen Wert hatten. Dort
wurden die wertvollen Nitromaterialien unter guten
Bedingungen aufbewahrt und für Vorführungen in Archivkinos restauriert und umkopiert.
Nachdem das Filmmuseum schon mehrere seiner eigenen Restaurierungen im Programm des Museum of
Modern Art präsentiert hat, so 2012 eine vollständige
Retrospektive der Filme von Werner Schroeter und
2015 unvollendete Filme aus dem Nachlass von Orson
Welles, präsentiert das MoMA nun zum ersten Mal ein
ganzes Programm mit restaurierten 35mm-Filmkopien
aus seinem Bestand im Filmmuseum. Zu entdecken
sind neben Erfolgsfilmen von Frank Borzage, die im
Filmmuseum schon einige Male gezeigt wurden, vor
allem unbekannte Werke, die zum größten Teil in
Deutschland noch nicht zu sehen waren. Filme aus
einer Phase der Filmgeschichte, die geprägt war von
der Erfahrung des Ersten Weltkriegs, von Börsencrash
und Depression, von Eskapismus, Musicals und märchenhaften Melodramen, aber auch von sozialen Dramen, ungewöhnlichen Genrefilmen und den Freiheiten
der Pre-Code-Ära. Dave Kehr, Adjunct Curator des
MoMA Department of Film, und David Stenn, Mitglied
des MoMA Film Committee und Biograf von Clara Bow,
werden nach München kommen und einige Filme einführen. Wir danken der 20th Century Fox und Hollywood Classics, die diese Präsentation unterstützen,
und allen Mitarbeitern des Museum of Modern Art
Department of Film für die gute Zusammenarbeit.
Stefan Drößler / Filmtexte: Christoph Michel
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Sunny Side Up (Hab’ Sonne im Herzen) | USA 1929
| R: David Butler | B: Buddy DeSylva | K: Ernest Palmer,
John Schmitz | M: Buddy DeSylva, Lew Brown, Ray
Henderson | D: Janet Gaynor, Charles Farrell, Marjorie
White, El Brendel, Sharon Lynn | 123 min | OF | Der reiche John Cromwell ist darüber unglücklich, dass seine
Verlobte Jane sich etliche Verehrer hält. Er bittet die
Kaufhausangestellte Molly um Hilfe: Sie soll Jane eifersüchtig machen. Der erste gemeinsame Tonfilm für
Gaynor&Farrell, ihre vierte Zusammenarbeit, braucht
nur einen Hauch von Plot als Vorwand für ein bahnbrechendes Musical. Die Werbung versprach vollmundig:
»The screen’s first original all talking, singing, dancing
musical comedy.« Auch die ehrgeizigen Special Effects
stehen ganz selbstverständlich im Dienste der Songs,
wie in der epochalen Eskimonummer »Turn On the
Heat«. Mit weiteren mitreißenden Songs wie »You Find
the Time, I’ll Find the Place« und brillanten Choreografien, die in aberwitzigen Sets für die Kamera arrangiert
sind wie später bei Busby Berkeley, nimmt SUNNY SIDE
UP bereits die Entwicklungen der Musicals der 1930er
Jahre vorweg.
▶ Sonntag, 11. September 2016, 21.00 Uhr
A Director’s Medium: Raoul Walsh
The Yellow Ticket | R: USA 1931 | Raoul Walsh | B:
Jules Furthman, nach dem Stück von Michael Morton |
K: James Wong Howe | M: Carli Elinor | D: Elissa Landi,
Lionel Barrymore, Laurence Olivier, Walter Byron, Mi-
Journalisten kennen und verschafft ihm illegal Informationen über die Abgründe im vorrevolutionären Russland. Das bringt beide in Lebensgefahr. Raoul Walshs
Inszenierung in reichem Chiaroscuro betont immer wieder gerade die Dinge, die wir nicht sehen, während
James Wong Howes ständig gleitende, schwebende
Kamera uns tiefer und tiefer in die Geschichte hineinzieht. Anders als im Theatererfolg von 1914 (und in den
drei früheren Verfilmungen) steht bei Walsh der Gelbe
Schein nicht allein für die zaristische Unterdrückung
der Juden; Walshs Thema ist die männliche Unterdrückung der Frauen. Einen der Männer, die die Heldin
bedrängen, spielt Boris Karloff (ungenannt).
▶ Freitag, 16. September 2016, 21.00 Uhr
Wild Girl | USA 1932 | R: Raoul Walsh | B: Doris Anderson, nach der Erzählung »Salomy Jane’s Kiss« von Bret
Harte | K: Norbert Brodine | M: J. S. Zamecnik | D:
Charles Farrell, Joan Bennett, Ralph Bellamy, Eugene
Pallette, Irving Pichel | 80 min | OF | Salomy Jane lebt
mit ihrem Vater in einer Kleinstadt in der Sierra Nevada.
Die Männer im Ort stellen ihr nach, gegen ihren
schlimmsten Verfolger Phineas Baldwin muss sie sich
mit Gewalt wehren. Dann taucht ein Fremder auf, der
mit Baldwin eine Rechnung offen hat. Walsh unterzieht
den oft verfilmten Stoff einer tiefgreifenden Stilisierung.
Er präsentiert die handelnden Personen als sprechende
Porträts in einem Fotoalbum, die aufgeblättert werden
und sich selber vorstellen: »I’m Salomy Jane. I like
trees better’n men, they’re straight«. Auch der Fortschritt der Handlung wird »weitergeblättert«. Wiederholt taucht der Postkutscher auf und berichtet wie ein
griechischer Bote von neuen, nicht gezeigten Ereignissen. Über allem ruhen die traumhaft schönen SequoiaBäume. »In diesem verwunschenen Wald finden Salomy Jane und der Fremde die Freiheit und den Frieden, den Humphrey Bogart als Roy Earle in Walshs späterem HIGH SIERRA vergebens sucht.« (Robert Regan)
▶ Samstag, 17. September 2016, 21.00 Uhr
scha Auer | 84 min | OF | Russland 1913: Marya Kalish
erfährt, dass ihr Vater im Gefängnis in Sankt Petersburg dem Tode nahe ist. Doch sie kann nicht zu ihm,
denn als Jüdin ist ihr das Reisen untersagt. So besorgt
sie sich einen »Gelben Schein«, ein Reisepapier für
Prostituierte. Unterwegs lernt sie einen englischen
Under Pressure (Giganten der Unterwelt) | USA
1935 | R: Raoul Walsh | B: Borden Chase, nach seinem
Roman »Sand Hog« | K: Hal Mohr, L.W. O’Connell |
D: Edmund Lowe, Victor McLaglen, Florence Rice,
Marjorie Rambeau, Charles Bickford | 70 min | OF |
Die Journalistin Pat berichtet vom Bau eines U-BahnTunnels unter dem East River und hofft, dann nicht
mehr für die Klatschspalte schreiben zu müssen.
Jumbo und Shocker leiten einen Trupp Tunnelarbeiter,
ein konkurrierender Trupp gräbt ihnen von Manhattan
aus entgegen – wer weiter kommt, hat auch künftig
▶ Sonntag, 18. September 2016, 21.00 Uhr
ohne ihr Wissen zu helfen, damit sie ein von der Vergangenheit unbelastetes Leben beginnen kann. Der
Film ist reich an düsterer und makabrer Atmosphäre:
Im Keller der Untergrund-Kneipe »Casque d’Or« steht
ein gewaltiger Backofen, der auch grausigen Zwecken
dient. WHILE PARIS SLEEPS zählt zu den Filmen der
Fox, in denen F. W. Murnaus stilistischer Einfluss klar erkennbar ist, Costauds Flucht durch den nebligen
Dschungel erinnert deutlich an SUNRISE. Der Regisseur
Allan Dwan setzt Dialoge knapp und gezielt ein und »ist
wie immer besonders denjenigen Figuren zugeneigt,
deren Schicksal durch tragische oder bemitleidenswerte Wendepunkte geprägt wurde« (Jacques Lourcelles).
▶ Samstag, 24. September 2016, 21.00 Uhr
Paris lies on the Fox lot. Munich too.
Riley the Cop | USA 1928 | R: John Ford | B: Fred Stanley, James Gruen | K: Charles G. Clarke | D: J. Farrell
MacDonald, Louise Fazenda, Nancy Drexel, David Rollins, Harry Schultz | 66 min | OF | Movietone | Gleich zu
Beginn erklärt Riley: »You can tell a good cop by the
arrests he doesn’t make«. In 20 Jahren bei der New
Yorker Polizei musste er nie jemanden verhaften, er
wird in seinem Viertel respektiert und gilt als Vaterfigur.
Jetzt schickt man ihn nach Europa, um von dort einen
Verdächtigen heimzuholen. Bei seinen Ermittlungen in
Paris und München (»Why couldn’t the lad be arrested
in Ireland?«) verändert sich bald seine Sicht auf den Gesuchten, und eine temperamentvolle junge Münchnerin
stellt Rileys Welt vollends auf den Kopf. Eine fantasievolle, warmherzige und temporeiche KulturschockKomödie, die ganz von den Figuren lebt und fast ohne
Handlung auskommt, mit Musik und Toneffekten auf
der originalen Movietone-Spur. »RILEY THE COP ist der
Stummfilm von Ford, der einem nicht den Eindruck
vermittelt, dass er die Zwischentitel nur illustrieren und
eigentlich ein Tonfilm sein möchte. RILEY THE COP ist
echtes Kino.« (Tag Gallagher)
▶ Freitag, 23. September 2016, 21.00 Uhr
While Paris Sleeps (Nacht über Paris) | USA 1932 |
R: Allan Dwan | B: Basil Woon | K: Glen MacWilliams | D:
Victor McLaglen, Helen Mack, William Bakewell, Jack
La Rue, Rita La Roy | 63 min | OF | Der Sträfling
Jacques Costaud flieht von der Teufelsinsel und kehrt
in die Pariser Unterwelt zurück, um seine Tochter
Manon zu finden und sie vor einem Zuhälterring zu
schützen. Manon wuchs in der Überzeugung auf, ihr
Vater sei 15 Jahre zuvor bei Verdun gefallen. Daher gibt
er vor, ein Freund ihres Vaters zu sein und versucht ihr
The »It« Girl: Clara Bow
Call Her Savage | USA 1932 | R: John Francis Dillon |
B: Edwin J. Burke, nach dem Roman von Tiffany Thayer
| K: Lee Garmes | M: Peter Brunelli, Arthur Lange |
D: Clara Bow, Gilbert Roland, Thelma Todd, Monroe
Owsley, Estelle Taylor | 90 min | OF | Launisch, gewaltbereit, herrisch und unberechenbar – schon als Teenager tyrannisiert Nasa Springer ihre Eltern und ihre Umgebung, sie ringt mit ihrer Dogge und peitscht einen
Vorarbeiter aus. Ihr Vater, ein aufstrebender Unternehmer, schickt sie auf die Schule nach Chicago, wo sie
sich bald einen Namen als Playgirl macht und die
schrecklichsten Schicksalsschläge erleidet – »enough
melodrama for three movies« (David Stenn). Das weltberühmte »It« Girl Clara Bow war in den 1920er Jahren
das Symbol für die sexuell befreite Frau schlechthin: lebendig, unabhängig, nicht unterzukriegen und unwiderstehlich. Bow überstand den Wechsel zum Tonfilm gut,
doch ein Nervenzusammenbruch mit Klinikaufenthalt
unterbrach 1931 jäh ihre Karriere. Unter mehreren
Angeboten wählte sie einen neuen Vertrag mit der Fox
Film Corporation über zwei Filme, die ihre letzten
wurden. Ihr vorletzter Film CALL HER SAVAGE türmt
Klischees auf Sensationen, vermengt Tabubruch und
Sittenfilm.
Dienstag, 27. September 2016, 21.00 Uhr | Einführung:
David Stenn
Hoopla | USA 1933 | R: Frank Lloyd | B: Bradley King,
nach dem Stück »The Barker« von Kenyon Nicholson |
K: Ernest Palmer | D: Clara Bow, Preston Foster, Richard Cromwell, Herbert Mundin, James Gleason |
80 min | OF | Lou ist als Bauchtänzerin die große Attraktion einer Jahrmarktsschau: »Watch her, folks, Fatima,
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Arbeit. Angesichts der wachsenden Rivalität zwischen
den Männern und des ständigen Unfallrisikos ist es nur
noch eine Frage der Zeit, bis eine Katastrophe eintritt,
ob Einsturz, Explosion, Brand, Wassereinbruch oder
Druckverlust. »Timely, thrilling drama of heroes who toil
and triumph under tons of treacherous river«, lautete
die Ankündigung. Ein Film ohne einen überflüssigen
Moment. Walsh setzt sämtliche Mittel ein, um das symbolisch aufgeladene Arbeiten unter Hochdruck für das
Publikum spürbar zu machen: Die klaustrophobischen
Sets, das virtuose Sound Design und die aufwändigen,
brillanten Effekte sind unvergesslich.
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fresh from the sultan’s harem. She’s young, folks. But,
boy, does she know her men! Hoop-la!« Angestiftet
durch die abgelegte Freundin ihres Chefs Nifty macht
Lou sich daran, Niftys naiven Sohn Chris zu verführen.
Aus Spiel wird Ernst, Lou und Chris heiraten und gehen
nach Chicago, was zum Bruch zwischen Vater und
Sohn führt. Mit 28 Jahren spielt Clara Bow eine »reife
Frau«, ihre aufrichtige, ungekünstelte Darstellung rettet
den Film vor Schund und Sentimentalität. Nach ihren
zwei Rollen bei Fox Film zog sie sich endgültig ins Privatleben zurück. Sie sagte: »A sex symbol is a heavy
load to carry when one is tired, hurt and bewildered.«
Die Verführungssequenz am Teich wurde auf Betreiben
des Hays Office gekürzt und umgeschnitten, um den
Eindruck zu erwecken, dass dem Paar unmöglich Zeit
für Sex geblieben sein könne.
▶ Mittwoch, 28. September 2016, 21.00 Uhr | Einfüh-
rung: David Stenn
To Rediscover: William K. Howard
The Trial of Vivienne Ware | USA 1932 | R: William K.
Howard | B: Philip Klein, nach dem Roman von Kenneth
M. Ellis | K: Ernest Palmer | M: R.H. Bassett, Hugo Friedhofer | D: Joan Bennett, Donald Cook, Richard ›Skeets‹
Gallagher, ZaSu Pitts, Lilian Bond | 55 min | OF | Als die
wohlhabende Vivienne Ware den Heiratsantrag des
Geschwindigkeit und Ökonomie erzählt. Die präzise angelegte Rückblendenstruktur, der hintergründige Dialogwitz des Drehbuchs und die innovativen, experimentellen Stilmittel der Regie kulminieren im wohl temporeichsten Prozess der Filmgeschichte. Reißschwenks
verbinden Schnitte, so dass es wirkt, als wäre der hemmungslose Schlagabtausch zwischen Anklage und Verteidigung in einem einzigen Take gedreht.
▶ Donnerstag, 29. September 2016, 19.00 Uhr | Einfüh-
rung: Dave Kehr
Don’t Bet on Women | USA 1931 | R: William K. Howard | B: William Anthony McGuire | K: Lucien Andriot |
D: Edmund Lowe, Jeanette MacDonald, Roland Young,
J.M. Kerrigan, Una Merkel | 71 min | OF | Fünf Jahre
nach seiner Scheidung behauptet Roger Fallon auf
einer Party, dass ihm jede Frau nach spätestens
48 Stunden in den Armen liegt, und wettet mit seinem
Freund Herbert um 10.000 $, dass das auch für die
nächste Frau gilt, die die Schwelle übertritt. Die
nächste ist aber Herberts Ehefrau Jeanne. William K.
Howard inszeniert mit leichter Hand und exaktem Timing, ganz unaufgeregt und entspannt. Das Drehbuch
ist gespickt mit Doppeldeutigkeiten. Neben der Lubitsch-erfahrenen Jeanette MacDonald als die zu kompromittierende Gattin ragt besonders Una Merkel heraus. »Merkel stammte aus Covington, Kentucky, und
hatte einen natürlichen breiten Südstaaten-Akzent. Als
Tallulah Hope ist sie überdreht, geradeheraus, zugleich
naiv und abgeklärt. Der Film enthält alle Elemente,
denen der Motion Picture Production Code einen Riegel
vorschieben wollte: anzügliches Verhalten, freizügige
Kleidung, zweideutige Situationen und ungehemmten
Alkoholkonsum.« (Anne Morra)
▶ Donnerstag, 29. September 2016, 19.00 Uhr | Einfüh-
rung: Dave Kehr
Three Faces of Music
zwielichtigen Architekten Damon Fenwick annimmt, ist
der Anwalt John Sutherland, der sie liebt, am Boden
zerstört. Kurz darauf erkennt sie, dass Fenwick sie hintergeht. Noch am selben Abend wird Fenwick ermordet,
und Vivienne Ware ist die Hauptverdächtige. Sutherland
übernimmt die Verteidigung, doch selbst er beginnt an
ihrer Unschuld zu zweifeln. Der Mordprozess wird ein
Medienereignis mit Live-Berichterstattung. THE TRIAL
OF VIVIENNE WARE ist von Anfang an mit unglaublicher
Caravan | USA 1934 | R: Erik Charell | B: Melchior Lengyel, nach seiner Erzählung »Gypsy Melody« | K: Ernest
Palmer, Theodor Sparkuhl | M: Werner Richard Heymann | D: Charles Boyer, Loretta Young, Jean Parker,
Phillips Holmes, Louise Fazenda | 103 min | OF | Prinzessin Wilma soll zur Heirat gezwungen werden und
flüchtet in die Arme eines feschen fremden Leutnants,
doch die Lage verkompliziert sich durch ihren herrischen Onkel, ihre Gouvernante, einen fahrenden Musikanten, einen »Zigeunerkönig«, einen Winkeladvokaten
und eine Reihe weiterer Gestalten. Die wirbelnde Ge-
▶ Freitag, 30. September 2016, 21.00 Uhr | Einführung:
Dave Kehr
Hearts in Dixie | USA 1929 | R: Paul Sloane | B: Walter
Weems | K: Glen MacWilliams | M: Howard Jackson,
Walter Weems | D: Clarence Muse, Eugene Jackson,
Stepin Fetchit, Bernice Pilot, Clifford Ingram | 72 min |
OF | Hollywoods erster Film mit (nahezu) rein schwarzer
Besetzung ist ein Musical über das Leben in den Südstaaten – keine Sklavengeschichte, sondern eine Szenenfolge über Menschen, die ihr Leben in die Hand
nehmen, dabei zugleich eine Tanzrevue und eine Feier
der afroamerikanischen Musik: »The Screen’s First
Singing, Dancing, Talking Comedy of the Old South«.
HEARTS IN DIXIE war nach dem Ersteinsatz über
40 Jahre lang nicht zu sehen, ehe er im MoMA für eine
Reihe über die Ursprünge des amerikanischen Filmmusicals wiederentdeckt wurde. Er ist eine weiße Fantasie über schwarzes Leben, eine Mischung aus teils
progressiven, teils hoch problematischen Elementen.
Die Gestalt des Faulenzers und Drückebergers Gummy
beispielsweise wirkt heute mehr als befremdlich, doch
gibt es Kritiker, die in der krass überzeichneten Darstellung durch Stepin Fetchit (bekannt aus vielen Filmen
von John Ford) eine Satire sehen.
▶ Samstag, 1. Oktober 2016, 21.00 Uhr
I Am Suzanne! (Ich bin Susanne) | USA 1933 | R:
Rowland V. Lee | B: Rowland V. Lee, Edwin Justus
Mayer | K: Lee Garmes | M: Louis De Francesco, Friedrich Hollaender, Forman Brown | D: Lilian Harvey, Gene
Raymond, Leslie Banks, Georgia Caine, Halliwell Hobbes | 100 min | OF | viragiert | Dem Pariser Marionettenspieler Tony läuft das Publikum davon; der Grund
dafür ist die Tänzerin Suzanne, der Star der großen
Revue de Paris im benachbarten Theater. Fasziniert bittet er sie darum, eine Puppe nach ihr fertigen zu dürfen.
Eifersüchtig droht Suzannes Entdecker, der ›Baron‹, sie
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schichte in einem Wolkenkuckucks-Ungarn stammt
von Melchior Lengyel, der später die Storys zu Ernst Lubitschs NINOTCHKA (1939) und TO BE OR NOT TO BE
(1942) beisteuerte. Erik Charell war berühmt für seine
Bühnenrevuen am Großen Schauspielhaus in Berlin,
1931 drehte er mit DER KONGRESS TANZT einen der
großen Klassiker des frühen deutschen Tonfilms. Durch
seinen zweiten Film CARAVAN, der kurz nach dem Inkrafttreten des Production Code in die Kinos kam, weht
noch ein letzter Hauch von Pre-Code, die Figuren sind
noch nicht entsexualisiert. Der aus heutiger Sicht
schwer nachvollziehbare Misserfolg bei Kritik und Publikum setzte Charells Filmkarriere ein jähes Ende.
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auf die Straße zu setzen. In I AM SUZANNE! ist die zentrale Metapher der Puppenexistenz auf allen Ebenen
präsent, der Film verwischt zusehends die Grenze zwischen der Menschen- und der Marionettenwelt. Geführt von den Händen der Yale Puppeteers wirken die
Puppen lebendig – im Gegenzug sehen wir eine Traumsequenz, in der die Menschen als Puppen agieren. Der
Baron manipuliert Suzanne wie eine Puppe, und die Rehabilitation nach ihrem Unfall ist eine Form des Marionettenspiels. Die Filmkopie enthält das originale und für
einen Tonfilm äußerst ungewöhnliche Farbschema,
nach dem die einzelnen Szenen monochrom eingefärbt
wurden.
▶ Sonntag, 2. Oktober 2016, 21.00 Uhr
Fox in Love: Romances
Bad Girl | USA 1931 | R: Frank Borzage | B: Edwin J.
Burke, nach dem Roman von Viña Delmar | K: Chester
Lyons | D: James Dunn, Sally Eilers, Minna Gombell,
William Pawley, George Irving | 90 min | OF | Dot und
Eddie sind ein junges arbeitendes Paar in Brooklyn, ihre
Beziehung leidet jedoch unter dem wirtschaftlichen
Druck der Great Depression. Als Dot schwanger wird,
ist sie davon überzeugt, dass er das Kind nicht will, und
er glaubt dasselbe von ihr. BAD GIRL widerlegt Kent
Jones’ These, Borzage habe »nie auch nur das geringste Interesse am Alltagsleben gezeigt«, denn Dot
und Eddie sind kein transzendentes Liebespaar, sondern stets anrührend erdverbunden. Der Filmbeginn,
das illusionslose Kennenlernen des Paares, die Szenen
in der Mietskaserne erfassen unmittelbar das Leben in
der Wirtschaftskrise, in Eddies Worten: »Born on the second floor, probably died on the fifth. Two lives spent
climbing three flights of stairs«. Die Vorlage zu BAD
GIRL war ein kalkuliertes Skandalbuch, in dem aber gerade die stärksten Passagen der Filmhandlung nicht
vorkommen. Borzage erzählt schlichter, nüchterner, beiläufiger als je zuvor von Bindungsfähigkeit und Reife,
bei ihm gibt es keine Schurken außer der Armut.
Zoo in Budapest (Revolte im Zoo) | USA 1933 | R:
Rowland V. Lee | B: Dan Totheroh, Louise Long, Rowland V. Lee | K: Lee Garmes | D: Loretta Young, Gene
Raymond, O. P. Heggie, Wally Albright, Paul Fix | 83 min
| OF | viragiert | Bei einem Zoobesuch lernt das Waisenmädchen Eve den jungen Zani kennen, der im Zoo aufgewachsen ist und nur Tiere seine Freunde nennt. Sie
flieht aus dem strengen Regime des Waisenhauses zu
ihm. Der Zoo wirkt zunächst wie ein feindseliger
Dschungel, wandelt sich jedoch nach und nach zu
einem Garten Eden. ZOO IN BUDAPEST ist einer der
poetischsten Filme von Rowland V. Lee und in seinen
vielfach aufgeladenen Bildern nie auf nur eine Aussage
festzulegen. Neben vielen anderen Dingen ist er auch
ein ökologisches Manifest und ein Tierschutzpamphlet.
Ein absolut einmaliger Film von ekstatischer Schönheit
mit atemberaubenden Bildern, die an Josef von Sternbergs Filme erinnern – Lee Garmes war Sternbergs
bevorzugter Kameramann. Die Filmkopie weist die originale Färbung auf, die für die traumhafte Wirkung des
Films unverzichtbar ist.
6 Hours to Live! | USA 1932 | R: William Dieterle | B:
Bradley King, nach der Erzählung »Auf Wiedersehen«
von Morton Barteaux und Gordon Morris | K: John F.
Seitz | M: R.H. Bassett, Peter Brunelli | D: Warner
Baxter, Miriam Jordan, John Boles, George Marion Sr.,
Halliwell Hobbes | 78 min | OF | »Während einer internationalen Konferenz in Genf wird ein Diplomat ermordet. Dank einer sensationellen Erfindung erhält er einen
sechsstündigen Lebensaufschub, der ihm erlaubt,
seine politischen Feinde bloßzustellen und zur Völkerverständigung aufzurufen.« Dieterles Film enthüllt »die
beiden Grundzüge von Dieterles Filmarbeit, nämlich
einerseits seine Vorliebe für das Fantastische, Überspannte, und andererseits ein humanistisches, progressives Credo.« (Hervé Dumont) Während die Universal
Studios zu Beginn der 1930er mit stilvollem Horror und
Science Fiction gewaltige Erfolge feierten, wagte die
Fox sich kaum aufs Terrain der Fantastik. Die wenigen
Ausnahmen gerieten dafür umso eindrucksvoller, weil
keine Studiovorgaben für die Handlung, die Figurenzeichnung oder den visuellen Stil zu befolgen waren.
6 HOURS TO LIVE! vereint Rachemotive aus Western
und Thriller mit Elementen des Mysterienspiels, das
Dieterle so liebte, und der Passionsgeschichte.
▶ Samstag, 15. Oktober 2016, 21.00 Uhr
▶ Freitag, 28. Oktober 2016, 21.00 Uhr
Adorable | USA 1933 | R: William Dieterle | B: George
Marion Jr., Jane Storm | K: John Seitz | M: Werner Richard Heymann | D: Janet Gaynor, Henry Garat, C. Aubrey Smith, Herbert Mundin, Blanche Friderici | 88 min
| OF | »On the map of Central Europe, midway between
Munich and Vienna, there is no such place as HipsburgLegstadt. Therefore, in this secluded little Kingdom, we
begin.« Prinzessin Mitzi geht inkognito tanzen und
schon verliert sie ihr Herz. Aber was wird sein, wenn
der Liebste erfährt, dass sie eine Prinzessin ist und
keine Maniküre? Was, wenn sie erfährt, dass er kein
Gemüsehändler ist, sondern Offizier? ADORABLE ist
voller visueller Einfälle und virtuoser Effekte, nach dem
Ball tanzen Mitzis Schuhe weiter, ihr Bett wiegt sich zur
Musik und die Kamera erforscht die weitläufigen Zuckerbäckersets des Palastes. Das Musical ist ein recht
eigenständiges Remake des deutschen Operettenfilms
IHRE HOHEIT BEFIEHLT (1931), Werner Richard Heymanns Kompositionen wurden direkt übernommen.
Gaynor und Garat singen voller Überzeugung herrlich
alberne Texte: »You’re so completely adorable / Is the
way to your heart explorable?«
Trick for Trick | USA 1933 | R: Hamilton MacFadden |
B: Howard J. Green | K: L. W. O’Connell | D: Ralph Morgan, Victor Jory, Sally Blane, Tom Dugan, Luis Alberni |
70 min | OF | Sechs Monate sind vergangen, seit die
Assistentin des Illusionisten Azrah tot aufgefunden
wurde. Sein Rivale La Tour arrangiert eine Séance, bei
der er Azrah des Mordes überführen will. Doch es
kommt zu einem tödlichen Missgeschick. »Nach TRICK
FOR TRICK wieder ans heiße Tageslicht zu stolpern, ist
kein gewöhnliches Abenteuer. Der neue Film handelt
von Zauberei, und er versetzt den leichtgläubigen Zuschauer in Windeseile in ein Reich, in dem praktisch
alles geschehen kann.« (New York Times) Regisseur Hamilton MacFadden war ein Spezialist für atmosphärisch
dichte, ausgefeilte whodunits, er schuf einige der
schönsten Charlie-Chan-Filme. McFadden konnte die
spannende Geschichte voller unerwarteter Wendungen
mit einer Idealbesetzung realisieren. Ein besonderer
Genuss bei diesem Duell zweier Zauberkünstler ist das
unglaubliche Arsenal verblüffender Special Effects aus
dem unerschöpflichen Ideenreichtum von William Cameron Menzies.
▶ Sonntag, 16. Oktober 2016, 21.00 Uhr
▶ Samstag, 29. Oktober 2016, 21.00 Uhr
Fox @ MoMA
▶ Freitag, 14. Oktober 2016, 21.00 Uhr
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Outside the box: Fantasies
Die Auseinandersetzung mit Kino und Filmgeschichte
bestimmt das Programm des Filmmuseums. Dabei
droht neben großen Retrospektiven und thematischen
Programmen die analytische Auseinandersetzung mit
einzelnen Werken und mit filmtheoretischen Aspekten
zu kurz zu kommen. Die Filmreihe »Kino-Lectures« versammelt einerseits essayistische Filme, die Gestaltungsmittel des Films erläutern und analysieren, und
lädt andererseits Referenten ein, einzelne Aspekte der
Filmgeschichte und Diskurse über die Werke von Filmemachern zu präsentieren. Dabei werden auch Filmausschnitte herangezogen, um Vergleiche zu ermöglichen,
Zusammenhänge herzustellen und Gesamtwerke von
Filmautoren zu durchleuchten. Als eine Art Konstante
ziehen sich durch das Programm fünf aufeinander aufbauende Abende mit dem ehemaligen Filmreferenten
des Kulturreferats der Landeshauptstadt München,
Andreas Rost, der sich Ingmar Bergman als Filmautor
ausgewählt hat. Rost betrachtet Bergmans Werk als
»Mindscreen«, wobei er sich auf Bruce F. Kawins gleichnamiges Buch und die kognitiven Filmtheorien von Noël
Carroll und David Bordwell beruft. »Die kleine Auswahl
von fünf Filmen Bergmans aus einer Zeitspanne von
20 Jahren will den Versuch wagen, dem Werk des großen schwedischen Filmautors aus einem Abstand von
vielen Jahrzehnten neu zu begegnen und nachzuforschen, inwieweit seine damals doch so verfänglichen
Filme heute noch einen ›Zauber‹ spüren lassen, der die
Zeiten überdauert hat. So viel besser scheint die Welt
nicht geworden zu sein, als dass die Dämonen eines
Bergman, der sich als Grenzgänger zwischen Angstträumen und einer beängstigenden Welt bewegte, verschwunden wären und wir uns im Lichte einer vernünftigen Wirklichkeit oder der Verwirklichung von Vernunft
– wie es Hegel für seine Zeit postulierte – bei der Einrichtung und den Zuständen unserer Lebenswelt zufrieden geben könnten.« (Andreas Rost)
Zwischen den Bildern. Zur Geschichte der Filmmontage | BRD 1983 | R+B: Heide Breitel, Klaus Feddermann, Helmut Herbst, Hans Helmut Prinzler | K:
Jody Saslow, Gregory von Berblinger, Carlos Bustamante, Helmut Herbst | M: Joachim Bärenz | 185 min |
Der erste Teil des dreiteiligen Filmessays handelt von
der MONTAGE IM ERZÄHLKINO. Weil das Erzählkino vor
allem amerikanisches Kino ist, behandelt dieser Teil die
Montage des Westerns: in Konfrontationen, wo Gut und
Böse durch Schnitte getrennt werden. Der zweite Teil
beschäftigt sich mit der MONTAGE IM DOKUMENTARISCHEN FILM. Vor allem in deutschen Dokumentarfilmen. Da gibt es eine Gegenüberstellung von symphonisch, harmonisch, nach formalen Prinzipien geschnittenen Filmen mit Filmen, in denen Menschen zu sehen
sind, die nicht den Schnitten und dem Rhythmus der
Schnitte untergeordnet werden. Im dritten Teil ÜBER
DIE TRÄGHEIT DER WAHRNEHMUNG reflektieren experimentell arbeitende Filmemacher wie Jean-Luc Godard, Werner Nekes, Danièle Huillet und Jean-Marie
Straub, Alexander Kluge und Klaus Wyborny ihr Verhältnis zum Schnitt, zur Montage und damit zur Geschichte
des Films.
▶ Dienstag, 13. September 2016, 19.00 Uhr
Martina Müller: Max Ophüls | 30 min – Liebelei |
Deutschland 1933 | R: Max Ophüls | B: Hans Wilhelm,
Curt Alexander, nach dem Stück von Arthur Schnitzler |
K: Franz Planer | M: Theo Mackeben | D: Magda Schneider, Wolfgang Liebeneiner, Gustaf Gründgens, Olga
Tschechowa, Luise Ullrich | 82 min | Die ungewöhnlich
dichte Verfilmung von Arthur Schnitzlers Drama über
schicksalshafte Liebschaften im Wien der k.u.k.-Monarchie gilt als einer der schönsten deutschen Filme.
Max Ophüls schrieb: »Über LIEBELEI lag ein Glücksstern. Glückssterne scheinen besonders hell am Poetenhimmel, und ich glaube, Arthur Schnitzler ist ein großer Poet.« LIEBELEI war der letzte Film, den Ophüls in
Deutschland drehen konnte, bevor er emigrieren
musste. Die Namen der jüdischen Mitwirkenden wurden aus dem Vorspann des Films herausgeschnitten,
das Originalnegativ gilt als verloren. Ausgehend von
den besten erhaltenen Materialien wurde LIEBELEI vom
Filmmuseum digital restauriert und erlebt in dieser
Kino-Lectures
Kino-Lectures
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Form seine Premiere. In der Neuverfilmung CHRISTINE,
die im Anschluss läuft, spielt Romy Schneider die Rolle,
die Ophüls in LIEBELEI mit ihrer Mutter besetzt hatte.
Kino-Lectures
▶ Dienstag, 20. September 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Martina Müller
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Andreas Rost: Ingmar Bergman I | 30 min – Fängelse (Gefängnis) | Schweden 1949 | R+B: Ingmar
Bergman | K: Göran Strindberg | M: Erland von Koch |
D: Doris Svedlund, Birger Malmsten, Eva Henning,
Hasse Ekman, Stig Olin | 79 min | OmeU | Wie Peter
Cowie in seinem Bergman-Buch bemerkt, reiht sich der
Film mit seiner düsteren Weltsicht in die allgemeinen literarischen Tendenzen der 1940er Jahre ein. Kritiker
haben zudem auf Verbindungen zum Existentialismus
und Sartre verwiesen. Bergmans Geschichte einer
Prostituierten ist noch von der überbordenden Symbolik der Zeit geprägt. Selbstkritisch zieht Bergman im Interview 1968 ein anderes Beispiel heran: »Bressons
MOUCHETTE. Das ist der Film, den ich damals hätte
machen wollen, den ich aber nicht machen konnte und
nicht verstand. Da ist das Motiv klar ausgesprochen
und vollkommen gereinigt. Das Mädchen in MOUCHETTE und das Mädchen in FÄNGELSE sind Geschwister, Schwestern in zwei ähnlichen Welten.«
▶ Dienstag, 27. Steptember 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Andreas Rost
Claudia Engelhardt: British Social Realism | 30 min
– Riff-Raff | GB 1991 | R: Ken Loach | B: Bill Jesse | K:
Barry Ackroyd | M: Stewart Copeland | D: Robert Carlyle, Emer McCourt, Jim R. Coleman, George Moss,
Ricky Tomlinson | 95 min | OmU | Ken Loach drehte zu
Beginn der Thatcher-Ära diese Tragikomödie über den
desolaten Zustand der Gesellschaft. Stevie, ein Ex-Häftling aus Glasgow, arbeitet mit anderen Ungelernten
unter prekären Umständen auf einer Baustelle in London. Unterschlupf und Zuwendung findet er bei der
Esoterikerin Susan, die davon träumt, Sängerin zu werden. Doch als Ausbeutung, Menschenverachtung und
Druck auf dem Bau unerträglich werden, setzt er ein
anarchisches Zeichen. Loach schafft mit Schauspielern
und Laien sowie teilweise improvisierten Dialogen ein
überzeugendes Porträt der Arbeiterklasse, das von großer Sympathie für seine Protagonisten getragen ist. Der
vielfach mit Preisen ausgezeichnete Loach steht klar in
der Tradition des British Social Realism, hat aber mit
seinen Filmen, die nahezu dokumentarischen Charakter haben, ein eigenes Genre begründet.
▶ Dienstag, 4. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Claudia Engelhardt
Ross Lipman: Notfilm (Nichtfilm) | USA 2015 | R+B:
Ross Lipman | 130 min | OmU | 1965 kam es zu einer
denkwürdigen Zusammenarbeit zwischen dem Dramatiker Samuel Beckett und dem Stummfilmkomiker Buster Keaton. Der russische Theaterregisseur Alan
Schneider inszenierte Becketts Drehbuch FILM, Keaton
spielte die Hauptrolle. Filmemacher Ross Lipman hat
die Entstehungsgeschichte des Projekts minutiös recherchiert und fördert viele unbekannte Materialien zu
Tage. Dazu gehören bisher nicht veröffentliche Tonaufnahmen, die Barney Rosset, Becketts amerikanischer
Herausgeber, bei den Produktionstreffen heimlich aufgezeichnet hat. »Den selten auf Band aufgezeichneten
Beckett in seinem höchst lyrischen irischen Tonfall
sprechen zu hören, ist einer der besonderen Reize von
NOTFILM.« (Kenneth Turan) – Film | USA 1965 | R:
Alan Schneider | B: Samuel Beckett | K: Boris Kaufman
| D: Buster Keaton | 25 min | OF (ohne Dialog) | »Der
Film bedeutet nach meiner Ansicht, dass ein Mensch
sich vor jedem verstecken, nicht aber vor sich selbst
entkommen kann.« (Buster Keaton)
▶ Dienstag, 11. Oktober 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast: Ross
Lipman
Andreas Rost: Ingmar Bergman II | 30 min – Smultronstället (Wilde Erdbeeren) | Schweden 1957 |
R+B: Ingmar Bergman | K: Gunnar Fischer | M: Erik
Nordgren | D: Victor Sjöström, Bibi Andersson, Ingrid
Thulin, Gunnar Björnstrand, Jullan Kindahl | 91 min |
OmU | Wie Bergman schon in FÄNGELSE seine Reverenz an die Geschichte des Kinos mit einer eingebauten
Stummfilmfarce erwies, so ist es hier die Besetzung mit
Victor Sjöström – Regisseur von Klassikern wie
INGEBORG HOLM (1913) oder THE WIND (1928) mit
Lillian Gish – als misanthropischem Prof. Isak Borg, der
auf dem Weg zur Verleihung des Dr. h.c. in Lund zugleich eine Reise in seine Vergangenheit antritt. Ein
▶ Dienstag, 18. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Andreas Rost
Christoph Michel: Hollywoods Blacklist | 20 min –
Trumbo | USA 2015 | R: Jay Roach | B: John McNamara, nach dem Buch von Bruce Cook | K: Jim Denault
| M: Theodore Shapiro | D: Bryan Cranston, Michael
Stuhlbarg, David Maldonado, Diane Lane, Helen Mirren
| 124 min | OmU | »TRUMBO beruht auf der sorgfältig
recherchierten Monografie von Bruce Cook, die John
McNamara so frei adaptiert hat, dass es ein paradoxes
Maß an Nostalgie zulässt. Trumbos Leben ist eine vertrackte Erfolgsgeschichte. Er war der bestbezahlte
Autor des Studiosystems und später der bestbezahlte,
der auf der Schwarzen Liste stand. Und er gewann
einen Kampf, der aussichtslos erschien. Trumbo, den
Bryan Cranston demütig und hochtrabend zugleich
spielt, bannt die Geister, die Hollywood mehr als ein
Jahrzehnt heimsuchten. Als er 1970 von der Drehbuchautorengilde für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird,
bedankt er sich mit einer Rede, die einen Heilungspro-
zess besiegeln soll: Es habe in dieser dunklen Zeit
keine Helden oder Schurken, sondern nur Opfer gegeben.« (Gerhard Midding)
▶ Dienstag, 25. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Christoph Michel
Christian Wagner: Erfahrungen und Faszination bei
der 4K-Digitalisierung eines 35mm-Films | 30 min –
Wallers letzter Gang | BRD 1988 | R+B: Christian
Wagner, frei nach Motiven des Romans »Die Strecke«
von Gerhard Köpf | K: Thomas Mauch | M: Florian Ernst
Müller | D: Rolf Illig, Herbert Knaup, Crescentia Dünßer,
Sibylle Canonica, Volker Prechtel, Irm Hermann, Tilo
Prückner | 100 min | »Dieser Streckengang, der im Niemandsland endet, fasziniert durch die nahezu traumsichere, traumversunkene Erzählweise des jungen Regisseurs, der mühelos und souverän zwischen (farbiger) Gegenwart und den (schwarz-weiß gedrehten) Vergangenheiten des als Eigensinniger aus dem Zweiten
Weltkrieg heimgekehrten Waller hin- und herwechselt.
Ein ganz unpathetischer großer Innerer Monolog ist
das: im Zentrum des Films, der aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Ein Film von lange bei uns nicht
mehr gesehener epischer Intensität und erzählerischer
Dichte.« (Wolfram Schütte) – Zug | Deutschland 1990 |
R+B: Thomas Mauch, Christian Wagner | K: Thomas
Mauch | M: Christoph Oliver | 9 min | Langzeitbeobachtung der Demontage einer Allgäuer Eisenbahnstrecke,
gefilmt und vorgeführt auf 35mm-Film.
▶ Dienstag, 1. November 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast:
Christian Wagner
Andreas Rost: Ingmar Bergman III | 30 min – Tystnaden (Das Schweigen) | Schweden 1962 | R+B: Ingmar Bergman | K: Sven Nykvist | M: Ivan Renliden | D:
Ingrid Thulin, Gunnel Lindblom, Birger Malmsten,
Håkan Jahnberg, Jörgen Lindström | 96 min | OmeU |
Die Geschichte zweier Schwestern, die auf ihrer Zugfahrt wegen der Krankheit Esters in einer Stadt in
einem unbekannten Land mit unbekannter Sprache gestrandet sind, wo die jüngere Schwester Anna hemmungslos ihren sexuellen Bedürfnissen nachgeht und
schließlich mit ihrem Sohn Johan alleine weiterfährt.
Wie in anderen Filmen Bergmans sind die Figuren auch
hier als zwei gegensätzliche Pole einer Persönlichkeit
denkbar. In Esters heftiger Abneigung gegen Annas sexuelle Freizügigkeit bekämpft sie an ihrer Schwester,
was sie selbst unterdrückt. Der Film sei »einer der ersten Filme der Nachkriegszeit, der einer weiblichen
Hauptfigur zugesteht, Sex zu begehren…« (Thomas
Koebner). Der Skandalerfolg von DAS SCHWEIGEN
brachte Bergman Morddrohungen ein und löste anhaltende Diskussionen über Filmzensur aus.
▶ Dienstag, 8. November 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Andreas Rost
Lea Wohl von Haselberg: Die Darstellung von
Juden im deutschen Film nach 1945 | 30 min –
Schwarzer Kies | BRD 1961 | R: Helmut Käutner | B:
Kino-Lectures
Angsttraum zu Beginn des Films, der den nahenden
Tod evoziert, veranlasst Borg dazu, das am Wegrand
seines Lebens Versäumte aufzusuchen. Dieses erscheint
sowohl als Traum oder Tagtraum, wie im Falle seiner
Jugendliebe Sara, als auch realiter durch Begegnung
mit seiner Mutter, seiner Schwiegertochter und seinem
Sohn. Laut Thomas Koebner ist der Film »bis heute eine
ergreifende Elegie über missglückte Existenz.«
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Kino-Lectures
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Helmut Käutner, Walter Ulbrich | K: Heinz Pehlke | D:
Helmut Wildt, Ingmar Zeisberg, Hans Cossy, Wolfgang
Büttner, Anita Höfer | 113 min | Im Hunsrück werden
auf einem Militärflugplatz der Amerikaner neue Pisten
für Düsenjäger gebaut. »Ich mag den SCHWARZEN
KIES besonders gerne und bedaure es sehr, dass der
so gar kein Erfolg gewesen ist. Die direkten aktuellen
Probleme waren die Amerikaner mit ihrem moralischen
Anspruch in den unmoralischen Dörfern in der Eifel
und im Hunsrück. Der Film wurde falsch verstanden.«
(Helmut Käutner) In einer Nebenhandlung wird ein jüdischer Barbesitzer, ehemaliger KZ-Häftling, als »Saujude« beschimpft. Anlässlich der Filmpremiere kommt
es zum Skandal. Der Zentralrat der Juden protestiert,
reicht Strafantrag ein, Käutner wehrt sich, der Film
kommt nur in einer überarbeiteten Fassung in den
Verleih. Erst kürzlich wurde im Bundesarchiv eine Filmkopie mit den gekürzten Szenen wieder aufgefunden,
die im Rahmen des Einführungsvortrags gezeigt werden.
▶ Dienstag, 22. November 2016, 19.00 Uhr | Einführung:
Lea Wohl von Haselberg
Andreas Rost: Ingmar Bergman IV | 30 min – Persona | Schweden 1966 | R+B: Ingmar Bergman | K:
Sven Nykvist | M: Lars Johan Werle | D: Bibi Andersson,
Liv Ullmann, Margarethe Krook, Gunnar Björnstrand,
Jörgen Lindström | 85 min | OmU | Nachdem die
Schauspielerin Elisabet Vogler auf der Bühne in der
Rolle der Electra verstummte, wird sie, die beharrlich
weiter schweigt, in Begleitung der Krankenschwester
Alma zur Genesung ans Meer geschickt, wo Elisabets
Sprachverlust im Umgang mit Alma geheilt werden soll.
»Ich dachte mir, man könnte gut irgendetwas über zwei
Leute schreiben, die ihre Identitäten aneinander verlieren und die auch ein gewisse Ähnlichkeit haben.« (Ingmar Bergman) Kaum ein Film Bergmans hat so viel an
Theorie und Analyse – insbesondere auch unter Gender-Gesichtspunkten, feministischen und psychoanalytischen Ansätzen (von C. G. Jung bis zu Jacques Lacan)
– hervorgebracht wie dieses Werk, das aufgrund seiner
Selbstreflexivität und seiner gleitenden Übergänge von
Realitäts- zu Traumebenen als das avantgardistischste
des Regisseurs gelten kann. »PERSONA ist der geheimnisvollste und verblüffendste aller Bergman-Filme.«
(Peter Cowie)
▶ Dienstag, 29. November 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Andreas Rost
Stefan Drößler: Rekonstruktion verlorener Filme
und Umgang mit Fragmenten | 120 min | Anhand
von Fallbeispielen aus der Praxis der Restaurierungs-
arbeit des Filmmuseums München wird gezeigt, wie
seltsam, schwierig und manchmal zufällig die Überlieferung wichtiger Werke der Filmgeschichte ist und
wie abenteuerlich die Suche nach ihnen sein kann. Wo
werden vermeintlich verlorene Filme gefunden? Warum
werden manche Filme gerettet und andere nicht?
Welche Quellen sind für Rechercheure relevant und wie
wägt man verschiedene Informationen gegeneinander
ab? Mit welchen Ideen und Techniken kann man unterschiedliche Materialien zusammenfügen und Fehlstellen überbrücken? Mehr oder weniger vollständige
Filme von Ernst Lubitsch, Paul Wegener, F. W. Murnau,
John Hagenbeck, Orson Welles und anderen werden
in Ausschnitten, Bildern und Dokumenten vorgestellt. –
Orson’s Bag: London | 1968-71 | R+B: Orson Welles |
K: Giorgio Tonti, Tomislav Pinter, Ivica Rajkovic, Gary
Graver| D: Orson Welles, Charles Gray, Jonathan Lynn |
30 min | OF | Das 1999 vom Filmmuseum erstmals
rekonstruierte Fragment aus dem Nachlass von Orson
Welles konnte dank eines kürzlich aufgefundenen
Scripts in der Orson Welles Collection der University of
Michigan erneut überabeitet und ergänzt werden.
▶ Dienstag, 6. Dezember 2016, 19.00 Uhr | Einführung:
Stefan Drößler
Andreas Rost: Ingmar Bergman V | 30 min – Vargtimmen (Die Stunde des Wolfs) | Schweden 1968 |
R+B: Ingmar Bergman | K: Sven Nykvist | M: Lars
Johan Werle | D: Max von Sydow, Liv Ullmann, Gertrud
Fridh, Erland Josephson, Ingrid Thulin | 90 min | OmeU
| Der Vorspann des Films klärt uns über das Verschwinden des Malers Johan Borg auf, dessen Tagebuch und
zurückgebliebene Ehefrau Alma Zeugnis von den mysteriösen Heimsuchungen des Verschwundenen geben.
Wie in PERSONA steht auch hier ein Künstler im Zentrum, der sich vergeblich gegen Dämonen und Wahnvorstellungen zu behaupten versucht. Im felsigen Hovs
Hallar und auf Fårö gedreht, erscheinen deren unwirtliche Landschaften in gleißendem Sonnenlicht und auf
überbelichtetem Schwarzweißfilm wie ein Zustand der
Seele in der Zerreißprobe: Den Maler zieht es unwiederbringlich in eine andere, von Spukgestalten bevölkerte
Welt. Neben der (Schauer-)Romantik E.T.A. Hoffmanns,
die Bergman selbst als Einflussquelle des Films benennt, und Anleihen aus Mozarts »Die Zauberflöte«
schimmert laut Peter Cowie auch Bergmans Begeisterung für DRACULA in der Version mit Bela Lugosi durch,
die sich in Vogel- und Fledermaus-Motiven niederschlage und in der schrillen Filmmusik ihr Echo finde.
▶ Dienstag, 13. Dezember 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Andreas Rost