GoGaS - Familienunternehmen mit Tradition
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GoGaS - Familienunternehmen mit Tradition
Kleine Sonnen unter dem Dach GoGaS sorgt für energieeffiziente Lösungen im Bereich Hallenheizung und Prozesswärme. Weltweit bringen die Gas-Infrarotstrahler aus Dortmund Wärme in Industriehallen, Logistikzentren und Fußballstadien. Das Familienunternehmen GoGaS bringt mit seinen Gas-Infrarotstrahlern seit fast 70 Jahren Wärme auf den Punkt. Auf weitere Produktinnovationen aus Dortmund freuen sich (v.l.) Geschäftsführer Heiko Schneider und die Gesellschafter Karin Köster-Goch, Peter Goch und Monika Schrooten. 16 Ruhr Wirtschaft November 2014 WIRTSCHAFT REGIONAL VON ROLAND KENTRUP FOTOS: ROLAND KENTRUP UND GOGAS W eltmeister im Fußball – auch das ist GoGaS. Wenn es um Tribünenheizungen in Fußballstadien geht, ist die Dortmunder GoGaS Goch GmbH & Co. KG Weltmarktführer. In über 20 europäischen Stadien sorgen Wärmestrahler aus Dortmund dafür, dass sich die Fans auf den Tribünen wohlfühlen. Neben der Esprit-Arena in Düsseldorf, dem Viking-Stadion im norwegischen Stavanger oder dem WM-Stadion in Johannesburg hat GoGaS auch das Fußballstadion in Donezk in der Ukraine warm gemacht: 550 Infrarot-Hellstrahler erzeugen hier 18 Megawatt Heizleistung. Beim Champions-League-Spiel Schachtjor Donezk gegen Borussia Dortmund im vorigen Jahr haben sich Geschäftsführer Heiko Schneider und Peter Goch, Gesellschafter des Familienunternehmens, persönlich von der Qualität ihrer Strahler überzeugt. Umso mehr bedauern die beiden Dortmunder, dass die Sportstätte im aktuellen Ukraine-Konflikt beschossen und das Tribünendach zerstört worden ist. Wärmestrahler für Stadien gehören zum Geschäftsbereich Hallenheizung von GoGaS. Das Unternehmen entwickelt und fertigt Heizsysteme für großvolumige Gebäude wie Industrie- und Gewerbehallen, Logistikzentren oder Eventhallen bis hin zu offenen Fußballstadien und Außenterrassen. Die Kunden sind Unternehmen, die ihre Hallen effizient erwärmen wollen, aber auch Architekten, Planer und Heizungsinstallateure. Die zweite tragende Säule des Unternehmens ist der Bereich Prozesswärme/Anlagenbau. „Eigentlich betreiben wir zwei Firmen unter einem Dach. Die Kunden, Produkte und Vertriebswege sind in beiden Geschäftsbereichen unterschiedlich“, erklärt Heiko Schneider, der als Geschäftsführer für das operative Geschäft zuständig ist. Gesellschafter sind neben Peter Goch, dem Sohn des Unternehmensgründers Heinz Goch, seine Schwestern Karin Köster-Goch und Monika Schrooten. Größte Auftauanlage für Waggons Der zweite Geschäftsbereich umfasst alles, was GoGaS mit seiner Technik an Wärme in Auftau- und Trocknungsprozesse für unterschiedliche Industriezweige liefert. Anwendungen sind das Trocknen von Beschichtungen bei Stahlband, Papier oder Textilien. Aber auch die thermische Umformung von Kunststoffen, das Angelieren von Pulverlackbeschichtungen und das Karamellisieren von Zuckerguss auf Plätzchen gehören dazu. Im Anlagenbau fertigt GoGaS kundenspezi- fische Einzellösungen für die Industrie. Neben Lackieranlagen, Stahl- und Kraftwerken betreiben die Kunden auch Waggonauftau-Anlagen. So sorgen 384 GoGaS-Strahler in der weltweit größten Auftauanlage für Waggons im Osten Russlands schnell und zuverlässig für dringend benötigte Wärme. Die Gesamtheizleistung der Anlage liegt bei 28 Megawatt. So können 32 Waggons zeitgleich für die Entladung festgefrorener Kohle oder vereiste Erze aufgetaut werden. „Wir gestalten alle Produkte so energieeffizient wie irgend möglich. Aus jedem Kubikmeter Erdgas, den der Kunde verbraucht, holen wir den größten Nutzen für ihn heraus“, betont Schneider. Die GoGaS-Produkte beheizen und erwärmen mit Infrarotstrahlung. Dabei wird Erdgas verbrannt und die entstehende Energie erhitzt eine keramische Fläche, die eine Temperatur von bis zu 950 Grad erreichen kann. Diese erhitzte Fläche emittiert dann die Infrarotstrahlung. „Im Prinzip hängen wir kleine künstliche Sonnen unter die Hallendächer“, veranschaulicht der 51-jährige Diplom-Ingenieur die zugrunde liegende Gas-Infrarot-Technik. Mit ihr macht sich GoGaS das physikalische Prinzip zunutze, nach dem auch die Sonne ihre Energie durch den Kosmos in Richtung Erde schickt. Infrarotstrahlung ist eine elektromagnetische Welle, die sich ohne Energieverlust durch die Luft bewegt. Schneider setzt mit den Ingenieursdienstleistungen von GoGaS konsequent auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit: „Wir sind verantwortlich für die Ökonomie. Das bedeutet, die Heizsysteme und Anlagen für unsere Kunden wirtschaftlich zu machen. Wir sind zugleich verantwortlich für die Ökologie. Das bedeutet, möglichst wenig HCO2 zu emittieren“, erklärt der Geschäftsführer den Ansatz des „Ecothermal Engineering“ als Basis aller Produkte. GoGaS beschäftigt in Dortmund rund 90 Mitarbeiter und erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 13 Millionen Euro. Das Unternehmen ist heute international ein führender Anbieter auf dem Gebiet der GasInfrarot-Technik. Den Grundstein dafür legte Heinz Goch 1946 in Hamburg, als er dort eine Fabrik für Gasgeräte gründete. Bereits zwei Jahre später zog es den gebürtigen Dortmunder samt Unternehmen zurück in seine Heimatstadt. Im Gebäude der ehemaligen Zeche Admiral in Wellinghofen richtete Heinz Goch seine Firma ein und stellte Gaslaternen her. Wenig später nahm er die Produktion von Gas-Infrarotstrahlern auf und erkannte früh deren Potenzial als Wärmequelle auch für Meilensteine 1946 Heinz Goch gründet das Unternehmen als Fabrik für Gasgeräte in Hamburg. 1948 Der Firmensitz wird von Hamburg nach Dortmund verlegt. 1952 Fertigung von Katalytstrahlern für den industriellen Einsatz. 1958 Gründung des Bereichs Trocknungstechnik. 1967 Die erste Sportstättenbeheizung wird ausgeliefert. 1974 Der erste Schwebetrockner für Stahlband wird gebaut. 1983 Die Ruhrgas AG erwirbt eine Beteiligung an GoGaS. 1993 Ruhrgas-Gazprom-JointVenture erschließt den russischen Markt. 1997 Das Tochterunternehmen „OOO GoGaS Raduzhnij“ wird gegründet. 2005 Markteinführung des neuartigen Porenstrahlers „Radimax“. Rückkauf der Anteile von Ruhrgas. GoGaS ist wieder ein unabhängiges Unternehmen. 2012 Das innovative Solar-Luftsystem „Lubi Wall“ wird eingeführt. Ruhr Wirtschaft November 2014 17 WIRTSCHAFT REGIONAL 1 »Wir versuchen, alle Produkte so energieeffizient wie irgend möglich zu gestalten.« Heiko Schneider 2 die industrielle Nutzung. 1958 wurde der Bereich Trocknungstechnik aufgebaut. 1967 lieferte der Familienbetrieb die erste Sportstättenbeheizung. Nach dem Tod des Gründers 1975 führte die Familie Goch das Unternehmen weiter. Seit 1981 verstärkte das Unternehmen den internationalen Export und baute Vertretungen in West- und Osteuropa auf. 1983 trat die Ruhrgas AG als weiterer Gesellschafter ein und eröffnete GoGaS den Zugang zur Firmengruppe. 1993 wurde mit einem Ruhrgas-Gazprom-Joint-Venture der russische Markt erschlossen und Exportgeschäfte in Millionenhöhe getätigt. Aufgrund der positiven Marktentwicklung in Russland gründete GoGaS 1997 das Tochterunternehmen „OOO GoGaS Raduzhnij“, in dem heute zehn Mitarbeiter im Vertrieb beschäftigt sind. 2006 kaufte GoGaS die Firmenanteile von Ruhrgas zurück und ist seitdem wieder ein unabhängiges Unternehmen. Russland ist für GoGaS der wichtigste Exportmarkt. Aber auch Europa, Nordamerika Gerätemonteurin Silvia Schwarz montiert die Brennkammer eines Hellstrahlers. 18 Ruhr Wirtschaft November 2014 und China sind wichtige Märkte. Das Unternehmen weist eine Exportquote von rund 30 Prozent aus. Allerdings täuscht diese Zahl. Denn der Hersteller liefert als Systemanbieter seine Produkte an viele deutsche Unternehmen, deren Anlagen mit GoGaS-Technik bestückt und dann weltweit verkauft werden. Die reale Exportquote vermutet Schneider, der sich im Außenhandelsausschuss der IHK und im Vorstand des Unternehmensverbands Östliches Ruhrgebiet engagiert, daher eher bei 50 Prozent. Das Unternehmen verfügt über ein weltweites Netzwerk aus Vertretungen und Vertriebspartnern. Strategische Allianzen bestehen unter anderem mit kanadischen Partnerunternehmen. Patente belegen Innovationskraft Auf dem 14.000 Quadratmeter großen Betriebsgelände unterhält GoGaS ein eigenes Forschungs- und Entwicklungszentrum. „Hier treiben wir die Produkte voran, die morgen am Markt erfolgreich sein sollen“, sagt Schneider. Erfahrene Ingenieure arbeiten im „Technikum“ mit Studenten zusammen, die aktuelle Impulse aus der Wissenschaft mitbringen. Zudem kooperiert das Unternehmen mit Forschungseinrichtungen und Universitäten, die auf Verbrennungstechniken spezialisiert sind. Um die Strahler zu prüfen und permanent weiterzuentwickeln, wird eine eigene Messeinrichtung mit einem Infrarot-Radiometer betrieben. Sie misst die Strahlungsfaktoren und Wirkungsgrade der Hell- und Dunkelstrahler. „Die technische Optimierung ist für uns nie abgeschlossen. Es geht immer noch besser.“ Zahlreiche Auszeichnungen und Patente belegen die Innovationskraft des Mittelständlers. So wurden beispielsweise eine Doppeldüse, ein schwenkbarer Hellstrahler und ein Brennwert-Dunkelstrahler patentiert. 2011 präsentierte das Unternehmen mit dem Brennwert-Dunkelstrahler „Trigomax“ eine Weltneuheit: Der Strahler nutzt die Restwärme der Abgase und erreicht dadurch eine Wirkungsgrad von 110 Prozent. „Wo wir frü- 3 her mit 200 Grad Abgastemperatur über Dach gefahren sind, nutzen wir heute einen Wärmetauscher und gehen mit nur noch 40 Grad über Dach. Was früher Abgas war, ist heute Nutzenergie in der Gebäudehülle“, freut sich Schneider. Mit niedrigen Investitionskosten ließen sich bei diesem innovativen Brennwertsystem Spitzenwerte bei Energieeinsparung und CO2-Minderung erreichen. „Das Aluwerk Unna verwendet dieses System und hat über 50 Prozent Heizenergie eingespart.“ Das Unternehmen erweitert seine Produktpalette permanent und engagiert sich auch im Bereich der regenerativen Energien. Für das Solar-Luftsystem „Lubi Wall“ ist es mit dem „AHR Expo Innovationspreis 2012“ ausgezeichnet worden. Diese Solar-Luftkollektoren werden außen an Gebäudefassaden angebracht und wandeln Sonnenenergie über die Luft in Wärme um. Die patentierte Technologie erreicht einen solaren Wirkungsgrad von 80 Prozent. Strahler trocknen Stahlbeschichtungen „Im Bereich der Prozesswärme sind wir ein Spezialist für Nischenprodukte“, sagt der Geschäftsführer. Als weltweit einziger Anbieter verfügt GoGaS über lang-, mittel- und kurzwellige Gas-Infrarotstrahler, die je nach Kundenanforderung zum Einsatz kommen. Als erstes Unternehmen hat der Dortmunder Anlagenbauer kurzwellige Gas-Infrarotstrahler im Bereich „Coil Coating“ eingesetzt. Hier wird Endlosstahlband abgerollt, beschichtet, getrocknet und wieder aufgerollt. Durch den Einsatz kurzwelliger Hochleistungsstrahler konnte GoGaS die Länge der Stahltrockner von ehemals 30 auf nun acht Meter minimieren. Die Stahlhersteller sparen nicht nur Platz in der Produktion, sondern steigern gleichzeitig die Effizienz des Trocknungsprozesses. Das Konzept für diesen neuartigen Strahler haben die Dortmunder Ingenieure zusammen mit der Universität Erlangen entwickelt. Dabei wird das Gas bei dem „Radimax“-Strahler nicht an der Oberfläche, sondern im porösen Kern des Strahlers ver- brannt. Dieses Verbrennungsprinzip macht ihn enorm leistungsfähig. Die Prozesskette ist bei GoGaS durch „Made in Germany“ gekennzeichnet. Vorgefertigte Teile werden fast ausschließlich aus Deutschland zugekauft. Kein Strahler verlässt die Dortmunder Produktion, der nicht einmal gebrannt hat und sorgfältig überprüft wurde. „Um unseren Kunden stets die für sie beste Lösung bieten zu können, arbeiten wir nicht nur mit Gas-Infrarotstrahlung, sondern auch mit Solarenergie, Warmluft und intelligenter Regelungstechnik“, erklärt Schneider. „Die ökonomisch beste Lösung berücksichtigt stets Investitionskosten und Betriebskosten. Den zweiten Punkt vergessen leider einige Unternehmen bei ihren Anschaffungen.“ Als einen weiteren Erfolgsfaktor sieht der Mittelständler das familiäre Betriebsklima. Die Angestellten kennen sich untereinander und identifizieren sich mit dem Betrieb. Viele Mitarbeiter sind langjährig bei GoGaS beschäftigt. Das Unternehmen sorgt selbst für qualifizierten Nachwuchs und bildet neben Industriekaufleuten auch Konstruktionsmechaniker aus. Den Beschäftigten bietet GoGaS die Möglichkeit einer beruflichen Fortbildung sowie eines Studiums, sowohl im dualen System als auch berufsbegleitend. Zurzeit befinden sich fünf Mitarbeiter entweder in einem Studium oder einer Meisterfortbildung. Ältere und jüngere Menschen arbeiten vertrauensvoll in Teams zusammen. So gelangt neues Fachwissen in die Belegschaft, und das Knowhow älterer Mitarbeiter bleibt auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Betrieb erhalten. Für seine Maßnahmen wurde das Unternehmen 2010 mit dem Dortmunder Personalmanagement-Prädikat ausgezeichnet. Wärmende Strahlen 1 Heinz Goch gründete das Unternehmen 1946 und führte es bis zu seinem Tod 1975. Schon früh erkannte er das Potenzial von Gas-Infrarotstrahlern als Wärmequelle. 2 Seit Ende der 1950er-Jahre entwickelt und fertigt GoGaS Auftauanlagen für Waggons. Heute ist das Unternehmen in diesem Bereich Weltmarktführer. 3 In der Esprit-Arena in Düsseldorf sorgen Hellstrahler mit einer Leistung von 8.400 Kilowatt im Herbst und im Winter für ein behagliches Klima. Heizungsbaumeister Gaetano Biondi prüft ein Bauteil im hauseigenen Forschungs- und Entwicklungszentrum „Technikum“. Ruhr Wirtschaft November 2014 19