pocketguide - Benjamin Tiven
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POCKETGUIDE ALLE FILME UND TERMINE AUF EINEN BLICK 24. OKTOBER BIS 6. NOVEMBER 2013 www.viennale.at VIENNALE 2013 24. OKTOBER BIS 6. NOVEMBER LOCATIONS VIENNALE-KINOS Gartenbaukino I., Parkring 12 U3 Stubentor, U4 Stadtpark Stadtkino im Künstlerhaus I., Akademiestraße 13 U1, U2, U4 Karlsplatz Urania I., Uraniastraße 1 U1, U4 Schwedenplatz An dieser Stelle finden Sie einen Faltplan mit allen Filmen und Terminen. Falls er abhanden gekommen sein sollte, holen Sie sich bitte Ihren Übersichtsplan an einer Viennale-Kinokassa oder Vorverkaufsstelle. Kino am Schwarzenbergplatz III., Schwarzenbergplatz 7 U4 Stadtpark Metro I., Johannesgasse 4 U1, U3 Stephansplatz • U1, U2, U4 Karlsplatz SPIELORT DER RETROSPEKTIVE Österreichisches filmmuseum I., Augustinerstraße 1 U1, U2, U4 Karlsplatz VORVERKAUFSSTELLEN Mariahilfer Straße /ecke Museumsquartier U2 Museumsquartier Schottentor I., Schottentor U2 Schottentor/Universität Gartenbaukino I., Parkring 12 U3 Stubentor, U4 Stadtpark VIENNALE FESTIVALZENTRUM I., Dominikanerbastei 11 U1, U4 Schwedenplatz • U1, U3 Stephansplatz Viennale barrierefrei Die Viennale bietet an allen Veranstaltungsorten Zugang für Rollstuhlfahrer Gartenbaukino vier Rollstuhl-Stellplätze und zwei Behinderten-Parkplätze Metro vier Rollstuhl-Stellplätze Stadtkino im Künstlerhaus, Urania, Kino am Schwarzenbergplatz jeweils zwei Rollstuhl-Stellplätze und zwei Behinderten-Parkplätze Österreichisches Filmmuseum zwei Rollstuhl-Stellplätze Begleitpersonen haben freien Eintritt und einen Sitzplatz in unmittelbarer Nähe des Rollstuhlplatzes. Viennale Festivalzentrum barrierefrei zugänglich TICKETINFORMATIONEN TICKETVORVERKAUF AB 19. OKTOBER 2013, 10 UHR TICKETS IM INTERNET Tickets per Online-Banking oder Kreditkarte WWW.VIENNALE.AT VORVERKAUFSSTELLEN Tickets bar, mit Bankomat oder per Kreditkarte Mariahilfer Straße /ecke Museumsquartier täglich 10 bis 20 Uhr Schottentor täglich 10 bis 20 Uhr Gartenbaukino von 19. bis 23. Oktober täglich 10 bis 20 Uhr ZUSÄTZLICHE EXPRESSKASSEN AM 19. UND 20. OKTOBER Aufgrund des zu erwartenden großen Andrangs werden am ersten Vorverkaufswochenende zusätzliche Expresskassen geöffnet. Die Expresskassen sind für Käufe von bis zu 10 Tickets vorgesehen, um eine raschere Abwicklung gewährleisten zu können. Stadtkino im Künstlerhaus 19. und 20. Oktober, 10 bis 20 Uhr (nur Expresskassen; nur Barzahlung) Gartenbaukino 19. und 20. Oktober, 10 bis 20 Uhr (2 Expresskassen; Bezahlung bar, mit Bankomat oder per Kreditkarte) TICKETPREISE einzelticket ab 10 Tickets ab 20 Tickets €9 € 8,50 pro Ticket € 7,80 pro Ticket OUT 1-Tagesticket € 20 siehe S. 54 ERMÄSSIGUNGEN Ermäßigungen können bei Vorweis der entsprechenden Ausweise in Anspruch genommen werden. einzelticket ab 10 Tickets ab 20 Tickets € 8,50 €8 pro Ticket € 7,30 pro Ticket OUT 1-Tagesticket € 18 siehe S. 54 Kunden der An den Kinokassen gibt es ermäßigte Tickets nur als Einzeltickets. ermäßigungen mit der «fernwärme-Servicecard» Inhaber der «Fernwärme-Servicecard» erhalten für Filme ausgewählter Zeitschienen je 2 Tickets zum Sonderpreis von je € 6,30. für alle Kassen – mit ausnahme der expresskassen – werden bei großem andrang Wartenummern ausgegeben. TICKETS PER TELEFON Tickets per Kreditkarte freie SiTzplaTzWahl bei allen Vorstellungen der Viennale – mit ausnahme der Galas – gilt freie Sitzplatzwahl. freeline 0800 664 013 Per Telefon bzw. online gekaufte Tickets sind an allen Vorverkaufsstellen oder in den Viennale-Kinos abzuholen. Ab 30 Minuten vor Beginn einer Vorstellung sind ausschließlich Tickets für diese Vorstellung erhältlich. VIENNALE MERCHANDISING Publikationen und Artikel des Festivals sind in allen Viennale Vorverkaufsstellen und Kinos sowie online erhältlich: TICKETVERKAUF WÄHREND DES FESTIVALS Katalog festival Während des Festivals erhalten Sie Tickets sowohl an den Vorverkaufsstellen als auch in den fünf Festivalkinos. Die Kinokassen sind von 24.10. bis 6.11. ab eine Stunde vor Beginn der ersten bis zum Beginn der letzten Vorstellung geöffnet. Ab 30 Minuten vor Beginn einer Vorstellung sind ausschließlich Tickets für diese Vorstellung erhältlich. Katalog retrospektive plakate (a1 und a2) V’13-filmstills-plakat Viennale DVDs Viennale DVD box 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn werden Wartenummern für resttickets ausgegeben. TICKETVERKAUF RETROSPEKTIVE JERRY LEWIS Tickets für die Retrospektive sind sowohl über die Viennale als auch über das Filmmuseum erhältlich. Informationen unter www.filmmuseum.at und www.viennale.at. 2 Schlüsselband € 12 € 15 € 3 bzw. € 2 € 10 je € 14,90 € 59,90 €3 VIENNALE DVD EDITION Die gemeinsame DVD edition von Viennale und falTer war im letzten Jahr erstmalig der Versuch, eine Schneise in den Wildwuchs der aktuellen DVD-produktion zu schlagen und ein paar wenige herausragende kinematografische positionen hervorzuheben. Wegen des erfreulichen zuspruchs wird dieses Jahr eine fortsetzung angeboten: Mit festivalbeginn sind fünf weitere DVDs der edition erhältlich. : En Anna Alberto Grifi & Massimo Sarchielli, Italien 1972-1975 Ein Vater lebt mit seiner Tochter unauffällig in einem Vorort. Sie verlässt das Haus praktisch nie. Doch eines Tages entdeckt das Mädchen am Waldrand etwas Schreckliches, das sie gleichzeitig anzieht. Auch der Vater macht Bekanntschaft mit dem Grauen … Wie eine fantastische Spur schreibt sich CURLING ein in die Wahrnehmung, ins Denken, in die Erinnerung des Betrachters. , R: Kleber Mendonça Filho, Brasilien 2012 124 Min, OmeU O SOM AO REDOR zeigt eine Handvoll Figuren, die in der gleichen mittelständischen Wohngegend wohnen. Hinter der Fassade der Bürgerlichkeit lauern Kleinkriminalität und finstere Machenschaften. Mendonça Filho inszeniert einen Reigen aus Lebenslügen, verdecktem Klassendünkel und soziopathischen Neigungen – bis die scheinheile Welt in einem Gewaltausbruch explodiert. haShOTer (pOliCeMan) H ho o gn P Eine ungewöhnliche Dokumentation über eine heruntergekommene Industriegegend am Rande von Queens, eine Welt, die in ihrem alltäglichen Chaos mit seinen Bewohnern lebendiger erscheint als das nahe Manhattan. Die Peripherie ist hier ein eigenes Zentrum, stolz, vielgestaltig und nützlich. Ein verkanntes Viertel, das bald der Umstrukturierung der Metropole zum Opfer fallen wird. R: Nadav Lapid, Israel 2011 112 Min, OmeU HASHOTER erzählt eine doppelte Geschichte: Yaron ist Mitglied einer machoiden Antiterrorgruppe und fürsorglicher Familienvater. Shira ist Bürgerstochter und Linksaktivistin. Die beiden Gruppierungen prallen schließlich aufeinander. Die Darstellung des innerisraelischen Konflikts macht HASHOTER zu einem spannenden und außergewöhnlichen Film. fOreiGn parTS R: Véréna Paravel & J.P. Sniadecki USA/F 2010, 80 Min, OmeU/OmfU R: Alberto Grifi & Massimo Sarchielli Italien 1972–1975, 225 Min, OmeU Restaurierte Langfassung Die Regisseure beschlossen, einen Film über eine verwahrlost ausschauende Frau als Darstellerin ihrer eigenen Existenz zu drehen. Ein Spiel wechselseitiger Verführungen, Abhängigkeiten und Ausbeutungen, bei dem Alltag und Film ineinander verschmelzen, beginnt. Eines der großen Werke des modernen Kinos. Grausam und voll der Gnade. O SOM aO reDOr (neiGhbOUrinG SOUnDS) do n anna R: Denis Côté, Kanada 2010 92 Min, OmeU Denis Côté, Kanada 2010 O om o P Seite 1 CUrlinG Curling m n m VIENNALE DVD BOX Die Box beinhaltet neben den 5 Filmen den Bonusfilm AND WE MADE THE ROOM SHINE, eine Sammlung von in Wien gedrehten Mini-Konzerten an unüblichen Orten von ConstellationRecords-Musikern, realisiert von La Blogothèque. Und darüber hinaus finden sich einige attraktive Goodies (ein Stück eines 35mmFilmstreifens eines Viennale-Trailers, ein Viennale-Schlüsselband und ein Viennale-Pin) in dieser limitierten Box. Viennale DVD Viennale DVD box je €14,90 €59,90 erhältlich ab 25.10. an allen Viennale Vorverkaufsstellen, in den Viennale Kinos, auf www.faltershop.at und im ausgewählten buchhandel. 3 VIENNALE FESTIVALZENTRUM Café · Bar · Events · Diskussionen TÄGLICH VON 18 UHR BIS 4 UHR FRÜH 1010 Wien, Dominikanerbastei 11 (U1, U4 Schwedenplatz) Freier Eintritt bei allen Veranstaltungen und Konzerten! Presented by Do, 24.10., ab 22 h – DJ-Set & Party erÖffnUnG DJ anDY SMiTh (eX-pOrTiSheaD) & MC hOneYbrOWn Als Live-DJ von Portishead hat Andy Smith maßgeblich zum Erfolg von Trip Hop beigetragen. Heute ist der Brite mit seiner Partyreihe «Jam Up Twist» erfolgreich und seine 7“-Sets, die Tanzbares von Vintage Funk, Soul, Boogie bis zu HipHop und Ska umfassen sind legendär. Im Anschluss wird es housig mit The New Tower Generation (Praterei). Fr, 25. 10., ab 22 h – DJ-Set & Party DaVe rOWnTree (blUr) DJ-SeT & DJ iliaS In den letzten Jahren machte Blur-Drummer Dave Rowntree vor allem als Politiker von sich hören. Abseits des Polit-Parketts findet er aber dennoch Zeit als DJ die Clubs von Barcelona bis Moskau mit einem Mix aus Indie, Pop und Soul zu rocken. Da geht die Post ab im Festivalzentrum! Sa, 26. 10., 18 h – Diskussion (Englisch) fOrMen DeS DOKUMenTariSChen Genau genommen ist der Begriff «dokumentarisches« Kino eine unzulässige Verallgemeinerung angesichts der vielen unterschiedlichen kinematografischen Formen. Die FilmemacherInnen Alan Berliner, Joaquim Pinto, u.a. diskutieren ihre spezifischen Haltungen dazu. Sa, 26. 10., ab 22 h – DJ-Set & Party filMeMaCherinnen an Den plaTTenTellern FilmemacherInnen versuchen sich als DJs: Thomas Arslan (GOLD), Alan Berliner (FIRST COUSIN ONCE REMOVED), Serge Bozon (TIP TOP) und Lance Edmands (BLUEBIRD). Überraschungen versprochen! Den Profi-Part übernimmt DJ Marcelle (Another Nice Mess). Moderation: Norman Shetler 4 So, 27. 10., 18 h – Diskussion (Englisch) Call Me Mr. leWiS Kein zweiter Komiker war Zeit seines Lebens ähnlich populär und ähnlich umstritten wie Jerry Lewis. Genie oder Grimassenschneider? Adrian Martin, Jonathan Rosenbaum und Mehrnaz Saeedvafa, alle drei große Experten auf diesem Gebiet, erzählen uns, why Mr. Lewis definitely matters. So, 27. 10., ab 21 h – DJ-Set & Party SKerO Als Rapper der Band Texta hat Skero in den letzten 20 Jahren die österreichische HipHop-Szene geprägt. Nach Soloausflügen bringt der Linzer nun mit «Müßig Gang» ein Wienerlied-Album der etwas anderen Art heraus. Man darf sich auf die Lieblinge aus seiner Plattensammlung freuen. Mo, 28. 10., ab 21 h – DJ-Set & Party la blOGOThÈQUe François Clos und Thomas Lallier vom französischen Musikblog La Blogothèque, das Musikfans mit seinen «Take Away Shows» neue Perspektiven auf ihre Lieblingsmusiker eröffnet, geben einen Einblick in ihre umfangreichen Musiksammlungen. Di, 29. 10., ab 21 h – Konzert & Party JerUSaleM in MY hearT (liVe) Klassischer arabischer Gesang, traditionelle Instrumente und sphärische elektronische Musik – die Live-Performances von Jerusalem in My Heart werden in Kombination mit ausgeklügelten Visuals zum Multimedia-Gesamtkunstwerk. Die FM4-DJs Fritz Ostermayer und Thomas Edlinger sorgen nach dem Konzert für die passende Stimmung. In Kooperation mit Mi, 30. 10., ab 21 h – DJ-Set & Party Glen MaTlOCK (SeX piSTOlS) Als Bassist der Sex Pistols war Matlock maßgeblich an der Entstehung von Songs wie «Anarchy in the U.K.» und «God Save The Queen» beteiligt. Seit er die Band Ende der 70er verließ, spielt er in unterschiedlichsten Konstellationen Rockmusik, zuletzt als The Philistines. Als DJ lässt er die guten alten Zeiten wieder aufleben. Canon präsentiert am 5.11. ab 17.30 Uhr die Canon Pro Imaging Familie: ausgewählte Produkte der Canon EOS Cinema Reihe sowie der XF, XA Familie und die herausragenden CinePrime Lenses. Testen Sie selbst im Viennale-Festivalzentrum! Do, 31. 10., ab 22 h – Party Vihanna & haM & DJ SalUTe (COOl KiD MUSiC) Vihanna und Ham, die beiden hippsten Neuzugänge der Wiener Clubszene gastieren im Festivalzentrum. Neben fetten Bässen haben sie den jungen Nachwuchsproduzenten und DJ salute (Cool Kid Music) im Gepäck. Vergesst Halloween und lasst die Booties shaken! Fr, 1. 11., ab 22 h – DJ-Set & Party Daniel WanG (balihU) & SMOab (SUperflY) Seine bedingungslose Liebe für Disco drückt Daniel Wang nicht nur in seinen House-Produktionen aus: seine Live-Sets sind eine Hommage an die old days of disco, bei denen der DJ schon mal in Hotpants selber das Tanzbein schwingt. Local Support erhält Wang von Superfly-DJ Smoab. In Kooperation mit Sa, 2. 11., ab 21 h – Lesung & Party h.a.p.p.Y «Hapsi Apsi Pipsi Popsi Yipsi – Jugendhaare einer Kaiserin» ist Titel des Jubiläumsbuches über das PerformanceKollektiv H.A.P.P.Y. Die H.A.P.P.Y-Jugendhaare-Party ist eine weitere Station des Buchpräsentationsmarathons. Monobrauenservice, Lesung, Maskottchen und – Deephouse satt bis zum Abwinken inklusive! So, 3. 11., 20 h – Diskussion (Englisch) iT’S life. anD iT’S life OnlY Kino und Leben. Eines der wunderbarsten, geheimnisvollsten und schlampigsten Verhältnisse. Was eins mit dem anderen zu tun hat, kann man in jedem Film sehen. Oder eben nicht. Die Filmemacherinnen Mati Diop, Su Friedrich, Alain Guiraudie und Matt Porterfield haben gerade davon eine Ahnung und unterhalten sich darüber. So, 3. 11., ab 21.30 h – DJ-Set & Party MarKUS binDer (aTTWenGer) Bei Attwenger sitzt Gründungsmitglied Markus Binder am Schlagzeug, singt und spielt die Maultrommel – auf Konzerten von Simbabwe bis Sibirien. Ins Festivalzentrum bringt Binder eine Auswahl seiner Lieblingsplatten mit, eine Mischung auf die man gespannt sein darf. Mo, 4. 11., ab 21 h – DJ-SetJ-Set & Party VOn SeVilla naCh laS VeGaS Tribute-Gast Gonzalo García Pelayo eröffnet den Abend mit seiner persönlichen Plattensammlung: Dabei wird er – selbst ehemaliger Disco-Flamenco-Produzent, Stierkampf-Organisator und höchst erfolgreicher professioneller Glücksspieler – einen musikalischen Streifzug durch sein turbulentes Leben liefern. Mo, 4. 11., ab 22 h – DJ-Set & Party filMeMaCherinnen an Den plaTTenTellern Für die zweite Ausgabe der schon legendären Partyreihe packen Andrea Pallaoro (MEDEAS) sowie die drei Special Program Gäste Claudia Larcher, Johann Lurf und Jennifer Reeder ihre musikalischen Schätze aus. Moderation: Dietmar Schwärzler Di, 5. 11., 18 h – Diskussion (Englisch) SafeTY laST: frOM leWiS TO ferrell Zwei der großen amerikanischen Filmkomiker finden sich dieses Jahr im Viennale-Programm. Was verbindet die beiden, was eben nicht, was gibt es dazwischen? Es diskutieren der Autor und Kurator Chris Fujiwara sowie der Journalist Emmanuel Burdeau und die Kulturwissenschaftlerin Andrea B. Braidt. Moderation: Lisa Nesselson Di, 5. 11., ab 21 h – DJ-Set & Party aDia & TriSheS Unter dem Motto «American Nostalgia» legen die DJs Adia & Trishes eine Mischung aus Rockabilly, Surf, Rhythm & Blues und Artverwandtem auf, die bis jetzt noch jede Tanzfläche zum Ächzen gebracht hat. Let’s rock and roll! Mi, 6. 11., ab 22 h – DJ-Set & Party DJ MaSeO (De la SOUl) & DJ D.b.h Mit seiner Band De La Soul steht DJ Maseo seit Ende der 80er für HipHop mit positiver Message und hoher Partytauglichkeit und hat die Szene entscheidend geprägt. Mit viel Bühnenerfahrung und einem seiner energiegeladenen DJ-Sets rockt er die Viennale zum Abschluss, DJ d.b.h steht ihm dabei zur Seite. DER STANDARD SCHENKT HAPPY HOURS MIT Vöslauer Balance Juicy Während des Festivals erhalten Sie zwischen 18 und 21 Uhr gegen Abgabe eines Viennale-Tickets eine Flasche Vöslauer Balance Juicy im Viennale-Festivalzentrum. Solange der Vorrat reicht. 5 Spielfilme ALEGRÍAS DE CÁDIZ (JOYS OF CÁDIZ) E 2013, 119 Min, OmeU R: Gonzalo García Pelayo, D: Jeri Iglesias, Fernando Arduán, Marta Peregrina, Laura Espejo Nach ziemlich genau drei Dekaden kehrt Gonzalo García Pelayo zum Kino zurück – doch schaut man ALEGRÍAS DE CADÍZ, so scheint’s, als sei seit dem letzten Langfilm nicht mehr vergangen als ein Tag. Wieder verwebt er Liebesgeschichten mit dem Porträt einer Stadt, immer noch sind die Frauen aufregend und die Männer prächtig, erneut addieren sich die ästhetisch wunderbar vielgestaltigen Elemente des Films auf zu einer soziopolitischen Bestandsaufnahme des aktuellen Spanien. In der schlaksigen Unbekümmertheit seiner Gestaltung wirkt ALEGRÍAS DE CADÍZ, als käme er von einem anderen Stern. Wie schön! (Siehe auch S. 46: Tribute Gonzalo García Pelayo) in anwesenheit von Gonzalo García pelayo. 3. 11., 21 h, Metro ÅTERTRÄFFEN (THE REUNION) S 2013, 89 Min, OmeU R: Anna Odell, D: Anna Odell, Erik Ehn, Fredrik Meyer, Kamila Benhamza periment zwischen Fiktion und Wirklichkeit, Realität und Spiel. Die Wiederholung eines Klassentreffens, die alten Hierarchien und Ausschließungen, die Traumata und Verletzungen, die Gemeinsamkeit und das Außenseitertum, all dies versucht Odell in ihrer Rekonstruktion filmisch zu verlebendigen, nachzuzeichnen und zu verstehen. Und in jeder und jedem von uns werden seltsame Erinnerungen wach. 31. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 2. 11., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus AVANTI POPOLO Brasilien 2012, 72 Min, OmeU R: Michael Wahrmann, D: André Gatti, Carlos Reichenbach, Eduardo Valente, Marcus Bertoni BAUYR (LITTLE BROTHER) Nach der Trennung von seiner Frau kehrt André ins Haus seines Vaters zurück und damit ins Herz eines dunklen Geheimnisses: Sein Bruder ist während der Militärdiktatur verschwunden, der Alte bewahrt über den Vorfall eisiges Schweigen. Andrés Versuche, ihn durch die Konfrontation mit alten Super-8-Familienfilmen aus der Reserve zu locken, scheitern. Ein Film in gedeckten Farben wie kolorierte SchwarzweißFotos, der eher in dichten, atmosphärischen Sequenzen erzählt wird als im Fortschreiten der Handlung. Die bittere Conclusio: Die Erinnerung ist die einzige Hölle, aus der man nicht gerettet werden kann. in anwesenheit von Michael Wahrmann. 26. 10., 11 h, Metro 31. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz LA BATAILLE DE SOLFÉRINO (AGE OF PANIC) Was geschieht, wenn man feststellt, dass man als Einzige zu einem Klassentreffen nicht eingeladen wurde? Die bekannte schwedische Künstlerin Anna Odell benützt eine reale Erfahrung, um sich und andere einem Experiment auszusetzen – einem Ex6 Mikroklima in ihrer Patchwork-Familie: schreiende Kinder, ein liebesbedürftiger Gefährte, ein aggressiver Ex-Ehemann, ein unbeholfener Babysitter und ein spitzfindiger Anwalt sorgen für Action in Permanenz. Triet mischt dokumentarische Szenen vom politischen Umbruch und Spielfilmsequenzen und zeigt mit Sinn für die Komik des Ausnahmezustandes Menschen am Rand des Nervenzusammenbruchs. Bis am Ende die Stille der Nacht alle erlöst. 25. 10., 18.30 h, Metro 27. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus F 2013, 94 Min, OmeU R: Justine Triet, D: Laetitia Dosch, Vincent Macaigne, Arthur Harari, Virgil Vernier Im Schatten der französischen Präsidentschaftswahlen von 2012, über die die Fernsehjournalistin Laetitia berichten soll, verdüstert sich das Kasachstan 2013, 95 Min, OmeU R: Serik Aprymov, D: Almat Galym, Alisher Aprymov, Dokdurbek Kydyral, Murat Omarov Der neunjährige Yerken ist übrig geblieben. Die Mutter ist tot, der Vater hat im Nachbardorf eine neue Familie gegründet, der große Bruder studiert in der Stadt. Doch obwohl sein Alltag hart ist und so mancher seine Gutherzigkeit ausnutzt, Yerken bleibt zuversichtlich und zugewandt. Ein Kind noch und doch schon voll verantwortlich, sucht und behauptet er seinen Platz in der Gemeinschaft. BAUYR ist ein klarer, einfacher und darin sehr reicher Film, der der Stärke jener zahllosen Kinder Respekt zollt, die alleingelassen ihr Leben meistern. Aprymov hat ihn seinem kleinen Bruder gewidmet. 26. 10., 13.30 h, Urania 30. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus HISTòRIA DE LA MEVA MORT THE BAY USA 2012, 84 Min, OF R: Barry Levinson, D: Kether Donohue, Kristen Connelly, Will Rogers, Stephen Kunken Chesapeake Bay, Maryland, 2009: Eben war noch fröhliches Fourth-ofJuly-Volksfest, dann ist plötzlich Massensterben – die Sache mit den Hühnerfarmen und der Trinkwasseraufbereitungsanlage war wohl doch nicht so unbedenklich wie vom Bürgermeister propagiert. THE BAY behauptet Authentizität als kommentierte Found-footage-Kompilation, die Jahre nach stattgehabter Vertuschung einer grausigen Epidemie doch noch das Licht der Öffentlich- schichtsunterricht und in Wirklichkeit noch etwas ganz anderes: die unbändige Begeisterung für ein Leben in Freiheit, unter dem großen Himmel, am Fluss, in den Wäldern. Und niemals war Kirk Douglas so ausgelassen und der Whisky so gut, die Lieder so schön und die Stille so groß. Das Kino, nichts als das Kino. 25. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz 6. 11., 13 h, Gartenbaukino BLUE JASMINE keit erblickt. Ein kluger Genre-Beitrag, kritisch aufklärerisch in der Haltung, filmisch auf hohem Niveau und angemessen furchteinflößend, wenn’s ans Eingemachte geht: das manmade Monster und sein schlimmes Tun. 30. 10., 23.30 h, Gartenbaukino 31. 10., 11 h, Gartenbaukino THE BIG SKY USA 1952, 122 Min, OF R: Howard Hawks, D: Kirk Douglas, Dewey Martin, Elizabeth Threatt, Arthur Hunnicutt Man muss gar nicht viele Filme gesehen haben, hat einmal ein alter Regisseur erklärt, sondern nur ein paar, die aber wieder und wieder. Und einer davon wäre THE BIG SKY. Die reine Lust und Freude am Kino hat ihn ins diesjährige Programm der Viennale gespült. Hawks’ grandioser Western, Abenteuerfilm, Naturbetrachtung, Zivilisationskritik, Ge- USA 2013, 98 Min, OmdU R: Woody Allen, D: Cate Blanchett, Sally Hawkins, Bobby Cannavale, Alec Baldwin BLUEBIRD USA/S 2012, 91 Min, OF R: Lance Edmands, D: Amy Morton, John Slattery, Louisa Krause, Emily Meade Ein kleiner Junge wird in einem Bus vergessen, verbringt die Nacht in Eiseskälte und fällt ins Koma. Dieses Ereignis fungiert wie ein Stein, der, ins Wasser geworfen, eine trügerisch ruhige Oberfläche in Schwingungen versetzt, die sich fortsetzen und verstärken und gegenseitig aufschaukeln: Die Familie des Jungen, die Familie der Busfahrerin, eigentlich der gesamte kleine Ort in Maine geraten in Turbulenzen. Es kommt zu unüberlegten Handlungen, zu Ausrastern und Verwerfungen. Wahrheit bricht sich – endlich! – Bahn. Das ist schmerzhaft, aber ganz gelassen gefilmt. Unterkühlt, doch mit Herzenswärme. in anwesenheit von lance edmands. 28. 10., 18.30 h, Urania 29. 10., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus Nach einigen touristischen Filmausflügen von Barcelona bis Rom findet Allen wieder zur alten Form zurück. Ja, BLUE JASMINE gehört zu seinen schönsten und tiefsten Werken überhaupt, weil sich hier das Komische und Tragische, Klischee und Leben, Selbstbild und Beobachtung nahezu mühelos verbinden. Dazu die beiden großen Schauspielerinnen Blanchett und Hawkins als ungleiche Schwestern; die eine, im freien sozialen Sinkflug aus der New Yorker Upperclass, sucht Zuflucht bei der anderen, einer einfachen Mutter und Hausfrau in einem ärmlichen Viertel von San Francisco. Frei nach «A Streetcar Named Desire». 2. 11., 21 h, Gartenbaukino 3. 11., 11 h, Gartenbaukino CAMILLE CLAUDEL 1915 F 2012, 97 Min, OmeU R: Bruno Dumont, D: Juliette Binoche, JeanLuc Vincent, Robert Leroy, Marion Keller Die Bildhauerin Camille Claudel wurde von ihrer Familie in eine christlich geführte Nervenheilanstalt eingewiesen. Vordergründig wegen einer akuten paranoiden Krise, letztlich aufgrund ihres unkonventionellen Lebensstils. Da sitzt sie nun, verzweifelt über ihre Isolation inmitten der psychisch Kranken – machtvoll verkörpert von den realen Insassen 7 Spielfilme einer realen Institution und ohne schmierigen Voyeurismus aufgenommen von Dumont – und hofft auf den Besuch ihres bigotten Dichter-Bruders Paul, hofft auf Befreiung. Binoches Gesicht ist eine Landschaft, Vincents Körper eine Verkrampfung, Sinnlichkeit lehnt sich auf gegen Vergeistigung, Frau verliert gegen Mann. 5.11, 20.30 h, Gartenbaukino (Vor Filmbeginn findet die Verleihung des FIPRESCIPreises und des Standard-ViennalePublikumspreises statt.) 6. 11., 11 h, Gartenbaukino CÂND SE LAŠA SEARA PESTE BUCUREŞTI SAU METABOLISM (WHEN EVENING FALLS ON BUCHAREST OR METABOLISM) RO/F 2013, 89 Min, OmeU R: Corneliu Porumboiu, D: Bogdan Dumitrache, Diana Avramut, Mihaela Sîrbu, Alexandru Papadopol Oft sind Filme über das Filmemachen angestrengte und unspannende Selbstbefragungen oder melodramatische Exerzitien. Nicht so bei Porumboiu. Der zielt hier ins Herz der Dinge und stellt ein paar schonungslose Fragen nach dem Verhältnis von Wirklichkeit und Kino. Am Beispiel eines Regisseurs und seiner Arbeit, dessen Beziehung zu einer Darstellerin, und den Versuchen, die Dreharbeiten als Erfahrungsprozess zu verstehen. Porumboiu hat einen ganz eigenen Humor. Eine Nacktszene gibt es nicht, dafür bildet sich der Regisseur ein Magengeschwür ein. Was zu einer ungewöhnlichen Passage führt, die wiederum nicht wirklich etwas mit dem Kino zu tun hat. Eher schon mit der Wirklichkeit. in anwesenheit von Corneliu porumboiu. 25. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 26. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz CENTRO HISTÓRICO P 2012, 96 Min, OmeU R: Aki Kaurismäki, Pedro Costa, Victor Erice, Manoel de Oliveira 2012 war die portugiesische Stadt Guimarães europäische Kulturhauptstadt und gab aus diesem Anlass ein Filmporträt zum Thema «Geschichten, die die Stadt zu erzählen hat» in Auftrag. Zwei heimische Meister (de Oliveira, Costa), ein Nachbar (der Baske Erice) und ein Fremder (der in Portugal lebende Finne Kaurismäki) wurden um Beiträge gebeten, die, dem Naturell und Erkenntnisinteresse der Filmemacher entsprechend, in Stoff, Stil, Ton und Länge sehr unterschiedlich ausfallen. In ihrer Gesamtheit vermitteln sie nicht nur einen Eindruck von Geschichte und Gegenwart einer einzelnen Stadt, sondern von der Vergangenheit eines ganzen Landes und dem dortigen derzeitigen Stand der Dinge. 25. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus 1. 11., 13.30 h, Urania CHRONIK DER ANNA MAGDALENA BACH BRD/I 1967, 94 Min, OF R: Jean-Marie Straub, Danièle Huillet D: Gustav Leonhardt, Christiane Lang-Drewanz, Joachim Wolf, Nikolaus Harnoncourt DABBA (LUNCHBOX) Die CHRONIK DER ANNA MAGDALENA BACH spricht über den täglichen Kampf des Komponisten Johann Sebastian Bach um seine Arbeit, sein Brot, seine Familie, Menschen bei der Arbeit, beim Singen, beim Nähen. Der Film macht musikalische Materie sichtbar und hörbar, Geschichte spürbar und begreifbar, nicht durch Rekonstruktion, sondern durch Konstruktion, indem er Texte, Körper, Räume in Schwingung versetzt und zur Kollision bringt. Die CHRONIK … ist ein materialistischer, mystischer und revolutionärer Film. 27. 10., 13 h, Gartenbaukino COMPUTER CHESS USA 2013, 93 Min, OmdU R: Andrew Bujalski, D: Patrick Riester, Wiley Wiggins, Myles Paige, Robin Schwartz Es ist erst rund 30 Jahre her, da waren Computer noch wahre Ungetüme, seltsam gewölbte Kästen mit Kabelwirrwarr und dicken Scheiben. Diese Zeit lässt Bujalski in COMPUTER CHESS mit Eleganz und Witz 8 wieder auferstehen. In einem Hotel haben sich eine Handvoll Programmier-Nerds zusammengefunden, um ihre Schach-Programme gegeneinander antreten zu lassen und dabei geht es zu wie in Jacques Tatis PLAYTIME, wo die Zukunft so alt aussieht wie die Vergangenheit nie war. In Schwarzweiß, perfekt in Szene gesetzt vom österreichischen Kameramann Matthias Grunsky, ereignet sich eine Comedie humaine des Digitalen, wie es sie feiner und intelligenter nicht geben kann. 29. 10., 15.30 h, Gartenbaukino 2. 11., 23.30 h, Urania Indien/D/F/USA 2013, 105 Min, OmdU R: Ritesh Batra, D: Nimrat Kaur, Irrfahn Khan, Nawazuddin Siddiqui, Bharati Achrekar Da die Liebe bekanntlich durch den Magen geht, bereitet die Hausfrau Ila eines Tages eine köstliche Speise zu, um ihren Mann zu bezaubern, der sie vernachlässigt. Ein Nawadallah – so heißen die Angestellten eines Zustellservice in Mumbai – soll die Lunchbox an dessen Arbeitsplatz abliefern. Durch einen Irrtum landet sie jedoch auf dem Schreibtisch des verwitweten, in sich gekehrten Beamten Saajan, der kurz vor der Pensionierung steht. Und so stiftet der Zufall eine Beziehung zwischen zwei einsamen Menschen, die durch beigelegte Briefchen zu einer Zone der intimen Geständnisse erweitert wird. Das Leben, ein Traum – doch jeder Traum ist einmal zu Ende. in anwesenheit von ritesh batra. 31. 10., 21 h, Urania 1. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz DAST-NEVESHTEHAA NEMISOOZAND (MANUSCRIPTS DON’T BURN) Iran 2013, 124 Min, OmdU/OmeU R: Mohammad Rasoulof In einem winterlichen, freudlosen Teheran jagen Handlanger des Regimes eine Gruppe von Schriftstellern, um in den Besitz eines Manuskriptes zu gelangen, das die Regierung belasten würde. Rasoulof, selbst ein Opfer der iranischen Zensur, verzichtet weitgehend auf Schockbilder und drastische Effekte. Das Grauen entfaltet sich im Konver- sationston, das dreckige Geschäft der Einschüchterung und des Mordens wird von den Schergen, die mit ihren eigenen Dämonen kämpfen, erledigt wie die Arbeit eines Installateurs. Folter und Tod sind entsetzlich, doch schlimmer ist, das zeigt dieser Film in langen quälenden Einstellungen, der Verlust der Würde. 25. 10., 15.30 h, Gartenbaukino (OmdU) 28. 10., 11 h, Urania (OmeU) FOR COLUMBINE wirkt wie ein langweiliges Feature. «We are here for the bad guys», steht auf Matts TShirt, und das meint er auch. Ein echtes Juwel. in anwesenheit von Matt Johnson. 26. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 29. 10., 13 h, Gartenbaukino DU ZHAN (DRUG WAR) Hongkong/China 2012, 107 Min, OmeU R: Johnnie To, D: Sun Honglei, Louis Koo, Huang Yi, Gao Yungxiang Konkret, kompromisslos und mit weit überhöhter Geschwindigkeit brettert der wendungs- und figurenreiche DU ZHAN von Vieldreher und Allround-Talent Johnnie To einher. Ein präzise inszenierter Film über einen Polizisten, der einen Drogenhändler verhaftet, und die sich daran anschließenden Versuche des Polizisten, dessen Hintermänner habhaft zu werden, respektive des Drogenhändlers, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Es geht um alles oder nichts. List und Tücke münden in Hauen und Stechen, beides bis in die letzte Konsequenz. Genrekino vom Feinsten. 27. 10., 23 h, Gartenbaukino 6. 11., 19 h, Urania LOS DUEÑOS THE DIRTIES prOpOSiTiOnS Kanada/USA 2013, 83 Min, OF R: Matt Johnson, D: Matt Johnson, Owen Williams, Krista Madison, David Matheson Die Schulfreunde Matt und Owen nutzen die Möglichkeit eines Videokurses an ihrer Highschool für ein Filmprojekt: Die Farce einer DetektivStory mit ihnen selbst in den Hauptrollen. Doch der Dreh und die Umstände nehmen seltsame Wendungen und führen am Ende zu einer unerwarteten Eskalation. THE DIRTIES ist etwas vom Lustigsten und Intelligentesten, was es seit langem im Independentkino zu sehen gab. Dagegen muten Gus Van Sant und Richard Linklater und wie sie alle heißen behäbig an, und BOWLING schen Vitalität der Unterschicht, stellt Sergio nach und macht sich dabei zur Närrin. Der Mensch ist ein ewiges Mängelwesen – quod erat demonstrandum. Am Schluss reisen Pia und ihre Schwester ab, die fröhliche Anarchie kann weitergehen. 27. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 28. 10., 23.30 h, Urania (THE OWNERS) Argentinien 2013, 95 Min, OmeU R: Agustín Toscano, Ezequiel Radusky D: Rosario Bléfari, Germán De Silva, Sergio Prina, Cynthia Avellanada Sergio, Ruben und Alicia arbeiten auf einer Hacienda im Norden Argentiniens. Da die Besitzer das Anwesen schon seit längerer Zeit verlassen haben, nutzen sie die Annehmlichkeiten des Herrenhauses – den Pool, die komfortablen Betten – für ihre eigenen Zwecke. Als eines Tages überraschend Pia, die Tochter des Eigentümers samt Anhang auftaucht, fliegt die Sache auf. Nun aber nimmt das Mikro-Klassendrama eine überraschende Wendung: Pia, im Banne des Mythos von der eroti- EIN GESPENST GEHT UM IN EUROPA (A SPECTRE IS HAUNTING EUROPE) D 2012, 48 Min, OmeU R: Julian Radlmaier, D: Gio Korkashvilio, Zurab Rtveliasvili, Jan Bachmann, Katja Weilandt Das Gespenst, das im zeitgenössischen Berlin umgeht, ist der Geist des Dichters Wladimir Majakowski, der in das Leben des georgischen Zeitarbeiters Gela platzt und mit leidenschaftlichen Deklamationen die Frage nach den Bedingungen der Revolution unter gegenwärtigen Ausbeutungsverhältnissen aufwirft. Rund um diesen Hauptstrang blühen zahlreiche Nebenhandlungen, mal im Stile eines ruckelnden Stummfilms, dann wieder im Rahmen sorgfältig komponierter Farbtableaux. Ein verwirrendes Spiel der Bilder, Töne und Text-Inserts, das ständig auseinanderzufliegen droht, aber vom Formwillen des Regisseurs zu einer zauberhaften «suprematistischen Komödie» gebändigt wird. in anwesenheit von Julian radlmaier und Mitgliedern des Teams. Mit CHA FANG 28. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz 29. 10., 11 h, Metro FADING GIGOLO USA 2013, 98 Min, OF R: John Turturro, D: John Turturro, Woody Allen, Sharon Stone, Vanessa Paradis Als der alte Murray in finanzielle Schwierigkeiten gerät, ist guter Rat teuer. Doch unvermutet bietet sich eine ungewöhnliche Gelegenheit: Murrays Ärztin sucht nach dem Dritten für einen flotten Dreier, und Murrays bester Freund in besten Jahren, der Florist Fioravante, stellt sich als 9 Spielfilme GOLD Gigolo Virgil zur Verfügung. Und schon floriert ein Escort-Service. Und schon stellen sich ernste Schwierigkeiten ein, als Virgil sich um die Witwe eines chassidischen Rabbi kümmern soll … Das Drehbuch zu seinem mittlerweile fünften Film schrieb Turturro in enger Zusammenarbeit mit Woody Allen. Man merkt’s. Die Sensibilität im Umgang mit dem Thema aber ist seine. 26. 10., 21.30 h, Gartenbaukino 27. 10., 11 h, Gartenbaukino GERONTOPHILIA Kanada 2013, 82 Min, OmeU R: Bruce LaBruce, D: Pier-Gabriel Lajoie, Walter Borden, Katie Boland, Marie-Hélène Thibault Vom Schwulenporno unter linken Terroristen bis zum Sexexzess verwesender Zombies erstreckt sich bislang Bruce LaBruces filmische Welt der gezielten Provokationen und des lustvollen Tabubruchs. Umso erstaunlicher ist da GERONTOPHILIA, die erotische Liebesgeschichte zwischen einem jungen Krankenpfleger und einem Altersheiminsassen, die sich als überraschend subtil, teilweise komisch und geradezu romantisch erweist. «Mein Sohn fickt einen 70-Jährigen, das ist pervers», ist die hysterische Mutter außer sich. «Pervers ist nur, dass man diese Menschen behandelt, als kämen sie aus NIGHT OF THE LIVING DEAD», gibt der Junge trocken zurück. 2. 11., 23 h, Gartenbaukino 3. 11., 16.30 h, Urania 10 D/Kanada 2013, 113 Min, OmeU R: Thomas Arslan, D: Nina Hoss, Marko Mandic, Uwe Bohm, Lars Rudolph Klondike lockt mit Goldklumpen, die man lediglich vom Boden aufzuheben braucht. Doch der Weg dorthin ist lang. Und beschwerlich. Und gefährlich. Das jedenfalls muss die kleine Gruppe deutscher Einwanderer feststellen, die im Land der unbegrenzten Möglichkeiten noch einmal einen Neuanfang wagen will und sich von einem Kaff in British Columbia aus auf den Weg durch die Wildnis macht. GOLD ist ein Western in Zeitlupe mit Panoramablick. Reich an Ereignissen, Geschichten und Details, genau beobachtet und mit Blick aufs Wesentliche inszeniert. Ein selbstbewusster Eintrag ins Genre, der an eine große Tradition anknüpft und diese zugleich transzendiert. in anwesenheit von Thomas arslan. 25. 10., 20.30 h, Urania 26. 10., 13 h, Gartenbaukino GRAND CENTRAL F/A 2013, 94 Min, OmeU R: Rebecca Zlotowski, D: Tahar Rahim, Léa Seydoux, Denis Ménochet Der junge Gary, der sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält, heuert in einem Atomkraftwerk an, wo er, ausgestattet mit einem Messgerät, im Bereich der stärksten Strahlung arbeiten muss. Trotz der riskanten Rahmenbedingungen findet er Gefallen an dem Job, der ihm beschert, was er lange gesucht hat: Geld, Freunde und mit Karole eine Gespielin, die dummerweise mit seinem Kumpel Toni liiert ist. So entwickelt sich ein fatales Liebesdreieck im Schatten der Reaktortürme. Regisseurin Zlotowski kostet die visuellen Reize des ungewöhnlichen Schauplatzes aus und lädt das Drama durch eine permanente Musikkulisse emotional auf. Bis es zur Kernschmelze der Gefühle kommt. in anwesenheit von Gabriele Kranzelbinder (produzentin). 31. 10., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz 5. 11., 13.30 h, Gartenbaukino GRIGRIS Tschad/F 2013, 101 Min, OmeU R: Mahamat-Saleh Haroun, D: Souleymane Démé, Anaïs Monory, Cyril Guei, Marius Yelolo In der Nacht verwandelt sich der gehbehinderte Souleymane in den Diskotheken von N’Djamena in den umjubelten Tänzer Grisgris, der die Leute mit seinen irren Moves zur Raserei treibt. Dort lernt er auch die schöne Prostituierte Mimi kennen, mit der ihn bald eine amouröse Allianz der Verlierer verbindet. Als sein Stiefvater ernsthaft erkrankt, braucht Souleymane dringend Geld und schließt sich einer Benzinschmugglerbande an. Schnell wird er vom Dieb zum Gejagten und flieht mit seiner Königin der Nacht aufs Land. Eine wortkarge Erzählung von Liebe und Verbrechen mit Einstellungen, die so intensiv sind, dass die Bilder selbst zu sprechen beginnen. 30. 10., 13 h, Gartenbaukino 4. 11., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus GRZELI NATELI DGEEBI (IN BLOOM) Georgien/D/F 2013, 102 Min, OmeU R: Nana Ekvtimishvili, Simon Groß D: Lika Babluani, Mariam Bokeria, Zurab Gogaladze, Data Zakareishvili Tiflis 1992: Georgien im Umbruch, Streit und Unfrieden allerorten, speziell aber zwischen den Geschlechtern. Die zurückhaltende Eka und die forsche Natia sind beste Freundinnen. 14-Jährige an der Schwelle des Erwachsenwerdens. Das dann viel zu früh kommt: Von einem Verehrer erhält Natia eine Pistole, von einem anderen wird sie wenig später entführt. Darauf folgt eine Hochzeit, bei der Eka sich – in einer großen Tanzszene – erstmals als Frau behauptet. Und während die eine die Gewalttradition fortsetzt, wagt die andere den Neuanfang. – «A girl and a gun» ist ein todsicheres Rezept, muss aber nicht heißen, dass auch ein Schuss abgegeben wird. 31. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 1. 11., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus Lichtwitz Leinfellner visuelle Kultur KG YOUR FIRST CONTACT FOR FILMING IN VIENNA WWW.VIENNAFILMCOMMISSION.AT VIENNA FILM COM MISSION Spielfilme HISTÒRIA DE LA MEVA MORT (STORY OF MY DEATH) prOpOSiTiOnS E/F 2013, 150 Min, OmeU R: Albert Serra, D: Vicenç Altaió, Lluís Serrat, Noelia Rodenas, Clara Visa fields drittem Film, und zwar auf die denkbar souveränste Weise: ohne dass viel passieren müsste. Mehr als einen aufmerksamen Blick und Mitgefühl braucht es nicht. Und hin und wieder wird live ein Lied gesungen. in anwesenheit von Matt porterfield. 2. 11., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus 3. 11., 13 h, Gartenbaukino ICH FÜHL MICH DISCO (I FEEL LIKE DISCO) Ursprung des Films ist eine historische Spekulation, die unmögliche Begegnung zwischen dem legendären, italienischen Verführer Casanova und dem transsylvanischen, vampiristischen Grafen Dracula. Eine Art Showdown der Zeiten und Kulturen. Und wie Serra das als ein höchst sinnliches, traumwandlerisches, von Ideen und Bezügen überbordendes Stück Kino erstehen lässt, ist das reinste Seh- und Hörvergnügen. Ein Kostümfilm, ein Konversationsstück, eine Horrorelegie, trashig und von allerreichster Sorgfalt, Pop und Ernsthaftigkeit in einem. Ausgezeichnet mit dem «Goldenen Leoparden» von Locarno. Während die Wölfe ums nächtliche Feuer schleichen. in anwesenheit von albert Serra und Montse Triola (produzentin). 28. 10., 18 h, Metro 30. 10., 17.30 h, Gartenbaukino I USED TO BE DARKER USA 2013, 90 Min, OmdU R: Matt Porterfield, D: Deragh Campbell, Hannah Gross, Kim Taylor, Ned Oldham D 2013, 95 Min, OmeU/OF R: Axel Ranisch, D: Frithjof Gawenda, Heiko Pinkowski, Christina Große, Robert Alexander Baer «Dicke Kinder kann man weniger leicht entführen» – dieser Spruch ziert Floris Zimmer und Flori ist ein dicklicher, pubertierender Junge im Dauerclinch mit seinem Vater, aber zärtlich verstanden von seiner Mutter. Und nichts wünscht sich Flori mehr, als entführt zu werden, etwa von dem hübschen Jungen Radu. Als die Mutter ins Koma fällt, gerät die Familie aus dem Gleichgewicht und Flori gewaltig ins Schleudern. «Mach einen Film darüber, womit du dich auskennst», hatte Rosa von Praunheim seinem jungen Filmschüler Axel Ranisch geraten, und ICH FÜHL MICH DISCO ist genau das: ein witziger, peinlicher, berührender, ehrlicher und verrückter kleiner Film. 29. 10., 18.30 h, Urania (OF) 1. 11., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz (OmeU) BOLI ein «heterosexuelles Meisterwerk» nennen. Guiraudies Film ist ein souveräner, betörender Versuch über das Begehren, die Liebe, die Natur, die Körper, die Angst, die Zeit. Eine Komödie und Tragödie zugleich. Film und Leben in einem. Viel mehr ist vom Kino nicht zu haben. in anwesenheit von alain Guiraudie. 4. 11., 21 h, Gartenbaukino 6. 11., 13.30 h, Urania INSIDE LLEWYN DAVIS USA 2013, 105 Min, OmdU R: Joel Coen, Ethan Coen, D: Oscar Isaac, Carey Mulligan, John Goodman, Garrett Hedlund Greenwich Village, Winter 1961. Folksänger Llewyn Davis schlägt sich mit Auftritten in Kneipen durch, schläft bei Bekannten am Sofa, wird von seiner Freundin vor die Tür gesetzt, und schließlich läuft auch noch die Katze weg, auf die er hätte aufpassen sollen. Das klingt ein bisschen komisch und ein wenig traurig und das ist es auch, aber mit jenem unverwechselbaren, tragisch-absurden Touch erzählt, den die Coen Brothers so schlafwandlerisch beherrschen. Immer einen Schritt vorm Abgrund, aber voller verrückter Hoffnung. «Ihr bisher vielleicht reinster und unschuldigster Film», L’INCONNU DU LAC (DER FREMDE AM SEE) Plötzlich steht Taryn vor der Tür. Der spontane Besuch der Nichte aus Nordirland kommt Kim und Bill nicht wirklich gelegen, stecken sie doch mitten in einer schmerzhaften Trennungsphase. Tochter/Cousine Abby hat demnach auch andere Sorgen. Nur, Taryn ist nicht im Zuge einer Vergnügungsreise bei den Verwandten in Baltimore gelandet, Taryn hat ein existenzielles Problem. Es wird eine Menge erzählt in Porter12 F 2013, 97 Min, OmdU R: Alain Guiraudie, D: Pierre Deladonchamps, Christophe Paou, Patrick d’Assumçao, Jérôme Chappatte Mit Alain Guiraudie ist in den letzten Jahren im französischen Kino ein wirklicher Meister herangewachsen, ein wunderbarer und subtiler Primitiver, weit weg von den Pariser Salons und cinephilen Befindlichkeiten vieler seiner Kollegen. Die Kritik hat seinen neuen Film ein «schwules Meisterwerk» genannt, was so lächerlich ist, als würde man STROM- meinte ein Kritiker, «und das ist eine ziemlich große und überraschende Errungenschaft.» Mit VIENNALE-TRAILER 2013: ILLUSIONS & MIRRORS 24. 10., 19.30 h, Gartenbaukino (Eröffnungsgala) 24. 10., 23 h, Gartenbaukino 25. 10., 11 h, Gartenbaukino IT FELT LIKE LOVE USA 2012, 82 Min, OF R: Eliza Hittman, D: Gina Piersanti, Giovanna Salimeni, Ronen Rubinstein, Jesse Cordasco Die 14-jährige Lila verbringt den Sommer am Strand von Brooklyn. Meist als unsichtbare Dritte im Schlepptau ihrer älteren Freundin Chiara, die ihr Liebesglück mit Patrick ausgiebig in der Öffentlichkeit zelebriert. Das muss sich ändern und so stürzt sich Lila mit Leidenschaft in das lokale Lasterleben, um erste sexuelle Erfahrungen zu sammeln. Regisseurin Hittman inszeniert diese Coming-of-Age-Geschichte als Schattenspiel im Halbdunkel zum Rhythmus von darken Hip HopBeats. Am nachhaltigsten aber brennen sich die schwarz umrandeten, traurigen Augen der Hauptdarstellerin ins Bewusstsein, die mehr zu wissen scheinen als die Person, der sie gehören. Mit HAB’ SO LANG AUF DICH GEWARTET 29. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 5. 11., 14 h, Urania LA JALOUSIE (JEALOUSY) F 2013, 77 Min, OmeU R: Philippe Garrel, D: Louis Garrel, Anna Mouglalis, Rebecca Convenant, Olga Milshtein JEUNE & JOLIE (JUNG & SCHÖN) F 2013, 93 Min, OmdU R: François Ozon, D: Marine Vacth, Géraldine Pailhas, Frédérick Pierrot, Fantin Ravat JIMMY P. (PSYCHOTHERAPY OF A PLAINS INDIAN) Ein Jahr im Leben der jungen Isabelle, an dessen Ende sie eine andere ist. Eine Veränderung, die Ozon mit Hinweisen versieht, mit Ahnungen, mit vorläufigen Erklärungen und sie doch zugleich in völliger Schwebe lässt. Vom Verlust der Unschuld zum Verkauf der Liebe. Doch das wahre Ereignis des Films ist seine Hauptdarstellerin, die junge Marine Vacth, eine Person zugleich nach innen gewandt und nach außen gekehrt, von einer bressonischen Gewalt wie die junge Dominique Sanda. Sie macht diesen Film ganz zu ihrem eigenen. in anwesenheit von Marine Vacth. 29. 10., 18 h, Gartenbaukino 30. 10., 11 h, Gartenbaukino 5. 11., 6.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus JIAO YOU (STRAY DOGS) Man könnte die bisherigen Filme Philippe Garrels zu einem einzigen film fleuve montieren mit dem Titel «Éducation Sentimentale». «Die Erziehung des Herzens» ist Garrels Obsession und Leidenschaft und LA JALOUSIE handelt davon in reinster Form. Eine Erzählung der Eifersucht, des Verlassenwerdens, der neuen Liebe, der alten Verbindung. Ein Mann, eine Frau, ein Kind, eine Frau. Garrell lässt diese autobiografische Erinnerung erstehen in fast mechanischer Schlichtheit, unaffektiert, beschwörend. Und vom grandiosen Kameramann Willy Kurant wird sie in Schwarzweiß in Szene gesetzt, so als wären alle Farben der Welt darin enthalten. 31. 10., 21 h, Gartenbaukino 4. 11., 23.30 h, Urania ist ein Kosmos für sich, eine Entdeckungsreise, ein Taumel und eine Erschütterung. Eine Reise ans Ende der Nacht. 2. 11., 18 h, Gartenbaukino 3. 11., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus Taiwan/F 2013, 138 Min, OmeU R: Tsai Ming-liang, D: Lee Kang-sheng, Lu Yi-ching, Lee Yi-cheng, Lee Yi-chieh Tsai Ming-liang ist einer der bedeutendsten Meister des asiatischen Kinos und mit seinem neuen Film hat er das erneut eindrücklich bewiesen. Wo sich andere in einer halbherzigen Nacherzählung ihrer scheinbar originellen Ideen erschöpfen, entwirft der Taiwanese eine radikale, jeder Wahrscheinlichkeit und Ökonomie spottende filmische Welt. Zeichnet das Bild einer ausgestoßenen Familie in einem verfallenen Haus am Rande der Metropole Taipeh. Und jede einzelne der langen, intensiven Einstellungen des Films F/USA 2013, 114 Min, OF R: Arnaud Desplechin, D: Benicio Del Toro, Mathieu Amalric, Gina McKee, Larry Pine Kansas, 1948. Die Ärzte des Militärspitals sind ratlos, denn physisch ist eigentlich alles in Ordnung mit James Picard. Möglicherweise leidet der Kriegsveteran ja an einem «Indianer-spezifischen» Syndrom? Man zieht den Ethnologen und Psychoanalytiker Georges Devereux zu Rate. Tatsächlich gelingt dem kundigen und einfühlsamen Doktor bald schon eine Verbindung zu dem verschlossenen Blackfoot und er geht mittels Traumdeutung daran, Jimmys Verkrampfungen zu lösen – dabei gilt wie immer: Cherchez la femme! JIMMY P. beruht auf einem realen Fall und stellt den Charakter und dessen Selbstermächtigung über die eigene Geschichte ins Zentrum seiner Erzählung. 4. 11., 18 h, Gartenbaukino 5. 11., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus JING CHA RI JI (TO LIVE AND DIE IN ORDOS) China 2013, 113 Min, OmeU R: Ning Ying, D: Wang Jingchun, Chen Weihan, Sun Liang Die Großstadt Ordos in der Inneren Mongolei ist eine jener Boomtowns, die durch rasende Industrialisierung zu einem Brennpunkt ökonomischer und sozialer Widersprüche wird. In die dortigen Gegensätze und Konflikte schreibt Ning Ying ihre Cop-Story vom Aufstieg und Fall eines ModellPolizisten ein, eines Mannes, dessen Ehrgeiz ihn in gefährliche und unlösbare Situationen verwickelt, der die Ärmsten seines Volkes verrät und seine Familie aufgibt. Die Weise, in der der ambivalente Heroismus des 13 Spielfilme nischen Hausmädchen, unterbrechen Lisos Erfahrung zunehmender Entfremdung mit gelingender Nähe und tieferem Verständnis. Das alles geht sehr ruhig vor sich. Dann knallt es – und endlich kehrt Frieden ein. in anwesenheit von Santiago loza. 27. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 29. 10., 13.30 h, Urania Protagonisten hier verhandelt wird, macht diese quasi offizielle chinesische Produktion zu einem ebenso faszinierenden Studienobjekt wie makellosen Genrefilm. in anwesenheit von ning Ying. 2. 11., 18.30 h, Urania 3. 11., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus JOE USA 2013, 117 Min, OF R: David Gordon Green, D: Nicolas Cage, Tye Sheridan, Gary Poulter, Ronnie Gene Blevins nis von einem Film, ein gewagtes Experiment und eine schöne, sinnliche, unmittelbare Beschwörung der alltäglichen, menschlichen Erlebnisse und Handlungen, verzaubert durch den Blick des Kinos. 31. 10., 21 h, Metro 1. 11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz KEIN GROSSES DING David Gordon Green ist bei der diesjährigen Viennale mit zwei sehr unterschiedlichen Filmen vertreten. Der road comedy PRINCE AVALANCHE, einer Geschichte über zwei ungleiche Buddies, und dem düsteren southerner JOE, der Geschichte einer ungleichen Freundschaft zwischen einem bitteren Loner und einem jungen Burschen. Inmitten von Einsamkeit, Gewalt und zerrütteten Verhältnissen entsteht eine vorsichtige Freundschaft, die dem Jungen einen Weg ins Leben eröffnen und seinem väterlichen Freund die Erlösung von den Geistern seiner Vergangenheit bringen soll. Nicolas Cage als Joe zeigt eine seiner besten schauspielerischen Leistungen seit langem. 29. 10., 20.30 h, Gartenbaukino 2. 11., 13 h, Gartenbaukino D 2013, 83 Min, OF R: Klaus Lemke, D: Thomas Mahmoud, Henning Gronkowski, Tini Bönig, Matthias Lier Ein richtiger Lemke: schnell, verwirrend, cool, ein bisschen traurig und eine schöne Liebeserklärung an Berlin. Die Geschichte zu erzählen hat nicht viel Sinn, denn Klaus Lemke dreht einen Film so wie seine Figuren ein Ding drehen, nicht perfekt durchgeplant, ein wenig schlafwandlerisch, aber mit großem Herzen. Von Ferne erinnert KEIN GROSSES DING an die Arbeit von Jacques Rivette, aber diesmal stehen nicht Céline und Julie auf der Bühne des Kabaretts, sondern Henning und Mahmoud als Pirat und James Brown. Seid nicht blöd, seht euch den neuen Lemke an! in anwesenheit von Klaus lemke und Mitgliedern des Teams. 25. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus 26. 10., 13.30 h, Metro LA JUNGLA INTERIOR (THE INNER JUNGLE) E 2013, 70 Min, OmeU R: Juan Barrero, D: Gala Pérez Iñesta, Enriqueta White, Luz Barrero Ein Film, der von verschwenderischer Fantasie, feinster Beobachtung und musikalischer Struktur getragen ist. Die Forschungen eines Paares in der Vergangenheit, nach der Herkunft eines Mannes, ein Besuch in der Stadt seiner Kindheit, ein Versuch, alte Rätsel zu lösen, um ein neues, gemeinsames Leben zu beginnen. Aber die Pläne für eine Zukunft jenseits der alten Gespenster fangen an zu verblassen, als der Mann eine Reise antritt, nach der sich alles verändert hat. Ein Geheim14 LANCELOT DU LAC F 1974, 83 Min, OmeU R: Robert Bresson, D: Luc Simon, Laura Duke Condominas, Humbert Balsan, Vladimir Antolek-Oresek Ritter Lancelot kehrt von der Suche nach dem heiligen Gral mit leeren Händen an König Artus’ Hof zurück. Der König beschließt, die Tafelrunde für immer zu beenden. Auf sich zurück verwiesen gerät Lancelot in ein unheiliges Verderben: den Mord an seinem Freund Gawain, die verbotene Liebe zur Königin Guinévre. Als das Gegenteil aller Ritterfilme und Mittelalterepen beschreibt Bresson hier eine nahezu moderne, gottlose Welt der Gewalt und des Verderbens, in der die Ritter momenthaft wie blecherne Roboter einer verlorenen Utopie durch Schlosshöfe, Wälder und über Turnierplätze taumeln. Und unter dem Eisen der Rüstung schlägt ein tödlich verwundetes Herz. 6. 11., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz LA PAZ Argentinien/Bolivien 2013, 73 Min, OmeU R: Santiago Loza, D: Lisandro Rodriguez, Andrea Strenitz, Fidelia Batallanos Michel, Beatriz Bernabe Liso wird aus einer psychiatrischen Anstalt entlassen. Was ihn dorthin gebracht hat, erfährt man zwar nicht, beobachtet den jungen Mann in der Folge jedoch in dem Verdacht, er könne schlimmer Dinge fähig sein. Liso versucht, wieder Fuß zu fassen in Familie, Freundeskreis, Gesellschaft – die Irritation über das Nichtgelingen dieses Versuchs spiegelt sich in seinem Gesicht. Nur die Motorradtouren mit der Oma und die Freundschaft mit Sonia, dem bolivia- LOCKE GB 2013, 85 Min, OF R: Steven Knight, D: Tom Hardy Der Baustellenleiter Ivan Locke zieht seine Gummistiefel aus, steigt ins Auto und macht sich auf den Nachhauseweg. Aber die Fahrt führt in eine andere Richtung, weg von Heim und Familie, weg aus der alten, vertrauten Welt. Über das Telefon will Locke sich erklären, mitteilen, versöhnen, will alles ungeschehen machen, die große Kurve des Lebens ausfahren, Ordnung ins Chaos bringen. Ein Mann im Auto unterwegs – darauf ist LOCKE reduziert. Ein spannendes, von Tom Hardy groß Nora von Waldstätten EIN FILM VON Ursula Strauss Götz Spielmann Peter Simonischek Sebastian Koch Johannes Zeiler Kamera Martin Gschlacht // Montage Karina Ressler // Ton Heinz K. Ebner, Uve Haussig // Ausstattung Katharina Wöppermann, Susanne Hopf // Kostüm Erika Navas Maske Susanne Weichesmiller, Jenny Popova // Casting Lisa Oláh // Sounddesign Bernhard Bamberger // MiSchung Bernhard Maisch buch & regie Götz Spielmann // Produzenten Antonin Svoboda, Martin Gschlacht, Bruno Wagner, Götz Spielmann // eine Produktion der coop99 filmproduktion und SpielmannFilm AB 8. NOVEMBER IM KINO www.oktober-november.at Spielfilme gespieltes, atemloses Kammerspiel. Denn wenn diese Maschine des Lebens einmal in Gang gesetzt ist, gibt es kein Halten, kein Abbiegen, keine Rast. Ein so unmöglicher wie ungewöhnlicher Film. in anwesenheit von Steven Knight. 6. 11., 20.30 h, Gartenbaukino (Abschlussgala) 6. 11., 23.30 h, Gartenbaukino EL LORO Y EL CISNE (THE PARROT AND THE SWAN) Argentinien 2013, 100 Min, OmeU R: Alejo Moguillansky, D: Luciana Acuña, Rodrigo Sánchez Mariño, Walter Jakob, Luis Biassotto Endlich darf auch der Tonmann mal ins Bild. Loro sieht nicht gerade aus wie ein Hauptgewinn und besonders gesprächig ist er auch nicht, aber stille Wasser sind bekanntlich tief. Während seine eifersüchtige Freundin Valeria theatralisch aus dem Bild verschwindet, nähert sich vom Blickfeldrand die Tänzerin Su. Unterdessen sammeln Loro und die dokumentarfilmende Gurkentruppe, der er angehört, Material über die – klassische, folkloristische, zeitgenössische – Tanzszene in Buenos Aires. So kommt man in den Genuss von allerlei Darbietungen, Rand- und Nebenbemerkungen sowie Fußnoten und Exkurse und hat am Ende doch eine Romanze gesehen. 25. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 1. 11., 11 h, Urania LUKAS NINO (LUKAS THE STRANGE) Philippinen 2013, 82 Min, OmeU R: John Torres, D: Cheeno Ladera Dalog, Glency Mallillin, Edilberto Marcelino, Tao Aves Filmproduktion an alte philippinische Kinodramen, künstliche Kratzer im zum Teil verfärbten Bildmaterial und eine Szene im Prolog verstärken den Eindruck noch. Nebenbei bekommt man eine Vorstellung von den Wohn- und Lebensbedingungen philippinischer Provinzbewohner. (Siehe auch S. 48: In Focus John Torres) in anwesenheit von John Torres. 30. 10., 21 h, Urania 3. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz MEDEAS USA/I 2013, 98 Min, OF R: Andrea Pallaoro, D: Catalina Sandino Moreno, Brian F. O’Byrne, Kevin Alejandro, Ian Nelson MES SÉANCES DE LUTTE (LOVE BATTLES) Der Titel dieses Films erregt bereits den Verdacht, das die Chose unter Umständen schlecht ausgehen könnte. Doch der Weg dorthin ist lang. MEDEAS beobachtet den Zerfall einer Farmersfamilie im Südwesten der USA und verzichtet dabei fast vollständig auf Psychologie. Inmitten einer weiten, sonnengedörrten Landschaft entfaltet sich in hypnotischer Ereignislosigkeit ein wortkarges Drama in Bildern, deren Kadrage an Gemälde von Edward Hopper erinnert. Ein mörderischer Konflikt zwischen Kontrollzwang und Freiheit, zwischen Intimität und Entfremdung. Jeder Mensch in seiner Nacht. in anwesenheit von andrea pallaoro. 3. 11., 21 h, Urania 4. 11., 11 h, Urania DAS MERKWÜRDIGE KÄTZCHEN (THE STRANGE LITTLE CAT) Wie ein Wirbelwind stürmt ein Filmteam in ein Dorf, sorgt für Aufregung und heuert Einheimische als Darsteller in einem Action-Film an, in dem ein Knabe die Hauptrolle spielen soll. Es folgen Proben, Dreharbeiten, man sieht verschiedene Takes einzelner Szenen. In Darstellungsweise und Dramaturgie erinnert die fiktive 16 gehen. Aber wieso ist das alles so eigenartig, geheimnisvoll und doch ganz alltäglich, so verwirrend manchmal? Alles geschieht und nichts passiert. Und was macht das merkwürdige Kätzchen, das gar nicht merkwürdig ist? Ohne Zweifel einer der ungewöhnlichsten und sehenswertesten Filme diesen Jahres. in anwesenheit von ramon zürcher, Jenny Schily und Mitgliedern des Teams. 29. 10., 21 h, Urania 30. 10., 15.30 h, Gartenbaukino D 2013, 72 Min, OmeU R: Ramon Zürcher, D: Jenny Schily, Anjorka Strechel, Mia Kasalo, Luk Pfaff Für ein Debüt eine ziemlich ausgekochte Arbeit. Zürcher findet mit schlafwandlerischer Sicherheit zu einem ganz eigenen Stil, lakonisch, vielstimmig, mit leichter Hand choreografiert. Eine Familie mitsamt Anhang ist dabei das zu tun, was sie immer tut. Kochen, Schulaufgaben machen, Oma abholen, einkaufen F 2013, 98 Min, OmeU R: Jacques Doillon, D: Sara Forestier, James Thiérrée Geschlechterkampf wörtlich genommen. Seit es zwischen dem Mann und der Frau ein Missverständnis in Sachen Anziehung und Verführung mit der Folge jeweils gekränkter Eitelkeit gab, haben die beiden eine Rechnung miteinander offen. Über deren Begleichung nun verhandelt wird, über mehrere Runden und mit stetig zunehmender Vehemenz, um nicht zu sagen: Brutalität. Auf den verbalen Schlagabtausch folgen die ersten Scharmützel und schon entwickelt sich aus Grabenkämpfen eine offene Feld-Schlamm-Schlacht. In die sich die beiden, zum Glück akrobatisch geschulten Hauptdarsteller mit Wucht, Verve und ansteckender Begeisterung stürzen. Man weiß, wie dergleichen endet. in anwesenheit von Jacques Doillon. 2. 11., 21 h, Urania 3. 11., 11 h, Metro METRAN MENHADA AL-TURAB prOpOSiTiOnS (TWO METERS OF THIS LAND) Palästina 2012, 80 Min, OmeU R: Ahmad Natche Ein palästinensischer Film, der dem Klischee entgegenarbeitet. Statt Blut, Schweiß und Tränen sieht man eine kosmopolitische Gruppe von Menschen aus allen Altersstufen, die ein Open-Air-Musikfestival in Ramallah vorbereiten und sich vorwiegend über Privates austauschen. Das palästinensische Problem kommt nur en passant zur Sprache, gewissermaßen zwischen den Kadern. METRAN MEN HADA AL-TURAB zeigt eindrucksvoll, dass es auch im Ausnahmezustand einen lustbetonten Alltag gibt. Alle Energien sind wie Eisenfeilspäne auf das kulturelle Ereignis ausgerichtet, das sich erst im Abspann in einem musikalischen Kataklysmus offenbart. in anwesenheit von ahmad natche. 27. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz 31. 10., 18.30 h, Metro ne Schauplätze, bescheidene Ausstattung. Das Ergebnis ist ein in seiner unmittelbaren Ausdruckskraft geradezu unheimlich verdichteter Film, in dem jede Geste, jeder Blick, jedes Wort, jeder Windstoß und jede Wolke mit über sich selbst hinausweisender Bedeutung aufgeladen ist. in anwesenheit von arnaud des pallières und Christelle berthevas (Drehbuch). 1. 11., 20.30 h, Gartenbaukino 2. 11., 11 h, Urania MODERN TIMES USA 1936, 87 Min, OmdU R: Charlie Chaplin, D: Charlie Chaplin, Paulette Goddard, Stanley Sandford, Chester Conklin Man muss keine besondere Begründung dafür liefern, warum dieser Film im Hauptprogramm der Viennale läuft. MODERN TIMES erklärt sich selbst und steht für sich. Aber diese Vorführung ist dem Künstler unserer Retrospektive, Jerry Lewis, gewidmet. MODERN TIMES ist einer seiner Lieblingsfilme; Charlie Chaplin selbst hat Lewis eine Kopie des Films geschenkt, und wenn Sie genau hinsehen, werden Sie in dem verzweifelten Fließbandarbeiter von Chaplins Komödie einen brother-inarms der Lewis’schen Bellboys, Ladies Men und Errand Boys entdecken. Im Kino gewesen. Geweint und gelacht. 1. 11., 10.30 h, Gartenbaukino MICHAEL KOHLHAAS F/D 2013, 122 Min, OmdU R: Arnaud des Pallières, D: Mads Mikkelsen, Mélusine Mayance, Delphine Chuillot, David Kross Heinrich von Kleists 1810 erschienene Novelle «Michael Kohlhaas» handelt auf ökonomisch knappe Weise und bis zum bitteren Ende vom Widerstand eines Individuums gegen die Willkür der Herrschenden sowie von der Differenz zwischen Recht und Gerechtigkeit. Arnaud des Pallières verfilmt dies auf nicht minder ökonomische Weise. Allgemeine Reduktion statt Historienfilm-Opulenz: O-Ton, natürliches Licht, vorgefunde- der Hund nicht umsonst, aber er kann nichts dafür, er will wahrscheinlich nur spielen. Als Marek erfährt, dass er einen Halbbruder hat, dessen Vater Roma war, beginnt es tief in seinem Inneren zu brodeln, entsteht ein Konflikt. Doch sein Gesicht bleibt eine undurchdringliche Maske. Bis zum bitteren Ende. in anwesenheit von Mira fornay und Maria fornayova. 29. 10., 18.30 h, Metro 30. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz MÔJ PES KILLER (MY DOG KILLER) SK/CZ 2013, 90 Min, OmeU R: Mira Fornay, D: Adam Mihál, Marián Kuruc, Irena Bendová, Maria Fornayova MOUTON (SHEEP) F 2012, 100 Min, OmeU R: Marianne Pistone, Gilles Deroo, D: David Merabet, Michael Mormentyn, Cindy Dumont, Benjamin Cordier Der 17-jährige Aurélien, genannt Mouton, hat nicht gerade die besten Karten im Überlebenskampf: der Vater seit langem verschwunden, die Mutter eine verkommene Person, der man das Sorgerecht entzieht. Trotzdem macht er als Lehrling in einem Fischrestaurant eine gute Figur. Bis ihm – out of the blue – bei einem Fest ein großes Unglück widerfährt. Dieser Spielfilm im Doku-Style mit einer häufig immobilen Kamera interessiert sich für das Profane und das Alltägliche des Arbeitslebens und verleiht gerade durch die Kargheit seiner Mittel der Unausweichlichkeit des Schicksals visuelle Dringlichkeit. 1. 11., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 2. 11., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus NEBRASKA Ein Tag im Leben des 18-jährigen Marek, der perspektivlos irgendwo am Land dahin dümpelt – ohne Mutter, die lang schon verschwunden ist, dafür mit einem Vater, der säuft – und sich mangels Alternativen den örtlichen Skinheads angeschlossen hat. Mareks einziger «Freund» ist ein mächtiger Kampfhund, dessen Killer-Potenzial auch die RassistenKumpane schätzen. Und Killer heißt USA 2012, 115 Min, OF R: Alexander Payne, D: Bruce Dern, Will Forte, June Squibb, Bob Odenkirk Angesiedelt im Mittleren Westen, gedreht in Schwarzweiß und mit einem großartigen Bruce Dern in der Hauptrolle des alten Spinners Woody, berichtet Payne auf groteskvertrackte Weise von einem, der auszog, sein Glück zu versuchen. Ein Glück, das Woody von einem Losgewinn verheißen wurde – was aber nur ein schäbiger Werbespruch war! 17 Spielfilme Dennoch macht er sich auf, seinen Gewinn einzustreichen. Weit kommt er nicht. Ein liebevoller und geduldiger Film über das Älterwerden, die Familie, das Land und jene ewige amerikanische Illusion des pursuit of happiness. Diesmal ist es Woody, der Alte aus Hawthorne, der sein Glück versucht. 25. 10., 20.30 h, Gartenbaukino 5. 11., 11 h, Gartenbaukino ums Leben kommt. Aus dem Traum von einer besseren Welt wird ein Albtraum der Verfolgung, des Misstrauens und des tödlichen Wahns. Von diesem Bruch erzählt NIGHT MOVES, von der schmalen Linie und dem plötzlichen Erwachen. Ein dunkler, spannender, versponnener und intensiver Film. 30. 10., 21 h, Gartenbaukino 2. 11., 10.30 h, Gartenbaukino NEW WORLD NORTE, HANGGANAN NG KASAYSAYAN Südkorea 2012, 134 Min, OmdU R: Park Hoon-jung, D: Lee Jung-jae, Choi Min-sik, Hwang Jung-min, Park Sung-woong Nach dem Unfalltod des Big Boss brechen in einer koreanischen Gangsterorganisation die Diadochenkämpfe aus. Und die Polizei, die einen Maulwurf eingeschleust hat, mischt kräftig mit. Armeen von Männern in dunklen Anzügen sind ständig in Bewegung in diesem Schachspiel um die absolute Macht, das zwischen eleganten Restaurants, schicken Apartments und heruntergekommenen Lagerhäusern ausgetragen wird. Park Hoon-jung transzendiert das Genre des Gangsterfilms und stellt grundsätzliche Fragen nach Recht und Unrecht, nach Loyalität und Verrat. Gewalt wird dosiert eingesetzt, doch wenn die Bestie einmal losgelassen ist, spritzt das Blut meterweit. 28. 10., 23 h, Gartenbaukino 1. 11., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus NIGHT MOVES USA 2013, 112 Min, OF R: Kelly Reichardt, D: Jesse Eisenberg, Dakota Fanning, Peter Sarsgaard, Alia Shawkat (NORTE, THE END OF HISTORY) OKTOBER NOVEMBER Philippinen 2013, 250 Min, OmeU R: Lav Diaz, D: Archie Alemania, Angeli Bayani, Soliman Cruz, Angelina Kanapi A 2013, 115 Min, OF/OmeU R: Götz Spielmann, D: Ursula Strauss, Nora von Waldstätten, Peter Simonischek, Sebastian Koch Zwei ungleiche Schwestern, Gastwirtin im elterlichen Betrieb in einem Bergdorf die eine, erfolgreiche, bewunderte Schauspielerin in der großen Stadt die andere. Dazwischen der alte Vater, der nicht alt werden will, aber mit einer ernsten Krankheit kämpft. Die Mutter, vor Jahren gestorben, hat ihrer Familie ein entzweiendes Geheimnis hinterlassen. In dieser dramatischen Konstruktion spinnt Spielmann ein reiches und dichtes erzählerisches Netz an Beziehungen, Gefühlen und Gesten, Erinnerungen, Verletzungen und Uneingelöstem. Dabei ganz realistischer Beobachter und wie in seinem letzten Film REVANCHE ein wunderbarer Komplize seiner außergewöhnlichen Darsteller. in anwesenheit von Götz Spielmann und Mitgliedern des Teams. Mit seinem neuen Film vollzieht Lav Diaz eine überraschende, wunderbare Wendung in seinem Werk, ohne jedoch seine persönliche Stilistik und Haltung auch nur im Leisesten zu verleugnen. In Farbe gedreht, basierend auf einer literarischen Vorlage und in vergleichsweise knappen vier Stunden erzählt er in loser Verknüpfung die Schicksale seiner Protagonisten. Ein junger Mann, der einen sinnlosen Mord begeht, für den ein anderer büßen wird. Dostojewskis «Schuld und Sühne» in den ärmlichen Verhältnissen einer philippinischen Klassengesellschaft, ein zärtlich-grausames Werk eines Filmemachers ohnegleichen. in anwesenheit von Moira lang (produzentin). 5. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz NUGU-UI TTAL-DO ANIN HAEWON (NOBODY’S DAUGHTER HAEWON) Im Grunde sind Josh, Dena und Harmon ein bisschen verbiesterte ÖkoFreaks, selbsternannte Naturschützer und Verteidiger einer gesunden und unzerstörten Welt. Aber das reicht nicht, das hilft nicht gegen das große Böse. So beschließen sie einen terroristischen Racheakt gegen die Naturzerstörer und setzen ein gewaltiges Fanal, bei dem ein Unbeteiligter 18 rende, Filmemacher-Aspiranten, Gescheiterte, Verlassene, Zerrüttete, Zögerliche – ohne diese Ingredienzien käme ein Film von Hong Sangsoo nicht aus. Und einmal mehr finden sie sich hier, mit dem Unterschied, dass Hong in seinem 14. Film erstmals die Perspektive einer Frau wählt. Einem Unterschied, der vielleicht gar nicht so entscheidend ist. 25. 10., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 29. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz Südkorea 2012, 90 Min, OmeU R: Hong Sangsoo, D: Jung Eunchae, Lee Sunkyun, Kim Jaok, Kim Euiseong Die unentschlossen um diverse Männer kreisende Frau, der ichbezogen selbstmitleidig vor sich hin jammernde Mann, die Begegnung der Geschlechter am Kneipentisch mit folgendem Saufgelage und schnapsumnebelt zweifelhaften Erkenntnissen, der Besuch einer Sehenswürdigkeit als Kulminationspunkt und Eskalationsansatz, Professoren, Studie- 31. 10., 18 h, Gartenbaukino (OF) 3. 11., 13.30 h, Urania (OmeU) P3ND3J05 prOpOSiTiOnS Argentinien 2013, 157 Min, OmeU R: Raúl Perrone, D: Mariano Blanco, Yenien Teves, Eugenia Juarez, Fernando Daniel Raúl Perrone ist ein geheimnisumwitterter Außenseiter und Maverick des argentinischen Kinos. Seine Arbeiten entstehen abseits der Metropolen und filmischen Szenen und sind eigenartige Hybride aus dokumentarischem Gestus, avantgardisti- HALLE F HALLE D Blues Brothers Ennio Morricone 12.2.2014 16.2.2014 HALLE D HALLE F Ice Age Live! Dirty Dancing 8.–19.1.2014 21.9.–26.10.2014 Highlights für Filmfreunde BRUNO MARS / THE BOSSHOSS / NICKELBACK / VOLBEAT / PLACEBO / AVENGED SEVENFOLD / KATIE MELUA / VANS WARPED TOUR / UND VIELE MEHR! www.stadthalle.com /WienerStadthalleFan /StadthalleWien CALL CENTER +43 (1) 79 999 79 GROSSKUNDEN-SERVICE +43 (1) 98 100 480 Spielfilme schem Experiment und privater Mythologie. P3ND3J05 (lies: Pendejos) bewegt sich in der Welt von Ituzaingó, einem Vorort von Buenos Aires – auf Plätzen, in Gassen und an verborgenen Orten – unter Jugendlichen, in ihrer Kultur. Inszeniert in Schwarzweiß, mit einem rauen Ton zwischen Stummheit und Musik und experimenteller Anmutung – ein fiebriger, expressiver Traum, der einem nachgeht und in Erinnerung bleibt. 30. 10., 15.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 6. 11., 21 h, Metro PARDÉ (CLOSED CURTAIN) Iran 2013, 106 Min, OmeU R: Jafar Panahi, Kamboziya Partovi D: Kamboziya Partovi, Maryam Moghadam, Jafar Panahi, Hadi Saeedi kampfes die Poesie und Schönheit des Lebendigseins erfahrbar wird. 29. 10., 13.30 h, Metro 5. 11., 21 h, Urania PRIMER als verwirrende, vielfach belastete und von Geheimnissen der Vergangenheit eingeholte Anstrengung. Farhadi inszeniert das Beziehungsgefüge zwischen dem Paar, dem neuen Mann an Maries Seite und den dazugehörigen Kindern als ein schmerzhaftes Kammerspiel voll überraschender Wendungen, spannender Details und vielschichtiger Emotionen. Zudem erweist er sich als kundiger Regisseur eines Ensembles überragender DarstellerInnen, allen voran der in Cannes prämierten Bérénice Bejo in der Rolle der Marie. 1. 11., 18 h, Gartenbaukino 3. 11., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus LA PLAGA (THE PLAGUE) Das Drehbuch für PARDÉ entstand während einer Depression, erzählt der im Iran mit Hausarrest und Arbeitsverbot belegte Jafar Panahi. Während des Schreibens verbesserte sich zwar sein Zustand, doch er wollte die Geschichte nicht optimistischer werden lassen als intendiert: die Geschichte eines Autors – gespielt von Freund und Koregisseur Kamboziya Partovi, der in einem geschlossenen Raum an einem Drehbuch schreibt – bis er unwillkommenen Besuch erhält. «Die Wirklichkeit der Welt, in der wir leben, zu zeigen, ist die Pflicht eines jeden Filmemachers, für den Filme machen existenzielle Notwendigkeit ist», sagt Panahi. Er lässt sich nicht unterkriegen. 31. 10., 13.30 h, Urania 3. 11., 18 h, Gartenbaukino LE PASSÉ (THE PAST) F/I 2013, 124 Min, OmeU R: Asghar Farhadi, D: Bérénice Bejo, Tahar Rahim, Ali Mosaffa, Pauline Burlet Nach einigen Jahren der Trennung kehrt Samir nach Paris zurück, um die Ehe mit seiner französischen Frau Marie aufzulösen. Was zuerst einfach erscheint, erweist sich bald 20 E 2013, 85 Min, OmeU R: Neus Ballús, D: Raül Molist, Maria Ros, Rosemarie Abella, Iurie Timbur USA 2004, 77 Min, OF R: Shane Carruth, D: Shane Carruth, Shane Carruth, David Sullivan, Casey Gooden, Anand Upadhyaya In der Selbstverständlichkeit, mit der er sich rationalen Durchdringungsversuchen widersetzt, erinnnert der Debütfilm des Universalisten Carruth – der hier als Produzent, Regisseur, Drehbuchautor sowie Darsteller fungiert und zudem für Schnitt und Musik verantwortlich zeichnet – an Chris Markers LA JETÉE. Wie dieser ist auch PRIMER ein experimenteller Zeitreisen-Science-Fiction, der das Spiel mit narrativen und dramaturgischen Konventionen nutzt, um, so seinerzeit «Village Voice»-Kritiker Dennis Lim, «Physik und Metaphysik in einer genialen guerilla-style Neukonzeption des Genres zu vereinen». Mit AMERICA 26. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 6. 11., 11 h, Urania PRINCE AVALANCHE Der Alltag von fünf Menschen in einem heißen Sommer an der Peripherie Barcelonas, wo Industriegebiete, Wohnsiedlungen und Landwirtschaften von Autobahnen durchzogen werden. Lebensweisen, die nicht nur einen spezifischen Raum charakterisieren, sondern Aufschluss geben über den Zustand des Humanen zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort. Das Porträt einer Gegend, die die Filmemacherin seit ihrer Kindheit, und von Menschen, die sie seit vielen Jahren kennt. Ein schöner, schlüssiger und warmherziger Film, der die Grenze zwischen Dichtung und Wahrheit auf eine so unaufdringliche und behutsame Weise verschwimmen lässt, dass in der bitteren Realität täglichen Überlebens- USA 2013, 94 Min, OmdU R: David Gordon Green, D: Paul Rudd, Emile Hirsch, Lance LeGault, Joyce Payne «The Vladimir and Estragon of Roadwork», hat A.O. Scott sie in der «New York Times» genannt: Alvin und Lance, die eine bei einem verheerenden Flächenbrand beschädigte Straße durch einen texanischen Wald reparieren. Während sie gelbe Mittelstreifen malen, Reflektoren aufkleben und Markierungspfosten einschlagen, reden sie über die richtigen Frauen und die gute Lebensführung und scheitern immer wieder an den Macken des jeweils anderen. Sie sind zwei Frösche, aus denen niemals Prinzen werden, sie sind normale Männer und als solche liebenswert – und Green hat einen unaufdringlich lustigen, anrührenden und zugleich weisen Film über sie gedreht. 25. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 26. 10., 11 h, Gartenbaukino 29. 10., 6.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus O QUINTO EVANXEO DE GASPAR HAUSER (THE FIFTH GOSPEL OF KASPAR HAUSER) E 2013, 61 Min, galOmeU R: Alberto Gracia, D: Josecho, Sara García, Oliver Laxe, Nando Vázquez Die Geschichte des bis zu seinem 16. Lebensjahr fern von Sprache und Zivilisation aufgewachsenen Kaspar Hauser übt nicht zuletzt auch auf Filmemacher eine besondere Faszination aus. Gracia liefert die im nordspanischen Galizien angesiedelte Version des Stoffes. Gedreht in sattem Schwarzweiß, auf 16mm und mit einer zwischen Stille, Naturlauten und beschwörender Musik schwankenden Tonspur, verdichtet der Film Hausers Gefangenschaft bis zum Äußersten. Und stellt ihm eine Reihe seltsam archetypischer Figuren zur Seite. Ein zwischen künstlerischer Installation, absurdem Theater und existenzialistischem Kammerspiel changierendes, dunkel strahlendes Werk. 26. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz 31. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz RAZREDNI SOVRAŽNIK (CLASS ENEMY) Slowenien 2013, 112 Min, OmdU/OmeU R: Rok Biček, D: Igor Samobor, Nataša Barbara Gracner, Tjaša Železnik, Maša Derganc Eine Klasse bekommt einen neuen Deutschlehrer, der sich als äußerst streng und verständnislos erweist. Schnell wird er von seinen Schülern scheint sie nicht mehr zu begleiten. in anwesenheit von Dimitris bavellas und Dimitris Tolios (Schnitt). 2. 11., 21 h, Metro 3. 11., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz SALVO im Geheimen «der Nazi» genannt, und als eine der Schülerinnen Selbstmord begeht, wird er zur Ursache erklärt. Die Klasse mutiert zu einer Meute gnadenloser Inquisitoren und wendet sich gegen den verhassten Lehrer. Plötzlich greifen Mechanismen und Zuweisungen, die aus dem Nichts eine geradezu totalitäre Maschine erstehen lassen. Unter den Filmen, die in den letzten Jahren im ehemaligen Jugoslawien entstanden, ist dies einer der reflektiertesten, genauesten und den Verhältnissen am nächsten kommenden. in anwesenheit von rok biček. 27. 10., 20.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus (OmdU) 28. 10., 13.30 h, Urania (OmeU) RUNAWAY DAY GR 2013, 82 Min, OmeU R: Dimitris Bavellas, D: Maria Skoula, Makis Papadimitriou, Erricos Litsis, Constantinos Staridas Das griechische Kino hat auf die desaströse Lage des Landes auf erfindungsreiche Weise reagiert: mit radikalen sozialen Analysen, mit bitteren, dunklen Assoziationen, mit ironischer und sarkastischer Brechung. RUNAWAY DAY fügt dem eine Auseinandersetzung in Form eines Genrefilmes hinzu, eines Science-Fiction I/F 2013, 103 Min, OmeU R: Fabio Grassadonia, Antonio Piazza D: Saleh Bakri, Sara Serraiocco, Luigi Lo Cascio, Mario Pupella Salvo ist der klassische einsame, kalte Killer, der im Auftrag der Mafia unliebsame Konkurrenz oder Verräter erledigt. Als der Mann mit den eisigen blauen Augen für einen Job in ein Haus eindringt, trifft er unvermutet auf ein schönes, blindes Mädchen und entschließt sich, dessen Leben zu schonen. Aus der Zufallsbegegnung wird eine Zwangsgemeinschaft, der Auftragsmörder muss seine Gefühle neu kalibrieren. Ein düsterer Film, der mit wenigen Worten auskommt und in langen Schwenks und Einstellungen jene Momente zwischen den Gewalttaten auskostet, in denen scheinbar nichts passiert und die doch das ganze Leben enthalten. in anwesenheit von fabio Grassadonia und antonio piazza. 3. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 4. 11., 23.30 h, Gartenbaukino SAN DIEGO SURF mit schwarzweißer 70er-Jahre-Anmutung. In einer nahen Zukunft verlassen die Menschen massenhaft Stadt und Land. Sie steigen aus Schulden und Armut aus und irren in ein ungewisses Irgendwo. Mechanisch, paranoid, hysterisch und resigniert. Allesamt gezeichnet von der Krise, ziehen sie wie Revenants fort aus ihrer alten Welt. Aber das Leben USA 1968/1995, 90 Min, OF R: Andy Warhol, D: Viva, Taylor Mead, Joe Dallesandro, Louis Waldon Nach dem Attentat, das Valerie Solanas auf ihn verübte, kam Warhols Arbeit am im Sommer 1968 in der Nähe von San Diego begonnenen SAN DIEGO SURF zum Erliegen. Der Film verschwand für Jahrzehnte und wurde erst kürzlich von Paul Morrissey fertiggestellt und in New York uraufgeführt. Man kann ihm seine Geschichte ansehen, er ist voller Unebenheiten und Leerstellen, eine Art Fortsetzung von LONESOME COWBOYS am kalifornischen Strand. Die Handlung ein Vorwand, die Figuren begnadete Selbstdarsteller, da21 Spielfilme runter ein ziemlich durchgeknallter Taylor Mead. «Can’t you just piss on us?», sagt er zu einem der Surferboys. Und der zögert nicht lange. 4. 11., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus DIE SCHWÄRMER prOpOSiTiOnS (THE DREAMERS) D 2013, 81 Min, d/fOmeU R: Johanna Pauline Maier, D: Anna Daria Fontane, Jutta Wernicke-Sazunkewitsch, Laurent Hervé, Rainer Sievert In Musils Theaterstück «Die Schwärmer» werden die Beziehungen einer Gruppe verheirateter, befreundeter und verwandter Personen analysiert. In poetischer Weise, wie in einer modernen Versuchsanordnung, seziert, zerlegt, verändert, neu zusammengesetzt. Ein schönes und gewagtes Stück Literatur als Ausgangspunkt für einen Film, der ein kleines Kunstwerk ist: der sich jenseits von Psychologie und Einfühlung auf Musils Sprache konzentriert und den Text gleichzeitig von innen und außen zum Klingen bringt, ihn als lebendiges Material von einer Gruppe wunderbarer Darsteller sprechen und zitieren lässt. Ein eigenartiges und faszinierendes Vergnügen. in anwesenheit von Johanna pauline Maier und Mitgliedern des Teams. 2. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz 4. 11., 11 h, Metro GIANT, angesiedelt im nordenglischen Bradford, lebt von genauer Milieukenntnis, ist voller subtiler inszenatorischer Details und wird von großartigen Darstellern getragen. 2. 11., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 4. 11., 16 h, Urania SHIRLEY – VISIONS OF REALITY A 2013, 92 Min, eOF R: Gustav Deutsch, D: Stephanie Cumming, Christoph Bach, Florentin Groll, Elfriede Irrall Ein Einzelbild-Laufbild-Crossover, das anhand von 13 Gemälden Edward Hoppers, entstanden in den Jahren 1931 bis 1965, die fiktive Biografie der amerikanischen Schauspielerin Shirley erzählt. Historische Tonaufnahmen zu Beginn setzen jedes der sorgsam gestalteten Tableaux vivants in einen sozialen, politischen und/oder kulturellen Kontext. Der innere Monolog der Protagonistin charakterisiert sie als wache und engagierte Zeitgenossin. Und während man auf jene Sekunde wartet, in der das Filmbild mit dem VorBild zur Deckung kommt, laufen die Bild-Inhalte parallel: die narrative Konkretion des Films und der abstrakte Zauber des Gemäldes. in anwesenheit von Gustav Deutsch und Mitgliedern des Teams. 5. 11., 18 h, Gartenbaukino 6. 11., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus besser. SOFT IN THE HEAD ist eine von 8 Millionen Geschichten aus der Naked City, inszeniert in einem kargen, elliptischen verité-Stil. Im Dickicht der Stadt, so die Botschaft, beginnt der Abgrund, in den man blickt, schnell zurückzustarren. in anwesenheit von nathan Silver. Mit STOPLIGHT LIBERTY 27. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 28. 10., 21 h, Urania SOSHITE CHICHI NI NARU (LIKE FATHER, LIKE SON) Japan 2013, 120 Min, OmeU R: Koreeda Hirokazu, D: Fukuyama Masaharu, Ono Machiko, Maki Yoko, Lily Franky Die Idee ist so simpel wie wirkungsvoll. Zwei Elternpaare unterschiedlichen Milieus und Status, in ihrer Lebensführung konträr, stellen durch Zufall fest, dass ihre sechsjährigen Söhne nach der Geburt im Spital vertauscht worden sind. Längst sind die Kinder Teil der jeweiligen Familie, wenngleich es nicht immer ohne Konflikte und Irritationen abging. Was nun tun? Die Söhne zurücktauschen? Mit einem Mal komplizieren und verwirren sich Gefühle, Ängste und Erwartungen. Und was Koreeda im Weiteren aus seiner erzählerischen Prämisse herausholt, erweist die Subtilität, die Größe und den ernsthaften Witz dieses Filmemachers. 25. 10., 16 h, Urania 26. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus SUZANNE F 2013, 94 Min, OmeU R: Katell Quillévéré, D: Sara Forestier, Adèle Haenel, François Damiens, Lola Dueñas THE SELFISH GIANT GB 2013, 93 Min, OF R: Clio Barnard, D: Conner Chapman, Shaun Thomas, Sean Gilde, Steve Evets Arbor und Swifty: rau und hyperaktiv der eine, zurückgezogen und still der andere; ihre je spezifischen Temperamente ergänzen sich aufs Beste und das macht sie zu einem untrennbaren Duo. Zudem stammen beide aus erbärmlichen Verhältnissen und sind gerade von der Schule geflogen. Um Geld zu verdienen, beginnen sie für den Händler Kitten Altmetall zu sammeln. Zwischen ihm und den Jungen entwickelt sich eine schwierige, schließlich katastrophische Beziehung. THE SELFISH 22 SOFT IN THE HEAD USA 2013, 71 Min, OF R: Nathan Silver, D: Sheila Etxeberría, Ed Ryan, Carl Kranz, Melanie J. Scheiner Nach einem heftigen Streit mit ihrem boyfriend fliegt Natalia aus der gemeinsamen Wohnung in New York und gerät in eine fatale Abwärtsspirale: Sie versucht bei Bekannten unterzuschlüpfen, beginnt zu trinken und landet schließlich in einem Obdachlosenasyl, das von dem ältlichen Wohltäter Maury privat geführt wird. Die unglückselige Liebe, die ihr Nathan, ein Junge aus orthodox jüdischer Familie entgegenbringt, macht die Sache nicht 25 Jahre im Leben von Suzanne und ihrer Familie. Schnitte zwischen emblematischen Szenen, in denen Jahre verschwinden. Narrative Ellipsen, die Motive, Kausalitäten, ganze Handlungsstränge beiseite respektive der Vorstellungskraft der Zuschauerin überlassen. Suzanne, die wilde Kleine, wird zu früh schwanger, stürzt sich in eine Amour fou, BBLUE LUE JJASMINE ASMINE EIN FILM VON WOODY ALLEN U SA 2 01 3 , 9 8 m i n , O m d U M i t C a t e B l a n c h e t t , S a l l y H a w k i n s , B o b by C a n n a v a l e , A l e c B a l d w i n , P e t e r S a r s g a a r d AB 7. NOVEMBER 201± WOODY WOODY AALLEN LLEN EINE WERKSCHAU 1965– 1989 29. NOVEMBER BIS 18. DEZEMBER 201± GARTENBAUKINO GARTENBAUKINO w www.gartenbaukino.at ww.gartenbaukino.at Spielfilme gerät auf die schiefe Bahn, verliert ziemlich viel, rettet am Ende noch einiges. Das riskante dramaturgische Konzept Quillévérés geht auf dank der Besetzung Forestiers in der Titelrolle. Die projiziert ein derart drängendes Sehnen nach Intensität von Leben, Liebe und Gefühl, dass Flammen von der Leinwand schlagen. 27. 10., 15 h, Gartenbaukino 4. 11., 21 h, Urania TIAN ZHU DING (A TOUCH OF SIN) China/Japan 2013, 133 Min, OmeU R: Jia Zhangke, D: Zhao Tao, Jiang Wu, Wang Baoqiang, Luo Lanshan TONNERRE gemeinsam sind. Aus dieser vielversprechenden Konstellation gewinnt Bozon eine ziemlich rasante, schräge und manchmal gezielt geschmacklose Komödie mit einem Touch von Howard Hawks. Und das Damen-Duo Huppert und Kiberlain könnte viel cooler, komischer und verzweifelter nicht sein. in anwesenheit von Serge bozon. 26. 10., 18.30 h, Urania 28. 10., 15.30 h, Gartenbaukino TOMOGUI (BACKWATER) Auf den Verlust ihrer Würde reagieren sie mit Gewalt. Die Protagonisten von TIAN ZHU DING, der beim diesjährigen Festival in Cannes den Drehbuch-Preis gewann, sind arme Schlucker, die, ihren Bemühungen zum Trotz, im turbokapitalistisch umgewälzten China unter die Räder geraten. Jia bezieht sich auf vier «Vorfälle», die in den Provinzen Shanxi, Chongqing, Hubei und Guangdong für Aufsehen sorgten und gliedert sie ein – mittels der für ihn charakteristischen Verknüpfung aus Profi- und Laienspiel, Dokumentarischem und Fiktivem – in die große Martial-Arts-Erzählung vom Widerstand des Einzelnen gegen die Willkür der Herrschenden. 25. 10., 13 h, Gartenbaukino 28. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus TIP TOP F/L 2013, 106 Min, OmeU R: Serge Bozon, D: Isabelle Huppert, Sandrine Kiberlain, François Damiens, Karole Rocher In der nordfranzösischen Provinzstadt Lille ist ein Informant der Polizei ermordet worden. Als die Exekutive selbst in Verdacht gerät, wird zur Ermittlung aus Paris Verstärkung geschickt: die beiden sehr unterschiedlichen Kommissarinnen Lafarge und Marinelli, denen mehr als unkonventionelle Ermittlungsideen und noch unkonventionellere Sexualpraktiken 24 Japan 2013, 102 Min, OmeU R: Aoyama Shinji, D: Suda Masaki, Kinoshita Misaki, Shinohara Yukiko, Ken Mitsuishi Der 17-jährige Toma lebt mit seinem Vater und dessen Geliebter in einer Provinzstadt in einem Haus am Fluss. Nahebei führt seine Mutter, die den brutalen und sadistischen Ehemann vor Jahren verlassen hat, F 2013, 106 Min, OmeU R: Guillaume Brac, D: Vincent Macaigne, Solène Rigot, Bernard Menez, Jonas Bloquet Ein für einen französischen Film geradezu maßgeschneidertes Thema: Old Boy meets young girl. Coup de foudre, Leidenschaft und dann das vorhersehbare Chaos der Gefühle – bis zum bitteren Ende. Die Geschichte des Rockmusikers Maxime, der sich im Haus seines Vaters in der Provinz eingebunkert hat, um dort in Ruhe sein neues Album aufzunehmen, und dem Zauber der 21-jährigen Mélodie verfällt, spielt geschickt die Enge der Provinz gegen den Exzess der Emotionen aus. Und Vincent Macaigne, der vielgeliebte Mr. Average des französischen Autorenkinos, ist ein großartig verzweifelter Humbert Humbert in diesem Lolita-Drama mit dem Aroma von Buletten und Pommes frites. in anwesenheit von Guillaume brac. 31. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 1. 11., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus LA ÚLTIMA PELÍCULA ein Fischgeschäft. Toma selbst pendelt zwischen den beiden. Die Mutter kann nicht viel mit ihm anfangen, seinen Vater fürchtet und verachtet er. Vor allem trägt er in sich die Ahnung, diesem ähnlich zu sein. Aoyama beschreibt diese krude Familiengeschichte als eine komisch-verzweifelte Farce und spart nicht mit Sex und Gewalt, ohne dabei spekulativ oder voyeuristisch zu werden. Und zum Schluss treibt das Ganze in ein freches, befreiendes Ende. 30. 10., 11 h, Urania 1. 11., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus Kanada/DK/Mexiko/Philippinen 2013 88 Min, OmeU R: Raya Martin, Mark Peranson D: Alex Ross Perry, Gabino Rodríguez, Iazua Larios, René Redzepi Nichts Geringeres als das Ende der Welt und das Ende des Kinos werden hier verhandelt. Jedoch in umgekehrter Reihenfolge. Mit mal losen, mal offensichtlichen, immer jedoch gebrochenen Assoziationen zu Dennis Hoppers THE LAST MOVIE (1971) folgt LA ÚLTIMA PELÍCULA einem US-amerikanischen Filmemacher und dessen mexikanischem Guide durch Yucatán und beschreibt deren Versuche, vor dem Einsetzen der großen Maya-Apokalypse dem erwarteten Ende von Allem einen letzten Film abzutrotzen. Was wie ein cineastischer Insider-Joke klingt, ist in Wahrheit ein ziemlich verrücktes, verspieltes und intelligentes Stück Kino. Witzig und wild und höchstens der vorletzte Film. in anwesenheit von Mark peranson. Mit AUDITION 28. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus 29. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz UPSTREAM COLOR prOpOSiTiOnS USA 2012, 96 Min, OF R: Shane Carruth, D: Amy Seimetz, Shane Carruth, Andrew Sensenig, Thiago Martins LA VIE D’ADÈLE – CHAPITRES 1 ET 2 (BLAU IST EINE WARME FARBE) den Tischen sitzen, sich über zunehmend leereren Schnapsflaschen die Köpfe heiß reden und die von mannigfaltigen Stolperfallen gepflasterte Begegnungszone zwischen den Geschlechtern vermessen, fragt man sich, wieviel heiße Luft und Illusionen mit im Spiel sind. 26. 10., 16 h, Gartenbaukino 28. 10., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus VIC + FLO ONT VU UN OURS (VIC + FLO SAW A BEAR) Nach PRIMER (2004, s. S. 20) ist UPSTREAM COLOR erst der zweite Film des Universalisten Carruth. Wie sein Vorgänger fällt auch das aktuelle Werk aus allen Kategorien. Es beginnt vergleichsweise harmlos als Erzählung über die verheerenden Auswirkungen eines Parasiten im Körper einer Frau. Und löst sich zunehmend auf in reine Wahrnehmung diffuser Angstzustände. Deren Mitempfinden mag den Ereignissen am Ende so etwas wie Sinn verleihen, rational nachvollziehen lassen sich diese nur unzureichend. Das ist kein Mangel. Das ist Freiheit. 26. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus 6. 11., 23.30 h, Urania URI SUNHI (OUR SUNHI) Südkorea 2013, 88 Min, OmeU R: Hong Sangsoo, D: Jung Yumi, Kim Sangjoon, Lee Sunkyun, Jung Jaeyoung Es wird mal wieder viel geredet und noch mehr getrunken (oder umgekehrt?) im aktuellen Film des südkoreanischen Auteurs Hong. Auf dem Sprung, ihr Leben zu verändern, begegnet Titelheldin Sunhi drei Männern von gewisser (vergangener, gegenwärtiger) Bedeutung. Alle drei meinen, ihr wertvolle Ratschläge erteilen zu können, alle drei vermeinen, sie zu kennen. Und während sie da so abwechselnd miteinander an Kanada 2012, 95 Min, OmeU R: Denis Côté, D: Pierrette Robitaille, Romane Bohringer, Marc-André Grondin, Marie Brassard Ein Genrebastard, der mit filmischer Expertise ans Eingemachte geht, ganz Fisch und Fleisch: zwei Frauen mit krimineller Vergangenheit und ungewisser (amouröser) Zukunft, ihr unorthodoxer Bewährungshelfer, trügerische Ruhe, flirrende Natur, Spazierfahrten im Golfwagen durchs ländliche Quebec. Ein spitzbübischer Eindringling samt verspieltem Hor- ror-Leitmotiv auf der Tonspur funkt dazwischen. Will Côté uns einen Bären aufbinden? Ganz bestimmt. Er verwischt sexuelle Identitäten und narrative Spuren. Was bleibt ist Ambivalenz, in Schwebe gehalten von leiser Spannung, subtilem Humor, sehnsüchtiger Melancholie und einer pechschwarzen Gewitterwolke am Horizont. in anwesenheit von Denis Côté sowie am 28.10. romane bohringer. 28. 10., 18 h, Gartenbaukino 30. 10., 23.30 h, Urania F/B/E 2012, 175 Min, OmdU R: Abdellatif Kechiche, D: Léa Seydoux, Adèle Exarchopoulos, Salim Kechiouche, Mona Walravens Beim diesjährigen Festival in Cannes gewann LA VIE D'ADÈLE – CHAPITRES 1 ET 2 für viele überraschend die Goldene Palme. Überraschend, da der Film mit seinen expliziten Sexszenen und einer eher sprunghaften Erzählweise nicht dem klassischen Konsenskino der Croisette zu entsprechen schien. Doch seine Provokationen sind keine vordergründigen, sondern entwickeln sich selbstverständlich aus der Geschichte der Hauptfigur, des Mädchens Adèle, das auf schmerzhafte Weise seinem Begehren folgt und langsam in ein eigenes, für manche verstörendes Leben findet. «Für mich ist Adèle ein heroischer Charakter», sagt Kechiche, «heroisch, weil sie ihr eigenes Schicksal erfüllt.» 3. 11., 20.30 h, Gartenbaukino 4. 11., 11 h, Gartenbaukino VIOLA Argentinien 2012, 63 Min, OmeU R: Matías Piñeiro, D: María Villar, Agustina Muñoz, Elisa Carricajo, Romina Paula Die zweite Episode der sogenannten «Shakespeareade», an der Piñeiro seit 2010 arbeitet und im Rahmen derer er Motive und Themen des elisabethanischen Barden neu interpretiert und frei kombiniert ins Argentinien der Gegenwart versetzt. In VIOLA spielt er mit den Liebesirrungen und -wirrungen der Komödie «Was ihr wollt», bricht sie an der Metaebene von Theaterproben, reflektiert sie in den Träumen der Filmfiguren und fragmentiert sie in der Geschichte einer Fahrradkurierin, Viola, die eingeladen wird, sich einer Schauspieltruppe anzuschließen. Dabei wird sehr viel geredet, meist, logisch, über die Liebe. in anwesenheit von Matías piñeiro und agustina Muñoz. 1. 11., 16 h, Urania 2. 11., 14 h, Urania 25 Dokumentarfilme 12 O’CLOCK BOYS USA 2013, 76 Min, OF R: Lotfy Nathan Noch ist der 13-jährige Pug nur auf seinem Fahrrad auf den Straßen eines Arbeiterviertels von Baltimore unterwegs. Sein großer Wunsch aber ist: to be one of them. «Them» sind die wilden Biker der 12 O’Clock Boys, eine Gang von coolen, tätowierten, radikalen Burschen, die auf ihren frisierten Motorrädern die Hood unsicher machen. Sich riskante, illegale Rennen liefern, mit der Polizei Versteck spielen und Tod und Teufel nicht scheuen. Nathan erzählt von einer Subkultur, in der das Dahinrasen auf einem sich aufbäumenden Motorrad aussieht wie die Himmelfahrt aus dem tristen Baltimore. Noch wartet Pug am Straßenrand mit großen Augen und großer Ungeduld auf seinen großen Tag. in anwesenheit von lotfy nathan. 3. 11., 23.30 h, Urania 6. 11., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz A FULLER LIFE USA 2013, 80 Min, OF R: Samantha Fuller Eine Filmbiografie über den amerikanischen Regisseur Samuel Fuller von seiner Tochter Samantha. Ausgehend von der autobiografischen Beschreibung «A Third Face» ist der Film in 12 Kapitel unterteilt, die von Freunden und/oder Bewunderern Fullers gestaltet werden; darunter William Friedkin, Wim Wenders, James Franco und Jennifer Beals. So entsteht mosaikartig ein leidenschaftliches und lebendiges Bild des unab26 hängigen Outsiders, seiner Haltung und seiner Ideen. Und zum ersten Mal sind kostbare Homemovies, Aufnahmen von location-scoutings oder von Fuller als Soldaten im Zweiten Weltkrieg zu sehen. Ein mehr als spannender Geschichtsunterricht, nicht nur für Fans. in anwesenheit von Samantha fuller. 4. 11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 5. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus A MASQUE OF MADNESS (NOTES ON FILM 06-B, MONOLOGUE 02) A 2013, 80 Min, OmeU R: Norbert Pfaffenbichler er sich als weißgeschminkter BlackMetal-Sänger die Seele aus dem Leib schreit. Der fragmentarisch erzählte Film ist eine Meditation über die Utopie der Freiheit und feiert mit langen Kameraeinstellungen und bedächtigen Schwenks das Erhabene der Natur in betörenden Farbarrangements ebenso wie die im Stroboskoplicht erblühende Magie eines schwarzromantischen Rock-Rituals. 30. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz THE ACT OF KILLING In einem gewaltigen Mashup komponiert Pfaffenbichler aus Dutzenden Filmen der Hollywood-Horrorikone Boris Karloff eine Art Hyperkino, das sich ganz auf die Person des Protagonisten konzentriert. Der chamäleonhafte Darsteller, der Filme drehte wie andere Leute Zigaretten, tritt mal als Monster auf, dann wiederum als Mad Scientist oder als orientalischer Magier. A MASQUE OF MADNESS ist ein faszinierendes Desorientierungsspektakel, in dem Karloff in seinen unzähligen Inkarnationen mit sich selbst in einen surrealen Dialog tritt. Ein kaleidoskopisches Farben- und Formenspiel, ein psychedelischer mindfuck. in anwesenheit von norbert pfaffenbichler. Mit STILL DISSOLUTION 4. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz DK/NO/GB/Indonesien 2012, 159 Min, OmeU R: Joshua Oppenheimer, Christine Cynn, Anonym Gangster und paramilitärische Einheiten unterstützten in den Sechzigerjahren den Staatsstreich von General Suharto in Indonesien und brachten hunderttausende Kommunisten und andere Regimegegner um. Ein von der Weltöffentlichkeit vergessener Holocaust, der ohne Konsequenzen für die Täter blieb. Regisseur Oppenheimer fand einige dieser Gewalttäter und brachte sie dazu, einen Film mitzugestalten, in dem die bestialischen Taten von damals reinszeniert werden. So entstand ein unfassbares, surreales A SPELL TO WARD OFF THE DARKNESS F/EST/NO/FIN 2013, 98 Min, OF R: Ben Russell, Ben Rivers Ein dunkelhäutiger Mann – nur aus den Credits erfährt man, dass es sich um den Musiker Robert A.A. Lowe handelt – begibt sich auf eine spirituelle Reise, die ihn von einer hippiesken Landkommune auf einer estnischen Insel in die Einsamkeit im Norden Finnlands und schließlich in einen Rockclub in Oslo führt, wo Spektakel der Grausamkeit mit viel Theaterblut und absurden Revueszenen. «Wir sangen und tanzten», sagt einer der Gangster, «wir töteten mit einem Lächeln auf den Lippen.» in anwesenheit von Joshua Oppenheimer. 26. 10., 18 h, Gartenbaukino 27. 10., 16 h, Urania E AGORA? LEMBRA-ME AND WE MADE THE ROOM SHINE F/A 2013, 45 Min, kein Dialog R: François Clos, Thomas Lallier Im Herbst 2012 war Constellation Records, das eigensinnige und widerständige Musiklabel aus Montréal, in Wien zu Gast. La Blogothèque – das Musikfilm-Kollektiv, das für dem Moment abgetrotztes Guerillafilmmaking steht – organisierte entschlackte und abgerüstete Performances an popmusikalischen Nonplaces: einer Küche, einem verlassenen Bürogebäude, einem leeren Theatersaal. So sind eigenartige, faszinierende Amalgame aus Klang und Raum entstanden, akustische Einschreibungen in das Weichbild der Stadt. Vignetten, in denen die Bilder zu tanzen beginnen und die Klänge zu leuchten. in anwesenheit von françois Clos und Thomas lallier. Mit LAND OF NOD 29. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 30. 10., 11 h, Metro AT BERKELEY USA 2013, 244 Min, OF R: Frederick Wiseman BAMBI F 2012, 60 Min, OmdU/OmeU R: Sébastien Lifshitz In Issers, Algerien, wurde MariePierre Pruvot 1935 als Jean-Pierre geboren. Dass dieser Umstand ihr ein Leben als Mann bescheren sollte, wollte sie unter keinen Umständen akzeptieren. Ein Gastpiel des berühmten Pariser Cabarets Carrousel zeigt den Ausweg in ein mögliches Leben als Frau. Jean-Pierre wird zum Revuestar Bambi wird zu MariePierre, die von der Bühne schließlich an die Schule wechselt. BAMBI erzählt von einem Leben, das mit bemerkenswertem Mut und respektgebietender Selbstsicherheit geführt wurde. Ein Leben, das in der stimmigen Montage von Gegenwarts- mit historischen Aufnahmen greifbar wird und Wärme und Textur erhält. in anwesenheit von Marie-pierre pruvot. 25. 10., 18.30 h, Urania (OmdU) 26. 10., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz (OmeU) BELLEVILLE BABY Wisemans vierzigster Film: eine geduldige Beobachtung der vielfältigen Vorgänge an der renommierten Universität Berkeley in Kalifornien, deren wirtschaftliche Lage sich aufgrund stetig sinkender, staatlicher Fördermittel immer weiter zuspitzt. Berkeley ist repräsentativ für die Lage öffentlicher Institutionen unter dem Druck des Neoliberalismus und Wiseman zeichnet auf und montiert entlang der Frage, was mit einer Gesellschaft geschieht, die einen Ort der Bildung und Forschung dem Diktat ökonomischer Effizienz unterwirft? Was man sieht: Gemeinsam mit der Fähigkeit zu denken steht die Fähigkeit, die eigene Freiheit zu behaupten, auf dem Spiel – mithin also das Herz der Demokratie. 25. 10., 11 h, Metro 27. 10., 19.30 h, Urania S 2013, 75 Min, OmeU R: Mia Engberg Eines Tages ruft die große Liebe aus längst vergangenen Pariser Studentinnentagen bei der Filmemacherin an und bittet um Erinnerungen an die gemeinsame Zeit. Ein semi-experimentelles, impressionistisches Rauschen der Gedanken und Gefühle beginnt, und es entsteht ein zartes Wirklichkeitsgespinst, dessen Bildund Tonebene nicht immer mitei- nander konform gehen. Alte Super-8Aufnahmen, aktuelles Digitalmaterial und das zwischen Telefongesprächen und Tagebuchaufzeichnungen wechselnde Voice-Over verbinden sich zu einem lyrisch-melancholischen Liebesfilm, der auch einfach nur gut erfunden sein könnte. 25. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz 29. 10., 23.30 h, Urania BLOODY DAUGHTER CH/F 2012, 95 Min, OmeU R: Stéphanie Argerich Die große Pianistin Martha Argerich hat drei Töchter von drei verschiedenen Männern und eigentlich keine Lust, sich oder irgendetwas irgendjemandem zu erklären. Was für ein Glück, dass ihre Jüngste, Stéphanie, von Kindheit an freie Hand hatte und ihr mit der Kamera nachstellen durfte. So sieht man sie in ihrer ganzen Pracht und über die Jahre: hadernd vor einem Auftritt, verschlafen mit der Kaffeetasse im Bett, unterwegs, daheim, im Gespräch, in Gedanken. Vor allem: am Klavier, also zuhause. Sie sei «ein Wesen, das mit der Unsterblichkeit Kontakt hält», sagt Stéphanie über Martha. Eine Hohepriesterin der Musik, überraschend nahbar geworden durch die Augen der Tochter, in die sie blickt. in anwesenheit von Stéphanie argerich. 4. 11., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus 6. 11., 16 h, Metro 27 Dokumentarfilme CARTA A UN PADRE (LETTER TO A FATHER) Argentinien 2013, 65 Min, OmeU R: Edgardo Cozarinsky Zwischen Edgardo Cozarinsky und der Viennale ist in den letzten Jahren eine fruchtbare Verbindung entstanden, sein essayistisches und verspieltes Kino hat hier eine Reihe von Bewunderern gefunden. Und so hat Cozarinsky nun der Viennale die Weltpremiere seines neuen Films anvertraut. CARTA A UN PADRE ist eines seiner persönlichsten Werke, die Spurensuche eines Sohnes auf den abenteuerlichen Fährten seines Vaters, eine Erzählung von Emigration, vom Judentum, neuen Ländern und alten Ängsten, vom Meer, von der Familie, von Erinnerung und Vergessen. Ein zärtlicher, spekulativer, aufmerksamer und wunderbar reicher Brief an einen lange verschwundenen Vater. in anwesenheit von edgardo Cozarinsky. Mit DAD’S STICK 31. 10., 18.30 h, Urania 2. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz COSTA DA MORTE (COAST OF DEATH) E 2013, 84 Min, gal/spanOmeU R: Lois Patiño einer Serie von Plansequenzen Bilder von bizarren Felsformationen, Bäumen im Nebel und ekstatischem Feuerzauber. Es ist das Porträt einer Landschaft, in der Topografie zum archaischen Spektakel wird und Geschichte sich in Mythos verwandelt. 29. 10., 11 h, Urania 30. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus fällig Vorbeikommende getötet haben. Jetzt hat Herzog diese Geschichten fortgeschrieben, gar vertieft, fragend und manchmal in einen Abgrund blickend. 31. 10., 15.30 h, Gartenbaukino (Teil 1 und 2) 1. 11., 21 h, Urania (Teil 1 und 2) 1. 11., 23.30 h, Urania (Teil 3 und 4) 2. 11., 15.30 h, Gartenbaukino (Teil 3 und 4) LE COUSIN JULES LE DERNIER DES INJUSTES F 1973, 91 Min, kein Dialog R: Dominique Benicheti Von 1968 bis 1973 hat Benicheti mit großer Geduld und Sensibilität den Alltag seines Cousins und dessen Frau, eines Schmieds und einer Bäuerin, im ländlichen Burgund aufgezeichnet. Ihre kleinen Gesten, ihre alltäglichen Verrichtungen, das Handwerk, das Feuer, die Tiere. Lange war LE COUSIN JULES, der hier restauriert in seiner ganzen geheimnisvollen Schönheit und wunderbaren Gelassenheit auf die Leinwand zurückkehrt, ein verschollenes Meisterwerk. Heute ist dieser einzig- artige Film wie das Monument einer versunkenen Welt und doch ganz und gar Gegenwart. Atmen, leben. Nur das Kino kann die Toten wiedererwecken. 28. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 30. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus DEATH ROW II Die Costa da Morte im Nordwesten der iberischen Halbinsel galt in der Zeit der Römer aufgrund von zahlreichen Schiffbrüchen als Todeszone und als Ende der Welt. Patiños Film ist keine Dokumentation im herkömmlichen Sinn, sondern der Versuch, den Geheimnissen dieser entlegenen Region mit den Mitteln filmischer Poesie auf die Spur zu kommen. Die Kamera wird aufgestellt wie eine Staffelei und «malt» in 28 USA 2013, 220 Min (Teil 1 und 2, 110 Min / Teil 3 und 4, 110 Min), OF R: Werner Herzog Seit einiger Zeit beschäftigt sich Herzog mit dem Schicksal einer Reihe von Menschen, die in den USA zum Tode verurteilt auf ihre Hinrichtung warten. In den ersten Kapiteln seiner DEATH ROW-Serie gelang es dem Chronisten physischer und psychischer Ausnahmesituationen ohne jeden Voyeurismus, ohne Verurteilung oder menschelndem Beigeschmack die Geschichten jener Insassen zwischen Leben und Tod aufzuzeichnen, sie zu befragen, ihnen zuzuhören. Menschen, die ihre eigenen Kinder ermordet, andere, die zu- (DER LETZTE DER UNGERECHTEN) F/A/I/CZ/PL 2013, 219 Min, OmdU R: Claude Lanzmann Während der Arbeit an SHOAH, seiner legendären Holocaust-Dokumentation, hatte Claude Lanzmann den ehemaligen Wiener Rabbiner und sogenannten «Judenältesten» des KZ Theresienstadt, Benjamin Murmelstein, getroffen und mit ihm ein mehrtägiges Gespräch geführt. Murmelstein, der aufgrund seiner Rolle als Verbindungsmann zwischen den Nazis und KZ-Häftlingen vielen fragwürdig, ja verdächtig erschien, legt in diesem Gespräch auf einer römischen Dachterrasse Zeugnis ab. Zeugnis, Erinnerung und Eingedenken, wie es in dieser radikalen Offenheit, Genauigkeit, Unsentimentalität und Menschlichkeit selten ist. Ein bewegendes Dokument, vielleicht eines der größten und letzten. in anwesenheit von Claude lanzmann. 27. 10., 17 h, Gartenbaukino 28. 10., 11 h, Gartenbaukino DOUBLE PLAY: JAMES BENNING AND RICHARD LINKLATER USA/F/P 2013, 70 Min, OF R: Gabe Klinger Im Grunde sind James Benning und Richard Linklater ziemlich unterschiedlich. Verschiedene Generationen, radikaler ästhetischer Minimalist der eine, poppig verspielt und mit einem Fuß im Hollywoodkino der andere. Was sie verbindet, ist ihr je spezifischer Spirit einer selbstbestimmten, künstlerischen Arbeit, ein unprätentiöser Professionalismus und die Beziehung zu Geschichte und Kultur ihres Landes. Bei gemein- ÉLEVAGE DE POUSSIÈRE (DUST BREADING) samen Unternehmungen deklinieren sie ihre Ideen vom Filmemachen, von Musik, vom Raum und vom Vergehen der Zeit. Ein feiner, aufmerksamer Bericht über die Begegnung zweier Männer in karierten Hemden, die im Kino leben wie andere auf einem Bauernhof. in anwesenheit von Gabe Klinger und James benning. 3.11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 4.11., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus B 2013, 47 Min, eOF R: Sarah Vanagt Die belgische Künstlerin und Filmemacherin setzt sich in ihrer dokumentarischen Arbeit mit dem Krieg, seinen medialen Spiegelungen und seiner juristischen Aufarbeitung beim Tribunal von Den Haag auseinander. Im Zentrum steht das Verfahren gegen den Massenmörder Radovan Karadžić, das im babylonischen Gewirr von stotternden Videobildern und elektronisch verzerrten Stimmen immer abstrakter und ungreifbarer wird. Mit Zeichenstift und Papier arbeitet die Regisseurin dagegen: Sie fertigt Frottagen von Möbelstücken und Bodenunebenheiten im E AGORA? LEMBRA-ME (WHAT NOW? REMIND ME) P 2013, 164 Min, OmeU R: Joaquim Pinto Der Toningenieur und Filmemacher Joaquim Pinto lebt seit mehr als 20 Jahren mit AIDS und Hepatitis C. Dass dieser Umstand mehr als ein Überleben ist, vielmehr ein ganz eigenes, reiches und widersprüchliches Dasein, davon berichtet er in Gerichtsgebäude an und versucht durch die Mechanik des konkreten Handelns ins Herz der Finsternis vorzudringen. in anwesenheit von Sarah Vanagt. Mit PARA ARMAR UN HELICÓPTERO 4. 11., 18.30 h, Urania FIRST COUSIN ONCE REMOVED USA 2011, 78 Min, OF R: Alan Berliner Edwin Honig war ein erfolgreicher Schriftsteller, Übersetzer, Kritiker und Universitätsprofessor. Bis er im Alter anfing, Anzeichen von Verwirrung und Vergessen zu zeigen – der Beginn einer Alzheimer-Erkrankung. Berliner, ein Verwandter Honigs, besuchte den alten Mann in seinen letzten Jahren regelmäßig und dokumentierte auf leichte, doch intensive und anteilnehmende Weise den Verfall und Zerfall eines Körpers und Geistes, das Verlöschen der Erinnerung, den Kampf um die Sprache. Und zugleich den Witz, die Fantasie eines alten Kranken und seiner eigenartigen geistigen Strategien. Wie ein Rapper trommelt Edwin Honig auf seinen Lehnstuhl und aus ihm singt ein seltsames Lied. in anwesenheit von alan berliner. 25. 10., 13.30 h, Urania 26. 10., 21 h, Metro GOOD OL’ FREDA (’TIL MADNESS DO US PART) diesem Film. Ein Jahr seines Lebens, gemeinsam mit seinem Lebensgefährten am Land verbracht, unter starker Medikation, den Körper mit unbekannten Gegengiften aufrechterhaltend, zwischen bukolischer Leichtigkeit und deprimierenden Arztbesuchen. Ein absurdes Dasein, doch voller Schönheit, ein Tagebuch der Verzweiflung und eine große Liebesgeschichte. Ein einmaliger, berührender Film, der dem Tod bei der Arbeit zusieht. Indem er das Leben feiert. in anwesenheit von Joaquim pinto und Joana ferreira (produzentin). 26. 10., 21 h, Urania 27. 10., 10 h, Metro Hongkong/F/Japan 2013, 228 Min, OmeU R: Wang Bing Wang Bings meist mehrstündige Arbeiten sind ungeschönte, geduldige Meditationen über wesentliche Aspekte des modernen China und seiner gesellschaftlichen Institutionen. FENG AI ist einer Art Asyl für straffällig gewordene Verhaltensauffällige gewidmet und beschreibt das tägliche Dasein einer Gruppe von auf engstem Raum eingesperrten Männern, isolierten Individuen, deren einzige Welt sie selbst und die anderen sind – eine Welt in der Welt. Verlassen, vergessen, sind sie zu Geistern geworden, Geistern mit Körpern, Bedürfnissen, Gefühlen und Sehnsüchten. Erinnert und gesehen von Wang Bing, Filmemacher und Zeuge. USA/GB 2013, 86 Min, OF R: Ryan White Die 17-jährige Freda Kelly verguckt sich in den wilden Zeiten des Cavern Club in eine aufstrebende Band, die sich The Beatles nennt. Bald avanciert sie zur Sekretärin des Managers Brian Epstein und zur Leiterin des offiziellen Fanclubs. In einer Mischung aus aktuellen Interviews und Archivmaterial wird die Geschichte von den Mühen der Ebene hinter den Gipfeln des Ruhms erzählt: 3000 Briefe pro Tag, durchgeknallte Fans, die das Büro stürmen, und berittene Polizei, die Freda daran © Courtesy of Freda Kelly FENG AI 31. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus 4. 11., 18.30 h, Metro 29 Dokumentarfilme hindert, ihren Jungs das wöchentliche Gehalt backstage zu übergeben. «Es war ein wilder Ritt, der zehn Jahre lang dauerte», erzählt Freda. «Und dann gab es plötzlich keine Beatles mehr.» 28. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 6. 11., 21 h, Urania THE GREAT FLOOD prOpOSiTiOnS USA 2012, 80 Min, kein Dialog R: Bill Morrison Jahre radikal. In einer Mischung aus gerechtem Zorn und Galgenhumor dokumentiert Filmemacherin Friedrich, die seit den siebziger Jahren in Williamsburg lebt, die um sie her stattfindende Zerstörungsorgie, die komplette Vernichtung eines funktionierenden sozialen Raums aus Profitmaximierungsgründen – so lange, bis sie nicht mehr kann und wie so viele andere vor ihr ihre Heimat ans Kapital verliert. in anwesenheit von Su friedrich. Mit CREME 21 2. 11., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 5. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz HÉLIO OITICICA Die Mississippi-Flut im Jahr 1927 war die größte ÜberschwemmungsKatastrophe in der Geschichte der USA. Avantgardefilmer Morrison montiert fleckiges, ausgebleichtes Archivmaterial zu visuellen Katarakten, die das ganze Ausmaß der Zerstörung erlebbar machen. Gleichzeitig aber manifestiert sich in den langen Kamerafahrten durch unter Wasser stehende Landschaften auch jene paradoxe, erhabene Schönheit, die das Grauen zu entbergen imstande ist. Es gibt keinen Kommentar, keine Erläuterungen. Nur die Musik des Meistergitarristen Bill Frisell, die mal elegisch, dann wiederum burlesk aufschäumend einen Kontrapunkt zu den verwundeten Bildern setzt. Mit YAMA und EMPTY ROOMS 6. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz GUT RENOVATION USA 2012, 81 Min, OF R: Su Friedrich Gentrifizierung aus der Sicht einer Betroffenen. 2005 wurde der Flächennutzungsplan für Williamsburg, Brooklyn, New York, modifiziert. Die daraus resultierende Immobilienspekulation verändert das Gesicht des Viertels im Laufe nur weniger Brasilien 2012, 94 Min, OmeU R: Cesar Oiticica Filho Ein Porträt eines der bedeutendsten brasilianischen Künstler des 20. Jahrhunderts oder vielmehr: eine Sammlung von Zugangswegen zu dessen künstlerischer Praxis und ästhetischer Theorie. Ohne sich um Veror- L’ IMAGE MANQUANTE (THE MISSING PICTURE) tung oder Orientierung zu scheren, montiert Hélio Oiticicas Neffe Filmund Ton-Archivaufnahmen und lässt die Collage immer mal wieder in rauschhaften Bildergewittern kulminieren, die keinen Autor mehr zu kennen scheinen. Dafür aber eine sinnfällige Analogie herstellen zwischen der die Trennung von Malerei, Skulptur und Performance aufhebenden Kunst des Onkels und dem Versuch des Neffen, die Schwelle zwischen dokumentarischer Wissensvermittlung und experimentellem Ausdruck zu nivellieren. 26. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 29. 10., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz I HAVE ALWAYS BEEN A DREAMER USA/VAE 2012, 78 Min, OF R: Sabine Gruffat Detroit und Dubai, zwei Städte, die auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten: die verkommene ehemalige Motor City im US-Bundesstaat Michigan und die aufstrebende Metropole vom Reißbrett in der Wüste des Nahen Ostens. 30 Doch Sabine Gruffats ungewöhnlich komponierte Sinfonie zweier Großstädte, die in langen Kamerafahrten zu einem unruhig pochenden, elektronischen Soundtrack urbane Geografien erkundet und manchmal in Standbildern erstarrt, die wie Ölgemälde wirken, zeigt, dass es Gemeinsamkeiten gibt. Was ein Off-Kommentator über das menschenleere Architekturschaufenster Dubai sagt, gilt auch für jenes Detroit, das seine goldenen Zeiten längst hinter sich hat: «Es gibt kein städtisches Leben, wir sind alle nur Besucher.» Mit ARBOR 6. 11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz Kambodscha/F 2013, 90 Min, OmeU R: Rithy Panh Wie kann man einen visuellen Ausdruck für ein Grauen jenseits von Bild und Sprache finden? Diese Frage prägt seit jeher das dokumentarische Werk des kambodschanischen Filmemachers Rithy Panh, dessen Eltern während der Schreckensherrschaft der Roten Khmer ums Leben kamen. In seiner neuen Arbeit inszeniert er Szenarien des Horrors mit bemalten Tonfiguren und kontrastiert dieses Marionettentheater mit historischem Propaganda- und Wochenschaumaterial. So entsteht Reibungshitze und paradoxerweise ein wundersamer Zauber, der selbst in der Stilisierung des Ungeheuerlichen das Menschliche zu retten vermag. 4. 11., 15.30 h, Gartenbaukino 5. 11., 16 h, Metro IN SARMATIEN D 2013, 122 Min, OmdU/OmeU R: Volker Koepp Volker Koepp ist ein Reisender, ein Menschenbeobachter, ein Chronist und ein Geschichtenerzähler. Ruhig und gelassen, fast altmodisch in einer rasenden Zeit globalisierter Information sucht Koepp vergessene Landstriche und abgelegene Orte auf, die sich durch sein aufmerksames Hinschauen und Zuhören als höchst lebendige und überraschende Welten erweisen. «Sarmatien» – allein der Klang des Wortes vermag Lust auf diesen Film zu wecken. Ein Land zwischen Litauen und Weißrussland, Ukraine und Polen, zwischen der Ostsee im Norden und dem Schwarzen Meer im Süden. «Ein Traumland», hat es ein Dichter genannt, «in dem sämtliche Völker und Religionen ihren Platz finden». in anwesenheit von Volker Koepp. 5. 11., 21 h, Metro (OmdU) 6. 11., 16 h, Urania (OmeU) KATIYABAAZ (POWERLESS) Indien 2013, 82 Min, OmeU R: Fahad Mustafa, Deepti Kakkar Weit jenseits des Reparierbaren stellt sich das Stromversorgungsnetz in der indischen Millionenstadt Kanpur dar: die Mutter aller Kabelsalate durchzieht die Straßen, allerorten funkt’s, raucht’s und brennt’s, alle Nase lang gibt es Kurzschlüsse und keinen Saft mehr. Dann werden die Generatoren angeworfen und man kann kaum atmen. Während die Chefin des E-Werks den Saustall aus Inkompetenz und Korruption vergeblich auszumisten versucht, verlegen Guerilla-Elektriker weiterhin unver- drossen Leitungen. Man kann in den hier dokumentierten Zuständen auch eine Metapher auf die globale Lage sehen. in anwesenheit von fahad Mustafa und Deepti Kakkar. 26. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 27. 10., 24 h, Urania KUTCHI VAHAN PANI WALA dem, was er an intuitiver Erkenntnis anbietet, auch nicht gerecht. in anwesenheit von João Vladimiro. 27. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz 28. 10., 21.30 h, Metro LENNY COOKE USA 2013, 90 Min, OF R: Josh Safdie, Benny Safdie (FROM GULF TO GULF TO GULF) Indien/VAE 2013 83 Min, OmeU R: Shaina Anand, Ashok Sukumaran Vom indischen Gulf of Kutch entlang der pakistanischen Küste nach Dubai und retour. Vom Schiffsbau mit Holz und Hammer zu langen Reisen auf See, eingefangen von den Mobiltelefonen der Seefahrer, Videobotschaften an Daheimgebliebene, voll sehnsuchtsvoller Musik. Wir, die fremden, blinden Passagiere, staunen über bunte Holzschiffe vor silbergrauen Glasbetontürmen und wiederholte Bilder von lichterloh brennenden Booten. Dazwischen Alltag: Funkgespräche, Fischfang, Schachspiele, Fracht-Verladen (Autos, Kartons, Rinder), Tanzschritte im Schiffsbauch. Aus der Sehnsucht der Seefahrer nach Heimat wird unsere nach Aufbruch. 2. 11., 16 h, Urania 5. 11., 11 h, Metro Der Weg zum NBA-Superstardom scheint für Lenny Cooke vorprogrammiert. 2001 wird er an erster Stelle aller High School Player gereiht, vor späteren NBA Größen wie LeBron James. Er ist jung und talentiert, die Taschen voller Geld, die Sterne zum Greifen nah, einen Slamdunk entfernt. Und doch wird nichts davon wahr. Wie konnte das passieren? Und wie lebt man ein Leben weiter, in dem das größte Glück uneinholbar in der Vergangenheit liegt? Wie kommt man damit klar, wenn das Möglichkeitsspektrum schrumpft, während die Körpermitten sich ausdehnen? Wie kommt man in der Gegenwart an, drückt statt Rewind auf Play? Ask Lenny. 6. 11., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus LET THE FIRE BURN USA 2013, 95 Min, OF R: Jason Osder LACRAU P 2012, 99 Min, OmeU R: João Vladimiro Stadt, Land, Fluss. Feuer, Wasser, Erde, Luft. Man könnte Vladimiros experimentellen Mensch-Natur-Kultur-Film LACRAU ein Elementargedicht nennen. An die Stelle von Worten setzt es Bilder und Geräusche. Geräusche, verursacht vom Land und seinen Bewohnern, Musik quer durch Stile und Zeiten, Bilder, auf denen Elementargeister sichtbar zu werden scheinen. Eingefroren und bewegungslos im Schreck des Ertappt- und Erkanntwordenseins. Mit rationalem Interesse kommt man diesem Film nicht bei – und würde Seit den 1970er Jahren gab es in Philadelphia eine Kommune radikaler Schwarzer, MOVE, die die Rückkehr zur Kultur des schwarzafrikanischen Heimatkontinents militant propagierte. Immer wieder kam es dabei zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen mit den Autoritäten. Am Höhepunkt der Konflikte warf die Polizei am 13. Mai 1985 einen Brandsatz auf das Dach des Kommu31 Dokumentarfilme nen-Hauses. Bei dem folgenden Brand starben 5 Kinder und 6 Erwachsene, und ein ganzer Stadtteil ging in Flammen auf. «Let the fire burn», ordnete die Polizei an und der Film gleichen Titels ist die erstmalige, genaue, erschütternde Chronik einer viel zu wenig bekannten amerikanischen Barbarei gegen die eigene Gesellschaft. in anwesenheit von Jason Osder. 5. 11., 23.30 h, Urania 6. 11., 18.30 h, Metro MANAKAMANA prOpOSiTiOnS USA/Nepal 2013, 118 Min, OmeU R: Stephanie Spray, Pacho Velez Zwölf Fahrten in einer Seilbahn in Nepal. Hinauf zum Manakamana Tempel der Hindu-Göttin Bhagwati. Und wieder herunter. Pilger, Touristen und Tiere auf luftigem, schwebendem Weg. Vibrierende Bewegung in zwölf statischen Einstellungen, kein Film von James Benning. MANAKAMANA entstand am Sensory Ethnography Lab der Harvard University und bietet ein Seh-, Hör- und Fühlerlebnis der anderen Art, ist filmische Trance, konzeptuelle Überschreitung und ethnografische Studie gleichermaßen. Minimalistisch, doch komplex und eine der innovativsten sowie einnehmendsten kinematografischen Arbeiten des Jahres. (Siehe auch S. 52: Special Program Sensory Ethnography Lab) in anwesenheit von Stephanie Spray und Véréna paravel. 30. 10., 16 h, Metro 1. 11., 12.30 h, Gartenbaukino MANQANA, ROMELIC KVELAFERS GAAQROBS (THE MACHINE WHICH MAKES EVERYTHING DISAPPEAR) Georgien/D 2012, 97 Min, OmeU R: Tinatin Gurchiani Die Versuchsanordnung ist simpel: Die Regisseurin bittet junge Leute aus Georgien zu einem Casting vor einer blauen, bröckelnden Wand. Was als Standardprozedur beginnt, wird bald zu einem tiefen Blick in die 32 MILLE SOLEILS prOpOSiTiOnS (A THOUSAND SUNS) Seele der angehenden Darsteller. Sie enthüllen ihre Träume und Traumata, erzählen vom Scheitern und von ihren Sehnsüchten und gestatten der Kamera, sie in ihrem Alltag zu begleiten. So entfaltet sich das Panorama einer «lost generation» in einem Land hinter den sieben Bergen, gezeichnet von Krieg, Armut und Perspektivlosigkeit. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Selbst wenn sie nur in der Erinnerung an den Kirschbaum aus der Kindheit besteht. in anwesenheit von Tinatin Gurchiani. 27. 10., 18.30 h, Metro 28. 10., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz MARA MATTUSCHKA_DIFFERENT FACES OF AN ANTIDIVA A 2013, 90 Min, OmeU R: Elisabeth Maria Klocker F/Senegal 2013, 45 Min, OmeU R: Mati Diop Mati Diop ist die Nichte des verstorbenen Regisseurs Djibril Diop Mambéty, der 1973 mit TOUKI BOUKI ein Meisterwerk des jungen senegalesischen Kinos schuf. Eine formal herausfordernde BONNIE AND CLYDE-Geschichte zwischen Roadmovie, Initiationsritus und bitterer Satire. Die junge Filmemacherin folgt im rauen Verité-Stil den Spuren des damaligen Hauptdarstellers Magaye Niang von den Bars und Discos des nächtlichen Dakar bis nach Alaska, wo er seine ehemalige Partnerin sucht. Eine wehmütige Meditation über den magischen Augenblick, der verstreicht und ein ganzes Leben hinterlässt, das mit Sinn gefüllt werden will. in anwesenheit von Mati Diop. Mit PRESENCE 1. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 2. 11., 18.30 h, Metro NORTHERN LIGHT Mara Mattuschka ist eine Art Naturgewalt, wunderbar in ihrer Ausdrucksweise, ihrem Erfindungsreichtum, ihrem Witz, ihrer Inkonsequenz. Sie ist Malerin, Schauspielerin, Filmemacherin, Performancekünstlerin, Professorin, Sängerin – und vor allem: Mara Mattuschka. Längst international vielfach ausgezeichnet und renommiert, sind ihre Neugier, ihr Pioniergeist, ihre großartige Mischung aus Abgebrühtheit und Naivität dennoch gänzlich ungebrochen. So wird auch diese feine, reiche und intelligente Dokumentation über Mattuschka, bevor man es bemerkt hat, zu einem Kunstwerk von Mattuschka: widersprüchlich, wild und abgründig unterhaltsam. in anwesenheit von elisabeth Maria Klocker und Mara Mattuschka. Mit LIVEPAN 4. 11., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz 5. 11., 18.30 h, Urania USA 2013, 105 Min, OF R: Nick Bentgen Alltag im Milieu der Arbeiterklasse im nördlichen Michigan, wo die Winter lang und hart sind und die Jobs knapp. Die Frauen verbringen ihre Zeit als Mütter, Angestellte im Supermarkt oder Bodybuilderinnen, die Männer schrauben an ihren Autos oder Schneemobilen herum und richten ihr ganzes Leben auf das International 500-Rennen der Motorschlitten aus – dem Höhepunkt des Jahres. Regisseur Bentgen inszeniert die triste Diskrepanz zwischen der unendlichen Weite der Natur und der Enge der Lebensentwürfe mit Gespür für visuelle Dramatik, unterlegt von elegischen Streicherklängen. «Racing is life», kann man einmal an einer Wand lesen. «All else is worthless.» in anwesenheit von nick bentgen. 29. 10., 16 h, Urania 30. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz Falters Feine Filme +++ Gemeinsam mit dem FALTER veröffentlicht die Viennale zum zweiten Mal eine DVD Edition. Diese Filme sollen den Geist der Viennale repräsentieren. +++ l. Grifi & M. Sarchielli ANNA Denis Côté CURLING V. Paravel & J. P. Sniadecki FOREIGN PARTS Der Porträtfilm über eine schwangere, drogenabhängige Jugendliche verzichtete auf ein Drehbuch, um stattdessen im Cinéma vérité-Stil völlig deren Leben einzutauchen. Daraus entstand ein Spiel wechselseitiger Verführungen, Abhängigkeiten und Ausbeutungen. Abgeschieden bei ihrem Vater lebend, macht die 12-jährige Julyvonne eines Tages eine zutiefst verstörende Entdeckung, mit der sie verschlossen weiterlebt. Gibt es einen Zusammenhang mit dem eigenartigen Leben des Vaters? Ein surrealer, an Buñuel erinnernder Film. Der Film dokumentiert den schwierigen Alltag am Rande von Queens. Wo Menschen unter den schlechtesten Bedingungen leben und arbeiten, aber trotzdem versuchen, der drohenden Sanierung des Viertels zu entgehen. Doch der Boden gehört Spekulanten und Immobilienentwicklern. 225 min, UMdU, € 14,90 92 min, OmEngU, € 14,90 80 min, Engl./Span./Hebr., € 14,90 6 DVD BOX Nadav Lapid HASHOTER Kleber Mendonça Filho O SOM AO REDOR Nadav Lapid erzählt eine doppelte Geschichte. Die von Yaron, Mitglied einer Antiterrorgruppe und die einer Gruppe von linken Terroristen, deren zentrale Figur die Bürgertochter Shira ist. In einem unermüdlichen Showdown prallen schließlich die beiden Gruppierungen aufeinander. Hinter der Fassade der Bürgerlichkeit einer mittelständischen Straße in der Provinz lauern Kleinkriminalität und finstere Machenschaften. Filho inszeniert in seinem Debüt mit fast Altman’scher Figurenvielfalt einen Reigen aus Lebenslügen, Klassendünkel und soziopathischen Neigungen. 112 min, OmEngU, € 14,90 124 min, OmEngU, € 14,90 VIENNALE DVD BOX 2013 Die streng limitierte Viennale DVD Box beinhaltet neben den 5 Filmen eine exklusive Bonus DVD “And We Made the Room Shine” mit acht Shows von Musikern des kanadischen Independend Labels Constellation Records. + ein Viennale-Schlüsselband + ein aktueller Festivalpin 678 min, statt € 74,50 um nur € 59,90 Die Viennale DVD Edition ist erhältlich unter www.viennale.at . faltershop.at und im gut sortierten Buchhandel. Dokumentarfilme EL OJO DEL TIBURÓN (THE SHARK’S EYE) E/Argentinien/Costa Rica 2012 93 Min, OmeU R: Alejo Hoijman Ein Sommer in Grün: Maicol und Bryan, zwei Teenager, die in einem entlegenen Dorf an der karibischen Küste Nicaraguas leben, geben sich ein letztes Mal zu Wasser und im Urwald, der das Land zu überwuchern droht, den Spielen der Jugend hin. Dann wird der Ernst des Lebens beginnen. Und das heißt an diesem verlorenen Ort ohne Perspektive entweder Haifischfang oder Drogenschmuggel. Hoijman dokumentiert eine verwunschene Welt mit einer geradezu obszön prangenden Vegetation, in der ganze Sinfonien von Geräuschen aufgeführt werden. Jeden Augenblick könnte Colonel Kurtz hinter einem tropischen Gewächs hervortreten: the horror. in anwesenheit von alejo hoijman. 25. 10., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz 5. 11., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus OUR NIXON USA 2013, 85 Min, OF R: Penny Lane PAYS BARBARE (BARBARIC LAND) F 2013, 65 Min, OmeU R: Yervant Gianikian, Angela Ricci Lucchi Seit nahezu 50 Jahren arbeitet das Künstlerpaar Gianikian und Ricci Lucchi an einer ganz eigenständigen und faszinierenden filmischen Geschichtsschreibung. Ausgehend von offiziellem sowie anonymem Material, Archivaufnahmen und found footage kreieren sie eine neue, gespenstische Welt der Erinnerung. In PAYS BARBARE gilt ihre Aufmerksamkeit dem imperialistischen MussoliniFaschismus und seinen Eroberungsund Unterwerfungsfeldzügen durchs afrikanische Äthiopien, gedemütigte Kolonie eines italienischen Traums vom großen Imperium. Wie Revenants und Vampire geistern die Soldaten durch eine eingefrorene und verfluchte filmische Welt, allen voran das Phantom Mussolinis. in anwesenheit von Yervant Gianikian und angela ricci lucchi. Mit RITOURNELLE 29. 10., 21 h, Metro 31. 10., 13.30 h, Metro RICARDO BÄR Die Homemovies dreier dienstfertiger Mitarbeiter Richard Nixons, die während dessen erster Amtszeit (1969–1973) dokumentieren, was das aufregende Politiker-Leben so hergibt: von der marmornen Kloschüssel in Paris bis zum historischen Besuch in China, von Nixons Telefonat mit den Männern auf dem Mond bis zum Eichhörnchen, das im Garten des Weißen Hauses eine Nuss vergräbt. Lebendig werden die stummen Bilder in der Montage mit Tonband- und TV-Aufnahmen sowie Interviews rund um den später alle Beteiligten diskreditierenden Watergate-Skandal. Alltag und Weltgeschichte, Politik und Privates sind verknüpft in einem Gewebe, das jenseits dieser Kategorien Wirkungsmacht fordert. 25. 10., 11 h, Urania 26. 10., 16 h, Urania 34 Argentinien 2013, 96 Min, OmeU R: Gerardo Naumann, Nele Wohlatz Film zeigt den Alltag in einer seltsamen, fremden Welt und ist gleichzeitig auch ein kritischer Essay darüber, wie die dokumentarische Lust am Anderen zum aggressiven Eindringen in einen hermetisch versiegelten Lebensraum wird. In Anwesenheit von Gerardo Naumann und Nele Wohlatz. 4. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 5. 11., 16 h, Urania ROLAND KLICK – THE HEART IS A HUNGRY HUNTER D 2013, 80 Min, OmeU R: Sandra Prechtel Die wenigen Filme, die Roland Klick gedreht hat, hat er mit großer Leidenschaft gedreht, großer Erfolg jedoch war ihnen nicht beschieden. Zu zielsicher landeten sie zwischen Kunst und Kommerz. Wenn Klick in Prechtels Porträt redend in Fahrt gerät, führt er raumgreifende Gesten aus. Dann lacht er sein lautes, wildes Lachen. Ein bemerkenswert aufrichtiger, gänzlich unverstellter Mensch, der ohne Angst von seiner Seele spricht und davon, dass er immer «die Melodie der Person» im Schauspieler habe erfassen wollen, um diese dann in die Figur zu übertragen. Man wünscht, er würde mal wieder einen Film drehen. in anwesenheit von Sandra prechtel und roland Klick. 3. 11., 18.30 h, Urania 5. 11., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz ROSSO CENERE (RED ASHES) Der deutschstämmige Ricardo Bär lebt im Nordosten Argentiniens in einer entlegenen baptistischen Gemeinde, wo man Portunal – eine Mischung aus Spanisch und Portugiesisch – spricht und das Leben sich zwischen Laptop und Landarbeit abspielt. Eigentlich soll der junge Mann die Farm seines Vaters übernehmen, doch sein Lebensziel ist es, Pastor zu werden. Eine Ambition, der er sich mit Hingabe widmet. Der F/I 2013, 60 Min, OmeU R: Augusto Contento, Adriano Aprà Um kaum einen Film der italienischen Nachkriegsgeschichte ranken sich so viele Mythen und Spekulationen wie um Rossellinis STROMBOLI. 1950 hatte der Regisseur – zum größten Teil auf den Abhängen des Vulkans der titelgebenden, unwirtlichen Insel – mit seiner Gefährtin Ingrid Bergman, einem der großen Hollywoodstars jener Jahre, ein halb dokumentarisches, verwegenes SALMA Meisterwerk des Kinos realisiert. Auf den Spuren jener Ereignisse und Zeiten – mit Zeugen und großartigem Archivmaterial sowie bisher unveröffentlichten Homemovies Bergmans – rekonstruiert ROSSO CENERE jenen geheimnisvollen Sommer der Entstehung eines Films, wie es keinen vergleichbaren gab. in anwesenheit von adriano aprà. Mit LA VOCE DI BERLINGUER 4. 11., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 6. 11., 11 h, Metro SACRO GRA I/F 2013, 83 Min, OmeU R: Gianfranco Rosi Mit SACRO GRA gewann zum ersten Mal ein Dokumentarfilm den «Goldenen Löwen», den Hauptpreis des Festivals von Venedig. GRA steht für «Autostrada del Grande Raccordo Anulare» und bezeichnet den großen Autobahnring rund um Rom, für Rosi zugleich der Verteiler von tausenden Geschichten und Figuren. Angesiedelt an dieser Peripherie – vom Aal-Fischer am Tiber über die Prostituierten, vom Botanisten über den Rettungsfahrer bis zum grotesken, neureichen Prinzen – a world of its own. Eine Reise ans Ende der Welt, die keinen Zielpunkt hat, sondern immer nur zur nächsten Autobahnraststation führt. in anwesenheit von Gianfranco rosi. 5. 11., 15.30 h, Gartenbaukino 6. 11., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus GB/Indien 2013, 90 Min, OmeU R: Kim Longinotto Als die Tamilin Salma in die Pubertät kommt, wird sie von ihren Eltern im Haus eingeschlossen. Als sie neun Jahre später endlich ihrer Verheiratung zustimmt, wird sie weitergereicht in die Familie ihres Mannes. In den Jahren des Eingesperrtseins hat Salma ihr dichterisches Talent entdeckt; sie schafft es, veröffentlicht zu werden; sie wird schließlich sogar Parteiabgeordnete ihres Dorfes. Die Geschichte von Salmas erbittertem Widerstand gegen die Unterdrückung ihrer Stimme und die ihres Geschlechts wird in Gesprächen nachvollzogen, die Salma mit Angehörigen führt und die Longinotto mitfilmt. Es ist keine reine Erfolgsgeschichte. Die Traurigkeit in Salmas Augen legt davon Zeugnis ab. 26. 10., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 27. 10., 21 h, Metro vor kurzem verstorbenen Sohn Dimitri, Klischees nicht scheuend, dann wieder Bilder und Töne von großer Eigenart und Verzauberung erfindend. Ein kleiner Meteorit. in anwesenheit von harald bergmann und ludivine van Gaver (Schnitt). 29. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus (OmdU) 30. 10., 13 h, Urania (OmeU) SICKFUCKPEOPLE A/Ukraine 2012, 75 Min, OmdU/OmeU R: Juri Rechinsky Der Film dokumentiert das lowlife einer Gruppe drogensüchtiger Straßenkinder, die sich in einem vermüllten Keller in Odessa im Elend eingerichtet haben. Gelegentlich kriechen sie wie Beckett-Figuren durch ein Loch heraus, um an einem Alltagsleben teilzuhaben, das nichts von ihnen wissen will. Der zweite Teil des Films setzt einige Jahre später ein: Die Kids sind nun erwachsen und wollen sich wenigstens ein kleines Stück bürgerlicher Normalität erkämpfen. Doch wohin sie auch DER SCHMETTERLINGSJÄGER – 37 KARTEIKARTEN ZU NABOKOV D 2012, 135 Min, OmdU/OmeU R: Harald Bergmann Es gibt in der Geschichte des Kinos eine Vielzahl von Begegnungen von Film und Literatur und DER SCHMETTERLINGSJÄGER fügt diesem Kanon ein eigenwilliges und manchmal vertracktes Beispiel hinzu. Ausgangsmaterial sind im Wesentlichen Nabokovs «Ada oder das Verlangen» und «Erinnerung, sprich». Teils in freier Reflexion, teils genau nachzeichnend, niemals jedoch illustrierend, bewegt sich Bergmann wie ein Schlafwandler mit offenen Augen durch Nabokovs Welt, im Zusammenspiel mit Nabokovs gehen: Sie treffen nur auf Hass, Ablehnung und unverhohlenen Sadismus. Selten hat der Spruch «Du hast keine Chance, aber nutze sie!» eine so sinistre Resonanz gehabt wie hier. in anwesenheit von Juri rechinsky und Mitgliedern des Teams. 27. 10., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz (OmeU) 28. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus (OmdU) SING ME THE SONGS THAT SAY I LOVE YOU USA/Kanada 2012, 108 Min, OF R: Lian Lunson Die Sängerin und Songschreiberin Kate McGarrigle, die mit ihrer Schwester Anna ein legendäres FolkDuo formte, starb im Jahr 2010 an Krebs. Ihre berühmten Kinder Rufus und Martha Wainwright betrauerten den Verlust mit einem großen Konzert in New York, an dem Stars wie Emmylou Harris, Antony und Norah Jones teilnahmen. Der Film ist ein 35 Dokumentarfilme STO LYKO prOpOSiTiOnS (TO THE WOLF) akustisches Epitaph, dokumentiert von einer ruhigen Kamera und überblendet und gegengeschnitten mit Familienfilmen, Archivmaterial und Interviews. Vor allem aber ein Fest der großen Stimmen, die noch die subtilsten Facetten in den elegischen Songs von Kate McGarrigle zum Blühen bringen. 29. 10., 24 h, Stadtkino im Künstlerhaus 1. 11., 15.30 h, Gartenbaukino STEMPLE PASS USA 2012, 121 Min, OF R: James Benning GR/GB 2013, 74 Min, OmeU R: Christina Koutsospyrou, Aran Hughes Irgendwo in den Bergen im Westen Griechenlands führen kleine Hirtenund Bauernfamilien ihr von der Wirtschaftskrise vom Kümmerlichen ins Elende getriebenes Dasein. Das letzte Geld geht für Alkohol und Zigaretten drauf, die Perspektive wird davon auch nicht rosiger. Das Langfilmdebüt der beiden jungen FilmemacherInnen Koutsospyrou und Hughes spielt kunstvoll mit den Konventionen des Dokumentarischen, um aus der scheinbar ausbeuterischen Aufzeichnung randständiger Depravation die negative Utopie eines allgemeinen gesellschaftlichen Zerfalls und sittlicher Verrohung unter dem Vorzeichen der Armut zu erarbeiten. in anwesenheit von Christina Koutsospyrou und aran hughes. 4. 11., 13.30 h, Urania 6. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus TERRA DE NINGUÉM (NO MAN’S LAND) 1996 wurde der seit Jahren als Einsiedler in den Wäldern von Montana lebende, ehemalige Mathematiker Ted Kaczynski als der legendäre Unabomber verhaftet. In seiner Hütte fanden sich umfassende Aufzeichnungen, von denen einige auf Umwegen in die Hände Bennings gerieten. In STEMPLE PASS wird aus dem Off aus diesen teils kruden Notizen über das Leben in der Natur, die zerstörerische Gesellschaft und die Notwendigkeit einer gewaltsamen Veränderung gelesen, und zu sehen ist, in vier langen, den vier Jahreszeiten folgenden Einstellungen eine abgelegene Landschaft, bewaldete Hügel und am Rande eine kleine, allein stehende Hütte. Ein höchst radikales und hypnotisches Americana. in anwesenheit von James benning. 3. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz 5. 11., 11 h, Urania 36 P 2012, 72 Min, OmeU R: Salomé Lamas In einem ruinösen Gebäude erzählt ein verwitterter Alter wilde Geschichten aus seinem verwegenen Söldnerleben. Er gehörte zu einem portugiesischen Elitekommando während des Kolonialkrieges in Mosambik und später in Angola, er arbeitete als Auftragsmörder für die CIA in El Salvador sowie die paramilitärischen spanischen GAL, deren Ziel die terroristische Bekämpfung der ETA war. Er wurde zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt, von denen er 15 absaß. Jetzt lebt er als Obdachloser gemeinsam mit einem afrikanischen Flüchtling unter einer Brücke und säuft. Und mit einem Mal ist er verschwunden. Möglicherweise ist dem Alten nicht zu trauen und das alles bloß erfunden. in anwesenheit von Salomé lamas. 31. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 1. 11., 18.30 h, Urania THIS AIN’T NO MOUSE MUSIC! USA 2013, 92 Min, OmeU R: Chris Simon, Maureen Gosling Chris Strachwitz, aus deutschem Adel stammend, wandert mit 16 in die USA aus und wird zu einem der bedeutendsten Archäologen, Sammler und Rekorder lokaler Musikformen. Seit 1960 veröffentlicht sein legendäres Label «Arhoolie Records» einen beispiellosen Katalog an authentischen Aufnahmen vergessener und unbekannter Blues-Musik ebenso wie Cajun, Hillbilly, Tex Mex und New Orleans R & B. Aufgenommen in Gefängnissen, Puffs, Kirchen, auf Autobahnraststätten und Plantagen bildet diese Musik einen ureigenen, faszinierenden Corpus amerikanischer Kultur und darüber hinaus, wie Ry Cooder bemerkt hat, «the DNA of Rock ’n’ Roll». A film not to be missed by anybody. in anwesenheit von Chris Simon und Maureen Gosling. 31. 10., 16 h, Urania 1. 11., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus THOSE WHO GO THOSE WHO STAY A 2013, 75 Min, OmeU R: Ruth Beckermann Beckermann nimmt eine Reihe von Motiven ihrer bisherigen Arbeiten auf, fügt neue hinzu, verwebt ihr privates und politisches Interesse mit einer allgemeineren Bewegung: Der der Migration, der Wanderung, der Veränderung, der Fremde. Das Unterwegssein als ewiges und zugleich hochaktuelles Moment unserer Welt, erzwungen, freiwillig, zufällig, nicht enden wollend, hoffend, gewalttätig. Nigerianische Asylwerber in Sizilien, gealterte Emigranten in Paris, die jungen Frauen von Alexandria, der arabische Musiker im jüdischen, gelobten Land, ein zerrissenes, verknotetes, sich auflösendes und wieder neu verdichtetes Gewebe. Der Stoff, aus dem Welt und Geschichte gemacht sind. in anwesenheit von ruth beckermann. 25. 10., 18 h, Gartenbaukino 27. 10., 13.30 h, Urania THREE LANDSCAPES prOpOSiTiOnS USA/Äthiopien 2013, 47 Min, stumm R: Peter Hutton Sechs Jahre nach seinem beispiellosen Filmpoem AT SEA feiert Hutton eine triumphale Rückkehr und reiht sich endgültig unter die großen Meister des avantgardistischen, experimentellen Kinos. Die titelgebenden drei Landschaften sind drei unterschiedliche Orte menschlicher Arbeit: Detroit, das Hudson River Valley, eine Wüstengegend im nördlichen Äthiopien. In nahezu schwereloser Abstraktion die Fabriksarbeit, dann die agrarische Farm und schließlich die aufs Allerwesentlichste reduzierte Weise menschlicher Existenz. All dies von einer geheimnisvollen Unmittelbarkeit, zwischen reinem Dokument und einem Taumel von Raum und Zeit. Das Kino als Erschaffung der Welt. Mit LISTENING TO THE SPACE IN MY ROOM 25. 10., 16 h, Metro 28. 10., 11 h, Metro UN VOYAGEUR (AIN’T MISBEHAVIN) F 2013, 106 Min, OmeU R: Marcel Ophüls zum Bild einer Epoche und eines Lebens, das, wie der alte Mann glaubhaft macht, noch lange nicht zu Ende ist. Dazu ist er viel zu lebendig, ungeduldig und voller Neugier. 30. 10., 16 h, Urania 5. 11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz WEEKEND OF A CHAMPION F/GB 1972/2012, 93 Min, OmdU R: Frank Simon Will man den ganzen Abgrund an Mittelmäßigkeit ermessen, den die heutige Formel 1 darstellt, muss man den lange Jahre vergessenen Film WEEKEND OF A CHAMPION sehen. Zwischen der Coolness, Souveränität und dem Professionalismus des Helden dieses Films, Jackie Stewart, und dem kleinen, ehrgeizigen Buben aus Heppenheim liegt eine Welt, ein Jahrtausend. Ein Weekend mit Tests, Training und Rennen 1971 in Monte Carlo, begleitet von den Filmemachern Frank Simon und Roman Polanski. Pop pur in den Haarnadelkurven und man weiß nicht, wer schöner war, Grace Kelly von Monaco oder swinging Helen Stewart. Ein Filmerlebnis nicht nur für Formel 1 Fans. in anwesenheit von Sir Jackie Stewart, lady helen Stewart und Mark Stewart (exec. producer). 28. 10., 20.30 h, Gartenbaukino 29. 10., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus WO GUXIANG DE SIZHONG SIWANG FANGSHI (FOUR WAYS TO DIE IN MY HOMETOWN) Im Alter von 85 Jahren erstellt Marcel Ophüls mit UN VOYAGEUR eine Art kinematografische Autobiografie, einen manchmal humorvollen, dann wieder ein wenig disparaten, mal unnachgiebigen, dann wieder sentimentalen Rückblick auf sein reiches, abenteuerliches Leben. Immer aber ist Ophüls aufrichtig mit sich und seinen Freunden, mit seinen Gegnern und seiner Familie. Ein Mosaik an Filmausschnitten, Zitaten, Dokumenten und Stimmen fügt der bedeutende Chronist hier zusammen China 2012, 92 Min, OmeU R: Chai Chunya Die Migration der chinesischen Wanderarbeiter vom Land in die Städte – jedes Jahr sind etwa 15 Millionen Menschen unterwegs – hat die Auflösung gewachsener, familiärer und dörflicher Strukturen zur Folge. Chai Chunya nähert sich dem Thema in seinem Debüt auf experimentelle Weise; am Beispiel einer jungen Frau, die Nachhause zurückkehrt, um ihren sterbenden Vater noch einmal zu sehen. Erde, Wasser, Feuer und Wind strukturieren als erzählerische Motive diesen philosophischen Essayfilm über den Begriff Heimat und die Frage, was mit ihr passiert, wenn sie verlassen wird. Wohin kehrt man zurück – wenn man zurückkehrt? 30. 10., 18.30 h, Urania prOpOSiTiOnS DIE ZEIT VERGEHT WIE EIN BRÜLLENDER LÖWE (TIME GOES BY LIKE A ROARING LION) D 2013, 80 Min, OmeU R: Philipp Hartmann Die Zeit als Gegenstand eines Films ist ein unmögliches Unterfangen. Aber Hartmanns ebenso schlaue wie witzige, analytische wie spekulative Herangehensweise erfindet Wege und Bilder, Argumente und Anmutungen, die von der Zeit erzählen. So erzählen, als wäre sie ein seltsames Tier, ein Lufthauch, ein Raum, ein Gedicht. DIE ZEIT VERGEHT WIE EIN BRÜLLENDER LÖWE – eine Behauptung, die von der Großmutter des Filmemachers stammt – ist ein höchst vergnüglicher, lehrreicher, fantastischer und am Ende doch möglicher Essay über das Unmögliche. Ein Edelstein unter den diesjährigen Viennale-Filmen. in anwesenheit von philipp hartmann. Mit HEIM und BAUMEISTER 31. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus 2. 11., 11 h, Metro 37 Kurzfilme AMERICA F/USA 2013, 7 Min, OF R: Valérie Massadian Eine Reise von der Vergangenheit in die Gegenwart, in die Zukunft, ins Imaginäre. Wie von Geisterhand bewegt, streift die Kamera durch einen Wald, in dem jeder Farn und jede moosbewachsene Wurzel mit magischer Energie pulsiert. Zur Geisterhand gesellt sich eine Geisterstimme. Sie ruft den Great Spirit an, klagt vom Wandern auf falschen Pfaden ins Ungewisse, wünscht sich statt der dumpf-traurigen Schwere ein tanzendes Herz zurück. So unheimlich wie real, hier scheint alles möglich: Hoh Forest, 47°N 123°W. Mit PRIMER 26. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 6. 11., 11 h, Urania ARBOR USA 2012, 7 Min, kein Dialog R: Janie Geiser Ein Nekrolog ohne Worte: Begleitet von Zwitschern und Zirpen, einer melancholischen Sopranstimme und Kirchenglocken, führt Geiser gefundene SW-Fotografien mit allerlei Texturen, Ornamenten, überlappenden Folien, mit Überblendungen, Animationen und Lochblenden in einen metaphysischen Gesamtbewegungszusammenhang, der um das Vergehen menschlichen Lebens kreist. So entsteht aus disparaten Elementen eine organische Geschichte, die man auch als Reise in ein fantasievolles Geisterreich begreifen kann. Mit I HAVE ALWAYS BEEN A DREAMER 6. 11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 38 AUDITION USA 2013, 5 Min, OF R: Bob Byington Die Situation des Vorsprechens ad absurdum führen, indem man einen schwarzweißen Film über das Vorsprechen inszeniert, in dem mindestens ein Schauspieler einen von vier Kandidaten für ein Vorsprechen spielt. Blicken Sie durch? Macht nichts, denn darum geht es hier nicht. Auf der selbstreferenziellen Ebene, auf welcher hier von allen Beteiligten – freilich nur scheinbar – improvisiert wird, gerät ohnehin alles durcheinander: Wenn der «Schauspieler» unter den Kandidaten am Ende aufgibt, weiß man nicht, ob hier ein Autor, ein Akteur, ein entmutigter Mensch oder alle in einem vorgesprochen haben. in anwesenheit von bob byington. Mit LA ÚLTIMA PELÍCULA 28. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus 29. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz CHA FANG (THE QUESTIONING) China 2013, 21 Min, OmeU R: Zhu Rikun Rikun, gerade in der chinesischen Stadt Xinyu angekommen, bekommt in seinem Quartier Besuch von der lokalen Polizei. Die folgende «Inspektion» läuft auf ein absurdes Machtspiel hinaus, das seine Pikanterie einer vom Filmemacher versteckten Kamera verdankt, die das Geschehen aufzeichnet. Rikun zeigt – im Bewusstsein seines Publikums – zivilen Ungehorsam gegenüber den Beamten; sein Video verwischt die Grenzen von Dokumentarismus und Aktivismus, dekonstruiert die Logik einer behördlichen Befragung und zwingt den Zuschauer geradezu, eine eigene Haltung einzunehmen. Erhellend sind die am Schluss eingeblendeten Hintergrund-Fakten. Mit EIN GESPENST GEHT UM IN EUROPA 28. 10., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz 29. 10., 11 h, Metro CREME 21 A 2013, 10 Min, kein Dialog R: Eve Heller Eine kurze Geschichte der Zeit. Ein Found-footage-Sammelsurium, das an der eigenen Perzeptionskraft zweifeln lässt. Stark techniklastige Bilder und Grafiken verflüchtigen, verlangsamen und wiederholen sich, hüpfen und tanzen vor unseren Augen, begleitet von einem ebenso fragmentarisierten «Audiokommentar». Und all das zu einem Zweck: uns einen Begriff der subjektiven Wahrnehmung von Zeit zu geben. Dem kosmischen Bilderrauschen wird auf der Tonspur ein nüchternes Ende gesetzt: «But finally we find it impossible to answer that most compelling question.» Was war noch mal die Frage? in anwesenheit von eve heller. Mit GUT RENOVATION 2. 11., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 5. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz DAD’S STICK GB 2012, 5 Min, OF R: John Smith Der Vater des Filmemachers war Maler, hatte einen Fulltime-Job als Buchhalter und besaß gleich mehrere der titelgebenden Stöcke für verschiedene Zwecke. «The working class can kiss my ass», summt er auf der Tonspur dieses verblüffenden, farbenfrohen Miniaturporträts. Kann man ein Leben trocken, humorvoll und mutmaßlich treffend in fünf Minuten zusammenfassen? John Smith versucht den Beweis anzutreten. Schon allein ob der zwei Schlusspointen sollten Sie sich davon überzeugen, ob es ihm gelungen ist. Mit CARTA A UN PADRE 31. 10., 18.30 h, Urania 2. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz WINDOWS BY NIGHT HAB’ SO LANG AUF DICH GEWARTET A 2012, 4 Min, kein Dialog R: Claudia Siefen Ein kurzer Film über die Schürze, genauer: über die Rolle der Schürze längs der Film– und Fernsehgeschichte. Während auf der Tonspur schwer definierbare, aber irgendwie an «männliche» Werktätigkeit gemahnende Geräusche zu hören sind, werden wiederholt Hände an der Schürze abgewischt, Tränen mit ihr getrocknet, wird sie sorgenvoll über den Stuhl gelegt oder freudig heruntergerissen. Und dem einzigen Mann, der eine trägt, nimmt James Dean sie weg und schmeißt sie auf den Boden. Found footage als Material für ein verspielt-ironisches feministisches Mini-Manifest. in anwesenheit von Claudia Siefen. Mit IT FELT LIKE LOVE 29. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 5. 11., 14 h, Urania JERRY & ME USA 2012, 38 Min, OmeU R: Mehrnaz Saeedvafa LAND OF NOD USA 2013, 21 Min, OF R: Coleen Fitzgibbon Halbwelt-Ereignisse einer gewöhnlichen Großstadt-Straßenszene. Zusammen mit Down-Tempo-AmbientMusik erzeugen die teils zu verschwimmenden Farb- und Schwarzweißflächen verpixelten Bilder der verlangsamten Studie geradezu Thriller-Atmosphäre. Doch mit dem Einsatz melancholisch jazzigen Saxophons ab der Mitte des Films stellt sich eher Lazy-Day-Mood ein, bevor beschwingter Sound und Originaltöne von der Straße das Experiment ausklingen lassen. Einmal mehr erweist sich Fitzgibbon, der voriges Jahr ein Special Program gewidmet war, als Meisterin suggestiver Bildtransformation. Mit AND WE MADE THE ROOM SHINE 29. 10., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 30. 10., 11 h, Metro LISTENING TO THE SPACE IN MY ROOM «For me, Jerry Lewis was America», erzählt die im Iran geborene, spätere Filmemacherin und Columbia-Filmprofessorin Saeedvafa aus dem Off. In ihrem berührenden Dokumentarfilm schneidet sie den westlichen gegen den persisch synchronisierten Jerry, ihre eigene Kindheit als ernstes Mädchen gegen das Sinnbild des ewigen Kindes auf der Leinwand, ihren Traum von Amerika gegen ihre Realität Amerikas. Ein kluges, wunderbares Beispiel für die Wechselwirkung von erlebtem Kino und persönlicher Identität – und nebenbei ein Lehrfilm über die Gesellschaftsgeschichte des Iran, wie man ihn unterhaltsamer nicht gestalten könnte. in anwesenheit von Mehrnaz Saeedvafa. in Verbindung mit der präsentation ihres filmes hält Mehrnaz Saeedvafa eine lecture zu Jerry lewis. 26. 10., 18.30 h, Metro 27. 10., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus CH/D/USA 2013, 19 Min, OF R: Robert Beavers «Dem Raum in meinem Zimmer lauschen.» Wie geht das? Zunächst einmal macht ja ein Zimmer keine Geräusche, ist der Raum wie das All stumm. Erinnerung aber lebt auch in Räumen, haftet an Gegenständen, verknüpft sich mit dem konkreten Ding oder einer bestimmten Atmosphäre, einer Lichtstimmung oder Klängen. Der renommierte Experimentalfilmemacher Beavers erkundet in seinem neuen Werk einen Raum, den er einst bewohnte. Er folgt den Spuren, die die menschlichen Bemühungen um Sinnhaftigkeit und Authentizität der (eigenen) Existenz hinterlassen haben. Eine enigmatische Bild-Ton-Collage, die ein kostbar wehmütiges Gefühl vermittelt. Mit THREE LANDSCAPES 25. 10., 16 h, Metro 28. 10., 11 h, Metro LIVEPAN A 2013, 2 Min, stumm R: Sasha Pirker Livepan, das klingt wie das Gegenteil von Deadpan. Livepan-Humor wäre demgemäß das Gegenteil von Deadpan-Humor. Und tatsächlich: Pirkers stummer Zweiminüter, eine Abwechslung zu den avancierten Architekturbetrachtungen der Raumphilosophin, geht los mit einem Wäschehaufen, einem Bügeleisen und trockenem Humor im Keaton’schen Sinn. Die Künstlerin Birgit Baldasti arbeitet mit steinerner Miene im Schnellverfahren, immer dieselbe Einstellung vor Backsteinwand, Take um Take. Irgendwann gibt es dann keinen Wäschehaufen mehr. Dafür Livepan. in anwesenheit von Sasha pirker. Mit MARA MATTUSCHKA … 4. 11., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz 5. 11., 18.30 h, Urania PARA ARMAR UN HELICÓPTERO Mexiko 2012, 37 Min, OmeU R: Izabel Acevedo Um unter widrigen Umständen ein zivilisiertes Leben führen zu können, braucht es den Willen, den Selbstorganisationsgrad zu steigern. Und dazu bedarf es mitunter einer originellen Idee. So spielt es jedenfalls Acevedos sympathisches, von surrealen Momenten durchsetztes und erfrischend unverzagtes Porträt 39 Kurzfilme einer Wohnhausgemeinschaft in Mexico City durch. Im Zentrum der landflüchtigen Gruppe steht der 17-jährige Oliverio, ein VideogameAficionado. Als der einsetzende Sommerregen die ohnehin instabile Stromversorgung des Gebäudes komplett lahmlegt, ist er es, der den Anstoß zur Erleuchtung gibt. Mit ÉLEVAGE DE POUSSIÈRE 4. 11., 18.30 h, Urania PRESENCE Indien 2012, 17 Min, OmeU R: Yashaswini Raghunandan, Ekta Mittal Der zweite Film aus dem seit 2009 entstehenden Archiv «Behind the tin sheets», das Geschichten von Bauarbeitsmigranten versammelt. Wir beobachten die zügige Metamorphose von Stadtlandschaften, in diesem Fall ist es der Ausbau des U-BahnNetzes in Bangalore, und wir beobachten diese durch die Augen jener, die von und mit der Veränderung leben, die sie selbst herbeiführen: der oft weit gereisten, entwurzelten Arbeiter. Ein realistischer, durchaus politischer Film-Essay, der den Alltag dieser Menschen nichtsdestoweniger mit schlafwandlerischer Poetik rhythmisiert und magisch auflädt. in anwesenheit von Yashaswini raghunandan und ekta Mittal. Mit MILLE SOLEILS 1. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 2. 11., 18.30 h, Metro RITOURNELLE D 2012, 4 Min, kein Dialog R: Christopher Becks Eine Kooperation nach dem «corps exquis»-Verfahren, also nacheinander statt miteinander: Peter Miller komponierte zunächst eine den Gehörgang entspannende Musik, von der sich Christopher Becks dann zu einem eleganten 16mm-Film inspirieren ließ, den er in seiner Berliner Wohnung aufnahm. Licht schummelt sich tanzend durch die Vorhänge des abgedunkelten Raums beziehungsweise flackert auf das Dunkel der Leinwand, erhellt allmählich den 40 räumlichen Kontext und evoziert schließlich so etwas wie ein Gefühl späten Aufwachens am Vormittag. Mit PAYS BARBARE 29. 10., 21 h, Metro 31. 10., 13.30 h, Metro VIENNALE-TRAILER 2013: ILLUSIONS & MIRRORS USA/A 2013, 2 Min, kein Dialog R: Shirin Neshat, D: Natalie Portman STILL DISSOLUTION A 2013, 3 Min, kein Dialog R: Siegfried A. Fruhauf Welch virtuoser Horrorthriller! Fruhauf, Meister der Bilderauflösung, beginnt mit einem ruhigen ViererSplitscreen, auf und zwischen und hinter dessen idyllischer Meeresuferlandschaft sich die Ereignisse in exponentieller Manier zu überschlagen scheinen, bevor das Ganze schließlich auf schwarze und weiße Flimmerkader heruntergedimmt wird. Eine kongenial unheimlich vertonte Eiterbeule von einem Film, gegen den jede Seucheninfektions-Mittelmäßigkeit aus Hollywood mindestens 88 Minuten zu lang wirkt. in anwesenheit von Siegfried a. fruhauf. Mit A MASQUE OF MADNESS … 4. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz STOPLIGHT LIBERTY USA 2013, 2 Min, stumm R: Kevin Jerome Everson Welch wunderbare Illusionsmaschine das Kino sein kann, wir sehen es in diesem Traum von einem Trailer. Von Darius Khondji fotografiert, in einem Hauch von Sepia ans Meeresufer geschwemmt, verdichtet Shirin Neshats Perle Assoziationen zu Luis Buñuel, Maya Deren, Gothic Horror und weiß Gott was allem zu einer stetig dunkleren, lynchesk intonierten, identitätsbefragenden Fantasie. Und das Beste: Sie spielt sich im Kopf eines der schönsten Schwarzen Schwäne Hollywoods ab und vermag mithin die fortsetzende Vorstellungskraft des Publikums zu befeuern oder mindestens zu spiegeln. Mit INSIDE LLEWYN DAVIS 24. 10., 19.30 h, Gartenbaukino 24. 10., 23 h, Gartenbaukino Der Trailer wird während des Festivals als Überraschung immer wieder gezeigt. LA VOCE DI BERLINGUER (THE VOICE OF BERLINGUER) Eine Verkehrskreuzung in Columbus, Mississippi. Im Zeitraffer aufgenommen, switcht eine aus schräger Untersicht gefilmte Ampelanlage wild zwischen grün und rot. Das Zentrum des Bildes dominiert, wie ein mahnender Fels, eine Miniaturreplik der Freiheitsstatue. Doch dann wird es Nacht um die Statue (um die Freiheit?) und bis auf einen winzigen Moment bleiben nur noch die korrespondierenden Ampelzeichen übrig. Eine lakonische Metapher des afroamerikanischen Multitalents Everson, dessen Interpretation wieder einmal gänzlich dem Zuschauer überlassen bleibt. Mit SOFT IN THE HEAD 27. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 28. 10., 21 h, Urania I 2013, 20 Min, OmeU R: Mario Sesti, Teho Teardo Das «Time»-Cover vom 14. Juni 1976 zeigt ihn als grimmig personifizierte rote Bedrohung: Kommunistenführer Enrico Berlinguer (1922–1984). Der eurokommunistische Vordenker war aber, das beweist diese Tonaufnahme einer Grundsatzrede, alles andere als eine Gefahr. Mit überzeugender Stimme macht er sich für Frauenrechte und eine demokratische Wende im Geiste des Humanismus stark. Ausschnitte aus Dokumentarfilmen Cecilia Manginis und die Musik Teho Teardos vervollkommnen das Werk zu einem eindringlich melancholischen Abgesang auf politischen Weitblick. Mit ROSSO CENERE 4. 11., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 6. 11., 11 h, Metro KURZFILMPROGRAMM 1 (67 MIN) LET US PERSEVERE IN WHAT WE HAVE RESOLVED BEFORE WE FORGET MUSEUM OF IMAGINATION SUCHY PION LES CHATS DE L’ATALANTE SUCHY PION (DRY STANDPIPE) PL 2012, 12 Min, OmeU R: Wojciech Ba˛kowski in anwesenheit von Karl heil. 28. 10., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz LET US PERSEVERE IN WHAT WE HAVE RESOLVED BEFORE WE FORGET USA/F/Vanuatu 2013, 20 Min, OmeU R: Ben Russell Eine weitere Perle aus dem Fundus der «psychedelischen Ethnografie», wie man Russells Arbeitsweise nennen könnte. Für zwanzig fragmentarische, fantasmagorische Minuten auf die pazifische Insel Tanna versetzt, kommt man sich hier vor wie bei einer Dschungeltour mit Apichatpong Weerasethakul – nur dass man den Vortrag eines erratischen, lokalen Reiseführers erleben darf, jederzeit einen Vulkanausbruch gewärtigen muss oder die Unruhe aushalten, die ein leblos auf dem Boden liegender, wiederholt in den Blick kommender Körper auslöst. Zunächst sieht man hier nur seltsame Bauklotz-Grafiken, hört rhythmischen Elektrosound und eine von einer Art Funkstörgeräuschen gesäumte, ruhige Off-Stimme. Auch die Übersetzung des polnischen Titels – «Trockene Steigleitung» – hilft nicht viel. Von «rechentechnischen Speicherverfahren» ist die Rede, von «privaten Videos», von einem «aus meinem Schlaf gemachten Tunnel». Allmählich erschließt sich, nicht zuletzt aus den Hintergrundgeräuschen: Hier wendet ein Künstler mit höchst eigentümlichen, selbstbezüglichen und extrem abstrahierten Mitteln sein Innerstes nach außen. ZABRISKIE POINT (REDACTED) GB 2013, 28 Min, OF R: Stephen Connolly Inspiriert von einem Besuch des beliebten Aussichtspunkts im kalifornischen Death Valley, erforscht dieser kontemplative Filmessay Themen aus ZABRISKIE POINT (1970). Antonionis damaliger Intention folgend, einen Film «as idea in landscape» zu machen, verdeutlicht er vor allem, wie sich Rahmen und Raum für Protestbewegung seither verändert haben. «I’ve put the story to one side and concentrated on other aspects of the movie – the landscapes, the documentary footage used and the kind of material that was used as research for the work.» (Stephen Connolly) LETTER RUS/NL 2013, 20 Min, kein Dialog R: Sergei Loznitsa MUSEUM OF IMAGINATION Indien 2012, 20 Min, OmeU R: Amit Dutta Ein humanistischer, atmender, sinnlicher Streifzug durch die Kunstgeschichte Indiens: Die Mittel des Kinos im Geiste der Malerei ausschöpfend, nimmt Amit Duttas Studie ihren Ausgang in Gesprächen mit Professor B.N. Goswamy (einer Koryphäe auf diesem Gebiet), führt jedoch auf wunderbare, gleichermaßen verdichtende wie elliptische Weise weit darüber hinaus. So Essenzielles, wie dieser graziös komponierte 20-Minüter über die Kultur eines Landes, über das Festhalten von Leben in der Kunst zu vermitteln weiß, kann man keiner 20-teiligen Enzyklopädie entnehmen. LES CHATS DE L’ATALANTE (CATS OF THE ATALANTE) D 2013, 15 Min, fOmeU R: Karl Heil «Ein Lied für Jean Vigo in drei oder vier Farben», nennt Karl Heil seinen von Harald V Uccello mit Bleistift gezeichneten, vereinzelt auch animierten Film. Originaldialoge von vier Figuren aus Vigos Flussschifferfilm L’ATALANTE (F 1934) spricht Schauspieler Anton von Lucke, Tobias Giezendanner spielt die Musik Maurice Jauberts auf dem Bandoneon dazu. Doch die schraffierte Hauptrolle der nuancierten Bewegungsstudie haben die Katzen des alten Matrosen übernommen. «Das Resultat des Films ist ein gegenständlicher Diskurs über das Kino, die Malerei, die Musik und die Lyrik.» (Peter Nau) KURZFILMPROGRAMM 2 (64 MIN) ZABRISKIE POINT (REDACTED) LETTER WINDOWS BY NIGHT in anwesenheit von Stephen Connolly. 30. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 31. 10., 11 h, Urania Loznitsa beschäftigt sich erneut mit einem seiner bevorzugten Topoi: dem russischen Landleben. Eine uralte Linse lässt seine auf einer alten Schwarzweiß-Filmrolle aufgenommenen Bilder wie durch den Milchkübel gezogen ausschauen. So bläst sich jedes weiße Stück Stoff, das die Protagonisten tragen, zum Heiligenschein auf. Sind es Geister oder Engel, die hier in sicherer Entfernung durch die Gegend spazieren? Oder vielleicht die verhaltensoriginellen Patienten einer Anstalt? Das Bild eines Nebelwalds umrahmt die nostalgisch anmutende Betrachtung. WINDOWS BY NIGHT Argentinien/USA 2013, 16 Min, kein Dialog R: Luciano Piazza Vordergründig sieht man hier, durch die Fenster ihrer Apartments, anonyme Großstädter essen, räumen, Fische füttern oder fernsehen. Sie scheinen von ihrer Beobachtung durch eine Kamera nichts zu ahnen, doch zwischendrin offenbaren sich seltsame, inszeniert wirkende Zeichen. Dass nicht nur der Blick ins 41 Kurzfilme FENSTER ZUM HOF spannend sein kann, beweist dieser verstörende Viertelstünder eines gewissen Piazza Luciano aka Luciano Piazza (in BOARDWALK EMPIRE wird Lucky Luciano von Vincent Piazza verkörpert), in dem man irgendwie auf ein Verbrechen wartet und eine gehörige Überraschung serviert bekommt. Tom Rosenberg aufgezeichnet – über die Bühne. Wenn im gespielten Chaos das Heulen losbricht, bekommt das gespenstische Treiben endgültig einen therapeutischen Unterton. DAI-KENJYU (THE BIG GUN) Japan 2008, 31 Min, OmeU R: Ohata Hajime KURZFILMPROGRAMM 3 (55 MIN) CUT REHEARSAL DAI-KENJYU in anwesenheit von Christoph Girardet. 31. 10., 23.30 h, Urania 2. 11., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz CUT D 2013, 13 Min, kein Dialog R: Christoph Girardet, Matthias Müller Der Titel dieser fein getakteten Schnipselorgie bezieht sich nicht nur auf den wichtigsten Aspekt der Footage-Collage-Technik, nämlich den Film(aus)schnitt, sondern auch auf den Schnitt durch menschliches und sonstiges Gewebe. Und also wird geritzt, geschlitzt, gebrannt, gestochen, geblutet, versehrt und genäht, sozusagen was das Zeug hält. Ein haptisch-sinnliches Vergnügen, aus dem man, wie immer bei Girardet/Müller, auch ein nerdiges Ratespiel machen kann: Wer erkennt die Clips von Cronenberg bis Buñuel, von HOUSE OF WAX bis WILD AT HEART? REHEARSAL USA 2013, 11 Min, OF R: Tom Rosenberg Herrlich ungeschliffene Satire auf den Rezessionskapitalismus japanischen Zuschnitts: Vor dem finanziellen Ruin stehend, beschließen zwei Metallarbeiter, für einen lokalen Gangsterboss Revolver zu fertigen. Von der realistischen Schilderung der technischen und psychohygienischen Gefahren, die so ein Geschäftsfeld mit sich bringt, kippt Ohatas Thriller in eine herzzerreißend komische Splatter-Klimax. Minimales Budget, maximales Vergnügen und ein endlich entdecktes Regietalent aus Japan. DESPEDIDA A THIRD VERSION OF THE IMAGINARY EIN NEUES PRODUKT 5. 11., 18.30 h, Metro 6. 11., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus (FAREWELL) 42 A THIRD VERSION OF THE IMAGINARY Kenia/USA 2012, 12 Min, OmeU R: Benjamin Tiven «Behind each image is an image. And behind that one, another.» So beginnt – zu Arbeitsimpressionen im Archiv der Kenya Broadcasting Corporation – ein Essay über das Wesen der Bildaufzeichnung. In der Swahili-Sprache gibt es kein Wort für «Bild», außer es ist auf einem Medium festgehalten. Insofern erscheint die Frage, ob das Bild hinter einem aufgezeichneten Bild von Erinnerungen, ja Schuldgefühlen verfolgt sein könnte, in einem anderen Licht: Was man nicht bezeichnen kann, macht einem Angst – wie die beunruhigende Filmprojektion zur finalen Quintessenz dieser Metastudie. EIN NEUES PRODUKT (A NEW PRODUCT) D 2012, 37 Min, OmeU R: Harun Farocki KURZFILMPROGRAMM 4 (59 MIN) DESPEDIDA Austin, Texas, 9/11 Memorial Day. In einem Stadion bereiten sich Feuerwehrleute, weitere Einsatzkräfte und hunderte freiwillige Statisten auf den Ernstfall vor. Versehrte Plastikprothesen, aufgeschminkte Wunden, Handlungsanweisungen, auf die Bombe wartende präsumptive Opfer in tableau-artigen Einstellungen. Schließlich geht die geradezu hyperreal simulierte Terrorattacke – von Mapkaulu Roger Nduku angereicherten Tableaus wirken wie ein Abschiedsbrief. USA/Ecuador 2013, 10 Min, OF R: Alexandra Cuesta Los Angeles ist vielleicht die meistfotografierte und am wenigsten verstandene Stadt der Welt. Kaum jemand konnte den Wandel ihrer kulturellen, immigrantischen Textur im 21. Jahrhundert in ergreifenden Bildern vermitteln. Thom Andersen ist da eine Ausnahme, wie auch die Ecuadorianerin Alexandra Cuesta: Sechs Jahre lang hat sie in der flüchtigen Nachbarschaft von Boyle Heights, East Los Angeles gelebt, nun kehrt sie in ihre Heimat zurück. Ihre mit der Poesie des Anwohners Die Herren der Beratungsagentur Quickborner Team Hamburg erklären ihre Büroraumplanungskonzepte für Großunternehmen. Von Optimierung des Arbeitsklimas ist viel die Rede, von Profit erstaunlicherweise wenig, im Hintergrund entstehen lustige Illus auf Flipcharts und irgendwann bleibt einem bei all dem hochbezahlten, widersprüchlichen Geschwafel nur noch der Mund offen stehen. Höhepunkt des erschütternden Dokuments: Einer der Herren erleidet in einer internen Besprechung einen so herzhaften «Mehr Freizeit statt mehr Lohn»-Sprechdurchfall, dass man ihn am liebsten gleich freistellen würde. FILME VON STRAUB/HUILLET (81 MIN) UN CONTE DE MICHEL DE MONTAIGNE MACHORKA-MUFF DIALOGUE D’OMBRES DIALOGUE D’OMBRES prOpOSiTiOnS CH/F 1954–2013, 28 Min, OmdU R: Danièle Huillet, Jean-Marie Straub in anwesenheit der Darstellerinnen barbara Ulrich, Cornelia Geiser und bertrand brouder. 25. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 27. 10., 16 h, Metro UN CONTE DE MICHEL DE MONTAIGNE F/CH 2012, 35 Min, OF R: Jean-Marie Straub Im Laufe der Jahre hat man das Kino der Straubs oft als «anti-psychologisch» bezeichnet, was so wenig zutrifft wie Schönbergs Musik «a-tonal» ist. Die Psyche, also die Seele, spielt eine große, schöne und lebendige Rolle in Straubs Arbeit und auf seltsame Weise in den letzten Jahren noch mehr. Der Mann hat viel, zu viel erlebt und verloren und jetzt kann er ein wenig davon erzählen. Mit den Worten anderer, wie Pavese und Montaigne, aber in der eigenen Sprache. Schauen Sie einmal, wie die Blätter eines Baumes und die Sonne und die Stimme einer Frau das Erz einer toten Statue zu Leben erwecken und wie eine dunkle Leinwand leuchtet. MACHORKA-MUFF BRD 1962, 18 Min, OF R: Danièle Huillet, Jean-Marie Straub Mitten in den faulen Frieden des Wiederaufbaus und der Wiederaufrüstung in Deutschland setzen Straub/Huillet eine kleine, widerspenstige Arbeit nach einer Erzählung von Heinrich Böll. «Wetterleuchtend» hat der Komponist Stockhausen den Film einmal genannt, auf dem «scharfen Grat zwischen Wahrheit, Konzentration und Zuspitzung.» Plötzlich ist ein FilmemacherPaar auf den Plan getreten, das so genau hinschaut und hinhört, dass die Verhältnisse sichtbarer und verständlicher werden. Ein Bogen schließt sich mit diesem Film. Deshalb die Jahreszahlen 1954–2013 und ausgewiesen als gemeinsamer Film von Danièle Huillet und Jean-Marie Straub. 1954 hatten sich die beiden in Paris kennengelernt und auf jene Jahre geht die Begegnung mit dem Text von Georges Bernanos zurück, der dem halbstündigen Film zugrunde liegt. Ein Mann und eine Frau im Dialog, von ihrer Liebe redend, wie über einen Abgrund hinweg. Und dann im letzten Bild, beide, lange unbewegt, nahe beisammen. «Nicht ich, sondern Du wirst mit meiner Seele fertig werden … Eine Seele, schau, das ist ein großes Wort, sie ist nichts so Furchtbares, als man annimmt.» O SOM E A FÚRIA PRESENTS (71 MIN) JEWELS REI INÚTIL REDEMPTION deren Ruhephasen und überragender Anpassungsfähigkeit an veränderte Umweltbedingungen. In ihrer elektronischen Verzerrung und ihrem umständlichen Wissenschaftssprech an Stephen Hawking erinnernde Off-Stimmen erläutern, mikroskopische Aufsichten schlafender Käferleiber illustrieren, eine tastende Hand im Halbdunkel verwirrt. Spooky. REI INÚTIL (REX INUTILIS) P 2013, 25 Min, OmeU R: Telmo Churro Tiago, fest eingeschnürt in seine blaue Regenjacke, geht in die Kirche und bittet Gott, sein Examen im dritten Anlauf endlich bestanden zu haben. Doch der scheint ihm nur seine zahlreichen Verfehlungen zu offenbaren. Churros HD-Studie einer Adoleszenzkrise besticht mit ihrer Genauigkeit des Blicks und durch die surrealen Einschübe, die Portugals Geschichte als Land der Könige und Eroberer, Künstler und Dichter – oder wenigstens als Land der poetischen Filmemacher – ihre Reverenz erweisen. Den Geschichtsprofessor spielt übrigens Manuel Mozos! REDEMPTION P/F/D/I 2013, 27 Min, OmeU R: Miguel Gomes in anwesenheit von Sandro aguilar. 5. 11., 13.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 6. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz JEWELS P 2013, 19 Min, eOF R: Sandro Aguilar Aguilar produziert nicht nur Filme von Landsleuten wie Viennale-Liebling Miguel Gomes, Vorjahres-Tribute-Gast Manuel Mozos oder jüngst Urgestein Manoel de Oliveira, er macht auch selbst preisgekrönte Kurzfilme. Dieser hier beschäftigt sich mit Insekten, genauer: mit Mit dem für ihn charakteristischen, von leiser Melancholie geprägten Humor erzählt Gomes in seiner aktuellen Arbeit von menschlicher Fehlbarkeit, Schuldgefühl und Reue – und der (vergeblichen?) Hoffnung auf Erlösung. Vier entscheidende Momente im Leben von vier Menschen – die man sich ruhig als einmal sehr mächtige, europäische Politiker vorstellen darf – gestaltet, erfunden, fabuliert als Foundfootage-Montage mit Voiceover. Irgendwo zwischen dokumentarisch experimentellem Essayfilm und politischer Satire lügt Gomes, dass sich die Balken biegen und die Wahrheit auf den Plan tritt. 43 Tributes © Mark Seliger WILL FERRELL Will Ferrell schont sich nicht für gute Lacher. Nein, der US-Komiker, in Europa häufig noch sträflich unterschätzt, stürzt sich meist völlig furchtlos in seine Rollen. Vom sexistischen News-Moderator (ANCHORMAN) bis zum nerdigen Nesthocker (STEPBROTHERS) amüsiert er dabei mit theatralischen Ausbrüchen oder veranstaltet mit beeindruckender Ernsthaftigkeit den absurdesten Wahnwitz. Seine Laufbahn begann der 46-Jährige bei der Improvisationscomedy-Truppe The Groundlings in Los Angeles, bevor er 1995 zum Ensemble von SATURDAY NIGHT LIVE (SNL) stieß. Nach sieben Jahren war dort dann Schluss und Ferrell konzentrierte sich auf seine Kinokarriere – meist als Darsteller, bisweilen auch als Co-Autor. STRANGER THAN FICTION gehört dabei zu den wenigen ernsteren, zurückhaltenden Auftritten in seiner Filmografie, in der ansonsten die bisweilen derben Quatschkomödien und überdrehten Parodien dominieren. Wiederholt sind sie im Duo mit Regisseur und Ex-SNL-Autor Adam McKay entstanden. Und oft mit anderen Vertretern des sogenannten «Frat Pack», einer Gruppe von Komikerfreunden, zu denen unter anderem Ben Stiller, Vince Vaughn und Owen Wilson gehören. in anwesenheit von Will ferrell. ANCHORMAN: THE LEGEND OF RON BURGUNDY USA 2004, 94 Min, OF R: Adam McKay, D: Will Ferrell, Christina Applegate, Paul Rudd, Steve Carell Frauen? Sind für Ron Burgundy vor allem Jagdwild statt ernsthafte Konkurrenz – bis dem grenzenlos selbstüberzeugten Nachrichtensprecher eine Kollegin vor die Nase gesetzt wird. Ferrells erste Kino-Kooperation mit Adam McKay führt in die 1970er und erzählt mit satirischem Nonsens von den Erschütterungen eines unerschütterlichen Nachrichten-Urgesteins durch Emanzipation und Lokal-TV-News-Modernisierungen. Ein komischer Geschlechterkleinkrieg mit Komiker-Kollegen Rudd und Carell in den Rollen der Burgundy-Kollegen Fantana und Tamland. 25. 10., 23.30 h, Urania 6. 11., 17 h, Gartenbaukino (Galavorstellung in Anwesenheit von Will Ferrell) lange überfällig. Dann kam Ferrell und schlüpfte für BLADES OF GLORY in hautenge, grelle Spandex-Kostüme, die keine Wünsche offen lassen. Als gefallener Macho-Eistanz-Meister versucht er darin mit seinem verachteten Ex-Konkurrenten (Heder) im Diven-Doppelpack ein Comeback. Eine Parodie auf einen ohnehin schon ziemlich grotesken Sportkosmos mit Arnett und Poehler als intrigantes Rivalenpaar Van Waldenberg, albernem Slapstick und dem gefährlichsten Eistanzsprung der Welt! 29. 10., 11 h, Gartenbaukino 3. 11., 24 h, Stadtkino im Künstlerhaus BLADES OF GLORY USA 2006, 93 Min, OF R: Josh Gordon, Will Speck, D: Will Ferrell, John Heder, Will Arnett, Amy Poehler Dass sich jemand über die stark figurbetonenden Modeextravaganzen von Eiskunsttänzern hermacht, war 44 CASA DE MI PADRE USA 2012, 84 Min, OmeU R: Matt Piedmont, D: Will Ferrell, Diego Luna, Gael García Bernal, Genesis Rodriguez Ob Ferrell Spanisch spricht? In der Filmkuriosität CASA DE MI PADRE parliert sich der herrlich deplatzierte Ferrell als der gutherzige, etwas unterbelichtete Armando Álvarez zumindest munter durch einen komplett auf Spanisch gedrehten Telenovela-Plot. Zwischen Kartellverwicklungen, Geldnöten und verbotener Liebe wird die Käsigkeit mexikanischer Fernsehmelodramen zur Steilvorlage für einen spaßigen ParodienQuatsch auf höherer Ebene – inklusive schlechter Dialoge, halsbrecherischer Plotwendungen und theatralischer Emotionsausbrüche. 27. 10., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus 6. 11., 13.30 h, Metro OLD SCHOOL USA 2002, 90 Min, OF R: Todd Philipps, D: Will Ferrell, Luke Wilson, Vince Vaughn, Jeremy Piven Durch OLD SCHOOL wurde das «Frat Pack» endgültig zum festen Begriff: Mit Ferrell, Wilson und Vaughn spielen in der Komödie von HANGOVERRegisseur Phillips einige Vertreter dieser Komiker-Clique auch auf der Leinwand beste College-Kumpels. Die drei beziehungsgebeutelten und alltagsgelangweilten Anfang-Dreißiger schweifen in die Unbeschwertheit ihrer Jugendtage zurück und stürzen sich noch einmal ins wilde Uni-Partyleben, als sie an ihrer einstigen Alma Mater eine studentische Verbindung aufziehen und für Chaos sorgen. 26. 10., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus 4. 11., 16 h, Metro SAFETY LAST! A SELECTION OF SHORTS, SKETCHES AND SKITS USA 1995–2012, ca. 70 Min, OF Niemand, wirklich niemand spielt die Kuhglocke mit so viel Hingabe und vor allem so viel Baucheinsatz wie Will Ferrell. Zu sehen ist das in einem Sketch aus seiner Zeit bei der TV-Comedy SATURDAY NIGHT LIVE (SNL). Als Bandmitglied von Blue Oyster Cult steht er darin im Studio, wo die Vorliebe von Musikproduzenten-Legende Bruce Dickinson (SceneStealer: Christopher Walken) für besagtes Minimal-Instrument für Missstimmung sorgt. Der Cowbell-Klassiker ist allerdings nur eines der Highlights der SNL-Kompilation, in der Ferrell unter anderem als Hundetrainer mit streitbaren Methoden oder in seiner Paradeparodierolle als STEP BROTHERS George W. Bush zu sehen ist. Ergänzend zu den SNL-Happen gibt es außerdem eine kleine Zusammenstellung von der Comedy-Website «Funny or Die», die Ferrell 2006 zusammen mit Adam McKay gegründet hat. Zu den ausgewählten Kurzfilmen gehört mit THE LANDLORD auch der allererste Sketch dieser Seite, in dem Ferrell wegen ausstehender Miete von seiner Vermieterin heimgesucht wird – einem zweijährigen Mädchen. 2. 11., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz STEP BROTHERS USA 2008, 98 Min, OF R: Adam McKay, D: Will Ferrell, John C. Reilly, Mary Steenburgen, Richard Jenkins Sie sind zwar schon um die 40, leben als verwöhnte Nesthocker aber immer noch zu Hause und müssen sich widerwillig miteinander als Stiefbrüder arrangieren: Ferrell und sein Buddy John C. Reilly zeigen, was sie als beeindruckend furchtlose Hauptdarsteller in unfassbar nerdigen T-Shirts aus dieser Situation so herausholen können: Brachialität, handgreifliche Eskalationen und unbehaglichen bis hysterischen Humor. Als bis ins Absurde überdrehte Filmirritation über den quälenden Abschied vom Kind im Mann eine konkurrenzlose Veranstaltung. eine Romanfigur ist und sterben soll. Statt sadistischer SchwarzhumorFantasien entwickelt Regisseur Forster daraus eine angeschrägte Tragikomödie über den Ausbruch eines Mannes, in der das Herz über Konsequenz und das Leben über die Kunst triumphiert. 29. 10., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus TALLADEGA NIGHTS: THE BALLAD OF RICKY BOBBY USA 2006, 108 Min, OF R: Adam McKay, D: Will Ferrell, John C. Reilly, Sacha Baron Cohen, Gary Cole 31. 10., 13 h, Gartenbaukino STRANGER THAN FICTION USA 2006, 113 Min, OF R: Marc Forster, D: Will Ferrell, Maggie Gyllenhaal, Emma Thompson, Dustin Hoffman Ein cleverer Irrwitz, der fast den Hirnwindungen von Drehbuchgenie Charlie Kaufman entsprungen sein könnte: Der Alltag des Steuerbeamten Harold Crick (Ferrell) läuft in einer sekundengenau verplanten Routine ab, die fundamental gestört wird, als er durch eine Stimme aus dem Off erfährt, dass er eigentlich Selbst Michael Schumachers Formel1-Triumphzüge sind nichts gegen Ricky Bobbys Erfolge! Der NASCARRennfahrer (Ferrell) hat schließlich mehr als alles erreicht. Doch dann wird er durch einen Unfall aus der Bahn geworfen. Die strauchelnde PS-Karriere ist dabei Vorlage für eine großartige Bleifuß-Ferrell-Show, in der sich Slapstick-Überdrehungen mit satirischen Derbkomikattacken abwechseln, um im Duo mit TeamKollegen Cal Naughton Jr. (Reilly) den ganzen Rennzirkus auseinanderzunehmen. Nur KamikazeKomiker Sacha Baron Cohen ist ein Scene-Stealer: als schwuler Rivale Jean Girard mit frrransssösischem Akzent. 28. 10., 16.30 h, Urania 5. 11., 23.30 h, Gartenbaukino WILL FERRELL: YOU’RE WELCOME AMERICA. A FINAL NIGHT WITH GEORGE W. BUSH USA 2009, 92 Min, OF R: Marty Callner, D: Will Ferrell, Michael Delaney, Pia Glenn, Adam Mucci Für viele war Ferrell sicher der einzige Grund, zumindest ein bisschen traurig über das Ende der Präsidentschaft von George W. Bush zu sein. Denn nach dessen Amtszeit begrub auch der Komiker seine begnadete Parodie auf das Staatsoberhaupt, das zunächst in kleinen Sketch-Happen in SATURDAY NIGHT LIVE zum ergiebigen Opfer geworden war. In YOU’RE WELCOME, AMERICA … kam der Ferrell-Bush 2009 in einer von Adam McKay inszenierten Broadway-Ein-Mann-Show noch einmal zum Einsatz und gab seinem Publikum zum Abschied ein paar Einblicke aus seinen abstrus komischen Gedankenwelten mit auf den Weg. 25. 10., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus Eintritt frei! ZOOLANDER USA/Australien/D 2001, 89 Min, OF R: Ben Stiller, D: Ben Stiller, Will Ferrell, Owen Wilson, Christine Taylor Platinblond, bizarr gelockt und ausnahmsweise ziemlich garstig, schlägt sich Ferrell in ZOOLANDER mal auf die Seite des Bösen: Als exzentrischer Modezar Mugatu will er Derek Zoolander (Stiller) für verschwörerische Pläne einspannen. Das arglose Männermodel soll nach einer Gehirnwäsche auf einer Modenschau den malaysischen Staatspräsidenten ermorden. Der satirische Klamauk von Hauptdarsteller Stiller macht sich dabei zeitlos aktuell über das Modebusiness, Eitelkeiten und hochglänzendes Schickimickitum lustig. 30. 10., 23.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 45 Tributes GONZALO GARCÍA PELAYO Eines der aufregendsten Geheimnisse des spanischen Kinos: Ein andalusischer Auteur, dessen schmales Schaffen sich auf eine so kurze wie entscheidende Periode in der Entwicklung des Landes beschränkt: die Transición (1976–1983), die Zeit zwischen dem Tod Francos und dem Sieg der Sozialisten. Beginnend mit seinem schon ein Jahr vor der Zeitenwende realisierten Debüt, MANUELA (1976), verkörpert Gonzalo García Pelayos Kino aufs Vollkommenste, worum es in jenen Jahren des Suchens und Versuchens ging: den Aufbruch in eine Freiheit, die es Stück für Stück zu erkennen, erfahren, erforschen, erleben, erhalten gilt. Der Schlüssel zu García Pelayos Kosmos ist ein jeder Verschubladung spottender Hybrid aus Beziehungsmelodram, Ethnografie im eigenen Hinterhof und Lehrstück: VIVIR EN SEVILLA (1978), der sich wie ein ekstatisches Ausschütteln nach den faschistischen Zwingdekaden schaut. Die freigeistig-anarchische Sprache dieses Solitärs animiert auch García Pelayos exquisite Genre-Abenteuer, die Sex-Roadmovies FRENTE AL MAR (1978) und CORRIDAS DE ALEGRÍA (1982) sowie die Teenager-Romanze ROCÍO Y JOSÉ (1982). Nach Letzterem fühlte sich García Pelayo vom Kino verlassen und wandte sich dem Zocken zu – nur um heuer, nach dreißig Jahren, noch einmal einen Film zu machen. Anlässlich dieses außerordentlichen Comebacks präsentiert die Viennale die weltweit erste Schau Gonzalo García Pelayos außerhalb Spaniens. in anwesenheit von Gonzalo García pelayo. Kuratiert von Álvaro arroba. Mit herzlichem Dank an das Sevilla festival de Cine europeo für die Unterstützung und Kooperation. CORRIDAS DE ALEGRÍA (JOYRIDES) E 1982, 74 Min, OmeU R: Gonzalo García Pelayo, D: Miguel Ángel Iglesias, Javier García Pelayo, Isabel Pisano, Paula Molina Miguel ist aus dem Knast geflohen. Als erstes will er seine Freundin Diana finden; dann gilt es, gewisse offene Rechnungen zu begleichen … Klingt klar wie ein Film noir, der Titel insinuiert eine Exerzitie in Softcore Erotica – realiter aber ist CORRIDAS DE ALEGRÍA ein entspannt vor sich hin zockelndes Buddy-Roadmovie, in dem die Polizei ab und an gefoppt und den Frauen beständig mit tiefster Inbrunst gehuldigt wird. Bild für Bild: eine Idee; Szene für Szene: wenden sich die Genres und Stimmun46 E 1976, 102 Min, OmeU R: Gonzalo García Pelayo, D: Charo López, Fernando Rey, Máximo Valverde, Carmen Platero gen. Keine Flucht, mehr ein freudiges Rennen der Zukunft entgegen. 6. 11., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus FRENTE AL MAR ROCÍO Y JOSÉ © Archivo FOTOGRAMAS (JOYS OF CÁDIZ) 3. 11., 21 h, Metro MANUELA Manuelas Vater, ein Wilderer, wird von einem Gutsherren erschossen. Die stolze junge Frau und ihre Mutter müssen nun schauen, wie sie durchs Leben kommen … García Pelayos Regiedebüt ist eine eigenwillige Mischung: Es verkörpert den Traum vom klassischen Kino und zelebriert gleichzeitig dessen Zertrümmerung im Zeichen der Kinomoderne. Ganz dem alten Kino verpflichtet ist der Sinn für Weite, mit dem hier Herbstlandschaften oder die Wärme des Sonnenlichts inszeniert werden – pure Neue Welle dann, wenn Manuela in einem strahlend roten Kleid wie ein fleischgewordener V-Effekt auf einem Grab tanzt. Sehr groß! 2. 11., 18.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus 5. 11., 11 h, Stadtkino im Künstlerhaus ALEGRÍAS DE CÁDIZ E 2013, 119 Min, OmeU R: Gonzalo García Pelayo, D: Jeri Iglesias, Fernando Arduán, Marta Peregrina, Laura Espejo (Siehe S. 6) geredet, und zwar über alles – nach dem Ende des Faschismus kann, darf, muss von der Zweisamkeit bis zur Staatsreform jeder Aspekt des Gemeinwesens neu betrachtet werden, gilt es doch, eine andere, bessere Gesellschaft aufzubauen. Ein zögerlicher Optimismus verleiht FRENTE AL MAR ein inneres Strahlen, das im Leben wie im Film unsagbar selten, unendlich kostbar ist. 4. 11., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus (FACING THE SEA) E 1978, 87 Min, OmeU R: Gonzalo García Pelayo, D: Miguel Ángel Iglesias, Rosa Ávila, Javier García Pelayo, Ágata Martín Drei Paare erforschen während einer Reise von Sevilla nach Chipiona die Freuden des Partnertauschs. Gepudert wird ohne Ende in diesem Filetstück post-Francistischer Erotica, wo Männer und Frauen noch Haare haben, und der Sex stets unangestrengt und kompliziert und lang und schön ist. Noch mehr aber wird E 1982, 79 Min, OmeU R: Gonzalo García Pelayo, D: María José López, Curro Franco, María del Carmen Fernández, José Manuel Benítez Die Geschichte von der scheu-drängenden Verliebtheit zweier junger Menschen ist für García Pelayo nicht mehr als ein Vorwand, die Wallfahrt nach El Rocío zu filmen. ROCÍO Y JOSÉ ist also ein weiteres Roadmovie, jedoch eins, das mehr der Seele denn dem Leib gewidmet ist. García Pelayo geht auf in dem Spektakel aus festlich-farbigen Trachten und Tie- Shirley der Film ren und Zuggefährten, Landschaft und Licht, getrieben vom Rhythmus beständig erklingender Sevillanas, geleitet von der Vision eines klassischen Kinos, das auf jenem Stück Erde zu jenem Zeitpunkt plötzlich noch einmal möglich schien. Ganz gewaltig! 3. 11., 16.30 h, Stadtkino im Künstlerhaus Visions of Reality die Ausstellung VIVIR EN SEVILLA (LIVING IN SEVILLE) E 1978, 112 Min, OmeU R: Gonzalo García Pelayo, D: Lola la del Agua, Ana Bernal, José Miguel Campos, Toto Estirado Das Kapital- und Kardinalwerk García Pelayos: eine Stadt-Collage, gestrickt mit der heißen Nadel, bei der die Liebesgeschichte zwischen Ana und Miguel wenig mehr ist als einmal Ausgangs-, einmal Fluchtpunkt. Getrieben von einer fantastischen Mischung aus Experimentierlust und Willen zur Zeitzeugenschaft – und dennoch im Gestus eher der Ethnologie und Soziologie verpflichtet denn dem Cinéma vérité – berichtet García Pelayo von einem ersten, allein lokalen Zwischenstand der Transición: was sie die Menschen tun lässt, was sie mit ihnen macht. Will sagen: Sevilla, Nabel der Welt. 5. 11., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus Gustav Deutsch Hanna Schimek 6. November 2013 – 6. Jänner 2014 Künstlerhaus & Stadtkino In Focus JOHN TORRES Eine neue Stimme des unabhängigen philippinischen Kinos Er ist der Poet unter den philippinischen Filmemachern, die abseits der kommerziellen Kinoindustrie arbeiten. John Torres hat eine eigenwillige filmische Syntax entwickelt, bei der eingeblendete oder im Off gesprochene Texte, u.a. Lyrik lokaler Dichter, große Bedeutung haben. Bildsprache und narrative Struktur seiner Langfilme sind nicht prosaisch, sondern assoziativ und fragmentiert. Torres realisiert seine Projekte, unterstützt von befreundeten Mitarbeitern, in Personalunion als Produzent, Drehbuchautor, Regisseur, Kameramann und Cutter. Erstmals zu drehen begann Torres nach eigener Angabe aus Liebeskummer: Als seine langjährige Freundin ihn 2004 verließ, verarbeitete er seine Gefühle im Kurzfilm TAWIDGUTOM, der auf internationalen Festivals präsentiert wurde. Sein Langfilmdebüt TODO TODO TEROS wurde beim Vancouver Filmfest preisgekrönt. In den folgenden Werken entwickelte Torres seine kreativen Ausdrucksmöglichkeiten weiter und etablierte sich als eigenständiger Künstler im Independent Cinema. in anwesenheit von John Torres. ANG NINANAIS (REFRAINS HAPPEN LIKE REVOLUTIONS IN A SONG) Philippinen 2010, 118 Min, OmeU R: John Torres, D: Ciriaco Gibraltar, Tope Grabato, Che Villanueva LUKAS NINO (LUKAS THE STRANGE) Philippinen 2013, 82 Min, OmeU R: John Torres, D: Cheeno Ladera Dalog, Edilberto Marcelino (Siehe S. 16) 30. 10., 21 h, Urania 3. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz TAON NOONG AKO’Y ANAK SA LABAS (YEARS WHEN I WAS A CHILD OUTSIDE) Anhand einer jugendlichen Schuldeneintreiberin, die zur Zeit der Zuckerrohrernte den Mann ihres Herzens sucht, arbeitet Torres eine alte Stammeslegende über eine auserwählte Jungfrau und ihren Traumprinzen fantasievoll auf, mit Gesängen und märchenhaft-visionären Rückblenden. Er transponiert den Mythos in die Gegenwart, dreht vor Ort in der Provinz, führt mit viel Lokalkolorit die dort herrschende Armut vor Augen und verquickt das Geschehen auf einer zweiten Erzählebene mit Erinnerungen an den Freiheitskampf der Filipinos gegen die Amerikaner Anfang des vergangenen Jahrhunderts. 30. 10., 13 h, Stadtkino im Künstlerhaus 48 Philippinen 2008, 105 Min, OmeU R: John Torres, D: Errol Balcos, Mario Lim, Ian Lomongo, Donna Miranda In diesem poesievollen, sehr persönlichen Werk stellt Torres Mitglieder seiner Familie sowie Bekannte vor, der lyrische Off-Kommentar führt ein in seine Gedankenwelt. Vor malerischer Naturkulisse lassen farbenprächtig kostümierte Tänzer die vom Vergessen bedrohte traditionelle Stammeskultur wieder aufleben – eine trügerische Idylle auf dem von Großgrundbesitzern beherrschten Land, wo aus Flugzeugen Pestizide auf Plantagen herabregnen, ohne Rücksicht auf die Bewohner. Ein subjektives Glaubensbekenntnis in Gedichtform beschließt den facettenreichen Film. 1. 11., 18 h, Kino am Schwarzenbergplatz TODO TODO TEROS Philippinen 2006, 102 Min, OmeU R: John Torres, D: Regiben Romana, Olga Aliseichyk, Pusong Bughaw, Lav Diaz Ein junger Terrorist streift durch Manila bei Nacht – eine fesche Russin führt durch Berlin – expressionistische Bildcollagen von Musikern und Cineasten im urbanen Ballungsraum Quezon City kontrastieren mit impressionistischen Aufnahmen vom Leben auf dem Land: In seinem ersten Langfilm verbindet Torres auf visionäre Weise fiktionale Handlungsfragmente, subjektive Reiseeindrücke und schlaglichtartige Szenen aus dem kulturellen Underground MetroManilas mit Texteinblendungen und Stimmen aus dem Off zu einem traumwandlerischen Filmpoem. 2. 11., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus KURZFILMPROGRAMM (82 MIN) TAWIDGUTOM Philippinen 2004, 3 Min, OmeU SALAT Philippinen 2004, 12 Min, OmeU HAI, THEY RECYCLE HEARTBREAKS IN TOKYO SO NOTHING’S WASTED Philippinen 2009, 10 Min, eZT VERY SPECIFIC THINGS AT NIGHT Philippinen 2009, 3 Min, eZT WE DON’T CARE FOR DEMOCRACY, THIS IS WHAT WE WANT: LOVE AND HOPE AND ITS MANY FACES Philippinen 2010, 12 Min, OmeU SILENT FILM Philippinen 2011, 2 Min, eOF MUSE Philippinen 2011, 2 Min, eOF MAPANG-AKIT Philippinen 2012, 38 Min, OmeU präsentiert im Winter 2013 TAWIDGUTOM Ein in unterschiedlicher Gestalt auftretender, Aswang genannter Dämon gilt als Verursacher von Unglück und unerklärlichen Todesfällen auf den Philippinen, wo trotz der vorherrschenden katholischen Religion Aberglaube weit verbreitet ist. In MAPANG-AKIT wird eine Frau als Aswang oder Hexe verdächtigt, nachdem ein Mann unter merkwürdigen Umständen ums Leben kam. Torres verbindet eine fiktionale Erzählung mit Dokumentaraufnahmen vom einfachen Leben armer Landbewohner auf der Insel Panay. Visuell stilisiert mit Verfremdungseffekten oder artifiziell im Stil abstrakter Malerei Eltern Das Geheimnis der Bäume The Way, Way Back – Ganz weit hinten Die Reise zum sichersten Ort der Erde Sickfuckpeople Le Passé – Das Vergangene La vie d‘Adèle – Blau ist eine warme Farbe Salvo Bad Fucking Blick in den Abgrund Zwei Leben Scherbenpark MAPANG-AKIT ist dagegen die Bildgestaltung in Kurzfilmen wie TAWIDGUTOM und SALAT, die einen Eindruck vermitteln von der Bandbreite der von Torres genutzten filmsprachlichen Ausdrucksformen. Sein auf 35mm gedrehter SILENT FILM ist zwar schwarzweiß, aber mit Ton: Ein Sprecher rezitiert Lyrik des Poeten und Sängers Lourd de Veyra zu Aufnahmen gegenwärtigen urbanen Lebens. Der auf einem Gedicht von Allan Pastrana basierende MUSE fasziniert wiederum visuell mit bildschönen Impressionen vom nächtlichen Flughafen und von fliegenden Möwen vor einer Großstadtsilhouette. Während der mit dem Mobiltelefon gedrehte VERY SPECIFIC THINGS AT NIGHT wie nebenher von historischen Umwälzungen kündet. 3. 11., 18.30 h, Metro Special Programs DAS ROHE UND DAS GEKOCHTE JOHANN LURF (63 MIN) Im vergangenen Jahr präsentierte die Viennale zum ersten Mal ein Special, kompiliert aus vorwiegend avantgardistischen Arbeiten einer Reihe ausgewählter Filmemacherinnen. Dieses Format findet nun seine Fortsetzung mit fünf weiteren Positionen eines unabhängigen, experimentellen Kinos; Momente großer Unterschiedlichkeit, verbunden durch die politische und ästhetische Relevanz der Arbeiten und den reflektierten Umgang mit dem filmischen Material und seinen Implikationen. Der Bogen spannt sich von den politischen Montage- und Agitationsfilmen des 2003 verstorbenen, kubanischen Regisseurs Nicolás Guillén Landrián zu den höchst eigenständigen Experimenten mit Raum, Zeit und Bewegung des jungen Österreichers Johann Lurf. Von den subtilen, feministischen Abstraktionen der Amerikanerin Jennifer Reeder über das reine Spiel und Experiment mit dem filmischen Dispositiv in der Form aktionistischer Interventionen des Künstlerduos Gibson/Recoder bis zu den faszinierenden, minimalistischen Raum-Vermessungen der Filmemacherin Claudia Larcher. «Das Rohe und das Gekochte» des Kinos ist nicht so sehr als Summe der vorgestellten Arbeiten gedacht, sondern als Beispiel für die Vielschichtigkeit ästhetischer Praktiken, lose und vorläufig verbunden. in anwesenheit von Jennifer reeder, Johann lurf, Claudia larcher, Sandra Gibson und luis recoder. © Vladimir Kanic Fünf Positionen eines unabhängigen, experimentellen Kinos (OHNE TITEL) A 2003, 3 Min, e/fOF ZWÖLF BOXKÄMPFER JAGEN VIKTOR QUER ÜBER DEN GROSSEN SYLTER DEICH 140 9 A 2009, 3 Min, kein Dialog ENDEAVOUR A 2010, 16 Min, OF 12 EXPLOSIONEN A 2008, 6 Min, kein Dialog PICTURE PERFECT PYRAMID A 2013, 5 Min, kein Dialog JENNIFER REEDER (65 MIN) AND I WILL RISE IF ONLY TO HOLD YOU DOWN USA 2012, 24 Min, OF SEVEN SONGS ABOUT THUNDER USA 2010, 20 Min, OF ANSWER. NOW. (LOOP VERSION) USA 2013, 8 Min, OF GIRLS LOVE HORSES spielen in ihnen wichtige Rollen. Zunächst sperren sich diese sacht verrätselten Kompositionen, doch bei genauem Hinschauen offenbaren sie sich – und berühren. Die Titel legen es nicht unbedingt nahe, doch es geht vor allem um Traumata. Um weibliche Verletzlichkeit und Stärke, um Todes- und Kinderwunsch. Wunderschön ist der Mädchenchor, tieftraurig dessen Dirigentin in ANSWER. NOW. (LOOP VERSION). Einer Tochter, einer Mutter, einer Psychotherapeutin, einem adoptionswilligen Paar und anderen begegnen wir in der schwarzen Dramödie SEVEN SONGS ABOUT THUNDER. In dieser, wie auch in der Familienzerrüttungsstudie AND I WILL RISE IF ONLY TO HOLD YOU DOWN taucht ein Mädchen in Garde-Uniform auf. Für wen steht dieses Mädchen? Kuratiert von Katja Wiederspahn. 3. 11., 21 h, Kino am Schwarzenbergplatz 4. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz USA 2013, 13 Min, mehrsprOmeU Zwischen impressionistischem Drama, Zufallspoesie und Zeichenhaftigkeit irisieren die fragmentarischen Filme der aus Ohio stammenden Künstlerin Jennifer Reeder. Popsongs, konfrontative Dialoge, melancholische Musik, Spiegelungen, Kleidungsstücke und Hardrock-Klingeltöne aus strassverzierten Handys 50 GIRLS LOVE HORSES KREIS WR. NEUSTADT A 2011, 5 Min, kein Dialog PAN A 2005, 2 Min, kein Dialog RECONNAISSANCE A 2012, 5 Min, kein Dialog VERTIGO RUSH A 2007, 19 Min, kein Dialog Johann Lurf (geboren 1982) ist einer der jüngsten Vertreter des österreichischen Experimentalfilms; mit seiner subtilen bis radikalen Kunst, PICTURE PERFECT PYRAMID Blick- und Wahrnehmungsirritationen auszulösen, sorgte er bereits international für Aufsehen. Was Miles Davis die Trompete, das ist Lurf die filmische Apparatur und Technik. Mit beiden spielt er wie mit Instrumenten, entlockt ihnen schwindelnde Bilder, die die audiovisuelle Wahrnehmung und Orientierung profund verändern – der Blick auf die Welt nach einem Film von Lurf ist nicht mehr derselbe, Sog- und Sehkraft werden zu einer, Annah- © Vladimir Kanic men von der Verortung in einer bekannten Umgebung werden in Frage gestellt. Diese Wirkungskraft erwächst Konzepten von einer geradezu mathematischen Genauigkeit, um Ortserkundungen als Poetik der Verfremdung (RECONNAISSANCE, VERTICAL RUSH) zu evozieren oder Topoi der Filmgeschichte zu fusionieren ((OHNE TITEL)). In seinen Found-Footage-Filmen spielt Lurf mit den filmindustriell produzierten Bildern im Kopf, poetische Vertiefung gibt er seinen Werken auch über die Filmtitel mit (ENDEAVOUR). Als akribischer Erforscher des utopischen Raums «Kino» und als Technik-Philosoph ist Lurf dem raffinierten Zauber filmischer Möglichkeiten ein beherzter Meister. 30. 10., 21 h, Metro 31. 10., 11 h, Metro CLAUDIA LARCHER (20 MIN/18 MIN) Die jeden Häuslbauer in den Wahnsinn treibende Videoanimation BAUMEISTER funktioniert in dieser Hinsicht ähnlich wie HEIM, dessen spiralkreisförmig vom Dach bis zur Garage eines Einfamilienhauses aufgebaute Spannung sich aus beklemmenden Störelementen speist, die so etwas wie Raumlogik oder Eigenheimidylle schlicht zur Farce erklären. Im Zentrum dieses faszinierenden Durchmessungs- und Texturenfetischs, ob nun in einer kollagierten Tokyoter Wohnungsfiktion wie in YAMA ausgelebt oder in der karg ani- BAUMEISTER mierten Geometrie von EMPTY ROOMS, steht aber nicht eine Kamera – sondern die Erinnerungs-, Vorstellungs- und Suggestivkraft einer Künstlerin, der nicht im Traum einfällt, sich in ihren Mitteln der Raumidentitätsbefragung selbst zu beschränken. Film beschäftigt sich – musikvideoartig rasend montiert – mit dem Kaffeeanbau rund um Havanna, spart die gesundheitlichen Kollateralschäden der Landwirtschaft nicht aus und thematisiert nebenbei die Geschichte der Sklaverei. Doch schon Filme wie OCIEL DEL TOA (1965), ein Fresko des bäuerlichen Lebens in Baracoa, oder EN UN BARRIO VIEJO (1963) erregten den Widerwillen des kubanischen Filminstituts. Und wodurch? «Diese Filme sind faszinierende, poetisch-experimentelle NICOLÁS GUILLÉN LANDRIÁN HEIM (74 MIN) A 2008, 11 Min, kein Dialog BAUMEISTER A 2012, 9 Min, kein Dialog EN UN BARRIO VIEJO Kuba 1963, 9 Min, kein Dialog Mit DIE ZEIT VERGEHT … 31. 10., 21 h, Stadtkino im Künstlerhaus 2. 11., 11 h, Metro LOS DEL BAILE YAMA REPORTAJE Kuba 1965, 6 Min, kein Dialog OCIEL DEL TOA Kuba 1965, 17 Min, kein Dialog (spanZTmeU) A 2011/12, 8 Min, kein Dialog EMPTY ROOMS A 2011, 10 Min, kein Dialog R: Claudia Larcher, Constantin Popp Mit THE GREAT FLOOD 6. 11., 13 h, Kino am Schwarzenbergplatz Larchers Filme kann man gar nicht anders als zu Ende schauen, weil sie einen Sog entwickeln wie ein Gruselschocker von David Lynch. Kamerafahrten und beunruhigende Soundtracks wirken in ihnen zu einer ins Mark gehenden Spannung zusammen, freilich ohne dass diese konventionell entladen würde. Kuba 1966, 9 Min, kein Dialog (spanZTmeU) RETORNAR A BARACOA Kuba 1966, 15 Min, OmeU COFFEA ARÁBIGA Kuba 1968, 18 Min, OmeU In den 1960er Jahren produzierte Guillén Landrián etwa zwanzig Arbeiten, formal ziemlich radikale und variationsreiche Betrachtungen seiner kubanischen Heimat und Landsleute. Als beispielhaft für seinen antikommunistischen Gestus gilt ein mit dem Beatles-Song «The Fool on the Hill» unterlegtes Bild Fidel Castros in COFFEA ARÁBIGA (1968). Der REPORTAJE Beobachtungen, die jedoch keinen euphorischen Aufbruch propagieren, sondern denen ein eher dunkler Ton unterliegt und die, wenn es um politische Symbole geht, eine ironische Distanz an den Tag legen.» (Florian Zeyfang) Lange vergessen, wurde das Werk des 1938 auf Kuba geborenen Nicolás Guillén Landrián erst nach seinem Tod 2003 in Miami wiederentdeckt. Mit herzlichem Dank an das Play-Doc Film Festival. 28. 10., 20.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 30. 10., 23 h, Kino am Schwarzenbergplatz 51 Special Programs SANDRA GIBSON UND LUIS RECODER WILDE ETHNOGRAFIE © Collection Musèe Gaumont Die Arbeit des Harvard Sensory Ethnography Lab ABERRATION OF LIGHT: DARK CHAMBER DISCLOSURE © Vila do Conde PT USA 2011–13, ca. 60 Min 35mm-Doppelprojektion, Farbe und Schwarzweiß, Musik: Olivia Block Filmprojektionskunst involviert die Live-Manipulation der Maschine und stellt jenes Gerät in den Mittelpunkt des künstlerischen Schaffens, das gemeinhin am Ende einer langen Kette von Produktionsabläufen steht, die es reproduzieren soll. Mehr nicht. Nicht jedoch für das US-amerikanische Künstler- und Filmemacher-Paar Sandra Gibson und Luis Recoder, das im Projektor keineswegs lediglich ein Gerät sieht, dessen Potenzial sich darauf beschränkt, die Bilder auf einem Filmstreifen zu animieren. Ihre aktuelle Live-FilmPerformance beschreiben Gibson und Recoder als den surrealen Traum eines Filmvorführers, in dem die praktische Tätigkeit des Film|Vorführens als Aufführungspraxis neu interpretiert wird und eine eigene Aufmerksamkeit erfährt. Und das heißt? Das heißt, dass im Rahmen einer Doppelprojektion mit 35mmFilm und zu elektroakustischen Kompositionen Olivia Blocks Bilder fragmentiert, gebrochen und über die Leinwandgrenzen hinaus gesplittert werden: Lichtskulpturen tanzen im Kinosaal, handgefertigt, und das Analoge triumphiert. eine gemeinsame Veranstaltung der Viennale und des Österreichischen filmmuseums. 31.10., 21 h, Filmmuseum 52 Innerhalb nur weniger Jahre hat sich ein Institut an der Universität von Harvard zu einer der interessantesten und spannendsten Produktionsstätten des aktuellen dokumentarischen Kinos entwickelt. Das so genannte «Sensory Ethnography Lab», kurz SEL, ist jedoch kein Institut für den klassischen dokumentarischen Film im engeren Sinne, sondern vielmehr ein offener Ort der kinematografischen Forschung und des Experiments, ein seismografisches Labor der Bilder und der Töne, das sich so weit von konventionellen dokumentarischen Vorgangsweisen und ethnografischen Ideen entfernt hat, dass ein ganz eigener faszinierender Kosmos an audiovisuellen Produktionen entstanden ist. Von der ländlichen Arbeit mit Schafherden (SWEETGRASS) über die Mikroökonomie des Handels mit Autoersatzteilen in Brooklyn (FOREIGN PARTS), vom industriellen Fischfang (LEVIATHAN) bis zu den Pilgergebräuchen in Nepal (MANAKAMANA), die Wirklichkeiten und Welten, denen sich die Filme des SEL widmen und die sie erkunden, sind so reich, so überraschend und vielfältig wie die sinnlichen Herangehensweisen und die spezifische kinematografische Arbeit der FilmemacherInnen selbst. in anwesenheit von Véréna paravel und Stephanie Spray. in Kooperation mit dem Torino film festival. AS LONG AS THERE’S BREATH USA/Nepal 2010, 57 Min, OmeU R: Stephanie Spray «As long as there’s breath, there’s hope», lautet übersetzt das nepalesische Sprichwort, das diesem Film seinen Titel gibt. Wir kennen die Ermutigungsformel angesichts desolater Lage als «Die Hoffnung stirbt zuletzt». Beide Formulierungen laufen aufs Selbe hinaus: die Vergeblichkeit des Hoffens ist immer schon mitgedacht, früher oder später stirbt schließlich jeder. Einstweilen aber wartet Familie Gayek in Nepal auf die Rückkehr eines geliebten Sohnes. Sehnsucht und Ungeduld stehen im Widerspruch zur Notwendigkeit, jeden Tag aufs Neue Enttäuschung zu überwinden und in der dann glanzlosen Normalität Sinn zu stiften. Mit STILL LIFE 29. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz CHAIQIAN (DEMOLITION) USA/China 2008, 62 Min, OmeU R: J.P. Sniadecki Die hypnotische, schwindelerregende Darstellung einer Zerstörung, halb experimentelle Studie, halb dokumentarische Beschreibung. In langen, ruhigen Einstellungen vollzieht sich etwas Alltägliches und zugleich Ungeheuerliches – der Abriss und die Zerstörung einer Wohnsiedlung, einer lebendigen Umgebung. Im Herz der Stadt Chengdu zerlegen, zerbersten, zermalmen arme Wanderarbeiter die menschlichen Behausungen, ziehen Eisendrähte aus Mauerwerk, zerkleinern Beton, ebnen Reste ein. CHAIQIAN erzählt von ihnen, von den verjagten Bewohnern – und die Zukunft des neuen China ersteht wie ein Fluch und eine Verwünschung vor unseren verwunderten Augen. Mit THE YELLOW BANK 27. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz DEAD ICE Soundwork von Stephanie Spray USA/Nepal 2011–12, 20 Min Aufgenommen an unterschiedlichen Orten im Himalaya besteht dieses Hörstück aus zwei Teilen. Im ersten werden Töne und Geräusche aus den nepalesischen Distrikten Solu und Khumbu nach der Ähnlichkeit ihres Klangs montiert, nicht jener ihres Ursprungs. Der zweite bringt die Gletscher der Region zu Gehör, die zu den beeindruckendsten natürlichen Geräusch-Skulpturen der Welt zählen; bedroht allerdings von der Erderwärmung, wie all das Tröpfeln, Plätschern, Rinnen, Rauschen, Fließen, das hier aufgezeichnet ist, unschwer begreifen lässt. DEAD ICE MANAKAMANA versucht eine Antwort auf die Frage, wie die Klimakatastrophe sich anhört und gibt der Erde eine Stimme. Mit SWISS MOUNTAIN TRANSPORT SYSTEMS, RADIO VERSION 30. 10., 13.30 h, Metro 30. 10., 16 h, Metro 1. 11., 12.30 h, Gartenbaukino FOREIGN PARTS STILL LIFE USA/F 2010, 80 Min, OmeU R: Véréna Paravel, J.P. Sniadecki Zwei Jahre lang haben Paravel und Sniadecki die heruntergekommene Industriegegend am Rande von Queens besucht. Haben Impressionen aus einer Welt gesammelt, die in ihrem alltäglichen Chaos, ihrem Überlebenskampf und ihrer fast dörflichen Gemeinschaft um vieles spannender erscheint als das nahe Manhattan. Das was man die Peripherie einer Stadt nennt, ist hier ein eigenes Zentrum, stolz, vielgestaltig und nützlich. Aber der Boden gehört nicht den Anwohnern, sondern Spekulanten und Immobilienentwicklern, und es ist nur eine Frage der Zeit bis auch dieser kleine Dschungel der einfachen Leute gerodet und zerstört wird. 28. 10., 13.30 h, Metro LEVIATHAN USA/GB/F 2012, 87 Min, OF R: Véréna Paravel, Lucien Castaing-Taylor LEVIATHAN ist ein Stück radikales kinematografisches Erleben, ein wilder Kosmos an Bildern und Tönen, aufgezeichnet auf einem Fischerboot auf offenem Meer vor der Ostküste der USA. Ohne jeden Kommentar vertraut der Film auf die optische und akustische Erzählung seiner Elemente: der menschlichen Arbeit, der Gewalt des Meeres, der Ausgesetztheit und Rauheit der Nacht. «Ein filmisches AC/DC-Konzert», meinte die Kritik, eine «biblische Geschichte» und ein «gothic tale of fish and man». Und man wäre nicht wirklich erstaunt, würde sich plötzlich Kapitän Ahab über das Deck bewegen. Ausschau haltend nach dem weißen Wal. 28. 10., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus USA/Nepal 2013, 118 Min, OmeU R: Stephanie Spray, Pacho Velez (Siehe S. 32) USA 2007, 25 Min, OmeU R: Diana Allan Teil eines Porträt-Triptychons, das die Erinnerungsweisen dreier Generationen im Libanon lebender palästinensischer Flüchtlinge zum Gegenstand hat. Hier sind es Fotos, die der alte Fischer Said Otruk aus Acre mitgebracht hat und die vom Leben in der Heimat vor 1948 erzählen. Einer Heimat, die jetzt verloren ist, ebenso wie die Jugend des Mannes, dessen Erinnerung beim Betrachten der Bilder sich als unzuverlässig erweist. Oder, wenn man so will: verklärend. Was aber bedeuten Vergesslichkeit und Irrtum eines Zeitzeugen im Kontext der Geschichtsschreibung und ihres Anspruchs auf Wahrheit und Zuverlässigkeit? Mit AS LONG AS THERE’S BREATH 29. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz SWISS MOUNTAIN TRANSPORT SYSTEMS, RADIO VERSION Soundwork von Ernst Karel USA/CH 2011, 55 Min Auf Wanderungen in der Schweiz, die Karel 2008 gemeinsam mit Helen Mirra unternahm, entstanden die Tonaufnahmen für SWISS MOUNTAIN TRANSPORT SYSTEMS, dessen RADIO VERSION hier zur Aufführung kommt. Zu hören sind die Geräusche jener Mittel, mit Hilfe derer der bekanntlich nicht ganz einfache Transport in den Bergen organisiert ist: Gondeln, Lifte, Seilbahnen verschiedener Bauart, verschiedenen Alters in unterschiedlichen Gegenden und auf unterschiedlichen Höhen. Eine akustische Feldstudie, aufgezeichnet, montiert und gemischt vom Musiker, Toningenieur und Komponist Karel, begleitet von gelegentlicher Percussion Mirras. Zu hören ist der Raum – und die Zeit, die es braucht, ihn zu durchmessen. Mit DEAD ICE 30. 10., 13.30 h, Metro THE YELLOW BANK USA/China 2010, 27 Min, kein Dialog R: J.P. Sniadecki SWEETGRASS USA 2009, 101 Min, OF Regie im klassischen Sinne gibt es hier keine. Regie führt das, was geschieht. Ein Weidegang einer Riesenherde Schafe in den Bergen Montanas. Es wird der letzte dieser Art sein, und insofern ist der von Ilisa Barbash produzierte SWEETGRASS ein historisches Dokument, Bild und Ton zeichnete Lucien Castaing-Taylor auf, Tonschnitt und Mischung besorgte Ernst Karel. Einstweilen blöken die Schafe, verflucht von den Cowboys: «You fuckin’ cocksuckers! Get up that hill!» Minutenlang und doch vergeblich der Eintönigkeit des Viehtriebs trotzend. Die wiederum sich uns vermittelt als Erhabenheit von unberührter Landschaft und archaischer Verrichtung. Ein reizvoller Widerspruch. 31. 10., 16 h, Stadtkino im Künstlerhaus Am 22. Juli 2009 verdunkelte eine totale Sonnenfinsternis den Himmel über Shanghai. Nicht dass das die Metropole in ihrem Lauf sonderlich ausgebremst hätte. Sniadecki richtet seine Kamera mal auf das eine, mal auf das andere Ufer des Flusses Huangpu, der die Stadt in eine alte und eine moderne Hälfte teilt, und filmt in vier Einstellungen Lichtstimmungen, die sich aus Großwetterlage, Architektur und Wasserbewegung ergeben. Dräuende Gewitterwolken über beleuchteten Bürotürmen, deren Lichter im fließenden Strom reflektiert werden. Und das Nicht-Licht der Sonne, das in diesem Zusammenwirken immer sichtbar bleibt. Mit CHAIQIAN 27. 10., 15.30 h, Kino am Schwarzenbergplatz 53 Special Programs DIE GEOGRAPHIE DES LABYRINTHS TIH-MINH F 1918, 497 Min (12 Episoden) stumm (f/nl ZT, englisch eingesprochen) R: Louis Feuillade, D: René Cresté, Mary Harald, Georges Biscot, Édouard Mathé OUT 1 – NOLI ME TANGERE F 1970/90, 769 Min (8 Episoden), OmdU R: Jacques Rivette, D: Jean-Pierre Léaud, Juliet Berto, Michèle Moretti, Michael Lonsdale Jacques Rivette ist ein Genie der Freizügigkeit. Das Verstreichen der Zeit gehorcht bei ihm einer eigenen, inneren Logik. Er probiert zunächst einmal alle Umwege aus, bevor er das Ziel ansteuert. Die Langfassungen seiner Filme sind deshalb meist kurzweiliger als jene, die er dem Diktat konventioneller Kinoauswertung angepasst hat. Ein Drehbuch braucht er selten, hier genügte die Idee, Balzacs «Geschichte der 13» in die Gegenwart von 1970 zu verlegen. Nicht nur die Darsteller wirken bei Rivettes klug gezügelter, anspielungsreicher Improvisation an der Handlung mit, sondern auch der Drehort. OUT 1 ist 54 einer der schönsten Filme über Paris als magischer, klandestiner Ort. Dieser Regisseur liebt die erzählerischen Labyrinthe, die den Blick auf die Realität brechen und in deren Regeln er sein Publikum nur zögerlich einweiht. Er ist nie verlegen darum, immer neue Geheimnisse von Paris zu entdecken oder zu erfinden. Selbst nach 13 Stunden war Rivette mit Balzacs GeheimbundNovelle noch nicht fertig: Auch NE TOUCHEZ PAS LA HACHE von 2007 spielt auf sie an. in anwesenheit von Jean-pierre léaud und Stephane Tchalgadjieff (produzent). 1. 11., Metro 10 h, Episode 1 und 2, 200 Min De Lili à Thomas / de Thomas à Frédérique 13.45 h, Episode 3 und 4, 213 Min de Frédérique à Sarah / de Sarah à Colin 17.45 h, Gespräch zum Film 19 h, Episode 5 und 6, 189 Min de Colin à Pauline / de Pauline à Emilie 22.30 h, Episode 7 und 8, 167 Min d’Emilie à Lucie / de Lucie à Marie © Collection Musèe Gaumont Um die Idee des Seriellen, die so alt ist wie die Geschichte des Kinos, kreist dieses Doppelprogramm, bestehend aus zwei eigenwilligen, zentralen Beispielen: das rund siebenstündige, in zwölf Episoden erzählte Serial TIHMINH von Louis Feuillade, eine Arbeit, die immer im Schatten seines legendären LES VAMPIRES stand, doch wohl eher sein reifstes und reichstes Werk ist. Und Jacques Rivettes geheimnisumwitterter, in seiner Gesamtheit selTIH-MINH ten zu sehender film fleuve OUT1 – NOLI ME TANGERE, ein über zwölfstündiger, in acht Episoden gefasster kinematografischer Tagtraum. Beides fantastische Geschichten von Amnesie, Paranoia und Verschwörung, beides maßlose Parallelwelten von zerfallenden Kollektiven, sich auflösenden Gewissheiten und labyrinthischen Verschlingungen. Die eine, wie Jonathan Rosenbaum sagt, der Versuch einer Selbstreflexion der Bourgeoisie nach dem Schrecken des Ersten Weltkrieges, die andere die Reflexion einer Bohème nach dem Scheitern der Hoffnungen von 1968. Zwei grandiose, unterirdisch miteinander über ein halbes Jahrhundert hinweg verbundene Kino-Serien. Das düstere Paris seiner berühmten Serials FANTOMAS (1913), LES VAMPIRES (1915/16) und JUDEX (1916) hat Louis Feuillade in TIH-MINH (1918) gegen Nizza und die französische Mittelmeerküste getauscht. Doch auch im freundlichen Licht des Südens sind seine Helden, der Abenteurer Jacques d’Athys, dessen Verlobte Tih-Minh und der treue Diener Placide, nicht vor den Nachstellungen einer Bande von Schurken und feindlichen Agenten gefeit, die ihnen das Geheimnis einer Inschrift entreißen wollen, das zu einem indischen Schatz führt. Mordversuche, Entführungen, mysteriöse Amulette, Amnesie auslösende Drogen, wüste Verkleidungen und eine hypnotisch schlafwandelnde Marquise – die Helden müssen in dem 12-teiligen Serial mit jeder Hinterhältigkeit rechnen. Im deutschsprachigen Raum eher zurückhaltend rezipiert, © Collection Musèe Gaumont © Collection Musèe Gaumont TIH-MINH und OUT 1 – zwei große Serials der Kinogeschichte von Louis Feuillade und Jacques Rivette ist Feuillades fantastischer Realismus, ist die wilde Poesie seiner trivialen Sensationsmelodramen, für die französische Kunst – angefangen von den Surrealisten bis zu Filmemachern wie Georges Franju, Alain Resnais, Jacques Rivette und Olivier Assayas – stets ein nie versiegender Quell der Inspiration gewesen. 2. 11., 13.30 h, Metro, 108 Min Episode 1–3 3. 11., 13.30 h, Metro, 82 Min Episode 4–6 4. 11., 13.30 h, Metro, 80 Min Episode 7–9 5. 11., 13.30 h, Metro, 92 Min Episode 10–12 © Collection Musèe Gaumont © Collection Musèe Gaumont ASIAN DELIGHTS Beispiele eines neuen asiatischen Genrekinos in 3D Eine kleine, feine Mitternachts-Reihe zeigt aktuelle asiatische 3D-Filme, die in ihren Herkunftsländern großen Anklang fanden. Darunter den 2012 restaurierten und auf 3D umgearbeiteten Zeichentrickfilm DA NAO TIAN GONG (1961/1964), die wohl berühmteste Verfilmung der Sage vom Affenkönig Sun Wukong, der sich mit den Mächten des Himmels anlegt. Von der Vitalität des Hongkong-Kinos legen XUE DI ZI, Andrew Laus Remake eines Shaw-BrothersKlassikers aus dem Jahr 1975, und Stephen Fungs Martial-Arts-SteampunkHybrid TAIJI YINGXIONG JUEQI Zeugnis ab. HAUNTED von Vikram Bhatt ist als erster indischer 3D-Film sozusagen ein Pionier; eine echte Überraschung aber ist MY NHAN KE von Nguyen Quang Dung – spektakuläres Beispiel eines hierzulande weitgehend unbekannten vietnamesischen Action-Filmschaffens. Kuratiert von leo Moser und andreas Ungerböck. DA NAO TIAN GONG 3D (THE MONKEY KING: UPROAR IN HEAVEN 3D) China 1961–64/2012, 92 Min, OmeU R: Wan Laiming, Tang Cheng/ Su Da, Chen Zhihong Unter den vielen Verfilmungen der chinesischen Volkserzählung vom frechen Affenkönig ist diese die beliebteste und gelungenste. In einem beispiellosen Farbenrausch entfaltet sich die Abenteuergeschichte und wirkt auf Kinder wie Erwachsene gleichermaßen magisch; man erkennt darin vieles, was den japanischen Anime-Meister Miyazaki Hayao inspiriert hat. 2012 wurde der Zeichentrick-Klassiker von Su Da und Chen Zhihong restauriert, um einige neue Szenen ergänzt und auf 3D umgearbeitet. Ein Fest der Sinne. 29. 10., 23 h, Gartenbaukino auf die Reise in die Vergangenheit begibt, um in die tragischen Ereignisse einzugreifen, gibt es kein Halten mehr. Action plus Romantik plus Horror, wie nur Bollywood das kann. 1. 11., 23.30 h, Gartenbaukino MY NHAN KE (THE LADY ASSASSIN) Vietnam 2013, 93 Min, OmeU R: Nguyen Quang Dung, D: Thanh Hang, Ngoc Quyen, Kim Dung, Diem My, Tang Thanh Ha Handfestes aus einer hierzulande unbekannten vietnamesischen Actionfilm-Szene: Mit Hilfe ihres Teams tödlicher Kellnerinnen ermordet die schöne, kaltherzige Besitzerin einer einsam gelegenen Taverne ihre Gäste, um sich zu bereichern. Eines Tages entdecken die Frauen ein in einem Sarg verstecktes, gekidnapptes Mädchen, dessen Familie HAUNTED 3D Indien 2011, 143 Min, OmeU R: Vikram Bhatt, D: Mahakshay Chakraborty, Tia Bajpai, Achint Kaur, Arif Zakaria Ein riesiges Anwesen, ein luxuriöses Herrenhaus, der Geist einer gequälten jungen Frau, der sich nach Erlösung sehnt. Ihm zu helfen ist die gefährliche Aufgabe Rehans, der die millionenschwere Immobilie im Auftrag seines Vaters verkaufen soll, freilich ohne Spuk. Man sieht dem jungen Mann den Helden nicht auf den ersten Blick an, aber als er sich getötet wurde. Und beschließen, es zur Killerin auszubilden, damit es sich rächen kann. Freilich, wie es zunächst schien, verhält es sich nicht. 31. 10., 23 h, Gartenbaukino TAIJI YINGXIONG JUEQI (TAI CHI HERO) HK/China 2012, 102 Min, OmeU R: Stephen Fung, D: Jayden Yuan Xiaochao, Tony Leung Ka-fai, Angelababy, Shu Qi TAI CHI HERO führt die Geschichte von TAI CHI ZERO fort (die Filme wurden parallel gedreht und kamen binnen weniger Wochen hintereinander ins Kino), in der ein Söldner Tai Chi lernen will – und das ausgerechnet in einem Dorf, das keinem Außenstehenden das Erlernen dieser Kunst gestattet. Doch weil er das Dorf vor Angreifern rettet, steht einer Hochzeit mit der Tochter des Dorfältesten nichts mehr im Wege. Da kehrt dessen verschollen geglaubter Sohn zurück und versetzt die Gemeinschaft in helle Aufregung. 26. 10., 24 h, Gartenbaukino XUE DI ZI (THE GUILLOTINES) HK/China/Taiwan 2012, 112 Min, OmeU R: Andrew Lau, D: Huang Xiaoming, Ethan Juen, Shawn Yue, Li Yuchun Ein Remake des Shaw-Brothers-Klassikers THE FLYING GUILLOTINE (1975). Eine kaiserliche Spezialeinheit der Qing-Dynastie, die rücksichtslos gegen Regimegegner vorgeht, gerät selbst in Bedrängnis, als die Macht wechselt. Nicht zuletzt, weil die ersten nach China gelangenden Feuerwaffen ihre Art des Kampfes obsolet werden lässt. Ein bravourös in Szene gesetztes HongkongAction-Melodram um Freundschaft, Freiheit und Loyalität, düster, philosophisch und pathetisch, mit extraschönen Männern. 25. 10., 23 h, Gartenbaukino 55 Special Programs PROGRAMM 3 REALITÄTEN KINO MACHT SCHULE Eine Archäologie des frühen österreichischen Dokumentarfilms EINE FILMSCHAU DES FILMARCHIV AUSTRIA Mit der Filmschau «Realitäten» legt das Filmarchiv Austria in neun Programmen einen ersten Entwurf zu einer Frühgeschichte des österreichischen Dokumentarfilms vor. Viele der gezeigten Filme sind 100 Jahre alt und älter, sie führen zurück in die Zeit des Fin de Siècle, die letzten Jahre der Habsburgermonarchie. Die ersten Filmdokumentaristen treffen auf eine Welt im Umbruch: Geschwindigkeit, Beschleunigung, die Elektrifizierung und der Aufstieg der Massenmedien, das Erstarken neuer gesellschaftlicher Kräfte wie die Frauenund Arbeiterbewegung, die Urbanisierung und die beginnende Globalisierung aller Lebensbereiche kennzeichnen eine Periode, die radikal mit der Vergangenheit brach und einer ungewissen Zukunft entgegensteuerte. Diese Realitäten einer aus den Fugen geratenen Welt bilden den kulturhistorischen Rahmen der kinematografischen Aneignung von Wirklichkeit. Die Filmschau zeichnet Ideen, Zugänge, letztlich das Selbstverständnis der Dokumentaristen nach und macht die Spuren der frühesten Versuche österreichischer Filmpioniere sichtbar, Welt ins Laufbild zu übersetzen. Die Programme enthalten zahlreiche Neurestaurierungen und werden mit kontemporärer Live-Musik namhafter österreichischer und internationaler MusikerInnen begleitet. Kuratiert von ernst Kieninger, nikolaus Wostry und Karl Wratschko. Sämtliche Filmprogramme setzen sich aus mehreren Kurzfilmen zusammen und werden von experimentellen Musikschaffenden live begleitet. Programm 4 wird stumm gezeigt. PROGRAMM 1 PROGRAMM 2 KINOCHRONISTEN KINO-REAL Zur Steigerung der Attraktivität ihres Angebotes entwickelten Wanderkinobesitzer die Strategie, ihre Programme mit selbst gedrehten Aufnahmen lokaler Ereignisse zu bereichern. Sie stellen die Wurzeln des nonfiktionalen Kinos in Österreich dar. Während die filmische Chronik von professionellen Produzenten zur Wochenschau weiterentwickelt wird, bleibt die Darstellung des eigenen Kinos und seines Publikums – einge- Aktualitäten österreichischer Provenienz vor 1914 sind aufgrund der dominierenden Stellung der französischen Firmen Raritäten. Als älteste EIN K. U. K.-FELDKINOZUG … bettet etwa in ein «Stadtbild» – bis zum Ende der Stummfilmzeit ein vitales Genre, das heute einzigartige Einblicke in die Frühzeit des Mediums gewährt. Einführung: Nikolaus Wostry, Karl Wratschko Musik: Philip Jeck & Klaus Karlbauer 25. 10., 21 h, Metro (ca. 51 Min) 56 DIE OZEANFLIEGER … erhaltene Aktualität einer regulären heimischen Produktionsfirma gilt das KAISERMANÖVER der Photobrom-Gesellschaft in Wien, 1909. Mit LEICHENBEGÄNGNIS ALBERT BARON ROTHSCHILD schuf die Pionierfirma des österreichischen Films ein stilistisch avanciertes Zeugnis des jüdischen Wien vor 1914. Die aus der Filmstelle des Kriegspressequartiers hervorgegangene Staatliche Filmhauptstelle produzierte nach Ende der Monarchie die ersten Aktualitäten der jungen Republik. Musik: deepseafish-K (Katharina Klement, Judith Unterpertinger, Manon-Liu Winter) 26. 10., 16 h, Metro (ca. 59 Min) EINE WELT IM WASSERTROPFEN … Alto Arche gilt als Schöpfer des österreichischen Lehrfilms, seine Filme dokumentieren die von der Industrialisierung bedrohte Welt des kleinen Handwerks. Die Staatliche Filmhauptstelle (SHB) tritt Arches Nachfolge an, ab den frühen 1920er Jahren wird eine erstaunliche Bandbreite dokumentarischer Filme produziert. Mit GLASBLÄSEREI etwa gelingt eine äußerst stimmige Variante von Arches Pionierfilm, die ausgezeichnete Fotografie kommt in einer neu restaurierten Kopie zur Geltung und belegt die frühe technische Perfektion des analogen Films. Musik: dieb13 & Mats Gustafsson 27. 10., 14 h, Metro (ca. 59 Min) PROGRAMM 4 DISTINKTION DES KÖRPERS Mit Rudolf Pöch, Pionier des wissenschaftlich-ethnologischen Films in Österreich, halten auch biologistische Ansätze Einzug in die Kinematografie. Während des Ersten Weltkrieges nutzt Pöch in ALS ANTHROPOLOGE IM KRIEGSGEFANGENENLAGER die Zwangssituation in Kriegsgefangenenlagern, um anthropologisches «Studienmaterial» zu kinematografieren. In den 1920er Jahren erfahren biologistische Ansätze ihre Popularisierung in Filmen, die als voyeuristische Sensationen ins Hauptprogramm genommen werden. In der mörderischen Ideologie des Nationalsozialismus erreichen diese Strömungen ihren Höhepunkt. Mit den im Auftrag des «Anthropologischen Staatmuseums» in Wien ALS ANTHROPOLOGE … gemachten RASSENKUNDLICHEN UNTERSUCHUNGEN liegt uns ein beklemmendes Dokument des NSRassenwahns in Farbe vor. Einführung: Nikolaus Wostry 28. 10., 16 h, Metro (ca. 75 Min) PROGRAMM 5 WERKSTÄTTEN DES KRIEGES ren durch weichgraduierte Fotografie und die extensive Verwendung monochromer Einfärbungen und Tonungen des Silberbildes. In diesen phantom rides wird die Tiefe des Raums eindrucksvoll durchmessen und zu neuer, kinematografischer Dimension gebracht. Musik: Lorenzo Senni 30. 10., 19.30 h, Metro (ca. 46 Min) PROGRAMM 7 LANDSCAPE ICONS CARL ZEISS WIEN … Der österreichische Industriefilm hat seine Wurzeln in der Kriegspropaganda des Ersten Weltkrieges. Die darin zur Schau gestellte Leistungsfähigkeit der k.k. Rüstungsindustrie sollte einerseits die Stimmung der Bevölkerung positiv beeinflussen, andererseits wurden die Filme gezielt im neutralen Ausland platziert, um über diesen Umweg auch dem Feind die eigene Stärke zu suggerieren. Führend war dabei die Sascha Filmfabrik des Grafen Kolowrat, der durch seine Beziehungen zum Kriegspressequartier zeitweise eine Monopolstellung in der heimischen Kriegspropaganda einnehmen konnte. Einführung: Florian Bettel Musik: Morphosis (Rabih Beani) 29. 10., 16 h, Metro (ca. 52 Min) PROGRAMM 6 PHANTOM RIDERS Wenn es eine unwidersprochene Ideologie in Österreich gibt, die allen politischen Veränderungen trotzte, dann ist es die Überzeugung, in einem an Naturschönheiten reich gesegneten Land zu leben. Das Zelebrieren der Landschaft in filmischen Bildern ist eine durchgehende Konstante des heimischen Filmschaffens. Das Instrumentieren der österreichischen Landschaft im nonfiktio- DIE BESTEIGUNG … nalen Bereich ist nicht nur auf den Landschaftsfilm beschränkt, sondern findet folgerichtig auch in der ganzen Bandbreite des propagandistischen Films – vom touristischen Werbefilm bis zum politisch motivierten Dokumentarfilm – seinen Ausdruck. Musik: Cherry Sunkist (Karin Fisslthaler) 31. 10., 16 h, Metro (ca. 68 Min) PROGRAMM 8 IKONOGRAFIE DER MACHT EINE FAHRT MIT DER … Die sogenannten Travelogs, Fahraufnahmen von Eisenbahnen, Schiffen etc., bilden ein medienspezifisches Pioniergenre des Films. Zu einer wahren Meisterschaft hat es dabei die Sascha-Film gebracht; ihre rund 10-minütigen Reiseberichte sind Kleinode der kinematografischen Weltaneignung. Ihre stilistisch herausragenden Reiseberichte brillie- Einige der frühesten überlieferten dokumentarischen Filme bilden schon sehr deutlich Herrschaftsverhältnisse ab und zeugen vom respektvollen Abstand zwischen Macht und Gesellschaft, deren Perspektive der Kinematograf vertritt. Die Kadrage ist mit dominanten Totalen auf die Einheit des Ereignisses ausgerichtet, womit die zeremonielle, ja kultische Distanz zwischen der Person des Herrschers und dem Publikum gewahrt bleibt. Karl I. hingegen nutzt die Möglichkeiten des Mediums bewusst zur Legitimierung seiner brüchigen Herrschaft. Er UNSER KAISER erlaubt der Kamera näherzurücken, sie wird zum unmittelbaren Teil des Ereignisses. Musik: Eduardo Raon 2. 11., 16.30 h, Metro (ca. 66 Min) PROGRAMM 9 ENTFESSELTE MASSEN WIEN ERWACHT … Die filmischen Dokumente der Monarchie zeigen die Massen fast ausschließlich als passive Zuschauer, deren einzige Funktion die Akklamation der Herrschaft zu sein scheint. Mit der Ausrufung der Republik manifestiert sich die Masse als politischer Akteur, die Straße wird Ort des politischen Geschehens. Der politische Diskurs erobert – auch im Kino sichtbar – den öffentlichen Raum, und in DIE SCHRECKENSTAGE VON WIEN, einem Filmbericht über den Brand des Justizpalastes und das Gemetzel der Exekutive an Demonstranten, wird die Straße endgültig zum Austragungsort der politischen Auseinandersetzung. Musik: Mika Vainio 3. 11., 16.30 h, Metro (ca. 65 Min) 57 Retrospektive 18. Oktober – 24. November JERRY LEWIS Bereits mit fünf Jahren stand Jerry Lewis, 1926 als Joseph Levitch und Sohn russisch-jüdischer Eltern geboren, gemeinsam mit seinem Vater, einem Entertainer, erstmals auf einer Bühne. Und als er 1945 auf Dean Martin traf, konnte er auf drei Jahre Erfahrung als eigenständiger Komiker zurückblicken. Lewis und Martin wurden zum Dreamteam der New Yorker Clubs, ab 1949 auch Hollywoods und traten in sechzehn Filmen gemeinsam auf. 1956 trennten sich ihre Wege und Lewis’ Karriere als Regisseur begann. Gleichzeitig hinter und vor der Kamera, und auf beiden Seiten gleich perfektionistisch, schuf er in der Slapstick-Tradition eines Stan Laurel sein eigenes geniales Universum der komisch-desaströsen Tollpatsche, Sissies und sympathisch schüchternen Außenseiter, die vor lauter Bemühen dazuzugehören eine fröhliche Spur der Verwüstung hinterlassen. Seit Beginn der siebziger Jahre machte der «King of Comedy» sich rar als Filmemacher wie als Schauspieler, wurde aber seit seiner Rolle in Scorseses gleichnamigem Film von 1983 endlich auch als Darsteller jenseits des Komikerfachs ernstgenommen. Seine größte Wertschätzung erfuhr Lewis, der wie der Inbegriff des Amerikanischen erscheinen mag, paradoxerweise stets jenseits der USA. Es waren die europäischen Cineasten, vornehmlich in Frankreich, die schon früh in ihm einen der großen Individualisten des Kinos erkannten. ohne Geschichte, ohne Handlung». Als stummer Page stolpert Lewis in einem Luxushotel von einer komischen Kalamität in die nächste, begegnet mehrfach – eine schöne Hommage an die Vorbildfigur – einem Stan-Laurel-Double mit köstlichen Cameoauftritten, erlebt dann aber auch wieder diese magischen Momente, die nur einem tumben Toren wie ihm zuteilwerden – wenn er etwa als Dirigent ein abwesendes Orchester zum Klingen bringt. Vorfilm: Auszug aus THE COLGATE COMEDY HOUR (3 Min) 18. 10., 21 h, Filmmuseum 31. 10., 18.30 h, Filmmuseum ARIZONA DREAM THE BIG MOUTH USA 1993, 142 Min, Omd/fU R: Emir Kusturica, D: Johnny Depp, Jerry Lewis, Faye Dunaway, Lili Taylor Schon Jerry Lewis’ erster Auftritt ist gleich eine Hommage: der verträumte Axel (Depp), im Halbschlaf auf dem langen Weg durch die Wüste zu seinem Onkel Leo (Lewis), dem selfmademan und Auto-Händler, sieht diesen, mit unverkennbar federndem Schritt und einem Besen als Staubwedel bewaffnet, an einer Reihe von insektengleich, meterhoch aufgespießten Cadillacs vorbeitänzeln. Die Mischung aus KusturicaFantasmen und absurdem Slapstick Lewis’scher Prägung bleibt bestimmend für diesen Film über Träumer, Eskimos und fliegende Fische. 8. 11., 20.30 h, Filmmuseum 24. 11., 15.30 h, Filmmuseum 58 ARTISTS AND MODELS USA 1955, 109 Min, OF R: Frank Tashlin, D: Dean Martin, Jerry Lewis, Shirley MacLaine, Dorothy Malone Brotlose Kunst – betrieben von Maler Rick (Martin) und Kinderbuchautor Eugene (Lewis) – tritt an gegen kunstloses Brot: bunte Comic-Heftchen, massenproduzierte, lukrative Verderber der Jugend, wie dieser Film durch einen speziell missratenen Jungmenschen sowie ein hochkarätig besetztes TV-Panel zum Thema eindrucksvoll belegt. Dieser Hauptstrang der Geschichte verwirrt sich mit immer weiteren, zunehmend irrwitzigen Handlungsfäden zu einem grandios komischen Knäuel, das sich erst im finalen bonbonbunten Künstlerball «Artists and Models» zum Happy-End auflöst. 20. 10., 18.30 h, Filmmuseum 2. 11., 21 h, Filmmuseum THE BELLBOY USA 1960, 70 Min, OF R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Alex Gerry, Bob Clayton, Sonnie Sands Die erste Regiearbeit von Lewis ist in der Tat, wie im Prolog vom Produzenten angekündigt, kein gewöhnlicher Film, sondern ein «reiner Spaß, USA 1967, 107 Min, OF R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Harold J. Stone, Susan Bay, Buddy Lester Es hat schon Hitchcock’sche Züge, wie der harmlose Bankangestellte Gerald Clamson in seinem ersehnten Jahresangelurlaub in einen wilden Plot um gestohlene Diamanten hineingerät, so dass er am Ende alle an den Hacken hat, von rivalisierenden Gangsterbanden bis zur Polizei. Nahezu brechtisch dagegen ist die Erzählweise: Ein seriös wirkender älterer Herr greift im Laufe der Geschichte immer wieder ordnend und überleitend ein, auch wenn dafür die Bewegungen der Handelnden mal eben eingefroren werden müssen. Einführung: Jonathan Rosenbaum 30. 10., 21 h, Filmmuseum 11. 11., 18.30 h, Filmmuseum THE LADIES MAN THE CADDY USA 1953, 95 Min, OmschwedU R: Norman Taurog, D: Dean Martin, Jerry Lewis, Donna Reed, Barbara Bates Ob seiner Phobie vor Menschenmengen wird Harvey (Lewis) – über den Umweg des gescheiterten Ladenschwengels – vom möglichen Golfprofi zum (un)scheinbaren Caddy seines künftigen Schwagers Joe (Martin). Der wiederum versucht per Golfkarriere dem väterlichen Beruf des Fischers und der Ärmlichkeit zu entkommen. Als ein Impresario beim Golfturnier ihre so ungewollten wie perfekten Lachnummern beobachtet, gibt er ihnen den Tipp, wel- wird als Kern des Märchens die typisch Lewis’sche Frage nach dem Verhältnis zwischen den «Kleinen», Bescheidenen und den «Großen» und Mächtigen verhandelt, oder, in Fellas Worten, zwischen «people» und «persons». Vorfilm: Auszug aus THE COLGATE COMEDY HOUR (5 Min) 20. 10., 21 h, Filmmuseum 6. 11., 18.30 h, Filmmuseum THE ERRAND BOY USA 1961, 91 Min, OF R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Brian Donlevy, Howard McNear, Dick Wesson In Lewis’ eigenwilliger Version der amerikanischen Traumkarriere «vom Tellerwäscher zum Millionär» engagiert die trotz erfolgreicher Filme kriselnde Produktionsfirma THE DISORDERLY ORDERLY chen Beruf sie eigentlich gerade schwänzen … Eine augenzwinkernde Begegnung des Komikerduos mit sich selbst. Vorfilm: Auszug aus THE COLGATE COMEDY HOUR (16 Min) 23. 10., 18.30 h, Filmmuseum 3. 11., 16 h, Filmmuseum USA 1964, 90 Min, OF R: Frank Tashlin, D: Jerry Lewis, Glenda Farrell, Susan Oliver, Karen Sharpe Jerome Littlefields Arztkarriere endet ob seiner «Neurotischen Identifikationsempathie» vorzeitig, und die Zukunft als Krankenpfleger im Whitestone Sanatorium sieht angesichts seines desaströsen Übereifers nicht viel rosiger aus. Erst sein selbstloser Einsatz für eine Selbstmordpatien- CINDERFELLA USA 1960, 91 Min, OF R: Frank Tashlin, D: Jerry Lewis, Ed Wynn, Judith Anderson, Henry Silva Das Spiel mit Geschlechterklischees macht in den Filmen mit Jerry Lewis stets einen Gutteil der Komik aus, CINDERFELLA treibt das crossgender zur parodistischen Perfektion, männliche gute Feen inklusive, und holt überdies so ziemlich alles an Schauwerten aus dem Märchenstoff heraus, was die moderne Filmmaschinerie hergibt. Und wie nebenbei «Paramutual Pictures» den ungeschickten Plakatkleber Marty S. Tashman als internen Spion. Martys bühnenreifes Talent, Chaos und Verwüstung zu stiften, führt folgerichtig zu seiner Entlassung, aber ebenso zu seiner anschließenden Entdeckung als ein Naturtalent des Komischen. In einer letzten Einstellung hilft der neue Star dem ebenfalls neuen, noch unbeholfeneren Plakatkleber. 21. 10., 21 h, Filmmuseum 2. 11., 18.30 h, Filmmuseum THE FAMILY JEWELS tin, die der Aufsichtsrat des Hospitals vor die Tür setzen will (schon damals galt «no money, no bed!»), heilt ihn. In einem furiosen Schlussspurt aber kann er zu unser aller Freude noch einmal sein überragendes Talent zur kettenreaktiven Totalzerstörung unter Beweis stellen. 27. 10., 21 h, Filmmuseum 23. 11., 18.30 h, Filmmuseum USA 1965, 108 Min, OF R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Sebastian Cabot, Donna Butterworth, Milton Frome Die zehnjährige Donna soll nach dem Tod ihres schwerreichen Vaters unter seinen fünf Brüdern einen Ersatzvater wählen. Ihr Chauffeur und Verbündeter Willard kutschiert sie zu den verschrobenen Onkeln, deren Familienähnlichkeit im Übrigen frappierend ist. Doch da taucht als sechster Anwärter der totgelaubte Gangster Bugs auf und versetzt mit dem Kidnapping seiner Nichte noch einmal alle in Aufregung. Donna aller59 Retrospektive dings hat sich ohnehin längst entschieden, und mit einem letzten Verkleidungscoup werden am Ende auch die Juristen ausgetrickst. 28. 10., 21 h, Filmmuseum 16. 11., 18.30 h, Filmmuseum FUNNY BONES USA 1995, 127 Min, OF R: Peter Chelsom, D: Oliver Platt, Jerry Lewis, Lee Evans, Leslie Caron Was ist komisch? So die tiefer liegende Frage, die diese Geschichte um Schmuggel, Ideenklau und alte Schuld zu klären sucht. Jerry Lewis in der Rolle des George Fawkes, dem Starkomiker als übermächtiger Vaterfigur, gibt die präzise Antwort: «Some people are funny, some people tell funny.» Wo die einen gute Witze gekonnt erzählen, haben die anderen die funny bones und keine andere Wahl, als mit ihrem ganzen Körper und ihrem ganzen Sein für das entfesselte Lachen des Publikums zu zahlen. Denn, so eine weitere Erkenntnis, es gibt nichts Komisches, das nicht zugleich schrecklich wäre. 7. 11., 20.45 h, Filmmuseum 23. 11., 16 h, Filmmuseum THE GEISHA BOY USA 1958, 108 Min, OF R: Frank Tashlin, D: Jerry Lewis, Marie McDonald, Sessue Hayakawa, Barton MacLane auf dem Flug dorthin ins Aus. Lewis’ Slapstickkomik gewinnt hier tieferen Sinn, gelingt es Wooley doch, mit seinen unfreiwilligen Lachnummern einen japanischen Waisenjungen aus seiner Trauer und Isolation zu locken. Es entwickelt sich die berührende Geschichte zweier Seelenverwandter jenseits von Sprachbarrieren, die sich ihre Zuneigung einiges kosten lassen. 28. 10., 18.30 h, Filmmuseum 10. 11., 20.45 h, Filmmuseum HARDLY WORKING USA 1980, 104 Min, Omd/fU R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Susan Oliver, Roger C. Carmel, Deanna Lund THE KING OF COMEDY Nicht von ungefähr reiht der Vorspann Szenen aus vergangenen Filmen mit Jerry Lewis aneinander, spielt dieser hier doch als alternder Komiker (er ist zum Zeitpunkt der Dreharbeiten vierundfünfzig) einen alternden Clown, Bo Hooper, der zu Beginn der Geschichte seine Arbeit verliert. Desorientiert versucht er sich in diversen Jobs, die, wie kaum anders zu erwarten, in Komik und Katastrophen enden. Bleibt nur noch der öffentliche Dienst! Über den Umweg des Postboten findet Bo schließlich wieder zu seinem angestammten Clowndasein zurück. Einführung: Chris Fujiwara 3. 11., 21 h, Filmmuseum 14. 11., 18.30 h, Filmmuseum HOLLYWOOD OR BUST Der abgebrannte Zauberkünstler Wooley (Lewis) und sein weißer Hase Harry, der ihm von Beginn an die Show stiehlt, sollen in Japan die US-Truppen unterhalten, manövrieren und stolpern sich aber bereits 60 men Film gesanglich und gagtechnisch noch einmal zu Höchstform auf und löst mehr als ein, was die Widmung des Prologs an die «Fernsehflüchtlinge und Filmfans» in aller Welt erwarten ließ. Einführung: Adrian Martin Vorfilm: Auszug aus THE COLGATE COMEDY HOUR (21 Min) 26. 10., 18.30 h, Filmmuseum 13. 11., 20.30 h, Filmmuseum USA 1956, 95 Min, OF R: Frank Tashlin, D: Jerry Lewis, Dean Martin, Pat Crowley, Anita Ekberg Eine nicht ganz freiwillige Fahrgemeinschaft aus Zocker Steve (Martin), dem anhänglichen Cinemaniac Malcolm (Lewis), dessen Dogge Mr. Bascomb und der aufstrebenden Sängerin Terry durchquert in diesem Roadmovie die USA auf dem Weg zu ihrem Traumziel Hollywood. Vor den in bunter Abfolge kulissenhaft wechselnden Landstrichen läuft das Duo Lewis-Martin im letzten gemeinsa- USA 1983, 109 Min, OF R: Martin Scorsese, D: Robert De Niro, Jerry Lewis, Diahnne Abbott, Sandra Bernhard Soll man Rupert Pupkin (De Niro) bedauernswert, beängstigend oder einfach nur unerträglich lächerlich finden? In jedem Fall ist dem selbsternannten «King of Comedy», der im heimischen Keller vor Pappkameraden und Lachern vom Band seine Nummern probt, jeglicher Realitätssinn abhandengekommen. Die Absage seines Idols Jerry Langford (verkörpert von einem beeindruckend authentischen Lewis) «zwingt» ihn dazu, diesen zu kidnappen, um die ihm verweigerte TV-Sendezeit zu erpressen – mit einem Erfolg, wie ihn wohl nur Zyniker des Showbusiness erwarten konnten. 25. 10., 21.15 h, Filmmuseum 24. 11., 20.30 h, Filmmuseum THE LADIES MAN USA 1961, 95 Min, OF R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Helen Traubel, Pat Stanley, Kathleen Freeman Herbert H. Heebert (Lewis), von seiner Collegeliebe verlassen und zu ewigem Junggesellendasein entschlossen, findet einen Job als Laufjunge – ausgerechnet in einer Frauenpension. Die einunddreißig Damen nutzen seine mehr oder häufig eher weniger hilfreichen Dienste reichlich aus, aber am Ende ist es dieses Gefühl, gebraucht zu werden, das seinem angeknacksten Selbstbewusstsein wieder aufhilft. Grandios die Kulisse des Films, für die Lewis die Pension als ein fantastisches, auf allen Etagen einseh- und bespielbares Puppenhaus ins Studio bauen ließ. 19. 10., 21 h, Filmmuseum 1. 11., 18.30 h, Filmmuseum THE NUTTY PROFESSOR USA 1963, 107 Min, OF R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Stella Stevens, Del Moore, Kathleen Freeman THE PATSY In dieser Jekyll-und-Hyde Variante besitzt das Alter Ego des genial-tollpatschigen und gefährlich experimentierfreudigen Chemieprofessors Kelp alles, was diesem fehlt: Buddy Love ist ein Frauenheld, gutaussehend, cool – und dennoch ein Monster. Lewis verdichtet dieses Paradox in einer zentralen Sequenz: Nach Kelps erster Verwandlung verengt sich der Fokus der subjektiven Kamera auf seinen Blick, mit dem er die entsetzte Reaktion der Passanten auf seine Person wahrnimmt. Doch statt der erwarteten grausigen Missgestalt schockiert uns nach dem Perspektivwechsel das makellose Äußere von Buddy Love. 24. 10., 21 h, Filmmuseum 9. 11., 20.45 h, Filmmuseum LIVING IT UP USA 1954, 94 Min, OmschwedU R: Norman Taurog, D: Jerry Lewis, Dean Martin, Janet Leigh, Edward Arnold Vermutlich hätte Hilfsbahnhofsvorsteher Homer Flagg (Lewis) diesen recht unorthodoxen Weg nach New York sogar freiwillig gewählt, um nur endlich aus dem Kaff Desert Hole(!) herauszukommen. Doch wer plant schon, mit einem Güterzug in Los Alamos zu landen, um, vermeintlich atomar verseucht, seine «letzten Tage» als Objekt öffentlichen Mitleids in New York zu verbringen? Homer und sein Arzt und Freund (Martin), der ihn durchaus eigennützig als moribund diagnostiziert, ziehen in der Metropole alle Register – bis übelmeinende Mediziner die Hiobsbotschaft verbreiten, er sei gesund. Vorfilm: Auszug aus THE COLGATE COMEDY HOUR (15 Min) 24. 10., 18.30 h, Filmmuseum 9. 11., 18.30 h, Filmmuseum spitze Stiefel – da müssen die bösen Buben ja einknicken. Vorfilm: Auszug aus THE COLGATE COMEDY HOUR (11 Min) 27. 10., 16 h, Filmmuseum 17. 11., 18.30 h, Filmmuseum PARDNERS USA 1956, 88 Min, OmschwedU R: Norman Taurog, D: Jerry Lewis, Dean Martin, Lori Nelson, Agnes Moorehead USA 1964, 101 Min, OF R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Ina Balin, Everett Sloane, Phil Harris Nachdem ihr Auftraggeber, ein berühmter Komiker, verunglückt ist, braucht sein Produktionsteam einen neuen Star. Die Wahl fällt auf den ungeschickten, im Alltag aber brüllend komischen Hotelboy. Doch der ist auf der Bühne, genötigt einem Drehbuch zu folgen, gar nicht witzig. Erst als seine Produzenten ihn im Stich lassen und er wieder auf sich allein gestellt ist, kann er sein Talent ausspielen und wird über Nacht zum gefeierten Komiker. Unter den Stars, die sich in Lewis’ Persiflage auf das Showbusiness selbst spielen: Peter Lorre in seiner letzten Rolle. 26. 10., 21 h, Filmmuseum 8. 11., 18.30 h, Filmmuseum ROCK-A-BYE BABY Nicht einmal das amerikanischste aller Genres, der Western, ist vor dem Duo Lewis und Martin sicher, und natürlich muss es gleich die klassische Urgeschichte von der späten Rache der Söhne sein, deren Väter als arme Farmer von einer Mörderbande auf ihrer Ranch dahingemetzelt wurden. Doch so unklassisch camp wie J.L., aka «Killer Jones», hat noch kein siegreicher Sheriff je den Kampf angetreten: Hose und Hemd in Babyblau, weißes Flatterhalstuch und rote bestickte, waffentauglich USA 1958, 103 Min, OF R: Frank Tashlin, D: Jerry Lewis, Marilyn Maxwell, Reginald Gardiner, Salvatore Baccaloni Die Schauspielerin Carla, Schwarm Claytons (Lewis) seit seiner Jugend, schiebt ihm ihre unehelichen Drillinge zu – und Clayton geht ganz auf in dem unerhofften Kinderglück. Mit welcher Hingabe er sich den Babies widmet hat bei aller Komik etwas so Liebenswertes und Anrührendes, dass wir mit ihm zutiefst empört sind, als ein ignorantes Gericht ihm sein Muttersein aberkennt und die Kinder zur Adoption freigibt. Hier ist Lewis’ Figur einmal weit mehr als nur der sympathische kindliche Chaot, er scheint (halbwegs) erwachsen geworden. 27. 10., 18.30 h, Filmmuseum 11. 11., 20.45 h, Filmmuseum 61 Retrospektive SAILOR BEWARE USA 1952, 104 Min, OF R: Hal Walker, D: Dean Martin, Jerry Lewis, Corinne Calvet, Marion Marshall Nachtclubsänger Al und der hauptberufliche Hypochonder Melvin (Martin und Lewis) landen wider Willen beziehungsweise wider Erwarten bei der Navy. Die vermeintliche Elitetruppe zu Wasser liefert den pittoresken Hintergrund für schmelzende Songs und perfekte Slapsticknummern, die in dem mit chaplinesker Eleganz choreografierten Boxkampf Melvins gegen ein rabiates Schwergewicht gipfeln. Wie sagte ein gewisser Cassius Clay einige Jahre später: «Float like a butterfly, sting like a bee!»; zumindest den ersten Teil führt Lewis zur Perfektion. 25. 10., 16 h, Filmmuseum 7. 11., 18.30 h, Filmmuseum SMORGASBORD USA 1983, 89 Min, Omd/fU R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Milton Berle, Sammy Davis Jr., Herb Edelman Lewis’ letzter Kinofilm kommt erneut ohne Plot und ohne Handlung aus. Der Reigen kleinerer bis größerer Desaster aus Geschichte und Gegenwart, darunter eine äußerst effektive Methode der Raucherentwöhnung, illustriert vielmehr anschaulich, dass der Wunsch Warren Effrons, seinem Leben ein Ende zu setzen, der ihn nach grandios gescheiterten Versuchen in die Therapie führt, durchaus berechtigt ist. Der Schluss beschert Effron die Heilung durch den wohl extremsten Fall von Gegenübertragung der Psychatriegeschichte und dem Zuschauer die Erklärung des ominösen Titels. Einführung: Chris Fujiwara 4. 11., 21 h, Filmmuseum 21. 11., 18.30 h, Filmmuseum 62 THE STOOGE USA 1952, 99 Min, OmschwedU R: Norman Taurog, D: Dean Martin, Jerry Lewis, Polly Bergen, Marion Marshall Zunächst ist der naive Tollpatsch Ted Rogers (Lewis) in der Tat nur der stooge, der Stichwortgeber für den Sänger Bill Miller (Martin), der seinen uninspirierten Soloauftritt durch das «spontane» Eingreifen eines Trottels aus dem Publikum aufzupeppen versucht. Erst spät erkennt Bill, dass sein irrwitzig komischer Partner unwillentlich zum main act avanciert und er selbst, gewissermaßen der Weißclown des Gespanns, nichts ist ohne den dummen August. Mit Blick auf den Bruch des realen Duos Martin-Lewis vier Jahre später ein geradezu prophetischer Konflikt. Vorfilm: Auszug aus THE COLGATE COMEDY HOUR (10 Min) 18. 10., 18.30 h, Filmmuseum 4. 11., 18.30 h, Filmmuseum THREE ON A COUCH USA 1966, 109 Min, OF R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Janet Leigh, Mary Ann Mobley, Gila Golan Künstler Chris Pride darf in Paris ein Fresko malen, Freundin Elizabeth, Psychaterin, soll natürlich mit. Doch die möchte ihre drei männergeschädigten und darob -hassenden Patientinnen nicht im Stich lassen. Also macht sich Chris an die «Heilung» der drei und nähert sich ihnen als der – wie er meint – je passgenaue Männertyp. Einmal mehr Gelegenheit für Lewis, bravourös von einer absurden Figur, sei es Insekten-Nerd, Rancher oder Sport-As, zur nächsten zu springen, bis das Karussell auseinanderfliegt – und alle Beteiligten glücklich und zufrieden zurücklässt. Einführung: Chris Fujiwara 30. 10., 18.30 h, Filmmuseum 14. 11., 20.30 h, Filmmuseum WHICH WAY TO THE FRONT? USA 1970, 96 Min, OF R: Jerry Lewis, D: Jerry Lewis, Jan Murray, John Wood, Steve Franken THAT’S MY BOY USA 1951, 104 Min, OF R: Hal Walker, D: Dean Martin, Jerry Lewis, Ruth Hussey, Eddie Mayehoff Im vierten Film des bühnen- und TVerprobten odd couple Martin-Lewis leidet Letzterer als kränkelndes Muttersöhnchen unter geradezu mythischem Vaterterror amerikanischer Prägung: Football heißt hier der Prüfstein wahrer Männlichkeit. Dabei behandelt die Collegegeschichte das Thema nicht nur als Vehikel für Lewis’ komische Einlagen. Unter Dreingabe populärer Ich-Psychoanalyse nicht zuletzt durch die erfreulich hemdsärmelige Mitstudentin Terry bekommt die Vergötterung des starken Ego im allamerican way of life gehörig ihr Fett weg. Vorfilm: Auszug aus THE COLGATE COMEDY HOUR (9 Min) 21. 10., 18.30 h, Filmmuseum 1. 11., 16 h, Filmmuseum Die Geschichte des patriotischen Multibillionärs Brendan Byers, der, durch die Musterung gefallen, mittels Privatarmee in den Zweiten Weltkrieg eingreift, kommt visuell konsequent im Siebziger-Jahre-Styling daher. Speziell die Söldnertruppe selbst, in orangefarbenen Stretchanzügen oder blitzblauen Uniformen mit roten Nylonrollis, wirkt wie aus einer Zeitmaschine gefallen. Vielleicht ist der ganze Film ein wenig verspätet, was aber dem Spaß an der nach Chaplin zweitbesten Zermarterung der Teutschen Sprache durch den als Feldmarschall Kesselring doubelnden Byers beileibe keinen Abbruch tut. Einführung: Chris Fujiwara Vorfilm: Auszug aus THE COLGATE COMEDY HOUR (3 Min) 1. 11., 21 h, Filmmuseum 13. 11., 18.30 h, Filmmuseum WHO’S MINDING THE STORE? USA 1963, 90 Min, OF R: Frank Tashlin, D: Jerry Lewis, Jill St. John, Ray Walston, John McGiver Norman Phiffier (Lewis), seines Zeichens zuletzt Pudelausführer, wird im Kaufhaus Tuttle von Abteilung zu Abteilung gereicht, um sich, so der Wille der diktatorischen Mrs. Tuttle, als künftiger Gatte ihrer Tochter (inkognito Fahrstuhlführerin im Tuttlekaufhaus) gründlich zu disqualifizieren. Norman tut sein Bestes, um diesem Anspruch zu genügen, aber erst mit der finalen Zerstörungsorgie mittels wildgewordenem Staubsauger gelingt dies beinahe – käme ihm da nicht seine großmütige Bescheidenheit in die Quere, die sogar eine Mrs. Tuttle erweicht. 23. 10., 21 h, Filmmuseum 3. 11., 18.30 h, Filmmuseum YOU’RE NEVER TOO YOUNG USA 1955, 102 Min, OF R: Norman Taurog, D: Dean Martin, Jerry Lewis, Diana Lynn, Nina Foch Auf der Flucht vor einem brutalen Diamantenräuber versteckt sich Friseurgehilfe Wilbur in einem Matrosenanzug und verleiht damit der Kindlichkeit und Naivität dieser typischen Lewis-Figur das adäquate Äußere. Paradoxerweise führt diese Li- zenz zur Albernheit dazu, dass Lewis zwischenzeitlich als «erwachsener» Wilbur – auch stimmlich – immer mal runterkommt von seinem hochartistischen Blödelniveau und zu dem ein oder anderen ruhigeren Moment findet. Aber keine Bange, auf ausgefeilte Slapstickattacken und Musicalnummern mit Partner Martin muss hier niemand verzichten. Vorfilm: Auszug aus THE COLGATE COMEDY HOUR (12 Min) 19. 10., 18.30 h, Filmmuseum 6. 11., 21 h, Filmmuseum BONJOUR MR LEWIS F 1982, 332 Min, f/eOmdU Teil 1 (Folge 1 und 2), 113 Min Teil 2 (Folge 3 und 4), 111 Min Teil 3 (Folge 5 und 6), 108 Min R: Robert Benayoun THE COLGATE COMEDY HOUR USA 1950–55, OF Die vom Sender NBC in den Jahren 1950 bis 1955 produzierte, jeweils einstündige Live-Sendung THE COLGATE COMEDY HOUR zählt zu den Klassikern der amerikanischen TVGeschichte. Unter wechselnden Gastgebern traten Jerry Lewis und Dean Martin in allen sechs Staffeln auf. Ihre Sketches orientierten sich – fernsehgerecht – an ihren Bühnennummern, mit viel Platz für Improvisation und Reaktion auf Kamera und Publikum. Angesichts etwa ihrer adhoc Verwandlung in Deutsch radebrechende Nazispione oder auch der großartigen Persiflage auf COME BACK, LITTLE SHEBA mit Burt Lancaster himself wollen einem diese Ferseharbeiten als das Beste scheinen, was sie als Duo je geliefert haben. Ausgewählte Auszüge aus dem TV-Programm THE COLGATE COMEDY HOUR werden vor einzelnen Filmen gezeigt Die tiefe Verehrung Robert Benayouns für den ungekrönten König des Slapstick und der entfesselten Albernheit dürfte mit seiner eigenen Affinität zum Surrealismus zu tun haben, dem er sich in den vierziger Jahren anschloss und der ihn dazu anregte, sich neben Lewis mit weiteren Großmeistern der absurden Komik, wie den Marx Brothers und Buster Keaton, zu beschäftigen. In sechs Folgen vertieft sich Benayoun, der lange Jahre als Filmkritiker in Paris verbrachte, in die verschiedenen Aspekte des Wirkens und der Persönlichkeit des Komikers und durfte sich dabei augenscheinlich des schier unerschöpflichen Vorrats an nicht verwendetem oder privatem Filmmaterial bedienen, das Lewis, der angeblich keinen Meter Zelluloid wegwirft, in seinem Keller hortete. Neben den Interviews, in denen renommierte Kollegen von Mel Brooks über Scorsese bis John Landis und immer wieder Lewis selbst zu Wort kommen, sind es insbesondere diese raren und teils verblüffenden Bilder, die einen neuen, geschärften Blick auf Lewis als Filmarbeiter wie als Mensch ermöglichen. 25. 10., 18.30 h, Filmmuseum (Teil 1) in anwesenheit von pierre p Kalfon (produzent). 26. 10., 16 h, Filmmuseum (Teil 2) 28. 10., 16 h, Filmmuseum (Teil 3) 30. 10., 16 h, Filmmuseum (Teil 1) 31. 10., 16 h, Filmmuseum (Teil 2) 2. 11., 16 h, Filmmuseum (Teil 3) FÜR DEN INHALT VERANTWORTLICH Alexandra Seitz, Paolo Calamita TEXTE Hans Hurch, Gerhard Midding, Thomas Mießgang, Lars Penning, Maria Poell, Roman Scheiber, Alexandra Seitz, Verena Teissl sowie Sascha Rettig (Ferrell), Olaf Möller (García Pelayo), Ralph Umard (Torres), Andreas Ungerböck (Asian Delights), Ernst Kieninger, Nikolaus Wostry, Karl Wratschko (Realitäten), Barbara Kronsfoth & Maria Marchetta (Retrospektive) LEKTORAT Roland Faltlhansl GRAFIK Rainer Dempf, Fiona Fleck ANZEIGENVERKAUF Barbara Heumesser ABBILDUNGSNACHWEIS Produktionsfirmen; Regisseure; Verleiher; Weltvertriebe; Filmdokumentationszentrum Filmarchiv Austria; Österreichisches Filmmuseum; Filmbild Fundus, Herbert Klemens; Archivo Fotogramas; Filmoteca Española; Musée Gaumont Collection; Mark Seliger; Courtesy of Freda Kelly; João Brites © Vila do Conde PT; Colin Douglas Grey; Vladimir Kanic 63 FÖRDERER SPONSOREN feSTiValzenTrale feSTiValSpOnSOr SONDERPUBLIKATIONEN UND FORMATE DER MEDIENPARTNER 7 Ausgaben des Viennale-Standard vor und während des Festivals Zwei Frühstücksfilme und ein Viennale-Gast in «Von Tag zu Tag» Viennale-Falter mit allen Filmen und Terminen Viennale-Specials mit Gästen und online V’13-Tagebuch unter fm4.orf.at/viennale ray Viennale Pocketguide in englischer Sprache o94-Spezial-Radiosendungen zum Festival Skip Sondernummer zur Viennale mit Infos zu allen Filmen Viennale-Schwerpunkt im «Kulturmontag» am 28. Oktober Celluloid Viennale Special mit Background-Stories und Interviews Programmtipps von Schauspielerinnen und Filmproduzenten in «Wien Heute» Eigener Festivalkanal unter viennale.orf.at Viennale Diary ab 13. Oktober mit Filmhighlights und Programmtipps Ausführliche Berichterstattung unter derStandard.at/Viennale