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01 | März – Mai 2013 Mode wird sauber Große Erfolge in der Detox-Kampagne Summ mir das Lied vom Tod Umweltgifte führen zu massivem Bienensterben kampfzone Wald Industrielle Interessen gefährden die letzten Wälder. Während im Amazonas der Kahlschlag voranschreitet, ist für den indonesischen Regenwald ein Ende der Abholzung in Sicht. Editorial Inhalt Liebe Leserinnen und Leser! Mit herzlichen Grüßen Birgit Bermann, Chefredakteurin IMPRESSUM Medieninhaber, Verleger und Herausgeber: Greenpeace in Zentral- und Osteuropa, Fernkorngasse 10, 1100 Wien; Tel. 01/545 45 80, www.greenpeace.at Spendenkonto: Erste Bank: 822 212 198 00, BLZ: 20111, www.greenpeace.at/spenden Redaktion: Birgit Bermann (Chefredaktion), Florian Bolka, Martin Frimmel, Christine Gebeneter, Jasmin Karer, Julia Kerschbaumsteiner, Marcelline Langer, Lisa Ressl, Gundi Schachl, Claudia Sprinz, Petra Taylor, Jurrien Westerhof E-Mail: [email protected] Bildredaktion: Georg Mayer Artdirektion: Karin Dreher Fotos: Greenpeace, istock.com Lektorat: Johannes Payer Druck: Niederösterreichisches Pressehaus erscheint viermal jährlich auf 100-%-Recyclingpapier. Ab einer Jahresspende von € 40 wird Ihnen gratis zugesandt. Die nächste Ausgabe erscheint im Juni 2013. Zur besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Schreibweise verzichtet. Entsprechende Bezeichnungen gelten ausdrücklich für beide Geschlechter. 06 Fotos: Cover: © Daniel Beltrá/GP, Inhalt: © Marizilda Cruppe /GP, © Lance Lee/GP, © Markus Hammer, © GP/Benita Marcussen Viele Jahre beherrschten Kettensägen und Bulldozer den indonesischen Regenwald. Abgeholzt wurde für Zellstoff für die Papierherstellung und Palmöl, das als „pflanzliches Fett“ von unserer Lebensmittel- und Kosmetikindustrie zahllosen Produkten beigemischt wird. Die billigen Rohstoffe haben einen exorbitant hohen Preis: Zerstörung der Biodiversität, steigende CO2-Emissionen, gefährdete Tiger- und Orang-Utan-Populationen und ruinierte Existenzgrundlagen für die lokale Bevölkerung. Dieses traurige Kapitel der Waldzerstörung geht seinem Ende zu: Einer der größten indonesischen Waldzerstörer hat einen Rodungsstopp verkündet (Seite 11)! Greenpeace hat für dieses Ziel viele Jahre gekämpft. Endlich den nötigen Erfolg zu erzielen gibt uns die Kraft, weiter so entschlossen gegen nur scheinbar übermächtige Gegner vorzugehen. Wie im Amazonas – einem weiteren Brennpunkt der globalen Waldzerstörung. Unser Autor Martin Frimmel berichtet ab Seite 8 von den Bedrohungen, die der Wald und jene, die ihn zu schützen versuchen, ausgesetzt sind. Während die Waldvernichtung zu den sichtbaren globalen Umweltproblemen zählt, kommen andere auf vergleichsweise leisen Sohlen daher – ihre Auswirkungen sind dennoch gigantisch. Seit den 1990er-Jahren wird ein Bienensterben beobachtet, das mittlerweile riesige Ausmaße angenommen hat. Die Ursachen und Lösungen sind bekannt, nun muss schleunigst etwas unternommen werden. Denn wir sind auf Bienen und andere bestäubende Insekten für die Sicherung unserer Nahrungsmittelproduktion angewiesen (Seite 20). Greenpeace startet diesen Frühling seine europaweite Bienen-Kampagne. Je mehr Menschen wie Sie uns dabei unterstützen, desto schneller werden wir erfolgreich sein – hier, im Amazonas und an allen anderen Schauplätzen der weltweiten Umweltzerstörung! 04 In Aktion 06 Saubere Mode liegt im Trend 08 Bis zum letzten Baum 11 Der Tiger bekommt eine Chance 12 Chips im Check 14 Zukunft sichern 15 Mythos billige Atomkraft 16 Grüne Steckdosen 18 Im Gespräch mit Prof. Hermann Knoflacher 19 Kommentar: Fortschritt oder Armutszeugnis? 20 Das Sterben der Bienen 22 Schwarmintelligenz 20 08 22 Gefährdete Fischpopulationen in den pazifischen Meeren schrumpfen gewaltig. Regierungen versagen kläglich beim Schutz bedrohter Gebiete. Durch das Wachstum der industriellen Fischerei und den Einsatz von umweltschädlichen Fangmethoden sinken die Tunfischbestände weiter. Im Vorfeld des Treffens der Regierungen der WCPFC (Western and Central Pacific Fisheries Commission) protestierten Greenpeace-Aktivisten vor der koreanischen Botschaft. Mit Tunfischkostümen bekleidet, riefen die Aktivisten die Länder zum Schutz aussterbender Tunfischarten auf und forderten Meeresschutzgebiete für die vier Hochseegebiete „Pacific Commons“ mit klaren Fangverboten. Beim Treffen im Dezember 2012 kam dann die folgenschwere Entscheidung: Big Player dürfen ihre großangelegten Plündereien und Überfischungen zulasten der Meere weiter betreiben. Ein Desaster für den Pazifik – eine Herausforderung für Greenpeace, weiter zu kämpfen! 4 act Im November 2002 kam es zum verheerenden Ölunglück des Frachters „Prestige“ an der Nordküste Spaniens. Das Desaster und seine Spätfolgen sind in einem Greenpeace-Report beschrieben: 40.000 Tonnen Öl verseuchten das Meer, 250.000 Seevögel verendeten qualvoll, 800 Strände wurden verschmutzt, und weitere 25.000 Tonnen Öl werden immer noch im Wrack vermutet. Zum 10. Jahrestag protestierten Greenpeace-Aktivisten im Schlauchboot vor dem veralteten Öltanker „Searacer“ mit dem Banner „Eine neue Prestige ist möglich“. Verantwortlich für die schreckliche Katastrophe ist die Ölindustrie, Strafen gab es für sie jedoch bis heute keine. Greenpeace fordert ein umweltfreundliches Energiemodell und mehr Verantwortung seitens der spanischen Regierung. Der Appell ist klar: Lasst uns auf Erdöl verzichten, denn eine Energierevolution ist möglich! INDONESIEN: Citarum-Fluss, die schwarze Brühe Der Fluss Citarum war eine der Lebensadern von West-Java in Indonesien, doch wo früher Menschen badeten und ihre Kleidung wuschen, fließt heute die reinste Mülldeponie flussabwärts. Ein Greenpeace-Report verdeutlicht die Folgen der jahrelangen Verschmutzung: In Proben wurden gesundheitsgefährdende, schwer abbaubare Chemikalien gefunden. Häufig sind diese die Ursache für schwere Krankheiten, unter denen die lokale Bevölkerung leidet. Greenpeace-Aktivisten pro testierten dagegen, marschierten vor dem Perjuangan Rakyat Monument in Bandung auf und inszenierten eine öffentlichkeitswirksame ScheinWahldebatte. Mit der Aktion wurde die indonesische Regierung zum sofortigen Handeln aufgefordert, um den Citarum und andere Flüsse zu schützen. „Was und wer vergiftet meinen Citarum?“, möchte ein Aktivist stellvertretend für viele wissen. ARKTIS: Ewiger Kampf ums Eis Die Eisschmelze in der Arktis schreitet unaufhörlich voran, zusätzlich gefährden hochriskante Ölbohrungen der Firma Shell in Alaska die Region. Um dagegen zu protestieren, nahmen Aktivisten aus ganz Europa Ende Jänner eine Shell-Tankstelle nahe dem Weltwirtschaftsforum in Davos ein. Angekettet und als Eisbären verkleidet, platzierten sie drei Tonnen Schnee vor der Tankstelle. Darüber prangte ein Banner mit der Aufschrift „Arktisches Öl – zu riskant“. Im Frühjahr stehen weitere Höhepunkte unserer Arktis-Kampagne bevor. Greenpeace startet im April 2013 eine fünftägige Expedition zum Nordpol, um eine unzerstörbare Zeitkapsel auf dem Meeresgrund zu versenken. Sie wird viele Jahrzehnte überdauern und trägt in sich die Namen von über zweieinhalb Millionen Menschen, die unsere Arktis-Petition auf www.savethearctic. org unterschrieben haben. An dieser Stelle wird auch die Flagge der Zukunft platziert, die den Anspruch der gesamten Menschheit auf eine intakte Arktis symbolisieren soll. Fotos: © Nick Cobbing/GP, © Pedro Armestre/GP, © Bente Stachowske/GP, © Bente Stachowske/GP PAZIFIK: TunfischPlünderei im großen Stil SPANIEN: „Prestige“ bleibt unvergessen Fotos: © Georg Mayer/GP, © Yudhi Mahatma/GP, © Pat Roque/GP, © GP/Ex-Press/Flurin Bertschinger „Die Nummer 1 in Sachen Klimaschutz“ – so stellt sich der VW-Konzern gerne selbst dar. In Wirklichkeit hinterlässt VW den weltweit größten CO2-Fußabdruck in seiner Branche. Im Jänner 2013 nutzten Österreichs Aktivisten die Wiener Automesse, um gegen die klimaschädliche Ausführung der neuen VW-Modelle anzukämpfen. Unter dem Motto „Alle reden vom Klima – VW zerstört es“ wurden die Messebesucher mit Flugblättern und schwarzen Luftballons informiert. Das neue Golf-Modell liegt mit 4,9 Litern Verbrauch weit entfernt vom versprochenen und längst machbaren 3-Liter-Auto. VW täuscht mit falschen Werbeversprechen bewusst die Öffentlichkeit. Greenpeace fordert von VW konkrete Umweltziele für die Konzernstrategie 2018 und eine sofortige Umsetzung der „Blue Motion“Technologien für alle VW-Modelle ohne Mehr kosten für den Kunden. In Aktion ÖSTERREICH: VW „Blue Motion“ – nur Schein statt Sein ATOM: Schluss mit MOX-Transporten Greenpeace fordert das Ende der viel zu gefährlichen Transporte von tödlichen MOX-Brennstäben. Der Atomfrachter „Atlantic Osprey“ hatte vergangenen Herbst acht hochgiftige, plutoniumhaltige Mischoxid-Brennelemente (MOX) zur Lieferung von Großbritannien an das Atomkraftwerk Grohnde in Deutschland an Bord. Mit Schlauchbooten setzten sich deutsche Greenpeace-Aktivisten gegen diesen Transport ein und riefen den niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister auf, den Einsatz von MOX-Brennelementen im Atomkraftwerk Grohnde zu verhindern. Mit „McAllister: Plutonium stoppen“ prangerten die Aktivisten den Politiker an. Greenpeace kämpft weiter für das sofortige Verbot von MOX-Transporten. WÄLDER: Aktion gegen die Holzmaschinerie in Deutschland Die urtümlichen Buchenwälder Deutschlands sind stark in Bedrängnis. 160 Jahre alte Bäume sind die Hüter des Klimas und wachen über die Heimat unzähliger Tier- und Pflanzenarten. Dies schützt sie jedoch nicht vor den Kettensägen der Waldarbeiter. Deutsche Greenpeace-Aktivisten nehmen das nicht kampflos hin. Im Waldgebiet Spessart setzten sie sich für die zum Einschlag bestimmten Bäume ein und stellten sich den Kettensägen der Waldarbeiter in den Weg. „Stoppt die Säge! Waldschutz jetzt!“ lautet die klare Ansage der Aktivisten. act 5 Saubere Mode liegt Im Trend Detox-Reports Ergebnis der GreenpeaceUntersuchungen: viel Gift in Markenkleidung. Giftige Garne Untersuchung von Damen-, Herren- und Kinder textilien von 20 Modemarken (Armani, Benetton, Blazek, C&A, Calvin Klein, Diesel, Esprit, GAP, H&M, Jack Jones, Levi’s, Mango, M&S, Metersbonwe, Only, Tommy Hilfiger, VANCL, Vero Moda, Victoria’s Secret und Zara) in 29 Ländern. Ergebnis: Alle Modemarken haben Produkte mit nachweisbaren NPE-Konzentrationen verkauft, rund zwei Drittel der untersuchten Textilien enthielten die Chemikalie NPE (Nonylphenolethoxylate). Sie kann sich im Abwasser in giftiges, langlebiges und hormonell wirksames Nonylphenol umwandeln. Fast zwei Jahre nach Beginn der Detox-Kampagne kann eine saubere Bilanz gezogen werden: Viele große Textilkonzerne wollen in Zukunft giftfrei produzieren. Der Umstieg der gesamten Modebranche ist nicht mehr weit. Von Claudia Sprinz Tag und Nacht aus den Abwasserrohren in die Flüsse“, sagt Pierre Terras, Chemieexperte von Greenpeace in Mexiko. Von „unantastbaren Unternehmen“ sprechen sogar schon Abgeordnete im mexikanischen Parlament, die eine Untersuchung über den San-JuanFluss vorgeschlagen hatten – erfolglos. Mexiko ist ein typisches Beispiel für ein Schwellenland mit einer großen Textilindustrie und sehr viel niedrigeren Umweltstandards als in Europa. Aber Umweltverschmutzung kennt keine Grenzen: Die durch industrielle Abwässer in die Flüsse des globalen Südens freigesetzten Chemikalien sind langlebig und verteilen sich über den gesamten Erdball. Sie können sogar im Blut arktischer Tiere nachgewiesen werden. Greenpeace hat daher bereits 2011 die Detox-Kampagne gestartet (act 03/2011), um auf die Freisetzung gefährlicher Chemikalien bei der Textilproduktion aufmerksam zu machen und die Modebranche zur Umstellung auf umwelt- und menschenverträgliche Substanzen zu motivieren. Toxic Thread: Under Wraps (Mexiko) Im Abwasser von Lavamex fanden sich die Chemikalien NPE, TMDD, Benzotriazole, Tributylphospat (TBT) und Trichloranilin. Sie sind für Wasserorganismen giftig. In den Proben von Kaltex konnten TMDD, HMMM, Trichlorbenzol (TCB) sowie die Phthalate DEHP und DiBP nachgewiesen werden. Diese Substanzen sind giftig, die Phthalate fortpflanzungsschädigend. Fotos: © Olga Laris/GP, © Teresa Novotny/GP, © Ivan Castaneira/GP, © George Nikitin/GP Der mexikanischen Kultur gilt Wasser als heilig, trotzdem sind mehr als 70 Prozent der Frischwasserreserven des mittelamerikanischen Landes verschmutzt. Ein großer Verursacher der miserablen Wasserqualität ist die Textilindustrie – mit mehr als 500.000 Beschäftigten die viertgrößte Branche des Landes. Lavamex und Kaltex sind zwei der größten Textilfabriken Mexikos und bedeutende Zulieferer von Konzernen wie beispielsweise Levi’s. Greenpeace hat bei einer Untersuchung der Abwässer beider Fabriken eine Vielzahl problematischer Chemikalien nachgewiesen. Vom Gesetz kann sich die auf sauberes Wasser angewiesene Bevölkerung allerdings keinen Schutz erwarten: Die mexikanische Textilindustrie ist nicht verpflichtet, die Öffentlichkeit über die Freisetzung gefährlicher Chemikalien zu informieren. „Wer Zugang zu diesen Informationen haben will, muss einen frustrierenden und komplizierten Behördenweg über sich ergehen lassen. In der Zwischenzeit sprudeln die Giftstoffe weiterhin Putting Pollution on Parade (China) Greenpeace-Mitarbeiter haben in den Industriegebieten Binhai und Linjiang Abwasserproben genommen. Gefunden wurden: chlorierte Aniline (giftig für Wasserlebewesen und den menschlichen Organismus; einige Aniline sind krebserregend); Perfluoroktansäure (PFOA – hochgiftig und langlebig); TMDD; Nitrobenzol und Chlornitrobenzole (bei Tieren krebserregend, möglicherweise auch beim Menschen); N-Alkylaniline (für Wasserorganismen giftig); bromierte und chlorierte Aniline; bromierte und chlorierte Benzole. Webtipp: Alle Reports unter: www.greenpeace.at/detox Mexikos Flüsse sind stark verschmutzt, 70 Prozent der Wasserreserven weisen eine miserable Qualität auf. Verunreinigt wird das Wasser vor allem durch Textilfabriken, die große Konzerne beliefern. Mexikanische Models (gr. B.) haben genug und fordern im Namen der Greenpeace-Kampagne saubere Kleidung ein. Auch in Wien (kl. B. l.) wurde vor einer Zara-Filiale gegen Detox-Kleidung protestiert. 6 act In mehreren Berichten (siehe Kasten) wurde seitdem nachgewiesen, dass nicht nur bei der Produktion gefährliche Chemikalien freigesetzt werden, sondern auch die Textilien selbst kontaminiert sind – und bei der ersten Wäsche die heimischen Gewässer verunreinigen. Die Kampagne entfachte den nötigen Sturm der Entrüstung: Weltweite Proteste von zehntausenden Greenpeace-Aktivisten und Konsumenten zeigten Wirkung. 15 globale Modekonzerne – von Puma, Nike und Adidas über H&M, C&A und Marks & Spencer bis hin zu Zara, Mango, Esprit, Benetton Levi’s, Uniqlo, Li Ning, Victoria’s Secret und zu guter Letzt G-Star – werden schrittweise bis 2020 ihre Produktionskette von gefähr lichen Chemikalien säubern. Ein riesiger Erfolg! Denn allein hinter dem bei uns eher un- bekannten Label Uniqlo verbirgt sich eine der zehn erfolgreichsten Modemarken der Welt. Mit seinem Mutterkonzern Fast Retailing Group, der sich ebenfalls zur giftfreien Mode bekannt hat, werden Textilien in über 2.000 Geschäften weltweit sauber. Greenpeace kämpft für eine Modeindustrie, die der Verunreinigung der globalen Wasserwege durch giftige Chemikalien ein Ende setzt. Immer mehr modebegeisterte Konsumenten gelangen zur Überzeugung, dass die Bekleidung, die wir tragen, nicht die Umwelt zerstören und die Gesundheit der Menschen in den Herstellerländern gefährden darf! Greenpeace wird weiterhin hart daran arbeiten, die gesamte Branche zu „entgiften“ – und vielleicht gibt es schon diesen Modefrühling saubere Neuigkeiten vom Laufsteg . n act 7 Holzkohle für die Roheisenproduktion, Ackerland für Sojaplantagen und Rinderfarmen und riesige Staudämme für die Energieversorgung: Der Amazonas-Regenwald ist schwer unter Druck. Jene Menschen, die sich für seinen Schutz starkmachen, leben gefährlich. Aus Brasilien berichtet Martin Frimmel Es geht schnell: In der Morgenröte klettern die Greenpeace-Aktivisten auf einen Riesenberg Roheisen, andere besetzen Kräne. Die Mutigsten entern das Frachtschiff „Clipper Hope“, das für die Beladung mit Roheisen bereitsteht, und ketten sich an die Ankerkette. Gleichzeitig läuft die „Rainbow Warrior“ vor dem Cargoschiff auf. All das passiert am 27. Mai 2012, und all das hat es noch nie gegeben im Hafen von São Luis, Nordbrasilien. In der prallen Tropensonne wartet das GreenpeaceTeam auf die Bundespolizei, und die lokale Politik verhandelt mit Paulo Adario von der Amazonas-Kampagne. Die Aktivisten sitzen auf glühenden Kohlen, Wasser wird knapp. Adario sagt 8 act zur Presse: „Das Amazonas-Gebiet wird in den Schmelzofen geschüttet, Regierungen und Industrie schauen zu.“ Dann kommt doch eine Antwort: Rodrigo K aukal Valladares möchte verhandeln. Er ist Miteigentümer des Roheisen-Produzenten Viena – und übrigens wirklich Wiener Herkunft (der Urgroßvater gab Adolf Hitler Arbeit; als Kunstmaler pinselte dieser den Gasthof der Familie Kaukal an). Auch andere Firmen der Branche möchten eine Lösung finden für die illegale Holzkohle, die sie für das Einschmelzen und die Produktion von Roh eisen verwenden und die oft aus Schutzgebieten und Indianerreservaten stammt. „Brasilien hat ein langfristiges Ziel“, sagt Fotos: 3x © Marizilda Cruppe/GP, © Rodrigo BalÈia/GP Paradies in Gefahr: Der Schutz des Amazonas erfordert Mut und Entschlossenheit von den Waldschützern. Der dramatische Greenpeace-Einsatz inklusive der „Rainbow Warrior“ (kl. B. u.) im Hafen von São Luis richtet sich gegen die Holzmafia und die zerstörende Roheisen-Industrie. Paulo Adario (o.), Amazonas-Kampagnenleiter von Greenpeace, erhielt für sein Engagement schon mehrfach Todesdrohungen und lebt unter Polizeischutz. Trauriger Durchschnitt: 35 Amazonas-Schützer werden jährlich ermordet. bis zum letzten Baum Danicley Aguiar von Greenpeace, „nämlich den netten Plan, Essen zu verbilligen, eine Neuordnung der Waldgebiete für die großen Grundbesitzer, das neue Waldgesetz mit Erleichterungen für die Agroindustrie durchzusetzen und darüber hinaus auch die Indianerreservate auszubeuten – alles, um die ganze Welt mit Nahrung zu versorgen, mit schweren Folgen für die Umwelt.“ Den Anfang machte die brasilianische Diktatur in den 1960er-Jahren mit dem Slogan „Land für Menschen für Menschen ohne Land“. Da war der Wald noch zu 90 Prozent intakt. Aber nicht die Landlosen wur- den das Problem, sondern bald die reichen Rinderzüchter aus Südbrasilien, die mit großzügigen staatlichen Krediten Regierungsland besetzen. Dann wurden die Holzfäller gerufen, denn mit Holz kann man gut Geld machen. Jeder Kubikmeter kostet zwischen 30 und 100 Dollar, verarbeitet bis zu 600 Dollar. 40 Prozent des Amazonas-Holzes werden ausgeführt. Nach Malaysia und Indonesien ist Brasilien das drittgrößte Exportland – fast immer ohne Kontrollen, ohne Steuern oder mit Korruption. Von daher stammt ein Teil des Kapitals für die groß flächige Rinderzucht. Sehr modern sind Wald-Managementpläne geworden: So offiziell bewilligt, ist illegal erworbenes Land plötzlich legal. Die indigene Bevölkerung und die Kleinbauern werden dann von den Restgebieten vertrieben oder von bezahlten Revolverhelden umgebracht. Abholzung und Gewalt gehen Hand in Hand: Es ist kein Zufall, dass in den Gemeinden Brasiliens, wo am meisten abgeholzt wird, die Gewaltrate am höchsten ist. Auch die Umweltschützer leben gefährlich. Etwa Chico Mendes, der von Rinderzüchtern umgebracht wurde, die Klosterschwester Dorothy Stang, die bis zu ihrem gewaltsamen Tod gegen Holzfirmen auftrat, und das Ehepaar José Cláudio und Maria do Espírito Santo, kleine Landwirte, die sich Holz-LKW in den Weg stellten. Sie wurden 2011 erschossen. Im Durchschnitt werden jedes Jahr 35 Menschen wegen ihres Engagements für den Schutz des Amazonas ermordet. Und die Todes drohungen haben sich von 2010 auf 2011 fast verdreifacht, berichtet die Organisation CPT. Es gibt besonders tragische Fälle – etwa Nilcilene Lima, die sich in der Großstadt Manaus versteckt halten muss. Lima zeigte die Holzmafia an, und die Antwort folgte auf dem Fuß: Sie zünden ihr act 9 Fearnside vom Amazonas-Forschungsinstitut. Die Straßen, Eisenbahnen und Flussprojekte öffnen dann neue Waldgebiete für Holzfäller, Rinderzüchter und Sojafarmer. Gefahr durch Soja Auch die Soja-Monokulturen sind eine starke Bedrohung für den Regenwald geworden. Sie zerstören durch Abholzung und Austrocknung der Bäche nicht nur den Wald, sondern vergiften die Bevölkerung überdies mit Pestiziden. Soja ist aber auch eine wichtige Devisenquelle. „Die Monokulturen rechtfertigen riesige Infrastrukturprojekte, bei denen es als Kettenreaktion zu gewaltigen Habitatsverlusten kommt, weit über das Maß hinaus, das direkt für Soja vernichtet wird“, so Philip 10 act bauen. Die österreichische Firma Andritz ist bei „Belo Monte“ dabei. Hauptfolge des Kraftwerks ist ein fast totales Abzapfen der Wassermenge des Hauptstroms Xingu. „Das ist eine große Gefahr für die indigenen Völker der Region“, so der österreichische Bischof Erwin Kräutler, der vor Ort lebt. „Das Wasser wird fehlen, und die Bevölkerung muss umgesiedelt werden.“ Der Bischof und alternative Nobelpreisträger ist immer aufseiten der Armen, und das hat seinen Preis: Bei einem Attentat wurde er schwer verletzt. Jetzt lebt er wieder unter Polizeischutz. Der Grund: Morddrohungen wegen „Belo Monte“. In Pará ist nicht nur der MegaStaudamm umstritten: Der Staat muss auch gegen Abholzung in der Region Carajás vorgehen. Als große Lagerstätten von Eisenerz entdeckt wurden, explodierte die Gewalt und die Abholzung, um die Lager auszubeuten. Mit österreichischer Hilfe (Plasser & Theurer) wurde eine Güterbahn gebaut und Roheisen- Werke errichtet. Die Ersten, die draufzahlen, sind Nomadenvölker wie die Awá-Guajá. Holzfäller walzten Dörfer platt, und ihr Jagdwild verschwindet, verschreckt von den Zügen und Frachtkonvois von Erz und Eisen. Wie in einem schaurigen alten Film sieht es aus, wenn in den Werken Menschen, ja sogar Kinder Holzscheite in den Ofen schaufeln, dreckig und ohne Schutz. Hunderte Kohlemeiler werden in Windeseile hergestellt – und ganz schnell wieder verlassen, wenn die Umweltbehörde vorbeischaut. Die Roheisen-Firmen verwenden als Brennmaterial Holzkohle, meistens aus dem Urwald. „Es ist billiger, für Holzkohle illegal abzuholzen, als Holzplantagen anzulegen“, weiß der brasilianische Journalist Leonardo Sakamoto. José Cláudio und Maria do Espírito Santo kritisierten offen die Herstellung von Holzkohle. Der Umweltschützer sagte seinen eigenen Tod voraus: „Ich lebe vom Wald, ich beschütze den Wald. Deswegen lebe ich immer mit der Kugel im Kopf.“ Kurze Zeit später waren er und seine Frau tot. Auch der Autor dieser Zeilen wurde schon mit dem Tod bedroht. Zwei Gewehre wurden auf mich gerichtet, als ich die Machenschaften der Ziegeleien anzeigte. Ohne Umweltstudien zerstören sie große Waldgebiete, um Lehm abzubauen und die Hochöfen mit illegal geschlägertem Urwaldholz zu beheizen. Ein Bild der Verwüstung bleibt zurück. Doch die Natur beginnt sich zu wehren: Die Ziegeleien in den Flussgebieten leiden am meisten unter den zunehmenden Hochwasserkatastrophen. Zaghaftes Umdenken Doch noch immer denken nur wenige Unternehmer um. So etwa der Chef der Montemar-Ziegelei, Sandro Santos: „Wir möchten ein Modell entwickeln, das ohne Urwaldholz auskommt – etwa mit der Açaípalme und Gas.“ Zertifiziertes Holz von FSC ist eine andere Alternative und schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: In der Nähe von Manaus wird das Restholz in einem Werk verbrannt, eine Kleinstadt wird mit Energie versorgt – und Emissionszertifikate können auch noch verkauft werden. Eine Schlüsselrolle aber wird einem Greenpeace-Projekt zukommen: ein totales Abholzungsverbot im brasilianischen Regenwald bis 2015, durchgesetzt per Volksentscheid. Dazu braucht es die Unterschriften von 1,4 Millionen Brasilianerinnen und Brasilianern. Dann kann der Schutz des Amazonas Gesetz werden. Dafür kämpft Greenpeace vor Ort und weltweit! n Von Jasmin Karer Der Tiger bekommt eine Chance Während der Sumatra-Tiger hoffentlich bald aufatmen kann, geht es dem Drill, einer Primatenart der Familie der Meerkatzenverwandten, im afrikanischen Kamerun an den Kragen. Dort werden riesige Ölpalmenplantagen errichtet. Doch der Drill ist endemisch und kann nicht so einfach flüchten, wenn große Agrarunternehmen mit ihren Bulldozern anrücken. Zuerst aber die guten Nachrichten aus dem indonesischen Regenwald. Wir haben Sie bereits öfter über unsere Kampagne gegen Sinar Mas, den größten indonesischen Palmölhersteller, und APP (Asia Pulp & Paper), eines seiner Tochterunternehmen und ein Papier- und Zellstofffabrikant, informiert. Beide Unternehmen waren massiv in die illegale Urwaldrodung involviert. Doch bevor es für die letzten Urwaldriesen, den Sumatra-Tiger, den Orang-Utan und das Java-Nashorn ganz zu spät ist, hat APP eingelenkt. Anfang Februar verkündete APP, in Zukunft auf die Rodung neuer Urwaldflächen zu verzichten! Greenpeace hat lange für diesen Schritt gekämpft. Im Laufe der Jahre haben dank unserer Kampagne hunderte Unternehmen weltweit ihre Lieferverträge mit APP Foto: © WWF Die gnadenlose Abholzung und die grausamen Machenschaften der Rinderzüchter zerstören nicht nur Millionen Hektar Waldgebiet, sondern vertreiben auch indigene Völker, bedrohen die reiche Artenvielfalt und zerstören Wasserquellen. Soja-Monokulturen, Staudämme, Eisenerzlager und hunderte Kohlemeiler (o.) stellen weitere Bedrohungen für das gefährdete Regenwaldgebiet dar. sich mit gefährlichen Gegnern an: mit der Holzmafia und den Rinderzüchtern. Die Rinderzucht verwüstet Millionen Hektar Waldgebiet. Sie weist nur eine schlechte Produktivität auf, zerstört aber eine reiche Artenvielfalt und Wasserquellen, vertreibt indigene Völker und verändert das weltweite Klima. 80 Prozent der abgeholzten Urwaldflächen wurden Rinderweiden, damit ist die Rinderzucht die erste Klimasünde Brasiliens. Ein Riesenerfolg für unsere Waldkampagne: Einer der größten Urwaldzerstörer, das indonesische Unternehmen APP, will in Zukunft auf Rodungen neuer Waldflächen verzichten! Greenpeace wird die Einhaltung dieser Ankündigung überprüfen – und nimmt neue Palmölunternehmen in Kamerun ins Visier. Umweltsünde „Belo Monte“ Staudämme erschließen ebenfalls Waldgebiete für Kleinbauern und die Agroindustrie. Aktuelles Beispiel ist das Kraftwerk „Belo Monte“ im Bundesstaat Pará: 516 Quadratkilometer Waldvernichtung und eine maximale Leistung von 11.181 MW. Es wäre der drittgrößte Damm der Erde, und das ist nur der Anfang: Der Energieplan sieht vor, noch 30 Dämme im Amazonas zu Fotos: © Marizilda Cruppe/GP, 2x © Markus Mauthe/GP Haus und ihre Felder an. „Ich möchte zurück, um weiter für die Umwelt zu kämpfen. Ich gehe auch das Risiko ein zu sterben, wenn ich mir sicher bin, dass sie mich nicht foltern“, sagt die Umweltschützerin. Auch Paulo Adario, AmazonasKampagnenleiter von Greenpeace und für seine Verdienste um den Waldschutz von der UNO ausgezeichnet, hat schwere Zeiten durchgemacht: Da gab es die telefonische Drohung: „Paulo verdient zu sterben, und er wird sterben!“ Er bekommt Polizeischutz, später eine Wachmannschaft für das Büro, Überwachungsanlagen, Kameras. Wer sich für den Wald einsetzt, legt gekündigt – darunter so große Konzerne wie Mattel, Nestlé, Unilever und Hasbro. Den ersten Schritt aus der Waldzerstörung hat GAR (Golden Agri Resources) unternommen, eine Sinar-Mas-Tochter, die im Februar 2011 auf unsere Kampagne reagiert und sich dazu verpflichtet hat, jede Form von Waldzerstörung aus ihrer weltumspannenden Betriebstätigkeit zu verbannen. Nun folgt APP – ein Riesenschritt, der einen Durchbruch für einen wirklichen Waldschutz bedeuten kann. Der Leiter der Greenpeace-Kampagne in Indonesien, Bustar Maitar, vergleicht das Einlenken von APP mit einem Süchtigen, der sich in einer Entzugsklinik einschreibt. Ein großer Erfolg – doch ob man sauber bleibt, zeigt sich erst mit der Zeit. Deshalb wird Greenpeace die Umsetzung der globalen Waldschutzpolitik von GAR und APP sehr kritisch verfolgen. Neuer Brennpunkt Afrika Doch der Palmölrausch, der die lokale Bevölkerung und die lokale Tier- und Pflanzenwelt schwer in Mitleidenschaft zieht, hat neben Indonesien leider schon weitere Länder erfasst. Im afrikanischen Kamerun APP verzichtet auf die Rodung neuer Urwaldflächen. Greenpeace hat lange für diesen Schritt gekämpft. will Herakles, ein US-Unternehmen, Ölpalmen auf 730 Quadratkilometern – eine Fläche, fast doppelt so groß wie das Bundesland Wien – anbauen. Unweit der geplanten Plantage liegen der Korup-Nationalpark und weitere Naturreservate, in denen zum Beispiel auch die seltenen und sehr scheuen Drills leben. Zudem ist der Südwesten Kameruns, wo Herakles bereits mit gewinnbringenden Aussichten die ersten Ölpalmen gepflanzt hat, einer der 25 Bio diversitäts-Hotspots der Erde. Hier leben neben den Drills zahlreiche bedrohte Arten wie Waldelefanten und Nigeria-Schim pansen. Ihnen droht dasselbe Schicksal wie dem Sumatra-Tiger, dem Orang-Utan oder dem Java-Nashorn in Indonesien: Ihr Lebensraum wird durch massive Waldrodungen zu klein für ihr Überleben. Wenn große Unternehmen mit ihren Maschinen anrücken, zerstören sie aber nicht nur die Lebensgrundlage der Tiere – auch die Bevölkerung vor Ort muss weichen und in neue Gebiete vorrücken. Das hat neue Konflikte und Zerstörungen zur Folge. Greenpeace fordert daher Unternehmen wie Herakles auf, ihre Sucht nach Palmöl und Profit schnell in den Griff zu bekommen und ihr umweltzerstörendes Handeln rasch zu verändern. Was APP zustande brachte, sollte auch Herakles möglich sein! n act 11 Web-Tipp: Die Liste dieser und weiterer getesteten Chips-Produkte mit umfangreichen Details gibt es online auf marktcheck.at. Hier sind auch die E-Nummern und ihre (Neben-) Wirkungen näher erläutert. Produkte mit tierischen Zutaten werden auch beim „Tierschutz“ bewertet, was sich auf die Reihung der Produkte auswirkt. Chips im Check www.marktcheck.at/chipscheck marktcheck.at ist der Online-Einkaufsratgeber von Greenpeace und elf Partnerorganisationen. Auf der Plattform finden sich Tipps und Infos zu nachhaltigem Konsum sowie Anregungen, selber aktiv zu werden. Chips glatt, geriffelt, lose oder gestapelt? Natur, mit Paprika oder Käse? Liebhaber von Chips-Produkten haben die Qual der Wahl – sollten dabei aber die Ökobilanz nicht außer Acht lassen. Von Gundi Schachl Doch trotz dieser Vorbildwirkung setzen immer noch viele Hersteller auf den Umweltsünder Palmöl – eindeutig deklariert wird das auf der Verpackung jedoch so gut wie nie. Enthält die Zutatenliste nur einen Begriff wie „pflanzliches Fett“ oder „pflanzliches Öl“, versteckt sich dahinter höchstwahrscheinlich Palmöl. In den letzten Jahren hat der Rohstoff weltweit einen Boom erlebt und findet sich in einer sehr großen Anzahl an verarbeiteten Lebensmitteln. Für die industrielle Produktion sind seine Vorteile äußerst profitabel: Palmöl ist leicht zu verarbeiten, in großen Mengen erhältlich und – leider zu – billig. Bei den Chips ohne spezielle Geschmacksrichtung hat der Konsument die größte Chance, palmölfrei zu snacken – immer mehr Hersteller verwenden für die Produkte im „Sackerl“ Sonnenblumenöl und deklarieren dies auch stolz auf der Ver packung. Dass weniger oft mehr ist, zeichnet sich auch beim Chips-Check ab. Tendenziell gilt: je exotischer die Geschmacksrichtung, desto schlechter das Abschneiden. Bei einigen Produkten findet sich in der Zutatenliste auch Käse bzw. Molkepulver in größeren Mengen. Da es sich dabei um konventionell hergestellte Zutaten handelt, besteht der Verdacht, dass die Kühe mit Gentech-Soja gefüttert wurden. Fazit: Chips-Liebhaber sind gut beraten, bei den Klassikern nur mit Salz zu bleiben – hier konnten auch die Eigenmarken der Supermärkte ein „Gut“ ergattern. Fotos: © Georg Mayer/GP, © istockphoto.com Der Online-Einkaufsratgeber von Greenpeace marktcheck.at hat sich die Chips-Produkte in den Regalen der Supermärkte genau angeschaut: Was steckt drin in den Knabbereien, die eigentlich nur aus fritierten Kartoffelscheiben bestehen sollten? Leider auch Palmöl, Geschmacksverstärker und Gentechnik – bereits beim ersten Chips-Test 2010 hat marktcheck.at einige Kritikpunkte bei dem beliebten Snack gefunden und auf die damit verbundenen Umweltprobleme aufmerksam gemacht. Das österreichische Unternehmen Kelly zeigte sich damals beim Einsatz von Palmöl gesprächsbereit und sicherte zu, bei Kelly’s Chips nur mehr Sonnenblumenöl zu verwenden und auf Geschmacksverstärker (Glutamat) zu verzichten. Wie die aktuelle Chips-Untersuchung zeigt, konnte Kelly sein Versprechen fast erfüllen und greift nur bei einer Sorte auf Palmöl in Kleinstmengen zurück. Kernstück der Seite ist eine Produkt-Datenbank mit mehr als 6.000 Lebensmitteln und Kosmetika, bewertet nach ökologischen, sozialen und Tierschutz-Kriterien. Chips aus der Dose Weit hinten im aktuellen Chips-Test landeten die sogenannten Stapelchips à la Pringles. Sie sind mit den Klassikern aus geschnittenen Kartoffeln nicht wirklich vergleichbar, denn sie werden aus einem Teig aus Kartoffelpüreepulver ausgestanzt und in Form gestochen. Stapelchips sind stark verarbeitete Produkte, was sich naturgemäß auch in der Länge der Zutatenliste niederschlägt. Hier kritisiert Greenpeace vor allem den Geschmacksverstärker E 621, der aus gesundheitlicher Sicht nicht empfehlenswert ist. Auch wegen der aufwändigen Verpackung wurden die Stapelchips abgewertet. Denn der Material einsatz ist beachtlich: beschichteter Karton für die Rolle, Metall am Boden, oben eine beschichtete Folie und dann noch ein Plastikdeckel drauf. Ebenfalls ein dickes Minus mussten manche Hersteller für die Transportbilanz ihrer Chips aus der Dose einstecken. Negativer Rekordhalter bei diesem Bewertungspunkt sind Mister-Potato-Stapelchips bei Penny und die Spar-Eigenmarke: Beide werden in Malaysia hergestellt. Auf der Packung der Spar-Potato-Crisps ist sogar noch extra angegeben: „Hergestellt aus deutschen Kartoffelflocken“. Aber auch der Marktführer bei den Stapelchips schneidet hier schlecht ab: Die PringlesProdukte werden aus Belgien in die heimischen Supermärkte transportiert. Knabber-Fazit Ein „Hervorragend“ konnte keines der Produkte im Check erreichen. Wie schon bei der ersten Chips-Untersuchung 2010 kritisiert Greenpeace auch diesmal, dass es kein einziges Bio-Produkt aus Österreich gibt. Die zwei Bio-Chips im Check stammen aus der Schweiz und aus den Niederlanden. Generell schneiden ChipsProdukte in Dosen und Produkte, die auf exotische Geschmacksrichtungen setzen, schlechter ab. Wer sich also bei Chips & Co nicht zurückhalten kann, ist mit den klassischen Chips mit Salz und einem vergleichsweise kleinen „Transportrucksack“ am besten beraten. n ! hervorragend gut kritisch ungenügend Produkt Gekauft bei Swiss bina Food Bio Chips Nature denn's Trafo Bio Kartoffel Chips Naturel denn's Sunsnacks Kartoffel Chips Salz Hofer Clever Chips Billa Kelly's Chips Classic Zielpunkt Crusti Croc Salz Chips Lidl Spar Kelly's funny-frisch Lorenz Lorenz Pringles Sunsnacks Kettle Chips Kelly's Mister Potato Spar Pringles Spar Zielpunkt Spar Zielpunkt Merkur Spar Hofer Billa Spar Penny Spar Billa Chips gesalzen Chips Paprika Chipsfrisch gesalzen Naturals Classic Naturals mit steirischem Kürbiskernöl Original Stapelchips Paprika Mature Cheddar & Red Onion Chips Sour Cream Crisps – Original flavour Potato Crisps Original Xtreme Cheese & Chilli Ökologie Inhaltsstoffe (Zutaten) Palmöl (Verdacht) Gentechnik Transport Verpackung ! nein ! nein ! ! nein nein nein nein nein nein nein nein ja ja nein nein ja ja ja ja Die Bewertung der Produkte erfolgt nach dem Ampelschema: Die Bestnote „Grün!“ bedeutet „hervorragend“, „Grün“ steht für „gut“, Orange heißt „kritisch“, und „Rot“ entspricht „ungenügend“. Stand: Jänner 2013 act 13 Zukunft sichern Nuklearenergie ist billig – dieser Glaubenssatz wird von Atombefürwortern nach wie vor strapaziert. Doch was kostet ein Atomkraftwerk „schlüsselfertig“, und wer stemmt die Kosten tatsächlich? AKW-Baustellen in Frankreich, Finnland und der Slowakei verraten die teure Realität. Was möchte ich meinen Nächsten weitergeben? Was will ich über das eigene Dasein hinaus bewirken? Das sind elementare Fragen, die uns alle eines Tages beschäftigen. Von Julia Kerschbaumsteiner Mythos billige Atomkraft Der Baum des Weiterlebens im Greenpeace-Büro: Menschen, die Greenpeace in ihrem Testament bedacht haben, werden als Blätter verewigt. Petra Taylor Letztwillige Zuwendungen können an mehr als eine Person erfolgen. Sind Erbschaften von der Steuer befreit? Josef Unterweger Ja, Erbschaften sind seit 2008 steuerfrei. Kann man beim Aufsetzen eines Testamentes Fehler machen? Was ist die häufigste Motivation, eine gemeinnützige Organisation im Testament zu berücksichtigen? Wir schicken Ihnen den Ratgeber gerne kostenlos zu. Unsere zuständige Mitarbeiterin Petra Taylor beantwortet Ihre Fragen gerne unter der Telefonnummer 01/545 45 80-85 oder per Mail an [email protected]. Das Testament muss klar und verständlich sein. Zudem müssen die gesetzlichen Formvorschriften eingehalten werden. Wichtig ist auch, dass es auffindbar ist. Deshalb ist es empfehlenswert, sich beim Aufsetzen des Testamentes beraten zu lassen und eine Registrierung des Testamentes zu beauftragen. Eine letztwillige Verfügung ermöglicht es, über den Tod hinaus für eine gute Sache wirksam zu sein. Erblasserinnen und Erblasser können etwas an die Gesellschaft zurückgeben, etwas Gutes tun und möchten auf diese Weise einen Beitrag leisten für eine gute Sache. Die häufigsten Fragen zum Thema Testament beantwortet Dr. Josef Unterweger für uns gleich hier: Jede Person ist über ihr Vermögen allein verfügungsberechtigt. Wenn aber Kinder, ein „Mein letzter Wille“ beantwortet die wichtigsten rechtlichen Fragen rund um das Thema Testament und Nachlass. 14 act Kann ich meinen Nachlass mehreren Begünstigten zuwenden? Entscheide ich allein, wer erbt? Was sollte ich noch bedenken? Letztwillige Verfügungen werden nie zu früh gemacht, aber häufig zu spät! n Fotos: ©GP/Teresa Novotny, ©Dan Taylor, ©GP/Georg Mayer, © Andreas Varnhorn/GP Immer häufiger kommt es vor, dass Menschen auf uns zukommen, weil sie erwägen, Greenpeace in ihrem Testament zu berücksichtigen. Es ist eine persönliche und sensible Entscheidung, wer im Nachlass bedacht wird, und bedarf sorgfältiger Überlegungen. Gemeinsam mit unserem langjährigen Rechtsberater Dr. Josef Unterweger, der auch für tiefgehende juristische Beratung zuständig ist, haben wir einen Ratgeber verfasst, der detailliert zu diesem Thema Auskunft gibt. Ehegatte oder ein eingetragener Partner vorhanden sind, haben diese Personen Anrecht auf einen Pflichtteil. Den pflichtteilsberechtigten Personen steht ein Anteil am Erbe zu, auch wenn sie im Testament nicht erwähnt werden. Regierungen und Betreiber können Atomenergie günstig anpreisen, weil in offiziellen Kostenschätzungen die versteckten Kosten kategorisch heruntergespielt oder ignoriert werden. Diese sind vielfältig: Brennstoff-Kreislauf, Abfallmanagement, der Rückbau nuklearer Einrichtungen, Sicherheit, Infrastruktur, staatliche Garantien und Haftpflicht sind dabei nur einige Stichwörter. Die exorbitanten Kosten, die Atomkraftwerke tatsächlich verursachen, werden von der Bevölkerung finanziert. Wie die Katastrophe von Fukushima verdeutlicht hat, springen Staaten bei den Folgekosten eines Unglücks ein. So wurde die verantwortliche Betreiberfirma Tepco nach dem Super-GAU verstaatlicht – und rund 9,8 Milliarden Euro aus Mitteln der öffentlichen Hand flossen in das marode Unternehmen. Flamanville, Olkiluoto, Mochovce Keine Frage, so ein Atomkraftwerk ist teuer. Auch ein Flug zum Mond kostet richtig viel Geld. Der Druckwasserreaktor (EPR), der derzeit im französischen Flamanville gebaut wird, übersteigt aktuell bereits die Kosten für sieben Flüge zum Mond und zurück. Die französische Betreiberfirma EDF musste kürzlich nicht nur einräumen, dass sich die Baukosten auf 8,5 Milliarden Euro verdreifacht haben, sondern auch, dass die Fertigstellung auf 2016 verschoben werden muss. Eigentlich sollte die Anlage am rmelkanal schon heute etwas mehr als Ä zwei Millionen Haushalten Strom liefern. Für das Geld, das für den EPR ausgegeben wird, hätten 3.000 Windräder installiert werden können, die 3,5 Millionen Haushalte mit sauberem Strom versorgen. Kostenexplosion Der Druckwasserreaktor, der momentan als das Nonplusultra der AKW-Konstruktion gehandelt wird, treibt aber nicht nur EDF den Schweiß auf die Stirn. 2.500 Kilometer weiter nördlich wiederholt sich das Kostendebakel auf der finnischen AKWBaustelle Olkiluoto. Dort wurden die Kosten ebenfalls auf rund acht Milliarden Euro nach oben korrigiert. Der AKW-Neubau, für den vom französisch-deutschen Konsortium aus Areva und Siemens nicht einmal mehr ein Eröffnungsdatum genannt wird, entwickelt sich zum finanziellen Desaster für die Investoren – zumal der finnische Auftraggeber das Konsortium bereits auf 1,8 Milliarden Euro Schadenersatz verklagt hat. Und auch unser Nachbarland schlägt sich mit einer sündteuren AKWBaustelle herum. Nach Greenpeace-Berechnungen hat die Bauverzögerung in Mochovce die slowakische Bevölkerung schon jetzt 490 Millionen Euro gekostet. Die Beispiele zeigen, dass der Mythos der billigen Atomenergie einer realen Betrachtung nicht standhält. Werden Folgekosten beim Austritt radioaktiver Strah- lung, Folgekosten der Prozesskette des Abbaus und der Weiterverarbeitung von Uran, Kosten als Folge terroristischer Anschläge, Proliferation von Plutonium und Folgekosten und -risiken von Endlagern in die Kalkulationen einberechnet, so zeigt sich: Atomstrom ist extrem teuer. Eine Kilowattstunde Atomstrom kostet dann 16,4 Cent. Zum Vergleich: Eine Kilowattstunde Ökostrom ist bereits ab 7,17 Cent zu haben – und wird zunehmend billiger. Um den Ausbau erneuerbarer Energiequellen in Österreich voranzutreiben, wird auch Ökostrom aus Windkraft, Biomasse und Photovoltaik sowie neuen Wasserkraftanlagen bis zu einer bestimmten Leistung gefördert. Die Mehrkosten für Ökostrom sind jedoch transparent gestaltet und dienen dem Ausbau von sauberen, nachhaltigen Technologien, die ohne schmutzige Geheimnisse auskommen. Erneuerbare Energiequellen wie Wasser, Sonne und Wind sind gemeinsam mit der effizienten Nutzung von Energie der einzig gangbare Weg, um unseren Energieverbrauch langfristig sicher, kostengünstig und sauber zu decken. Regierungen, die weiterhin auf teure und hochgefährliche Atomenergie setzen, müssen endlich damit aufhören, die Interessen von riesigen Energiekonzernen durchzusetzen, und zu Vertretern von zukunftsorientierten Gesellschaften werden. n act 15 Wahr ist: Die Welt ein wenig verbessern geht ganz einfach! Foto: © Simon Lim/GP schen Kraftwerke sukzessive ersetzen. Mit den Einnahmen aus den bestehenden Stromverträgen, also dem Bezahlen der Stromrechnung, können diese Anbieter in neue Photovoltaikanlagen, Windrad-Parks oder Biomasseanlagen investieren – und künftig noch mehr grünen Strom produzieren. Damit kommen wir einer Energiewende immer näher. Mehr Grünstrom und weniger fossile Energie bedeutet weniger CO2-Emissionen und damit einen geringeren Temperaturanstieg. Und der muss dringend gebremst werden, wenn wir so einmalige Gebiete wie die Arktis für die Zukunft sichern wollen. Grüne Steckdosen Die Energiewende kann nur geschafft werden, wenn die Endnutzer mehr Sensibilität für grünen Strom entwickeln. Angebote für günstigen Strom aus erneuerbaren Quellen gibt es mittlerweile genug – wann greifen die Konsumenten zu? Von Marcelline Langer Ich wette, Sie können mir sagen, woher die Milch und das Gemüse kommen, das Sie im Supermarkt oder auf dem Markt kaufen. Bei manchen von Ihnen hängen wahrscheinlich auch ökologisch verträglich produzierte Textilien im Kleiderschrank. Bei anderen Produkten tappen die meisten bezüglich der Umweltverträglichkeit noch im Dunkeln. Ich wette – wieder –, nur die wenigsten wissen über die Zusammensetzung des Stroms, den sie beziehen, Bescheid. Der kommt einfach aus der Steckdose und hat auf den ersten Blick keine Farbe, kein Label, keine Ursprungsbezeichnung – und trotzdem ist Strom nicht gleich Strom! Festzustellen, welche Art von Strom Sie beziehen, ist ganz einfach: Werfen Sie mal 16 act einen Blick auf ihre letzte Stromrechnung. Diese weist die atomaren, fossilen oder erneuerbaren Quellen aus, von denen er stammt. Auf den Mix kommt es an Früher waren diese Informationen kaum zu finden, schon gar nicht auf der Stromrechnung. Dank des jahrelangen Engagements von Greenpeace besserte sich die Situation kontinuierlich. Vor kurzem sind wir einen wirklich großen Schritt weitergekommen: Künftig muss jede Kilowattstunde Strom, die den Verbrauchern verkauft wird, mit einem Ursprungsnachweis (Zertifikat) versehen werden. Das ist ein erster, wichtiger Schritt für mehr Transparenz, denn bis jetzt hatte Strom „kein Mascherl“. Greenpeace konnte darüber hinaus erreichen, dass die österreichischen Energieversorgungsunternehmen (EVU) ab 2015 keinen Atomstrom mehr an ihre Kunden liefern und das mit Nachweisen garantieren. Österreich ist hiermit das erste Land, das nicht nur auf Atomkraftwerke verzichtet, sondern darüber hinaus den Import von Atomstrom stoppt. Das ist eine schlechte Nachricht für die AKW-Betreiber in unseren Nachbarstaaten – mit Österreich machen sie kein Geschäft mehr. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von neuen Stromanbietern, die Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energien (z. B. Sonne und Biomasse) produzieren und verkaufen. Die neuen Energiequellen können die bestehenden CO2-intensiven thermi- Stromwechseln – ein Kinderspiel! Nur 1,5 Prozent (!) der Österreicher wechseln pro Jahr ihren Stromanbieter – das macht Österreich damit europaweit zu einem Schlusslicht unter den Stromwechslern. Der Wechsel zum grünen Strom hat nochmal mit ein paar Vorurteilen zu kämpfen, die bei den Stromverbrauchern für Skepsis sorgen. So heißt es, dass Grünstrom teurer als der herkömmliche Atomoder Kohlestrom-Mix wäre. Das ist falsch! Ein Blick auf den Tarifkalkulator der Ener- giebehörde E-Control zeigt, dass Grünstrom sehr wohl preislich mit anderen Stromprodukten konkurrieren kann. Ein weiteres Vorurteil lautet, Grünstrom sei nicht so „effizient“ wie herkömmlicher Strom. Das ist ebenfalls falsch! Die Qualität des Stroms unterscheidet sich nicht. Behauptet wird auch, dass man für Ökostrom eigene Stromzähler und Kabel verlegen müsse: nochmal ganz falsch! Die bestehende Infrastruktur funktioniert selbstverständlich auch bei nachhaltig erzeugtem Strom. Besonders hartnäckig erweist sich das Gerücht, dass bei einem Stromwechsel die Gefahr bestehe, dass der Strom abgestellt würde. Und das ist ganz falsch. Die Energieversorger sind verpflichtet, jedem Haushalt eine durchgehende Stromversorgung zu gewährleisten – der Wechsel zu einem neuen Energieversorger geschieht ohne wahrnehmbare Veränderung für den Verbraucher. Der neue, ökologische Stromanbieter übernimmt alle Formalitäten. Wahr ist: Die Welt ein wenig verbessern geht ganz einfach – online, direkt beim Stromanbieter und neuerdings auch im Supermarkt! Hofer bietet gemeinsam mit der oekostrom AG einen Erneuerbare Energie (Sonne, Wasser, Wind) Anbieter von Greenpeace empfohlen Erneuerbare Energie (Sonne, Wasser, Wind) speziellen Grünstromtarif österreichweit in seinen Filialen an. Zwar ist die Aktion aufgrund der immensen Nachfrage schon ausverkauft, doch es soll bald zu einer Folgeaktion kommen. Greenpeace unterstützt diese Aktion, und wir hoffen, dass weitere Einzelhandelsunternehmen diesem Beispiel nacheifern, um Stromwechseln noch einfacher zu gestalten. Greenpeace-Stromcheck Der aktuelle Stromcheck von Greenpeace bietet Wechselwilligen zusätzliche Informationen über den Strommix bestehender Produkte, bei dem die besten Anbieter für nachhaltigen Strom ausgewiesen wurden (siehe Grafik). AAE Naturstrom und die oekostrom AG sind unter den österreichischen Stromlieferanten für private Endverbraucher nach wie vor das Maß aller Dinge. Beide weisen einen einwandfreien Strommix auf, der sich zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie zusammensetzt und dessen Ausbau aktiv fördert, sie arbeiten transparent und lassen ihre Finger vom Graustrom. So soll Strom sein! n webtipp: www.greenpeace.at/stromcheck Fossile Energie (Kohle, Gas) Atomenergie Stromnachweise AAE Naturstrom oekostrom AG VKW BEWAG Salzburg AG TIWAG STEWEAG-STEG Energie AG EVN Wien Energie KELAG Verbund Haushalt Verbund Industriekunden 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Durchschnitt act 17 Foto: ©GP/Georg Mayer Interview: Birgit Bermann Wie sieht unsere Zukunft aus – Mensch oder Auto oder Mensch und Auto? Das kommt darauf an. Ich kann da nur mit Paracelsus sprechen: Alles ist Gift, es kommt immer auf die Dosis an. Und unsere Autodosis ist derzeit viel zu hoch. Wie kommen wir zu einer verträglichen Verkehrsdosis? Indem man Alternativen schafft. Und die sieht so aus, dass es weniger lustig ist, Auto zu fahren, als etwas anderes zu tun. Ich habe den Weg zu Ihnen mit der UBahn zurückgelegt. Das war o. k., ja – aber lustig? Nein. Mit dem Auto wäre es noch we- niger lustig gewesen. Sie hätten keinen Parkplatz gefunden, und wenn doch, dann müssten Sie etwas zahlen. Noch lange nicht das, was es wirklich kostet, aber einen kleinen Teil davon. Und das führt bei den meisten Autofahrern schon zu unangenehmen Gefühlen. Mobilität kann nicht nur über Gebühren geregelt werden. Nein, sicher nicht. Die Gebührenschraube ist eine Symptom behandlung, es muss über die Struktur geredet werden. Wenn Sie mit dem Auto Hermann Knoflacher (geboren 1940 in Villach) ist emeritierter Professor und ehemaliger Vorstand des Instituts für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik an der TU Wien. Er realisierte zahlreiche Gesamtverkehrskonzepte, u. a. in Wien, Graz und Hamburg. Er ist Mitglied des Club of Rome und des Club of Vienna und globaler Fußgehervertreter der Vereinten Nationen. Im April erscheint sein neues Buch: „Zurück zur Mobilität – Anstöße zum Umdenken“, Ueberreuter Verlag. 18 act hierherfahren wollen und wissen, es gibt hier keinen Parkplatz, dann werden Sie zu Hause nicht mit dem Auto wegfahren. Aber natürlich ist es besser, wenn Sie zu Hause auch keinen Parkplatz vor der Haustüre haben. Welche Strukturen müssen verändert werden? Die Bauordnung! Wir haben noch eine alte „Reichsgaragenordnung“ von Adolf Hitler. Die Präambel schreibt vor, dass zu jeder Wohnung und zu jedem Gewerbebetrieb für die bestehende und in Zukunft zu erwartende Anzahl an Autos Abstellplätze geschaffen werden müssen. Die Tiroler Bauordnung schreibt sogar drei Stellplätze vor – für eine Wohnung! Welche Strukturen halten Sie für wichtig? Ich halte das für richtig, was für die Menschen gesund, sicher ist und für die Zukunft weniger riskant ist. Ein Autofahrer kann jemanden überfahren, er erzeugt Lärm und Abgase und nimmt allen anderen den Lebensraum weg. Ein unmenschliches Verhalten. Das Auto hat in einem Umfeld menschlicher Werte mit Ausnahme seiner zentralen Funktionen nichts verloren: für jene, die sich physisch nur eingeschränkt bewegen können, für Transportaufgaben und für Noteinsätze. Wenn ein Politiker sagt: „Vorrang für den öffentlichen Verkehr“, und das ernst nimmt, bedeutet das, dass die Wege zu und vom geparkten Auto länger sein müssen als zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrs. Sonst lügt er die Menschen bewusst an. Tut das die Politik in Österreich? Natürlich! Die versteht schon lange nicht mehr, was sie tut. Sie glaubt zum Beispiel an den Unsinn von Zeiteinsparungen oder an Berechnungen über wirtschaftlichen Nutzen durch hohe Geschwindigkeiten. Eine völlige Absurdität. Haben Sie keine Angst vor wütenden Autofahrern? Hätte ich die jemals gehabt, gäbe es in Wien keine Fußgängerzone, keine Radwege und in vielen anderen Städten, wo ich geplant habe, ebenfalls keine Fußgängerzone, keine verkehrsberuhigten Zonen, kein Tempo 30. Was macht die Faszination Auto aus? Es ist der Körperenergieverbrauch. Der findet im ältesten Teil unseres Gehirns statt, dem Hypothalamus. Dort dringt das Auto ein. Das Auto will eine für das Auto angenehme Umwelt, und genau das haben wir in den letzten hundert Jahren gebaut, eine Welt für Autos und nicht für Menschen. Wenn die Menschen vom Auto virus befallen sind, sehen sie die Welt so, wie es das Auto gerne hätte. Was passiert, wenn wir uns vom Virus Auto geheilt haben? Dann beherrschen wir das Auto, nicht das Auto uns. Ich habe das empirisch und in der Praxis x-mal nachgewiesen: Erzeuge ich eine autofreie Umgebung, dann können die Menschen leichter auf das Auto verzichten. Ich habe Städte erlebt, die bis heute leiden, weil sie diese Therapie nicht anwenden wollen – und im Wesentlichen ihre Stadt sterben lassen. n Foto: ©GP/Kurt Prinz Interview Verkehrswissenschaftler Prof. Hermann Knoflacher über Mobilität, das Autovirus und warum in der Bauordnung die Lösung für die Verkehrsprobleme liegt. Kommentar „Unsere Autodosis ist viel zu hoch“ Fortschritt oder Armutszeugnis? „Umweltfreundlicher, sozialer, sicherer und effizienter“ – so stellt sich Verkehrsministerin Doris Bures im neuen Gesamtverkehrsplan die Zukunft des Verkehrs vor. Wird jetzt alles besser? Von Jurrien Westerhof Um diese knifflige Frage zu beantworten, werfen wir zuerst mal einen Blick auf den vorigen Generalverkehrsplan von Ministerin Forstinger (FPÖ). Zentrale Begriffe anno 2002 waren: „Infrastrukturbedürfnisse“, „Wettbewerbsfähigkeit“ und „Wirtschaftsstandort“ – in Gedanken sieht man die LKW vorbeidonnern. Damals wollte man „hochrangige Straßenverbindungen so rasch wie Eine vernünftige Verkehrspolitik sieht definitiv anders aus! möglich ausbauen“, heuer lesen wir: „Der Schlüssel liegt im Ausbau des öffentlichen Verkehrs.“ Beherrschen jetzt bald radfahrende Mütter mit Kindern das Straßenbild, und werden Sattelschlepper verboten? Nein – denn hinter vielen der jetzigen Ankündigungen steht nicht sehr viel Substanz. Der öffentliche Verkehr hat zwar deutlich an Bedeutung gewonnen, aber das meiste Geld wird laut Plan weiter in sündteure und unnötige Eisenbahntunnels gesteckt. An den 2002 angekündigten Autobahnprojekten wird ebenfalls weiter festgehalten – obwohl der Straßenverkehr seit 2006 stagniert. Und die von Ministerin Bures angekündigte Verringerung des Energieverbrauches und der CO2-Emissionen im Verkehr wird auch so erreicht werden – weil die Autos allmählich sparsamer werden. Grund hierfür ist übrigens, dass sich Greenpeace vor Jahren intensiv dafür eingesetzt hat, dass die Autohersteller verpflichtet werden, das zu tun, was sie seit langem könnten – nämlich sparsamere Autos bauen! Was wirklich gebraucht wird, ist ein rascher Ausbau der Schnellbahnverbindungen um die Städte – und der bleibt für hunderttausende Pendler weiterhin ein Traum, der nicht erfüllt werden wird. Die nötigen Mittel dafür werden nämlich im Koralm- und Semmeringtunnel vergraben. Und es kommt noch schlimmer: Weiteren Bahnstrecken droht die Stilllegung. Solange der LKWVerkehr weiterhin mit günstigem Diesel und fehlenden Kontrollen gefördert wird, Güterzüge aber mit hohen Schienenmauten belastet sind, wird es nicht gelingen, den Güterverkehr auf die Bahn zu verlagern. Sinnlose Projekte Bei der Verkehrspolitik prallen viele Interessen und Wünsche aufeinander. Niederösterreich will z. B. unbedingt die Nordautobahn weiter bis zur tschechischen Grenze ausbauen – auch wenn die bisherige Strecke mangels Verkehr einer Geisterautobahn gleicht und die Autobahn an der Grenze aufhören würde. Dasselbe Niederösterreich hat vor einigen Jahren aber viele Regionalbahnschienen von den ÖBB übernommen – und zahlreiche Strecken sofort stillgelegt. Eine vernünftige Verkehrspolitik sieht definitiv anders aus! Niederösterreichische Interessen dürften auch hinter der Entscheidung stehen, Pendlern in Zukunft mit zwei Euro pro Kilometer und Jahr entgegenzukommen. Wer also 50 Kilometer von der Arbeit entfernt wohnt, bekommt ab 2013 dafür 100 Euro ausgezahlt – auch wenn die Strecke im Porsche Cayenne zurückgelegt wird. Im Wahljahr 2013 ein nettes Zuckerl für die Wähler, umweltpolitisch ist es das falsche Signal. 150 Millionen Euro kostet das den Staat. 27 Millionen Euro gibt das Land Niederösterreich jährlich für die Finanzierung des regionalen Bahnverkehrs aus, und immer noch drohen Strecken gesperrt zu werden. Positive Ansätze Positiv im aktuellen Generalverkehrsplan ist das steuerfreie Job ticket. Diese „Öffi-Variante“ des steuerbegünstigten Dienstautos macht es für Arbeitgeber attraktiver, ihren Mitarbeitern eine Jahreskarte zum Beispiel für die Bahn anzubieten. Und gelingt es wirklich, eine flächendeckende Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln umzusetzen, dann wäre das ein großer Sprung vorwärts – denn man kann nicht ernsthaft von Autobenutzern verlangen, auf Bus oder Bahn umzusteigen, wenn weit und breit kein Bus oder keine Bahn fährt. In Vergleich zum Asphaltierprogramm von 2002 ist der jetzige Verkehrsplan eine deutliche Verbesserung. Die entscheidende Frage wird aber sein, was davon tatsächlich umgesetzt wird – oder ob die österreichischen Verkehrspolitik nur am Papier ein Fortschritt ist und in der Praxis ein Armutszeugnis abgibt. n Jurrien Westerhof ist Klima- und Energieexperte bei Greenpeace CEE. act 19 lisierten, nicht nachhaltigen Landwirtschaft. Immer monotonere Landschaften, der Einsatz von Pestiziden, der Verlust von intakten Ökosystemen, aber auch Parasiten sind die Hauptgründe dafür. Der Zusammenhang zwischen Bienensterben und Pestizideinsatz wird mittlerweile durch immer mehr Studien bestätigt. Besonders gefährlich sind zum Beispiel Neonikotinoide, eine Gruppe von Insektiziden, die unter anderem zur Saatgutbehandlung eingesetzt wird. Sie haben auf die Bienen eine nikotinähnliche Wirkung und beeinflussen das Nervenleitsystem der Tiere. Die Auswirkungen reichen von Koordinationsverlust über Flügellähmung bis hin zum Tod. Die Gifte können die Immunabwehr der Bienen schwächen und sie anfälliger für Krankheiten und Jahr für Jahr wieder mit Neonikotinoiden gebeiztes Saatgut ausgebracht wird. Zwar gibt es einige Auflagen für die Anwendung einiger Pestizide, notwendig wäre aber ein Verbot zumindest der für die Bienen gefährlichsten Pestizide und die konsequente Einführung einer Fruchtfolge auf den Feldern. Das bedeutet, dass nicht einfach mehrere Jahre hintereinander die gleiche Pflanze, wie zum Beispiel Mais, angebaut werden darf, sondern verschiedene Pflanzen abgewechselt werden. Um auf das eingangs erwähnte Zitat zurückzukommen: Wenn es um die Bienen tatsächlich so schlecht steht – was bedeutet das für den Menschen? Bienen sind maßgeblich am landwirtschaftlichen Ernteerfolg beteiligt. Sie bestäuben sehr viele Kulturpflanzen, wir weiterhin am Gebrauch dieser Pestizide fest, wird auch das massive Bienensterben weitergehen. Ein Blick nach China könnte uns dann wie ein Blick in unsere Zukunft erscheinen. Dort werden nämlich bereits jetzt aufgrund des Rückgangs der Bienenvölker ganze Plantagen von Menschenhand bestäubt. Wäre das auch für Österreich vorstellbar – ObstplantagenBestäuber als neuer Wirtschaftszweig? Die Zyniker unter uns könnten sich zumindest über viele neue Arbeitsplätze freuen. Greenpeace-Kampagne Wenn wir in Europa diesem Horrorszenario entgehen möchten, führt an einer nachhaltigen Landwirtschaft kein Weg vorbei. Nur ökologischer Anbau kann dem Sterben der Bienen entgegenwir- Der Rückgang der Bienen gefährdet auch unsere Nahrungsmittelsicherheit. Halten wir weiter an Pestiziden fest, wird auch ihr Sterben weitergehen. Massives Bienensterben: Die industrielle Landwirtschaft trägt einen großen Teil dazu bei. Durch den Einsatz von Pestiziden, wie zum Beispiel Neoniko tinoiden, werden die Bienen orientierungslos, leiden an Flügellähmung und sterben. Ganze Bienenvölker verschwinden, und die Obst- und Gemüseernten erleiden enorme Einbußen. Das Sterben der Bienen Umweltgifte und eine industrialisierte Landwirtschaft wirken sich auf Bienenvölker zunehmend verheerend aus – unter ihnen hat ein Massensterben begonnen. Lösungen gibt es. Greenpeace fordert in einer europaweiten Kampagne deren rasche Umsetzung. Von Christine Gebeneter 20 act Wenn die Bienen aussterben, haben die Menschen noch vier Jahre zu leben.“ Das Albert Einstein zugeschriebene Zitat wird in den letzten Jahren oft bemüht, wenn es um das Thema Bienen geht. Aber weshalb? Sind unsere Bienen tatsächlich in so großer Gefahr? Die Antwort lautet: Ja! Und das, obwohl wir mit ökologischer Landwirtschaft eigentlich wirksam gegensteuern könnten. Die Situation ist dramatisch: Seit Ende der 1990er-Jahre wird insbesondere in Nordamerika und Europa ein Massensterben unter den Bienen beobachtet. Jedes Jahr beklagen allein in Österreich Dutzende Imker den Verlust ihrer Bienenvölker. Die Gründe für das weltweite Bienensterben sind vielfältig, und die meisten davon wurzeln in der industria- und Parasiten, wie etwa die gefürchtete Varroamilbe, machen. Oder sie finden gleich überhaupt nicht mehr nach Hause, denn Neonikotinoide vernebeln den Orientierungssinn. Als Folge verschwinden ganze Völker spurlos. In Italien, Frankreich, Norwegen, Deutschland und Slowenien wurden Neonikotinoide bereits mit dem Massensterben von Bienen in Verbindung gebracht und zumindest teilweise verboten. Auf EU-Ebene gibt es immerhin erste kleine Schritte in Richtung Bienenschutz. Rund um Österreich wird also schon gehandelt, während bei uns das Problem des massiven Bienensterbens immer noch kleingeredet wie Obstbäume und unzählige Gemüsesorten. Laut FAO sind rund zwei Drittel unserer Kulturpflanzen von bestäubenden Insekten abhängig. Lebensnotwendige Bienen Neben den Bienen fungieren auch andere Tiere wie Vögel, Schmetterlinge und Insekten als Bestäuber. Werden diese Bestäuber durch den Einsatz von Pestiziden gefährdet, führt das auf lange Sicht zu einer geringeren Vielfalt unserer Lebensmittel und von natürlich vorkommenden Pflanzen. Übersetzt bedeutet das: Der Rückgang der Bienen gefährdet auch unsere Nahrungsmittelsicherheit. Halten „Geben wir Bienen eine Chance!“ Harald Singer ist Imkermeister, Biologe und Ehrenpräsident des Österreichischen Erwerbsimkerbundes und des Europäischen Berufsimkerbundes. Seit über einem Jahrzehnt registriert er schwere Schäden unter den Bienen. Welche Bedeutung haben Bienen? Die Bienen haben eine ökologische und ökonomische Bedeutung. Ein Drittel der globalen Lebensmittelproduktion und zwei Drittel der Nahrungsmittelpflanzen sind von Bestäuberinsekten abhängig. Honigbienen und Wildbienen sind ein Indikator für das gesamte Ökosystem. Sie zeigen den Grad der Umweltbelastung. Wie sind Ihre Erfahrungen als Imker mit dem Bienensterben? Einerseits gibt es spontanes Sterben von Sammelbienen und ganzen Bienenvölkern. Zum anderen schleichende Vergiftungssymptome wie Bienenverluste, Drohnenverluste und Königinnenausfälle. Seit wann gibt es Probleme? Probleme mit Agrochemikalien gibt es seit deren Ausbringung. 1995 wurden starke Bienenverluste durch Spritzmittelschäden dokumentiert. Seit 1999 nehmen die Schäden massiv zu, und 1999 wurden bei abgestorbenen Bienen Pflanzenschutz mittelwirkstoffe nachgewiesen. ken. Vernünftige Fruchtfolgen können den Einsatz großräumiger Chemiekeulen ersetzen und damit auch die Ausbreitung von Schädlingen eindämmen. Wir dürfen nicht länger tatenlos zusehen, wie immer mehr Bienen sterben. Greenpeace hat Anfang dieses Jahres eine europaweite Kampagne zum Schutz der Bienen gestartet und fordert als ersten Schritt zur Bienenrettung, die für die wertvollen Insekten gefährlichsten Pestizide sofort von unseren Feldern zu verbannen. Ein Verbot ist zwar nur ein kleiner Schritt in Richtung nachhaltige Landwirtschaft. Für die Biene ist es aber ein Meilenstein. n Was sind die Ursachen? Das Bienensterben hat mehrere Faktoren. Pflanzenschutzmittel werden zunehmend dafür verantwortlich gemacht. Dadurch geschwächte Bienenvölker sind Viren, Bakterien, Pilzen und Parasiten wie der Varroamilbe ausgeliefert und sterben dann häufig an Sekundärinfektionen. Was bedeuten Bienen für Sie? Honigbienen sind für mich und meine Familie der Lebensinhalt. Sie sind faszinie rende, komplexe Organismen. Bienen haben zum Glück uns Imker als Fürsprecher. Sie zeigen uns ein Artensterben ungeheuren Ausmaßes. Wenn wir Menschen das nicht in den Griff bekommen, wird eine ökologische und ökonomische Katastrophe auf uns zukommen. Honigbienen sind unersetzlich und für das Überleben notwendig. Geben wir den Bienen und damit uns selbst eine Chance für die Zukunft! act 21 Schwarmintell igenz Von Florian Bolka 22 act Ein Stück Welt retten kann so einfach sein: Der Nationalpark Cabo Pulmo an der mexikanischen Westküste ist ein geschütztes Natur paradies und UNESCO-Weltkulturerbe. Ein viel zu schönes Kleinod, um es hunderttausenden Besuchern jährlich vorzuenthalten, dachte sich die Tourismusindustrie. Es kam, wie es kommen musste: 2011 genehmigt die Regierung ein Urlaubsresort mit 27.000 Zimmern direkt neben dem Nationalpark. Aber es kam auch, wie es kommen soll: Um Cabo Pulmo zu erhalten, hat Greenpeace in Mexiko in nur drei Monaten 222.000 Unterschriften gesammelt und so dessen dauerhaften Schutz erreicht. Was war geschehen? Dass nachhaltiger Schutz der Meere den Inter essen der Allgemeinheit mehr entspricht als eine intensive Bewirtschaftung der Küste, von der nur wenige profitieren – so viel war auch vor dem Einlenken der verantwortlichen Politiker klar. Aber auch, dass die Interessen der Mehrheit sehr leicht ignoriert werden können, wenn sie nicht gebündelt zum Ausdruck kommen. Eine Un- terschrift unter einer Petition mag Ihnen nicht viel vorkommen – gemeinsam mit zehn- oder hunderttausenden anderen in den Händen einer Organisation wie Greenpeace wird sie zum alles entscheidenden Druckmittel. Oder um es ganz plastisch auszudrücken: Aus vielen kleinen Fischen wird ein großer Hai. Hinter diesem Prozess steckt viel Aufwand. Ein sehr wichtiger Teil unserer Arbeit bei Greenpeace dreht sich um die Mobilisierung von Ihnen und weltweit Millionen Menschen. Damit wir die Umwelt durch gezielte Kampagnen erfolgreich schützen können, bedarf es des Engagements von sehr vielen. Zwar kann nicht jede Unterschrift zu einem Kampagnensieg führen, aber es gibt kaum Kampagnensiege ohne die Unterstützung durch viele einzelne kleine Fische. Das Schöne an Unterschriften ist: Sie funktionieren auch über Ländergrenzen hinweg. Im Sommer 2012 wurde der Plan Süd koreas bekannt, wieder in den so genannten „wissenschaftlichen“ Walfang einzusteigen. Um das zu verhindern, legte Greenpeace den nächsten Schritt zu tun: Kontakt zu den verantwortlichen Politikern durch Faxe und Anrufe im türkischen Umweltministerium aufzunehmen. Und siehe da, persönliche Ansprache zahlt sich aus: Das Thema landete auf der politischen Agenda. Eine große Anzeige in ei- okus auf internationalen Druck. F Und tatsächlich – nach Unterschriften von über 100.000 Menschen weltweit ließ Südkorea seine Walfang-Pläne fallen. Von klassisch zu 2.0 Die digitale Vernetzung hat die Mobilisierung einfacher und komplizierter zugleich gemacht – denn heute sind viele Puzzleteile und ihr optimales Zusammenspiel notwendig. Ein Beispiel dafür ist unsere 2011 gestartete „How Big is Yours“Kampagne in der Türkei gegen die Überfischung des Mittelmeers durch den Fang zu kleiner Fische. Die Menschen für das Thema Meeresschutz zu sensibilisieren und sie dann noch zu einer Aktion zu mobilisieren hört sich einfach an, bedarf aber ausgeklügelter Planung. In die Kampagne wurden Spiel-Mechanismen implementiert, um mit einem Augenzwinkern zuerst einmal Bewusstsein zu schaffen: Wie groß ist deiner? – gemeint war der Fisch am Teller, am Markt oder im Supermarktregal. Im Laufe der Kampagne war ein Teil der bereits mobi lisierten Menschen bereit, den Für den Schutz der Arktis vor Ausbeutung durch gierige Rohstoffkonzerne muss eine ganze Bewegung geschaffen werden. In weniger als einem Jahr hat Greenpeace es erreicht, dass weltweit über zwei Millionen Menschen unsere ArktisPetition unterschrieben haben – fährlichen Projekte zur Zerstörung der Arktis aufgeben. Greenpeace in Österreich ist Teil dieser Bewegung, und anders als unsere Kollegen in den Arktis-Anrainerstaaten müssen wir einen anderen Mobilisierungsweg einschlagen. Uns beschäftigt die Frage: Wie fänger mobilisierbar sind, um dieses Projekt zu realisieren: Helfen Sie mit unter www. greenpeace.at/WeAreFish oder scannen Sie den QR-Code. Nicht jede Unterschrift kann zu einem Kampagnensieg führen, aber es gibt kaum Kampagnensiege ohne die Unterstützung vieler einzelner kleiner Fische. Illustration: Karin Dreher Es gibt Kampagnen, die gewinnt man mit einer Unterschriftenpetition. Für andere ist ein ganzes Feuerwerk an Maßnahmen notwendig. In jedem Fall brauchen wir jeden einzelnen Unterstützer – lassen Sie sich von uns mobilisieren! ner populären türkischen Zeitung – finanziert von 1.500 Unterstützern – war eine weitere Mobilisierungsleistung und wurde kurz vor der entscheidenden Sitzung platziert. Das Ergebnis all dieser Anstrengungen, zehntausende Menschen zu unterschiedlichen, aufeinander abgestimmten Aktionen innerhalb einer Kampagne zu bewegen: Drei bedrohte Fischarten erhielten gesetzlichen Schutz! Wenn es jetzt um die Rettung einer ganzen Region geht, sind die Maßstäbe noch größer und die Herausforderungen noch gewaltiger: das Fundament unserer Arbeit. Zehntausende haben durch Gespräche, Vorträge und in sozialen Netzwerken die Arktis zum öffentlichen Thema gemacht, Tausende haben uns mit kreativen Werken unterstützt und so andere sensibilisiert und viele Hunderte sich an unseren zahlreichen Aktionen beteiligt – und damit das Thema in die Medien gebracht. Jetzt gilt es, das Tempo zu halten und einen langen Atem zu haben – denn die Gegner der Arktis sind mächtig. Sie müssen den Druck all dieser Menschen lange und deutlich spüren, bis sie ihre ge- mobilisiert man breitenwirksam weit abseits der Arktis für ihren Schutz? Wie kann man in Österreich einen Beitrag für die internationale Kampagne leisten? Indem man Entschlossenheit und Willen zeigt und damit wieder international Menschen inspiriert! Österreich für die Arktis Im Februar haben wir unser Mobilisierungsprojekt „We are Fish“ gestartet, das unserer Bewegung ein Gesicht gibt. Neugierig? Wir haben uns gefragt, wie viele der rund 100.000 österreichischen act-Emp- Ob Unterschriften, Anrufe, Abstimmungen, finanzielle Unterstützung, kreative Taten, aktionistischer Einsatz oder alles zusammen – es gibt für jeden Möglichkeiten, sich einzubringen. Wichtig ist, dass wir es tun – und manchmal auch langfristig dabeibleiben. Auch wenn Sie beim Telefonieren, beim E-Mailen, beim Faxen und/oder beim Unterschreiben unmittelbar auf sich gestellt sind – es gibt eine große Zahl an Menschen, die hinter Ihnen steht und bereit ist, mithilfe einer Organisation wie Greenpeace einen großen Haifisch zu formen! n act 23 Greenpeace leistet gute Arbeit als weltweite Lobby gegen die Ausbeutung unseres Planeten und ist eine der ersten Adressen in Sachen finanzieller Unterstützung. Peter Miklas Greenpeace ist hochkompetent und erreicht eine hohe Öffentlichkeitswirksamkeit. Ich unterstütze Greenpeace schon lange und werde es auch weiterhin tun. Nicolette Waechter Ich habe mich schon gegen Atomkraftwerke eingesetzt, meine Motivation ist die Erhaltung der Erde für die Nachkommen! Gertrud Kaminger 30 Wir haben nur diesen einen Planeten, und um diesen zu schützen, ist eine kleine Spende das Mindeste, was man tun kann. Gunhart Stix Ich bin dabei und hoffe, dass Greenpeace noch lange so engagiert dafür kämpft, dass wir Menschen nicht den Ast absägen, auf dem wir alle gemeinsam sitzen. Clara Luzia Jahre Das ist der einzige Planet, den wir haben, und wir werden vielleicht noch im Wohlstand leben, aber was ist mit unseren Kindern und deren Kindern? Jacob Vogt in Österreich Drei Jahrzehnte erfolgreiche Umweltschutzarbeit in Österreich verdanken wir vor allem unseren vielen Unterstützern und Unterstützerinnen! Wir freuen uns, wenn Sie uns und anderen umweltbewussten Menschen zu unserem Jubiläum erzählen, aus welchen Gründen Sie Greenpeace fördern! Unter www.greenpeace.at/30jahre Ihr Foto und Zitat hochladen und mit anderen GreenpeaceUnterstützern teilen! DANKE! Jetzt spenden: Erste Bank, 822 212 198 00, BLZ 20111 oder unter www.greenpeace.at Jetzt spenden: PSK, KNR. 7.707.100, BLZ 60.000 oder unter www.greenpeace.at