Muskuloskeletaler Schmerz - International Association for the Study

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Muskuloskeletaler Schmerz - International Association for the Study
Muskuloskeletaler Schmerz
Einführung
Muskuloskeletaler Schmerz ist bekannt als Folge wiederholter Überlastung, Überbeanspruchung und
arbeitsbedingter muskuloskeletaler Störungen. Diese Beeinträchtigungen umfassen ein Spektrum von
Problemen, das Schmerz in Knochen, Gelenken und Muskeln verursacht oder in Strukturen, die diese umgeben.
Der Schmerz kann akut oder chronisch, fokal oder diffus sein. Kreuzschmerzen sind das gängigste Beispiel für
chronischen muskuloskeletalen Schmerz. Weitere Beispiele sind Tendinitis (Sehnenentzündung) und Tendinose
(degenerative Veränderungen an Sehnenursprüngen und -ansätzen), Neuropathien, Myalgien sowie
Übermüdungsfrakturen.
Epidemiologie und wirtschaftliche Auswirkungen
• Muskuloskeletaler Schmerz aufgrund von Überbeanspruchung betrifft 33 % der Erwachsenen und ist
verantwortlich für 29 % der krankheitsbedingten Fehltage.
• Kreuzschmerzen sind vorherrschend; sie sind die häufigste arbeitsbedingte Schädigung in westlichen
Gesellschaften und stellen zudem die kostenintensivste arbeitsbedingte muskuloskeletale Störung dar.
• Während die Häufigkeit von Überlastungsschäden durch Heben bei Männern 1,3 mal höher liegt als bei
Frauen, überwiegt sie bei Frauen gegenüber Männern bei folgenden Zuständen: 3,0 mal bei
Karpaltunnelsyndrom, 2,3 mal bei Sehnenentzündung und 2,0 mal bei Schädigungen aufgrund von standing
gleichbleibender Bewegung.
• Die wirtschaftliche Belastung durch muskuloskeletalen Schmerz wird nur von der durch kardiovaskuläre
Erkrankungen übertroffen.
Pathophysiologie
Die Pathophysiologie muskuloskeletalen Schmerzes ist nicht vollständig geklärt; allerdings sind Entzündungen,
Fibrose (Bindegewebsvermehrung), Abbau von Gewebe, Neurotransmitter sowie Sensibilitätsstörungen beteiligt.
• Entzündungen: Sie bewirken eine erhöhte Konzentration entzündungsfördernder Zytokine und
Überträgersubstanzen im betroffenen Gewebe, und zwar systemisch. Dieser Anstieg führt zur
Sensibilisierung peripherer Schmerzrezeptoren.
• Fibrose: Entzündungen können zu fibrotischer Vernarbung (d. h. zu vermehrtem Kollagen innerhalb von und
zwischen Zellen und Gewebepartien) führen, was bei Bewegung eine reduzierte Gleitfähigkeit von
Gewebeteilen nach sich zieht und weitere Dehnungsschädigungen und stärkere Schmerzen mit sich bringt.
• Abbau von Gewebe: Vermehrte entzündungsfördernde Überträgersubstanzen steigern die Bildung von
Matrix-Metalloproteinasen (Enzymen, die extrazelluläre Matrix zersetzen), verringern damit die Toleranz der
Gewebelast, was zu noch weiteren Schädigungen und heftigeren Schmerzen führt.
• Neurotransmitter: In Sehnen, Hinterwurzelganglien und im Hinterhorn des Rückenmarks ist die Konzentration
von Substanz P, Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) und N-Methyl-D-Aspartat (NMDA) erhöht.
• Neurosensorische/neuroimmunologische Faktoren: Hypersensibilität bei erhöhten Konzentrationen von
Neurotransmittern, entzündungsfördernden Überträgersubstanzen und Zytokinen ruft Sensibilisierung von
peripheren Schmerzrezeptoren oder zentrale Schmerzverstärkung hervor. Hyposensibilität tritt bei
Nervenkompression im Rahmen einer Fibrose auf.
Klinische Merkmale
• In muskuloskeletalem oder angrenzendem Nervengewebe kann der Schmerz akut oder chronisch, fokal oder
diffus sein.
• Klinische Symptome:
o Lokale Schmerzsymptome oder großflächiger und andauernder Schmerz
o Schmerzempfindlichkeit
o Periphere Nervenreizung
o Schwäche
o Eingeschränkte Bewegungsfähigkeit und Steifheit
• Mit fortschreitenden Gewebeschädigungen und -entzündungen, mit einer erhöhten Anzahl betroffener
Körperstellen, d. h. mit vermehrten schmerzempfindlichen Punkten, verschlimmern sich die Symptome immer
mehr.
• Die Symptome verschärfen sich durch arbeitsbedingten oder persönlichen Stress, z. B. durch geringe
Einflussmöglichkeiten auf die eigene Arbeit, schwierige Beziehungen und Zeitdruck.
• Die Leitungsgeschwindigkeit der Nerven verringert sich bei den betroffenen peripheren Nerven.
• Die Symptome unterliegen Tagesschwankungen. Zunächst lassen die Symptome bei Unterbrechung der
Arbeit (also zwischen Schichten, übers Wochenende oder während des Urlaubs) nach. In dem Maße, wie
man den arbeitsbedingten Gegebenheiten aber wieder dauerhaft ausgesetzt ist und die
Gewebeschädigungen fortschreiten, sind Pausen für eine Erleichterung der Symptome möglicherweise nicht
mehr ausreichend, und es kann zu anhaltendem Schmerz kommen.
Diagnostische Kriterien
• Lokaler und, zu einem späteren Zeitpunkt, mit Unterbrechungen auftretender oder anhaltender Schmerz in
muskuloskeletalem Gewebe kann mit einer Visuellen Analog-Skala (VAS) zur Messung der Schmerzintensität
(visual analogue pain scale) untersucht werden; andere Beeinträchtigungen (z. B. Schwäche) kann man mit
dem Roland-Morris-Schmerz-Fragebogen (Roland Morris Disability Questionnaire, RMDQ) testen. Diese
Tests werden von der Multinationalen Kohortenstudie zur Bestimmung von Risikofaktoren für die Entwicklung
chronischen muskuloskeletalen Schmerzes (Multinational Musculoskeletal Inception Cohort Study)
empfohlen.
• Das Instrument zur Bestimmung muskuloskeletaler Schmerzen und Störungen des Oberkörpers nach Kramer
(UBMA - upper-body musculoskeletal assessment) kann zur entsprechenden Diagnose der oberen
Extremitäten verwendet werden.
• Eine systemische Entzündungsreaktion während der Frühphase kann durch erhöhte Werte von C-reaktivem
Protein im Serum, Interleukin-6 oder Tumor-Nekrose-Faktor Alpha bestätigt werden. Die erhöhten
Konzentrationen gehen einher mit gesteigerten UBMA-Werten, chronischen Kreuzschmerzen sowie
Schmerzen im Zusammenhang mit verschiedenen muskuloskeletalen Störungen.
Diagnose und Behandlung
• Diagnosen sind periphere Neuropathien, laterale oder mediale Epikondylitis/Tendinitis, Rotatorenmanschette,
Tendinitis des Handgelenks oder des Bizeps, Handgelenksverstauchung oder -zerrung,
Achillessehnenentzündung, Myositis, Myalgie, Osteoarthritis (Arthrose), Nackenprobleme und
Kreuzschmerzen.
• Die Behandlung ist typischerweise multimodal:
o Primär Physiotherapie mit einem Übungsprogramm (im aeroben Bereich erfolgende Kräftigungssowie Dehnungsübungen) kombiniert mit physikalischen Anwendungen wie Wärme oder Eis
o Schienen und/oder Orthesen
o Gabe von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR), z. B. Ibuprofen
o Verringerung der Arbeitsbelastung bzw. Verordnung von mehr Ruhe
o Stress-Management/Intervention bei ungünstigen Verhaltensweisen
• Leider ist die Genesung von entzündungsbedingten fibrotischen Gewebeveränderungen vernachlässigend
gering, selbst bei völliger Vermeidung von Überanstrengung/Aktivität für die Dauer von bis zu 12 Monaten.
Daher ist Schmerz, der auf fibrotischer Vernarbung basiert, chronischer Schmerz.
© 2010 International Association for the Study of Pain®
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© 2010 International Association for the Study of Pain®