Unser Konzept als PDF! - Waldkindergarten Die Glückspilze

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Unser Konzept als PDF! - Waldkindergarten Die Glückspilze
Waldkindergarten Glückspilze
Pädagogisches Konzept
Konzeption
Waldkindergarten Glückspilze
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Waldkindergarten Glückspilze
Pädagogisches Konzept
Leben lernen
Von der Sonne lernen, zu wärmen,
von den Wolken lernen, leicht zu schweben,
von dem Wind lernen, Anstöße zu geben,
von den Vögeln lernen, Höhe zu gewinnen
von den Bäumen lernen, standhaft zu sein.
Von den Blumen das Leuchten lernen,
von den Steinen das Bleiben lernen,
von den Büschen im Frühling Erneuerung lernen,
von den Blättern im Herbst das Fallenlassen lernen
,
vom Sturm die Leidenschaft lernen.
Vom Regen lernen, sich zu verströmen,
von der Erde lernen, mütterlich zu sein,
vom Mond lernen, sich zu verändern,
von den Sternen lernen, einer von vielen zu sein
,
von den Jahreszeiten lernen, dass das Leben immer von neuem beginnt …
Ute Latendorf
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Waldkindergarten Glückspilze
Pädagogisches Konzept
Inhaltsverzeichnis
1. Unser Leitbild ………………………………………………………………………………Seite 5
2. Rahmenbedingungen
- 2.1. Geschichte unseres Kindergartens………………………………Seite 6
- 2.2. Unser Vorstand…………………………………………………………………Seite 6
- 2.3. Unsere Räumlichkeiten……………………………………………………Seite 7
- 2.4. Gruppenstruktur/Öffnungszeiten………………………………..Seite 8
- 2.5. Unser Team………………………………………………………………….................Seite 8
- 2.6. Unser Tagesablauf...............................................................Seite 9
3. Pädagogische Ziele/ Unsere Schwerpunkte
- 3.1. Natur im jahreszeitlichen Wechsel erleben.................Seite 10
- 3.2. Das freie Spiel................................................................Seite 10/11
- 3.3. Förderung der Sinne......................................................Seite 11/12
- 3.4. Bewegung/Körperbewusstsein....................................Seite 13/14
- 3.5. Stärkung von Sozialkompetenzen..............................Seite 14/15
4. Umsetzung der Bildungsbereiche
- 4.1. Bewegung.................................................................................Seite 16
- 4.2. Körper, Gesundheit und Ernährung............................Seite 16/17
- 4.3. Sprache und Kommunikation.............................................Seite 17
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Waldkindergarten Glückspilze
Pädagogisches Konzept
- 4.4. Soziale, kulturelle und interkulturelle Bildung.............Seite 18
- 4.5. Musisch, ästhetische Bildung......................................Seite 18/19
- 4.6. Religiöse Bildung...................................................................Seite 19
- 4.7. Mathematische Bildung......................................................Seite 20
- 4.8. Naturwissenschaftliche/technische Bildung................Seite 20
- 4.9. Ökologische Bildung.............................................................Seite 21
- 4.10. Bildungsbereich Medien....................................................Seite 21
5. Schulfähigkeit im Waldkindergarten........................................Seite 22
6. Zusammenarbeit mit Eltern..................................................Seite 23/24
7. Dokumentation................................................................................Seite 24
8. Evaluation.........................................................................................Seite 24
9. Inklusion...........................................................................................Seite 25
10. Partizipation..................................................................................Seite 26
11. Umgang mit Beschwerden von Kindern....................................Seite 27
12. Rituale.............................................................................................Seite 28
13. Zusammenarbeit mit Institutionen..........................................Seite 29
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Waldkindergarten Glückspilze
Pädagogisches Konzept
„In den Wäldern sind Dinge, über die
nachzudenken man jahrelang im Moos liegen
könnte.“
(Franz Kafka)
1.
Unser Leitbild
Unser nachfolgendes Konzept enthält die Grundlagen und Fundamente unserer
pädagogischen Arbeit. Es muss den sich immer wieder veränderten Bedingungen
angepasst werden und ist daher nie als „fertiges Schriftstück“ zu sehen. Es
bedarf der regelmäßigen Diskussion und Evaluierung aller Beteiligten damit das
Ergebnis zum Wohle unserer Kinder gelebt werden kann.
Ausgang und Mitte unserer Arbeit ist hier das Kind in seiner einzigartigen
Persönlichkeit. All unser Tun richtet sich darauf hin, dass unsere Kinder zu
selbstbewussten, selbstständigen Persönlichkeiten heranreifen, die sich
individuell und in ihrem eigenen Tempo entwickeln. Wir sehen die Kinder als
kompetente, vollständige kleine Menschen an, die in der Lage sind ihren Alltag
eigenständig zu gestalten und sich zu ihrem Besten zu entwickeln. Gemäß des
Grundgedankens von Maria Montessori „Hilf mir, es selbst zu tun“ möchten wir
sie beim Lernen und Wachsen begleiten. Wir trauen den Kindern etwas zu,
nehmen sie ernst und möchten ihnen mit Wertschätzung und Respekt begegnen.
Die Wertschätzung und Achtung untereinander ist uns ein großes Anliegen aber
im Besonderen auch die Achtsamkeit unserer Natur, unseres Waldes, denn „was
ich liebe, schütze ich "!
Für uns als Waldkindergarten steht weiter im Vordergrund, den Kindern das
Erleben der Natur mit allen Sinnen im jahreszeitlichen Wechsel zu ermöglichen,
die motorische Entwicklung zu fördern sowie Sozialkompetenzen wie
Kritikfähigkeit, Rücksichtnahme, zuhören, voneinander lernen und füreinander da
sein, zu stärken. Wir möchten ihnen Raum geben zum Kind-Sein, zum Spielen,
Lernen, Experimentieren, frei von Stress und Lärm.
Das folgende Konzept zeigt die Bausteine unseres Miteinanders:
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Waldkindergarten Glückspilze
Pädagogisches Konzept
2.
Rahmenbedingungungen
2.1.
Zur Geschichte der Waldkindergärten
Die Idee des Waldkindergartens stammt aus Dänemark. Sie wird zurückgeführt
auf Ella Flatau, einer dänischen Mutter, die einen Großteil des Tages mit ihren
Kindern und Nachbarskindern im Wald verbrachte. Das Erleben in der Natur ist
in den nordischen Ländern eine Voraussetzung für Lebensqualität. Auf dieser
Grundlage wurden in den 70 er Jahren Waldkindergärten in Deutschland
gegründet. Der erste anerkannte Waldkindergarten öffnet in den 90 er Jahren
in Flensburg und zieht eine Gründungswelle nach sich. Mittlerweile gibt es
schätzungsweise 700 Waldkindergärten in Deutschland.
Unser Waldkindergarten „Glückspilze“ wurde im April 2002 auf Initiative der
damaligen Leiterin Andrea Meier-Reimer in Form einer Waldspielgruppe
gegründet. Im Jahr 2012 erfolgte die Anerkennung als Träger der freien
Jugendhilfe, somit unterliegen wir dem KiBiz (Kinderbildungsgesetz) und
arbeiten nach dessen Richtlinien. Der Elternbeitrag ist der Satzung des Kreises
Minden-Lübbecke angepasst.
2.2.
Unser Träger
Der Träger des Waldkindergartens ist der Kinderschutzbund Ortsverband
Lübbecke e.V. Da der Kinderschutzbund ein gemeinnütziger Verein ist, ist es
notwendig, dass ein Teil der Eltern Vorstandspositionen besetzen, um die
geschäftsmäßigen Grundvoraussetzungen zu regeln. Als Verwaltungsdienstleister
steht uns proVedi in Lübbecke zur Seite.
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2.3.
Unsere Räumlichkeiten / Unser Umfeld
Unser täglicher Treffpunkt ist das Gelände am
Wanderparkplatz an der Rumenstr. direkt am
Fuße des Wiehengebirges in Bad Holzhausen.
Drei Bauwagen bieten hier Schutz bei
schlechtem Wetter. In diesen befinden sich
Spiele, Bastelmaterialien, Wechselkleidung,
Bücher, Werkzeuge usw. Zwei von ihnen sind mit
einer Gasheizung ausgestattet. Im Winter
findet unser gemeinsames Frühstück meist im Bauwagen statt. Bei Sturm oder
starken Minustemperaturen dürfen wir das Gemeindehaus der ev.
Kirchengemeinde in Bad Holzhausen nutzen. Rund um unser Gelände befindet sich
eine große Wiese mit Kräuterbeet, Erdbeerbeet, Weidentipi und verschiedenen
Beerensträuchern und Obstbäumen. Es gibt einen Sandbereich, einen Sitzkreis
aus Baumstümpfen und das „Gebüsch“- lädt zu unbegrenzt vielen, phantasievollen
Spielen ein. Nach ca. 5 Minuten Fußmarsch erreichen wir „unseren Wald“ mit
seinen unterschiedlichen Stammplätzen. „Sofaplatz“, „Hexenwald“, „Hügelwald“jeder bietet auf seine Weise andere Herausforderungen und Spielmöglichkeiten.
Es gibt den Buchenwald, den Tannenwald, kleine Hügel, ein kleines Bächlein und
viele verschiedene Kletterbäume, kleine Abhänge zum Rodeln….
Bei unseren Waldgängen haben wir stets unseren Bollerwagen dabei, der bepackt
ist mit: Erste-Hilfe-Ausrüstung mit Zeckenzange, Waldhandy mit gespeicherten
Telefonnr. von Eltern, Arzt, Notruf für den Notfall, mehrere Flaschen warmes
Wasser, täglich frische Handtücher und Lava - Erde zum Händewaschen,
Wechselkleidung, Thermoskannen mit warmen Tee, „mobile“ Waldtoilette mit
Klappspaten, Seilen, Werkzeugen wie Hammer und Schnitzmesser, Hängematte,
Bestimmungsbücher, Isomatten, Mal- und Spielutensilien und Tarp.
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2.4.
„Bäume sind Gedichte, die die Erde in den Himmel schreibt“ (Khalil Gibran)
Gruppenstruktur und Öffnungszeiten
Wir bieten bis max. 20 Kindern im Alter von 3 – 6 Jahren die Möglichkeit, einen
Teil ihrer Kindheit im Wald zu verbringen. Derzeit besuchen 14 kleine
„Glückspilze“ unsere Einrichtung.
Unser Kindergarten ist montags bis freitags von 7.45 Uhr bis 14.45 geöffnet.
Wir haben feste Schließzeiten, diese sind: drei Wochen in den Sommerferien,
orientiert an den Schulferien die Tage „zwischen den Jahren“, eine Woche in
den Osterferien, die Brückentage nach Himmelfahrt und Fronleichnam.
Bei Bedarf bieten wir eine Übermittagsbetreuung an, wir bekommen ein warmes
Mittagessen von einem örtlichen Anbieter geliefert.
2.5.
Unser Team
Unser Mitarbeiterteam besteht derzeit aus zwei Erzieherinnen, die sich zur
Facherzieherin für Natur- und Waldpädagogik weitergebildet haben bzw. dieses
aktuell tun und einer Ergänzungskraft. Eine weitere Erzieherin unterstützt uns
in der Mittagsbetreuung und übernimmt die Vertretung im Krankheitsfall.
Praktikanten(innen) sind je nach Gruppensituation immer wieder herzlich
willkommen. Eine insoweit erfahrene Fachkraft zur Gefährdeneinschätzung nach
§8a kann bei Bedarf über „Parität für Kinder“ in Lübbecke kontaktiert werden.
Die Arbeit in unserem Team ist geprägt von Vertrauen und Offenheit. Die
Stärken und Schwächen jedes Einzelnen werden gegenseitig unterstützt und
getragen. Wir kooperieren miteinander und Entscheidungen werden gemeinsam
getragen. Unser Blick auf die tägliche Arbeit soll positiv orientiert sein ohne die
Herausforderungen des Alltags aus den Augen zu verlieren. Zur Reflexion und
Perspektivenentwicklung werden einmal jährlich Mitarbeitergespräche mit der
Leitung geführt.
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2.6.
Unser Tagesablauf
So könnte ein möglicher Kindergartentag bei uns aussehen:
7.45 – 8.30
Bringzeit: die Eltern bringen ihre Kinder zum Bauwagen
ca. 8.45
Zählekreis (gemeinsamer Begrüßungskreis)
ca. 9.00
Marsch zu einem ausgewählten Waldplatz
ca. 9.30
Herrichten des Frühstücksplatzes, Händewaschen
ca. 9.45
gemeinsamer Morgenkreis mit anschließendem Frühstück
ca. 10.30
Freispiel, gezielte Angebote
ca. 12.00
Abschlusskreis, Rückweg zum Bauwagen
12.15 – 13.00
1. Abholphase
13.00 – 13.45
Mittagessen der Über-Mittag-Kinder
13.45 – 14.30
Ruhephase im Bauwagen mit Bilderbuchbetrachtung, malen…
14.30 – 14.45
2. Abholphase – Kindergartenende
Händewaschen vor dem Frühstück
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3. Pädagogische Ziele – unsere Schwerpunkte als Waldkindergarten
3.1.
Erleben von Natur im jahreszeitlichen Rhythmus
Strukturierendes Element in der Waldpädagogik ist der jahreszeitliche
Rhythmus. Unser Kindergartenalltag spielt sich nahezu bei jedem Wetter in der
Natur ab. Den Kindern wird somit ermöglicht, einen Teil ihrer Kindheit im Wald
zu verbringen. Hierbei erleben die Kinder „hautnah“ die Besonderheiten des
jahreszeitlichen Wechsels. Die Abläufe im Naturkreislauf werden unmittelbar
erlebt: vom „Sprießen kleiner Keime“, über „Aufgehen der Blüte“, „Fallen der
Blätter“ bis hin zu „vereisten Pfützen“ werden Veränderungen in der Natur
entdeckt, wahrgenommen und hinterfragt. Denn die Entwicklung einer positiven
Haltung unserer Kinder zur Natur und Umwelt hängt ganz entscheidend davon
ab, inwieweit sie die Möglichkeiten zur Naturbegegnung haben. Aufgrund eigener
Erlebnisse können die Kinder unsere Natur als etwas Wertvolles kennenlernen.
Um den Wechsel der Jahreszeiten deutlich zu machen, feiern wir diese mit
einem besonderen, dazu passenden Frühstück, welches wir gemeinsam
zubereiten. Es folgen Gespräche, Lieder, Spiele, Angebote, die auf die
„neue“ Jahreszeit abgestimmt sind.
3.2.
Das freie Spiel
„Kinder sollten mehr spielen, als viele es heutzutage tun. Denn wenn man
genügend spielt, solange man klein ist – dann trägt man Schätze mit sich herum,
aus denen man später ein Leben lang schöpfen
kann.“
(Astrid Lindgren)
Wir sehen das freie Spiel als Grundlage für unsere Arbeit an. Im freien Spiel
entscheiden die Kinder eigenverantwortlich über ihre Spielpartner, Spielorte,
Spielinhalte und dessen Dauer. Über das Spiel liefern uns die Kinder vielfältige
Informationen über ihren Entwicklungsstand. So können wir vieles verstehen und
ihnen die nötigen Hilfestellungen geben. Bei uns im Wald sind weniger die
organisierten, von Erwachsenen vorgegebenen Spielgelegenheiten von Bedeutung,
sondern hier können Kinder selbst wirksam werden. Sie entwickeln ihre
Spielideen immer wieder neu und zeigen hier unbegrenzte, phantasievolle
Spielinhalte. Es gibt keine Wände und vorgefertigtes Spielzeug. Die Mädchen
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und Jungen erhalten durch den Aufforderungscharakter der Natur selbst einen
genügend großen Raum zum Ausleben ihrer Phantasie und Kreativität.
Die Naturmaterialien, die der Wald in unterschiedlichster Form bietet, geben
ihnen jede Menge Anregungen für immer wieder neue Spielideen. Mal wird der
Baumstamm zum fliegenden Drachen – mal zum Feuerwehrauto…
Drachen <-------
-------> Einhorn
Dinosaurier <-------
-------> Haus mit Bett
Rennauto <------Pferd
-------> Flugzeug
<-------
-------> Schloss
Piratenschiff <-------
-------> Eisenbahn
DAS alles kann ein Baumstamm sein!!
3.3.
Entwicklung und Förderung der Sinne
Ein weiteres wichtiges Ziel, dass die Kinder beim Spiel im Wald quasi
„nebenbei“ erreichen, ist die Unterstützung und Ausweitung der
Sinneswahrnehmung. Kinder erschließen ihre Lebenswelt ganzheitlich, durch:
Hören: - Vogelgezwitscher bewusst wahrnehmen, - Stille ertragen und genießen,wie klingt meine Stimme im Wald? , - das Laub
raschelt, - der Wind rauscht…
Wie klingt das Waldxylophon?
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Sehen: - wenn nach einem Regenschauer die Sonne wieder scheint, dampft der
Boden, - das Beobachten, Suchen und Finden von Tieren und Pflanzen, - es gibt
viele ganz kleine Dinge zu entdecken…
Wir beobachten eine Nacktschnecke…
Fühlen: - das Moos ist weich, - wie fühlen sich Rinde, Blätter, Lehm, Eicheln oder
Würmer an? – der Bach ist kühl, die Steine in ihm sind hart
Wie fühlt sich der Lehm an?
Riechen: - Blumen duften, Kot stinkt,- der feuchte Wald riecht anders als der
trockene,
Die Blumen duften!
Schmecken: Wie gut schmeckt das Brot im Wald, -wie schmeckt der
selbstgemachte Holunderblütensirup?
So schmeckt Frühstück im Wald!
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3.4.
Bewegung und Körperbewusstsein
Ein gesundes, normal entwickeltes Kind hat das Grundbedürfnis, sich zu bewegen.
Es will seine kleine Welt kennen lernen durch Laufen, Springen, Klettern,
Kriechen… . Lernen geschieht im Kindergartenalter mit allen Sinnen – und hierzu
ist es unerlässlich, dass das Kind sich bewegt. Die moderne Hirnforschung zeigt,
dass Bewegung, Sprache und logisches Denken unmittelbar miteinander
verknüpft sind.
Das Ausleben des natürlichen Bewegungsdranges hilft Kindern, innere
Körperspannung (z.B. Aggressionen) abzubauen und eigene Erlebnisse zu
verarbeiten.
Durch Bewegung können die Kinder auch ihre Gefühle zum Ausdruck bringen. Der
Wald bietet ihnen hier ein „Ventil“ um diese zeigen zu können. (Schreien und
Stampfen vor Wut, laut Lachen und Hüpfen vor Freude, sich in eine ruhige Ecke
begeben um traurig zu sein…). Es entsteht Freude an der eigenen Aktivität.
Neues wird ausprobiert und gewagt. Hierbei erhalten die Kinder
Erfolgserlebnisse, die ihr Selbstbewusstsein stärken. Aus eigener Kraft und
nicht durch die Vorgabe von Erwachsenen macht das Kind die Erfahrung:“ Das
hab`ich geschafft!“, z.B. beim Erklettern eines Baumes. Umgesetzt wird nur, was
es sich selber zutraut. Der Wald bietet den Kindern hier ein wertvolles
Übungsfeld, in dem sie sich auf vielfältige Weise ausprobieren können.
Umgefallene Baumstämme laden ein zum Balancieren, verschiedene Bäume zum
Klettern, kleine Hänge zum Rutschen und Rollen, Büsche zum Verstecken… .
„Waldbodenfüsse mögen blätterweiche Wege, Waldbodenfüsse woll`n was ausprobiern.“
Waldbodenfüsse lieben, wenn ich sie bewege, Waldbodenfüsse gehen im Wald spaziern…“
( von Matthias Meyer-Göllner )
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Die Kinder erhalten die Möglichkeit Basiserfahrungen mit unebenem Waldboden,
rutschiger Erde, kantigen Steine usw. zu machen und so natürliche Hindernisse
zu bewältigen. Hier können sie die Grenzen des eigenen Körpers erfahren.
Denn, wenn ich meine eigenen Grenzen nicht kenne, ist es schwer die eines
anderen wahrzunehmen.
Durch Bewegung wird auch eine gesunde, körperliche Entwicklung gefördert. Das
Immunsystem wird gestärkt, Muskelgewebe aufgebaut und das HerzKreislaufsystem gestärkt. Dadurch wird Haltungsschäden vorgebeugt.
3.5.
Stärkung von sozial-emotionaler Kompetenz
Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Förderung des sozialen
Miteinanders. Der Wald bietet hier beste Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten:
Durch gemeinsame Erlebnisse in der Gruppe ergeben sich immer wieder
Situationen, in denen Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme geschult werden,
z.B. die Großen helfen den Kleinen beim Anziehen oder beim Klettern. Der
behutsame Umgang miteinander aber auch mit der Natur ist uns hier sehr
wichtig. Im Wald achten die Kinder aufeinander und sind oftmals aufeinander
angewiesen (z.B. beim gemeinsamen Bau eines Waldsofas), dadurch wird das
Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt. Sozialkompetenzen wie zuhören,
füreinander da sein, voneinander lernen, Absprachen treffen und einhalten,
aufmerksam sein und Verständnis entwickeln, in Kontakt zu anderen treten
werden hier wie selbstverständlich gefördert. Aggressionen können durch die
Weite gleich in Bewegung und Kreativität umgewandelt werden. Kinder haben
hier die Möglichkeit sich zurückzuziehen und ein Gespür für die eigenen
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Bedürfnisse zu entwickeln. Bedingt durch die kleine Gruppe muss sich das Kind
auf immer wieder neue Spielpartner einlassen, wenn z.B. der beste Freund nicht
da ist. Soziale Erfahrungen mit unterschiedlichen Altersgruppen bieten hier ein
Lernfeld, indem sich das Kind auf immer wieder neue Situationen einstellen muss
und ein hohes Maß an Flexibilität erfahren lässt.
Gemeinsam aufgestellte, gut nachvollziehbare Gruppenregeln für den
respektvollen Umgang miteinander und auch Regeln für den Aufenthalt in der
Natur vermitteln Sicherheit und werden bei Nicht-Ein-Halten von den Kindern
angesprochen. Hierzu gehören z.B.: - wir sind Gäste im Wald und hinterlassen
diesen so wie wir ihn vorgefunden haben, - wir nehmen nichts in den Mund, - wir
bleiben in Sichtweite, - wir rennen nicht mit Stöckern in der Hand, - Bäume,
Sträucher und Blumen können betrachtet aber nicht zerstört werden, Waldtiere dürfen wir beobachten aber nicht berühren, - vor dem Essen waschen
wir uns immer die Hände.
Konflikte gehören zum täglichen Leben und werden zugelassen. Es ist uns
wichtig, diese friedlich gemeinsam zu lösen. Hierzu wird der Konflikt, sofern die
Kinder ihn nicht alleine lösen können, zunächst einmal benannt und gemeinsam
wird nach Lösungsmöglichkeiten gesucht. Die aktive Beteiligung aller ist uns hier
wichtig, um die unterschiedlichen Erfahrungen und Bedürfnisse ernst zu nehmen
und angemessen zu reagieren. Die Kinder lernen zuzuhören. Wir möchten sie
dabei unterstützen Möglichkeiten und Wege zu finden, um ihre Gefühle
ausdrücken zu können. Ein respektvoller, wertschätzender Umgang miteinander
ist uns hier wichtig.
„ Mit dem was wir sind, bringen wir einem Kind weitaus mehr bei, als mit dem was wir sagen. Also müssen wir
so sein, wie wir uns wünschen, dass unsere Kinder einmal werden sollen.“
(Joseph Chilton Pearce)
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4.
Umsetzung der Bildungsbereiche
„Es geht bei Erziehung und Bildung nicht darum das Gedächtnis wie ein Fass zu füllen, sondern darum
Lichter anzuzünden die alleine weiter brennen können.“
(Heraklit)
Kinder möchten sich ein Bild von der Welt machen. Niemand sonst kann dies für
sie tun. So betrachtet ist Bildung Selbstbildung. (siehe Bildungsvereinbarung
NRW) Diese Selbstbildungsprozesse zu unterstützen und zu begleiten ist unser
Anliegen. Hierbei orientieren wir uns an der Bildungsvereinbarung und dem
Schulfähigkeitsprofil NRW. Im Folgenden wollen wir beschreiben, wie wir
versuchen diese Bildungsziele bei uns umzusetzen:
4.1.
Bewegung
Diesen Punkt haben wir auf Seite 12/13 ausführlich beschrieben, da er einen
Schwerpunkt in unserer Arbeit als Waldkindergarten darstellt. Ergänzend
hierzu ist zu erwähnen, dass wir in den Wintermonaten neben den
Bewegungsmöglichkeiten, die uns der Wald bietet, gezielte Angebote für unsere
Kinder vorbereiten, um ihnen ein Höchstmaß an Körpererfahrungen zu bieten.
Hierzu dürfen wir an einem Wochentag die Turnhalle der Grundschule in Bad
Holzhausen nutzen.
4.2.
Körper, Gesundheit und Ernährung
Der tägliche Aufenthalt in der Natur stärkt das Immunsystem und mindert die
Gefahr gegenseitiger Ansteckung. Wir legen Wert auf ein gesundes, müllfreies
Frühstück und bereiten dieses 1 x im Monat selber zu. Es ist uns wichtig, dass
unsere Kinder etwas über die Herkunft der Lebensmittel erfahren und die
unterschiedlichen Geschmäcker kennenlernen. Hierzu bereiten wir gemeinsam
verschiedene Dinge aus Zutaten zu, die uns unser Umfeld bietet:
Holunderblütensirup und Holunderküchlein, Erdbeermarmelade aus dem eigenen
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Erdbeerbeet, Kräuterquark mit Kräutern aus dem Kräuterbeet, Obstsalat aus
dem Obst von unseren Obstbäumen. Verschiedene Exkursionen z.B. zum
Wochenmarkt oder Bauern der Umgebung werden im Rahmen von Projekten
unternommen. Des Weiteren besteht eine Zusammenarbeit mit dem
Gesundheitsamt zum Thema „Zahngesundheit“.
4.3.
Sprache und Kommunikation
Das Spiel im Wald entsteht überwiegend durch Sprache: Spielsituationen und
Spielmaterialien sind nicht vorgefertigt und müssen immer wieder neu benannt
und besprochen werden. Um den Spracherwerbsprozess der Kinder anzuregen
findet Sprachbildung bei uns in vielen Situationen alltagsintegriert statt: täglich
werden Geschichten gelesen, Fingerspiele oder Reime angeboten. Wir erfinden
selber Geschichten, entdecken Freude am Formulieren. Es gibt viele Rituale, die
von Sprache begleitet werden, wie z.B. die Rederunde zum Wochenanfang, den
täglichen Morgengruß und Tischspruch. Wir versuchen zwei Theaterstücke im
Jahr mit den Kindern einzuüben, indem wir alle Altersgruppen vereinen und jeder
entsprechend seines Alters eine Rolle übernimmt. Die Merkfähigkeit wird
geschult und die Kinder erfahren, was Sprache bewirken kann im Zusammenhang
mit Ausdruck und Betonung. Wir möchten das Interesse an Büchern wecken und
bieten durch das Ausleihen aus der Mediothek eine große Vielfalt an.
Wir klatschen beim Gang in den Wald Dinge, die wir sehen (Re-gen-wurm). Beim
Frühstück gibt es viel zu erzählen, über das, was wir gesehen oder erlebt haben.
Des Weiteren halten wir uns an die offiziellen Rahmenbedingungen und nutzen
Instrumente zur Sprachstandsfeststellung wie z.B. das „Bielefelder Screening“.
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4.4.
Soziale, kulturelle und interkulturelle Bildung
Auf den Punkt „soziale Bildung“ sind wir bereits auf Seite 13/14 eingegangen, da
die Stärkung der Sozialkompetenzen zu unseren Schwerpunkten gehört.
Wir möchten das Verständnis für die eigene Kultur sowie die Akzeptanz und
Toleranz für andere Kulturen fördern. Durch Ausflüge (z.B. Theaterbesuche,
Museum) ermöglichen wir den Kindern Erfahrungen außerhalb unseres
Kindergartens zu machen, die einen Einblick in unsere Kultur geben.
Individualität wird zugelassen und ist erwünscht! Durch verschiedene Projekte
(z.B. „ferne Länder“) wird die Neugier auf fremde Kulturen geweckt.
4.5.
Musisch, ästhetische Bildung
Im Bereich der ästhetischen Bildung sind wir bemüht unterschiedlichste Impulse
durch vielfältige Materialerfahrungen zu setzen. Die Kinder haben bei uns im
täglichen Leben Freiraum um zu experimentieren (matschen, kleben, schmieren,
sägen, hämmern, schneiden…). Oftmals kommen Naturmaterialien wie Lehm,
Sand, Ton, Holz, Gräser oder Blätter zum Einsatz. Die Kinder können hier selbst
kreativ werden, die Phantasie wird angeregt und die Feinmotorik gefördert.
Ergänzend hierzu ist es uns wichtig Fertigkeiten wie Schneiden mit der Schere,
Sticken, Weben, Fingerstricken usw. zu vermitteln.
„Sage es mir und ich werde es vergessen,
zeige es mir und ich werde mich vielleicht erinnern,
Lass es mich tun und ich werde es können.“
(Konfuzius)
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Musische Bildung ist ein Bestandteil unseres täglichen Lebens. Das Singen von
Liedern, Ausprobieren und Bauen von Instrumenten, erste rhythmische Übungen
fließt alltagsintegriert in unsere Arbeit ein. Des Weiteren besteht bei uns die
Möglichkeit einmal in der Woche an der musikalischen Früherziehung mit dem
Musiker Wolfgang Voss teilzunehmen.
4.6.
Religiöse Bildung
Unsere Einrichtung ist konfessionell nicht gebunden. Das heißt für uns, dass wir
den verschiedenen Religionen, deren Religiösität und Glauben offen begegnen
wollen. Wir feiern christliche Feste wie z.B. Weihnachten. Es besteht eine gute
Zusammenarbeit mit der örtlichen ev. Kirchengemeinde ( u.a. regelmäßiger
Besuch des Pfarrers in der Adventszeit). Wir entdecken aber auch Rituale und
Bräuche aus anderen Kulturen. Die Schöpfung wird erlebt durch säen, pflanzen,
ernten und den täglichen Aufenthalt in der Natur.
Unser „Weihnachtsweg“
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4.7.
Mathematische Bildung
Mathematische Bildung findet bei uns bewusst nicht in Form von
mathematischen Frühförderprogrammen statt. Wir sehen unsere
herausfordernde Aufgabe darin, den Kindern ein Umfeld zu bieten, welches ihre
natürliche Lernfreude unterstützt und anregt: Geschichten und Zahlreime
(„Morgens früh um sechs..“) werden erzählt, die Kinder zählen sich täglich im
Zählekreis, es werden Überlegungen angestellt - 9 Kinder sind da - eigentlich
sind wir 12 - wieviele fehlen? (Zählen im Zahlenraum bis 20, einfache Plus/Minus
Aufgaben) Längen und Gewichte werden im Alltag praktisch erfahren (wieviele
Schritte lang ist diese Efeuranke?), durch das Legen von Naturmandalas werden
logische Reihen nachvollzogen (Kastanie, Zapfen, Eichel im Wechsel), RaumLage-Beziehungen werden durch verschiedene Gruppenspiele
nachvollzogen(„oben“ auf dem Hügel, „hinter“ dem Baum, „unter“ den Büschen
usw.), das Sammeln und Sortieren von Naturmaterialien bietet Lernerfahrungen
im Hinblick auf Mengen und Gewichte.
„Zu oft geben wir unseren Kindern Antworten, die sie behalten, statt Aufgaben, die sie lösen sollen.“
(Roger Lewin, amerikanischer Antropologe und Wissenschaftsjournalist)
4.8.
Naturwissenschaftliche und technische Bildung
Durch das Beobachten der Vorgänge in der Natur werden den Kindern einfache
Naturgesetze verdeutlicht: die Wasserflächenspannung einer Pfütze, Gefrierund Schmelzpunkte von Eis und Schnee. Frühblüher und Bodentiere werden mit
zur Hilfenahme von Lupen und Mikroskop erforscht. Bäume und Pflanzen werden
anhand ihrer Blätter und Früchte bestimmt, Farben aus Naturmaterialien selber
hergestellt. Wir begleiten diese Prozesse mit Fragen, die wir stellen, ohne dass
wir immer eine Lösung parat haben. Zusammen mit den Kindern versuchen wir
diese, z.B. mit Bestimmungsbüchern, zu finden. Der Umgang mit Werkzeugen wie
Säge, Akku-Schrauber ermöglicht Interesse an technischen Dingen. Auch
Exkursionen zu Handwerksbetrieben (im Rahmen von Projekten) geben Anreize
und machen neugierig.
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4.9.
Ökologische Bildung
„Die Welt in der wir leben, ist die einzige, die wir besitzen, deshalb ist es wichtig, dass jeder Einzelne
lernt, Verantwortung dafür zu übernehmen.“
Ökologische Bildung bedeutet für uns, dass die Kinder die Möglichkeit erhalten,
zunächst einmal eine Beziehung zu ihrer Umwelt aufzubauen, denn „ nur was ich
liebe, schütze ich.“ Der Respekt vor der Flora und Fauna im Wald und auf der
Wiese ist uns hier wichtig. Durch das Beobachten der Natur werden
Naturprozesse deutlich und die Artenvielfalt kann entdeckt werden. Durch das
Kennenlernen des Ökosystems „Wald“ werden ökologische Zusammenhänge im
jahreszeitlichen Wechsel erlebt. Ein vernünftiger Umgang mit unseren
natürlichen Ressourcen wird direkt erlebt, da Wasser ja bei uns „kostbar“ ist
und nur begrenzt zur Verfügung steht. Die Vermeidung von Müll ist uns ein
Anliegen. Hierauf achten wir beim Frühstück aber auch beim sparsamen Einsatz
von Papier und Bastelmaterialien. Wir möchten mit den Kindern unser
Konsumverhalten überdenken, indem wir z.B. versuchen gemeinsam defekte Dinge
zu reparieren anstatt sie weg zu werfen.
4.10.
Bildungsbereich: Medien
Da wir in unserem Bauwagen nicht mit einer Stromversorgung ausgestattet sind,
kommt der Einsatz von technischen Medien bei uns nicht zum Tragen. Wir
nutzen in unserem Kindergarten die „traditionellen“ Medien wie Bilderbücher,
Erzähltheater „Kamishibai“, Schattentheater oder auch Fotos (z.B. Fotos von
Familienmitgliedern). Im Rahmen von Projekten haben die Kinder jedoch die
Möglichkeit „neue“ Medien kennen zu lernen (z.B. beim Erstellen eines Intros für
die Homepage unseres Kindergartens mit den Vorschülern). Bei Bedarf laden wir
Referenten zum Thema „Medienkonsum“ zu einem Elternabend ein. Im täglichen
Rollenspiel zeigen uns die Kinder, mit welchen „Medienhelden“ sie sich zurzeit
befassen. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, ihnen hier als Ansprechpartner
zur Seite zu stehen und ihnen einen Raum zu bieten um das Gesehene
verarbeiten zu können.
(mehr zu den Bildungszielen ist nachzulesen unter www.bildungsgrundsaetze.nrw.de)
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Pädagogisches Konzept
5.
Schulfähigkeit im Waldkindergarten
„Schulfähigkeit bedeutet, neue und unbekannte Anforderungen aufgrund einer stabilen Selbstsicherheit
neugierig und aufmerksam sowie angstfrei aufzugreifen und mit Interesse und Konzentration nach einer
Lösung zu suchen und zu finden.“
(A. Krenz)
In diesem Sinne möchten wir Schulfähigkeit verstehen und den Kindern gute
Möglichkeiten bieten um diese zu entwickeln.
Schulfähigkeit lässt sich differenzieren in:
-
Emotionale Schulfähigkeit ( Ausgeglichenheit, Zuversicht, Vertrauen)
Kognitive Schulfähigkeit ( Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer, Logik,
Sprachfluss)
Soziale Schulfähigkeit (Kontaktfreude, Toleranz, Einhaltung der
Regeln)
Motorische Schulfähigkeit ( Reaktionsfähigkeit,
Koordinationsfähigkeit, Fein- und Grobmotorik)
All diese Basiskompetenzen finden sich in den Zielen und Schwerpunkten unseres
Konzeptes als Waldkindergarten wieder und werden im Lernort „Wald“
tagtäglich trainiert. Vorbereitung auf die Schule findet also nicht nur isoliert in
der Vorschularbeit statt, sondern während der gesamten Kindergartenzeit.
Gezielte Vorschularbeit hat aber bei uns auch einen festen Platz. Unsere
Vorschüler (bei uns heißen die Großen die „Wildschweine“) treffen sich einmal in
der Woche zum „Wildschweinclub“, um sich gezielt in einer kleinen Gruppe mit
einer bestimmten Thematik auseinander zu setzen. Im Jahr vor der Schule
finden verstärkt kleine Exkursionen z.B. ins Theater, zu Projekten zur
Verkehrssicherheit o.ä. statt. Es wird behandelt, was die Kinder interessiert
aber es wird auch geübt, was ihnen Schwierigkeiten bereitet. Besuche bei der
Grundschule finden ebenfalls statt, um den Übergang zu erleichtern.
Erfahrungen von Waldpädagogen/innen und Grundschullehrern/innen sowie
wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema Waldkindergarten und
Schulfähigkeit bestätigen, dass der Waldkindergarten die Schulfähigkeit
fördert und das „Waldkinder“ in ihrer schulischen Entwicklung gegenüber
Kindern aus „Hauskindergärten“ nicht im Nachteil sind.
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Pädagogisches Konzept
6.
Zusammenarbeit mit Eltern
Eine offene, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern ist uns sehr
wichtig. Beschwerden und Kritik möchten wir als Bereicherung und Chance zum
Überdenken unseres Tuns entgegennehmen. Wir sind bemüht, diese ruhig und
sachlich entgegenzunehmen und nicht persönlich zu nehmen. Die Beschwerden
werden schriftlich in einem Beschwerdeordner protokolliert und im Team
lösungsorientiert besprochen. Wurde eine Lösung gefunden, wird diese dem
entsprechendem Elternteil mitgeteilt und besprochen, ob diese zu seiner
Zufriedenheit geführt hat.
Wir können nur existieren, wenn Eltern sich aktiv mit einbringen. So gibt es
verschiedene Elterndienste (z.B. Tee-Wasser-Dienst, Putzdienst,
Reparaturdienst) die zum Gelingen des alltäglichen Ablaufs wichtig sind. Ferner
wünschen wir uns, dass Eltern uns engagiert und tatkräftig unterstützen z.B. bei
allen anfallenden Arbeiten rund um das Bauwagengelände, bei der Planung und
Durchführung von Festen und Feiern, Öffentlichkeitsarbeit und ähnlichem. Da
der Kinderschutzbund Ortsverein Lübbecke ein gemeinnütziger Verein ist, ist es
notwendig, dass ein Teil der Eltern Vorstandspositionen besetzt.
Die regelmäßige Teilnahme an den Elternabenden ist uns sehr wichtig, um einen
kontinuierlichen Austausch über die Geschehnisse im Wald und unsere
pädagogische Arbeit möglich machen zu können. Hier werden auch
organisatorische Dinge besprochen im Hinblick auf Ausflüge und Feste. Auf
Wunsch der Eltern oder unsere Initiative hin werden Referenten zu
unterschiedlichen Themen eingeladen. Informationen über die wöchentliche
pädagogische Arbeit und Spielinhalte der Kinder finden Eltern als Aushang an
der Bauwagentür. Tür- und Angelgespräche während der Bring- und Abholzeit
sind täglich möglich für den „kurzen Austausch zwischendurch“. Des Weiteren
bieten wir 2 x jährlich Elternsprechtage an, um ausführliche Informationen über
die individuelle Entwicklung zu ermöglichen.
Damit ein gutes, vertrauensvolles Eltern-Erzieher-Verhältnis wachsen kann, ist
uns bereits die Eingewöhnungsphase sehr wichtig. Der Aufnahme in den
Kindergarten geht ein Eltern/Kind Besuchertag voraus, damit Eltern sich ein
detailliertes Bild über die Arbeit im Wald machen können. Vor
Kindergarteneintritt findet ein Kennenlern-Nachmittag nur mit den neuen
Kindern, Eltern und Erzieherinnen statt. Es folgen mehrere Schnuppertage am
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Pädagogisches Konzept
Vormittag zum Kennenlernen der anderen Kinder. Individuell wird entschieden ob
mit oder ohne Eltern. Jeder hat hier sein eigenes Tempo. Für die Phase der
Eingewöhnung wollen wir uns Zeit nehmen, Geduld und Verständnis aufbringen,
damit eine vertrauensvolle Bindung entstehen kann. Ein Hospitationsbesuch von
zwei Erzieherinnen zu Hause schließt sich an: Wir besuchen das Kind, um ein
gutes Vertrauensverhältnis aufzubauen und uns besser kennen zu lernen. Weiter
geben die Lebensbedingungen des Kindes Informationen für unsere Arbeit.
Individuelle Fragen können ganz in Ruhe besprochen werden.
7.
Dokumentation
Die Grundlage für eine zielgerichtete Bildungsarbeit sehen wir in der
beobachtenden Wahrnehmung des Kindes, gerichtet auf seine Möglichkeiten,
individuellen Stärken und Interessen. Nach schriftlicher
Einverständniserklärung der Eltern schreiben wir regelmäßige
Bildungsdokumentationen. Diese dienen auch als Grundlage für unsere
Elterngespräche um Auskunft über den Entwicklungsstand des Kindes zu geben.
Diese Dokumentationen sind für Dritte nicht zugänglich. Eltern können jederzeit
Einsicht erhalten und bekommen am Ende der Kindergartenzeit alle Berichte
ausgehändigt.
8.
Evaluation
Um die Qualität unserer Arbeit sachlich und fachgerecht bewerten und
weiterentwickeln zu können, ist es uns wichtig diese regelmäßig zu reflektieren.
Dieses geschieht intern in den regelmäßigen, wöchentlichen Teamsitzungen. Auch
unsere Konzeption wird jährlich von uns auf Veränderungsbedarfe hin überprüft
und ggf. überarbeitet. Dieser Konzeptionstag findet jeweils am ersten Tag nach
der Schließzeit nach Weihnachten im Januar statt. Fortbildungen geben neue
Impulse und lassen uns unsere Arbeit neu hinterfragen. Elternabende im
Abstand von zwei Monaten bieten die Möglichkeit zur Kritik und Diskussion.
Des Weiteren ist uns ein Blick „von außen“ auf unsere Arbeit ein Anliegen um
eine Fremdeinschätzung zu erhalten. Einmal im Jahr erhalten unsere Eltern
einen Fragebogen zur Ermittlung der Zufriedenheit, der uns hilft die
Bedürfnisse, Wünsche und Kritik der Eltern mit in unsere Arbeit einfließen zu
lassen.
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Waldkindergarten Glückspilze
Pädagogisches Konzept
9.
Inklusion
„Jedes Kind ist anders, nur darin sind sich alle gleich!“
Grundsätzlich ist unsere Haltung gegenüber Kindern mit Behinderung oder von
Behinderung bedrohter Kinder sehr offen. Wir sehen jedes Kind in seiner
Einzigartigkeit, mit all seinen Gefühlen, Bedürfnissen, Stärken und Schwächen
und möchten es dort abholen und annehmen, wo es steht.
Entwicklungsabweichungen werden von uns als Teil der individuellen
Persönlichkeit akzeptiert. Kinder mit Behinderung oder Handycap können
unseren Kindergarten besuchen, wenn dem Antrag auf Integration durch das
Landesjugendamt zugestimmt wurde und wir somit ihren besonderen
Bedürfnissen personell Rechnung tragen können, um ihnen eine bestmögliche
Förderung zu ermöglichen. Aufgrund der besonderen räumlichen Bedingungen
(Wald, Bauwagen) muss ggf. im Einzelfall über eine Aufnahme entschieden
werden. Der Wald bietet gute Chancen und Möglichkeiten zur Förderung und
Begleitung von Kindern mit: - Sprachentwicklungsverzögerungen, - motorischen
Defiziten, - Störungen im Bereich der Sinneswahrnehmungen, - sozialemotionalen Auffälligkeiten, - sensorischen Integrationsstörungen.
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Pädagogisches Konzept
10.
Partizipation
„ Partizipation heißt, Entscheidungen, die das eigene Leben betreffen zu teilen und gemeinsam Lösungen für
Probleme zu finden.“
(Richard Schröder, Psychologe, Leiter des ersten Kinderbüros Deutschland)
In unserer Einrichtung haben wir es uns als Ziel gesetzt die Kinder im Rahmen
ihrer Möglichkeiten in möglichst viele Entscheidungsprozesse, die sowohl ihre
Person als auch den Kindergartenalltag betreffen, mit einzubinden. Dieses
bedeutet nicht, dass Kinder keine Grenzen erfahren. Partizipation findet ihre
Grenzen dort, wo das körperliche und seelische Wohl der Kinder gefährdet ist.
Wir begleiten, ermutigen und unterstützen die Kinder bei Entscheidungen wie:
- mit wem möchte ich wo wie lange spielen? - in welchen Wald gehen wir heute? ich möchte heute mal alleine spielen, - wenn ich Durst habe kann ich trinken…
Bei Anschaffungen (z.B. neues Spiel) oder Ausflügen binden wir die Kinder mit
ein: wir diskutieren, wählen aus und stimmen per „Zapfenabstimmung“ ab. Dieses
bedeutet für uns, dass wir eine Auswahl aus mehreren Möglichkeiten anbieten.
Das täglich wechselnde Zählekind trifft Entscheidungen über die Auswahl von
Geschichten, Spielen, Liedern usw. für den jeweiligen Tag. Feste werden
gemeinsam geplant, vorbereitet und durchgeführt. Die Kinder übernehmen im
Wechsel Dienste für die anderen wie z.B. das Abspülen der Hände beim
Händewaschen. Wir ermutigen unsere Kinder ihre Bedürfnisse in Worte zu
fassen und nehmen sie ernst. Gruppenregeln werden gemeinsam aufgestellt und
die Konsequenzen bei deren Nicht-Einhaltung besprochen. Wichtig ist uns, die
altersgerechte Umsetzung des Rechts auf Mitbestimmung, um die Kinder nicht
zu überfordern.
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Pädagogisches Konzept
11.
Umgang mit Beschwerden von Kindern
Wir möchten, dass unsere Kinder zu eigenständigen Persönlichkeiten
heranwachsen, die in der Lage sind für sich und andere Verantwortung zu
übernehmen und die Unterschiedlichkeiten von Menschen als Bereicherung
erfahren. Hierzu gehört für uns zum einen die Auseinandersetzung mit dem
eigenen Verhalten – zum anderen die Fähigkeit, Wünsche und Kritik den anderen
gegenüber äußern zu können. Um unseren Kindern dieses zu ermöglichen, geben
wir ihnen in unterschiedlicher Weise Raum: - Fragerunde im Abschlusskreis: was
war heute schön-was nicht, - Gefühlsgarten (siehe Foto) 1 x wöchentlich).
Beim Gefühlsgarten können die Kinder äußern, was sie bewegt: Steine stehen für alles Schwere, nicht so
Schöne, Zapfen stehen für Wünsche und Bitten, Blüten für Freude und Dankbarkeit
Nach Aktionen, Festen, Projekten erstellen wir mit den Kindern einen
Gut/Schlecht – Fragebogen den wir an das schwarze Brett hängen. Das Kind übt
sich darin seine Meinung zu sagen und auch Eltern erfahren auf diesem Wege,
wie ihr Kind bestimmte Dinge erlebt hat.
Unser Bestreben ist es aber auch, unseren Kindern zu vermitteln, dass nicht
jede Beschwerde zum gewünschten Erfolg führen kann, sondern manche Dinge
zur Akzeptanz der jeweiligen Umstände führen.
Grundsätzlich signalisieren wir, dass es in Ordnung ist anderer Meinung zu sein.
Wir unterstützen unsere Kinder darin, eine Gesprächs- und Streitkultur zu
entwickeln, die geprägt ist von der Wertschätzung des Gegenübers.
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Pädagogisches Konzept
12.
Rituale
Rituale sind ein wichtiger Bestandteil unseres gemeinsam erlebten Tages. Sie
geben den Kindern Sicherheit und ein Gefühl für Zeit. Die Abläufe im
Morgenkreis und beim Frühstück sind immer die gleichen. So kann sich jeder mit
einbringen und erlebt sich als Teil der Gemeinschaft.
Kinder lernen durch Wiederholungen, daher stehen ihnen bei uns eine begrenzte
Auswahl an Fingerspielen, Liedern und Kreisspielen zur Auswahl, die je nach
Thema oder Jahreszeit über mehrere Wochen gewählt werden können. So
prägen sich diese selbst bei den Allerkleinsten ein. Viele Rituale ergeben sich aus
dem Jahreskreis. Die Kinder wissen genau: zu Weihnachten feiern wir unsere
Lichterspirale, im Advent dürfen wir ein Adventsgärtchen machen, Ostern
suchen wir unsere selbstgemachten Nester im Wald.
Lichterspirale
Adventsgärtchen
Selbstausgesäates Osternest
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Pädagogisches Konzept
12.
Zusammenarbeit mit Institutionen
Es besteht ein regelmäßiger Austausch mit den zwei weiteren Waldkindergärten
im Kreis Minden-Lübbecke und uns, um sich über fachliche Thematiken aus zu
tauschen. Des Weiteren pflegen wir den Kontakt zur örtlichen Grundschule sowie
zur örtlichen ev. Kirchengemeinde.
Zusammenarbeit besteht mit folgenden Institutionen:
-
Jugendamt des Kreises Minden – Lübbecke
Fachschulen für Sozialpädagogik in Espelkamp und Herford
Beratungsstellen
Förster
Parität für Kinder in Lübbecke (provedi)
Stadt Pr. Oldendorf
Landesverband der Natur- und Waldkindergärten
Grundschule Bad Holzhausen
Waldorfkindergarten Stockhausen
Wir danken den Besitzern der Wiese und unserer Waldstücke für die Nutzung
der Grundstücke!!
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