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Ausgabe 02/2008 SILOG News Automation für Post, Kurier-, Express- und Paket Service Postal Automation Inhalt 01 Modell-Projekt Die Schweizerische Post hat ihre Briefsortierung landesweit automatisiert 04 Brief auf Reisen Wie von Geisterhand getrieben, wandert ein Brief durch das Briefzentrum Härkingen Schweiz: Post-Projekt mit Modellcharakter Postlogistik aus einem Guss 2009 ist es so weit: Dann vollzieht die Schweizerische Post die letzten Schritte ihres bisher größten Modernisierungsprojektes. Das Projekt Re-Engineering Mail Processing (REMA) krempelte das alte Logistik- und Sortierkonzept völlig um, baute auf der grünen Wiese wie auch in einem historisch geschützten Gebäude, zentralisierte und automatisierte. Das Ergebnis: eine der fortschrittlichsten Brieflogistik-Lösungen der Welt mit optimalem Auslastungskonzept, geringem manuellen Aufwand und jährlichen Einsparungen von 170 Millionen Franken. Der Projektpartner: Siemens. Das Logistik- und Sortierkonzept der Schweizerischen Post war nicht wirklich alt, bevor sie sich einen neuen Anzug verpasste. In insgesamt 18 Postzentren in der Schweiz sortierten schon in den 90er Jahren Anlagen das Briefgut automatisch. Doch zum Ende des Jahrtausends hat der Trend zur Liberalisierung in Europa großflächig Fuß gefasst. In der Schweiz wurde der Staatsbetrieb PTT im Jahr 1998 in die Post und die heutige Swisscom aufgeteilt. Bis 2012 hat der Schweizerische Bundesrat die totale Öffnung des Briefmarkts vor- gesehen. Verändert hat sich Ende der 90er Jahre auch der Postmarkt: Mit dem schnell wachsenden weltweiten Internet und seiner Nutzung zog eine neue Form der Kommunikation und auch des Handels in die Gesellschaft ein. Der Effekt: Das Briefaufkommen stagniert, ist leicht rückläufig oder hat – je nach Land – nur noch minimale Zuwächse. Dafür werden aber mehr und mehr Waren über das Internet geordert. Viele Postgesellschaften stellen eine Verschiebung von der klassischen Post zur Werbe- und Response-Post fest. >> 06 Motorrad-Bote In der Schweiz und in Australien kommt die Post auf dem motorisierten Zweirad Newsletter SILOG News 1 Editorial Dr. Stefan Keh, Leiter Business Unit Infrastructure Logistics der Siemens AG Lieber Leser, „Die Welt ist ein Dorf“ heißt ein geläufiger Spruch. Die Globalisierung und Vernetzung hat die Kontinente und Länder immer stärker zusammengerückt. Wie selbstverständlich lassen heute Entwicklungschefs ihr Produkt in Boston entwickeln, bestellen Einkäufer in Shanghai eine Elektronikkomponente und fliegen Manager nach Johannesburg zum Strategie-Meeting ihres Unternehmens. Die Mobilität wächst und damit auch die Transport- und Logistikinfrastruktur. Wie kein anderes Unternehmen hat die Post – in unterschiedlicher Ausprägung – schon vor hunderten von Jahren angefangen, ihr Netz um den Globus zu spannen. Gerade deshalb ist sie auch dafür prädestiniert, einen wichtigen Teil der Mobilitätsanforderungen der Gesellschaft zu erfüllen. Das stellt die Post-Logistikunternehmen aber auch vor neue Herausforderungen. Unter diesen Aspekten nimmt die Optimierung der Prozesse in den Postunternehmen einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Paradebeispiel dafür ist das Projekt der Schweizerischen Post. Sie reorganisierte ihr Logistik- und Sortierkonzept von Grund auf. Die SILOG News gibt Ihnen wegweisende Einblicke in das Schweizerische Projekt. Ich bin überzeugt, dass auch Sie für Ihre Aufgaben das Eine oder Andere aus diesem Beispiel übernehmen können und wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen! Dr. Stefan Keh 2 Newsletter SILOG News >> Statement Fortsetzung: Postlogistik aus einem Guß In dieser Situation reagierte die Schweizerische Post mit einem ehrgeizigen Reorganisationskonzept. „Wer weiß, dass der Anteil der Geschäftskunden am Umsatz der Schweizerischen Post rund 85 Prozent beträgt, erkennt schnell die Herausforderung“, erklärt Walter Knobel, Projektleiter REMA bei der Schweizerischen Post, und verdeutlicht: „Die Schweizerische Post will dem Wettbewerb jederzeit standhalten können.“ Das Ziel der Post hatte deshalb bereits Anfang des neuen Jahrhunderts einen klaren Namen: Produktivitätserhöhung. Die Schweizerische Post will im zukünftig gänzlich liberalisierten Postmarkt konkurrenzfähig sein und es auch bleiben. Die zweitgrößte Arbeitgeberin der Schweiz ist sich aber auch ihrer sozialen Verantwor- Postexperten Anfang des neuen Jahrzehnts unter die Lupe: 18 Briefzentren – verteilt über die ganze Schweiz – waren bis dato für die Postverteilung zuständig. Sie hatten allerdings alle ein großes Handicap, analysierte der scharfe Blick der Planer: „Historisch bedingt lagen unsere Briefzentren alle in Stadtzentren, meist an den Bahnhöfen“, äußert Knobel und erläutert: „Das machte sie zwar mit der Schiene leicht erreichbar, nicht aber für Lastwagen, die in Staus und im Berufsverkehr aufgehalten werden.“ Die Untersuchung zeigte zudem an vielen Orten beengte Platzverhältnisse und unterschiedliche Technologiestände. Allein in veraltete Anlagen hätten 400 Millionen Franken investiert werden müssen, rechneten die Planer dem Verwaltungsrat der Post vor. Blick auf die Behälterförderanlage in Zürich-Mülligen: ein wichtiges Element im Automationskonzept der Schweizerischen Post tung bewusst und wird die Grundversorgung weiterhin in gewohnt hoher Qualität gewährleisten. Ein paar Zahlen verdeutlichen die Dimensionen: Mit über 2.000 Poststellen verfügt die Post des Alpenstaates über eines der dichtesten Verkaufsnetze in Europa. Im Jahr 2007 erwirtschaftete die Gesamt-Post mit 58.000 Mitarbeitern 8.712 Mrd. Schweizer Franken und einen Konzerngewinn von 909 Mio. Franken. Allein die Briefpost (PostMail) trug mit 3 Mrd. Franken zum Umsatz bei. Täglich werden in der Schweiz durchschnittlich 15 Millionen Sendungen ausgetragen. Genau diese Aufgabe, die Verarbeitung und Zustellung der Briefe, der Zeitungen und Werbe-Flyer, nahmen die Schweizer Mit Stückwerk wollte sich die Schweizerische Post jedoch nicht zufrieden geben. „Den größten Kosten- und Produktivitätseffekt versprach ein Logistik- und Sortierkonzept, das von Anfang bis Ende durchdacht und optimiert war“, betont Walter Knobel. Im Mai 2003 beschloss der Verwaltungsrat der Schweizerischen Post ein neues Konzept aus einem Guss: Drei neue, auf die Regionen West (Eclépens), Mitte (Härkingen) und Ost (Zürich-Mülligen) verteilte und zentralisierte, zum Großteil automatisierte Briefzentren bildeten die Hauptschlagadern des Plans. Diesen zugeordnet sind sechs Logistikzentren für die Briefverarbeitung, die einen Teil der regionalen Feinsortierung übernehmen. In Chur und Sitten wurden Logistikzentren für die Videocodierung und die Retourenverarbeitung eingerichtet. Die Wahl der Standorte war eine regionalpolitische Entscheidung, um auch in strukturschwachen Gebieten Arbeitsplätze anzubieten. Solche Lösungen sind dank den Fortschritten in der Technologie der schnellen Datenübertragung möglich. Das ausgeklügelte Logistikkonzept hatte das Schweizer Planungsteam zusammen mit den Experten von Siemens erarbeitet. „Warum Siemens im Ausschreibungsverfahren zum Zuge kam, hat verschiedene Gründe,“ sagt Walter Knobel, „aber ein Entscheidungsgrund war sicherlich der, dass sich in der gemeinsamen Planungsarbeit zeigte, wie gut die Siemens Experten sich in den Verarbeitungsprozessen der Post auskennen.“ Wenn es darum geht, ein Logistiknetz aus materiellen Anlagen und Transportmitteln, aus „virtuellen“ Planungs- und Ressourcen-Lösungen zu bauen, ist diese Expertise ein wichtiger Erfolgsfaktor eines Projekts. Allein die von Siemens gelieferten Produkte geben eine Vorstellung, welche Ausmaße REMA von der speziellen Sortierthematik her hatte: Siemens lieferte insgesamt 37 Sortieranlagen für Standardbriefe, sieben Anlagen für die Briefaufbereitung, ein zentrales Adress- und Lesesystem, die automatische Materialflusstechnik, drei hochautomatisierte Hochregallager, die jeweils zwischen 45.000 und 80.000 Briefbehälter fassen, Ergebnisse - - - - - - - Optimale Lage der Briefzentren Straßen- und Schienenanschluss Schlanke Prozesse Hochoptimierte Auslastung der Anlagen dank Hochregallager für Briefbehälter – weniger zeitkriti- sche Sendungen werden auf freie Zeitfenster der Sortieranlagen verteilt Hochautomatisierte Prozesse bringen Kosteneinsparungen von jährlich 170 Mio. Franken Schonende Behandlung der Sendungen Ergonomische Konzepte schützen die Gesundheit der Mitarbeiter die Robotik für das automatisierte Entund Beladen der Sammelbehälter sowie das Produktions-Planungssystem mit Betriebsdatenerfassung und Prozessleitsystem. Im Frühjahr 2005 erfolgte im Briefzentrum Zürich-Mülligen der erste Spatenstich des Projekts. Für das Gesamtprojekt REMA rechnet die Schweizerische Post insgesamt mit Investitionen – für Gebäude, Technik, Personal – von mehr als einer Milliarde Franken. In Spitzenzeiten umfasste die eigentliche Projektorganisation REMA mehr als 100 Personen – darunter Prozessmanager, Anlagentechniker, Informatiker, Personalleiter, Sortierspezialisten, aber auch Baufachleute, Einkäufer und Kommunikationsexperten. Hinzu kommen zahlreiche Mitarbeitende aus dem Betrieb, die den gesamten REMAProzess begleiten und den obersten Lenker Walter Knobel bei seiner anspruchsvollen Aufgabe unterstützen. Derzeit arbeiten sich die Macher und Strategen des Großprojekts an den großen Endspurt heran. Bereits im Sommer 2007 ging Zürich-Mülligen etappenweise in Betrieb. Auch die Videocodierung in Chur sowie das Logistikzentrum für die Briefverarbeitung in Gossau wechselten fast zeitgleich in den Produktivstatus. Den ursprünglichen Plan, das Briefzentrum Mitte (Härkingen) nach Zürich produktiv gehen zu lassen, durchkreuzte allerdings ein Kabelbrand, der im Oktober 2007 Schaden an Gebäude und Anlagen verursachte. Eine Herausforderung, der das Post- und Siemens Team flexibel begegnete. Kurzerhand wurden die Pläne geändert und Eclépens im Sommer 2008 in Betrieb genommen. Das Briefzentrum Härkingen fährt den Betrieb als drittes und letztes der drei Briefzentren ab Anfang November 2008 über vier Etappen hoch. Der Vollbetrieb für das neue einzigartige Logistik- und Sortierkonzept der Schweiz ist für das erste Halbjahr 2009 vorgesehen. Sobald das ganze Potenzial von REMA zum Tragen kommt, wird die Schweizerische Post jährlich wiederkehrende Kosten von 170 Millionen Franken einsparen. < < Walter Knobel, Projektleiter REMA bei der Schweizerischen Post Verlässlicher Partner Das Projekt REMA, das größte Projekt der Schweizerischen Post, ist eine tagtägliche enge Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Post und ihren Lieferanten – allen voran mit dem Hauptlieferanten Siemens. Die Zusammenarbeit mit Siemens begleitete das Projektteam REMA von der Zeit der Konzeption, über die Bauphase bis hin zur Installations- und Testzeit der Anlagen und Systeme in den neuen Brief- und Logistikzentren. Und die Zusammenarbeit könnte aktuell kaum enger sein. Seit über einem Jahr stehen wir in der intensiven Inbetriebnahmephase. Das Briefzentrum Eclépens hat eben den Vollbetrieb erreicht, schon steht mit Härkingen das Hochfahren des dritten Briefzentrums an. Inbetriebnahmephase bedeutet für die Post eine „Operation am offenen Herzen“. Mit unseren Partnern nehmen wir etappenweise die neuen Anlagen und Systeme in Betrieb und stellen auf die neuen Verarbeitungsprozesse um. Gleichzeitig hat die Post täglich das Dienstleistungsangebot einzuhalten. In dieser Situation ist das Projekt REMA auf einen verlässlichen Partner angewiesen, mit dem es die neuen Anlagen und Technologien erfolgreich in Betrieb nehmen kann; auf einen flexiblen Partner, der die Installationen und Tests an den neuen Anlagen mit den Bedürfnissen des Postbetriebes abstimmen und vereinbaren kann. Ich freue mich, die Inbetriebnahme aller Brief- und Logistikzentren der neuen Briefverarbeitung mit Siemens erfolgreich zu Ende zu führen. Walter Knobel Newsletter SILOG News 3 1 Briefzentrum Härkingen: täglich 6 Millionen sortierte Sendungen „Das war der reinste Hürdenlauf, kaum hatten die Bauarbeiter ein Segment der Halle fertiggestellt, begannen wir mit dem Aufbau unserer Anlagen und Systeme.“ Für den Großteil der Behälter und Briefe beginnt jedoch am Wareneingang – von einem Roboterarm gefasst und aufs Förderband gesetzt – die Reise durch ein wie von Geisterhand gesteuertes Förderund Maschinenwerk. Es spuckt am Ende genauso viele Briefe, wie es „verschluckt“ hat, wieder aus. Allerdings neu sortiert und kommissioniert – entweder für die Weiterfahrt auf der Schiene zu den zentralen Briefzentren Zürich-Mülligen oder Eclépens oder für den Transport auf einem Lastwagen, der das Briefgut zu den vordefinierten Logistikzentren für die Briefverarbeitung oder Postbezirken bringt. Das Transport- und Sortierkonzept, das rund 85 Prozent der Postsendungen weitgehend automatisiert durch die Anlage schleust, hat das Siemens Team in Zusammenarbeit mit den Spezialisten der Schweizerischen Post erarbeitet. Insgesamt sieben Lose umfasste der Auftrag an Siemens: von der Hoflogistik über die Behälterfördertechnik und das Hochregallager bis zur automatisierten Briefsortierung und der informationstechnischen Steuerung von Mengen und Ressourcen. Während der Hochphase des Aufbaus von Fördereinrichtungen, Lagern, Sortier- und Kommissionierlinien, dem manuellen Postsortierbereich, den Bereichsrechnerräumen und der Leitzentrale befanden sich bis zu 170 Menschen auf der Baustelle. Der Bauleiter von Siemens, Frank Beck, lacht. Wareneingang Entladung Sammelbehälter Hochregallager Briefbehälter 4 Newsletter SILOG News 4 5 6 Wareneingang Härkingen ist eines der drei zentralen Briefzentren im Reorganisationsprojekt der Schweizerischen Post. Trifft dort ein adressierter Brief der A-Priorität ein, läuft er in Windeseile durch ein präzise geplantes Konglomerat an Förder-, Maschinen- und Pufferanlagen – gesteuert von einer „intelligenten“ IT-Lösung im Hintergrund – bis er am Ende genau im richtigen LKW oder Bahnwagen für den Weitertransport landet. Ein Lastwagen fährt in den großen Hof des Briefzentrums Härkingen ein. Der Fahrer bekommt vom Dock & Yard System sein Tor zugewiesen und steuert es an der Breitseite des riesigen Gebäudes an, das rund 170 auf 270 Meter lang ist. Im Laderaum des Lastwagens befinden sich die Sendungen nicht mehr in Postsäcken, sondern fein säuberlich in Briefbehältern (BB) gestapelt. 24 von ihnen passen auf jeweils einen großen Rollwagen, den so genannten Sammelbehälter (SB). Nur große Post – im Format größer B4 und Sendungen wie Filme und Laborware – liegt lose in den Transportwagen, die von den Arbeitern am Wareneingang direkt in die manuelle Bearbeitung weitergeschoben werden. Auch Zeitungsbündel und Werbesendungen gehen extra Wege. 3 Springender Punkt: Hochregallager Das Siemens Konzept beinhaltet einige besondere Ansätze und Methoden, die aus einzelnen Funktionsbereichen ein neues Ganzes machen und so eine neue Dimension der Postsortierung ermöglichen. Dazu gehört z.B. die Idee des Hochregallagers, das eine zentrale Rolle für den innerbetrieblichen Logistikprozess spielt. „Das Lager für die Briefbehälter sorgt für eine Entkoppelung von Push und Pull“, erklärt Dr. Bernd Rosenberger, der Leiter Systemintegration von Siemens vor Ort, und führt aus: „Das hat den Effekt, dass sich niemand mehr von den angefahrenen Briefmengen hetzen lassen muss. So können die Sortieranlagen gleichmäßig ausgelastet werden.“ Bis auf die priorisierte A-Post wandern heute alle anderen Behälter (B-Post) in das 80.000 Behälter fassende Hochre- dem Siemens Culler Facer Canceller (CFC), wo alle für die automatische Sortierung geeigneten Briefe durch ein intelligentes Verfahren gestempelt und in eine einheitliche Ausrichtung gebracht werden, bis zu den neuen 2-Level-Sortern, die auf zwei Ebenen die Zielfächer fachgerecht befüllen. Hochmodern Lesen und Codieren Warenausgang Wareneingang Entladung Sammelbehälter Hochregallager Briefbehälter Sortierung Kommissionierung gallager, um dort zwischenzulagern. Erst wenn Sorter-Linien wieder frei sind, wird die B-Post aus dem Hochregallager abgerufen. Das Briefzentrum arbeitet im DreiSchichtbetrieb von Sonntag 16 Uhr bis Samstag 16 Uhr durchgängig. Das von Siemens entwickelte Material-HandlingKonzept steht der Idee des Hochregallagers in nichts nach: So hat Siemens ein raffiniertes Fördernetzwerk für volle und leere Rollcontainer und für Briefbehälter aufgebaut. Gleich nach Ankunft im Briefzentrum werden die mit Briefbehältern beladenen Rollcontainer den automatischen Briefbehälter-Entladestraßen zugeführt. Nach dem Entladevorgang durch Robotersysteme erfolgt der Transport der Behälter je nach Anforderung in das Hochregal oder sie werden direkt den Verarbeitungssystemen zugeführt. Auch leere Briefbehälter bzw. leere Rollcontainer werden über automatische Vorrichtungen in dynamische gesteuerte Speicher gelenkt. Schließlich müssen am Ende der Sortierung wieder genügend leere Briefbehälter und Briefbehälter-Rollwagen zur Auf- Stoffeingabe Warenausgang nahme voller Briefbehälter zur Verfügung stehen. Diese Speicher befinden sich auf einer zweiten Ebene des Zentrums. Dort werden sie nach Bedarf abgerufen. Von den „Wareneingangsknoten“, so Rosenberger, „werden die Briefbehälter dann über das Lager auf die verschiedenen Verarbeitungslinien verteilt“. Nach der Sendungsverarbeitung „wandern“ die Briefbehälter in Richtung „Kommissionierungsknoten“. In einem automatischen Warenausgangslager werden alle mit einem ZielLabel versehenen Briefbehälter zwischengespeichert. Ist der Kommissionierungsschluss – „Transport steht an“ – gekommen, stapeln Laderoboter die Briefbehälter auf die SB-Rollcontainer, die anschließend auf die Schiene oder Straße gelenkt werden. Zwischen diesen Prozessen liegt die Kernaufgabe für die Sortiermaschinen: die Erkennung des Brief-Ziels und die Zuweisung des Wegs zur richtigen Adresse. In den zentralen Knotenpunkten des Schweizerischen Postkonzepts – Zürich-Mülligen, Eclépens, Härkingen – stehen dafür Integrierte Lese- und Videocodiermaschinen (IRV 2000) mit angeschlossenen 2-LevelSortern von Siemens bereit. In den Logistikzentren für die Briefverarbeitung sind für die Feinsortierung Barcode-Sorter (BCS) im Einsatz – insgesamt handelt es sich um 28 IRV, 9 BCS und 7 CFC in allen Zentren. Auch die zentrale Aufgabe der Briefsortierung ist mit modernster Technik ausgestattet und nach einem ausgetüftelten Konzept organisiert. Auf neun Sortierlinien werden die Briefe mit „Normalformat“ bearbeitet. Angefangen bei der Vorverarbeitung oder Sendungsaufbereitung mit Der Clou liegt dabei am Anfang der Reise des Briefs durch die integrierte Lese- und Codieranlage, dort, wo er mit einem Code bedruckt wird. Dieser Barcode ist die Voraussetzung für den gesamten Automatisierungsprozess in der Sortierung. Er gibt jeder weiteren Station im Sortier- und Zustellprozess zu verstehen, in welche Richtung respektive in welchen Behälter der Brief gelenkt werden muss. Doch so einfach sich die Bedeutung des Barcodes beschreiben lässt, so komplex ist seine Erzeugung. Für die Ermittlung der Sortierinformation des Briefes und die Generierung des Barcode-Aufdrucks arbeiten im Hintergrund verschiedene Lösungen wie die hochmoderne Erkennungssoftware ARTread™ von Siemens Hand-in-Hand mit einer umfassenden Adressdatenbank. Videocodierzentrum Automatische Sortierung << Wie von Geisterhand gesteuert: Der Weg eines Briefes in der Schweiz 2 Newsletter SILOG News 5 In Australien und in der Schweiz kommt die Post auch per Motorroller Auf dem Motorrad zum Kunden Nur in wenigen Ländern der Welt spielt das motorisierte Zweirad bei der Postverteilung eine Rolle. In Australien hat der Chef der Siemens Infrastructure Logistics den Ritt auf dem motorisierten Untersatz selbst ausprobiert – und damit gleichzeitig einen guten Zweck erfüllt. dern innovative Konzepte, um den Güter-, Waren- und Postströmen Herr zu werden“, fasst Dr. Stefan Keh die Bewegung im Mobilitätsmarkt zusammen und ergänzt: „Auch wenn der Trend zu Megacities und Landflucht anhält, sind für die Post die ländlichen Gebiete kein Niemandsland. Im Gegenteil, auch die Bewohner in den hintersten Winkeln der Welt haben Anspruch auf die Zustellung der Post.“ Genau in einen dieser Winkel hatte sich Keh mit Posttasche und Motorrad aufgemacht – vorher instruiert, was ein australischer Postbote im Land der Outbacks alles darf: So hat der australische Briefträger z.B. als einziger auf der Welt die amtlich verbriefte Zulassung, mit seinem Motorrad den Bürgersteig zu befahren. Auf dem Motorrad zum Kunden – Postbote Dr. Keh in Australien Wer es nicht weiß, glaubt, der Briefträger des australischen Bezirks Malmsbury ist in Urlaub. Seine Vertretung in Jeans, Turnschuhen, Sicherheitsweste und mit dem obligatorischen Helm auf dem Kopf, macht seine Arbeit fast ebenso routiniert wie sein Kollege. Doch wer hier die für viele Landgebiete typische Briefröhre füllt, ist keine normale Urlaubsvertretung, sondern der Chef der Siemens Infrastructure Logistics, Dr. Stefan Keh, ganz persönlich. Der Leiter von Siemens Postal Automation und Airport Logistics erfüllte sich mit seiner Dienstfahrt über das australische Land einen langgehegten Wunsch. Gleichzeitig löste er das Versprechen ein, das er im vergangenen Jahr auf der Post Expo gegeben hatte: der Australischen Post einen Tag mit Rat und Tat bei Seite zu stehen. Die Australische Post hatte Dr. Stefan Keh auf der vergangenen Post Expo 2007 in Barcelona für 3.000 Euro ersteigert 6 Newsletter SILOG News (SILOG News 3/07 berichtete darüber). Siemens verdoppelte den Ersteigerungsbetrag und unterstützt damit die Öffentlichkeitsarbeit der Volkshochschule in Konstanz bei der Förderung der Alphabetisierung (siehe Textkasten). Als Dr. Stefan Keh im Sommer in Victoria in Südaustralien eintraf, hatten sich Mitarbeiter aus allen Ebenen der australischen Post – einschließlich Führungskräften, Unternehmensstrategen und Bedienungspersonal – zum Gespräch eingefunden. Die Gelegenheit, mit dem Experten des globalen Anbieters von Post- und Logistikkonzepten einen Tag zu diskutieren und von seinem umfassenden Wissen zu profitieren, war schließlich nicht jeden Tag gegeben. Im Mittelpunkt des Vortrags von Dr. Stefan Keh stand die globale Entwicklung des Post- und Logistikmarktes: „In einer vernetzten Welt wachsen die Anforderungen an die Mobilität kontinuierlich und erfor- Schweizer Postboten rollen durch enge Gassen Das Markenzeichen der Schweiz, die Berge, zieht jährlich Millionen Menschen aus aller Welt in den Alpenstaat. Im Sommer zum Wandern und Genießen, im Winter zum Skifahren. Etwa nach Gstaad im Berner Oberland, dem Zustellort von Beat Kunz. Gstaad im Berner Oberland in der Schweiz ist ein beliebtes Touristenziel, nicht allein wegen des Tennisturniers oder exzellenter Skipisten, sondern auch wegen seiner heimeligen Atmosphäre. Das schmucke Dörfchen mit seiner attraktiven Fußgängerzone hat seinen ganz speziellen Reiz. Was den einen gefällt, ist für die Postboten eine Herausforderung. Die Schweizerische Post hat aus diesem Grund in ihrem Fuhrpark neben Lieferwagen und Autos auch kleine Motorroller stehen. In Ortschaften wie Gstaad aber auch in den Städten und Agglomerationen kurven Briefträger damit auch durch beengte Sträßchen oder Fußgängerzonen. „Mit unseren Motorrollern finden wir die kürzesten Wege zwischen den Häusern, blockieren keinen Verkehr und sind schnell und wendig“, erklärt der Zusteller Beat Kunz. Seine Kollegen auf dem Land fahren mit den motorisierten Rädern auch abgelegene Höfe in den Bergregionen an – manchmal gilt es sogar, das letzte Wegstück zu Fuß zu gehen oder eine Seilbahn zu nutzen. Zukünftig soll eine weitere Optimierung im australischen Postwesen umgesetzt werden: die Gangfolgesortierung. Doch bis es soweit ist, dass der australische Postbote nur noch seinen vorsortierten Packen Briefe schnappt und auf Tour geht, gehört der außergewöhnliche Aufenthalt Kehs in Australien schon wieder der Vergangenheit an – aber keineswegs der Vergessenheit: „Mein Rollentausch in Australien gehört zu den bleibenden Erinnerungen“, betont Dr. Stefan Keh und schließt mit den Worten: „Jedes Land hat seine Eigenheiten und diesmal habe ich eine davon ganz hautnah in der Praxis erlebt – das hat nicht nur Spaß gemacht, sondern auch meinen persönlichen Erfahrungsschatz erweitert.“ Beat Kunz auf seiner Liberty Demnächst wird Beat Kunz ein neues Motorroller-Modell fahren, das nicht mehr so schwer ist und sich noch leichter als bisher handhaben lässt. Nur die Winterausrüstung macht ihm noch Kopfzerbrechen: Bisher ist eine Spikebereifung beim neuen Modell nicht vorgesehen. Beat Kunz sagt schmunzelnd: „Dann brauch ich eben Spikes an den Schuhsohlen.“ Schokolade lädt zum Lernen ein Am 8. September verschenkte die Siemens Schweiz AG 5000 Schokoladentäfelchen in 23 Weiterbildungseinrichtungen im Kanton Zürich. Das süße Geschenk sollte Aufmerksamkeit erregen: Nach Schätzungen der UNESCO können weltweit über 800 Millionen Menschen nicht oder nur ungenügend lesen und schreiben. In Industrieländern haben sogenannte „funktionale Analphabeten“ oder „Illettristen“ dank Schulpflicht zwar lesen und schreiben gelernt, aber ihre individuellen Kenntnisse sind den Anforderungen in Alltag und Beruf oft nicht gewachsen. Die Aktion am Weltalphabetisierungstag hatten Siemens IL in Konstanz und Siemens Schweiz AG gemeinsam kreiert und umgesetzt. Auch in Konstanz fand der leckere Schmelz in der Fußgängerzone reißenden Absatz. „Mit der Initiative „Lesen und Schreiben für alle“ tragen wir dazu bei, unsere eigene Geschäftsbasis der Postautomation und die unserer Postkunden zu sichern“, erklärt Dr. Stefan Keh, Leiter IL. „Unsere Intention ist es, gemeinsam mit anderen Siemens Standorten und unseren Postkunden ein Netzwerk für die Alphabetisierung aufzubauen.“ Ob er auch einmal leise mit dem Elektroroller durch sein Städtchen „schwebt“, weiß er noch nicht. Gut findet er die Initiative der Schweizerischen Post, die seit Oktober mit 250 Elektrorollern die größte Flotte an Zustellfahrzeugen dieser Art betreibt, allemal: „So kann jeder ein Stückchen zum Klimaschutz beitragen“, erklärt der Gstaader Zusteller, setzt sich auf seinen Roller und fährt weiter. Newsletter SILOG News 7 Fortsetzung: Wie von Geisterhand gesteuert Trotzdem gibt es an der Nahtstelle der Identifizierung der Sortierinformation immer wieder Herausforderungen: Mal lässt sich der Stadt- oder Straßenname nicht erkennen, mal ist die Postleitzahl nicht mit dem Stadtnamen kongruent. Wird eine Adresse nicht automatisch erkannt – in der Regel sind das deutlich unter zehn Prozent aller Briefe – erhält der Brief eine Sonderbehandlung. Während er sich wie alle Briefe in der sogenannten Delay-Line der Maschine aufhält, wandert sein Sendungsbild in der kurzen Zeit von rund acht Sekunden über eine Standleitung von Härkingen ins Videocodierzentrum Sitten, wird dort von den Mitarbeitern an den Kommissionierung Videocodierplätzen „erkannt“, mit der richtigen Eingabe versehen und als Sortierinformation für den Barcodeaufdruck zurückgeschickt. Damit auf jeden Fall ausgeschlossen ist, dass ein Ausfall eines Lesesystems an den IRVs in den Briefzentren oder eines CodierArbeitsplatzes in den beiden remote angeschlossenen Videocodierzentren zu einer Verzögerung führt, hat Siemens bei der Schweizerischen Post die Lese- und Codieranlagen an jedem Standort über die Open Reading Coding Achitecture (ORCA) zu einem Pool zusammengefasst. ORCA ermöglicht eine Vernetzung mehrerer Rechner in einem Cluster. Fällt in einem solchen Cluster ein Rechner aus, übernehmen die anderen einfach die Zusatzlast und die Lösung arbeitet ohne Unterbrechung weiter. Die offene Architektur ermöglicht es auch, die Zuordnung der Codierzentren kurzer Hand umzukonfigurieren – also von Härkingen-Sitten auf Härkingen-Chur – wenn etwa eine Grippewelle im Codierzentrum Sitten die Hälfte der Codierarbeitsplätze lahmlegen sollte. Zusammen mit speziellen Failover-Mecha8 Newsletter SILOG News nismen für alle relevanten Systemkomponenten bietet die Plattform eine hohe Ausfallsicherheit von rund 99,8 Prozent. Gehirn der Anlage steuert Mengen und Ressourcen Damit ist das Geheimnis, wie es die Schweizerische Post schafft, täglich durchschnittlich sechs Millionen Sendungen im Briefzentrum in Härkingen zu verarbeiten, gelüftet. Des Pudels Kern ist die weitgehende Automatisierung. Doch wer steckt hinter der Steuerung der vielfältigen Systeme, Förderbänder undSortieranlagen, die am Wareneingang die Post aufnehmen und fast vollautomatisch am Warenausgang wieder abgeben? Es ist ein System aus IT-Lösungen, das von der Architektur her wie eine Pyramide aufgebaut ist: An der Spitze steht ein Planungsund Produktionssteuerungssystem (PPS), Schließlich hat der Brief seinen Dauerlauf hinter sich gebracht. Mit vielen anderen liegt er nun in „seinem“ Behälter – Ziel: Logistikzentrum für die Briefverarbeitung Kriens. Dort wird er noch die Feinsortierung durchwandern und seiner angepeilten Adresse noch einmal ein Stückchen näher kommen. Bis endlich die Klappe am Briefkasten fällt und er am Ziel ist. Warenausgang Prozessleitstand das aus einem Betriebsdatenerfassungssystem die Mengendaten der ankommenden Post erhält und die Briefbehälter auf die freien Ressourcen verteilt. Die PPS-Lösung weiß, wie viele Sendungen sich in der Anlage befinden, wie viele sortiert wurden und errechnet fortlaufend, welcher Anlage noch Sendungen zugeführt werden können. So bestimmt das System auch, wann nach der prioritären A-Post, die zweitrangige B-Post aus dem Hochregallager auf die Sorter geschleust werden kann. Die Umsetzung der errechneten Pläne übernimmt das Prozessleitsystem (PLS), das die Leitstandsfunktion übernimmt und die einzelnen Bereichsrechner mit Anweisungen versorgt. Ein Bereichsrechner ist jeweils für ein Los mit den dazugehörigen Steuerungssystemen zuständig – etwa für die Fördertechnik, die Behälterlogistik mit dem Material-Handlingsystem, für die Materialerfassungssysteme, für die Briefsortieranlagen mit der Adressdatenbank und dem Sortplanmanagement. Ganz unten auf Maschinenebene sind es die Speicherprogrammierbaren Steuerungen aus den Robotern oder Förderern, die Statuszustände nach oben melden. Impressum Herausgeber Siemens AG Industry Sector Mobility Division Infrastructure Logistics Postal Automation Bücklestr. 1-5 78467 Konstanz · Germany Tel. +49 (0)7531-86-01 Fax +49 (0)7531-86-2421 Verantwortlich für den Inhalt Frank Wehking, Siemens AG, Konstanz Printed in Germany Ihr direkter Draht zu uns: [email protected] © Siemens AG 2008 www.siemens.com/infrastructure-logistics Die Informationen in dieser Broschüre/Produktkatalog etc. enthalten lediglich allgemeine Beschreibungen bzw. Leistungsmerkmale, welche im konkreten Anwendungsfall nicht immer in der beschriebenen Form zutreffen bzw. welche sich durch Weiterentwicklung der Produkte ändern können. Die gewünschten Leistungsmerkmale sind nur dann verbindlich, wenn sie bei Vertragsabschluss ausdrücklich vereinbart werden.