Folien Zum Seminar Dorf-feld-flur - Friedrich-Schiller
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Folien Zum Seminar Dorf-feld-flur - Friedrich-Schiller
Folien zur Namenkunde Eigenart der Namen 1. Namen tragen keine lexikalische Bedeutung Sie haben keinen begrifflichen Inhalt, kein Denotat. Die Person mit dem Namen Müller ist nicht von Beruf Müller, d.h. der Eigenname Müller hat nichts mit der Bedeutung des Appellativs Müller als Berufsbezeichnung zu tun). Namen hatten ursprünglich eine Bedeutung, weil sie aus Appellativen entstanden sind. Nachdem sie zu Namen geworden sind funktionieren sie im synchronen Gebrauch zur Bezeichnung ihrer Träger, ohne dass die ursprüngliche Bedeutung, die diachron aufgeschlüsselt werden kann, noch eine Rolle spielt. Namen können selbst wieder Bedeutung erlangen und so zu neuen Appellativen werden. Z. B. tragen viele Produkte den Namen des Herstellers: Hans Riegel, Bonn oder Zeppelin. 2. Namen haben eine Bedeutsamkeit (Wertigkeit, Ausstrahlung) Gemeint ist die Summe der mit einem Namen verbundenen Assoziationen, Vorstellungen, Gefühle. Unterschieden wird zwischen der motivischen und aktuellen Bedeutsamkeit. Die motivische Bedeutsamkeit ergibt sich aus den Gründen bei der Namengebung, die aktuelle setzt sich aus Eindrücken beim Namengebrauch zusammen. Diese Eindrücke gewinnt man vom Klang oder der ursprünglichen Bedeutung des Namens, auch vom Namenträger und von Vorstellungen seiner Benutzer. 3. Namen haben auch grammatisch eine Sonderstellung Abweichende Orthographie (Becker/Bäcker, Schmid/Schmidt/Schmied), eingeschränkter Gebrauch des Artikels (die Tina kommt zu Besuch/Tina kommt zu Besuch), des Plurals wegen der Individualisierungsfunktion von Namen (die Vögel sind eingeladen/ Vogels sind eingeladen bzw. Familie Vogel ist eingeladen) 1 Namenarten 1. Astronyme (Himmelskörper): alle Arten von natürlichen Objekten, die am Himmel zu sehen sind (Planeten, Asteroiden, Kometen, …) 2. Oronyme (Berg- und Gebirgsnamen): Alpen, Anden, Kilimandscharo, … 3. Koilonyme (Talnamen): Täler, Schluchten, Gräben 4. Hydronyme (Gewässernamen): Flüsse, Seen, Bäche, Sümpfe, …; meist höheres Alter als andere Namen, da konstant über die Zeit vor Ort vorhanden 5. Mikrotoponyme (Flurnamen): Bezeichnung aller unbewohnten Örtlichkeiten (Äcker, Wiesen, Berge, Täler, Wald, …) 6. Toponyme (Ortsnamen/Siedlungsnamen) 7. Aulonyme (Hofnamen); Oikodonyme (Hausnamen): stehen zwischen Anthroponymen (PN) und Toponymen (ON): Name des Gehöfts oft vom Besitzer abgeleitet (Haus Erna) 8. Wehrbauten-/ Burgennamen (Lobdeburg, Wartburg) 9. Namen von Verkehrswegen und Plätzen: meist Straßennamen 10. Kunstwerknamen: Literatur – Titel (Goethe: Leiden des jungen Werther); Musik – Titel (Edvard Grieg: Peer Gynt – In der Halle des Bergkönigs); Gemälde – Titel (Albrecht Dürer: Das kleine Rasenstück) 11. Warennamen: Produktnamen, Handelsnamen, Markennamen: Nutella, Tempo, Adidas 12. Institutionsnamen (auch Ergonym): Bundestag, Gesellschaft für Namenkunde, FriedrichSchiller-Universität 13. Naturereignisnamen (Phänomennamen): Stürme (Orkan Kyrill), Erdbeben, Hochs und Tiefs (Hoch Peggy) 14. Namen politischer Ereignisse: Orangene Revolution (Ukraine), Zweiter Weltkrieg, Westfälischer Friede 15. Anthroponyme (Personennamen): Vornamen, Familiennamen 16. Ethnonyme (Stammes- und Völkernamen): Niederlande, Vereinigte Staaten, Island, Maori 17. Zoonyme (Tiernamen): ländliche, städtische und literarische Tiernamen 18. Phytonyme (Pflanzennamen): Blumen- und Baumnamen 19. Chrononyme (Zeitnamen): Jahre, Tage, Festtagsbezeichnungen – Weihnachten, Ostern, …. 2 Eigennamenkategorien Die Nomina propria lassen sich in verschiedene Kategorien einordnen. Ihre Einteilung richtet sich nach ihrem Auftreten in den verschiedenen Wirklichkeitsbereichen und der Bewertung der den Namen der Referenten zugrunde liegenden Bestandteile der objektiven Realität. Hierbei ergeben sich folgende Namenklassen und –arten : Personennamen (Anthroponyme): Hier ist der Mensch der Referent. In diese Gruppe gehören Rufnamen, Vornamen, Beinamen, Familiennamen und in einigen Sprachen, wie im Russischen, auch die Elternnamen. Personengruppennamen (Sozionyme, Ethnonyme): Hierher gehören ebenfalls die Familiennamen, außerdem Einwohner- und Bewohnernamen, Verbandsnamen und Stammes- und Volksnamen. Örtlichkeitsnamen (Toponyme): Als Ortsnamen oder Toponyme bezeichnet man Namen für geomorphologische Topoi (= Örtlichkeiten) wie Landschaften, Gebirge, Inseln, Gewässer und Namen für geopolitsche Topoi wie Länder und Staaten, Siedlungen, Straßen und Gebäude. Hierbei unterscheidet man Makrotoponyme (z.B. Meeres- und Flussnamen, Gewässernamen, Siedlungsnamen und Ortsnamen im engeren Sinne) und Mikrotoponyme (z.B. Flur- und Gemarkungsnamen, Straßennamen und Gebäudenamen). Ereignisnamen (Praxonyme): Hier dienen vom Menschen getragene Aktivitäten als Referenten. In diese Klasse gehören "alle Namen, die zur Bezeichnung von Ereignissen und Geschehnissen benutzt werden, als deren Auslöser, Träger, Teilnehmer und Betroffene Menschen gelten können", also politische Ereignisnamen wie die 'Orangene Revolution' in der Ukraine, Feier- und Festtagsnamen, Epochennamen und Naturereignisnamen. Institutionsnamen: Hierher zählen die Namen von Verwaltungsbereichen, Arbeits- und Bildungsstätten, Erholungsstätten und Pflegeeinrichtungen. Objektnamen (Ergonyme): Unter dieser Bezeichnung lassen sich die Namen für vom Menschen geschaffene Objekte und Produkte zusammenfassen. Deshalb zählen in diese Gruppe Gebäude-, Haus- und Hofnamen, Verkehrsmittelnamen, Warenzeichennamen und Bücher- und Zeitschriftennamen. Sonstige Namen: Zu den sonstigen Namen die Phänomennamen, die Phänomene der Umwelt bezeichnen, auf die die Menschen keinen Einfluss haben, wie die Namen von 3 Naturkatastrophen, Pflanzen- und Tiernamen und die Namen von Himmelskörpern und Sphären (Kosmonyme). 4 Historische Quellen in der Namenforschung Urkunden Dokumente mit Rechtskraft, Schriftstücke, durch die etwas beglaubigt, bestätigt wird Traditionen Überlieferungen (zu tradieren ‚überliefern, Überliefertes weiterführen, weitergeben„) Annalen Jahrbücher, Aufzeichnungen zu geschichtlichen Ereignissen (lat. annus ‚Jahr„) Chroniken geschichtliche Darstellung mit genauer zeitlicher Abfolge der Ereignisse (lat. cronos ‚Zeit„) Nekrologien bes. in Klöstern und Stiften in der Art eines Kalenders aufgestelltes Verzeichnis der Todestage von ehemaligen Mitgliedern und Stiftern (griech. nekros ‚Toter, Leiche„/das Nekrolog oder Nekrologium, das Nekrolog bedeutet auch „Nachruf„) Hagiographien/Viten Beschreibung von Heiligenleben, Viten (griech. hagiographa ‚heilige Schrift„/Hagiograph ‚Verfasser von Heiligenleben„) Urbare mittelalterliche Güter- u. Abgabenverzeichnisse großer Grundherrschaften im Sinne eines Grundbuchs (mhd. urbar ‚zinstragendes Grundstück„) Weistümer Weistum=Auskunft, die rechtskundige Männer über Streitfragen gaben u. die dann rechtskräftig wurde /Sammlung schriftlich aufgezeichneter Weistümer (Rechtsauskünfte zu Streitfragen) 5 Personennamen Zur Geschichte der Rufnamen Germanische Zeit: Es gab vor allem zweigliedrige PN (Siegfried, Hildegund) Zur Komposition zweigliedriger germanischer Rufnamen 1. Subst.+Subst.: Williram ‟Wille‟ + hraban „Rabe‟ 2. Subst.+Adj.: Dietlinde diot ‚Volk‟ + lind ‚sanft‟ 3. Adj.+Subst.: Balduin baldo ‚kühn‟ + wini ‚Freund‟ 4. Adj.+Adj.: Frodeber =frōt „klug‟ + beraht ‚glänzend‟ Bildungsregeln: ► Selten begegnen Namenkomposita, deren Glieder den gleichen Anlaut besitzen: z.B. Brun+burg, Mann+mut ► Die Glieder reimen sich nicht ► Wörter, die mit Vokal beginnen, treten nicht als Zweitglied auf: Eberhart (nicht Harteber); Ortfrid (nicht Fridort) (In Harald, begann das Zweitglied urspr. mit „w“: hari ‚Heer‟ + walt ‚Waltender‟ oder Ortolf: ort ‚(Waffen)spitze + ‚wolf‟) ►Bei Komposita bestimmt die zweite Konstituente das Genus, d. h. die rechte Konstituente ist morphologischer Kopf des Wortes. Sie bestimmt die Gesamtwortkategorie (der Sonnenschirm; die Sonne+ der Schirm) 6 Das spiegelt sich auch in den Namenkonstruktionen für Männer und Frauen wider. ►Als Erstglied können dieselben Substantive auftreten (Siegwart, Sieglinde); die Zweitglieder aber unterscheiden sich: Zweitglieder in männliche Namenformen: Substantiv -brod ‚Gebieter, Bote‟ Adjektiv -mund ‚Schützer -brand ‚Feuer, Schwert‟ -ram ‚Rabe‟ -bald ‚kühn‟ -bert, brecht ‚glänzend‟ -fri(e)d ‚Friede‟ -(w)ald, -old „Waltender‟-hard, -t ‚stark, fest‟ -gar, -ger „Speer‟ -ward ‚Hüter‟ -lieb, -lef ‚lieb‟ -helm „Helm, Schutz‟ -wig „Kampf‟ -mar ‚berühmt‟ -(h)er „Heer‟ -win ‚Freund‟ -hand ‚mutig‟ -mann „Mann, Mensch‟ -(w)olf, -ulf ‚Wolf‟ -rich ‚mächtiger Herrscher‟ Zweitglieder in weiblichen Namenformen: Substantiv Adjektiv -borg, -burg ‚Schutz, Zuflucht‟ -lind(e) ‚sanft‟ -gard ‚Zaun, Schützerin‟ -rid ‚schön‟ -gund(e) ‚Kampf‟ -swind ‚stark, recht‟ -heid ‚Art, Wesen‟ -traut, -trut zu trut ‚lieb‟; -drud ‚Macht‟ -hild(e) ‚Kampf‟ -run ‚Zauber, Geheimnis‟ ►Neutra traten nur als Erstglieder auf: Lantfrid, Landolf ‚Land‟ Doch Roland ( hrōt ‚Ruhm‟ + ‚Land‟) ist ein jüngeres Wort. Hier greifen die alten Regeln nicht mehr. ►In neuerer Zeit hängte man ein –e als Marker für den weiblichen Namen an: 7 Z. B. Herrade, Guntrade, Erdmut(h)e (Erdmut und Herrad gibt es in Deutschland als Mädchen- und Jungenname.) ►Das Wort wih ‚heilig‟ bei Frauen (Haduwih ‚Kampf‟ + ‚heilig‟) glich sich lautlich dem männl. wig ‚Kampf‟ an: Z. B. weibl. Hedwig (=Haduwih) neben männl. Ludwig, Hartwig, Gerwig. Literaturhinweis: Zur Strukturübersicht zu den germanischen RN: Kunze, Konrad: dtv-Atlas Namenkunde. Vor- und Familiennamen im deutschen Sprachgebiet. München 2004 (5. Aufl.); ebs. zu den Kurzformen und zur Motivierung der Namensgebung. 8 Motive der Namenwahl früher: religiös-kirchlich motivierte Wahl (nach Heiligen, nach der Bibel) politisch-dynastisch motivierte Wahl (nach Fürsten, Herrschern) nach Konventionen motivierte Wahl (Paten, Familienangehörige) heute: formaler Aspekt (Silbenzahl, Harmonie mit dem Familiennamen) modern selten, außergewöhnlich anspruchsvoll international gebräuchlich regionaltypisch (für die Heimat, ein Volk, ein Land) literarisches Vorbild (Figur aus einem Roman) Vorbild aus den Medien (Schauspieler, Sänger) Vorbild aus dem Sportbereich (bekannte(r) Sportler(in)) Ursprüngliche Bedeutung des Namens Familiäre Traditionen Trend allgemein: freiere Namenwahl, nicht mehr durch Konventionen eingeengt häufig Wahl vorwiegend fremdstämmiger Vornamen (Wohlklang) stärkeres Streben nach Originalität und Individualität Mehrnamigkeit ist wieder im Kommen 9 die beliebtesten Vornamen des Jahres 1675 Aus dem “Seelenregister” von 1675 der Kirchengemeinde Stollhamm Frauen 1. A n n a 2. G r e t e 3. G e s c he 4. Fr o w e 5. A l ke 6. T e t e 7 . T r i ne Männer 1. Jo h an n 2. H i n ri c h 3. G e r d 4. H ayo 5. Id e 6. P e t e r 7. Jac o b 8. Di r k 9. Jü r g e n zu beachten: Dieses sind die häufigsten Vornamen der Menschen, die 1616 in Gießen beziehungsweise 1675 in Stollhamm gelebt haben. Die beliebtesten Vornamen des Jahres 1890 10 Frauen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Martha Anna Frida / Frieda Berta / Bertha Emma Marie Maria Margarete / Margarethe 9. Erna 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. Elsa Louise / Luise Johanna Gertrud Elisabeth Minna Auguste Helene Ida Wilhelmine Clara / Klara Hedwig Olga Dorothea Else Agnes Meta Paula Elise Henny / Henni Lina Männer 1. Carl / Karl 2. Wilhelm 3. Otto 4. Heinrich 5. Friedrich 6. Paul 7. Hans 8. Gustav 9. Max 10. Ernst 11. Hermann 12. Johannes 13. Adolf / Adolph 14. Fritz 15. August 16. Emil 17. Walter / Walther 18. Robert 19. Franz 20. Hugo 21. Georg 22. Ludwig 23. Johann 24. Willi / Willy 25. Rudolf / Rudolph 26. Oskar / Oscar 27. Alfred 28. Richard 29. Bernhard 30. Albert Die beliebtesten Vornamen des Jahres 1950 11 Frauen 1. Renate 2. Angelika 3. Brigitte 4. Karin 5. Monika 6. Ursula 7. Ingrid 8. Gisela 9. Marion 10. Jutta 11. Barbara 12. Gabriele 13. Helga 14. Hannelore 15. Birgit 16. Christa 17. Marianne 18. Bärbel 19. Maria 20. Elke 21. Rita 22. Petra 23. Sigrid 24. Erika 25. Marlies / Marlis 26. Ute 27. Christel 28. Regina 29. Christine 30. Gudrun Männer 1. Claus / Klaus 2. Hans 3. Wolfgang 4. Peter 5. Jürgen 6. Manfred 7. Michael 8. Bernd / Berndt 9. Karl / Carl 10. Uwe 11. Günter / Günther 12. Werner 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. Dieter Rainer Helmut Rolf Holger Gerhard Joachim Horst Heinz Harald Reinhard Norbert Thomas Gerd Herbert Detlef Ulrich Walter 12 Die beliebtesten Vornamen des Jahres 2007 (bisher) Mädchen 1. Leonie / Leoni 2. Lara 3. Lena 4. Anna 5. Hanna / Hannah 6. Lea / Leah 7. Emily / Emilie 8. Mia 9. Laura 10. Nele / Neele 11. Emma 12. Lilli / Lilly / Lili 13. Sara / Sarah 14. Lisa 15. Julia 16. Maja / Maya 17. Marie 18. Sofia / Sophia 19. Louisa / Luisa 20. Johanna 21. Alina 22. Amelie / Amely 23. Josefine / Josephine Leni Jasmin / Yasmin Lina Paula Clara / Klara Charlotte Zoe 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. Jungen 1. Leon 2. Lukas / Lucas 3. Luis / Louis 4. Luca / Luka 5. Tim / Timm 6. Maximilian 7. Jonas 8. Finn / Fynn 9. Julian 10. Max 11. Paul 12. Felix 13. Niclas / Niklas 14. Jan 15. Jannick / Jannik / Yannic / Yannick / Yannik 16. Elias 17. Moritz 18. Fabian 19. Erik / Eric 20. Noah 21. Alexander 22. Ben 23. Nils / Niels 24. Tom 25. Jakob / Jacob 26. David 27. Florian 28. Philipp / Philip / Phillip 29. Simon 30. Tobias 13 Die beliebtesten Rufnamen 2013 die 20 beliebtesten Mädchennamen (alphabetisch sortiert) Amelie die 20 beliebtesten Jungennamen (alphabetisch sortiert) Ben Anna Elias Charlotte Felix Clara / Klara Finn / Fynn Emilia Henri / Henry Emma Jacob / Jakob Hannah / Hanna Jonas Johanna Julian Lea / Leah Leon Lena Luca / Luka Leonie Lucas / Lukas Lilli / Lilly Luis / Louis Lina Max Luisa / Louisa Maximilian Maja / Maya Moritz Marie Niclas / Niklas Mia Noah Nele / Neele Paul Sophia / Sofia Philipp Sophie / Sofie Tim / Timm 14 Wortbildung von Familiennamen (Literatur: Bach, Adolf: Deutsche Namenkunde. Band 1. Die deutschen Personennamen. Winter: Heidelberg 1952.) Wortgruppen Eberhardes Sohn > Eberhardsen > Eberhards = Patronym aus Rufname + Beiname 1288 Niclaws Ottun Friedrichs sun 1292 Clawes Ottfriderich 1299 Nyclawes Friderich Adj. (nichtflektiert oder flektiert) + RN: Langerhans, Groterjahn / Lang – Lange – Langer/ Gross – Grosse – Grosser Präpostition und Artikel + Substantiv: Verschuren (von der Scheuer), Austermühle (aus der Mühle) Adverb + Adjektiv oder Partizip, z.B.: Butenschön nur außen schön) Zusammenrückung aus ganzen Sätzen Borgenicht (Borge nicht!), Schaffnit (Schaffe nicht!), Lachnit (Lache nicht!) Saufaus (Saufe aus!). Habenichts (Ich habe nichts), Siehdichfür (Sieh dich vor!) Komposita Rufname als Grundwort, erster Bestandteil modifiziert das Grundwort: Lachgeorg, Zappelphilipp, Babbeljakobs, Pinselanton RN + RN: z.B.: Johannes + Nikolaus = Hannickel, Hermann + Johannes = Harmjans, Hansjakob, Coppieter (Jakob +Peter) 15 RN + FN: Pemüller (Peter+Müller), Hanüller (Johann+Müller) Wohnstätte + FN: Angermeyer (Anger+ Meier), Brüggemeier (Brücke+Meier), Geistbeck (Kirche+Bäcker) Derivate -ling, -ding, -king, -ink,: z.B.: Sieberling (Kurzform von Sigibert), Bennink (Kurzform von Bernhardt), -ing: RN+ing: Arning (Kurzform von Arnold) Herkunft +ing: Kölling (Köln) Wohstätte +ing: Büsching (Busch), Brugging (Brücke) Beruf+ ing: Beckerring (Bäcker), Vischerring (Fischer) Übername +ing: Vossering (Voss „Fuchs“) –mann (Charakter einer Ableitungssilbe) RN+ -mann: Lützmann (Ludwig) Wohnstätte + -mann: Angermann, Wegmann Beruf+ -mann: Schiffmann, Baumann Übername +-mann: Altmann, Kleinmann, Neumann 16 Familiennamen aus altdeutschen zweistämmigen Rufnamen Bildungsmuster Kontrahierte Formen aus Vollnamen Berndt Bernhardt: ahd. bero ‚Bär„ + hart ‚hart, streng„ Ebert Eberhart: ahd. eber ‚Eber„ + hart ‚hart, streng„ Gert Gerhart: ahd. ger ‚Speer„ + hart ‚hart, streng„ Seibt Sigiboto: ahd. sigi ‚Sieg„, boto ‚Bode, Gesandter„ Kurth Konrad: ahd. kuoni ‚kühn, tapfer, stark„ + rat ‚Rat(schlag)„ Göpfert Gottfried: ahd. got ‚Gott„ + fridu ‚Friede, Schutz„ Roloff/Rolf/Rulf/Ruoff Rudolf: ahd. hruod ‚Ruhm„ + wolf ‚Wolf„ Henke/Henkel/Henkel/Hennecke Heinrich: ahd. hagan „umfriedeter Ort„ + rihhi ‚Herrschaft, Herrscher, Macht, Gewalt, Reich„ Aus zweistämmigen Vollnamen gebildete Kurzformen Kürzung auf das erste Namensegment Eck(e) Eckardt/Eckharth/Eckert/Eggert: ahd. ekka ‚Schneide, Spitze, Ecke„ + hart ‚hart, streng„ De(e)gen Degenhard: ahd. degan ‚Krieger, Gefolgsmann„ + hart ‚hart, streng„ Fried(e) Friederich: ahd. fridu ‚Friede, Schutz„ + rihhi ‚mächtig, Herrscher, Herrschaft„ 17 Ortsinterner Gebrauch von Personennamen -kleiner kommunikativer Geltungsbereich -Personenbezeichnungen sind i.d.R. nur den Ortsansässigen bekannt -dialektale Varianten (Kurzformen) Bildungsmuster ►Kombination aus RN der Mutter (oder Schwiegermutter) und RN der benannten Person: Miene Helga Miene Rolf Ricke Hannelore = = = Hermine/RN der Mutter Hermine/RN der Großmutter (Friede)ricke/ RN der Schwiegermutter ►Kombination aus Beruf des Vaters, Schwiegervaters, Großvaters und RN der benannten Person: Gläsersch Irmgard Wäänersch Inge Försters Martha Försters Marianne Schmieds Karl Post Lisa = = = = = = Glaser/Beruf des Vaters Wagner/Beruf des Vaters Förster/Beruf des Schwiegervaters Förster/Beruf des Großvaters Schmied/Beruf der benannten Person Postangestellte/ Beruf der benannten Person, die Poststelle befand sich in einem Zimmer ihres Hauses ►Kombination aus Wohngegend im Ort und RN der benannten Person: Acke Ferdnand Öngermöllersch Ursel Backhaus-Inge Bolleweth = = = = Ferdinand, der an der Ecke wohnt Ursel, die in der Untermühle wohnt Inge, die neben dem Backhaus wohnt Elisabeth (Kurzform), die an der „Bolle“ wohnt, d.h. in der Nähe des Dorfplatzes , der früher, als die Straßen noch unbefestigt waren, mit Bohlen bedeckt war ►Kombination aus Wohngegend, Beruf des Vaters und RN der benannten Person: Gaschusters Karl = Ackewäänersch Hugo = Karl, der in der Gasse wohnt und dessen Vater Schuster von Beruf war Hugo, der an der Ecke wohnt und dessen Vater Wagner (Stellmacher) war 18 Der Gebrauch von Personennamen in der Umgangssprache Kombinationen von RN und FN (der) Karl Schmidt (der) Schmidt Karl (der) Schmidts Karl (der) Schmidte Karl (der) Schmidten Karl Schmidts (Schmidte/Schmidten) ihr Karl Karl von Schmidt 19 Übernamen (Kose-, Spitz-, Spottnamen) 1. Kosenamen: -inoffizielle Namen -drücken persönliche Beziehung zum Namensträger aus -Namensform mit liebkosender Bedeutung, meist durch Diminutivsuffixe oder Kurzformen ausgedrückt Typen ► aus RN: Rü Rüdiger Dagi Dagmar Uli Ulrich/Ulrike Hartchen Hartmut Wernerchen Werner Ginchen Regina ► aus anderen Wörtern: Jüngel Kerlchen Mausi Häschen Bär 2. Spitznamen und Spottnamen -scherzhafter oder spöttischer Beiname -häufig im Schulalter geprägt Typen ► aus PN Bille Sibille Manne Manfred Palle Palluscheck ► Assoziationen zum offiziellen FN: Bäumchen Kiefer/FN ► Bezogen auf das Verhalten Schotte ‚geizig‟ ► Bezogen auf äußere Eigenschaften 20 Langer ‚Größe‟ ► Spottnamen aus RN, meist in Zusammensetzung mit Adj.: ► Fritz alte Koseform von Fried/zu Friedrich Quassel-, Schmöker-, Versicherungs-, Zeitungsfritze ► Jan, nd. u. slaw. Kurzform von Johann(es) Dummerjan ► Hans als Kurzform von Johannes Fasel-, Prahl-, Schmalhans ► Nickel als Kurzform von Nikolaus Bös-, Giftnickel ► Peter Heul-, Miesepeter ► aus Berger Drücke-, Schlauberger ► In Kombination mit Suffixen: Grobian, Blödian Trunkenbold, Witzbold 21 Necknamen Von nachbarlicher Spottlust geprägt zählen sie zu den nichtamtlichen Namen. Es sind volkstümliche Namen, deren Gebrauch meist nur regional begrenzt ist, so dass sie auch nur unter den Einheimischen gebraucht werden. Unterschieden werden zwei Typen von Necknamen: Einwohnernamen und Ortsbeinamen Die Ortsbeinamen wiederum werden wie folgt kategorisiert: volkstümliche Nebennamen, unterscheidende Beinamen, Ortsnecknamen volkstümliche Nebennamen: Benennungsmotiv: altes dort angesiedeltes Handwerk, z.B. Hammerschmiede, Glashütte meist für Siedlungen, die aus einem alten Kern bestehen, zu dem jüngere Siedlungen hinzugekommen sind, sog. Ausbausiedlungen. Die älteren volksläufigen Bezeichnungen der früheren alten Siedlungen bleiben bis heute bestehen: z.B. heißen Obstfelderschmiede im Kreis Neuhaus, Pippelsdorf, Königsthal und Hohenwarte im Kreis Saalfeld die Schmiede, Grumbach im Kreis Lobenstein heißt noch heute de Gloshitt, Kleintettau im Kreis Kronach heißt obere Hütte und Alexanderhütte untere Hütte. Benennungsmotiv – Flurname: Bad Liebenstein im Kreis Bad Salzungen heißt der Suirborn (Sauerbrunnen), Haidefeld im Kreis Schleiz de Haa (Heide), Heinrichshöhe im Kreis Lobenstein heißt de Höh, andere Ortsnamen zeigen noch deutlicher, dass ihr Name von einem Flurnamen stammt, so de Tann – für Tanna im Kreis Schleiz, de Bärk (für den Ort Pirk) und de Lärch (für Lerchenhügel), woraus der Ort Birkenhügel wurde im Kreis Lobenstein. 22 Namengebung und Namenrecht Mit der amtlichen Eintragung des Vornamens in das Geburtenbuch im Standesamt sind Schreibweise und Reihenfolge der individuellen Namen festgelegt. Bestimmungen für die Namenwahl laut „Dienstanweisung für die Standesbeamten“: - „Bezeichnungen, die ihrem Wesen nach keine Vornamen sind, dürfen nicht gewählt werden“ (Familiennamen, Ortsnamen, Flurnamen, kulturhistorisch-religiös tabuisierte Namen (z. B. Jesus, Christus) - Alle Namen, auch die ausgefallensten fremden Namen, können als Vornamen vergeben werden, wenn es nachweisbar ist, dass es sich um solche handelt. - Jungen sollen männliche, Mädchen weibliche Vornamen erhalten. Es gibt aber auch geschlechtsneutrale Namen wie Andrea, Nicola, Sascha. Hier wird häufig durch einen Zweitnamen die Geschlechtsspezifik deutlich. Dass Maria auch als Zweitname vergeben werden darf, ist die einzige durch Tradition bedingte Ausnahme. - Später für den Namenträger belastende, anstößige Namen sollen von den Standesbeamten zurückgewiesen werden (z.B. Judas, Rapunzel, PesiCarola). 23 Namensgebung in Deutschland Das Recht der Vornamensgebung ist nicht gesetzlich geregelt. Es handelt sich um reines Gewohnheits- und um Richterrecht. Nach der Geburt eines Kindes wird dessen Vorname von den Eltern bestimmt. In Deutschland gibt es bestimmte Richtlinien für die Namensgebung: Der Vorname … … muss als solcher erkennbar sein. … muss eindeutig männlich oder weiblich sein (Ausnahmen sind etablierte Namen wie Toni, Sascha, Kai.) … darf dem Kindeswohl nicht schaden, indem er das Kind lächerlich machen oder eine Verbindung "zum Bösen" herstellen würde, wie z.B. durch die Namensgebung Judas. … darf kein Orts-, Familien- oder Markenname sein (Ausnahmen sind etablierte Namen). … muss innerhalb eines Monats nach der Geburt festgelegt werden. … kann nicht rechtlich geschützt werden (um ihn auf diese Weise als einzigartig zu erhalten). Eine Person kann mehrere Vornamen, muss aber mindestens einen Vornamen besitzen. Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn bei einem Neugeborenen maximal fünf Vornamen zugelassen werden. Bei Verwendung mehrerer Vornamen wird der Vorname, mit dem die Person „gerufen“ wird, als Rufname bezeichnet. Die Reihenfolge der Vornamen stellt keine Rangfolge dar. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung steht es in Deutschland dem Namensträger frei, zwischen seinen standesamtlich eingetragenen Namen zu wählen. Ein „Rufname“ ist also nicht unveränderlich festgelegt. In Deutschland besteht in Ausnahmefällen die Möglichkeit, seinen Vornamen im Nachhinein ändern zu lassen. Dies fällt in den Zuständigkeitsbereich der Namenänderungsbehörde, die entweder beim Standesamt, der Kreisverwaltung oder beim Ordnungsamt angesiedelt ist. Damit der Vorname geändert werden kann, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein. Zum Beispiel können ausländische Vornamen nach der Einbürgerung eingedeutscht werden. Außerdem gibt es die Möglichkeit, den Vornamen ändern zu lassen, wenn jemand schon immer anders genannt wurde und sich mit seinem exotischen Vornamen nicht abfinden kann. Des Weiteren können Transsexuelle nach dem Transsexuellengesetz ihren Vornamen ändern lassen, so dass er dem gefühlten Geschlecht entspricht. 24 Familiennamen und die 2. Lautverschiebung ND ----------------------------------Benrather Linie (ik/ich-Linie) = Nordgrenze der LV HD Einige germanischen Dialekte wurden von einer Konsonantenveränderung erfasst, durch die sie sich von den übrigen germanischen Dialekten abzusetzen begannen. Diese neue Sprachgruppe nennt man „deutsch“ und mit dieser ahd. Lautverschiebung begann die älteste deutsche Sprachstufe, das Althochdeutsche. Die ahd. Lautverschiebung betrifft vor allem die germ. Konsonanten (Tenues) p, t, k (Tenuesverschiebung). So erscheinen heute 1. germ. p- (vgl. engl. pound) als pf-: Pfund 2. germ. –p(-) (vgl. engl. open, sleep) als -(f)f(-): offen, schlafen 3. germ. t- (vgl. engl. to) als z-: zu 4. germ. –t(-) (vgl. engl. water, what) als -(s)s(-): Wasser, was 5. germ. k- (vgl. engl. cold) als kch-: kchalt (südalemannisch) 25 6. germ. –k(-) (vgl. engl. make, book) als –ch(-): machen, Buch Die sprachliche Entwicklung infolge der 2. Lautverschiebung spiegelt sich auch in den Familiennamen p-f Kno(o)pp vs. Knopf Stümpke vs. Stümpfle (Eigenschaftsname ‘gedrungener Mensch’) p-pf (f) Pannenschmied vs. Pfannenschmied Ploog vs. Pflug Pieper vs. Pfeifer p-f(f) Schleper vs. Schläfer Schippmann vs. Schiffmann t-z Tang(e) vs. Zang(e) Teg(e)ler vs. Zieg(e)ler Töll(n)er vs. Zöllner 26 t-ss Groth(e)/Groot vs. Groß(e) Schlotter/Schlot(t)hauer vs. Schlosser Ketteler vs. Keßler (Berufsname/Hersteller von Topfhelmen oder Wohnstättenname/der im Tal bzw. Kessel wohnt) k-ch Eyckhoff vs. Eichhoff Bockhol(d)t vs. Buchholz Schomaker vs. Schu(h)macher Kerkhoff vs. Kirchhoff t-z Stolt(e) vs. Stolz(e) (Eigenschaftsname ‚hochtrabend’, ‚stattlich’) 27 Flurnamen Flurname Definition: ➢ Bezeichnungen unbewohnter Örtlichkeiten, also Namen für Berge und Täler, Bäche und Flüsse, Teiche und Seen, Wälder und Felder sowie für die zahlreichen anderen natürlichen Geländegegebenheiten, an denen sich der Mensch in der Landschaft orientiert, einschließlich solcher Namen, die infolge der Einbeziehung ihrer Bezugsobjekte heute zu Bezeichnungen von Straßen, Gassen und Plätzen innerhalb einer Ortschaft geworden sind Merkmale: ➢ geringer Kommunikationsradius ➢ geringere Stabilität als andere Ortsnamen ➢ Entstehung aus Appellativen ➢ Bestandteil regionaler Identität ➢ Unterschied zu Flurbezeichnungen 28 Arbeitsschritte bei der Erhebung von Flurnamen 1. Erfassung der amtlichen Form des Flurnamens Arbeit im Katasteramt: -Beschaffung von Flurkarten zu der zu untersuchenden Gemarkung, d. h. eines zu einer Gemeinde gehörenden Gebiets. -Gewinnung der amtlichen Flurnamen aus Flurkarten und Flurbüchern, Grundbüchern und Messtischblättern 2. Erfassung historischer Namenformen Arbeit im Archiv (Zentralarchive, örtliche Archive): -Sichten von ungedruckten Quellen (Steuer- und Zinsbüchern, Dorfordnungen, Besitzstandsverzeichnissen, Erbschaftssachen, Kaufverträgen, Grenzbeschreibungen, etc.) -Sichten von gedruckten Quellen (Urkundenbücher und Abhandlungen), ebenso historischen Karten -Häufig finden sich derartige Materialien auch noch in Privatbeständen älterer Einwohner 3. Erfassung von Namenbelegen aus regionalgeschichtlicher Literatur -Bezugnahme auf volksetymologische Deutungsversuche, besondere Ereignisse, historische Hintergründe der Entstehung der Flurnamen 4. Erfassung der mundartlichen Lautung des Flurnamens -mündliche Befragung geeigneter Gewährspersonen, die den Ortsdialekt noch sprechen (Landwirte, heimatkundlich Interessierte, ältere Ortsansässige) -technische Aufzeichnung der Befragungsergebnisse -Ergänzend sollten auch persönliche Deutungsversuche der Befragten mit aufgezeichnet werden. 5. Erfassung der Daten auf Karteikarten (herkömmliche Methode) bzw. mittels einer Eingabemaske am PC (moderne Methode) 29 Benennungsmotivation von Flurnamen Wer vergibt die FLN? bäuerliche Landbevölkerung Heute sind viele FLN durch Nummern abgelöst (Schlag 345/C) Die Flurnamen haben sich im mündlichen Sprachgebrauch durchgesetzt. Der Sprecher hat sich mit dem Namen identifiziert. Der Flurname ist fest. Naturnamen 1) Ausdehnung, Begrenzung z.B. nach der Gestalt: Langer Berg, Gehren (ahd. gēr ‚Speer‟), spitz zulaufendes Flurstück 2) natürliche Lage Winterleite ‚Nordhang‟ (Leite ‚Abhang‟) Osterbach ‚Bach aus dem Osten‟ (keine heidnischen Bräuche liegen hier zugrunde, ebenso wenig der Brauch des Osterwasserholens. Um 1900 sind viele Schriften entstanden, die von Pfarrern oder pensionierten Lehrern verfasst wurden und bei Erklärungsversuchen von FLN häufig auf heidnische Bräuche zurückgreifen. Die Namen sind nicht so alt. Sie wurden von Bauern vergeben, die keine heidnischen Götter kennen. Es waren Christen) 3) Morphologie Auf dem Pickel, In den Wärzchen bezeichnen Geländeerhebungen Hänge (Leite), ebene Flächen (Plan), Täler, Senken werden benannt (Apfelloch, in der Grube, im Tal, im Korbtal (Form) 4) Geologie Melm/Malm, von zermalmen, verweist auf sandigen, staubigen trockenen Boden, In den Kieswiesen, In den Tongruben 5) natürliche Bewässerung Bach, Teich, Namen mit Quelle, Born/Brunnen (Metathese), See als FLN oder Namenbestandteil kann auch nur ‚Sumpfland‟ bezeichnen 6) Bodenbedeckung Hinweis auf Art der Vegetation Im Weidicht, Erlicht, Tännicht (-igt/icht = Kollektivsuffix) bezeichnen Flurstücke mit einem Bestand an Weiden, Erlen oder Tannen Im Holz (Hart, Hain) ‚Wald‟, Im Ziegenholz ‚ein Waldstück, in dem die Ziegen gehütet wurden‟ 7) Tiere Wachteldelle, Lämmerberg, Hühnerberg, Sauborn (eine Quelle, feuchte Stelle, in der sich die Wildschweine suhlen) 30 Die Rolle der Mundart bei der Deutung von Flurnamen Wenn ein Mangel an historischen Belegen besteht, können mundartliche Formen des Namens bei dessen Deutung Aufschluss geben. Flurnamen entstanden im Volksmund. Wandlungen der Mundart und der Einfluss volkstümlicher Umbildungen schlugen sich darin nieder. Deshalb ist es wichtig, neben historischen Belegen auch die mundartliche Form bei der Deutung mit heranzuziehen, insbesondere dann, wenn die historische Quellenlage sehr spärlich ist und man auf alte Formen aus Urkunden nicht genügend zurückgreifen kann. Die Kenntnis der Mundart der betreffenden Gegend gewinnt in solchen Fällen doppeltes Gewicht. Das Folgende Beispiel betrifft die Analyse des pfälzischen Flurnamens Mooch, der bisher nicht aufgeklärt werden konnte. Erst die Mundart führte zu einem Deutungsergebnis. „Mooch“ steht für ‚kleiner Wald, Gebüsch, lichter Eichenbestand‟ (Waldname) In der Pfalz begegnen die Flurnamen Hanmooch, Kallmooch, Eselmooch Man glaubte, dass es sich hier um ein Kompositum mit dem Wort „Mooch“ handelte. In der Region gibt es allerdings keine Belege für den Flurnamen „Mooch“ Zugrunde liegt das Wort Bach: Hanmooch = Hagenbach (age-Kontraktion und Assimilation von –en+b zu m) ‚Bach, der durch einen Wald (Hagen/ Hain) fließt‟ Kallmooch = ‚im kalten Bach‟ Eselmooch = Eselsbach, urspr. Heselnbach, ‚Bach, der durch ein Tal mit vielen Haselbüschen fließt‟ 31 Flurnamen sind geschichtliche Denkmäler Heute spielen Flurnamen im alltäglichen Sprachgebrauch nicht mehr die Rolle, die ihnen in der früheren bäuerlichen Lebenswelt zukam. Der jüngeren Generation sind sie meist nur noch aus Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern bekannt. Umso wichtiger ist es, diesen besonderen Namensschatz zu bewahren. Barbara Aehnlich hat sich dieser verantwortungsbewussten Aufgabe im Rahmen einer Magisterarbeit gestellt und die Ergebnisse ihrer empirischen Forschungen in einem populärwissenschaftlichen Buch vorgelegt, welches kürzlich im VDM Verlag Dr. Müller erschienen ist. Die in Ammerbach bei Jena geborene Autorin untersuchte die Flurnamen der Gemarkung ihres Heimatortes vor sprachgeschichtlichem, geologischem, kulturellem und siedlungsgeschichtlichem Hintergrund. Bis eine solche Flurnamensammlung vorliegt, vergehen unzählige Stunden intensiver Archivarbeit. 20 Flurkarten aus dem Katasteramt Jena hat die Verfasserin sorgfältig ausgewertet. Hinzu kamen ebensoviele Urkunden aus dem Jenaer Stadtarchiv über Grundstücksangelegenheiten, die die Ammerbacher Flur betreffen. Durch Befragung der älteren Einwohner Ammerbachs konnten ergänzend auch die Namen erfasst werden, die heute nur noch mündlich in Gebrauch sind. Insgesamt 80 amtliche und 47 nur mündlich existierende Namen zur Bezeichnung der Ortsflur von Ammerbach stellt diese Publikation vor. Neben der amtlichen Form erfährt der Leser auch etwas über mundartliche Lautung, Bekanntheitsgrad des Flurnamens sowie über geographische Lage und heutige Nutzung des benannten Flurstückes. Historische Urkundenbelege zeichnen die Wortgeschichte des Flurnamens nach und liefern so aufschlussreiche Hinweise auch für die Sprachgeschichtsforschung allgemein. Für den namenkundlich Interessierten ist unter anderem der Abschnitt relevant, in dem die Verfasserin beschreibt, woher das Flurstück seinen Namen hat, ob beispielsweise die „Wachteldelle“ als Bezeichnung für eine Geländevertiefung nach dem Vogel benannt ist, oder ob hier vielmehr eine regionalsprachliche Form von Wacholder zugrunde liegt. Häufig müssen bei der Namendeutung am Ende auch Fragen offen bleiben, wie bei diesem angeführten Beispiel. Barbara Aehnlich, die auf diesem interessanten Forschungsfeld der Sprachwissenschaft auch weiterhin tätig ist – zur Zeit arbeitet sie im Rahmen ihrer Dissertation an der Erforschung der Flurnamen des Saale-Holzland-Kreises – hat ihre 136 Seiten umfassende Veröffentlichung „Ammerbach – Sprachgeschichtliche Untersuchungen zu den Flurnamen der Gemarkung Ammerbach bei Jena“ ihrem Heimatort gewidmet. 2003, im 775. Jahr der Ersterwähnung des Ortes, begann die damalige Germanistikstudentin der Friedrich-Schiller-Universität Jena ihre namenkundlichen Untersuchungen. Nun, 5 Jahre später, legt Barbara Aehnlich, inzwischen als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistische Sprachwissenschaft tätig, ihre Forschungsergebnisse in Buchform vor. Somit ist auch die thüringische Flurnamenforschung wieder ein Stück vorangekommen. Dr. Susanne Wiegand Institut für Germanistische Sprachwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena (Rezension) 32 Siedlungsnamen Ortsnamen im engeren Sinn oder Siedlungsnamen Mehrzahl von Siedlungen: - Städte - Dörfer - Meiler Einzahl von Siedlungen: - Höfe - Häuser - Burgen - Schlösser - gewerbliche Einrichtungen sakrale Siedlungen oder Einrichtungen: - Klöster - Kirchen - Kapellen - Einsiedeleien - Kultstätten Abgegangene Siedlungen: Wüstungen 33 Ortsnamentypen (ausgewählte Beispiele) 1. Namen auf -ingen/-ungen: in allen germanischen Siedlungsgebieten verbreitet (Breitungen, Sigmaringen) 2. Namen auf -heim: *haima 'Heimat, Wohnsitz' als Grundwort (Zeigerheim, Buchheim) 3. Namen auf -bach: ältere Form für Gewässer ist -aha; ab etwa 500 tritt die Bezeichnung -bach für die meisten fließenden Gewässer auf (Reichenbach, Ammerbach) 4. Namen auf -born/-brunn: ahd. brunno als Bezeichnung für Trinkwasser spendende Quelle; ndt. Einfluss -born (Hellborn, Weißenborn, Eliasbrunn) 5. Namen auf -feld: weites, offenes Land (Saalfeld, Schönfeld) 6. Namen auf -berg/-burg: von bergen 'schützen, behüten'; bezeichnen ursprünglich befestigte Plätze verschiedener Art (Dornburg, Camburg) 7. Namen auf -dorf: ab dem 8. Jh. (Dorndorf, Altendorf) 8. Namen auf -rode: urbar gemachtes Waldland; vor allem am südlichen Harzrand (Lützeroda, Münchenroda) 9. Namen auf -hain: Hagen, Hain 'umzäunter, geschützter Ort' (Hainichen, Lichtenhain) 34 Straßennamen - Hodonyme Straßennamen und ihre Benennungsmotivation Die Benennung erfolgt nach: dem nächst gelegenen Ort oder Zielpunkt einer Gewerbe- oder Erwerbstätigkeit im Bezugsbereich der Beschaffenheit der Straße ( Ausdehnung, Form, Lage, Untergrund etc.) der Besonderheit des Geländes besonderen öffentlichen (nicht öffentlichen) Gebäuden im Bezugsbereich (Kirche, Rathaus, Brauhaus etc.) einer sozial herausragenden Familie oder Person, die sich in bestimmter Weise verdient gemacht hat einem älteren Örtlichkeitsnamen (Hausname, Flurname) 35 Flurbezeichnungen in Straßennamen In den Kieswiesen In den Zinsäckern Grüne Aue Am Birnstiel Am Gänseberg An der Trebe Am Jenzig Zur Schreibweise: mit oder ohne Bindestrich? 1. Klassische Bezeichnung nach Appellativen: (ohne Bindestrich) Lindenstraße /nicht Linden-Straße, Meisenweg, Schloßplatz 2. Familienname als Erstglied: (ohne Bindestrich) Goethestraße/nicht Goethe-Straße, Dürerweg, Schillerplatz 3. Vor- und Familienname als Erstglied: (mit Bindestrich) Johann-Wolfgang-von-Goethe-Straße, Albrecht-Dürer-Weg, FriedrichSchiller-Platz 4. Nach Ortschaften oder Plätzen benannt: (getrennt und ohne Bindestrich in Deutschland und Österreich, dagegen Zusammenschreibung in der Schweiz und in Liechtenstein) Cottbusser Platz, Weimarer Straße, Ziegenhainer Oberweg; aber: Schaffhauserplatz in Zürich, Lörracherstraße in Riehen bei Basel) 5. Nach Eigenschaften Benannt: (ohne Bindestrich) Krumme Straße, Blauer Weg, Alter Platz 36 Zur Namenlexikographie Wie entsteht ein Straßennamenbuch? Kommentiert am Beispiel: Jenaer Straßen und Gassen. (W. Lösch, R. Petzold, F. Reinhold, S. Wiegand. Jena 1991). Auf Anregung u. in enger Zusammenarbeit mit dem Fremdenverkehrsamt Jena entstanden Fragen, die das spätere Konzept bestimmen: 1. Welche Ziele verfolge ich mit dem Buch? (Soll es primär ein Buch zur örtlichen Orientierung sein oder eher ein Buch, welches vor allem die Stadtgeschichte aufleben lässt?) 2. Wie sollen die Artikel zu den einzelnen Namen inhaltlich und formal gestaltet sein? 3. Was will ich dem Leser im Artikel über den Straßennamen alles mitteilen? 4. Welches Quellenmaterial kann ich für meine Recherchen nutzen? 5. Wie teile ich die Bearbeitungsabschnitte inhaltlich auf, wenn mehrere Autoren mitarbeiten? 6. Wie umfangreich soll/darf das Buch werden? 7. Welchen Bearbeitungszeitraum habe ich zur Verfügung? 37 Namenkundliche Abschlussarbeiten, die an der FSU betreut wurden Apel, Klaus 1955: Die Flur- und Forstortsnamen von Lauscha und Umgebung, Staatsexamensarbeit (masch.), Jena. Beiersdörfer, Christel 1977: Die Flur- und Forstnamen von Steinheid und Umgebung, Diplomarbeit, Jena. Berlt, Ina 1955: Die Flur- und Forstortsnamen von Ruhla, Staatsexamensarbeit (masch.), Jena. Danz, Hildegard 1966: Die Flur- und Forstortsnamen im Südteil des Kreises Eisenach, Diss. Potsdam. Demmler, Rudi 1966: Die Flur- und Forstortsnamen von Haselbach, Staatsexamensarbeit, Jena. Duscha, Veronika 1977: Flurnamen der Gemarkung Kaltennordheim, Staatsexamensarbeit, Jena. Färber, Heike 1995: Die Mikrotoponymie der Gemarkung Unterwellenborn und ihre Betrachtung unter sozioonomastischen Aspekten, Staatsexamensarbeit, Jena. Fuchs, Achim 1971: Die Flurnamen im südöstlichen Teil des Kreises Erfurt in sprachgeschichtlicher und soziolinguistischer Hinsicht, Diplomarbeit, Jena. Genzel, Manfred 1980: Die Flurnamen des Kreises Mühlhausen, Dissertation (masch.), Jena. Geßenhardt, Ulrike 1989: Die Mikrotoponymie der Gemarkung Gispersleben – der gegenwärtige Bestand und seine Bewertung unter sozioonomastischen Aspekten, Diplomarbeit, Jena. Gerbing, Luise 1910: Die Flurnamen des Herzogtums Gotha und die Forstnamen des Thüringerwaldes zwischen Weinstraße im Westen und der Schorte (Schleuse) im Osten, Jena. Golombek, Jörg 1994: Die Flurnamen der Gemarkung Schlotheim in einer sozioonomastischen Analyse, Hausarbeit, Jena. Gortan, Hans 1957: Die Flurnamen der Stadt Zella-Mehlis. Staatsexamensarbeit (masch.), Jena. Greiner, Renate 1970: Das Flurnamengut der Gemarkungen Klein- und Großromstedt, Schöten und Stobra, Diplomarbeit, Jena. Herz, Gabriele 1975: Die Flurnamen von Büttstedt und Küllstedt, Staatsexamensarbeit, Jena. Hindermann, Christine 1977: Flurnamen von Witterda, Diplomarbeit, Jena. Kämpf, Günther 1954: Die Flurnamen der Gemarkung Bucha, Hausarbeit zur Ablegung der Fakultätsabschlußprüfung im Fach Deutsch (masch.), Jena. Kaufmann, Ulla 1968: Flurnamen von Frauensee, Staatsexamensarbeit, Erfurt. Kirchberg, Annaliese 1975: Die Flurnamen von Dingelstädt, Diplomarbeit, Jena. Kirschstein, Ellen 1989: Die Mikrotoponymie von Ingersleben / Kreis Erfurt-Land und ihre Bewertung unter sozioonomastischem Aspekt, Diplomarbeit, Jena. Krause, Gerda 1956: Die Straßennamen der Stadt Gotha, Hausarbeit (masch.), Jena. Kube, Dietlinde / Kube, Rembert 1975: Die Mikrotoponyme im Bereich der Fluren von Krummenhennersdorf und Halsbrücke unter Berücksichtigung ihrer heutigen Rolle in der sprachlichen Kommunikation und ihrer Eignung als schulisches Unterrichtsmittel, Diplomarbeit (Kollektivarbeit), Jena. Neumann, Marie-Luise 2004: Die Flurnamen der Gemarkungen Möhra und GräfenNitzendorf – eine onomastische Analyse, Staatsexamensarbeit, Jena. Schrickel, Herbert 1953: Die Flurnamen von Stützerbach, Hausarbeit zur Ablegung der Fakultätsprüfung (masch.), Jena. Schrickel, Herbert 1958: Wortkunde der Flurnamen des Kreises Ilmenau, Dissertation (masch.), Jena. Spreu, Arwed 1961: Die deutschen Orts- und Flurnamen des Kreises Altenburg, Diss., Berlin. Tetzner, Ruth 1955: Die Flur- und Forstnamen von Hohenleuben (Kreis Zeulenroda), Hausarbeit zur Abschlußprüfung für das Lehramt (masch.), Jena. 38