Afrikanische Lebensfreude steckt an - i

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Afrikanische Lebensfreude steckt an - i
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Afrikanische Lebensfreude
steckt an
Bausteine zum interkulturellen Lernen
von Thomas Tille und Norbert Weidinger
Lehrplanbezug Bayern
Thematisch korrespondieren die Bausteine mit den Lehrplanabschnitten
„Pfingsten“ oder „Zusammenleben in der ‘Einen Welt’“
Grundschule
Jahrgangsstufe
4
Haupt- und Realschule, Gymnasium
Jahrgangsstufe
6
Jahrgangsstufe
9 und 10
Zu verwenden fächerübergreifend für Religion und Musik
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Hinführung
Durch die Allgegenwart des Fernsehens und des Internets
stehen die Fenster zur Welt weit offen, aber wahrscheinlich
nicht unbedingt in Richtung des „schwarzen Kontinents“ –
es sei denn, es geht um Piraterie am Horn von Afrika, Armut
und Unterernährung, blutige Stammesfehden, Flucht und
Migration oder um Aids. Doch halt! Die Fußballweltmeisterschaft 2010 steht ins Haus. Sie wird im Sommer die Aufmerksamkeit des gesamten Globus auf Südafrika fokussieren. In
Würzburg wird an Pfingsten wie alle Jahre das „Afrika-Festival“ stattfinden mit einem reichhaltigen Kulturprogramm,
der Treffpunkt für alle Afrika-Begeisterten. Da können die
Missionsmuseen der Missionsorden wahrscheinlich nicht mithalten. Bei den religiös Aktiven (z. B. den Ministrant(inn)en)
halten die biblischen Lesungen und Evangelien an Christi
Himmelfahrt (Aussendung der Jünger) und Pfingsten die
Erinnerung an das „Sprachenwunder“ wach und wecken die
Hoffnung auf eine neue, „runderneuerte“ Kirche und Welt,
in der sich die Menschen aller Völker und Hautfarben trotz
babylonischer Sprachverwirrung verstehen; kurzum: Die
Inkulturation möge voranschreiten und gelingen.
Der in der Völkerkunde und in der Theologie beheimatete Begriff „Inkulturation“ korrespondiert im Blick auf Schule,
Religionsunterricht und Jugendarbeit mit dem Begriff „interkulturelle Bildung und Erziehung“. Er steht seit vielen Jahren
weit oben in den Vorlesungsverzeichnissen der Universitäten
und in der Lehrerausbildung; denn die ganze Welt ist unter dem
Vorzeichen der Globalisierung ein „globales Dorf“ geworden.
1. Interkulturelle Bildung und Erziehung
Im Rahmenplan für das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern ist z. B. festgehalten: „Der im Schulgesetz formulierte
Bildungsauftrag betont die durch das Grundgesetz garantierte Gleichwertigkeit aller Menschen und die daraus resultierende Achtung ihrer Wertvorstellungen und kulturellen Orientierungen. (…) Die zentralen didaktischen Prinzipien der
interkulturellen Bildung und Erziehung sind der Perspektivwechsel und der Dialog. (…) Interkulturelle Bildung und Erziehung nutzt für die Lernprozesse einerseits das Zusammenleben von Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher ethnischer Herkunft und unterschiedlicher kultureller Traditionen und Normen. Andererseits werden Lernsituationen und
Bedingungen geschaffen, um exemplarisch kulturelle, religiöse und ethnische Hintergründe und Bedingungen kennen
zu lernen, z. B.: wesentliche Merkmale und Entwicklungen
eigener und fremder Kulturkreise; Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Kulturen und ihrer gegenseitige Beeinflussung;
Ursachen und Wirkungen von Migrationsbewegungen in Vergangenheit und Gegenwart. (…) Interkulturelles Lernen wirkt
Gefühlen von Bedeutungslosigkeit des Einzelnen entgegen.“
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Als mögliche Etappen zum Erwerb interkultureller Kompetenz nennt das Hamburger Schulgesetz schulartübergreifend:
• „Wahrnehmung von Vielfalt und Merkmalen von kultureller, sprachlicher und sozialer Verschiedenheit
• Akzeptanz und Austausch: Vielfalt als positiver Wert, Bereicherung, gleichberechtigtes Miteinander, Akzeptanz,
Respekt, Entwicklung der Fähigkeit, sich in Situationen
kultureller, sprachlicher und sozialer Heterogenität sicher
zu bewegen
• Wertschätzung und aktives Profitieren von einem pluralen Umfeld bis zum Einsatz für interkulturelle Werte und
Lebensweisen (Entwicklung von Teamgeist, Stärkung von
Demokratie und Pluralismus, Minderheitenschutz).“
Pädagogen arbeiten als Ziele der interkulturellen Erziehung
u. a. heraus:
• Aushalten von Widersprüchen (Ambiguitätstoleranz)
• Erziehung zu Respekt vor anderen Menschen
• Abbau von Vorurteilen
• Anpassung (integrativ, aber auch assimilativ) und Bewahrung der Eigenständigkeit
Der bayerische Grundschullehrplan beschreibt interkulturelles Lernen so: „Die Vereinigung Europas und eine weltweit
zunehmende Migration bringen in der Schule Kinder unterschiedlicher Herkunft zusammen. Die besondere Aufgabe
der Grundschule besteht dabei in der Entwicklung der
Erkenntnis, dass Menschen und Kulturen in gleichberechtigter Weise nebeneinander und miteinander leben, dass
man voneinander lernen kann und sich gegenseitig bereichert. Interkulturelle Erziehung verlangt den Erwerb von elementaren Erkenntnissen über den anderen, über seine Kultur und Religion, aber auch soziales Lernen: andere in ihrer
Eigenart – also in ihrer Andersartigkeit – zu akzeptieren und
auf sie zuzugehen.
Die interkulturelle Erziehung wendet sich an deutsche
und ausländische Kinder gleichermaßen mit dem Ziel,
eigene Einstellungen und Haltungen mit denen anderer zu
vergleichen und zu einem respektvollen Miteinander anzuleiten. Für die Entwicklung nichtdeutscher Schüler ist es
bedeutsam, sich sowohl in ihrem ursprünglichen Kulturkreis
als auch in der Gesellschaft, in der sie jetzt leben, bewegen
zu können. Die Entwicklung einer derart geprägten Identität soll zu einer besseren Alltagsbewältigung beitragen.“
Bayerischer GS-Lehrplan, München, S. 20
Im Fachprofil des bayerischen Lehrplans für den Katholischen
Religionsunterricht an Gymnasien heißt es: „Für das Zusammenleben der verschiedenen Kulturen und Religionen in unserer Gesellschaft ist es wichtig, dass die Schüler einen Zugang zu grundlegenden Elementen anderer Weltsichten, Religionen und Kulturen finden. Dabei sollen die jungen Menschen zunehmend einen eigenen Standpunkt entwickeln
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und befähigt werden, Menschen anderer Lebens- und
Glaubensauffassungen mit Offenheit und Verständnis zu
begegnen, sie zu achten und auch von ihnen zu lernen.“
Interkulturelle Erziehung und Bildung gilt als schulart- und
fächerübergreifende Aufgabe für alle Schüler/innen und Lehrkräfte. Wir als Autoren dieses Beitrags setzen auf die Zusammenarbeit der Fächer Musik und Religion und laden dazu ein,
exemplarisch die Bereiche afrikanische Musik, Lieder, Gebete,
Kunstwerke anzupeilen und für den Unterricht aufzubereiten als ausdrucksstarke Zeugnisse afrikanischer Mentalität
und Spiritualität. An ihnen lässt sich ein Stück weit ablesen,
welche Sorgen und Freuden, Ängste und Hoffnungen das
afrikanische Lebensgefühl und den Glauben afrikanischer
Christen in unübersehbarer Vielfalt bestimmen. Man braucht
nicht lange im Internet zu suchen, um zu entdecken, wie viele
deutsche Musikgruppen sich bereits auf diese Weise an der
afrikanischen Lebensfreude „angesteckt“ haben.
2. Inkulturation afrikanischer Musik auf Umwegen
Was „Inkulturation“ aus theologisch-kirchlicher Perspektive
bewirkt, haben die einführenden Beiträge in diesem Themenheft (s. Seite 16) dargestellt. Aber was bedeutet sie aus dem
Blickwinkel afrikanischer Musik?
Afrikanische Musik steckt an, reißt mit und bewegt – im
wahrsten Sinne des Wortes. Kaum ein Mensch kann sich den
heißen Rhythmen afrikanischer Tommeln entziehen, wenngleich es natürlich auch Leute jeden Alters gibt, bei denen
sie Fremdheitsgefühle regen und die sie nicht schätzen. Diese Musik ist mehr als ein Gemisch aus Klängen, Tönen, Melodien und Geräuschen. Sie ist leibhaftiger Ausdruck eines
ganz spezifischen Lebensgefühls, nämlich des afrikanischen.
Über einen langen Prozess hat afrikanische Musik indirekt
oder direkt Eingang in unsere europäische Kultur gefunden.
Mit am nachhaltigsten auf dem Umweg über den „Schmelztiegel Nordamerika“, dem „Melting Pot“. An der daraus entstandenen afroamerikanischen Musik lässt sich am deutlichsten erkennen, wie die afrikanische Musik durch die Verbindung mit westlicher Kultur etwas Neues geschaffen hat. Es
gilt als sicher: Die tradierte Musik vieler afrikanischer Regionen ist die wichtigste Quelle des Jazz, des Gospel, der Rockmusik sowie der lateinamerikanischen Tanzmusik.
Der kulturelle Umweg, den die afrikanische Musikkultur
nahm, wurde leidvoll mit Gewalt erzwungen. Millionen von
Westafrikanern wurden zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert unter unmenschlichsten Bedingungen in die Neue Welt
verschleppt und zu Sklaven gemacht. Das Reden war ihnen
bei der Arbeit, vor allem auf den Feldern, verboten – nicht
aber der Gesang. Durch Rufe, den sogenannten Calls verständigte man sich auf den riesigen Plantagen.
Afrikanische Musik bedeutet Rhythmus. Er wird in den
Worksongs zum ständigen Begleiter bei der Arbeit. Ein ni-
gerianisches Sprichwort sagt: „Wenn die Bäume gefällt werden sollen, musst du singen. Ohne Gesang ist das Buschmesser stumpf.“ Straßenbau, Verlegen von Eisenbahnschienen,
Holzfällen – die gesamte alltägliche Arbeit war voll von Musik, deren Elemente aus Afrika stammten. Nicht nur die Arbeit, auch der Glaube fand seinen Ausdruck. So entstand das
Spiritual, das geistliche Lied der Sklaven, denn besonders
beim Gottesdienst war das Singen nicht nur erlaubt, sondern
ein tiefes, inneres Bedürfnis. Animistische Religion und Christentum begegneten und durchdrangen sich gegenseitig. Das
Klagen und Hoffen bestimmt diese Liedform. Die in einer
eigentümlichen Sprache verfassten Texte handeln vom gefangenen aber letztlich doch befreiten Volk Israel („When
Israel was in Egyptland“) oder vom Leidens- und Siegesweg
Christi („Were you there, when they crucified my Lord“, „I´m
gonna sing“). Damit korrespondieren die Spirituals mit der
Lebenssituation der afroamerikanischen Sklaven und werden zu Zeugnissen und Haltegriffen ihres Glaubens, der sie
in widrigsten Lebensumständen stärkt und überleben lässt.
Wie sie es aus ihrer Heimat gewohnt waren, bewegten sich
die Sklaven auch beim Gottesdienst und tanzten – was ihnen jedoch bald untersagt wurde. Der Gospel-Song stellt die
moderne Variante des Spirituals dar, entwickelt in den
1930er-Jahren. Bis heute ist der Gospel-Gesang in den Kirchen der Afroamerikaner lebendig.
Im Gegensatz zum geistlichen Spiritual handelt es sich
beim Blues um weltliche Musik, die Volksmusik der Schwarzen schlechthin – und wichtigste Brücke zur Jazz- und Rockmusik. Die Bluestexte sprechen von den leidvollen Lebensverhältnissen: Armut, soziale Missstände und Rassendiskriminierung. Wie kaum eine andere Musikform spiegelt der
Blues die afroamerikanische Inkulturation und ihre Veränderungen im Laufe der Zeit wider – so auch den Wandel,
der dadurch zustande kam, dass während des Ersten Weltkrieges und zur Zeit der Depression in den 1920er-Jahren
zahlreiche Schwarze aus den Südstaaten in die Städte des
Nordens zogen, um in der Industrie bessere Arbeit zu bekommen. Aus der ländlichen Klagemusik wurde eine Großstadtmusik und schließlich rhythmische Tanzmusik, die, um in den
Gettos gehört zu werden, elektrisch verstärkt wurde. Der
Rhythm & Blues, oft abgekürzt als R&B war geboren. Durch
die hektische Umwelt einer Großstadt wurde der Blues der
Schwarzen schneller, aggressiver und rauer. Und die Musik
bleibt auch von den Weißen nicht ungehört. Wie schon bei
den Stilen des Jazz, ließen sie sich von den afrikanisch-amerikanischen Klängen anstecken und inspirieren. Anfang der
1950er-Jahre wagten es die US-Rundfunkanstalten noch
nicht, offiziell „schwarze“ Musik zu senden. So gaben sie
dem R&B einen folgenreichen Decknamen: Rock´n´Roll. Es
entstanden zahllose Coverversionen, interpretiert von angloamerikanischen Musikern, unter ihnen auch Elvis. Die Musik
schaffte es damals, dass zumindest einige Rassenschranken
zu fallen begannen.
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Doch das afrikanische Erbe setzte sich in der Rockmusik
noch weiter fort. Aus der Verbindung des Gospel-Gesangs
mit dem Blues entstand der Soul. Der bekannteste Künstler ist ohne Zweifel Ray Charles, „The Father of Soul“. Der
Begriff „Soul“ ist in Amerika seit den 1960er-Jahren das Wort
für afroamerikanische Identität und Kultur, selbstverständlich auch für die Musik, welche fast ausschließlich von Afroamerikanern gespielt und vertrieben wurde. Schon bald
wurden auch „weiße“ Soulstimmen populär. Aus R&B und
Soul entwickelte sich Anfang der 1970er-Jahre der Funk, der
vor allem durch seine abgehackt, „knackige“ Spielweise besticht. Als neues und wesentlich radikaleres Sprachrohr der
afroamerikanischen Kultur hat sich gegen Ende der 1970erJahre der Rap etabliert, der in der Popmusik einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Unter „rapping“ versteht man
eigentlich die Kunst, jemanden durch geschicktes Gerede aus
dem Gleichgewicht zu bringen. Als Stil stammt der Rap zunächst von DJs, die in den städtischen Slums von New York
auf den Straßen und in den Parks der Bronx Funkmusik spielten und lockere Sprüche dazu klopften. Später wurde das
rhythmische Schnell-Sprechen in die Diskotheken verlegt,
unterlegt von einem meist synthetischen Klangteppich. Und
wieder ist es das afrikanische Rhythmusgefühl, das deutlich
hervortritt, vor allem beim so genannten scratching, bei dem
zu einer laufenden Platte eine andere Musik auf einem zweiten Plattenteller mit der Hand gestoppt oder hin und her bewegt wird, sodass ein raffiniertes Rhythmusgefüge entsteht.
Die Musikanlage wurde so zum Musikinstrument umfunktioniert. Der DJ setzte zur verbalen Unterstützung den MC
(„master of ceremonie“) ein, der bald im Mittelpunkt des
Rappens stand. Gesammelte Klänge, Breaks und Wortfetzen wurden neu zusammengestellt. Sogar der urbi et orbiSegen des Papstes wurde verarbeitet. In Deutschland haben
die Fantastischen Vier den Rap salonfähig gemacht. Andere
schlossen sich an. Etwa zur gleichen Zeit bildete sich im New
Yorker Stadtteil Bronx unter den farbigen Jugendlichen die
Straßenkultur des Hip Hop heraus. Der Begriff zeigt, dass
die Musik, die weitgehend dem Rap entspricht, eng mit dem
Tanzen (Breakdance) verbunden ist.
3. Inkulturation afrikanischer Musik auf direktem Weg
Doch gibt es auch den direkten Weg afrikanischer Musik zu
uns – ohne den Umweg Amerika. Die direkte Berührung mit
afrikanischer Musik geschieht z. B. medial beim Hören von
afrikanischer Folklore und Popmusik in Funk und Fernsehen
oder aber live bei Festivals oder auf Reisen durch den
schwarzen Kontinent. Ihr Markt hat sich in den letzten Jahrzehnten stark entwickelt – teilweise gesteuert von der europäischen Musikindustrie. Ein gutes Beispiel ist die 2008 verstorbene Exilmusikerin Miriam Makeba, die mit ihrem 1956
geschriebenen Song „Pata Pata“ in der Version von 1967
einen Welterfolg landete und damit die afrikanische Popmu4
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sik populär machte. Ein anderes Beispiel ist Geoffrey Oryema
mit seinem Song „Nomad“. Auf der anderen Seite gibt es
viele Musiktraditionen, die noch nicht durch den Einfluss anderer Kulturen verändert wurden. Ursprüngliche afrikanische
Musik ist mündlich überliefert und geht völlig in Festen und
gemeinschaftlichen Ereignissen auf, sodass Afrikaner sie nicht
wie wir als eigene Kunst-, sondern als Lebensform betrachten. Von den mehr als 1000 verschiedenen afrikanischen
Sprachen kennen einige nicht einmal ein eigenes Wort für
„Musik“. Stattdessen spricht man vom Ereignis, das mit der
Musik in Verbindung steht. Man spricht vom Fest oder vom
religiösen Ritual – ein wichtiger Anknüpfungspunkt gerade
für den RU.
Es ist erstaunlich, wenn man die Wege der Inkulturation
betrachtet: Das afrikanische Musikerbe hat sich auch nach
mehreren Jahrhunderten voll europäischer Dominanz nicht
verdrängen lassen. Stattdessen setzte es sich durch, nicht als
Nebenprodukt, sondern „tonangebend“ – bis heute. Meist
den Protest und die schwierigen Verhältnisse im Hintergrund,
kopierten die Afrikaner in der Regel niemals andere Musikkulturen, sondern schufen etwas Neues daraus mit ihren Saiten- und Rhythmusinstrumenten, ihrer (oft „kehligen“, rhythmisch leicht versetzten) Singweise. Dieses Neue nehmen viele
als das Besondere bis heute begeistert auf. Dennoch gibt es
in der Musikgeschichte auch einige negative Berührungspunkte zwischen europäischer und afrikanischer Musik:
Durch Europäer kamen Afrikaner mit Blas- und Chormusik
in Kontakt. Missionare förderten das Interesse durch Chorgründungen und -wettbewerbe sowie Instrumentalunterricht. Die Gitarre, das populärste Instrument der afrikanischen
Popmusik, kam ebenfalls aus Europa. Doch der musikalische
Bezug zur Religion wurde von den Missionaren negativ
geprägt. Verbote bestimmter Praktiken, z. B. die Zwiesprache mit den Ahnen, bewirkten, dass die vielfältige Musikpraxis allmählich auf der Strecke blieb. Zur Kolonialzeit wurde
Afrika in besonderem Maße von der fremden Kultur vereinnahmt und bevormundet, was sich bis heute an den Amtssprachen vieler Staaten zeigt – die Kehrseite der Medaille: Kolonisierung statt Inkulturation. Erst seit wenigen Jahrzehnten,
seit der Entstehung eigenständiger Staaten, lässt sich ein
wachsendes afrikanisches Nationalbewusstsein und der Stolz
auf die eigene Kultur erkennen – auch in der Kleidung, Schnitzkunst, Literatur und Malerei. Durch Gründung von Nationalorchestern und -bands werden alte Traditionen gefördert
und äußere Einflüsse kritischer hinterfragt. Inkulturation heißt
also vor allem: Respekt vor und Dialog mit anderen Kulturen,
ihre Wertschätzung auf gleicher Augenhöhe.
4. Interkulturelle Bildung und Erziehung durch die Fächerverbindung Musik und RU
Wenn man den Grundsatz, die Schüler/innen dort abzuholen, wo sie sich befinden, ernst nimmt, dann kommt man
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an der Musik nicht vorbei. Verschiedene Jugendstudien zeigen: Für 80 bis 90 Prozent der Befragten ist Musik ein zentraler Bestandteil der Freizeit, jedoch eher nur als passiver
Konsument. Hier bietet sich die Chance, durch Musik auch
dort Tür und Tor zu öffnen, wo Kommunikation bisher nicht
möglich schien. Für Religionslehrkräfte sowie für alle, die in
der Gemeinde- und Jugendarbeit tätig sind, gehört heute die
Beschäftigung mit Musik zum Grundhandwerk. Denn durch
Musik sind vor allem solche Erfahrungen möglich, die für heutige Jugendliche bedeutsam sein dürften. Dazu gehören auch
religiöse Erfahrungen. Nicht zu übersehen sind in etlichen
Texten Symbole und Themen, die für den RU fruchtbar gemacht werden können – vom Kreuz bis zu tiefgründigen Metaphern wie Hoffnung und Erfüllung. Besonders afrikanische
Musik bietet sich an, da sie auf die Erfahrung des „Ganzen“
durch die Musik hinzielt, wie es in Afrika selbstverständlich
ist. Und Musik ermöglicht einen emotionalen Zugang zu verschiedensten Inhalten des RU und fördert bei musikpraktischen Umsetzungen das Gemeinschaftserlebnis – auch dieses steht besonders im Zentrum afrikanischer Musik.
Seit den 1950er-Jahren ist Rock/Pop die Musik der Jugend – bis heute. Es ist „ihre“ Musik, die sie anspricht und
die sie verinnerlicht haben. Afrikanische Musikelemente sind
für den Rock/Pop-Bereich derart prägend, dass die Beschäftigung damit den Schüler/innen durchaus entgegenkommt.
Die Art des Gesangs, egal ob Gospel, Soul oder Hip Hop, wird
als direkt und natürlich empfunden – ganz im Gegensatz zur
Kunstmusik. Besonders der Rhythmus, das Hauptelement afrikanischer Musik, entspricht den Wünschen der Schüler/innen
nach vitaler und energiegeladener Musik. Rhythmusübungen, auch mit Körperinstrumenten, sind auch von musikpraktischer Seite gut umsetzbar, da sie von den Schüler/innen
in der Regel gerne angenommen werden. Rhythmus packt
einen eben direkter als Harmonie oder Melodie. Viele Jugendliche setzen Musik aber nur als Geräuschkulisse ein. Sie sind
passiv. Musik mit dem ganzen Körper aufzunehmen, z. B.
durch Mitrufen und Mitklatschen, ist eher die Ausnahme und
braucht Überwindung und Ermutigung. Den afrikanischen
„Sound“ haben viele bereits als Klischee z. B. aus Filmen verinnerlicht. Er wirkt zwar fremd, ist aber irgendwie doch vertraut. Ein wichtiges Ziel muss es aber auch sein, sich Vorurteilen bewusst zu werden. Dabei denkt man zunächst an ausländerfeindliche Parolen oder an zweifelhafte Figuren wie
den Mohr. Vorsicht ist vor allem bei diffamierenden Wertungen geboten, wie sie früher auch die musikethnologische Forschung förderte: die afrikanische sei nur wild und primitiv.
Dass dem nicht so ist, zeigt die kulturelle Durchsetzungskraft
der afrikanischen Musik bis heute. Wichtig ist beim fächerverbindenden Lernen zwischen Musik und Religion auch, die
Vergangenheit als Verstehenshilfe heranzuziehen, aber nicht
dort hängen zu bleiben. Die Aufgabe interkultureller Bildung
und Erziehung (s. oben) verweist auf Gegenwart und Zukunft, die wir und unsere Schüler im Unterschied zur Vergan-
genheit mit gestalten und beeinflussen können an dem Ort,
wo wir Afrikaner(inne)n begegnen durch unseren Respekt,
unsere „Dolmetscherdienste“ unter unseresgleichen, unsere
Offenheit und unser ehrliches Interesse an ihrem Leben in
Schatten und Licht und ihrem Glauben.
5. … und andere afrikanische Kunstwerke als (Er-)Zeugnisse
der Inkulturation
Um wenigstens ein Hinweisschild auf andere Bereiche anzudeuten, haben wir auch ein Bild und Gebete aufgenommen.
Im Sinne der zitierten Lehrpläne und der im Hamburger Schulgesetz genannten Etappen interkultureller Bildung und Erziehung sind alle diese (Er-)Zeugnisse eine Einladung an die
Schüler/innen:
• solche Kunstwerke wertschätzend wahrzunehmen in ihrer
Schönheit, Fremdheit, Besonderheit;
• sich gegenseitig auszutauschen über die Resonanz/Wirkung, die solche Zeugnisse im Schüler, in der Schülerin auslösen;
• differenzierende Vergleiche anzustellen und nach Ähnlichkeiten, Gemeinsamkeiten, Unterschieden zu Zeugnissen
unserer Kultur zu suchen;
• im Rahmen ihrer Vorkenntnisse zu vermuten oder zu erkennen, aus welchem Lebens- und Glaubenskontext diese
Zeugnisse kommen, und im Anschluss daran ihren Horizont zu weiten;
• ihnen bewusst werden zu lassen, was sich darin an afrikanischer Lebensweise und Kreativität spiegelt;
• sich inspirieren, ja vielleicht sogar begeistern zu lassen von
der Lebensfreude, dem Vertrauen, dem Glauben;
• bereit zu werden für Aktionen solidarischen Handelns im
Blick auf die sich abzeichnenden Probleme;
• wenn afrikanische Kinder in der Klasse sind, haben sie
das Vorrecht zu erzählen, einzuordnen und zu deuten und
unsere Aufmerksamkeit zu lenken.
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Bausteine für den Unterricht
Baustein 1 – Eröffnung (Grundschule)
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Text und Musik: Westafrika
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Methodisch-didaktischer Kommentar
Dieses Lied eignet sich zur Eröffnung der Unterrichtseinheit und als roter Faden jeweils zur Begrüßung – v. a. im Grundschulalter. Wenn in der Schule Orff-Instrumente zur Verfügung stehen, können diese zur Begleitung eingesetzt werden.
Das Kinderlied aus Westafrika fragt: „Hallo wie geht´s? Lasst uns spielen, wo wir jetzt zusammen sind“ und enthält eindeutig noch Spuren der französischen Sprache aus der Kolonialzeit. Sprich deshalb „jo“ wie „scho“ aus, „cu“ wie „ku“,
„chi“ wie „schi“.
Baustein 2 – Singen und Tanzen
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Aus: Sing & Swing – DAS Liederbuch
Tanzbeschreibung: Walter Kern / © Helbing, Rum/Innsbruck–Esslingen
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Aufstellung – Frontkreis
Takt 1 Rechte Handfläche schlägt seitlich nach unten auf die linke Handfläche des rechts Nebenstehenden. Gleichzeitig
schlägt die linke Handfläche nach oben auf die rechte Handfläche des links Nebenstehenden.
Takt 2 Linke Handfläche schlägt seitlich nach unten auf die rechte Handfläche des links Nebenstehenden. Gleichzeitig schlägt
die rechte Handfläche nach oben auf die linke Handfläche des rechts Nebenstehenden.
Takt 3 Klatschen in die eigenen Hände.
Takt 4 Stampfen, links – rechts.
Die viertaktige Klatschphrase wird pro Strophe zwei Mal wiederholt. Der Tanz beginnt sehr langsam und steigert
nach und nach sein Tempo. Die Stampfschritte können mit einer Seitwärtsbewegung verbunden sein.
Methodisch-didaktische Hinweise
Der Text des Liedes aus Ghana lautet „Möge seine Seele weiterhin fröhlich tanzen. Sein Name ist Ayelevi, der Sohn der
Ayele“ und drückt die Verehrung, die Trauer und einen guten Wunsch für einen verstorbenen großen Tänzer aus – im
Wechsel zwischen Dur und Moll und in einem Rhythmus, der typisch ist für Afrika/Ghana (Synkopen!). Es lässt sich mit
Trommeln, Klatschen, Stampfen musikalisch ausgestalten und tanzen.
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Baustein 3 – Gospel
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Text und Musik: Negro Spiritual
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2. I’m gonna shout when the Spirit says “Shout”,
I’m gonna shout when the Spirit says “Shout”,
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and obey the Spirit of the Lord.
3. I’m gonna preach when the Spirit says “Preach”,
I’m gonna preach when the Spirit says “Preach”,
I’m gonna preach when the Spirit says “Preach”,
and obey the Spirit of the Lord.
4. I’m gonna pray when the Spirit says “Pray”,
I’m gonna pray when the Spirit says “Pray”,
I’m gonna pray when the Spirit says “Pray”,
and obey the Spirit of the Lord.
5. I’m gonna sing when the Spirit says „Sing“,
I’m gonna sing when the Spirit says „Sing“,
I’m gonna sing when the Spirit says „Sing“,
and obey the Spirit of the Lord.
Methodisch-didaktischer Kommentar
„Go down, Moses. When Israel was in Egypt’s Land“ ist eines der bekanntesten Spirituals! Es parallelisiert den Auszug des
alttestamentlichen Volkes Israel mit dem Aufstand der nordamerikanischen Sklaven gegen ihre Unterdrückung (s. Vorüberlegungen). Es ist im steten Wechsel zwischen Vorsänger und allen so vorzutragen, dass etwas vom „heiligen Zorn“
der Unterdrückten spürbar wird, aber auch von ihrer vertrauensvollen Hoffnung auf Hilfe und Veränderung der Verhältnisse durch Gott.
In welcher Beziehung steht dieses Spiritual und seine Ursprungssituation mit dem Art. 1 der Allgemeinen Menschenrechte: Die Würde des Menschen ist unantastbar?
Ein Spiritual, wie im I’m gonna sing, das den Geist Gottes besingt und deshalb zu „Pfingsten“ (ab der 4. Jahrgangsstufe) passt. An ihm lässt sich die in den Vorüberlegungen geschilderte Musik- und Sklavengeschichte exemplifizieren. Der
Anruf des Geistes Gottes kann in diesem Entstehungskontext auch interpretiert werden als Aufruf zum Widerstand gegen
unmenschliche Verhältnisse und als Aufforderung, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen. Dabei ist gleichzeitig die
Erfahrung zu machen (trotz aller zu erwartenden negativen Folgen), dass der Geist Gottes befreit und das Gefühl innerer
Freiheit schenken kann. Musikalisch weisen insbesondere die Synkopen auf die Verwurzelung im afroamerikanischen Raum
hin. Die Übersetzung lautet: „Ich werde singen, wenn der Geist mir sagt ´Sing!´, und ich werde dem Geist Gottes gehorchen. Ich werde rufen … predigen … beten …“
Erschließungsaufgaben
• Übersetze den Text und fasse in deinen Worten zusammen, wozu das Lied auffordert.
• Halte fest, wie Melodie und Rhythmus auf dich wirken.
• Mache dir Gedanken, unter welchen Lebensumständen dieses Spiritual entstanden sein könnte
und welche Funktion es ursprünglich für die Menschen hatte.
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Baustein 4
Aus: Sing & Swing – DAS Liederbuch
Test und Bearbeitung nach Satz: Lorenz Maierhofer / © Helbing, Rum/Innsbruck–Esslingen
Text und Musik: Südafrika
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Methodisch-didaktischer Kommentar
Dieses schöne Abschiedslied – am Ende eines gemeinsamen Abends bei Tagen der Orientierung oder einer Abendmesse –
schwingt durch seinen ungewöhnlichen 6/8-Takt und kann auch als Schreittanz mit Kerzen ausgestaltet werden. Das Lied
spielte im gewaltfreien Kampf gegen die Apartheid, also die Rassentrennung, in Südafrika eine wichtige Rolle. Es bietet Gelegenheit, diese als Folge der Kolonialisierung sowie die Rolle des Friedensnobelpreisträgers Nelson Mandelas zeitnah zur
Fußballweltmeisterschaft zu thematisieren. Haben sich die Hoffnungen schon erfüllt? Was ist zu tun? Was können wir
tun?
Masithi mit Tanzbewegungen
(Noten s. Seite 19, CD Kwa Mitundo, Missio-Chor „Come Drum“, Würzburg)
Aufstellung: im Kreis, Blick in die Mitte, Handfassung
Tanzschritte:
Teil A:
Masi
thi
Amen
siya
l
rück
r
seit
l
vor
}
r
vor
–
–
kudu
–
r
seit
misa
l
an
r = rechter Fuß
l = linker Fuß
© = Tanzrichtung
2x
kreuz
Hüpfsprung
in die Mitte
Teil B:
Masi
thi
Amen
Bawo
Amen
Bawo
Amen
siya
l
rück
r
vor
l
vor
r
vor
l
vor
r
rück
l
rück
}
r
vor
–
–
kudu
r
rück
–
misa
l
rück
kreuz
Hüpfsprung
in die Mitte
in die Kreismitte
Arme dabei heben
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aus der Kreismitte
Arme dabei senken (und klatschen)
Quelle: missio
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Baustein 5
© Verlag BuschFunk, Berlin
Sanftmut den Männern
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Text und Musik: Südafrika, dt. Text Gerhard Schöne
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2. Flügel den Lahmen! Lieder den Stummen!
Träume uns allen, weil wir sie brauchen.
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O - ku - nge
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si!
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chen.
nga.
3. Ehrfurcht den Starken! Mut den Gejagten!
Friede uns allen, weil wir ihn brauchen.
Methodisch-didaktischer Kommentar
Wie die vorangegangenen afrikanischen Lieder kam auch dieses auf direktem Weg über den Weltkirchenrat und den Weltjugendtag 2006 zu uns nach Deutschland. Es ermutigt in Form von guten Wünschen (Fürbitten?), aus dem Geist Jesu das
Zusammenleben friedvoll und im gegenseitigen Respekt vor der Würde jedes Menschen zu gestalten – ganz im Sinne der
oben beschriebenen interkultureller Erziehung und Bildung. Musikalisch fallen die Synkopen und die betonten Pausen auf.
Erschließungsaufgaben
• Noch vor dem Singen: Schreibt auf Karteikarten jeweils einen Begriff, der einfängt, was es braucht, damit Friede Wirklichkeit wird in Südafrika und anderswo.
• Das Lied singen und den Text mit den selbst gesammelten Begriffen vergleichen (Gemeinsamkeiten, Unterschiede).
• Informationen über Südafrika, Apartheid, Nelson Mandela, heutige Situation, Fußballweltmeisterschaft einbringen und
austauschen.
• Neue Strophen mit Hilfe der eigenen Begriffe erfinden.
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Baustein 6
Nomad
The other day I looked at myself in the mirror.
Do not hide your face!
Do not hide your face from me, when I feel sad.
On the day, when I call you, please answer me
and turn your shy ear towards me!
No cows and no grass to graze on makes
me feel: I´m a nomad.
I´m lost and silent in the wilderness like
an owl among the ruins.
My wings lined with ashes alone on the roof.
I feel: I´m a nomad.
I feel: I´m a nomad. I feel: I´m a nomad.
My days go up in smoke. My bones are aching.
My days go up in smoke.
My heart is breaking. Good walking leaves.
No track behind it.
Do not hide your face from me,
when I feel sad.
Geoffrey Oryema, CD Beat the Border
Methodisch-didaktischer Kommentar
Geoffrey Oryema ist einer der bekanntesten afrikanischen
Sänger der Gegenwart. Er kommt aus Uganda. Sein durch
und durch traurig-melancholischer Song „Nomad“ schließt
diese empfehlenswerte CD ab (Achtergewicht!) und kennzeichnet das Lebensgefühl vieler gegenwärtiger Afrikaner als
das eines Nomaden oder Migranten: seine Trauer, seine Einsamkeit, seine Perspektivelosigkeit. Seine Sprache reiht sich
lückenlos in die der alttestamentlichen Psalmen ein und zitiert sie mit dem Satz: Verbirg dein Antlitz nicht vor mir!
Erschließungsaufgaben
• Die Jugendlichen hören sich diesen A-capella-Chor-Song
an und erspüren die Grundstimmung und -aussage, bringen sie im gelenkten Lehrer-Schüler-Gespräch oder auf
Notizblättern in Stichwörtern oder nur in Farben (Wachsmalkreide!) zum Ausdruck.
• Sie ergänzen den Impuls: „Dieses Lied würde ich mir gerne anhören, wenn ich fühle wie ein/e …“ und „inkulturieren“ damit den Song in ihre Lebenswelt.
• Mit etwas Hilfestellung können Jugendliche den Text nun
übersetzen und suchen das Gegenüber, das angesprochen
wird: ein Freund, Gott?
• Sie tauschen sich darüber aus, was sie über Migration, Asylbewerber, elektrische Zäune oder Boat-People wissen. Die
Lehrkraft ergänzt und weitet den Horizont.
• Sie ergänzen auf diesem Hintergrund diesen „afrikanischen
Psalm“ mit eigenen Versen. Sie können wechselweise das
Leben der Migranten oder ihr eigenes Leben zur Sprache
und vor Gott bringen.
Baustein 7 – Die Fantastischen Vier
Wir ernten, was wir sähen
Refrain
Niemand niemand kann's dir
kann's dir sagen sagen
Keiner keiner kennt die Antwort die Antwort
auf alle alle deine deine Fragen Fragen
Du musst du musst nur verstehen verstehen
wir ernten ernten, was wir was wir säen
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Im Internet ist das vollständige Lied abrufbar.
Quelle: www.nerdcore.de
Methodisch-didaktischer Kommentar
Exemplarisch ausgewählt: ein Rap (siehe einleitende Überlegungen zur afrikanischen Musik S. 3), der das Leben vieler heutiger westlicher Jugendlicher zum Ausdruck bringt und
die Frage nach Sinn und Ziel des Lebens unüberhörbar stellt.
Er lässt sich gut mit „Nomad“ in Beziehung setzen oder vergleichen. Infolgedessen lassen sich die dortigen Aufgabenstellungen übertragen.
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Baustein 8 – Pfingsten und Sendung
Siehe Rückseite
Methodisch-didaktische Hinweise
Das Bild wird von der Figur des auferstandenen Christus beherrscht, der seine Jünger in die Welt sendet, um dann in den
Himmel aufzufahren. Mit seinem roten Gewand (rot ist in
Afrika die Farbe des Lebens und der Häuptlinge) erscheint Christus als der neue Häuptling, der sein Volk am neuen Leben
teilhaben lässt, das er durch den »Übergangsritus« des Todes und der Auferstehung erworben hat. Die roten Tropfen
am oberen Bildrand symbolisieren Blut und Wasser aus der
Seite des Gekreuzigten und stellen eine Verbindung zur zentralen Aussage des Gemäldes her. Zugleich erinnern sie an
die Feuerzungen, in deren Form sich an Pfingsten der Heilige Geist auf die Menschen ergossen hat.
Tod, Auferstehung, Himmelfahrt, Ausgießung des Heiligen Geistes und Aussendung der Jünger sind ein geistliches
Geschehen. Der Heilige Geist soll über die ganze Welt verbreitet werden, damit alle Menschen durch Tod und Auferstehung neues Leben in Fülle erfahren. Der Pfingstsonntag
ist deswegen der eigentliche „Sonntag der Weltmission“.
Impulse für die Bildmeditation
• Sucht im Bild Motive aus folgenden biblischen Geschichten: Missionsauftrag Jesu an die Jünger, Himmelfahrt des
Auferstandenen, Pfingstfest!
• An welches andere »Ereignis« erinnern die roten Tropfen,
die sich vom Himmel „ergießen“?
• Welche Haltung nehmen Christus, welche Haltung die
Christen ein?
• Was bedeuten die Symbole »Schiffe« und »ferne Inseln«
in der Geschichte des Christentums?
• Was kann der Missionsbefehl für afrikanische Christen von
heute bedeuten?
Weiterführende Fragen und Impulse
• Lest Mt 28,16-20 (Sendungsauftrag), Lk 4,16-30 (Selbstverständnis Jesu von seiner Sendung), Apg 1,4-11 (Himmelfahrt), Apg 2,1-13 (Pfingstereignis)! Stellt die wichtigsten Aussagen zur missionarischen Existenz des Christen
zusammen!
• Wenn Geistbegabung und Sendungsauftrag eng zusammengehören, warum haben dann viele Christen Schwierigkeiten mit dem „Missionsbefehl“?
• Welche Herausforderung an das eigene Selbstverständnis bedeutet Pfingsten, das Fest der Entgrenzung und des
»Sprachenwunders«, für Christen in einer bestimmten Ortskirche?
• Welche Möglichkeiten erkennt Ihr in Eurem Alltag, den
Glauben weiterzugeben?
Baustein 9 – Gebete junger Menschen in Afrika
Danke für meine Eltern
Lieber Gott!
Ich danke Dir für Vater und Mutter.
Sie tun so viel für mich. Sie sorgen für mich.
Sie zeigen mir, wie ich ältere Menschen achten soll.
Meine Eltern arbeiten schwer, damit sie mir Kleider kaufen
und für mich das Schulgeld bezahlen können.
Dafür danke ich ihnen aus ganzem Herzen.
Behüte sie für mich, damit sie lange leben.
Danke, lieber Gott.
Afrika
aus: „Du bist mein Freund“; Kindergebete aus den Jungen Kirchen; 1984;
missio aktuell Verlag; S. 42
Bittgebet für die Nachbarn
Herr, bitte hilf unseren Nachbarn
aus der Hütte nebenan.
Wir sind sechs, und wir wohnen
in einem Zimmer aus Lehm, das hält gut.
Die Nachbarn aber sind zehn
und haben in einer Hütte aus Palmzweigen gelebt.
Vor drei Tagen ist diese Hütte abgebrannt.
Jetzt haben die Nachbarn gar nichts mehr.
Aber Du, Herr, Du hast alles. Du kannst alles!
Hilf uns, dass wir nicht an uns denken,
Hilf uns, dass wir unseren Nachbarn besser helfen.
Aber hilf Du ihnen auch, Du unser Vater!
Danke, Herr!
Ägypten
aus: „Du bist mein Freund“; Kindergebete aus den Jungen Kirchen; 1984;
missio aktuell Verlag; S. 62
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Gebet für ein krankes Kind
Ihr Väter, Großväter,
ihr Vorfahren aus dunkler Vergangenheit,
ihr seid ganz nahe beim Herrn,
der uns alles gibt.
Schaut, unsere Augen sind voller Schmerz
über unser krankes Kind.
Niemand konnte uns helfen.
Es war alles umsonst.
Jetzt wissen wir nicht mehr weiter.
Es liegt nicht mehr in unserer Hand,
was mit diesem Kind geschieht.
Herr, lass Du es wieder zu Kräften kommen
und dem Tod entrinnen.
Behalte das Kind in Deinen Augen.
Darum bitten wir in Deinem Namen.
Afrika
aus: Lass Frieden sein diesem Korb; Gebete aus den Jungen Kirchen; missio
»
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Thomas Tille
unterrichtet an der Staat-
Methodisch-didaktische Hinweise
siehe Seite 11
Erschließungsaufgaben
• Suche dir das Gebet aus, das dich am stärksten anspricht
und bewegt.
• Tauscht eure Ergebnisse gegenseitig aus und benennt, welche Stelle euch besonders unter die Haut gegangen ist.
• Was erzählen diese Gebete über die afrikanischen Lebensverhältnisse und den Glauben der Kinder und Jugendlichen? Im Anschluss daran den eigenen Horizont durch
gezielte Informationen der Lehrkraft weiten.
• Stellt Vergleiche an und sucht nach Ähnlichkeiten, Gemeinsamkeiten, Unterschiede zu Zeugnissen aus unserer Kultur.
• Sich inspirieren, ja vielleicht sogar begeistern zu lassen von
der Lebensfreude, dem Vertrauen, dem Glauben und
bereit zu werden für Aktionen solidarischen Handelns im
Blick auf die sich abzeichnenden Probleme.
• Selbst ein Gebet/Fürbitten verfassen.
• „Suche im Internet die Website auf www.praynet.de und
du wirst international an einem Gebetsnetz mitgestalten
können.“
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Dr. Norbert Weidinger
Leiter des Religionspäda-
lichen Realschule Arnstorf
gogischen Zentrums in
(Bayern)
Bayern
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