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Ausgabe 02/2008
SILOG News
Automation für Post, Kurier-, Express- und Paket Service
Postal Automation
Inhalt
01 Modell-Projekt
Die Schweizerische Post hat
ihre Briefsortierung landesweit automatisiert
04 Brief auf Reisen
Wie von Geisterhand getrieben, wandert ein Brief durch
das Briefzentrum Härkingen
Schweiz: Post-Projekt mit Modellcharakter
Postlogistik aus einem Guss
2009 ist es so weit: Dann vollzieht die Schweizerische Post die letzten Schritte
ihres bisher größten Modernisierungsprojektes. Das Projekt Re-Engineering Mail
Processing (REMA) krempelte das alte Logistik- und Sortierkonzept völlig um,
baute auf der grünen Wiese wie auch in einem historisch geschützten Gebäude,
zentralisierte und automatisierte. Das Ergebnis: eine der fortschrittlichsten Brieflogistik-Lösungen der Welt mit optimalem Auslastungskonzept, geringem manuellen Aufwand und jährlichen Einsparungen von 170 Millionen Franken. Der Projektpartner: Siemens.
Das Logistik- und Sortierkonzept der
Schweizerischen Post war nicht wirklich
alt, bevor sie sich einen neuen Anzug verpasste. In insgesamt 18 Postzentren in der
Schweiz sortierten schon in den 90er Jahren Anlagen das Briefgut automatisch.
Doch zum Ende des Jahrtausends hat der
Trend zur Liberalisierung in Europa großflächig Fuß gefasst. In der Schweiz wurde
der Staatsbetrieb PTT im Jahr 1998 in die
Post und die heutige Swisscom aufgeteilt.
Bis 2012 hat der Schweizerische Bundesrat die totale Öffnung des Briefmarkts vor-
gesehen. Verändert hat sich Ende der 90er
Jahre auch der Postmarkt: Mit dem schnell
wachsenden weltweiten Internet und seiner Nutzung zog eine neue Form der Kommunikation und auch des Handels in die
Gesellschaft ein. Der Effekt: Das Briefaufkommen stagniert, ist leicht rückläufig
oder hat – je nach Land – nur noch minimale Zuwächse. Dafür werden aber mehr
und mehr Waren über das Internet geordert. Viele Postgesellschaften stellen eine
Verschiebung von der klassischen Post zur
Werbe- und Response-Post fest.
>>
06 Motorrad-Bote
In der Schweiz und in Australien kommt die Post auf dem
motorisierten Zweirad
Newsletter SILOG News 1
Editorial
Dr. Stefan Keh, Leiter Business Unit
Infrastructure Logistics der Siemens AG
Lieber Leser,
„Die Welt ist ein Dorf“ heißt ein geläufiger Spruch. Die Globalisierung
und Vernetzung hat die Kontinente
und Länder immer stärker zusammengerückt. Wie selbstverständlich
lassen heute Entwicklungschefs ihr
Produkt in Boston entwickeln, bestellen Einkäufer in Shanghai eine
Elektronikkomponente und fliegen
Manager nach Johannesburg zum
Strategie-Meeting ihres Unternehmens. Die Mobilität wächst und damit auch die Transport- und Logistikinfrastruktur.
Wie kein anderes Unternehmen hat
die Post – in unterschiedlicher Ausprägung – schon vor hunderten von
Jahren angefangen, ihr Netz um
den Globus zu spannen. Gerade deshalb ist sie auch dafür prädestiniert,
einen wichtigen Teil der Mobilitätsanforderungen der Gesellschaft zu
erfüllen.
Das stellt die Post-Logistikunternehmen aber auch vor neue Herausforderungen. Unter diesen Aspekten
nimmt die Optimierung der Prozesse
in den Postunternehmen einen immer wichtigeren Stellenwert ein.
Paradebeispiel dafür ist das Projekt
der Schweizerischen Post. Sie reorganisierte ihr Logistik- und Sortierkonzept von Grund auf. Die SILOG
News gibt Ihnen wegweisende Einblicke in das Schweizerische Projekt.
Ich bin überzeugt, dass auch Sie für
Ihre Aufgaben das Eine oder Andere
aus diesem Beispiel übernehmen
können und wünsche Ihnen viel
Spaß beim Lesen!
Dr. Stefan Keh
2 Newsletter SILOG News
>>
Statement
Fortsetzung: Postlogistik aus einem Guß
In dieser Situation reagierte die Schweizerische Post mit einem ehrgeizigen Reorganisationskonzept. „Wer weiß, dass der Anteil der Geschäftskunden am Umsatz der
Schweizerischen Post rund 85 Prozent beträgt, erkennt schnell die Herausforderung“,
erklärt Walter Knobel, Projektleiter REMA
bei der Schweizerischen Post, und verdeutlicht: „Die Schweizerische Post will dem
Wettbewerb jederzeit standhalten können.“
Das Ziel der Post hatte deshalb bereits Anfang des neuen Jahrhunderts einen klaren
Namen: Produktivitätserhöhung. Die
Schweizerische Post will im zukünftig
gänzlich liberalisierten Postmarkt konkurrenzfähig sein und es auch bleiben. Die
zweitgrößte Arbeitgeberin der Schweiz ist
sich aber auch ihrer sozialen Verantwor-
Postexperten Anfang des neuen Jahrzehnts unter die Lupe: 18 Briefzentren –
verteilt über die ganze Schweiz – waren
bis dato für die Postverteilung zuständig.
Sie hatten allerdings alle ein großes Handicap, analysierte der scharfe Blick der Planer: „Historisch bedingt lagen unsere Briefzentren alle in Stadtzentren, meist an den
Bahnhöfen“, äußert Knobel und erläutert:
„Das machte sie zwar mit der Schiene leicht
erreichbar, nicht aber für Lastwagen, die in
Staus und im Berufsverkehr aufgehalten
werden.“ Die Untersuchung zeigte zudem
an vielen Orten beengte Platzverhältnisse
und unterschiedliche Technologiestände.
Allein in veraltete Anlagen hätten 400
Millionen Franken investiert werden müssen, rechneten die Planer dem Verwaltungsrat der Post vor.
Blick auf die Behälterförderanlage in Zürich-Mülligen: ein wichtiges Element im Automationskonzept der Schweizerischen Post
tung bewusst und wird die Grundversorgung weiterhin in gewohnt hoher Qualität gewährleisten. Ein paar Zahlen verdeutlichen die Dimensionen: Mit über
2.000 Poststellen verfügt die Post des
Alpenstaates über eines der dichtesten
Verkaufsnetze in Europa. Im Jahr 2007 erwirtschaftete die Gesamt-Post mit 58.000
Mitarbeitern 8.712 Mrd. Schweizer Franken und einen Konzerngewinn von 909
Mio. Franken. Allein die Briefpost (PostMail) trug mit 3 Mrd. Franken zum Umsatz
bei. Täglich werden in der Schweiz durchschnittlich 15 Millionen Sendungen ausgetragen.
Genau diese Aufgabe, die Verarbeitung
und Zustellung der Briefe, der Zeitungen
und Werbe-Flyer, nahmen die Schweizer
Mit Stückwerk wollte sich die Schweizerische Post jedoch nicht zufrieden geben.
„Den größten Kosten- und Produktivitätseffekt versprach ein Logistik- und Sortierkonzept, das von Anfang bis Ende durchdacht und optimiert war“, betont Walter
Knobel. Im Mai 2003 beschloss der Verwaltungsrat der Schweizerischen Post ein
neues Konzept aus einem Guss: Drei neue,
auf die Regionen West (Eclépens), Mitte
(Härkingen) und Ost (Zürich-Mülligen)
verteilte und zentralisierte, zum Großteil
automatisierte Briefzentren bildeten die
Hauptschlagadern des Plans. Diesen zugeordnet sind sechs Logistikzentren für die
Briefverarbeitung, die einen Teil der regionalen Feinsortierung übernehmen. In Chur
und Sitten wurden Logistikzentren für die
Videocodierung und die Retourenverarbeitung eingerichtet. Die Wahl der Standorte
war eine regionalpolitische Entscheidung,
um auch in strukturschwachen Gebieten
Arbeitsplätze anzubieten. Solche Lösungen sind dank den Fortschritten in der
Technologie der schnellen Datenübertragung möglich.
Das ausgeklügelte Logistikkonzept hatte
das Schweizer Planungsteam zusammen
mit den Experten von Siemens erarbeitet.
„Warum Siemens im Ausschreibungsverfahren zum Zuge kam, hat verschiedene
Gründe,“ sagt Walter Knobel, „aber ein
Entscheidungsgrund war sicherlich der,
dass sich in der gemeinsamen Planungsarbeit zeigte, wie gut die Siemens Experten sich in den Verarbeitungsprozessen
der Post auskennen.“ Wenn es darum geht,
ein Logistiknetz aus materiellen Anlagen
und Transportmitteln, aus „virtuellen“ Planungs- und Ressourcen-Lösungen zu bauen, ist diese Expertise ein wichtiger Erfolgsfaktor eines Projekts. Allein die von
Siemens gelieferten Produkte geben eine
Vorstellung, welche Ausmaße REMA von
der speziellen Sortierthematik her hatte:
Siemens lieferte insgesamt 37 Sortieranlagen für Standardbriefe, sieben Anlagen
für die Briefaufbereitung, ein zentrales
Adress- und Lesesystem, die automatische
Materialflusstechnik, drei hochautomatisierte Hochregallager, die jeweils zwischen
45.000 und 80.000 Briefbehälter fassen,
Ergebnisse
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Optimale Lage der Briefzentren
Straßen- und Schienenanschluss Schlanke Prozesse
Hochoptimierte Auslastung der Anlagen dank Hochregallager für Briefbehälter – weniger zeitkriti-
sche Sendungen werden auf freie Zeitfenster der Sortieranlagen verteilt
Hochautomatisierte Prozesse
bringen Kosteneinsparungen von jährlich 170 Mio. Franken
Schonende Behandlung der
Sendungen
Ergonomische Konzepte schützen die Gesundheit der Mitarbeiter
die Robotik für das automatisierte Entund Beladen der Sammelbehälter sowie
das Produktions-Planungssystem mit Betriebsdatenerfassung und Prozessleitsystem.
Im Frühjahr 2005 erfolgte im Briefzentrum
Zürich-Mülligen der erste Spatenstich des
Projekts. Für das Gesamtprojekt REMA rechnet die Schweizerische Post insgesamt mit
Investitionen – für Gebäude, Technik, Personal – von mehr als einer Milliarde Franken. In Spitzenzeiten umfasste die eigentliche Projektorganisation REMA mehr als 100
Personen – darunter Prozessmanager, Anlagentechniker, Informatiker, Personalleiter,
Sortierspezialisten, aber auch Baufachleute,
Einkäufer und Kommunikationsexperten.
Hinzu kommen zahlreiche Mitarbeitende
aus dem Betrieb, die den gesamten REMAProzess begleiten und den obersten Lenker
Walter Knobel bei seiner anspruchsvollen
Aufgabe unterstützen.
Derzeit arbeiten sich die Macher und Strategen des Großprojekts an den großen Endspurt heran. Bereits im Sommer 2007 ging
Zürich-Mülligen etappenweise in Betrieb.
Auch die Videocodierung in Chur sowie das
Logistikzentrum für die Briefverarbeitung
in Gossau wechselten fast zeitgleich in den
Produktivstatus.
Den ursprünglichen Plan, das Briefzentrum
Mitte (Härkingen) nach Zürich produktiv
gehen zu lassen, durchkreuzte allerdings ein
Kabelbrand, der im Oktober 2007 Schaden
an Gebäude und Anlagen verursachte. Eine
Herausforderung, der das Post- und Siemens
Team flexibel begegnete. Kurzerhand wurden die Pläne geändert und Eclépens im
Sommer 2008 in Betrieb genommen. Das
Briefzentrum Härkingen fährt den Betrieb
als drittes und letztes der drei Briefzentren
ab Anfang November 2008 über vier Etappen hoch. Der Vollbetrieb für das neue einzigartige Logistik- und Sortierkonzept der
Schweiz ist für das erste Halbjahr 2009 vorgesehen.
Sobald das ganze Potenzial von REMA zum
Tragen kommt, wird die Schweizerische Post
jährlich wiederkehrende Kosten von 170
Millionen Franken einsparen. < <
Walter Knobel, Projektleiter REMA bei der
Schweizerischen Post
Verlässlicher Partner
Das Projekt REMA, das größte Projekt
der Schweizerischen Post, ist eine
tagtägliche enge Zusammenarbeit
zwischen der Schweizerischen Post
und ihren Lieferanten – allen voran
mit dem Hauptlieferanten Siemens.
Die Zusammenarbeit mit Siemens
begleitete das Projektteam REMA
von der Zeit der Konzeption, über
die Bauphase bis hin zur Installations- und Testzeit der Anlagen und
Systeme in den neuen Brief- und Logistikzentren. Und die Zusammenarbeit könnte aktuell kaum enger sein.
Seit über einem Jahr stehen wir in
der intensiven Inbetriebnahmephase.
Das Briefzentrum Eclépens hat eben
den Vollbetrieb erreicht, schon steht
mit Härkingen das Hochfahren des
dritten Briefzentrums an.
Inbetriebnahmephase bedeutet für
die Post eine „Operation am offenen
Herzen“. Mit unseren Partnern
nehmen wir etappenweise die neuen
Anlagen und Systeme in Betrieb und
stellen auf die neuen Verarbeitungsprozesse um. Gleichzeitig hat die
Post täglich das Dienstleistungsangebot einzuhalten.
In dieser Situation ist das Projekt
REMA auf einen verlässlichen Partner
angewiesen, mit dem es die neuen
Anlagen und Technologien erfolgreich in Betrieb nehmen kann; auf
einen flexiblen Partner, der die Installationen und Tests an den neuen
Anlagen mit den Bedürfnissen des
Postbetriebes abstimmen und vereinbaren kann.
Ich freue mich, die Inbetriebnahme
aller Brief- und Logistikzentren der
neuen Briefverarbeitung mit Siemens
erfolgreich zu Ende zu führen.
Walter Knobel
Newsletter SILOG News 3
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Briefzentrum Härkingen: täglich 6 Millionen sortierte Sendungen
„Das war der reinste Hürdenlauf, kaum
hatten die Bauarbeiter ein Segment der
Halle fertiggestellt, begannen wir mit dem
Aufbau unserer Anlagen und Systeme.“
Für den Großteil der Behälter und Briefe
beginnt jedoch am Wareneingang – von
einem Roboterarm gefasst und aufs Förderband gesetzt – die Reise durch ein
wie von Geisterhand gesteuertes Förderund Maschinenwerk. Es spuckt am Ende
genauso viele Briefe, wie es „verschluckt“
hat, wieder aus. Allerdings neu sortiert
und kommissioniert – entweder für die
Weiterfahrt auf der Schiene zu den zentralen Briefzentren Zürich-Mülligen oder
Eclépens oder für den Transport auf einem
Lastwagen, der das Briefgut zu den vordefinierten Logistikzentren für die Briefverarbeitung oder Postbezirken bringt.
Das Transport- und Sortierkonzept, das
rund 85 Prozent der Postsendungen weitgehend automatisiert durch die Anlage
schleust, hat das Siemens Team in Zusammenarbeit mit den Spezialisten der
Schweizerischen Post erarbeitet. Insgesamt sieben Lose umfasste der Auftrag an
Siemens: von der Hoflogistik über die Behälterfördertechnik und das Hochregallager bis zur automatisierten Briefsortierung und der informationstechnischen
Steuerung von Mengen und Ressourcen.
Während der Hochphase des Aufbaus von
Fördereinrichtungen, Lagern, Sortier- und
Kommissionierlinien, dem manuellen Postsortierbereich, den Bereichsrechnerräumen
und der Leitzentrale befanden sich bis zu
170 Menschen auf der Baustelle. Der Bauleiter von Siemens, Frank Beck, lacht.
Wareneingang
Entladung Sammelbehälter
Hochregallager Briefbehälter
4 Newsletter SILOG News
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Wareneingang
Härkingen ist eines der drei zentralen Briefzentren im Reorganisationsprojekt der Schweizerischen
Post. Trifft dort ein adressierter Brief der A-Priorität ein, läuft er in Windeseile durch ein präzise geplantes Konglomerat an Förder-, Maschinen- und Pufferanlagen – gesteuert von einer „intelligenten“ IT-Lösung im Hintergrund – bis er am Ende genau im richtigen LKW oder Bahnwagen für den
Weitertransport landet.
Ein Lastwagen fährt in den großen Hof
des Briefzentrums Härkingen ein. Der
Fahrer bekommt vom Dock & Yard System sein Tor zugewiesen und steuert es
an der Breitseite des riesigen Gebäudes
an, das rund 170 auf 270 Meter lang ist.
Im Laderaum des Lastwagens befinden
sich die Sendungen nicht mehr in Postsäcken, sondern fein säuberlich in Briefbehältern (BB) gestapelt. 24 von ihnen passen
auf jeweils einen großen Rollwagen, den
so genannten Sammelbehälter (SB). Nur
große Post – im Format größer B4 und
Sendungen wie Filme und Laborware –
liegt lose in den Transportwagen, die von
den Arbeitern am Wareneingang direkt in
die manuelle Bearbeitung weitergeschoben werden. Auch Zeitungsbündel und
Werbesendungen gehen extra Wege.
3
Springender Punkt:
Hochregallager
Das Siemens Konzept beinhaltet einige besondere Ansätze und Methoden, die aus
einzelnen Funktionsbereichen ein neues
Ganzes machen und so eine neue Dimension der Postsortierung ermöglichen. Dazu
gehört z.B. die Idee des Hochregallagers,
das eine zentrale Rolle für den innerbetrieblichen Logistikprozess spielt. „Das
Lager für die Briefbehälter sorgt für eine
Entkoppelung von Push und Pull“, erklärt
Dr. Bernd Rosenberger, der Leiter Systemintegration von Siemens vor Ort, und führt
aus: „Das hat den Effekt, dass sich niemand
mehr von den angefahrenen Briefmengen
hetzen lassen muss. So können die Sortieranlagen gleichmäßig ausgelastet werden.“ Bis auf die priorisierte A-Post wandern heute alle anderen Behälter (B-Post)
in das 80.000 Behälter fassende Hochre-
dem Siemens Culler Facer Canceller (CFC),
wo alle für die automatische Sortierung
geeigneten Briefe durch ein intelligentes
Verfahren gestempelt und in eine einheitliche Ausrichtung gebracht werden, bis zu
den neuen 2-Level-Sortern, die auf zwei
Ebenen die Zielfächer fachgerecht befüllen.
Hochmodern Lesen
und Codieren
Warenausgang
Wareneingang
Entladung
Sammelbehälter
Hochregallager
Briefbehälter
Sortierung
Kommissionierung
gallager, um dort zwischenzulagern. Erst
wenn Sorter-Linien wieder frei sind, wird
die B-Post aus dem Hochregallager abgerufen. Das Briefzentrum arbeitet im DreiSchichtbetrieb von Sonntag 16 Uhr bis
Samstag 16 Uhr durchgängig. Das von
Siemens entwickelte Material-HandlingKonzept steht der Idee des Hochregallagers in nichts nach: So hat Siemens ein
raffiniertes Fördernetzwerk für volle und
leere Rollcontainer und für Briefbehälter
aufgebaut. Gleich nach Ankunft im Briefzentrum werden die mit Briefbehältern beladenen Rollcontainer den automatischen
Briefbehälter-Entladestraßen zugeführt.
Nach dem Entladevorgang durch Robotersysteme erfolgt der Transport der Behälter
je nach Anforderung in das Hochregal
oder sie werden direkt den Verarbeitungssystemen zugeführt. Auch leere Briefbehälter bzw. leere Rollcontainer werden
über automatische Vorrichtungen in dynamische gesteuerte Speicher gelenkt.
Schließlich müssen am Ende der Sortierung wieder genügend leere Briefbehälter
und Briefbehälter-Rollwagen zur Auf-
Stoffeingabe
Warenausgang
nahme voller Briefbehälter zur Verfügung
stehen. Diese Speicher befinden sich auf
einer zweiten Ebene des Zentrums. Dort
werden sie nach Bedarf abgerufen. Von
den „Wareneingangsknoten“, so Rosenberger, „werden die Briefbehälter dann
über das Lager auf die verschiedenen Verarbeitungslinien verteilt“. Nach der Sendungsverarbeitung „wandern“ die Briefbehälter in Richtung „Kommissionierungsknoten“. In einem automatischen Warenausgangslager werden alle mit einem ZielLabel versehenen Briefbehälter zwischengespeichert. Ist der Kommissionierungsschluss – „Transport steht an“ – gekommen, stapeln Laderoboter die Briefbehälter auf die SB-Rollcontainer, die anschließend auf die Schiene oder Straße gelenkt
werden.
Zwischen diesen Prozessen liegt die Kernaufgabe für die Sortiermaschinen: die Erkennung des Brief-Ziels und die Zuweisung des Wegs zur richtigen Adresse. In
den zentralen Knotenpunkten des Schweizerischen Postkonzepts – Zürich-Mülligen,
Eclépens, Härkingen – stehen dafür Integrierte Lese- und Videocodiermaschinen
(IRV 2000) mit angeschlossenen 2-LevelSortern von Siemens bereit. In den Logistikzentren für die Briefverarbeitung sind
für die Feinsortierung Barcode-Sorter
(BCS) im Einsatz – insgesamt handelt es
sich um 28 IRV, 9 BCS und 7 CFC in allen
Zentren.
Auch die zentrale Aufgabe der Briefsortierung ist mit modernster Technik ausgestattet und nach einem ausgetüftelten
Konzept organisiert. Auf neun Sortierlinien werden die Briefe mit „Normalformat“
bearbeitet. Angefangen bei der Vorverarbeitung oder Sendungsaufbereitung mit
Der Clou liegt dabei am Anfang der Reise
des Briefs durch die integrierte Lese- und
Codieranlage, dort, wo er mit einem Code
bedruckt wird. Dieser Barcode ist die Voraussetzung für den gesamten Automatisierungsprozess in der Sortierung. Er gibt
jeder weiteren Station im Sortier- und Zustellprozess zu verstehen, in welche Richtung respektive in welchen Behälter der
Brief gelenkt werden muss. Doch so einfach sich die Bedeutung des Barcodes beschreiben lässt, so komplex ist seine Erzeugung. Für die Ermittlung der Sortierinformation des Briefes und die Generierung des Barcode-Aufdrucks arbeiten im
Hintergrund verschiedene Lösungen wie
die hochmoderne Erkennungssoftware
ARTread™ von Siemens Hand-in-Hand mit
einer umfassenden Adressdatenbank.
Videocodierzentrum
Automatische Sortierung
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Wie von Geisterhand gesteuert:
Der Weg eines Briefes in der Schweiz
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Newsletter SILOG News 5
In Australien und in der Schweiz kommt die Post auch per Motorroller
Auf dem Motorrad zum Kunden
Nur in wenigen Ländern der Welt spielt das motorisierte Zweirad bei der Postverteilung eine Rolle. In Australien hat der Chef der Siemens Infrastructure Logistics
den Ritt auf dem motorisierten Untersatz selbst ausprobiert – und damit gleichzeitig einen guten Zweck erfüllt.
dern innovative Konzepte, um den Güter-,
Waren- und Postströmen Herr zu werden“, fasst Dr. Stefan Keh die Bewegung
im Mobilitätsmarkt zusammen und ergänzt: „Auch wenn der Trend zu Megacities und Landflucht anhält, sind für
die Post die ländlichen Gebiete kein Niemandsland. Im Gegenteil, auch die Bewohner in den hintersten Winkeln der
Welt haben Anspruch auf die Zustellung
der Post.“
Genau in einen dieser Winkel hatte sich Keh
mit Posttasche und Motorrad aufgemacht
– vorher instruiert, was ein australischer
Postbote im Land der Outbacks alles darf:
So hat der australische Briefträger z.B. als
einziger auf der Welt die amtlich verbriefte
Zulassung, mit seinem Motorrad den Bürgersteig zu befahren.
Auf dem Motorrad zum Kunden – Postbote Dr. Keh in Australien
Wer es nicht weiß, glaubt, der Briefträger
des australischen Bezirks Malmsbury ist
in Urlaub. Seine Vertretung in Jeans,
Turnschuhen, Sicherheitsweste und mit
dem obligatorischen Helm auf dem Kopf,
macht seine Arbeit fast ebenso routiniert
wie sein Kollege. Doch wer hier die für
viele Landgebiete typische Briefröhre füllt,
ist keine normale Urlaubsvertretung, sondern der Chef der Siemens Infrastructure
Logistics, Dr. Stefan Keh, ganz persönlich.
Der Leiter von Siemens Postal Automation und Airport Logistics erfüllte sich mit
seiner Dienstfahrt über das australische
Land einen langgehegten Wunsch. Gleichzeitig löste er das Versprechen ein, das er
im vergangenen Jahr auf der Post Expo
gegeben hatte: der Australischen Post
einen Tag mit Rat und Tat bei Seite zu
stehen.
Die Australische Post hatte Dr. Stefan Keh
auf der vergangenen Post Expo 2007
in Barcelona für 3.000 Euro ersteigert
6 Newsletter SILOG News
(SILOG News 3/07 berichtete darüber).
Siemens verdoppelte den Ersteigerungsbetrag und unterstützt damit die Öffentlichkeitsarbeit der Volkshochschule in
Konstanz bei der Förderung der Alphabetisierung (siehe Textkasten).
Als Dr. Stefan Keh im Sommer in Victoria
in Südaustralien eintraf, hatten sich Mitarbeiter aus allen Ebenen der australischen
Post – einschließlich Führungskräften,
Unternehmensstrategen und Bedienungspersonal – zum Gespräch eingefunden.
Die Gelegenheit, mit dem Experten des
globalen Anbieters von Post- und Logistikkonzepten einen Tag zu diskutieren
und von seinem umfassenden Wissen zu
profitieren, war schließlich nicht jeden
Tag gegeben.
Im Mittelpunkt des Vortrags von Dr. Stefan
Keh stand die globale Entwicklung des
Post- und Logistikmarktes: „In einer vernetzten Welt wachsen die Anforderungen
an die Mobilität kontinuierlich und erfor-
Schweizer Postboten rollen
durch enge Gassen
Das Markenzeichen der Schweiz, die Berge, zieht jährlich Millionen Menschen aus
aller Welt in den Alpenstaat. Im Sommer zum Wandern und Genießen, im Winter
zum Skifahren. Etwa nach Gstaad im Berner Oberland, dem Zustellort von Beat Kunz.
Gstaad im Berner Oberland in der Schweiz
ist ein beliebtes Touristenziel, nicht allein
wegen des Tennisturniers oder exzellenter Skipisten, sondern auch wegen seiner
heimeligen Atmosphäre.
Das schmucke Dörfchen mit seiner attraktiven Fußgängerzone hat seinen
ganz speziellen Reiz. Was den einen gefällt, ist für die Postboten eine Herausforderung. Die Schweizerische Post hat
aus diesem Grund in ihrem Fuhrpark
neben Lieferwagen und Autos auch kleine
Motorroller stehen. In Ortschaften wie
Gstaad aber auch in den Städten und
Agglomerationen kurven Briefträger damit auch durch beengte Sträßchen oder
Fußgängerzonen. „Mit unseren Motorrollern finden wir die kürzesten Wege zwischen den Häusern, blockieren keinen
Verkehr und sind schnell und wendig“,
erklärt der Zusteller Beat Kunz.
Seine Kollegen auf dem Land fahren mit
den motorisierten Rädern auch abgelegene Höfe in den Bergregionen an –
manchmal gilt es sogar, das letzte Wegstück zu Fuß zu gehen oder eine Seilbahn
zu nutzen.
Zukünftig soll eine weitere Optimierung
im australischen Postwesen umgesetzt
werden: die Gangfolgesortierung. Doch
bis es soweit ist, dass der australische
Postbote nur noch seinen vorsortierten
Packen Briefe schnappt und auf Tour geht,
gehört der außergewöhnliche Aufenthalt
Kehs in Australien schon wieder der Vergangenheit an – aber keineswegs der
Vergessenheit: „Mein Rollentausch in
Australien gehört zu den bleibenden Erinnerungen“, betont Dr. Stefan Keh und
schließt mit den Worten: „Jedes Land hat
seine Eigenheiten und diesmal habe ich
eine davon ganz hautnah in der Praxis
erlebt – das hat nicht nur Spaß gemacht,
sondern auch meinen persönlichen Erfahrungsschatz erweitert.“
Beat Kunz auf seiner Liberty
Demnächst wird Beat Kunz ein neues
Motorroller-Modell fahren, das nicht
mehr so schwer ist und sich noch leichter
als bisher handhaben lässt. Nur die
Winterausrüstung macht ihm noch Kopfzerbrechen: Bisher ist eine Spikebereifung beim neuen Modell nicht vorgesehen. Beat Kunz sagt schmunzelnd:
„Dann brauch ich eben Spikes an den
Schuhsohlen.“
Schokolade lädt zum Lernen ein
Am 8. September verschenkte die
Siemens Schweiz AG 5000 Schokoladentäfelchen in 23 Weiterbildungseinrichtungen im Kanton Zürich. Das
süße Geschenk sollte Aufmerksamkeit
erregen: Nach Schätzungen der
UNESCO können weltweit über 800
Millionen Menschen nicht oder nur
ungenügend lesen und schreiben. In
Industrieländern haben sogenannte
„funktionale Analphabeten“ oder
„Illettristen“ dank Schulpflicht zwar
lesen und schreiben gelernt, aber ihre
individuellen Kenntnisse sind den Anforderungen in Alltag und Beruf oft
nicht gewachsen.
Die Aktion am Weltalphabetisierungstag hatten Siemens IL in Konstanz und
Siemens Schweiz AG gemeinsam kreiert
und umgesetzt. Auch in Konstanz fand
der leckere Schmelz in der Fußgängerzone reißenden Absatz.
„Mit der Initiative „Lesen und Schreiben
für alle“ tragen wir dazu bei, unsere
eigene Geschäftsbasis der Postautomation und die unserer Postkunden zu sichern“, erklärt Dr. Stefan Keh, Leiter IL.
„Unsere Intention ist es, gemeinsam
mit anderen Siemens Standorten und
unseren Postkunden ein Netzwerk für
die Alphabetisierung aufzubauen.“
Ob er auch einmal leise mit dem Elektroroller durch sein Städtchen „schwebt“,
weiß er noch nicht. Gut findet er die Initiative der Schweizerischen Post, die seit
Oktober mit 250 Elektrorollern die größte Flotte an Zustellfahrzeugen dieser Art
betreibt, allemal: „So kann jeder ein
Stückchen zum Klimaschutz beitragen“,
erklärt der Gstaader Zusteller, setzt sich
auf seinen Roller und fährt weiter.
Newsletter SILOG News 7
Fortsetzung: Wie von Geisterhand gesteuert
Trotzdem gibt es an der Nahtstelle der
Identifizierung der Sortierinformation immer wieder Herausforderungen: Mal lässt
sich der Stadt- oder Straßenname nicht erkennen, mal ist die Postleitzahl nicht mit
dem Stadtnamen kongruent. Wird eine
Adresse nicht automatisch erkannt – in
der Regel sind das deutlich unter zehn Prozent aller Briefe – erhält der Brief eine
Sonderbehandlung. Während er sich wie
alle Briefe in der sogenannten Delay-Line
der Maschine aufhält, wandert sein Sendungsbild in der kurzen Zeit von rund acht
Sekunden über eine Standleitung von
Härkingen ins Videocodierzentrum Sitten,
wird dort von den Mitarbeitern an den
Kommissionierung
Videocodierplätzen „erkannt“, mit der
richtigen Eingabe versehen und als Sortierinformation für den Barcodeaufdruck
zurückgeschickt.
Damit auf jeden Fall ausgeschlossen ist,
dass ein Ausfall eines Lesesystems an den
IRVs in den Briefzentren oder eines CodierArbeitsplatzes in den beiden remote angeschlossenen Videocodierzentren zu einer
Verzögerung führt, hat Siemens bei der
Schweizerischen Post die Lese- und Codieranlagen an jedem Standort über die
Open Reading Coding Achitecture (ORCA)
zu einem Pool zusammengefasst. ORCA
ermöglicht eine Vernetzung mehrerer
Rechner in einem Cluster. Fällt in einem
solchen Cluster ein Rechner aus, übernehmen die anderen einfach die Zusatzlast
und die Lösung arbeitet ohne Unterbrechung weiter. Die offene Architektur ermöglicht es auch, die Zuordnung der Codierzentren kurzer Hand umzukonfigurieren – also von Härkingen-Sitten auf
Härkingen-Chur – wenn etwa eine Grippewelle im Codierzentrum Sitten die Hälfte
der Codierarbeitsplätze lahmlegen sollte.
Zusammen mit speziellen Failover-Mecha8 Newsletter SILOG News
nismen für alle relevanten Systemkomponenten bietet die Plattform eine hohe Ausfallsicherheit von rund 99,8 Prozent.
Gehirn der Anlage steuert
Mengen und Ressourcen
Damit ist das Geheimnis, wie es die
Schweizerische Post schafft, täglich durchschnittlich sechs Millionen Sendungen im
Briefzentrum in Härkingen zu verarbeiten,
gelüftet. Des Pudels Kern ist die weitgehende Automatisierung.
Doch wer steckt hinter der Steuerung der
vielfältigen Systeme, Förderbänder undSortieranlagen, die am Wareneingang die
Post aufnehmen und fast vollautomatisch
am Warenausgang wieder abgeben? Es ist
ein System aus IT-Lösungen, das von der
Architektur her wie eine Pyramide aufgebaut ist: An der Spitze steht ein Planungsund Produktionssteuerungssystem (PPS),
Schließlich hat der Brief seinen Dauerlauf
hinter sich gebracht. Mit vielen anderen
liegt er nun in „seinem“ Behälter – Ziel:
Logistikzentrum für die Briefverarbeitung
Kriens. Dort wird er noch die Feinsortierung durchwandern und seiner angepeilten Adresse noch einmal ein Stückchen
näher kommen. Bis endlich die Klappe am
Briefkasten fällt und er am Ziel ist.
Warenausgang
Prozessleitstand
das aus einem Betriebsdatenerfassungssystem die Mengendaten der ankommenden Post erhält und die Briefbehälter auf
die freien Ressourcen verteilt. Die PPS-Lösung weiß, wie viele Sendungen sich in
der Anlage befinden, wie viele sortiert
wurden und errechnet fortlaufend, welcher Anlage noch Sendungen zugeführt
werden können. So bestimmt das System
auch, wann nach der prioritären A-Post,
die zweitrangige B-Post aus dem Hochregallager auf die Sorter geschleust werden
kann. Die Umsetzung der errechneten Pläne übernimmt das Prozessleitsystem (PLS),
das die Leitstandsfunktion übernimmt und
die einzelnen Bereichsrechner mit Anweisungen versorgt. Ein Bereichsrechner ist
jeweils für ein Los mit den dazugehörigen
Steuerungssystemen zuständig – etwa für
die Fördertechnik, die Behälterlogistik mit
dem Material-Handlingsystem, für die Materialerfassungssysteme, für die Briefsortieranlagen mit der Adressdatenbank und
dem Sortplanmanagement. Ganz unten
auf Maschinenebene sind es die Speicherprogrammierbaren Steuerungen aus den
Robotern oder Förderern, die Statuszustände nach oben melden.
Impressum
Herausgeber
Siemens AG
Industry Sector
Mobility Division
Infrastructure Logistics
Postal Automation
Bücklestr. 1-5
78467 Konstanz · Germany
Tel. +49 (0)7531-86-01
Fax +49 (0)7531-86-2421
Verantwortlich für den Inhalt
Frank Wehking, Siemens AG, Konstanz
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Ihr direkter Draht zu uns:
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© Siemens AG 2008
www.siemens.com/infrastructure-logistics
Die Informationen in dieser Broschüre/Produktkatalog etc. enthalten lediglich allgemeine Beschreibungen bzw. Leistungsmerkmale, welche
im konkreten Anwendungsfall nicht immer in der
beschriebenen Form zutreffen bzw. welche sich
durch Weiterentwicklung der Produkte ändern
können. Die gewünschten Leistungsmerkmale
sind nur dann verbindlich, wenn sie bei Vertragsabschluss ausdrücklich vereinbart werden.