Umstellung auf die blaue Polizeiuniform
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Umstellung auf die blaue Polizeiuniform
11 Umstellung auf die blaue Polizeiuniform Organisationsmängel und Planungsdefizite führten zu einem nunmehr überflüssigen Lagerbestand grüner Polizeiuniformen im Wert von mindestens 1,5 Mio. €. Weder bereits vor Jahren durch den SRH monierte Organisationsmängel noch Unzulänglichkeiten der bisherigen Bedarfsermittlung wurden abgestellt. Insgesamt haben nicht notwendige Kosten für Personal, Anmietungen, Soft- und Hardware und Betreuung durch ein Beratungsunternehmen die Umstellung erheblich verteuert. Die Ausstattung aller Außendienstbeamten mit einer Tuchuniform hatte Mehrausgaben in Höhe von 1,4 Mio. € zur Folge. Einsparungen wären möglich gewesen, wenn das SMI den tatsächlichen Bedarf ermittelt und Alternativen zur Ausstattung aller Außendienstbeamten untersucht hätte. 1 2 1 Prüfungsgegenstand Der SRH prüfte, inwieweit der Zeitpunkt der Umstellung auf die blaue Polizeiuniform und die Durchführung der Uniformumstellung den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Haushaltsführung entsprach. 2 Prüfungsergebnisse Obwohl bereits seit der Innenministerkonferenz 2000 feststand, dass langfristig eine Umstellung der Polizeiuniformen von grün auf blau erfolgen wird, war mit der erforderlichen Planung erst 2008 aufgrund der politischen Forderung nach Neuorganisation des Bekleidungswesens der Polizei begonnen worden. Die Umstellung auf die blaue Uniform sollte nun durch eine Projektgruppe gleichzeitig mit der Umstellung auf eine neue Logistik erfolgen. Mit der Vorgabe, die Umstellung im Jahr 2008 zu bewerkstelligen, setzte sich das SMI unnötig selbst unter einen zeitlichen Druck. Voruntersuchungen zum Zeitpunkt der Umstellung, die sich an der Wirtschaftlichkeit orientierten, erfolgten nicht. Ob eine Privatisierung wirtschaftlich sinnvoll gewesen wäre, wurde nicht geprüft. Nach der Uniformumstellung sind nun Lagerbestände der grünen Uniform mit einem Warenwert im siebenstelligen Bereich vorhanden. 3 Die Planung der Uniformumstellung hätte frühzeitig aufgenommen und enge zeitliche Vorgaben vermieden werden müssen. 4 Das SMI hat Sorge dafür zu tragen, dass keine weiteren Kosten für die Entsorgung dieser Restbestände entstehen. 5 Für eine Grobkalkulation des SMI im März 2008 zur Ermittlung der voraussichtlichen Kosten der Uniformumstellung waren die Kosten für die laufende Versorgung der Polizeibeamten mit Kleidung ermittelt worden. Danach wurden für 1 Jahr Haushaltsmittel in Höhe von rd. 2,1 Mio. € für den Ankauf der Bekleidung und für die Bewirtschaftung rd. 1,8 Mio. € ausgegeben. Das heißt, auf jeden Euro für Kleidung fielen weitere 86 Cent für die Bewirtschaftung an. Trotzdem entschied sich das SMI, die Ersteinkleidung der Polizeibediensteten „in der Variante der optimierten Eigenlösung“ durchzuführen. Eine Auseinandersetzung mit den Ursachen war nicht feststellbar. Auch war nicht nachvollziehbar, wodurch eine Optimierung erfolgen sollte. Alternativen wurden nicht geprüft, sondern gleichzeitig der Auftrag in Bezug auf die Neuorganisation der Bekleidungswirtschaft zu- Entsorgung hoher Lagerbestände | 119 rückgestellt. Das SMI entschied sich hierfür zur Einholung eines Gutachtens. Eigenlösung trotz hoher Kosten 1,4 Mio. € nicht notwendige Ausstattung Aus Fehlern nicht gelernt Zu hoher Personaleinsatz 120 | 6 Das SMI hätte das Missverhältnis zwischen Anschaffungs- und Bewirtschaftungskosten aufklären und in der Folge die Kosten für die Uniformumstellung sorgfältig kalkulieren müssen. 7 Das SMI legte die Ausstattung seiner Beamten weitgehend nachvollziehbar fest. In Abweichung von der Praxis anderer Bundesländer wurden in Sachsen auch die Außendienstbeamten mit einer Tuchuniform ausgestattet. Eine Nutzung der Uniform über wenige repräsentative Zwecke hinaus war nicht erkennbar. Das SMI hätte untersuchen müssen, wie häufig die Außendienstbeamten eine Tuchuniform benötigen und auf Grundlage dieser Bedarfsermittlung prüfen müssen, ob Alternativen zur Überlassung in Erwägung zu ziehen sind, wie bspw. das Modell einer Ausleihe von Tuchuniformen in den einzelnen Bekleidungslieferstellen. 8 Das SMI hätte, soweit ein repräsentatives Auftreten für erforderlich gehalten wird, zumindest eine kostengünstigere Alternative finden müssen. 9 Die Ermittlung der benötigten Stückzahlen konnte nicht nachvollzogen werden, da unterschiedliche Bedarfsplanungen erstellt wurden. Das SMI hat keine Maßnahmen ergriffen, um die Fehler im Bestellsystem für die bisherige grüne Uniform abzustellen, sondern hat sich weitgehend auf Schätzungen bei der Bedarfsermittlung verlassen. Es nahm damit in Kauf, dass wiederum Lagerbestände geschaffen werden, die nicht benötigt werden. 10 Auch für die Ermittlung der benötigten Bekleidungsgrößen konnten keine Unterlagen vorgelegt werden. Trotz vorhandener Datenbestände zu den Kleidergrößen erfolgte die Bestellung nach geschätzten prozentualen Verteilungsschlüsseln der Gesamtmenge. Dies führte zu Fehlbestellungen und zusätzlichen Kosten. 11 Die hohen Lagerbestände hätten das SMI veranlassen müssen, Mängel im bisherigen Bestellsystem abzustellen und für eine präzise Bedarfsplanung zu sorgen. 12 Eine fundierte, nachvollziehbare Personalplanung für die Einkleidungspunkte hat nicht stattgefunden. Die vorgelegten Unterlagen ließen nur den Schluss zu, dass der Bedarf geschätzt wurde. Dabei wurde die Möglichkeit, in größtmöglichem Umfang das Fachpersonal der Bekleidungslieferstellen bei der Uniformumstellung einzusetzen, nicht sorgfältig geprüft. 13 Die Unterlagen zeigten, dass das SMI Anfang 2009 eine Besetzung für den Einkleidungspunkt Leipzig mit 8 Mitarbeitern festgelegt hatte. Aufgrund einer Personaleinsatzplanung durch einen Dienstleister erhöhte das SMI den Personalbedarf für den Einkleidungspunkt Leipzig auf 16 Mitarbeiter. Dabei war auch den hierzu vorgelegten Unterlagen keine Bedarfsberechnung zu entnehmen, sondern lediglich Angaben zu den im Einkleidungspunkt wahrzunehmenden Funktionen. Nicht einmal die unterschiedliche Anzahl der einzukleidenden Beamten in den einzelnen Bezirken wurde berücksichtigt. Nach seinen örtlichen Erhebungen kam der SRH für den Einkleidungspunkt Dresden zu dem Ergebnis, dass die Aufgaben mit 8 Mitarbeitern hätten durchgeführt werden können. Tatsächlich waren 14 Mitarbeiter und ein Berater im Einsatz. 14 Das SMI hätte sich eine sorgfältig erstellte und nachvollziehbare Personalbedarfsberechnung vorlegen lassen müssen. Das Gutachten war nach Auffassung des SRH in dieser Frage unzulänglich. 15 Das SMI hatte weder Tätigkeitsbeschreibungen für die im Einkleidungspunkt einzusetzenden Mitarbeiter noch eine umfassende Darstellung der anfallenden Arbeitsvorgänge erstellt. Für die Definition und Zuteilung der Rollen in den Einkleidungspunkten verwies die Landespolizeidirektion Zentrale Dienste auf den Endbericht des Gutachters. Danach war bspw. jeder einzukleidende Beamte von einem Servicemanager in Empfang zu nehmen und an einen Einkleidungstisch zu führen. Diesem Servicemanager war zusätzlich eine Hilfskraft zugeordnet, die die benötigten Bekleidungsstücke aus dem Lager holte. Weitere Aufgabe des Servicemanagers war es, die Beamten bei der Anprobe zu beraten usw. 16 Das SMI hat die Notwendigkeit der so beschriebenen Abläufe in den Einkleidungspunkten nicht kritisch hinterfragt. Es hätte sich dem SMI aufdrängen müssen, dass einem Servicemanager, der im Ergebnis die Funktion von Verkaufspersonal übernimmt, nicht noch eine Hilfskraft zur Seite gestellt werden kann. Zum Teil wurden als Hilfskraft Beamte der BesGr. A 11 zugeordnet. Ein derart aufwendiger, personalintensiver und dabei mit gut bezahlten Mitarbeitern durchgeführter Ablauf der Ausgabe der blauen Uniformen wäre für ein Unternehmen der privaten Bekleidungswirtschaft ruinös. 17 Das SMI hätte weniger und geringer qualifiziertes Personal einsetzen müssen. 18 Die Durchführung der Uniformumstellung war fast in allen Bereichen nicht ausreichend geplant und sorgfältig genug vorbereitet. Beispielsweise ließ das SMI für die Uniformumstellung in den einzelnen Landesdirektionsbezirken jeweils ein neues Team aufstellen und einarbeiten. Allein für die Inbetriebnahme des Einkleidungspunkts Leipzig sind dadurch Kosten in sechsstelliger Höhe entstanden, die weitgehend zu vermeiden gewesen wären. Eine Untersuchung, ob die Betreuung durch ein Team nicht kostengünstiger gewesen wäre, fand nicht statt. 19 Für die Ausgabe der blauen Uniformen wurden zusätzliche Liegenschaften angemietet und in einem Fall Mietkosten in Höhe von rd. 32 T€ verursacht. Die Notwendigkeit der Anmietungen war nicht nachgewiesen. 20 Obwohl der SRH bereits vor Jahren das zweistufige Lagersystem beanstandete, wurde die Ausgabe der blauen Polizeiuniformen wiederum zweistufig abgewickelt. Alle Uniformteile wurden zunächst an das Zentrallager der Beschaffungsstelle in Leipzig geliefert und von dort aus an die jeweiligen Einkleidungspunkte. Zur Belieferung der Einkleidungspunkte wurde für den gesamten Zeitraum der Uniformumstellung ein Fahrer eingestellt. Dadurch wurde unnötige Doppelarbeit verursacht, die Arbeitszeit gebunden und damit vermeidbare Personalkosten im sechsstelligen Bereich verursacht. 21 Für den Umstellungsprozess wurden Soft- und Hardware angemietet, obwohl deren Nutzung wenig zweckdienlich und die Betreuung durch das Beratungsunternehmen kostenintensiv war. Eine nachvollziehbare Prüfung der bisher verwendeten Software ist nicht erfolgt. 22 Das SMI hätte die Uniformumstellung sorgfältiger planen und nicht notwendige Ausgaben beim Umstellungsprozess vermeiden müssen. 23 Zu teurer Personaleinsatz Zahlreiche Mängel bei der Durchführung 3 Folgerungen Der vom SMI an die Projektgruppe erteilte Auftrag der Neuorganisation des Bekleidungswesens mit den beiden Teilaspekten „Umstellung auf ein neues Uniformmodell“ und „Umstellung auf eine neue Logistik“ wurde weder von der Projektgruppe noch von dem beauftragten Beratungsunter- | 121 nehmen zufriedenstellend erfüllt. Die Chance, bei der Uniformumstellung bekannte Fehler zu vermeiden, wurde vergeben. 24 Die Durchführung der Uniformumstellung ließ die notwendige Sorgfalt nicht erkennen. Viele Entscheidungen waren nicht nachvollziehbar begründet. Sich aufdrängende Fragen wurden ignoriert. Das SMI hätte im Hinblick auf das Auflösen von Lagerbeständen frühzeitig mit der Planung für die Uniformumstellung beginnen müssen. 25 Eine Untersuchung und Darstellung der Abläufe bei der Bewirtschaftung des Bekleidungswesens und die Frage, inwieweit eine Privatisierung der Aufgabe möglich und wirtschaftlich sein kann, kann ohne eine genaue Kenntnis der zu übertragenden Tätigkeiten nicht beantwortet werden. 26 27 Die zur Ermittlung des Bedarfs eingesetzten Schätzmethoden entsprächen dem Vorgehen in der Bekleidungsbranche und wären nicht unzulänglich. Eine präzise Bedarfsplanung durch eine aktuelle Erhebung zu den Bekleidungsgrößen der Polizeibediensteten sei nicht erfolgt, da erfahrungsgemäß sehr oft der einzelne Beamte seine eigene Größe nicht genau benennen könne. 28 Zur Ausstattung der Außendienstbeamten mit einer Tuchuniform trägt das SMI vor, diese Führungsentscheidung der Polizeichefrunde sei für das notwendige Maß an flexibler Einsatzbreite erforderlich gewesen. 29 In Leipzig und Dresden sei eine Anmietung von Liegenschaften erfolgt, da an diesen Standorten keine dem Zweck entsprechenden landeseigenen Liegenschaften verfügbar waren. Einzig die landeseigene Liegenschaft in Chemnitz habe die gestellten Mindestanforderungen erfüllt. 30 Für das SMI sei die Kritik an der Auswahl des Gutachters nicht nachvollziehbar. Es habe bei der Auswahl größten Wert auf Sachverstand und fachliche Eignung gelegt. Diese fachliche Eignung habe kein anderes Unternehmen aufgewiesen. 31 122 | 4 Stellungnahme des Ministeriums Das SMI räumt ein, dass durch personelle Ausfälle bei der Uniformumstellung Lücken in der Nachweisführung zu einzelnen Prozessen entstanden seien. Daraus könne aus Sicht des Ministeriums keinesfalls der Schluss gezogen werden, die Uniformumstellung sei unzureichend realisiert worden. 5 Schlussbemerkung Die Stellungnahme des SMI führt zu keiner Änderung der Bewertung des Umstellungsprozesses seitens des SRH. Auch durch den neuen Vortrag zur Ausstattung aller Außendienstbeamten mit einer Tuchuniform ist der diesbezügliche Bedarf nicht nachgewiesen. 32 Hinsichtlich der Notwendigkeit der Anmietung weiterer Liegenschaften ist darauf hinzuweisen, dass die Bekleidungslieferstelle in Chemnitz Büround Lagerfläche in Höhe von 591 m², die Bekleidungslieferstelle in Dresden 625 m² Fläche und in Leipzig 874 m² aufweist. Leipzig ist außerdem Standort der zentralen Beschaffungsstelle, die über 5.184 m² Lagerfläche verfügt und damit im Vergleich zu Logistikzentren anderer Bundesländer mehr als großzügig ausgestattet ist. 33 Das SMI muss die Beachtung des Grundsatzes der Aktenmäßigkeit der Verwaltung durch eine umfassende Dokumentation seiner Entscheidungen sicherstellen.