Folien Zum Seminar Dorf-feld-flur - Friedrich-Schiller

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Folien Zum Seminar Dorf-feld-flur - Friedrich-Schiller
Folien zur Namenkunde
Eigenart der Namen
1. Namen tragen keine lexikalische Bedeutung
Sie haben keinen begrifflichen Inhalt, kein Denotat. Die Person mit dem
Namen Müller ist nicht von Beruf Müller, d.h. der Eigenname Müller hat
nichts mit der Bedeutung des Appellativs Müller als Berufsbezeichnung zu
tun). Namen hatten ursprünglich eine Bedeutung, weil sie aus Appellativen
entstanden sind. Nachdem sie zu Namen geworden sind funktionieren sie im
synchronen Gebrauch zur Bezeichnung ihrer Träger, ohne dass die
ursprüngliche Bedeutung, die diachron aufgeschlüsselt werden kann, noch
eine Rolle spielt.
Namen können selbst wieder Bedeutung erlangen und so zu neuen
Appellativen werden. Z. B. tragen viele Produkte den Namen des Herstellers:
Hans Riegel, Bonn oder Zeppelin.
2. Namen haben eine Bedeutsamkeit (Wertigkeit, Ausstrahlung)
Gemeint ist die Summe der mit einem Namen verbundenen Assoziationen,
Vorstellungen, Gefühle. Unterschieden wird zwischen der motivischen und
aktuellen Bedeutsamkeit. Die motivische Bedeutsamkeit ergibt sich aus den
Gründen bei der Namengebung, die aktuelle setzt sich aus Eindrücken beim
Namengebrauch zusammen. Diese Eindrücke gewinnt man vom Klang oder
der ursprünglichen Bedeutung des Namens, auch vom Namenträger und von
Vorstellungen seiner Benutzer.
3. Namen haben auch grammatisch eine Sonderstellung
Abweichende Orthographie (Becker/Bäcker, Schmid/Schmidt/Schmied),
eingeschränkter Gebrauch des Artikels (die Tina kommt zu Besuch/Tina
kommt zu Besuch), des Plurals wegen der Individualisierungsfunktion von
Namen (die Vögel sind eingeladen/ Vogels sind eingeladen bzw. Familie
Vogel ist eingeladen)
1
Namenarten
1. Astronyme (Himmelskörper): alle Arten von natürlichen Objekten, die am Himmel zu sehen
sind (Planeten, Asteroiden, Kometen, …)
2. Oronyme (Berg- und Gebirgsnamen): Alpen, Anden, Kilimandscharo, …
3. Koilonyme (Talnamen): Täler, Schluchten, Gräben
4. Hydronyme (Gewässernamen): Flüsse, Seen, Bäche, Sümpfe, …; meist höheres Alter als
andere Namen, da konstant über die Zeit vor Ort vorhanden
5. Mikrotoponyme (Flurnamen): Bezeichnung aller unbewohnten Örtlichkeiten (Äcker, Wiesen,
Berge, Täler, Wald, …)
6. Toponyme (Ortsnamen/Siedlungsnamen)
7. Aulonyme (Hofnamen); Oikodonyme (Hausnamen): stehen zwischen Anthroponymen (PN)
und Toponymen (ON): Name des Gehöfts oft vom Besitzer abgeleitet (Haus Erna)
8. Wehrbauten-/ Burgennamen (Lobdeburg, Wartburg)
9. Namen von Verkehrswegen und Plätzen: meist Straßennamen
10. Kunstwerknamen: Literatur – Titel (Goethe: Leiden des jungen Werther); Musik – Titel
(Edvard Grieg: Peer Gynt – In der Halle des Bergkönigs); Gemälde – Titel (Albrecht Dürer: Das
kleine Rasenstück)
11. Warennamen: Produktnamen, Handelsnamen, Markennamen: Nutella, Tempo, Adidas
12. Institutionsnamen (auch Ergonym): Bundestag, Gesellschaft für Namenkunde, FriedrichSchiller-Universität
13. Naturereignisnamen (Phänomennamen): Stürme (Orkan Kyrill), Erdbeben, Hochs und Tiefs
(Hoch Peggy)
14. Namen politischer Ereignisse: Orangene Revolution (Ukraine), Zweiter Weltkrieg,
Westfälischer Friede
15. Anthroponyme (Personennamen): Vornamen, Familiennamen
16. Ethnonyme (Stammes- und Völkernamen): Niederlande, Vereinigte Staaten, Island, Maori
17. Zoonyme (Tiernamen): ländliche, städtische und literarische Tiernamen
18. Phytonyme (Pflanzennamen): Blumen- und Baumnamen
19. Chrononyme (Zeitnamen): Jahre, Tage, Festtagsbezeichnungen – Weihnachten, Ostern, ….
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Eigennamenkategorien
Die Nomina propria lassen sich in verschiedene Kategorien einordnen. Ihre Einteilung richtet
sich nach ihrem Auftreten in den verschiedenen Wirklichkeitsbereichen und der Bewertung
der den Namen der Referenten zugrunde liegenden Bestandteile der objektiven Realität.
Hierbei ergeben sich folgende Namenklassen und –arten :

Personennamen (Anthroponyme): Hier ist der Mensch der Referent. In diese Gruppe
gehören Rufnamen, Vornamen, Beinamen, Familiennamen und in einigen Sprachen,
wie im Russischen, auch die Elternnamen.

Personengruppennamen (Sozionyme, Ethnonyme): Hierher gehören ebenfalls die
Familiennamen, außerdem Einwohner- und Bewohnernamen, Verbandsnamen und
Stammes- und Volksnamen.

Örtlichkeitsnamen (Toponyme): Als Ortsnamen oder Toponyme bezeichnet man
Namen für geomorphologische Topoi (= Örtlichkeiten) wie Landschaften, Gebirge,
Inseln, Gewässer und Namen für geopolitsche Topoi wie Länder und Staaten,
Siedlungen, Straßen und Gebäude. Hierbei unterscheidet man Makrotoponyme (z.B.
Meeres- und Flussnamen, Gewässernamen, Siedlungsnamen und Ortsnamen im
engeren Sinne) und Mikrotoponyme (z.B. Flur- und Gemarkungsnamen, Straßennamen
und Gebäudenamen).

Ereignisnamen (Praxonyme): Hier dienen vom Menschen getragene Aktivitäten als
Referenten. In diese Klasse gehören "alle Namen, die zur Bezeichnung von
Ereignissen und Geschehnissen benutzt werden, als deren Auslöser, Träger,
Teilnehmer und Betroffene Menschen gelten können", also politische Ereignisnamen
wie die 'Orangene Revolution' in der Ukraine, Feier- und Festtagsnamen,
Epochennamen und Naturereignisnamen.

Institutionsnamen: Hierher zählen die Namen von Verwaltungsbereichen, Arbeits- und
Bildungsstätten, Erholungsstätten und Pflegeeinrichtungen.

Objektnamen (Ergonyme): Unter dieser Bezeichnung lassen sich die Namen für vom
Menschen geschaffene Objekte und Produkte zusammenfassen. Deshalb zählen in
diese Gruppe Gebäude-, Haus- und Hofnamen, Verkehrsmittelnamen,
Warenzeichennamen und Bücher- und Zeitschriftennamen.

Sonstige Namen: Zu den sonstigen Namen die Phänomennamen, die Phänomene der
Umwelt bezeichnen, auf die die Menschen keinen Einfluss haben, wie die Namen von
3
Naturkatastrophen, Pflanzen- und Tiernamen und die Namen von Himmelskörpern
und Sphären (Kosmonyme).
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Historische Quellen in der Namenforschung
Urkunden
Dokumente mit Rechtskraft, Schriftstücke,
durch die etwas beglaubigt, bestätigt wird
Traditionen
Überlieferungen (zu tradieren ‚überliefern,
Überliefertes weiterführen, weitergeben„)
Annalen
Jahrbücher, Aufzeichnungen zu geschichtlichen
Ereignissen (lat. annus ‚Jahr„)
Chroniken
geschichtliche Darstellung mit genauer
zeitlicher Abfolge der Ereignisse (lat. cronos
‚Zeit„)
Nekrologien
bes. in Klöstern und Stiften in der Art eines
Kalenders aufgestelltes Verzeichnis der
Todestage von ehemaligen Mitgliedern und
Stiftern (griech. nekros ‚Toter, Leiche„/das
Nekrolog oder Nekrologium, das Nekrolog
bedeutet auch „Nachruf„)
Hagiographien/Viten Beschreibung von Heiligenleben, Viten (griech.
hagiographa ‚heilige Schrift„/Hagiograph
‚Verfasser von Heiligenleben„)
Urbare
mittelalterliche Güter- u. Abgabenverzeichnisse
großer Grundherrschaften im Sinne eines
Grundbuchs (mhd. urbar ‚zinstragendes
Grundstück„)
Weistümer
Weistum=Auskunft, die rechtskundige Männer
über Streitfragen gaben u. die dann rechtskräftig
wurde /Sammlung schriftlich aufgezeichneter
Weistümer (Rechtsauskünfte zu Streitfragen)
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Personennamen
Zur Geschichte der Rufnamen
Germanische Zeit:
Es gab vor allem zweigliedrige PN (Siegfried, Hildegund)
Zur Komposition zweigliedriger germanischer Rufnamen
1. Subst.+Subst.: Williram
‟Wille‟ + hraban „Rabe‟
2. Subst.+Adj.:
Dietlinde
diot ‚Volk‟ + lind ‚sanft‟
3. Adj.+Subst.:
Balduin
baldo ‚kühn‟ + wini ‚Freund‟
4. Adj.+Adj.:
Frodeber
=frōt „klug‟ + beraht ‚glänzend‟
Bildungsregeln:
► Selten begegnen Namenkomposita, deren Glieder den gleichen Anlaut
besitzen:
z.B. Brun+burg, Mann+mut
► Die Glieder reimen sich nicht
► Wörter, die mit Vokal beginnen, treten nicht als Zweitglied auf:
Eberhart (nicht Harteber); Ortfrid (nicht Fridort)
(In Harald, begann das Zweitglied urspr. mit „w“: hari ‚Heer‟ + walt
‚Waltender‟ oder Ortolf: ort ‚(Waffen)spitze + ‚wolf‟)
►Bei Komposita bestimmt die zweite Konstituente das Genus, d. h. die rechte
Konstituente ist morphologischer Kopf des Wortes. Sie bestimmt die
Gesamtwortkategorie (der Sonnenschirm; die Sonne+ der Schirm)
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Das spiegelt sich auch in den Namenkonstruktionen für Männer und Frauen
wider.
►Als Erstglied können dieselben Substantive auftreten (Siegwart, Sieglinde);
die Zweitglieder aber unterscheiden sich:
Zweitglieder in männliche Namenformen:
Substantiv
-brod ‚Gebieter, Bote‟
Adjektiv
-mund ‚Schützer
-brand ‚Feuer, Schwert‟ -ram ‚Rabe‟
-bald ‚kühn‟
-bert, brecht ‚glänzend‟
-fri(e)d ‚Friede‟
-(w)ald, -old „Waltender‟-hard, -t ‚stark, fest‟
-gar, -ger „Speer‟
-ward ‚Hüter‟
-lieb, -lef ‚lieb‟
-helm „Helm, Schutz‟
-wig „Kampf‟
-mar ‚berühmt‟
-(h)er „Heer‟
-win ‚Freund‟
-hand ‚mutig‟
-mann „Mann, Mensch‟ -(w)olf, -ulf ‚Wolf‟
-rich ‚mächtiger Herrscher‟
Zweitglieder in weiblichen Namenformen:
Substantiv
Adjektiv
-borg, -burg ‚Schutz, Zuflucht‟
-lind(e) ‚sanft‟
-gard ‚Zaun, Schützerin‟
-rid ‚schön‟
-gund(e) ‚Kampf‟
-swind ‚stark, recht‟
-heid ‚Art, Wesen‟
-traut, -trut zu trut ‚lieb‟; -drud ‚Macht‟
-hild(e) ‚Kampf‟
-run ‚Zauber, Geheimnis‟
►Neutra traten nur als Erstglieder auf:
Lantfrid, Landolf ‚Land‟
Doch Roland ( hrōt ‚Ruhm‟ + ‚Land‟) ist ein jüngeres Wort. Hier greifen die
alten Regeln nicht mehr.
►In neuerer Zeit hängte man ein –e als Marker für den weiblichen Namen an:
7
Z. B. Herrade, Guntrade, Erdmut(h)e
(Erdmut und Herrad gibt es in Deutschland als Mädchen- und Jungenname.)
►Das Wort wih ‚heilig‟ bei Frauen (Haduwih ‚Kampf‟ + ‚heilig‟) glich sich
lautlich dem männl. wig ‚Kampf‟ an:
Z. B. weibl. Hedwig (=Haduwih) neben männl. Ludwig, Hartwig, Gerwig.
Literaturhinweis:
Zur Strukturübersicht zu den germanischen RN: Kunze, Konrad: dtv-Atlas
Namenkunde. Vor- und Familiennamen im deutschen Sprachgebiet. München
2004 (5. Aufl.); ebs. zu den Kurzformen und zur Motivierung der
Namensgebung.
8
Motive der Namenwahl
früher:
religiös-kirchlich motivierte Wahl (nach Heiligen, nach der Bibel)
politisch-dynastisch motivierte Wahl (nach Fürsten, Herrschern)
nach Konventionen motivierte Wahl (Paten, Familienangehörige)
heute:
formaler Aspekt (Silbenzahl, Harmonie mit dem Familiennamen)
modern
selten, außergewöhnlich
anspruchsvoll
international gebräuchlich
regionaltypisch (für die Heimat, ein Volk, ein Land)
literarisches Vorbild (Figur aus einem Roman)
Vorbild aus den Medien (Schauspieler, Sänger)
Vorbild aus dem Sportbereich (bekannte(r) Sportler(in))
Ursprüngliche Bedeutung des Namens
Familiäre Traditionen
Trend allgemein:
freiere Namenwahl, nicht mehr durch Konventionen eingeengt
häufig Wahl vorwiegend fremdstämmiger Vornamen (Wohlklang)
stärkeres Streben nach Originalität und Individualität
Mehrnamigkeit ist wieder im Kommen
9
die beliebtesten Vornamen des Jahres 1675
Aus dem “Seelenregister” von 1675 der Kirchengemeinde Stollhamm
Frauen
1. A n n a
2. G r e t e
3. G e s c he
4. Fr o w e
5. A l ke
6. T e t e
7 . T r i ne
Männer
1. Jo h an n
2. H i n ri c h
3. G e r d
4. H ayo
5. Id e
6. P e t e r
7. Jac o b
8. Di r k
9. Jü r g e n
zu beachten: Dieses sind die häufigsten Vornamen der Menschen, die 1616 in Gießen
beziehungsweise 1675 in Stollhamm gelebt haben.
Die beliebtesten Vornamen des Jahres 1890
10
Frauen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Martha
Anna
Frida / Frieda
Berta / Bertha
Emma
Marie
Maria
Margarete /
Margarethe
9. Erna
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
Elsa
Louise / Luise
Johanna
Gertrud
Elisabeth
Minna
Auguste
Helene
Ida
Wilhelmine
Clara / Klara
Hedwig
Olga
Dorothea
Else
Agnes
Meta
Paula
Elise
Henny / Henni
Lina
Männer
1. Carl / Karl
2. Wilhelm
3. Otto
4. Heinrich
5. Friedrich
6. Paul
7. Hans
8. Gustav
9. Max
10.
Ernst
11.
Hermann
12.
Johannes
13.
Adolf / Adolph
14.
Fritz
15.
August
16.
Emil
17.
Walter /
Walther
18.
Robert
19.
Franz
20.
Hugo
21.
Georg
22.
Ludwig
23.
Johann
24.
Willi / Willy
25.
Rudolf /
Rudolph
26.
Oskar / Oscar
27.
Alfred
28.
Richard
29.
Bernhard
30.
Albert
Die beliebtesten Vornamen des Jahres 1950
11
Frauen
1. Renate
2. Angelika
3. Brigitte
4. Karin
5. Monika
6. Ursula
7. Ingrid
8. Gisela
9. Marion
10. Jutta
11. Barbara
12. Gabriele
13. Helga
14. Hannelore
15. Birgit
16. Christa
17. Marianne
18. Bärbel
19. Maria
20. Elke
21. Rita
22. Petra
23. Sigrid
24. Erika
25. Marlies / Marlis
26. Ute
27. Christel
28. Regina
29. Christine
30. Gudrun
Männer
1. Claus / Klaus
2. Hans
3. Wolfgang
4. Peter
5. Jürgen
6. Manfred
7. Michael
8. Bernd / Berndt
9. Karl / Carl
10.
Uwe
11.
Günter /
Günther
12.
Werner
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
Dieter
Rainer
Helmut
Rolf
Holger
Gerhard
Joachim
Horst
Heinz
Harald
Reinhard
Norbert
Thomas
Gerd
Herbert
Detlef
Ulrich
Walter
12
Die beliebtesten Vornamen des
Jahres 2007 (bisher)
Mädchen
1. Leonie / Leoni
2. Lara
3. Lena
4. Anna
5. Hanna / Hannah
6. Lea / Leah
7. Emily / Emilie
8. Mia
9. Laura
10.
Nele / Neele
11.
Emma
12.
Lilli / Lilly / Lili
13.
Sara / Sarah
14.
Lisa
15.
Julia
16.
Maja / Maya
17.
Marie
18.
Sofia / Sophia
19.
Louisa / Luisa
20.
Johanna
21.
Alina
22.
Amelie / Amely
23.
Josefine /
Josephine
Leni
Jasmin / Yasmin
Lina
Paula
Clara / Klara
Charlotte
Zoe
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
Jungen
1. Leon
2. Lukas / Lucas
3. Luis / Louis
4. Luca / Luka
5. Tim / Timm
6. Maximilian
7. Jonas
8. Finn / Fynn
9. Julian
10. Max
11. Paul
12. Felix
13. Niclas / Niklas
14. Jan
15. Jannick / Jannik /
Yannic / Yannick /
Yannik
16. Elias
17. Moritz
18. Fabian
19. Erik / Eric
20. Noah
21. Alexander
22. Ben
23. Nils / Niels
24. Tom
25. Jakob / Jacob
26. David
27. Florian
28. Philipp / Philip /
Phillip
29. Simon
30. Tobias
13
Die beliebtesten Rufnamen 2013
die 20 beliebtesten Mädchennamen
(alphabetisch sortiert)
Amelie
die 20 beliebtesten Jungennamen
(alphabetisch sortiert)
Ben
Anna
Elias
Charlotte
Felix
Clara / Klara
Finn / Fynn
Emilia
Henri / Henry
Emma
Jacob / Jakob
Hannah / Hanna
Jonas
Johanna
Julian
Lea / Leah
Leon
Lena
Luca / Luka
Leonie
Lucas / Lukas
Lilli / Lilly
Luis / Louis
Lina
Max
Luisa / Louisa
Maximilian
Maja / Maya
Moritz
Marie
Niclas / Niklas
Mia
Noah
Nele / Neele
Paul
Sophia / Sofia
Philipp
Sophie / Sofie
Tim / Timm
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Wortbildung von Familiennamen
(Literatur: Bach, Adolf: Deutsche Namenkunde. Band 1. Die deutschen Personennamen. Winter:
Heidelberg 1952.)
Wortgruppen
Eberhardes Sohn > Eberhardsen > Eberhards = Patronym aus Rufname +
Beiname
1288 Niclaws Ottun Friedrichs sun
1292 Clawes Ottfriderich
1299 Nyclawes Friderich
Adj. (nichtflektiert oder flektiert) + RN: Langerhans, Groterjahn / Lang – Lange –
Langer/ Gross – Grosse – Grosser
Präpostition und Artikel + Substantiv: Verschuren (von der Scheuer),
Austermühle (aus der Mühle)
Adverb + Adjektiv oder Partizip, z.B.: Butenschön nur außen schön)
Zusammenrückung aus ganzen Sätzen
Borgenicht (Borge nicht!), Schaffnit (Schaffe nicht!), Lachnit (Lache nicht!)
Saufaus (Saufe aus!). Habenichts (Ich habe nichts), Siehdichfür (Sieh dich vor!)
Komposita
 Rufname als Grundwort, erster Bestandteil modifiziert das Grundwort:
Lachgeorg, Zappelphilipp, Babbeljakobs, Pinselanton
RN + RN: z.B.: Johannes + Nikolaus = Hannickel, Hermann + Johannes =
Harmjans, Hansjakob, Coppieter (Jakob +Peter)
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RN + FN: Pemüller (Peter+Müller), Hanüller (Johann+Müller)
Wohnstätte + FN: Angermeyer (Anger+ Meier), Brüggemeier
(Brücke+Meier), Geistbeck (Kirche+Bäcker)
Derivate
-ling, -ding, -king, -ink,: z.B.: Sieberling (Kurzform von Sigibert), Bennink
(Kurzform von Bernhardt),
-ing:
RN+ing: Arning (Kurzform von Arnold)
Herkunft +ing: Kölling (Köln)
Wohstätte +ing: Büsching (Busch), Brugging (Brücke)
Beruf+ ing: Beckerring (Bäcker), Vischerring (Fischer)
Übername +ing: Vossering (Voss „Fuchs“)
–mann (Charakter einer Ableitungssilbe)
RN+ -mann: Lützmann (Ludwig)
Wohnstätte + -mann: Angermann, Wegmann
Beruf+ -mann: Schiffmann, Baumann
Übername +-mann: Altmann, Kleinmann, Neumann
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Familiennamen aus altdeutschen zweistämmigen Rufnamen
Bildungsmuster
Kontrahierte Formen aus Vollnamen
Berndt
Bernhardt: ahd. bero ‚Bär„ + hart ‚hart, streng„
Ebert
Eberhart: ahd. eber ‚Eber„ + hart ‚hart, streng„
Gert
Gerhart: ahd. ger ‚Speer„ + hart ‚hart, streng„
Seibt
Sigiboto: ahd. sigi ‚Sieg„, boto ‚Bode, Gesandter„
Kurth
Konrad: ahd. kuoni ‚kühn, tapfer, stark„ + rat ‚Rat(schlag)„
Göpfert
Gottfried: ahd. got ‚Gott„ + fridu ‚Friede, Schutz„
Roloff/Rolf/Rulf/Ruoff
Rudolf: ahd. hruod ‚Ruhm„ + wolf ‚Wolf„
Henke/Henkel/Henkel/Hennecke
Heinrich: ahd. hagan „umfriedeter Ort„ +
rihhi ‚Herrschaft, Herrscher, Macht,
Gewalt, Reich„
Aus zweistämmigen Vollnamen gebildete Kurzformen
Kürzung auf das erste Namensegment
Eck(e)
Eckardt/Eckharth/Eckert/Eggert: ahd. ekka ‚Schneide,
Spitze, Ecke„ + hart ‚hart, streng„
De(e)gen
Degenhard: ahd. degan ‚Krieger, Gefolgsmann„ + hart
‚hart, streng„
Fried(e)
Friederich: ahd. fridu ‚Friede, Schutz„ + rihhi ‚mächtig,
Herrscher, Herrschaft„
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Ortsinterner Gebrauch von Personennamen
-kleiner kommunikativer Geltungsbereich
-Personenbezeichnungen sind i.d.R. nur den Ortsansässigen bekannt
-dialektale Varianten (Kurzformen)
Bildungsmuster
►Kombination aus RN der Mutter (oder Schwiegermutter) und RN der
benannten Person:
Miene Helga
Miene Rolf
Ricke Hannelore
=
=
=
Hermine/RN der Mutter
Hermine/RN der Großmutter
(Friede)ricke/ RN der Schwiegermutter
►Kombination aus Beruf des Vaters, Schwiegervaters, Großvaters und RN der
benannten Person:
Gläsersch Irmgard
Wäänersch Inge
Försters Martha
Försters Marianne
Schmieds Karl
Post Lisa
=
=
=
=
=
=
Glaser/Beruf des Vaters
Wagner/Beruf des Vaters
Förster/Beruf des Schwiegervaters
Förster/Beruf des Großvaters
Schmied/Beruf der benannten Person
Postangestellte/ Beruf der benannten Person, die
Poststelle befand sich in einem Zimmer ihres
Hauses
►Kombination aus Wohngegend im Ort und RN der benannten Person:
Acke Ferdnand
Öngermöllersch Ursel
Backhaus-Inge
Bolleweth
=
=
=
=
Ferdinand, der an der Ecke wohnt
Ursel, die in der Untermühle wohnt
Inge, die neben dem Backhaus wohnt
Elisabeth (Kurzform), die an der „Bolle“ wohnt,
d.h. in der Nähe des Dorfplatzes , der früher, als
die Straßen noch unbefestigt waren, mit Bohlen
bedeckt war
►Kombination aus Wohngegend, Beruf des Vaters und RN der benannten
Person:
Gaschusters Karl
=
Ackewäänersch Hugo
=
Karl, der in der Gasse wohnt und dessen Vater
Schuster von Beruf war
Hugo, der an der Ecke wohnt und dessen Vater
Wagner (Stellmacher) war
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Der Gebrauch von Personennamen in der Umgangssprache
Kombinationen von RN und FN
(der) Karl Schmidt
(der) Schmidt Karl
(der) Schmidts Karl
(der) Schmidte Karl
(der) Schmidten Karl
Schmidts (Schmidte/Schmidten) ihr Karl
Karl von Schmidt
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Übernamen (Kose-, Spitz-, Spottnamen)
1. Kosenamen:
-inoffizielle Namen
-drücken persönliche Beziehung zum Namensträger aus
-Namensform mit liebkosender Bedeutung, meist durch Diminutivsuffixe oder
Kurzformen ausgedrückt
Typen
► aus RN:
Rü
Rüdiger
Dagi
Dagmar
Uli
Ulrich/Ulrike
Hartchen Hartmut
Wernerchen Werner
Ginchen
Regina
► aus anderen Wörtern:
Jüngel
Kerlchen
Mausi
Häschen
Bär
2. Spitznamen und Spottnamen
-scherzhafter oder spöttischer Beiname
-häufig im Schulalter geprägt
Typen
► aus PN
Bille
Sibille
Manne
Manfred
Palle
Palluscheck
► Assoziationen zum offiziellen FN:
Bäumchen Kiefer/FN
► Bezogen auf das Verhalten
Schotte
‚geizig‟
► Bezogen auf äußere Eigenschaften
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Langer
‚Größe‟
► Spottnamen aus RN, meist in Zusammensetzung mit Adj.:
► Fritz alte Koseform von Fried/zu Friedrich
Quassel-, Schmöker-, Versicherungs-, Zeitungsfritze
► Jan, nd. u. slaw. Kurzform von Johann(es)
Dummerjan
► Hans als Kurzform von Johannes
Fasel-, Prahl-, Schmalhans
► Nickel als Kurzform von Nikolaus
Bös-, Giftnickel
► Peter
Heul-, Miesepeter
► aus Berger
Drücke-, Schlauberger
► In Kombination mit Suffixen:
Grobian, Blödian
Trunkenbold, Witzbold
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Necknamen
Von nachbarlicher Spottlust geprägt zählen sie zu den nichtamtlichen Namen. Es sind volkstümliche
Namen, deren Gebrauch meist nur regional begrenzt ist, so dass sie auch nur unter den
Einheimischen gebraucht werden.
Unterschieden werden zwei Typen von Necknamen: Einwohnernamen und Ortsbeinamen
Die Ortsbeinamen wiederum werden wie folgt kategorisiert: volkstümliche Nebennamen,
unterscheidende Beinamen, Ortsnecknamen
volkstümliche Nebennamen:
Benennungsmotiv: altes dort angesiedeltes Handwerk, z.B. Hammerschmiede, Glashütte
meist für Siedlungen, die aus einem alten Kern bestehen, zu dem jüngere Siedlungen
hinzugekommen sind, sog. Ausbausiedlungen. Die älteren volksläufigen Bezeichnungen der früheren
alten Siedlungen bleiben bis heute bestehen:
z.B. heißen Obstfelderschmiede im Kreis Neuhaus, Pippelsdorf, Königsthal und Hohenwarte im Kreis
Saalfeld die Schmiede, Grumbach im Kreis Lobenstein heißt noch heute de Gloshitt, Kleintettau im
Kreis Kronach heißt obere Hütte und Alexanderhütte untere Hütte.
Benennungsmotiv – Flurname:
Bad Liebenstein im Kreis Bad Salzungen heißt der Suirborn (Sauerbrunnen), Haidefeld im Kreis Schleiz de Haa
(Heide), Heinrichshöhe im Kreis Lobenstein heißt de Höh, andere Ortsnamen zeigen noch deutlicher, dass ihr Name
von einem Flurnamen stammt, so de Tann – für Tanna im Kreis Schleiz, de Bärk (für den Ort Pirk) und de Lärch (für
Lerchenhügel), woraus der Ort Birkenhügel wurde im Kreis Lobenstein.
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Namengebung und Namenrecht
Mit der amtlichen Eintragung des Vornamens in das Geburtenbuch im
Standesamt sind Schreibweise und Reihenfolge der individuellen Namen
festgelegt.
Bestimmungen für die Namenwahl laut „Dienstanweisung für die
Standesbeamten“:
- „Bezeichnungen, die ihrem Wesen nach keine Vornamen sind, dürfen
nicht gewählt werden“ (Familiennamen, Ortsnamen, Flurnamen,
kulturhistorisch-religiös tabuisierte Namen (z. B. Jesus, Christus)
- Alle Namen, auch die ausgefallensten fremden Namen, können als
Vornamen vergeben werden, wenn es nachweisbar ist, dass es sich um
solche handelt.
- Jungen sollen männliche, Mädchen weibliche Vornamen erhalten. Es gibt
aber auch geschlechtsneutrale Namen wie Andrea, Nicola, Sascha. Hier
wird häufig durch einen Zweitnamen die Geschlechtsspezifik deutlich.
Dass Maria auch als Zweitname vergeben werden darf, ist die einzige
durch Tradition bedingte Ausnahme.
- Später für den Namenträger belastende, anstößige Namen sollen von den
Standesbeamten zurückgewiesen werden (z.B. Judas, Rapunzel, PesiCarola).
23
Namensgebung in Deutschland
Das Recht der Vornamensgebung ist nicht gesetzlich geregelt. Es handelt
sich um reines Gewohnheits- und um Richterrecht.
Nach der Geburt eines Kindes wird dessen Vorname von den Eltern
bestimmt. In Deutschland gibt es bestimmte Richtlinien für die
Namensgebung:
Der Vorname …






… muss als solcher erkennbar sein.
… muss eindeutig männlich oder weiblich sein (Ausnahmen sind etablierte Namen
wie Toni, Sascha, Kai.)
… darf dem Kindeswohl nicht schaden, indem er das Kind lächerlich machen oder
eine Verbindung "zum Bösen" herstellen würde, wie z.B. durch die Namensgebung
Judas.
… darf kein Orts-, Familien- oder Markenname sein (Ausnahmen sind etablierte
Namen).
… muss innerhalb eines Monats nach der Geburt festgelegt werden.
… kann nicht rechtlich geschützt werden (um ihn auf diese Weise als einzigartig zu
erhalten).
Eine Person kann mehrere Vornamen, muss aber mindestens einen
Vornamen besitzen. Nach einem Beschluss des
Bundesverfassungsgerichtes ist es verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden, wenn bei einem Neugeborenen maximal fünf Vornamen
zugelassen werden. Bei Verwendung mehrerer Vornamen wird der
Vorname, mit dem die Person „gerufen“ wird, als Rufname bezeichnet. Die
Reihenfolge der Vornamen stellt keine Rangfolge dar. Nach
höchstrichterlicher Rechtsprechung steht es in Deutschland dem
Namensträger frei, zwischen seinen standesamtlich eingetragenen Namen
zu wählen. Ein „Rufname“ ist also nicht unveränderlich festgelegt.
In Deutschland besteht in Ausnahmefällen die Möglichkeit, seinen
Vornamen im Nachhinein ändern zu lassen. Dies fällt in den
Zuständigkeitsbereich der Namenänderungsbehörde, die entweder beim
Standesamt, der Kreisverwaltung oder beim Ordnungsamt angesiedelt ist.
Damit der Vorname geändert werden kann, müssen bestimmte Kriterien
erfüllt sein. Zum Beispiel können ausländische Vornamen nach der
Einbürgerung eingedeutscht werden. Außerdem gibt es die Möglichkeit,
den Vornamen ändern zu lassen, wenn jemand schon immer anders
genannt wurde und sich mit seinem exotischen Vornamen nicht abfinden
kann. Des Weiteren können Transsexuelle nach dem Transsexuellengesetz
ihren Vornamen ändern lassen, so dass er dem gefühlten Geschlecht
entspricht.
24
Familiennamen und die 2. Lautverschiebung
ND
----------------------------------Benrather Linie (ik/ich-Linie) = Nordgrenze der LV
HD
Einige germanischen Dialekte wurden von einer Konsonantenveränderung
erfasst, durch die sie sich von den übrigen germanischen Dialekten abzusetzen
begannen.
Diese neue Sprachgruppe nennt man „deutsch“ und mit dieser ahd.
Lautverschiebung begann die älteste deutsche Sprachstufe, das
Althochdeutsche.
Die ahd. Lautverschiebung betrifft vor allem die germ. Konsonanten (Tenues)
p, t, k (Tenuesverschiebung).
So erscheinen heute
1. germ. p-
(vgl. engl. pound) als pf-:
Pfund
2. germ. –p(-)
(vgl. engl. open, sleep) als -(f)f(-):
offen, schlafen
3. germ. t-
(vgl. engl. to) als z-:
zu
4. germ. –t(-)
(vgl. engl. water, what) als -(s)s(-):
Wasser, was
5. germ. k-
(vgl. engl. cold) als kch-:
kchalt (südalemannisch)
25
6. germ. –k(-)
(vgl. engl. make, book) als –ch(-):
machen, Buch
Die sprachliche Entwicklung infolge der 2. Lautverschiebung spiegelt sich auch
in den Familiennamen
p-f
Kno(o)pp vs. Knopf
Stümpke vs. Stümpfle (Eigenschaftsname ‘gedrungener Mensch’)
p-pf (f)
Pannenschmied vs. Pfannenschmied
Ploog vs. Pflug
Pieper vs. Pfeifer
p-f(f)
Schleper vs. Schläfer
Schippmann vs. Schiffmann
t-z
Tang(e) vs. Zang(e)
Teg(e)ler vs. Zieg(e)ler
Töll(n)er vs. Zöllner
26
t-ss
Groth(e)/Groot vs. Groß(e)
Schlotter/Schlot(t)hauer vs. Schlosser
Ketteler vs. Keßler (Berufsname/Hersteller von Topfhelmen oder
Wohnstättenname/der im Tal bzw. Kessel wohnt)
k-ch
Eyckhoff vs. Eichhoff
Bockhol(d)t vs. Buchholz
Schomaker vs. Schu(h)macher
Kerkhoff vs. Kirchhoff
t-z
Stolt(e) vs. Stolz(e) (Eigenschaftsname ‚hochtrabend’, ‚stattlich’)
27
Flurnamen
Flurname
Definition:
➢
Bezeichnungen unbewohnter Örtlichkeiten, also Namen für Berge und Täler,
Bäche und Flüsse, Teiche und Seen, Wälder und Felder sowie für die
zahlreichen anderen natürlichen Geländegegebenheiten, an denen sich der
Mensch in der Landschaft orientiert, einschließlich solcher Namen, die infolge
der Einbeziehung ihrer Bezugsobjekte heute zu Bezeichnungen von Straßen,
Gassen und Plätzen innerhalb einer Ortschaft geworden sind
Merkmale:
➢
geringer Kommunikationsradius
➢
geringere Stabilität als andere Ortsnamen
➢
Entstehung aus Appellativen
➢
Bestandteil regionaler Identität
➢
Unterschied zu Flurbezeichnungen
28
Arbeitsschritte bei der Erhebung von Flurnamen
1. Erfassung der amtlichen Form des Flurnamens
Arbeit im Katasteramt:
-Beschaffung von Flurkarten zu der zu untersuchenden Gemarkung,
d. h. eines zu einer Gemeinde gehörenden Gebiets.
-Gewinnung der amtlichen Flurnamen aus Flurkarten und Flurbüchern,
Grundbüchern und Messtischblättern
2. Erfassung historischer Namenformen
Arbeit im Archiv (Zentralarchive, örtliche Archive):
-Sichten von ungedruckten Quellen (Steuer- und Zinsbüchern, Dorfordnungen,
Besitzstandsverzeichnissen, Erbschaftssachen, Kaufverträgen,
Grenzbeschreibungen, etc.)
-Sichten von gedruckten Quellen (Urkundenbücher und Abhandlungen), ebenso
historischen Karten
-Häufig finden sich derartige Materialien auch noch in Privatbeständen älterer
Einwohner
3. Erfassung von Namenbelegen aus regionalgeschichtlicher Literatur
-Bezugnahme auf volksetymologische Deutungsversuche, besondere Ereignisse,
historische Hintergründe der Entstehung der Flurnamen
4. Erfassung der mundartlichen Lautung des Flurnamens
-mündliche Befragung geeigneter Gewährspersonen, die den Ortsdialekt noch
sprechen (Landwirte, heimatkundlich Interessierte, ältere Ortsansässige)
-technische Aufzeichnung der Befragungsergebnisse
-Ergänzend sollten auch persönliche Deutungsversuche der Befragten mit
aufgezeichnet werden.
5. Erfassung der Daten auf Karteikarten (herkömmliche Methode) bzw.
mittels einer Eingabemaske am PC (moderne Methode)
29
Benennungsmotivation von Flurnamen
Wer vergibt die FLN?
bäuerliche Landbevölkerung
Heute sind viele FLN durch Nummern abgelöst (Schlag 345/C)
Die Flurnamen haben sich im mündlichen Sprachgebrauch durchgesetzt. Der
Sprecher hat sich mit dem Namen identifiziert. Der Flurname ist fest.
Naturnamen
1) Ausdehnung, Begrenzung
z.B. nach der Gestalt: Langer Berg, Gehren (ahd. gēr ‚Speer‟), spitz zulaufendes
Flurstück
2) natürliche Lage
Winterleite ‚Nordhang‟ (Leite ‚Abhang‟)
Osterbach ‚Bach aus dem Osten‟ (keine heidnischen Bräuche liegen hier
zugrunde, ebenso wenig der Brauch des Osterwasserholens. Um 1900 sind viele
Schriften entstanden, die von Pfarrern oder pensionierten Lehrern verfasst
wurden und bei Erklärungsversuchen von FLN häufig auf heidnische Bräuche
zurückgreifen. Die Namen sind nicht so alt. Sie wurden von Bauern vergeben,
die keine heidnischen Götter kennen. Es waren Christen)
3) Morphologie
Auf dem Pickel, In den Wärzchen bezeichnen Geländeerhebungen
Hänge (Leite), ebene Flächen (Plan), Täler, Senken werden benannt (Apfelloch,
in der Grube, im Tal, im Korbtal (Form)
4) Geologie
Melm/Malm, von zermalmen, verweist auf sandigen, staubigen trockenen
Boden,
In den Kieswiesen, In den Tongruben
5) natürliche Bewässerung
Bach, Teich, Namen mit Quelle, Born/Brunnen (Metathese), See als FLN oder
Namenbestandteil kann auch nur ‚Sumpfland‟ bezeichnen
6) Bodenbedeckung
Hinweis auf Art der Vegetation
Im Weidicht, Erlicht, Tännicht (-igt/icht = Kollektivsuffix) bezeichnen
Flurstücke mit einem Bestand an Weiden, Erlen oder Tannen
Im Holz (Hart, Hain) ‚Wald‟, Im Ziegenholz ‚ein Waldstück, in dem die Ziegen
gehütet wurden‟
7) Tiere
Wachteldelle, Lämmerberg, Hühnerberg, Sauborn (eine Quelle, feuchte Stelle,
in der sich die Wildschweine suhlen)
30
Die Rolle der Mundart bei der Deutung von Flurnamen
Wenn ein Mangel an historischen Belegen besteht, können mundartliche Formen des Namens
bei dessen Deutung Aufschluss geben.
Flurnamen entstanden im Volksmund. Wandlungen der Mundart und der Einfluss
volkstümlicher Umbildungen schlugen sich darin nieder. Deshalb ist es wichtig, neben
historischen Belegen auch die mundartliche Form bei der Deutung mit heranzuziehen,
insbesondere dann, wenn die historische Quellenlage sehr spärlich ist und man auf alte
Formen aus Urkunden nicht genügend zurückgreifen kann.
Die Kenntnis der Mundart der betreffenden Gegend gewinnt in solchen Fällen doppeltes
Gewicht.
Das Folgende Beispiel betrifft die Analyse des pfälzischen Flurnamens Mooch, der bisher
nicht aufgeklärt werden konnte. Erst die Mundart führte zu einem Deutungsergebnis.
„Mooch“ steht für ‚kleiner Wald, Gebüsch, lichter Eichenbestand‟ (Waldname)
In der Pfalz begegnen die Flurnamen Hanmooch, Kallmooch, Eselmooch
Man glaubte, dass es sich hier um ein Kompositum mit dem Wort „Mooch“ handelte.
In der Region gibt es allerdings keine Belege für den Flurnamen „Mooch“
Zugrunde liegt das Wort Bach:
Hanmooch = Hagenbach (age-Kontraktion und Assimilation von –en+b zu m)
‚Bach, der durch einen Wald (Hagen/ Hain) fließt‟
Kallmooch = ‚im kalten Bach‟
Eselmooch = Eselsbach, urspr. Heselnbach, ‚Bach, der durch ein Tal mit vielen Haselbüschen
fließt‟
31
Flurnamen sind geschichtliche Denkmäler
Heute spielen Flurnamen im alltäglichen Sprachgebrauch nicht mehr die Rolle, die ihnen in
der früheren bäuerlichen Lebenswelt zukam. Der jüngeren Generation sind sie meist nur noch
aus Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern bekannt.
Umso wichtiger ist es, diesen besonderen Namensschatz zu bewahren.
Barbara Aehnlich hat sich dieser verantwortungsbewussten Aufgabe im Rahmen einer
Magisterarbeit gestellt und die Ergebnisse ihrer empirischen Forschungen in einem
populärwissenschaftlichen Buch vorgelegt, welches kürzlich im VDM Verlag Dr. Müller
erschienen ist.
Die in Ammerbach bei Jena geborene Autorin untersuchte die Flurnamen der Gemarkung
ihres Heimatortes vor sprachgeschichtlichem, geologischem, kulturellem und
siedlungsgeschichtlichem Hintergrund.
Bis eine solche Flurnamensammlung vorliegt, vergehen unzählige Stunden intensiver
Archivarbeit. 20 Flurkarten aus dem Katasteramt Jena hat die Verfasserin sorgfältig
ausgewertet. Hinzu kamen ebensoviele Urkunden aus dem Jenaer Stadtarchiv über
Grundstücksangelegenheiten, die die Ammerbacher Flur betreffen.
Durch Befragung der älteren Einwohner Ammerbachs konnten ergänzend auch die Namen
erfasst werden, die heute nur noch mündlich in Gebrauch sind. Insgesamt 80 amtliche und 47
nur mündlich existierende Namen zur Bezeichnung der Ortsflur von Ammerbach stellt diese
Publikation vor.
Neben der amtlichen Form erfährt der Leser auch etwas über mundartliche Lautung,
Bekanntheitsgrad des Flurnamens sowie über geographische Lage und heutige Nutzung des
benannten Flurstückes.
Historische Urkundenbelege zeichnen die Wortgeschichte des Flurnamens nach und liefern so
aufschlussreiche Hinweise auch für die Sprachgeschichtsforschung allgemein.
Für den namenkundlich Interessierten ist unter anderem der Abschnitt relevant, in dem die
Verfasserin beschreibt, woher das Flurstück seinen Namen hat, ob beispielsweise
die „Wachteldelle“ als Bezeichnung für eine Geländevertiefung nach dem Vogel benannt ist,
oder ob hier vielmehr eine regionalsprachliche Form von Wacholder zugrunde liegt.
Häufig müssen bei der Namendeutung am Ende auch Fragen offen bleiben, wie bei diesem
angeführten Beispiel.
Barbara Aehnlich, die auf diesem interessanten Forschungsfeld der Sprachwissenschaft auch
weiterhin tätig ist – zur Zeit arbeitet sie im Rahmen ihrer Dissertation an der Erforschung der
Flurnamen des Saale-Holzland-Kreises – hat ihre 136 Seiten umfassende Veröffentlichung
„Ammerbach – Sprachgeschichtliche Untersuchungen zu den Flurnamen der Gemarkung
Ammerbach bei Jena“ ihrem Heimatort gewidmet.
2003, im 775. Jahr der Ersterwähnung des Ortes, begann die damalige Germanistikstudentin
der Friedrich-Schiller-Universität Jena ihre namenkundlichen Untersuchungen. Nun, 5 Jahre
später, legt Barbara Aehnlich, inzwischen als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für
Germanistische Sprachwissenschaft tätig, ihre Forschungsergebnisse in Buchform vor.
Somit ist auch die thüringische Flurnamenforschung wieder ein Stück vorangekommen.
Dr. Susanne Wiegand
Institut für Germanistische Sprachwissenschaft
der Friedrich-Schiller-Universität Jena
(Rezension)
32
Siedlungsnamen
Ortsnamen im engeren Sinn
oder
Siedlungsnamen
Mehrzahl von Siedlungen:
- Städte
- Dörfer
- Meiler
Einzahl von Siedlungen:
- Höfe
- Häuser
- Burgen
- Schlösser
- gewerbliche Einrichtungen
sakrale Siedlungen oder
Einrichtungen:
- Klöster
- Kirchen
- Kapellen
- Einsiedeleien
- Kultstätten
Abgegangene Siedlungen: Wüstungen
33
Ortsnamentypen (ausgewählte Beispiele)
1. Namen auf -ingen/-ungen: in allen germanischen Siedlungsgebieten
verbreitet (Breitungen, Sigmaringen)
2. Namen auf -heim: *haima 'Heimat, Wohnsitz' als Grundwort
(Zeigerheim, Buchheim)
3. Namen auf -bach: ältere Form für Gewässer ist -aha; ab etwa 500
tritt die Bezeichnung -bach für die meisten fließenden Gewässer auf
(Reichenbach, Ammerbach)
4. Namen auf -born/-brunn: ahd. brunno als Bezeichnung für
Trinkwasser spendende Quelle; ndt. Einfluss -born (Hellborn,
Weißenborn, Eliasbrunn)
5. Namen auf -feld: weites, offenes Land (Saalfeld, Schönfeld)
6. Namen auf -berg/-burg: von bergen 'schützen, behüten'; bezeichnen
ursprünglich
befestigte
Plätze
verschiedener Art
(Dornburg,
Camburg)
7. Namen auf -dorf: ab dem 8. Jh. (Dorndorf, Altendorf)
8. Namen auf -rode: urbar gemachtes Waldland; vor allem am
südlichen Harzrand (Lützeroda, Münchenroda)
9. Namen auf -hain: Hagen, Hain 'umzäunter, geschützter Ort'
(Hainichen, Lichtenhain)
34
Straßennamen - Hodonyme
Straßennamen und ihre Benennungsmotivation
Die Benennung erfolgt nach:
dem nächst gelegenen Ort oder Zielpunkt
einer Gewerbe- oder Erwerbstätigkeit im Bezugsbereich
der Beschaffenheit der Straße ( Ausdehnung, Form, Lage, Untergrund
etc.)
der Besonderheit des Geländes
besonderen öffentlichen (nicht öffentlichen) Gebäuden im
Bezugsbereich (Kirche, Rathaus, Brauhaus etc.)
einer sozial herausragenden Familie oder Person, die sich in
bestimmter Weise verdient gemacht hat
einem älteren Örtlichkeitsnamen (Hausname, Flurname)
35
Flurbezeichnungen in Straßennamen
In den Kieswiesen
In den Zinsäckern
Grüne Aue
Am Birnstiel
Am Gänseberg
An der Trebe
Am Jenzig
Zur Schreibweise: mit oder ohne Bindestrich?
1. Klassische Bezeichnung nach Appellativen:
(ohne Bindestrich)
Lindenstraße /nicht Linden-Straße, Meisenweg, Schloßplatz
2. Familienname als Erstglied:
(ohne Bindestrich)
Goethestraße/nicht Goethe-Straße, Dürerweg, Schillerplatz
3. Vor- und Familienname als Erstglied:
(mit Bindestrich)
Johann-Wolfgang-von-Goethe-Straße, Albrecht-Dürer-Weg, FriedrichSchiller-Platz
4. Nach Ortschaften oder Plätzen benannt:
(getrennt und ohne Bindestrich in Deutschland und Österreich, dagegen
Zusammenschreibung in der Schweiz und in Liechtenstein)
Cottbusser Platz, Weimarer Straße, Ziegenhainer Oberweg; aber:
Schaffhauserplatz in Zürich, Lörracherstraße in Riehen bei Basel)
5. Nach Eigenschaften Benannt:
(ohne Bindestrich)
Krumme Straße, Blauer Weg, Alter Platz
36
Zur Namenlexikographie
Wie entsteht ein Straßennamenbuch?
Kommentiert am Beispiel: Jenaer Straßen und Gassen. (W. Lösch, R. Petzold, F.
Reinhold, S. Wiegand. Jena 1991). Auf Anregung u. in enger Zusammenarbeit
mit dem Fremdenverkehrsamt Jena entstanden
Fragen, die das spätere Konzept bestimmen:
1. Welche Ziele verfolge ich mit dem Buch?
(Soll es primär ein Buch zur örtlichen Orientierung sein oder eher ein Buch,
welches vor allem die Stadtgeschichte aufleben lässt?)
2. Wie sollen die Artikel zu den einzelnen Namen inhaltlich und formal gestaltet
sein?
3. Was will ich dem Leser im Artikel über den Straßennamen alles mitteilen?
4. Welches Quellenmaterial kann ich für meine Recherchen nutzen?
5. Wie teile ich die Bearbeitungsabschnitte inhaltlich auf, wenn mehrere
Autoren mitarbeiten?
6. Wie umfangreich soll/darf das Buch werden?
7. Welchen Bearbeitungszeitraum habe ich zur Verfügung?
37
Namenkundliche Abschlussarbeiten, die an der FSU betreut wurden
Apel, Klaus 1955: Die Flur- und Forstortsnamen von Lauscha und Umgebung, Staatsexamensarbeit (masch.), Jena.
Beiersdörfer, Christel 1977: Die Flur- und Forstnamen von Steinheid und Umgebung,
Diplomarbeit, Jena.
Berlt, Ina 1955: Die Flur- und Forstortsnamen von Ruhla, Staatsexamensarbeit (masch.), Jena.
Danz, Hildegard 1966: Die Flur- und Forstortsnamen im Südteil des Kreises Eisenach, Diss.
Potsdam.
Demmler, Rudi 1966: Die Flur- und Forstortsnamen von Haselbach, Staatsexamensarbeit,
Jena.
Duscha, Veronika 1977: Flurnamen der Gemarkung Kaltennordheim, Staatsexamensarbeit,
Jena.
Färber, Heike 1995: Die Mikrotoponymie der Gemarkung Unterwellenborn und ihre
Betrachtung unter sozioonomastischen Aspekten, Staatsexamensarbeit, Jena.
Fuchs, Achim 1971: Die Flurnamen im südöstlichen Teil des Kreises Erfurt in
sprachgeschichtlicher und soziolinguistischer Hinsicht, Diplomarbeit, Jena.
Genzel, Manfred 1980: Die Flurnamen des Kreises Mühlhausen, Dissertation (masch.), Jena.
Geßenhardt, Ulrike 1989: Die Mikrotoponymie der Gemarkung Gispersleben – der
gegenwärtige Bestand und seine Bewertung unter sozioonomastischen Aspekten,
Diplomarbeit, Jena.
Gerbing, Luise 1910: Die Flurnamen des Herzogtums Gotha und die Forstnamen des
Thüringerwaldes zwischen Weinstraße im Westen und der Schorte (Schleuse) im Osten,
Jena.
Golombek, Jörg 1994: Die Flurnamen der Gemarkung Schlotheim in einer
sozioonomastischen Analyse, Hausarbeit, Jena.
Gortan, Hans 1957: Die Flurnamen der Stadt Zella-Mehlis. Staatsexamensarbeit (masch.),
Jena.
Greiner, Renate 1970: Das Flurnamengut der Gemarkungen Klein- und Großromstedt,
Schöten und Stobra, Diplomarbeit, Jena.
Herz, Gabriele 1975: Die Flurnamen von Büttstedt und Küllstedt, Staatsexamensarbeit, Jena.
Hindermann, Christine 1977: Flurnamen von Witterda, Diplomarbeit, Jena.
Kämpf, Günther 1954: Die Flurnamen der Gemarkung Bucha, Hausarbeit zur Ablegung der
Fakultätsabschlußprüfung im Fach Deutsch (masch.), Jena.
Kaufmann, Ulla 1968: Flurnamen von Frauensee, Staatsexamensarbeit, Erfurt.
Kirchberg, Annaliese 1975: Die Flurnamen von Dingelstädt, Diplomarbeit, Jena.
Kirschstein, Ellen 1989: Die Mikrotoponymie von Ingersleben / Kreis Erfurt-Land und ihre
Bewertung unter sozioonomastischem Aspekt, Diplomarbeit, Jena.
Krause, Gerda 1956: Die Straßennamen der Stadt Gotha, Hausarbeit (masch.), Jena.
Kube, Dietlinde / Kube, Rembert 1975: Die Mikrotoponyme im Bereich der Fluren von
Krummenhennersdorf und Halsbrücke unter Berücksichtigung ihrer heutigen Rolle in der
sprachlichen Kommunikation und ihrer Eignung als schulisches Unterrichtsmittel, Diplomarbeit (Kollektivarbeit), Jena.
Neumann, Marie-Luise 2004: Die Flurnamen der Gemarkungen Möhra und GräfenNitzendorf – eine onomastische Analyse, Staatsexamensarbeit, Jena.
Schrickel, Herbert 1953: Die Flurnamen von Stützerbach, Hausarbeit zur Ablegung der
Fakultätsprüfung (masch.), Jena.
Schrickel, Herbert 1958: Wortkunde der Flurnamen des Kreises Ilmenau, Dissertation
(masch.), Jena.
Spreu, Arwed 1961: Die deutschen Orts- und Flurnamen des Kreises Altenburg, Diss., Berlin.
Tetzner, Ruth 1955: Die Flur- und Forstnamen von Hohenleuben (Kreis Zeulenroda),
Hausarbeit zur Abschlußprüfung für das Lehramt (masch.), Jena.
38