HELIOS Rehazentrum Bad Berleburg Rothaarklinik

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HELIOS Rehazentrum Bad Berleburg Rothaarklinik
HELIOS
Rehazentrum
Bad Berleburg
Rothaarklinik - Fachklinik
für Psychosomatik,
Psychotherapie und
psychiatrische Rehabilitation
Medizinisches Konzept
HELIOS Rehazentrum
Bad Berleburg
Rothaarklinik
Stationäre Rehabilitationsbehandlung von Patientinnen
mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung –
Ein störungsspezifisches und Therapieschulen
integratives Konzept
Inhalt
1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
2. Das Störungsbild der Borderline-Persönlichkeitsstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.1 Definition des Krankheitsbildes anhand der Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.2 Psychodynamische Betrachtungsweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.3 Der traumatherapeutische Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.4 Die verhaltenstherapeutische Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.5 Die integrative Sichtweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
3. Grundlagen der Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
3.1 Der tiefenpsychologisch-interaktionelle Ansatz nach Streeck . . . . . . . . . . . . . . . 14
3.2 Der traumazentrierte Therapieansatz nach Reddemann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3.3 Der dialektisch-behaviorale Therapieansatz nach Linehan . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3.4 Das schulenübergreifende Konzept nach Herpertz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
4. Die Einbindung der Behandlungskonzepte in
den Rahmen der psychosomatisch-psychiatrischen Rehabilitation . . . . . . . . . . . 23
5. Behandlungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
5.1 Zielgruppe – Behandlung von Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
5.2 Warum eine stationäre Behandlung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
5.3 Personelle und räumliche Ausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
6. Ablauf der Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
6.1 Anmeldung,Vorgespräch und Aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
6.2 Diagnostische Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
6.3 Herstellung eines Arbeitsbündnisses und
Formulierung von Therapiezielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
6.4 Prozesscharakter der stat. Rehabilitation und Behandlungsende . . . . . . . . . . . . 27
7. Behandlungselemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
7.1 Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
7.1.1 Einzeltherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
7.1.2 Gruppentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
7.1.3 Künstlerische Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
7.1.4 Familien- und paartherapeutische Behandlungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
7.1.5 Entspannungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2
7.2 Ärztlich-medizinische Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
7.3 Testpsychologische Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
7.4 Pflegeaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
7.5 Stationsübergreifende körpertherapeutische Behandlungselemente . . . . . . . . . 30
7.5.1 Sporttherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
7.5.2 Physiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
7.5.3 Reittherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
7.6 Rehabilitationsspezifische Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
7.6.1 Sozialberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
7.6.2 Ergotherapie und kognitives Training . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
7.6.3 Berufsbezogene Belastungserprobung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
7.7 Milieutherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
7.8 Freizeitgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
7.9 Angebot für Mütter mit Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
8. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3
Dr. Dr. Peter Bagus*
Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
Chefarzt Dr. med. Jochen Wehrmann
Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie – Rehawesen
Facharzt für Dermatologie – Allergologie
Dr. Jiménez-Härtel
Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie – Rehawesen
Facharzt für Dermatologie – Allergologie
* jetzt Oberarzt in der Abteilung Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der LWL-Klinik
Dortmund, Universitätsklinik der Ruhruniversität Bochum.
1. Einleitung
Wenn im ICD - 10 unter der Diagnose emo-
Ihr selbst- und fremddestruktives Verhalten
tional instabile Persönlichkeitsstörung vom
kann unter Umständen bedrohliche Ausmaße
Borderline-Typ (F60.31) neben einigen Kenn-
annehmen. Im Umgang mit Geld, mit Alkohol
zeichen emotionaler Instabilität von einer
und Drogen, mit Essen oder im Bereich von
Störung des eigenen Selbstbildes sowie der
Sexualität neigen sie zu impulsivem und
Ziele und inneren Präferenzen gesprochen
selbstschädigendem Verhalten. ...
wird, so handelt es sich letztlich um ein sehr
breites Spektrum von Symptomen und Beein-
Viele Patienten mit einer Borderline-Störung
trächtigungen unterschiedlichen Ausmaßes
leiden unter vielfältigen, mal mehr beschrie-
und unterschiedlicher Intensität.
benen, mal mehr diffusen Ängsten, vor
allem unter der ausgeprägten Angst, ver-
Streeck (2000) beschreibt beispielhaft die
lassen zu werden.
Symptomvielfalt bei Borderline-Störungen:
Obwohl sie es nur schwer ertragen können
„Neben quälenden Leeregefühlen stehen
alleine zu sein, stoßen sie andere Menschen
Phasen relativen Wohlbefindens. Sie können
leicht vor den Kopf, weisen freundlich
scheinbar unvermittelt umschlagen in Gefühle
gemeinte Annäherungen kalt und schroff
von Niedergeschlagenheit, Depressivität,
ab und geben dem Anderen zu verstehen,
Selbstverachtung, Selbsthass und schlimms-
dass er ihnen gleichgültig ist, sehen ver-
tenfalls Ekel vor sich selbst. ...
ächtlich auf ihn herab und scheinen so zu
dokumentieren, dass sie autark sind und
Was wie Enttäuschung und Traurigkeit
niemanden brauchen.
aussehen mag, entpuppt sich bei genauerem
Hinsehen oft als ein körpernah empfundener
Zugleich sehnen sie sich nach Nähe, nach
Zustand diffusen und quälenden Missbeha-
vertrauensvollen Beziehungen, nach Gehal-
gens, als ein undifferenziertes Gemisch von
tenwerden und nach Zuneigung. ...(gleich-
Kränkung, Wut, Hass, Verzweiflung und
zeitig) attackieren sie den, mit dem eine gute
Selbstverachtung, ohne dass diese Gefühle
Beziehung entstehen könnte, nicht selten
jeweils als solche empfunden werden. ...
so heftig, dass der Andere sich zurückzieht.
Auf diese Weise bestätigen sie sich, dass ihre
Manche von ihnen können ihre heftige Wut –
Angst, verlassen zu werden, realistisch ist.“
oft eine Folge von Gekränktheit – mit Worten
ausdrücken, ohne dass es zu aggressiven und
Die Beziehungen zu anderen sind ebenso
destruktiven Attacken kommt; andere können
instabil und von plötzlicher Annäherung
den Ausdruck wütender Affekte kaum kont-
und ebenso abrupter Distanzierung und
rollieren und steuern; Gefühle und Handeln
Entwertung gekennzeichnet wie auch das
fallen bei ihnen gleichsam in eins.
Selbsterleben von Gefühlen durchzogen wird,
4
keine klare Vorstellung von sich selbst zu
haben und sich zeitweise so wenig zu spüren,
dass nur durch Selbstverletzungen diesen
unerträglichen Spannungszuständen Einhalt
geboten werden kann.
Angesichts der Komplexität dieses Störungsbildes und der Vielfalt der Symptomatik und
Beschwerden ist Streeck sicher darin zuzustimmen, dass sich die Borderline-Störung in
besonderer Weise dazu eignet, die Diskussion
zwischen verschiedenen psychotherapeutischen Richtungen zu fördern, zumal ein
einziger therapeutischer Zugangsweg allein
oftmals nicht ausreicht.
Dieser Notwendigkeit will die Rothaarklinik
durch das hier vorgelegte störungsspezifische
und therapieschulenintegrative Behandlungskonzept im Rahmen der Rehabilitation
Rechnung tragen.
5
2. Das Störungsbild der
Borderline-Persönlichkeitsstörung
2.1 Definition des Krankheitsbildes
Komorbidität:
anhand der Leitlinien
Vorwiegend mit affektiven Störungen und
Im Rahmen der Leitlinie Psychosomatische
Essstörungen, weiterhin mit Abhängigkeits-
Medizin und Psychotherapie (2000) ist die
erkrankungen, Angststörungen, dissoziativen
Borderline-Persönlichkeitsstörung durch
Störungen, posttraumatischen Symptombil-
folgende Kriterien definiert:
dern und anderen Persönlichkeitsstörungen.
• ein überdauerndes Muster von emo-
2.2 Psychodynamische Betrachtungsweisen
tionaler Instabilität und Impulsivität
Im Rahmen psychodynamischer Theorien
• inkonstante und krisenhafte Beziehungen
wird die Borderline-Persönlichkeitsstörung
• ausgeprägte Angst vor dem Verlassen-
unter Einbeziehung entwicklungspsychologi-
werden
• impulsive – häufig auch selbst-
scher Gesichtspunkte als so genannte strukturelle Störung verstanden. Damit ist eine
schädigende – Verhaltensweisen
wesentliche Einschränkung bezüglich Stabili-
• instabile und wechselhafte Stimmung
tät und Reife der Persönlichkeitsorganisation
• multiple und wechselnde
gemeint. Im emotionalen Bereich sind struk-
psychogene Beschwerden
turelle Störungen gekennzeichnet „durch die
• Identitätsunsicherheit
eingeschränkten Fähigkeiten des Selbstver-
• dissoziative und paranoide
ständnisses und der Affektregulierung, d.h.
Symptome unter Stress
der Fähigkeit, das eigene innere System und
das System der interpersonellen Beziehungen
Folgende Differenzialdiagnosen
zu regulieren“ (Rudolf 2004).
werden genannt:
Andere Autoren sprechen von Einschrän-
• Prodromi psychotischer Störungen
kungen bei den so genannte „Ich-Funktio-
• dissoziative Störungen
nen“, z.B. Kernberg (1979): Es handelt
• rezidivierende affektive und
sich um Einschränkungen z.B. in folgenden
bipolare Störungen
Bereichen: Affektdifferenzierung, Affekt-
• posttraumatische Belastungsstörungen
generierung, Affekttoleranz, Selbstreflexion,
• andere Persönlichkeitsstörungen
Impulssteuerung, Selbstwertregulierung,
Objektwahrnehmung, Empathiefähigkeit,
Epidemiologie:
Affektausdruck, Affektverständnis, Realitäts-
Die Prävalenz beträgt zirka 1,5 bis 2 Prozent
prüfung und Urteilsfähigkeit.
der Allgemeinbevölkerung.
6
Dass in diesen Bereichen erheblich einge-
Selbst- und Objektrepräsentanzen zu bilden
schränkte Fähigkeiten zur Selbst- und Bezie-
und negative wie positive Aspekte der Sicht
hungsregulation beinahe regelhaft erhebliche
von sich selbst und anderen zu integrieren“
interpersonelle Schwierigkeiten mit sich
(Buchheim 1999).
bringen, liegt nahe. Nach Streeck (2000) manifestieren sie sich vor allem im Kontakt mit
Vielmehr bringt die Borderline-Persönlich-
anderen und können daher auch „Interakti-
keitsorganisation das Vorliegen von Teil-
onsstörungen“ bzw. „Störungen des Sozialen“
Objekt-Beziehungen mit sich, wobei „die
genannt werden. Diese Patienten sind nicht in
Repräsentanz des Selbst und des Objektes in
der Lage, den Anderen in seiner Ganzheit als
eine idealisierte und eine verfolgende Kompo-
eigenständige Person mit eigenen Bedürfnis-
nente gespalten wurden – im Gegensatz zur
sen und Ansichten wahrzunehmen und sind
normalen Integration von guten oder lieben-
gleichzeitig nicht in der Lage, ihre affektiven
den sowie bösen oder hasserfüllten Repräsen-
Signale ihren bewussten Wünschen entspre-
tanzen des Selbst und bedeutsamer anderer“
chend einzusetzen. Vielmehr verhalten sie
(Kernberg 1995).
sich diesen häufig entgegengesetzt.
Kennzeichen dieser Borderline-PersönlichStreeck (2002) zufolge handelt es sich um
keitsorganisation ist in diesem Zusammen-
eine Reproduktion von frühen traumatischen
hang das Vorherrschen so genannter primiti-
Erfahrungen der Interaktion mit Anderen,
ver Abwehrmechanismen, insbesondere von
die einerseits wesentlich für die Entstehung
Spaltung. In dieser Diktion ist es unbewuss-
der Pathologie sind, die andererseits jedoch
tes Ziel des Ichs, mittels der so genannten
nicht dem Bewusstsein zugänglich sind. So
Spaltung Teilobjekt-Beziehungen nach dem
kommt es zu Beziehungssignalen, die für das
Entweder-Oder-Denken aufrecht zu erhalten,
Gegenüber missverständlich sind. Daraus
auf Grund der Unfähigkeit „die Tatsache aus-
resultieren Handlungen des Gegenübers, die
zuhalten, dass die primären Bezugspersonen,
wiederum schwer zu ertragen sind für den
in erster Linie Vater und Mutter, nicht nur
strukturell gestörten Menschen. Es resultieren
freundlich liebevoll dem Kind zugewandt
teilweise unerträgliche Erregungs-Spannungs-
sind, sondern auch an sich selbst denken ....
zustände, die mit schweren Verlassenheits-
auch ungerecht und willkürlich sein können.
gefühlen und Selbstverletzungstendenzen
Das ist deshalb so bedrohlich, weil dadurch
einher gehen können.
das gute Objekt (das psychische Erleben
desselben) unter Umständen so tief erschüt-
Kernberg sieht als Ursache bzw. Hauptkenn-
tert werden kann, dass es als ausgelöscht
zeichen der Borderline-Persönlichkeitsor-
erscheint. Existiert es aber nicht mehr, so tritt
ganisation die Identitätsdiffusion. „Unter
nur noch das böse Objekt auf. Ein unreifes Ich
Identitätsdiffusion ist die Schwierigkeit oder
ist dieser Situation nur bedingt gewachsen“
Unfähigkeit zu verstehen, kohärente innere
(Kind 2000).
7
Durch das unbewusst aktive Phänomen der
Ähnlich fokussiert Rudolf auf die Entwick-
Spaltung oder durch eine Reihe anderer un-
lung struktureller Fähigkeiten in der thera-
bewusster miteinander kombinierter Aktivi-
peutischen Beziehung. Er nennt 8 Therapie-
täten (Abwehrmechanismen), wie z.B. Idea-
ziele, deren Rangfolge individuell abgestimmt
lisierung durch Übertreibung von Vorzügen
werden muss (Rudolf 2004, S. 157):
und Ausblendung von Nachteilen, oder
beispielsweise durch Projektion eigener guter
Seiten auf dieses Objekt und Hineinnahme
ins eigene Ich per Introjektion, gelingt es, so
• Das Verhalten und Erleben als Muster
sehen lernen.
• Das Verhaltensmuster als emotionale
genannte einseitig gute bzw. einseitig schlech-
Antwort auf eine aktuelle (äußere oder
te Teil-Objektvorstellungen zu entwickeln.
innere) Situation sehen lernen.
Auf Grund der mangelnden Kapazität Gutes
und Schlechtes nebeneinander zu tolerieren,
gelingt es auf diese Weise „dem Guten und
• Herausarbeiten eines
funktionellen Schemas.
• Das affektive Schema als etwas biogra-
dem Bösen die benötigten getrennten Räume
phisch Gewachsenes akzeptieren, das
zuweisen zu können“ und „das Gute vor dem
auch Bewältigungsversuche beinhaltet.
Untergang zu bewahren“ (Kind 2000).
• Die heutige Funktionalität/Dysfunktionalität des Verhaltensmusters untersuchen:
Trotz gemeinsamer psychodynamischer Orientierung der genannten Ansätze unterschei-
was nutzt es, was schadet es?
• Das Verhaltensmuster als etwas
den sie sich bezüglich der therapeutischen
Eigenes akzeptieren und Verantwortung
Zielsetzung durch unterschiedliche Akzentu-
dafür übernehmen
ierungen. Für Streeck (2002) geht es (mittels
• Alternative Möglichkeiten erproben.
der psychoanalytisch interaktionellen Grup-
• Die therapeutische Situation
penpsychotherapie) darum dazu beizutragen,
nutzen lernen.
„dass an die Stelle wiederkehrender dysfunktionaler interpersoneller Verhaltensmuster
Globalziel der therapeutischen Interventionen
größere innere und interpersonelle Autono-
der strukturbezogenen Psychotherapie ist es
mie tritt. Patienten mit strukturellen Persön-
„die verloren gegangene Selbstwirksamkeit
lichkeitsstörungen können neue Möglichkei-
des Patienten wieder herzustellen, d.h. ihn
ten gewinnen, sich des eigenen Erlebens und
in der Affektregulierung zu unterstützen und
Verhaltens im Kontext des Erlebens und Ver-
die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung
haltens Anderer sicherer zu werden und sich
von Beziehungen zu fördern“
unter Wahrung der eigenen Individualität im
(Rudolf 2004, S. 145).
Kontext mit Anderen zu bewegen und damit
bessere Verhältnisse zu schaffen.“
8
Wesentliche Interventionsstrategie in der
2.3 Der traumatherapeutische Ansatz
strukturbezogenen Psychotherapie ist die so
Nach Reddemann und Sachse (2000) kann
genannte spiegelnde Beschreibung. Dabei
das Spektrum der Borderline-Symptomatik
bedeutet Spiegelung, „dass der Therapeut
in seiner gesamten Breite verstanden werden
dem Patienten mitteilt, was er als Muster von
„als ein Ensemble von Coping-Strategien zur
dessen Verhalten wahrnimmt und wie er es
Bewältigung von posttraumatischen Sympto-
emotional erlebt“ (Rudolf 2004, S. 148).
men, die sich chronifiziert haben, weil sie in
der traumatisierenden Situation und danach
Diese therapeutische Herangehensweise in-
nicht verarbeitet werden konnten“ (S. 561).
tendiert die Förderung einer selbstreflexiven
Aktivität beim Patienten mit dem Ziel, dass
Dabei gehen Reddemann und Sachse über die
dieser gemeinsam mit dem Therapeuten seine
häufig vorgetragene Korrelationsabhänigkeit
Schwierigkeiten als etwas Drittes untersuchen
zwischen meist sexueller Traumatisierung
und bearbeiten kann.
und Entwicklung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung hinaus und sprechen von
Die in der Arbeitsgruppe von Kernberg entwi-
kausalen Faktoren.
ckelte übertragungsfokussierte Psychotherapie der Borderline-Persönlichkeitsorganisation
Sie stimmen damit Fegert (1993) zu und sehen
(Clarkin et al. 2001) fokussiert auf die thera-
Kindesmissbrauch als einzigen bewiesenen
peutische Beziehung im Hier und Jetzt mittels
Prädiktor für schwere seelische Symptombil-
Klärung, Konfrontation und Deutung und
dungen. Der spezifische Behandlungsansatz
richtet sich bereits frühzeitig auf das Wahr-
von Reddemann und Sachse konzentriert sich
nehmen und Deuten von negativen Übertra-
auf die Patientengruppe, bei der Symptome
gungen und auf den Faktor der Aggression,
einer komplexen posttraumatischen Störung
mit dem Ziel der verstehenden Integration
im Vordergrund stehen. Dabei handelt es
sich total widersprechender Teilobjektbezie-
sich vor allem um Alpträume und flashbacks
hungen und damit der Überwindung von
sowie um dissoziative Symptome.
Identitätsdiffusion (Kernberg 1995, S. 74).
„Traumatische Ereignisse werden nicht wie
Diese hoch komplexe auf den Kern der
übliche Erfahrungen in der Großhirnrinde
Störung zielende Vorgehensweise erfordert
über den Hippocampus gespeichert, sondern
in der Regel eine längerfristige ambulan-
bleiben quasi unverdaut als „Videos“, „Dias“
te Psychotherapie und eignet sich unseres
oder innere „Tonbänder“ erhalten. Die Inte-
Erachtens nach nicht für ein rehabilitatives
gration dieser Erfahrungen über Gespräch,
Vorgehen anhand des Krankheitsfolgemodells
Ablenkung und insbesondere die Verarbei-
(s. unten).
tung im Traum sind massiv erschwert. Solche
Erfahrungen drängen sich als Bilder (flashbacks), sich aufdrängende Gedanken und
9
Affekte (Intrusionen) oder Körpersensationen
neuro-behaviorales Entstehungskonzept der
ohne Organbefund (Körper-flashbacks) immer
Borderline-Persönlichkeitsstörung skizziert in
wieder ins Erleben. In solchen Situationen
Anlehnung an Arbeiten von Linehan (1993).
geschieht kein Erinnern, sondern ein Wie-
Aspekte aus Lerntheorie, kognitiver Theorie
dererleben, nicht selten affektiv belastender
und Neurobiologie werden zusammengefügt.
als in der traumatisierenden Situation selbst.
Bezüglich genetischer Aspekte wird u.a. auf
Intrusionen und flashbacks machen Angst
die Arbeiten der Zwillingsforschung von
vor Kontrollverlust. Zwanghafte Rituale,
Schepank (1996) verwiesen, aus denen der
phobisches Vermeidungsverhalten, Drogen,
Nachweis eines starken genetischen Einflus-
Medikamente und Alkoholabusus können
ses für die Gesamtheit der Entstehung von
entwickelt werden, um das Triggern unverar-
Persönlichkeitsstörungen hervorgeht.
beiteter Erinnerungen zu verhindern.“
(Reddemann & Sachse 2000, S. 560 ff)
Daneben werden psychosoziale Komponenten als wesentlich erachtet und folgende
Behandlungsgrundlage ist die Vorstellung
empirisch gesicherten Risikofaktoren für die
von der Notwendigkeit, die Perspektive einer
Entwicklung einer Borderline-Persönlich-
Entwicklungspathologie um diejenige einer
keitsstörung genannt: weibliches Geschlecht,
Traumapathologie zu ergänzen. Die Vorge-
frühe Erfahrung von sexueller Gewalt, Er-
hensweise orientiert sich sowohl an der hilf-
fahrung von körperlicher Gewalt, Vernach-
reichen therapeutischen Beziehung sowie an
lässigung durch primäre Bezugspersonen,
der Unterstützung von Selbstheilungskräften.
Gewalterfahrung im Erwachsenenalter sowie
Dabei treffen sich in der Therapie zwei Er-
eine fehlende Schutz und Sicherheit gebende
wachsene, „die sich gemeinsam um Verständ-
zweite Bezugsperson, welche die Wahrneh-
nis und Hilfe für ein verletztes, traumatisier-
mung der Betroffenen teilen und deren Emoti-
tes Kind oder auch für einen Erwachsenen
onen bestätigen könnte.
bemühen“ (Reddemann, 2001). Dabei gehen
sie davon aus, dass schlechte Bilder ebenso
Psychosoziale Belastungsfaktoren werden
wie gute Bilder gleichermaßen psychophy-
im Zusammenwirken mit neurobiologischen
siologisch hochwirksam sind. Von daher geht
Faktoren fokussiert. Zu den letzteren gehören
es in der so genannten Stabilisierungsphase
die Störung der Affektregulation sowie das
darum, „den scheinbar unkontrollierbaren
Auftreten dissoziativer Phänomene. Bohus
inneren Bildern gesteuerte, kontrollierte, nur
verweist in diesem Zusammenhang u.a.
gute Imaginationen entgegen zu setzen“
auf Linehan, die bei der Borderline-Persön-
(Reddemann 2001, S. 154).
lichkeitsstörung eine erhöhte Sensitivität
gegenüber emotionalen Reizen sowie eine
2.4 Die verhaltenstherapeutische Betrach-
verstärkte emotionale Auslenkung und eine
tungsweise
Verzögerung der Emotionsaktivierung auf
Federführend hat Bohus (2001, 2002) ein
das Ausgangsniveau annimmt. Gestützt wird
10
diese Theorie u.a. durch die experimentellen
sierten Menschen angenommen. Das bedeutet
Arbeiten von Herpertz (1997), wo nachge-
eine erhebliche Beeinträchtigung der Fähig-
wiesen werden konnte, dass Patientinnen
keit von Menschen mit einer Borderline-Per-
mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung
sönlichkeitsstörung zu einem kontextabhän-
im Vergleich zu Kontrollpersonen auf das
gigen Lernen. Daraus resultiert nach Bohus
Vorlesen einer emotional belastenden Kurz-
das Vorliegen von „scheinbar irreversiblen
geschichte signifikant häufiger besonders
dysfunktionalen Grundannahmen, die häufig
intensive Emotionen durchleben.
widersprüchlich, d.h. schlecht kompatibel
sind und daher ihrerseits zur Labilisierung
Ferner konnte Stiglmayr (2001) zeigen, dass
der Affektregulation beitragen und damit eine
Patientinnen mit einer Borderline-Persönlich-
situationsadäquate Interpretation der Realität
keitsstörung signifikant häufiger als Gesunde
sowie entsprechender Handlungsentwürfe
länger und intensiver aversive Anspannung
erschweren“ (Bohus 2001).
erleben und dabei Schwierigkeiten haben in
der Differenzierung von Emotionen.
Folgen sind dysfunktionale kognitiv emotionale Schemata, die sich in Störungen der Iden-
Auch das Auftreten dissoziativer Phänomene,
tität, der Beziehungsregulation, der Affektre-
also von Störungen der normalen Integration
gulation und der Handlungssteuerung mani-
von Bewusstsein, Gedächtnis, Identität und
festieren. Dabei versteht man unter Schemata
Wahrnehmung der Umwelt tritt bei Menschen
nach Bohus „organisierte Netzwerke vergan-
mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen stark
gener Reaktionen und Erfahrungen, welche
gehäuft auf. Diese dissoziative Symptomatik
eine relativ geschlossene und stabile Matrix
korreliert laut Bohus (2001) stark mit Selbstbe-
bilden, um künftige Erfahrungen und Bewer-
schädigung, häufigen Klinikaufenthalten und
tungsprozesse zu steuern“ (Bohus 2001, S. 98).
niedriger sozialer Integration. Bohus sieht in
Anknüpfung an Stiglmayr (2001) „eine hoch
Bei diesen Schemata handelt es sich um Ver-
signifikante Korrelation zwischen aversiven
knüpfungen von Gedanken, Gefühlen sowie
Anspannungsphänomenen und dissoziativer
physiologischen Prozessen. Sie werden wie
Symptomatik“ bei Patientinnen mit einer
alle borderline-typischen Verhaltensmuster
Borderline-Persönlichkeitsstörung und damit
zunächst entwickelt zur Beendigung aversiver
eine Triggerung dieser Symptomatik durch
Affekte bzw. Spannungszustände. Hier ist die
intrapsychischen Stress.
Erfahrung von zahlreichen Borderline-Patientinnen entscheidend, als Kind damit konfron-
Eine wechselseitige Beeinflussung von dis-
tiert worden zu sein, dass Täter und wichtige
soziativen Phänomenen und psychosozial
primäre Bezugspersonen häufig identisch
bedingten Anspannungsphänomenen mit
sind, so dass der Täter nicht ausschließlich als
konsekutiver Beeinträchtigung der Fähigkeit
Angreifer erlebt werden kann, sondern auch
des assoziativen Lernens wird bei traumati-
als liebendes und Schutz gebendes Objekt.
11
Diese für die Betroffenen verwirrende und
Herpertz auf Linehan, die auf einen entwer-
zumeist unerträgliche Situation kann die
tenden Beziehungsstil fokussiert, der das
Tendenz zu Selbstverletzungen verstärken.
emotionale Erleben der später unter einer
Diese können eingesetzt werden „im Sinne
Borderline-Persönlichkeitsstörung leidenden
einer Selbstbestrafung zur Schuldreduk-
Patienten nicht achtet. Dieser Stil führt dazu,
tion...“, „aber auch zur Reorientierung bei
dass keine adaptative Affektregulation gelernt
schweren dissoziativen Zuständen oder
wird (Herpertz 1999, S. 120).
einfach, um sich wieder zu spüren“ (Bohus
2001, S. 103). Durch die Störung der Assimila-
Kognitiv verhaltenstherapeutische Ansätze,
tions- und Adaptationsfähigkeit werden trau-
die Veränderungen im Gefühlsbereich stets als
matische Erfahrungen durch die Lernprozesse
Folge bestimmter kognitiver Abläufe betrach-
der Gegenwart nicht relativiert und bleiben
ten, lassen für Herpertz häufig eine primäre
somit virulent. Den genannten Faktoren
affektive Auslenkung außer acht, die vor Ko-
versucht die dialektisch-behaviorale Psycho-
gnitionen aktiviert wird und die statt dessen
therapie (DBT) Rechnung zu tragen
die kognitive Informationsverarbeitung und
(siehe unten).
die Decodierung von Gedächtnisinhalten
beeinflusst. Auf der anderen Seite kommt es
2.5 Die integrative Sichtweise
aus psychoanalytischer Sicht häufig zu einer
(Herpertz et al.)
Überbewertung der Bedeutung von motiva-
Herpertz sieht eine erhöhte und wahrschein-
tionalen Systemen bezüglich der Auffassung,
lich auch beschleunigte Reaktivität auf innere
die affektive Instabilität als Folge des primi-
und besonders äußere Stimuli im Zentrum
tiven Abwehrmechanismus der Spaltung zu
des Erscheinungsbildes der Borderline-Per-
verstehen mit dem Ziel, das Wahrnehmen
sönlichkeitsstörung (1999, S. 117).
von unerträglichen Affekten zu vermeiden.
Diese führt zu Instabilität bzw. Unberechen-
Dabei wird die Sichtweise vernachlässigt,
barkeit im Bereich von Affektivität und Ver-
dass Spaltung durchaus auch Folge von über-
halten und auch zu Identitätsunsicherheit.
wältigender unregulierter Affektivität sein
Hinsichtlich der Ätiologie kommt sie bezüg-
kann, die auf Grund ihrer Intensität Reflexi-
lich der Frage Disposition versus Lernge-
on und alternative Erklärungen verhindert.
schichte zu einem „Sowohl als Auch“.
Herpertz plädiert für eine Sichtweise, die die
Hinsichtlich Antrieb bzw. Temperament
biologische Ausstattung, die primäre soziale
finden sich große biologisch determinierte
Lerngeschichte und die Geschichte der
individuelle Unterschiede.
kognitiven Bewertungen zusammenbringt.
Dazu kommt aber, dass wirksame adaptative Mechanismen der Impulskontrolle nur
in einem verlässlichen sozialen Lernraum
erworben werden können. Hier bezieht sich
12
Die Sichtweise der Borderline-Symptomatik
als einer spezifisch gelernten Problemlösestrategie zur Überwindung von emotionalen Dysfunktionen und zur Bewältigung
bestimmter familiärer Transaktionsmuster
greift ebenso zu kurz wie der psychoanalytische Verweis auf den Selbstschutzversuch
durch Spaltung, durch den traumatisierende
Erfahrungen sowie bedrohlich erlebte Selbstanteile kontrolliert werden.
13
3. Grundlagen der Behandlung
3.1 Der tiefenpsychologisch-interaktionelle
mit einer auf gegenwärtige Interaktion
Ansatz nach Streeck
und Interpersonalität ausgerichteten
Wie oben bereits ausgeführt fokussiert Streeck
Behandlungsperspektive verbindet.
bei der Betrachtung von schweren Persönlichkeitsstörungen darauf, dass sich diese
Da die hier vorwiegend genannte Patienten-
im Gegensatz zu vielen anderen psychischen
gruppe der schweren Persönlichkeitsstörun-
Störungen vor allem im Kontakt mit anderen
gen ihre Erfahrungen gerade eben nicht in
manifestieren. Es resultieren gestörte zwi-
einer Welt sprachlicher Symbole auszudrü-
schenmenschliche Verhältnisse.
cken vermag, sondern im Verhalten reproduziert, zeigt sich insbesondere in therapeu-
Diese sind das Resultat des Zusammentref-
tischen Gruppen „wie sich die Beziehungs-
fens von einerseits reaktualisierten patholo-
störungen an der Schnittstelle vergangener
gischen Beziehungsmustern und andererseits
Beziehungserfahrungen und der konkreten
gegenwärtiger Interaktionen mit anderen.
Beziehungsregulierung in Interaktion mit
„Aus der Perspektive der subjektiven Erfah-
anderen zu gestörten Verhältnissen entwi-
rungen des Patienten sind die Schwierigkeiten
ckeln“ (Streeck, S. 113).
im Zusammensein mit anderen ein Beleg für
deren Unzuträglichkeit. Aus der Sicht der
So ist es nicht verwunderlich, dass sich
anderen sind diese gleichen Beziehungspro-
die tiefenpsychologisch- interaktionelle
bleme meistens eine Folge dessen, dass sie
Methode vorwiegend als gruppenpsycho-
sich ausgebeutet, missachtet, nicht wahrge-
therapeutisches Verfahren entwickelt hat.
nommen oder verletzt fühlen. Aus einer
Idealerweise kann interpersonelles Verhalten
diagnostischen Perspektive sind sie Ausdruck
als individuelles Merkmal und als Reaktion
von Teilobjektbeziehungen.
auf unmittelbar vorausgegangenes Verhalten
begriffen werden.
Die Patienten können andere nicht als
eigenständige Personen in ihrem eigenen
Dabei ist die psychoanalytisch-interaktionelle
Recht sehen; statt dessen erleben und be-
Gruppentherapie auf Progression hin orien-
handeln sie diese im Hinblick auf Funk-
tiert. Das psychische Gleichgewicht labilisie-
tionen für das Selbst.“ (Streeck 2002, S. 111).
rende Deutungen sollen vermieden werden.
Statt dessen interveniert der Gruppenthe-
Hier setzt die ursprünglich von Heigl-Evers
rapeut mittels Antworten. „Antwort meint
und Heigl entwickelte psychoanalytische in-
hier, dass der Therapeut sein eigenes Erleben
teraktionelle Therapiemethode an, indem sie
und seine eigenen Handlungsbereitschaften,
eine auf unbewusste psychische Prozesse
die sich bei ihm reaktiv in Antwort auf das
bzw. vergangene Beziehungserfahrungen
Verhalten des Patienten einstellen, selektiv zu
ausgerichtete Perspektive der Psychoanalyse
erkennen gibt.“ (Streeck, S. 121).
14
Dieser Interaktionsmodus des authen-
kann es auch sinnvoll sein, dass der Gruppen-
tischen, selektiven Antwortens des Gruppen-
therapeut sich darum bemüht, den Teilneh-
therapeuten erfüllt mehrere Funktionen
mern zu erklären, wie wechselseitiges Verhal-
(zit. Streeck, S. 121)
ten sich in der Gruppe miteinander verzahnt.
• Er nimmt auf unvermeidliche Differenzen
Ferner kommt dem Therapeuten bezüglich
zwischen Selbst und Objekt Bezug.
• Er macht deutlich, welche Wirkungen
dem Umgang mit Affekten innerhalb der
Gruppe eine besondere Bedeutung zu. Weil
das jeweilige Verhalten einzelner oder
mit dem Erleben von Unlust einhergehen-
mehrerer Patienten oder auch der
de Affekte nur schwer ausgehalten werden
ganzen Gruppe auf das Erleben und
können, weil bestimmte Gefühlsqualitäten
auf eigene Handlungsbereitschaften
wie Sorge, Trauer oder Zuneigung nur wenig
des Gruppentherapeuten haben.
zugänglich sind, weil die Erfahrung, dass
• Er bringt zum Ausdruck, wie sich in
andere in der Gruppe nicht wie sie selbst
der Gruppe vertretene Normen auf das
fühlen und erleben für zahlreiche Patienten
Erleben und auf Verhaltensbereitschaften
eine neue ist, regt der Gruppentherapeut zur
des Gruppentherapeuten auswirken.
Wahrnehmung von Gefühlen und zu deren
• Er zeigt auf, wie einzelne oder mehrere
Differenzierung an, um den Patienten zu
Patienten mit ihrem eigenen Verhal-
helfen, sich die Signalfunktion von Gefühlen
ten zu den dysfunktionalen inter-
nutzbar machen zu können.
personellen Zirkeln beitragen, in die
sie sich im Kontakt mit anderen immer
Um den soeben skizzierten gruppenthera-
wieder verstricken.
peutischen Prozess förderlich begleiten zu
• Er führt vor Augen, dass der Therapeut
können, ist für den psychoanalytisch inter-
sich nicht in destruktive und ausbeute-
aktionell arbeitenden Therapeuten eine klare
rische Zirkel verstricken lässt und in der
Grundausrichtung unabdingbar. Diese ist
Lage ist, auf seine eigenen Grenzen und
durch eine bestimmte therapeutische Haltung
Schutznotwendigkeiten zu achten.
gekennzeichnet. Gefordert ist eine therapeutische Grundhaltung wacher Präsenz. Das
Daneben unterstützt der Therapeut ermög-
therapeutische Vorgehen ist authentisch. Es
lichende Normen insoweit, dass er in der
ist geprägt davon, allen auch schwierigen
Gruppe vorherrschende normative Regelun-
Patienten mit emotionaler Akzeptanz zu
gen, die Entwicklungen und Weiterentwick-
begegnen. Eine solche Haltung aufrecht zu
lungen behindern, in Frage stellt und einen
erhalten gelingt dem Therapeuten in Situa-
Prozess in Gang bringt, damit solche ein-
tionen heftiger affektiver Verstrickung vor
schränkenden Normen allmählich zu Gunsten
allem dann, wenn sie durch Schicksalsrespekt
ermöglichender Normen aufgegeben werden
gegenüber der oft leidvollen Lebensgeschichte
können. In einem solchen Zusammenhang
des Patienten untermauert ist.
15
3.2 Stabilisierung durch Imagination,
traumatisiertes Kind oder auch einen Erwach-
die traumazentrierte Psychotherapie
senen bemühen“ (S. 114) führt hingegen weit
nach Reddemann
eher zu einem Gefühl von Kontrolle und regt
Reddemann geht davon aus, dass da bei
ein Üben von Verhaltensalternativen an. Dabei
Borderline-Patienten, wo Zeichen einer post-
geht es bei den konkreten Übungen zunächst
traumatischen Belastungsstörung bzw. einer
einmal darum, inneren Trost und innere Un-
komplexen posttraumatischen Belastung im
terstützung zu erfahren. Dissoziation kann
Vordergrund stehen und demnach Symptome
als früher sinnvolle Coping-Strategie gewür-
wie flashbacks und Alpträume, aber auch
digt werden, genauso wie selbstverletzendes
plötzliches Erstarren in ängstigenden Situati-
Verhalten als Antidissoziativum verstanden
onen auftreten, also eine klare Traumagenese
werden kann, um beispielsweise quälenden
im Zentrum steht, sich die imaginative Vor-
flashbacks zu entgegen. In Anknüpfung an
gehensweise besonders bewährt.
schamanistische Traditionen, aber auch bei-
(Reddemann 2001, S. 160)
spielsweise an Paracelsus geschieht Heilung
mittels Imagination „dank der Macht des
In ihrer gemeinsamen Arbeit mit Sachse
Geistes, der durch die Seele wirkt“.
(1997) werden Intrusionen und flashbacks
(Paracelsus zit. Reddemann, S. 124)
als alte, schlechte Bilder verstanden, die eine
erhebliche Wirksamkeit auf das aktuelle
3.3 Der dialektisch-behaviorale
Erleben ausüben können. Mittels Imagination
Therapieansatz nach Linehan
geht es nun darum, der nur schlechten Welt
Wie Trautmann-Sponsel und Gleich (2001,
der traumatischen Erfahrungen eine gute
S. 114) betonen wird eine verhaltenstherapeu-
innere Welt gegenüber zu stellen und genauso
tische Behandlung von Borderline-Persönlich-
schlechten Körpersensationen gute entgegen
keitsstörungen mittlerweile fast gleichgesetzt
zu setzen (S.122).
mit der Anwendung der dialektisch-behavioralen Therapie (DBT) nach M. Linehan. Dabei
Dabei gehen Reddemann und Sachse aus von
gebe es weder „die Verhaltenstherapie, noch
einer psychotherapeutischen Haltung, die
die Borderline-Störung“ und von daher auch
Psychotherapie als Hilfe zur Selbstheilung
nicht „die Verhaltenstherapie der Borderline-
versteht und auf die bereits vorhandenen Res-
Störung“ (siehe oben).
sourcen ausgerichtet ist. Insbesondere sollen
Intrusionen (erneutes Durchleben der trau-
Aus verhaltenstherapeutischer Sicht gibt es
matischen Situation) verhindert werden, da
zumindest Einigkeit bezüglich einiger Grund-
diese schädliche körperliche Stressreaktionen
prinzipien: Transparenz des Vorgehens dem
in Gang halten. Eine therapeutische Haltung
Patienten gegenüber, Orientierung an der
dahingehend, „dass sich in einer Therapie
Förderung von Bewältigungsfertigkeiten des
zwei Erwachsene treffen, die sich gemeinsam
Patienten, Orientierung an konkreten Zielen
um Verständnis und Hilfe für ein verletztes
bei zeitlicher Begrenzung und dem Versuch
16
der Orientierung an empirischen Befunden.
Daneben gilt es deutlich zu machen, dass eine
Dabei kann die Orientierung am Erlernen von
Borderline-Störung aus verhaltenstherapeu-
Bewältigungsstrategien so weit im Vorder-
tischer Sicht eine Störung der Emotionsregu-
grund stehen, dass nicht eine Veränderung
lation darstellt, die sich auf die Gestaltung
der Persönlichkeitsstruktur angestrebt werden
von zwischenmenschlichen Beziehungen
muss, sondern es beispielsweise auch das Ziel
auswirkt. In diesem Zusammenhang gilt es
der Therapie sein kann, „die Fähigkeit zu ent-
auch dem Patienten zu vermitteln, dass die
wickeln, eine passendere Umwelt zu wählen“.
Erkrankung in ihren Konsequenzen immer
wieder dazu führt, sich selbst und anderen zu
Für den Fokus einer Behandlung ist auch die
schaden und zwar so weit, dass die Teilnahme
Situation der sozialen Lebensbedingungen
an der Therapie oder sogar das Leben des Pa-
mit entscheidend. Da die Therapie einer Per-
tienten gefährdet sein kann.
sönlichkeitsstörung lange dauert, anstrengend
ist und immer wieder emotional labilisierende
Ziel des Aushandelns der Rahmenbedingun-
Momente aufweist, ist eine gewisse Grund-
gen soll sein, „dass die Gefährlichkeit der
stabilität in den realen Lebensbedingungen
Störung ernst genommen wird, ohne dass sich
nötig. Sind die aktuellen Lebensbedingungen
der Therapeut dieser Störung ausliefert, oder
schwierig bis chaotisch, so handelt es sich
den Patienten verstößt und dass die subjekti-
mehr um eine Therapie bei Borderline-
ven und objektiven Leistungsgrenzen des Pa-
Störung und nicht um eine Therapie der
tienten, des Therapeuten und der Institution
Borderline-Persönlichkeitsstörung (siehe
transparent gemacht werden“ (S. 120). Hierzu
oben S. 118). Die Rolle des Therapeuten ist
gehört auch die Regelung des Umgangs mit
dann noch stärker die eines Coaches.
Suizidalität, einem normalen Symptom der
Borderline-Störung.
Trautmann-Sponsel macht deutlich, dass
die Anfangsphase der stationären Behand-
Trautmann-Sponsel plädiert für eine
lung von besonderem Gewicht ist. Neben
therapeutische Haltung, die zum Ausdruck
der exakten Diagnosestellung geht es im
bringt, „dass die Durchführung suizidaler
Rahmen der Therapieplanung auch um
Handlungen (nicht das Auftreten von
die Aufklärung des Patienten bezüglich
suizidalen Gedanken und Impulsen) ein
der Diagnose und deren Bedeutung.
Verhalten ist, das durchaus rational kontrolliert werden kann – auch von einem Patien-
Dabei steht im Vordergrund, dem Patienten
ten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung“
zu vermitteln, „dass er eine Störung hat,
(S. 120). Von daher könne erwartet werden,
nicht eine Störung ist“ (S. 119).
dass Menschen mit einer Borderline-Problematik diesbezüglich zusichern, auch zumindest noch einige Zeit nach Beendigung
der stationären Therapie am Leben bleiben
17
zu wollen. Zu differenzieren davon ist Suizi-
sen, Emotionen oder Gedanken, verbunden
dalität in einer emotionalen Krisensituation,
mit einer gewissen inneren Distanz, um bei
in der ein Patient auf Grund von plötzlicher
innerer Schmerzhaftigkeit weder sofort aus-
Hoffnungslosigkeit tatsächlich nicht mehr
zuweichen, noch bei angenehmen Gefühlen
leben will. Für eine solche Situation muss die
besonders haften zu bleiben.
Freiwilligkeit der Verlegung auf eine geschlossene psychiatrische Station bereits zu Anfang
Beschreiben meint die Fähigkeit des Benen-
der Therapie vereinbart werden. Sollte
nens und damit auch Distanzierens von
dennoch eine Verlegung per Zwangseinwei-
eigenem Verhalten oder auch von Umwelter-
sung nötig sein, ist in der Regel die Voraus-
eignissen. Auf diese Weise wird Kommuni-
setzung für eine Fortsetzung der Behandlung
kation und Selbstkontrolle gefördert. In der
nicht mehr gegeben.
Diktion von Bohus wird so der kontinuierliche Lernprozess erleichtert dahingehend,
Zentraler Wirkungsmechanismus des ver-
„dass Emotionen und Kognitionen lediglich
haltenstherapeutischen Vorgehens ist das
Reaktionsmuster auf verschiedene Aspekte
Einüben neuer Verhaltensweisen, um bishe-
der Wahrnehmung sind und nicht als Wider-
rigen dysfunktionalen Schemata sowohl auf
spiegelungen tatsächlicher Ereignisse zu ver-
der emotionalen Ebene als auch auf der Ver-
stehen sind“ (Bohus 2002, S. 79).
haltensebene entgegen zu wirken (Trautmann,
S. 63). An dieser Stelle setzt das so genannte
Unter „Teilnehmen“ ist die Fähigkeit zu ver-
Fertigkeitstraining an. Es gliedert sich in die
stehen, sich auf eine Aktivität einlassen und
Bereiche Stresstoleranz, Emotionsmodulation,
darin auch aufgehen zu können.
zwischenmenschliche Fertigkeiten, innere
Achtsamkeit (Bohus 2002, S. 74).
Die „Wie“-Fertigkeiten sind darauf gerichtet,
komplexe Bewertungsmuster und deren kon-
Bezüglich der inneren Achtsamkeit wird
sekutive emotionale Prozesse zu unterbinden,
unterschieden zwischen so genannten
um beispielsweise bestimmte Trauma assozi-
„Was“- Fertigkeiten und „Wie“-Fertigkeiten
ierte Schemata durchbrechen zu können.
der inneren Achtsamkeit. Zu den „Was“-
Es soll also eine distanziertere Beobachtung
Fertigkeiten gehören die Bereiche Wahrneh-
inneren Erlebens ermöglicht werden.
men, Beschreiben und Teilnehmen. Ziel dieser
Fertigkeiten ist es, mehr Bewusstheit für den
Dabei geht es zum einen um die Fähig-
Alltag zu erwerben.
keit, Kontrolle über die Aufmerksamkeit
zu erlangen und sich beispielsweise nicht
Wahrnehmen bezieht sich beispielsweise auf
mehr durch Gedanken oder Bilder aus der
Geschmacksreize, Gerüche, Geräusche, Kogni-
Vergangenheit ablenken zu lassen bzw. in
tionen und Körpergrenzen. Dabei geht es um
bestimmten Gedankenschleifen sich zu ver-
die bewusste Zuwendung bezüglich Ereignis-
lieren. Vielmehr ist es das Ziel, ein effektives
18
und zielgerichtetes Handeln zu entwickeln,
Hierzu werden die fünf Sinne durch gezielte
welches einschließt, Gegebenheiten zu akzep-
Übungen in besonderer Weise stimuliert, bei-
tieren, so wie sie sind. Die Fertigkeiten zur
spielsweise durch die Aufnahme von Eiswür-
Stresstoleranz sind ebenfalls durch das als
feln in Hand oder Mund.
dialektisch zu bezeichnende Motto gekennzeichnet: „Veränderung durch Akzeptanz“.
Daneben wird auf der so genannten phy-
Es geht darum, das Leben in all seinen
siologischen Ebene versucht, Motorik und
Facetten annehmen zu lernen und in diesem
Atem zu modulieren, beispielsweise durch
Zusammenhang auch Vorbelastungen und
sportliche Aktivitäten. Genauso wird auf der
Schmerzen annehmen und ertragen zu lernen.
kognitiven Ebene trainiert, zu Veränderungen in der Bewertung des Augenblickes zu
Bei den Stresstoleranz-Fertigkeiten geht es
kommen, beispielsweise durch Fantasiereisen,
um Erlebensstrategien, die den Verzicht auf
Meditation oder ähnliches. Schließlich geht es
Handlungen intendieren, welche alles noch
auf der Handlungsebene um die Entwicklung
schlimmer machen würden. Wenn in einem
von Strategien, schwierige Situationen durch
ersten Schritt die persönlichen Erfahrungen
gezielte andere Aktivitäten. zu überbrücken
mit extremen Belastungen herausgearbeitet
worden sind, geht es dann in einem zweiten
Bezüglich der Emotionsmodulation bzw.
Schritt darum, die aktivierten kognitiv-emo-
Fertigkeiten zur Emotionsregulation geht es
tionalen Schemata abzuschwächen und auf-
darum, dem Patienten zu vermitteln, dass
zulösen und statt dessen das Machbare zu tun
„Emotionen keinerlei Informationen über
im Blick auf Bewältigung der aktuellen Krise.
Realität vermitteln, sondern ausschließlich
Von daher besteht die Stresstoleranz aus fol-
über die Art und Weise, wie wir bestimmte
genden Bausteinen:
Ereignisse interpretieren“ (Bohus S. 89).
• Wahrnehmung und Akzeptanz
Dabei geht es um die Modulation der Emo-
des aktivierten Schemas
tionsregulation unter vier Aspekten:
• „Schritt zurück“
• Bewusste Wahl einer Strategie
• Einsatz einer Strategie, die zur
Abschwächung oder Veränderung
• Veränderung der Reizexposition (Vermeiden von negativen Ereignissen und
Aufsuchen von positiven Ereignissen)
des Schemas führt
• Veränderung der zentralen neuronalen
• Realitätsorientierung
Reizverarbeitung (z.B. durch Sport,
Behandlung von Schlafstörungen,
Die Strategien entfalten sich auf vier Ebenen:
ausgewogene Ernährung und klare
Auf der sensorischen Ebene geht es beispiels-
Tagesstruktur)
weise darum, drohende oder bereits aktivierte
dissoziative Zustände zu beenden.
• Veränderung der Bewertungsprozesse
19
• Umsetzung der Emotion in adäquate
psychodynamischen Denkansatz inhärente
Handlung oder Kommunikation (Training
Dimension unbewusster Konflikte hinter of-
durch Änderung eines theoretischen
fenkundigen Erlebnis- und Verhaltensweisen
Verständnisses, durch Rollenspiele, durch
berücksichtigt (Herpertz 1999, S. 120).
Umsetzung im Alltag oder Übungsbedingungen und schrittweise durch Umset-
Von hierher resultiert für Herpertz keine
zung in den realen Alltag)
strikte Trennung der schulenspezifischen
Behandlungselemente in ihrer zeitlichen
Das Training der zwischenmenschlichen Fer-
Abfolge. Es bedeutet jedoch eine Betonung
tigkeiten ist gerichtet auf eine Verbesserung
psychoedukativer und kognitiv-verhaltens-
der sozialen Kompetenz unter emotionaler
therapeutischer Interventionen in frühen
Belastung und intendiert, „dass die Patientin
Behandlungsstadien und ein Überwiegen
lernt, individuelle Zielsetzungen unter Be-
psychodynamischer Techniken der biografi-
rücksichtigung der jeweils spezifischen Situ-
schen Rekonstruktion, der Deutung unreifer
ation zu erreichen, ohne dabei die Selbstach-
Abwehrmechanismen und schließlich auch
tung zu vernachlässigen“ (Bohus S. 95).
der vorsichtigen Übertragungsanalyse in
späteren Therapieabschnitten.
3.4 Das schulenübergreifende
Konzept nach Herpertz
Die von Anfang an intendierte Integration
In der Behandlung der Borderline-Persönlich-
psychodynamischer und kognitiv-verhal-
keitsstörung sieht Herpertz als erstes Thera-
tenstherapeutischer Methoden erfordert
pieziel die Verbesserung von Affektregulation
zwingend, das Therapeutenverhalten von
und Impulskontrolle. Das Erlernen nicht
Anfang an sehr sorgfältig zu reflektieren.
selbstschädigender Formen des Umgangs mit
Auf der einen Seite steht die tiefenpsycho-
heftigen Affekten und abrupten Handlungs-
logische Grundhaltung, die die Beziehungs-
impulsen sieht Herpertz als Voraussetzung
gestaltung zum Patienten als die eigentliche
dafür, dass dann eine biografische Rekon-
Wirkgröße betrachtet, bestimmt durch
struktion bedeutsamer Kindheitsepisoden
emphatisches Zuhören, sensibles Aufgreifen
und zentraler Beziehungserfahrungen auch
von Hinweisreizen des Patienten sowie
tatsächlichen Therapieerfolg bringt. Ist diese
durch klärendes Nachfragen.
Voraussetzung nicht geschaffen, so drohen
Überflutungsreaktionen und konsekutiv
Auf der anderen Seite ist die verhaltensthera-
kaum zu bewältigende Therapiekrisen.
peutische Sichtweise zu berücksichtigen, nach
der sich der Therapeut eher als kompetenter
Von hierher fordert sie einen therapeutischen
Ratgeber oder Coach anbietet, der Probleme
Ansatz, der von Anfang an symptomorientiert
aktiv exploriert und das Gespräch zielgerich-
ist und auf die Verringerung grob dysfunktio-
tet lenkt (Herpertz S. 122).
nalen Verhaltens abzielt und dennoch die dem
20
Mit Blick auf die Verbindung der beiden
chen und auf diese Weise zu einer stabileren
Ansätze fordert Herpertz, mit dem Erstge-
Selbstidentität beitragen. Die kognitive Ver-
spräch beginnend, ein ständiges Bemühen um
haltenstherapie fördert also bewusste kog-
einen psychodynamischen Verstehensrahmen,
nitive Regulationsmöglichkeiten, die schon
der eine andauernde Reflexion von Übertra-
kurzfristig eine Änderung automatisierter
gungs- und Gegenübertragungsprozessen
Verhaltensweisen implementieren können
einbezieht. So kann dadurch beispielsweise.
(Herpertz S. 321).
verhindert werden, dass Strategien der Verhaltens- und Situationsanalyse, die zunächst
Es geht um das Erlernen eines Verhaltensre-
als hilfreich und unterstützend vom Patienten
pertoires, das auch in affektiv hochgeladenen
erfahren werden, schließlich doch als mani-
Situationen zur Verfügung steht und somit
pulierend und einengend erlebt werden. Hier
dazu beiträgt, zwischen Handlungsimpuls
kann eine verstehende Einbeziehung des
und Handlungsdurchführung Kontrollme-
Interaktionsprozesses zur Aufrechterhaltung
chanismen zu etablieren, die beispielsweise
desselben äußerst hilfreich sein.
selbstschädigendes Verhalten verhindern.
Herpertz verweist in diesem Zusammenhang
Herpertz unterscheidet im wesentlichen zwei
auf die Ähnlichkeit von auf die Stärkung von
Therapiephasen unterschiedlicher Therapie-
Ich-Funktionen zielenden psychoanalytischen
ziele und -techniken, die jedoch nicht ganz
Ansätzen mit kognitiv-verhaltenstherapeu-
strikt zu trennen sind. Dennoch richtet sich
tischen Konzepten, die auf die Verbesserung
die zweite Phase mehr auf den Bereich der
der Selbstregulationsfähigkeiten abzielen. Die
langfristigen ambulanten Psychotherapie.
Stärke der psychodynamischen Herangehensweise sieht Herpertz vor allem auch darin,
Erste Therapiephase: Verbesserung von
dass diese negative therapeutische Reaktio-
Affektregulation und Impulskontrolle
nen zu verstehen hilft, indem sie unbewusste
motivationale Verhaltenshintergründe bei
Borderline-Patienten aufzudecken hilft und
• Aufbau einer tragfähigen therapeutischen
Beziehung
somit zur Erhaltung von therapeutischem
• Exakte Verhaltens- und Situationsanalyse
Fortschritt entscheidend beitragen kann. Hier
• Affektdifferenzierung und Benennung
führt Herpertz die bei Borderline-Patienten
• Fertigkeiten-Training
häufig auftretenden erheblichen masochisti-
• Einarbeitung alternativer Verhaltensstra-
schen Tendenzen beispielhaft an.
tegien zum Spannungsabbau
• Integration von Spaltungsvorgängen im
Aus kognitiv-verhaltenstherapeutischer Sicht
ist es das vordringliche Behandlungsziel,
interpersonellen Bereich
• Identifizierung dysfunktionaler
Fähigkeiten auszubilden und zu fördern,
Annahmen und Auflösung unflexibler
die eine verbesserte Selbstkontrolle ermögli-
affektiv-kognitiver Schemata
21
Zweite Therapiephase: Bearbeitung
über die Grenzen der Behandelbarkeit und
biografischer Traumata
ein entsprechender Umgang damit. Ein konkreter Therapievertrag regelt das Vorgehen
• Identifizierung motivationaler Grundmuster der Beziehungsgestaltung
• Erinnern des Traumas ohne Förderung
der emotionalen Wiederbelebung
• Klärung, Stützung und Akzeptanz
des Traumas sowie Trauerarbeit
des Behandlungsteams bei Vorliegen von
Selbstmordversuchen, wiederholten schweren
Selbstschädigungen, anhaltender Zunahme
selbstschädigenden Verhaltens und dem
Auftreten von Drogen- oder Alkoholkonsum
sowie unregelmäßiger Therapieteilnahme.
• Fokussierung auf Verleugnung
und Bewältigung
Im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes
• Reifung des Abwehrniveaus
haben stets auch psychopharmakologische
• Verstehen der Auswirkungen auf
Interventionen ihren Platz. Eine solche Mög-
gegenwärtige Beziehungen
• Einbeziehung kreativer Lösungsversuche
und körperorientierter Maßnahmen
lichkeit der unterstützenden pharmakotherapeutischen Behandlung sollte mit dem
Patienten aus der Sicht von Herpertz bereits
zu Behandlungsbeginn besprochen werden.
Im Konzept der Rothaarklinik werden we-
Auf diese Weise kann verhindert werden, dass
sentliche Elemente insbesondere der ersten
die Gabe von Pharmaka als Zeichen der Be-
Therapiephase berücksichtigt. Unerlässlich
strafung oder als Ausdruck von Inkompetenz
für den Erfolg der Therapie ist nach Herpertz
missverstanden wird.
eine entsprechende Vorbereitung der Patienten auf die bevorstehende Therapie. Zur so
genannten Vorbereitungsphase gehört eine
erste Aufklärung des Patienten über das Störungsbild mit seinen spezifischen Merkmalen.
Ferner soll eine Reflexion früherer Behandlungsverläufe und möglicher Konfliktbereiche
erfolgen, um die Gefahr von Therapieabbrüchen zu reduzieren. Ferner geht es um das
Erkennen von Frühwarnzeichen und die Entwicklung entsprechender Coping-Strategien.
Schließlich wird dem Patienten der Behandlungsansatz erklärt sowie eine exakte Behandlungsdauer festgelegt. Es erfolgt eine Stellungnahme zur Behandelbarkeit bzw. zum potenziellen Therapieerfolg und eine Aufklärung
22
4. Die Einbindung der Behandlungskonzepte
in den Rahmen der psychosomatischpsychiatrischen Rehabilitation
Für den Bereich der Rehabilitation wurde
Diesem Anspruch versucht das hier vorge-
von der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
stellte integrative Behandlungskonzept der
zur Analyse individueller Gesundheitsstörun-
Borderline-Persönlichkeitsstörungen so weit
gen das so genannte Krankheitsfolgemodell
Rechnung zu tragen, dass insbesondere die
entwickelt (zit. Schneider W ,Paar G 2001,
aus der Borderline-Problematik resultie-
S. 180). Es werden drei Ebenen der Betrach-
renden zahlreichen sozialen Konsequenzen
tung unterschieden:
fokussiert werden. Dies geschieht sowohl
durch das skizzierte behavioral ausgerichtete
• Die Ebene des Gesundheitsschadens
Fertigkeitstraining, als auch durch das darge-
mit Fokussierung auf die Krankheit
stellte auf Stärkung der Ich-Funktionen und
selbst bzw.ihre biopsycho-sozialen
der Verantwortungsübernahme ausgerichtete
Manifestationen.
tiefenpsychologisch-interaktionelle gruppen-
• Die Ebene der Funktionsbeeinträchti-
therapeutische Vorgehen. Ätiopathogeneti-
gungen mit der Fokussierung auf die
sche Faktoren, die beispielsweise im oben
gestörten Fähigkeiten zur Verrichtung
skizzierten therapeutischen Vorgehen der so
der Aufgaben des täglichen Lebens.
genannten TFP einen breiten Raum einneh-
• Die Ebene der sozialen Beeinträchtigung mit Fokussierung auf die Wechsel-
men, spielen für das hier dargestellte Konzept
nur eine randständige Rolle.
beziehung zwischen den Gesundheitsproblemen eines Individuums und
Die unten dargestellte umfassende Berück-
dem jeweiligen Kontext seiner Umwelt
sichtigung von Fragen der Erwerbsfähigkeit
(Konzept der ICF – s. Schuntermann).
und deren Gefährdung unterstreicht eine konzeptionelle Schwerpunktsetzung bei Krank-
„Das hauptsächliche Ziel der Rehabilitations-
heitsverarbeitung und Adaptation an die
medizin liegt so im Gegensatz zur kurativ-
Funktionsbeeinträchtigungen.
ätiologisch orientierten Medizin nicht in der
Beseitigung somatischer, psychischer und
psychosomatischer Krankheiten, sondern
darin, den Patienten in der Krankheitsverarbeitung und bei der Adaptation an die Funktionsbeeinträchtigungen zu unterstützen.“
(Schneider & Paar, S. 181).
23
5. Behandlungsrahmen
Die Therapie von Patienten mit Borderline-
5.2 Warum eine stationäre Behandlung?
Persönlichkeitsstörungen vollzieht sich in der
Ein Teil der Patientengruppe kommt unter
Rothaarklinik im Rahmen einer Rehabilitati-
dem Aspekt der Einleitung einer störungs-
onsbehandlung. In Anknüpfung an das oben
spezifischen Behandlungsmaßnahme. Hinzu
skizzierte Krankheitsfolgenmodell steht die
kommen häufig eingetretene Folgeproble-
Vermittlung von spezifischen Fertigkeiten im
me, z.B. in der beruflichen Entwicklung, die
Mittelpunkt der rehabilitativen Maßnahmen
ohnehin rehabilitative Maßnahmen erforder-
(Kapfhammer 1999, S. 113).
lich machen. Daneben wird die Indikation
für Patientinnen gestellt, die sich bereits in
Dabei ist die Selbstbestimmung eines
einer oftmals längeren ambulanten Therapie-
Patienten als leitendes Prinzip anzuerken-
maßnahme befinden und dort in Absprache
nen und die Entwicklung von förderlichen
mit dem Therapeuten ein mangelndes Voran-
Umwelten beispielsweise durch Einbezie-
kommen oder eine krisenhafte Verclinchung
hung von Partnern und Familienmitgliedern
erleben. In all diesen Fällen kann die hier dar-
zu berücksichtigen.
gestellte multimodale Behandlungskonzeption ein sinnvolles Bindeglied zur ambulanten
5.1 Zielgruppe – Behandlung von Frauen
Behandlung darstellen.
Das Borderline-Strg. spezifische Behandlungssetting in der Rothaarklinik ist entwickelt
5.3 Personelle und räumliche Ausstattung
worden für eine Station, auf der seit Jahren
Dem Behandlungsteam gehören folgende
Patientinnen mit Essstörungen behandelt
Mitglieder an:
werden. Zunehmend wurde dann die Station
von Patientinnen mit der Zweitdiagnose
• Oberarzt als Abteilungsleiter (Facharzt
einer posttraumatischen Belastungsstörung
für Psychosomatische Medizin und
und diagnostischen Übergängen in Richtung
Psychotherapie, Internist)
einer Borderline-Persönlichkeitsstörung frequentiert. Von daher war es für das Behandlungsteam der Rothaarklinik naheliegend,
• Psychologischer Psychotherapeut
(Verhaltenstherapeut)
• Stationsärztin (in fortgeschrittener
ausgehend von den Erfahrungen auf dieser
Ausbildung zur Fachärztin für Psycho-
Station das störungsspezifische Behandlungs-
therapeutische Medizin)
setting zu konzeptualisieren. Die Ausrichtung
auf Frauen erscheint auch dadurch gerecht-
• künstlerische Therapeutin
(Musik oder Tanz)
fertigt, dass im klinischen Bereich bis zu 80
• 3 Schwestern
Prozent der Borderline-Patienten weiblich
• Diplom-Ökotrophologin
sind (Herpertz & Saß 2003, S. 85).
• Sporttherapeutin
• Masseurin und Medizinische
Männliche Patienten mit einer BorderlineStrg. werden auf anderen Sat. behandelt.
Bademeistern
• Diplom-Sozialarbeiterin
24
Die Station umfasst in der Regel 20 Patientinnen, die ausschließlich Einzelzimmer
bewohnen. Auf der Station befinden sich das
Schwesternzimmer sowie die Zimmer der
Bezugstherapeuten. Den Patientinnen steht
ein Stationszimmer als Aufenthaltsraum zur
Verfügung. Dieses können sie in der Freizeit
nutzen und in Absprache mit den Stationsschwestern gestalten.
In dem Stationszimmer befindet sich eine
Küche mit Kühlschrank, so dass die Möglichkeit besteht, Tee und Kaffee zuzubereiten und
kleinere Speisen zu sich zu nehmen. Ferner
ist es bei entsprechender Indikation und
nach Absprache, z.B. zum Spannungsabbau,
möglich, geeignete Geräte (Boxsack, Ergometer) aus dem Bereich der Sporttherapie zu
nutzen. Ein Schwimmbad ist vorhanden.
25
6. Ablauf der Behandlung
6.1 Anmeldung, Vorgespräch und Aufnahme
auf eine so genannte Springerliste setzen zu
Die Behandlung in der Klinik erfolgt auf Ver-
lassen, was die Bereitschaft voraussetzt, auch
anlassung des Hausarztes, des Facharztes,
kurzfristig anzureisen, kann die Aufnahme
des vorbehandelnden Krankenhauses oder
noch schneller erfolgen.
einer Beratungsstelle. Dazu muss vor der
Aufnahme bei der zuständigen Krankenkasse
6.2 Diagnostische Aufgaben
oder dem Rentenversicherungsträger durch
Die Diagnostik stellt eine komplexe Aufgabe
Vorlage eines Befundberichtes die Kosten-
dar, die neben der Erfassung des Störungsbil-
übernahmeerklärung eingeholt werden.
des auch eine genaue Erhebung der sozialen
und beruflichen Situation erfordert (Krank-
Mit den Krankenkassen besteht ein Versor-
heitsfolgenmodell). Sie ist als Prozess zu
gungsauftrag gemäß § 111 SGB V. Die Ren-
verstehen, der bereits bei der Aufnahme
tenversicherungsträger belegen die Klinik
beginnt. Die Vorbefunde, die Art der Bezie-
im Rahmen der medizinischen Rehabilitation.
hungsaufnahme bei der Aufnahme sowie
Nach beamtenrechtlichen Bestimmungen
die Art und Weise, wie sich die Patientin in
ist die Klinik als beihilfefähig anerkannt.
die neue Situation einbringt und zurechtfin-
Private Krankenversicherungen übernehmen
det, erbringen erste diagnostische Hinweise.
die Kosten im Rahmen des jeweiligen Versi-
Wir tragen diese Eindrücke zusammen, um
cherungsvertrages. Ebenfalls werden Selbst-
ein möglichst umfassendes Bild von der
zahler aufgenommen.
Patientin zu gewinnen.
Nähere Informationen sind dem Hauspros-
Diese Eindrücke ergänzen die spezifischen
pekt zu entnehmen bzw. über das Aufnah-
diagnostischen Informationen, die durch
mesekretariat zu erfahren oder im Internet
folgende Maßnahmen gewonnen werden:
(www.helios-kliniken.de/rothaarklinik).
• Erstgespräch beim Bezugstherapeuten
Anfragen können auch per Email gestellt
• ärztliche Aufnahmeuntersuchung
werden (info.rothaarklinik@helios-kliniken.
(körperliche Untersuchung, Kranken-
de). Bei unklarer Indikation bzw. unklarer
anamnese, Laboruntersuchung)
Motivation der Patientin kann ein Vorge-
• Pflege-Erstgespräch
spräch geführt werden. Ein solches Gespräch
• Sozial- und Berufsanamnese
steht aber auch all denen offen, die den
• Vorgespräch in der Kreativtherapie
Wunsch haben, die Klinik kennen zu lernen.
• Testpsychologische Untersuchung
im PC-Labor
Sobald eine Kostenübernahmeerklärung
sowie ein Befundbericht vorliegen, kann die
Aufnahme erfolgen, in der Regel innerhalb
weniger Wochen. Ist die Patientin bereit, sich
• Gespräch beim Abteilungsleiter
26
Häufig liegen nur begrenzt Unterlagen von
der akuten Suizidalität kommen, so wird eine
vorausgegangenen Untersuchungen vor,
freiwillige Aufnahme auf einer geschlossenen
diese werden ggf. sofort angefordert, um
psychiatrischen Station vereinbart. Den Pati-
das Bild zu ergänzen, Doppeluntersuchungen
entinnen wird diesbezüglich mitgeteilt, dass
zu vermeiden und Behandlungsmaßnahmen
in der Regel nach kurzfristiger Überwindung
abzustimmen. Sollten Pat. selbst im Besitz
der akuten Krise eine Rückverlegung in
von Krankenunterlagen sein, bitten wir
die Rothaarklinik und eine Fortsetzung des
diese mitzubringen.
Therapieprogramms möglich ist.
6.3 Herstellung eines Arbeitsbündnisses
6.4 Prozesscharakter der stationären
und Formulierung von Therapiezielen
Rehabilitation und Behandlungsende
Entscheidende Voraussetzung für das Zu-
Wie oben ausgeführt handelt es sich bei der
standekommen eines psychotherapeutischen
Borderline-Pathologie um ein komplexes
Kontaktes ist es, dass es dem Therapeut-
Krankheitsgeschehen mit vielfältigen in die
Patient-Paar gelingt, ein tragfähiges Arbeits-
Kindheit und Jugendzeit zurückreichenden
bündnis zu schließen.
Entstehungsbedingungen und erheblichen
Folgen für den Bereich des interpersonellen
Dass dies für Patientinnen mit einer Bor-
bzw. sozialen Miteinanders.
derline-Pathologie und den entsprechenden
Schwierigkeiten im interpersonellen Raum
Idealtypisch greifen die unten dargestellten
ebenso wie für die Therapeutenseite kein
miteinander verzahnten Behandlungselemen-
leichtes Unterfangen ist, liegt auf der Hand.
te im Therapieprozess so weit ineinander,
Vielmehr geht es um ein prozesshaftes Ge-
dass genügend Fertigkeiten zur Krisenbewäl-
schehen, wobei auch die gemeinsame Abstim-
tigung erlernt werden können, um den in der
mung der Behandlungsziele einen breiten
Regel notwendigen ambulanten Therapiepro-
Raum einnimmt. Hinzu kommen die nach
zess fortsetzen oder einleiten zu können.
Möglichkeit schriftlich zu fixierenden klaren
Vereinbarungen bezüglich Umgang mit Sui-
Dabei versteht sich die stationäre Rehabilitati-
zidalität und anderen Gefährdungen für die
on als wichtiges Bindeglied in diese Richtung.
Therapie. Die Patientinnen sichern in der
Sie ist in der Regel auf einen Zeitraum von
Regel zu, während der stationären Behand-
6 bis maximal 9 Wochen ausgerichtet. Diese
lung auf Alkohol und sonstigen Drogenkon-
zeitliche Limitierung orientiert sich an dem
sum zu verzichten.
uns von der Deutschen Rentenversicherung
zur Verfügung gestellten Zeitrahmen und an
Ferner sichern sie zu, sich bei drängender
Suizidalität sofort an das Behandlungsteam
zu wenden. Sollte es trotz aller therapeutischer Bemühungen nicht zu einem Abklingen
der spezifisch rehabilitativen Zielsetzung.
27
7. Behandlungselemente
7.1 Psychotherapie
an den jeweiligen Kontext. Dass es sich dabei
nicht um randständige Phänomene handelt,
7.1.1 Einzeltherapie
sondern um zentrale Beeinträchtigungen
Die in der Regel einmal wöchentlich stattfin-
und deren Konsequenzen, dürfte aus dem
dende Einzelpsychotherapie dient der regel-
Vorangegangenen deutlich geworden sein.
mäßigen Überprüfung des therapeutischen
In dieselbe Richtung zielt auch die insbeson-
Paktes, des kontinuierlichen Austausches
dere für Patienten mit virulenten Trauma-
bezüglich der Therapieziele und insbesondere
Folgeschäden konzipierte Trainingsgruppe
der Integration der einzelnen Behandlungs-
zur Erlernung von Imaginationstechniken, die
elemente bzw. der Verständigung über die
einmal wöchentlich stattfindet.
Erfahrungen im Rahmen dieser Behandlungselemente und deren Verknüpfung mit der in-
7.1.3 Künstlerische Therapie
dividuellen Problematik. Idealerweise können
Auf Grund des bei vielen Patientinnen mit
Behandlungsblockaden in ihrer interpersonel-
Borderline-Pathologie vorhandenen Entwick-
len Dimension verstanden und entsprechende
lungshintergrundes mit mangelnder verbaler
Bewältigungsstrategien entwickelt werden.
affektiver Differenzierungsfähigkeit und
Dies wird idealerweise möglich durch eine
eingeschränkter Körperwahrnehmung wird
behutsame, authentisch antwortende Grund-
in der künstlerischen Therapie (Musik- oder
haltung von therapeutischer Seite, verbunden
Tanztherapie) ein anderer Erfahrungs- und
mit der stetigen Bereitschaft, auch als Coach
Ausdrucksraum angeboten.
zu fungieren.
Im Vordergrund steht dabei eine sensorische
7.1.2 Gruppentherapie
Erfahrung, die anschließend versprachlicht
Das in der Regel auf 10 Patienten störungsspe-
und auf das Gruppengeschehen bezogen
zifisch ausgerichtete gruppentherapeutische
wird (siehe auch Gottschalk & Boekholt 2004,
Vorgehen unterteilt sich in ein zweimal wö-
S. 154ff). Die künstlerische Therapie findet
chentlich stattfindendes dialektisch-behavio-
ebenfalls zweimal wöchentlich in der gleichen
ral ausgerichtetes Fertigkeitstraining und eine
Gruppenzusammensetzung statt, so dass
ebenfalls zweimal wöchentlich stattfindende
kohäsive Prozesse unterstützt werden können
tiefenpsychologisch-interaktionell ausgerich-
und eine thematische Kontinuität hergestellt
tete Gesprächsgruppe (s.o.).
werden kann.
Beide Gruppenangebote sind trotz sehr unter-
7.1.4 Familien- und paartherapeutische
schiedlichen Vorgehens auf die Wechselwir-
Behandlungsansätze
kung zwischen Funktionsbeeinträchtigungen
Oft sind die Beziehungen der Borderline-
und deren Konsequenzen für den privaten
Patientinnen sowohl bezogen auf den part-
und beruflichen Kontext gerichtet und auf
nerschaftlichen Bereich als auch zur eigenen
eine Verbesserung der Adaptationsfähigkeiten
Familie mit erheblichen Konflikten belastet.
28
Von daher kann es, insbesondere wenn eine
An apparativen Untersuchungsmöglichkeiten
Patientin noch in ihrer Herkunftsfamilie lebt
stehen in der Klinik zur Verfügung: EKG, So-
oder sehr dichte Beziehungen zu ihr unter-
nographie, Echo-Kardiographie. Im Bedarfs-
hält, sehr angebracht sein , durch ein Famili-
fall kann ein Internist mit einbezogen werden.
engespräch diese Dimension mit einzubezie-
Eine hautärztliche Mitbehandlung in der
hen, zumal die Borderline-Problematik sich,
Klinik ist ebenfalls möglich. Am Ort befinden
wie ausführlich ausgeführt, in der Interaktion
sich mehrere Kliniken des gleichen Trägers
darstellt und somit auch die Familiendynamik
(Neurologische, Orthopädische, Herz-Kreis-
beeinflusst (siehe auch Cierpka und Reich,
lauf Klinik), die im Bedarfsfall in Anspruch
Artikel im Handbuch Borderline-Persönlich-
genommen werden können.
keitsstörungen, S. 613ff).
Bei manchen Patientinnen ist eine ergänDa es im Rahmen einer Borderline-Pathologie
zende psychopharmakologische Behandlung
oft zu einem Scheitern von Paarbezieh-
indiziert. Speziell klinische Zustände einer
ungen kommt, zumal ambivalente Gefühle
psychotischen Dekompensation, einer
nur sehr schlecht integriert werden können
schwerwiegenden affektiven Dysregulation
und von daher ein Wechsel von „total gut
sowie einer gefährlich gestörten Impulskon-
zu total schlecht“ bzw. von Idealisierung
trolle machen diesbezügliche differenzialdi-
zu Entwertung des Partners naheliegt, ist
agnostische Überlegungen notwendig (siehe
auch die Einbeziehung des Partners bzw.
auch Kapfhammer 1999, S. 104ff). Selbstver-
der Paarbeziehung in den therapeutischen
ständlich werden die jeweiligen therapeu-
Rahmen häufig sinnvoll (siehe auch Kottje-
tischen Erwägungen ausführlich mit den
Brinbacher, S. 793ff).
Patientinnen besprochen und das jeweilige
Vorgehen genau abgestimmt.
7.1.5 Entspannungstherapie
Die in der Klinik angebotene Progressive
7.3 Testpsychologische Untersuchungen
Muskelentspannung bietet einen weiteren
Zu Anfang und gegen Ende der Rehabilita-
Ansatz zur Verbesserung von Selbstwahrneh-
tionsbehandlung werden testpsychologische
mung und Spannungsregulation. Vorausset-
Untersuchungen durchgeführt. Sie sind
zung sind ein Mindestmaß an Spannungstole-
wichtiger Bestandteil der klinischen Diag-
ranz und Vertrauen.
nostik, der Überprüfung des Therapieergebnisses und damit auch der Qualitätssicherung
7.2 Ärztlich-medizinische Behandlung
der klinischen Arbeit.
Alle Patientinnen werden bei der Aufnahme
ärztlich untersucht, neben der körperlichen
7.4 Pflegeaufgaben
Untersuchung umfasst dies die Erhebung der
Das Pflegepersonal übernimmt im Stations-
Eigen- und der Familienanamnese sowie eine
alltag neben herkömmlichen pflegerischen
umfangreiche Laboruntersuchung.
insbesondere sozio-therapeutische Aufgaben.
29
Die Herstellung und Aufrechterhaltung eines
(im Winter), Wandern Schwimmen (einschl.
therapieförderlichen Stationsklimas ist im
Schwimmkurs). Mit Blick auf eine verbesserte
wesentlichen eine pflegerische Leistung, denn
Fähigkeit zur Impulssteuerung kann bei-
es ist das Pflegeteam, das 24 Stunden am Tag
spielsweise auch ein therapeutisch angeleite-
mit den Patienten zusammen ist (siehe auch
tes Boxen hilfreich sein.
Nadolny & Meyer, 1979 S. 516).
7.5.2 Physiotherapie
Hierfür ist eine akzeptierende Grundhaltung
Die Physiotherapie ist ein Sammelbegriff und
erforderlich, die die Patientinnen annimmt
umfasst Krankengymnastik, Wärmethera-
und trägt. Daneben geht es (Bohus 2002,
pie, UV-Bestrahlungen, medizinische Bäder
S. 112) immer auch um einen Balanceakt
und Kneipptherapie. Diese Anwendungen
„zwischen wohlwollend unterstützender und
können bei einer spezifischen Indikation etwa
fordernder Haltung, zwischen Drängen auf
zur Schmerzlinderung oder zur Anregung
Veränderung und Hilfe bei der Akzeptanz
bestimmter Körperfunktionen verordnet
von Leid, zwischen Vermittlung von Kom-
werden, aber auch zur Verbesserung eines
petenz und Akzeptanz von Bedürftigkeit“
gestörten Körperbildes und Körpergefühls.
(S.112). Dass eine solche komplexe Aufgabe
einer intensiven therapeutischen Arbeit einer
7.5.3 Reittherapie
beständigen Supervision und Fortbildung
Diese uns im begrenzten Umfang zur Ver-
bedarf, liegt auf der Hand.
fügung stehende Therapieform ist auf eine
basale Verbesserung von Selbst- und Fremd-
7.5 Stationsübergreifende körper-
wahrnehmung ausgerichtet. Dabei kann. ein
therapeutische Behandlungselemente
mit der Entwicklung bzw. Stabilisierung des
Neben dem oben skizzierten störungsspezifi-
Selbstgefühls einhergehender Vertrauenspro-
schen und stationsspezifischen Behandlungs-
zess eingeleitet werden.
programm gibt es zahlreiche Behandlungselemente, an denen die Patienten unabhängig
7.6 Rehabilitationsspezifische Therapie
von ihrer störungsspezifischen Therapieeinheit teilnehmen.
7.6.1 Sozialberatung
Die Sozialberatung hat in den vergangenen
7.5.1 Sporttherapie
Jahren in den Rehabilitationskliniken zuneh-
Gerichtet auf eine Verbesserung der körperli-
mend an Bedeutung gewonnen. Dabei geht
chen Leistungsfähigkeit und des psychischen
es um die Förderung einer Auseinanderset-
Wohlbefindens wird im Rahmen der Klinik
zung mit der konkreten sozialen Lebenswelt
ein umfassendes Sportprogramm bereitge-
sowie um eine Fokussierung bezüglich der
stellt. Dazu gehören u.a.: Gymnastik, Rücken-
Entwicklung realistischer Zielvorstellungen
gymnastik, Bewegungsbad, Sportspiele,
und der Schaffung stabiler und verlässlicher
Fahrradfahren (im Sommer), Skilanglauf
lebensweltlicher Rahmenbedingungen.
30
Arbeitsplatzerhaltende Maßnahmen können
insbesondere dann indiziert, wenn es im
dabei genauso zur Sprache gebracht werden
Rahmen der Berufsfindung oder einer
wie Fragen der beruflichen Neuorientierung
erforderlichen sozialmedizinischen Beur-
bzw. Reintegration.
teilung um die bessere Einschätzung der
angesprochenen leistungsbezogenen Fähig-
Patientinnen können bei Fragen der beruf-
keiten geht.
lichen Neuorientierung testpsychologisch
untersucht werden oder einen ganztägigen
Daneben leistet die Ergotherapie jedoch auch
Belastungstest absolvieren. Die Rehabilitati-
einen wichtigen Beitrag im Sinne des Trai-
onsberatung durch die Deutsche Rentenver-
nings von handlungspraktischen und sozialen
sicherung (DRV) kann zu Fragen der berufli-
Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie in Bezug
chen Rehabilitation in Anspruch genommen
auf die Stabilisierung von Ich-Funktionen und
werden. Daneben gehören Fragen der sozialen
die Vermeidung regressiver Tendenzen.
Integration, der finanziellen Absicherung (z.B.
Arbeitslosengeld II) sowie der Nachsorge (z.B.
Eine ähnliche Zielsetzung wird im Cogpack
Wohngruppen, IRENA) zu den Aufgaben der
zugrunde gelegt. Dabei handelt es sich um
Sozialberatung.
ein computergestütztes Konzentrations- und
Gedächtnistraining, das bis zu fünf Mal wö-
7.6.2 Ergotherapie und kognitives Training
chentlich durchgeführt werden kann. Nach
Bei der Ergotherapie geht es je nach Indikati-
einem Einführungskurs können die Patientin-
onsstellung um den Umgang mit Materialien,
nen hier selbständig, d.h. ohne Außenkontrol-
um manuelle Tätigkeiten, um Team- und
le, arbeiten und somit angstfreier ihre kogniti-
Gruppenarbeit sowie um kreatives Gestal-
ven Fähigkeiten testen und verbessern.
ten. Mitarbeit im klinikeigenen Café und im
Gartenbereich der Klinik sind indikations-
7.6.3 Berufsbezogene Belastungserprobung
spezifische Ausgestaltungen dieses Behand-
Eine solche Belastungserprobung kann eine
lungsangebotes. Neben der Ausrichtung auf
sinnvolle Ergänzung darstellen, wenn Patien-
Kompetenzerweiterung hat die Ergotherapie
tinnen bereits längere Zeit aus dem Arbeits-
auch diagnostische Funktionen.
prozess heraus sind und sie ihre Leistungsfähigkeit nicht mehr realistisch einzuschätzen
Mit Blick auf die Beobachtung leistungsbe-
vermögen. Ein weiterer Indikationsbereich
zogener Fähigkeiten haben wir eine drei
liegt bei Fragen der Berufsfindung vor.
stündige Behandlungseinheit konzipiert,
Die Belastungserprobung stellt dann eine
so dass Konzentrationsfähigkeit, Durch-
realitätsnahe Möglichkeit dar, sich in einer
halte- und Umsetzungsvermögen, Zielstre-
Arbeitssituation zu erfahren. Für uns ergibt
bigkeit, Frustrationstoleranz und anderes
sich dabei die Chance, eine realistische Ein-
ausführlich beobachtet werden können.
schätzung über die Möglichkeiten zur berufli-
Eine Teilnahme an der Ergotherapie ist
chen Reintegration zu erhalten. Möglichkeiten
31
der Belastungserprobung bestehen zum einen
Neu angereiste Patientinnen werden von einer
in der Klinik selbst in dem von Patienten
schon länger anwesenden Patientin, die sich
betriebenen Café sowie im Gartenbereich.
als Patin zur Verfügung stellt (Patensystem) in
Daneben unterhält der Sozialdienst zahlreiche
die Gemeinschaft eingeführt. Dadurch soll der
Kontakte im Ort zu Unternehmen und Ge-
Einstieg in die Therapie und das Knüpfen von
schäften, in denen eine Belastungserprobung
Kontakten erleichtert werden.
in einem zeitlich individuell festgelegten
Rahmen durchgeführt werden kann.
7.8 Freizeitgestaltung
Zur Freizeitgestaltung steht das Stationszim-
7.7 Milieutherapie
mer (mit kleiner Einbauküche) zur Verfügung.
Es stellt für viele Patientinnen mit der Border-
Gesellschaftsspiele sind vorhanden. Daneben
line-Problematik eine erhebliche Herausfor-
gibt es in der Klinik zwei Fernsehräume,
derung dar, sich überhaupt auf eine stationäre
einen Internet-Service-Point, eine Schwimm-
Behandlung einzulassen und sich in eine
halle, einen Fitnessraum, eine Tischtennis-
Stationseinheit zu integrieren. Von therapeu-
platte, eine Kegelbahn sowie ein Café, das
tischer Seite her sind wir sehr darum bemüht,
zweimal wöchentlich geöffnet ist.
ein entsprechend therapieförderliches Stationsklima zu erhalten bzw. zu seiner Entste-
Wöchentlich findet eine Freizeitgestaltungs-
hung immer wieder beizutragen.
gruppe statt, der Kunsttherapieraum kann
außerhalb der Therapiezeiten genutzt werden.
Neben der generellen Gestaltung des Behand-
Wöchentlich wird eine geführte Wanderung
lungsrahmens bemüht sich das therapeutische
angeboten, im Sommer steht ein Multifunkti-
Team auch bei individuellen Krisensituatio-
onsplatz für Ballspiele zur Verfügung und es
nen und zwischenmenschlichen Konflikt-
werden geführte
situationen um die Aufrechterhaltung bzw.
Wiederherstellung eines kompetenzerwei-
Fahrten mit Mountainbikes angeboten. Im
ternden und entwicklungsfördernden thera-
Winter wird ein entsprechendes Gruppenan-
peutischen Klimas.
gebot im Skilanglauf angeboten, im Sommer
können mountain-bikes ausgeliehen werden.
In diesem Zusammenhang findet wöchent-
Eine Sauna kann in einer anderen Klinik
lich eine Stationsversammlung statt, in der
mitbenutzt werden. Auch werden Diavorfüh-
Fragen des Zusammenlebens, der Nutzung
rungen angeboten. Die Umgebung bietet sich
des Stationszimmers oder beispielsweise der
für Spaziergänge und Wanderungen an. Ein
gemeinsamen Freizeitgestaltung besprochen
Busshuttle in die Innenstadt wird kostenlos
werden können. Ebenso werden in diesem
zur Verfügung gestellt.
Rahmen auftretende Konflikte diskutiert und
nach Lösungen gesucht.
32
7.9 Angebot für Mütter mit Kindern
Die Klinik nimmt seit geraumer Zeit Kinder
als Begleitpersonen auf, um Müttern die
Möglichkeit zu einer stationären Rehabilitationsbehandlung einzuräumen, ohne dass sie
sich längere Zeit von den meist noch kleinen
Kindern trennen müssen, oder auch dann,
wenn keine andere Möglichkeit der Unterbringung besteht.
Die Mütter mit Kindern sind auf einem
eigenen Flur untergebracht, so dass sich auch
dort ein Gemeinschaftsleben entwickeln kann
und gegenseitige Unterstützung möglich ist.
Auf dem Flur steht auch ein Spielzimmer zur
Verfügung. Tagsüber (bis ca. 16.00 Uhr) sind
die Kinder im Kindergarten untergebracht,
in dem eine festgelegte Anzahl von Plätzen
zur Verfügung steht. An den Abenden und
Wochenenden wird eine flexibel vereinbarte
Kinderbetreuung angeboten.
33
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Leitlinie und Quellentext.
Schattauer, Stuttgart
37
9. Anhang
Wochenplan Borderlinestörung
38
Anmerkung 1: Massage, Bäder, Wärme-, Kälteanwendungen, Krankengymnastik (Änderungen vorbehalten)
HELIOS Rothaarklinik in Bad Berleburg
Fachklinik für Psychosomatik, Psychotherapie und psychiatrische Rehabilitation
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