Klappt`s im Alltag?
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Klappt`s im Alltag?
AUSRÜSTUNG KLAPPHELME IM HÄRTETEST – TEIL 2 Klappt’s im Alltag? BMW »Systemhelm 6« Nachdem unsere neun Kandidaten im ersten Teil des Klapphelm-Tests ordentlich auf die Mütze bekommen haben, stehen für den zweiten Teil die Bewertung der Alltagstauglichkeit sowie eine ausführliche Geräuschmessung an. ls Testfahrzeuge dienten uns eine Suzuki 1000 V-Strom und eine Triumph Tiger 800 XRX. Einen Helm im Fahrbetrieb zu beurteilen, ist und bleibt eine subjektive Angelegenheit. Was nun folgt, kann daher keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben. Zu viele Variablen, angefangen bei der eigenen Körpergröße, der Kopfform, der Bauart des Motorrads, den klimatischen Bedingungen – um nur einige zu nennen –, beeinflussen die Bewertung eines Klapphelms immens. Diese Faktoren wirken sich natürlich auch auf die Geräuschmessung aus, da wir aber für alle Modelle die gleichen Bedingungen gewählt haben, sind die Ergebnisse untereinander absolut vergleichbar. Zudem haben wir alle Kandidaten im Alltag auf ihre Bedienbarkeit und ihren Komfort hin getestet. Über den Sinn oder Unsinn einzelner Bauteile lässt sich natürlich streiten, doch trotz subjektiver Faktoren haben wir versucht, die einzelnen Probanden möglichst objektiv zu bewerten und haben Alltagssituationen erlebt, um ein möglichst umfassendes Bild der jeweiligen Modelle abzuliefern. Wer eine Neuanschaffung plant, sollte dennoch Handling und Komfort im Rahmen einer intensiven Probefahrt auf der eigenen Maschine prüfen. AB A BMW »System 6 Evo«* HJC »IS-MAX II« LS2 »FF 325 Strobe« Nexo »Touring Sport« Nishua »NFX-1« Rocc »690« Schuberth »C3 Pro«* Shoei »Neotec«* X-Lite »X-1003«* 50 km/h 86 82 85 80 84 81 84 81 83 Helm 100 km/h 96 100 105 99 102 97 100 97 99 150 km/h 108 106 113 108 108 109 108 108 109 * Diese vier Helme wurden mit den im Lieferumfang enthaltenen Flüsterkragen gemessen. Für jeden Helm wurde der Geräuschpegel in dB(A) im Fahrversuch auf einer Suzuki 1000 V-Strom bei jeweils 50, 100 und 150 km/h ermittelt. Eine Erhöhung um 10 db(A) bedeutet eine gefühlte Verdopplung der Lautstärke. Bedienung Geräusch Komfort: Passform: fühlt sich zunächst sehr gut an, hinterlässt aber bei ovaler Kopfform Druckstellen an der Stirn, besser für runde Kopfformen geeignet. Für Brillenträger: viel Platz trotz fehlender Aussparungen. Foto-Eignung: gut, Gehäuse stößt leicht an. Belüftung: deutlicher Luftzug, Helm wird bei geöffneten Klappen aber subjektiv lauter. Sichtfeld: keine Einschränkungen. Foto: C. Güldenring, J. Zell, Grafiken: Rolf Hähle Geschwindigkeit Schalldruckpegel in dB(A) auf der Straße Komfort Bedienkomfort: Sonnenblende: seitlich, einfache Bedienung. Klappmechanismus: hochwertige Gelenke, Entriegelung auch mit Handschuhen bedienbar. Visier: rastet in sechs Stufen, beidseitige Öffnungslaschen, die gut zu bedienen sind. Belüftung: hervorragende Bedienung mit Handschuhen. Preis: ab 459 Euro FAZIT: Bei 50 km/h der lauteste Helm im Test, bei 100 km/h der leiseste. In Sachen Handling und Komfort weiß der »Systemhelm« bei geeigneter Kopfform rundum zu überzeugen. 72 TOURENFAHRER 6/2015 130902170349Q0-07 am 30.04.2015 über http://www.leserauskunft.de HJC LS2 »IS-MAX II« »FF 325 Strobe« Komfort Komfort Bedienung Bedienung Geräusch Geräusch Komfort: Passform: sehr gut, keine Druckstellen bei ovaler Kopfform. Für Brillenträger: geeignet, Aussparungen für Bügel vorhanden. Foto-Eignung: Gehäuse stößt leicht an. Belüftung: gute Belüftung im Kinn- und Stirnbereich, zwei Entlüftungen am Hinterkopf. Sichtfeld: sehr gut, aber Pinlock-Kante liegt bei gesenktem Kopf im Sichtfeld, Sonnenblende rastet in zwei Stufen. Komfort: Passform: im Kieferbereich schmal geschnitten, wenig Kinnfreiheit bei geschlossenem Helm, Helm knarzt. Für Brillenträger: geeignet, Aussparungen für Bügel vorhanden. Foto-Eignung: mäßig, Gehäuse stößt oben an. Belüftung: nur leichter Luftzug am Visier, Belüftung am Kopf befriedigend. Sichtfeld: gut, Sonnenvisier mit solider Mechanik und großer Nasenaussparung. Bedienkomfort: Sonnenblende: Bedienung oben am Kopf, besonders bei enger Bekleidung unpraktisch. Klappmechanismus: sehr gut zu bedienen, rastet sauber ein. Visier: rastet in sechs Stufen, die Öffnungslasche links ist gut erreichbar, aber das Visier verwindet sich beim einhändigen Schließen. Belüftung: obere Öffnung zweistufig, Kinnteilbelüftung, beide leicht zu bedienen. Preis: ab 199,95 Euro Bedienkomfort: Sonnenblende: seitlich, gut bedienbar. Klappmechanismus: leicht zu bedienen, schließt schwergängig und verrutscht dabei. Visier: rastet in drei Stufen, seitliche Öffnungslasche links ist gut bedienbar. Belüftung: oberer Schieber ist klein, aber mit Handschuhen bedienbar, ebenso die zweistufige Kinnteilbelüftung. Preis: 129,90 Euro FAZIT: FAZIT: Der »IS-Max II« ist bei 150 km/h der leiseste Helm und bietet einen sehr guten Tragekomfort. Das Visier verwindet sich beim einhändigen Schließen über die Lasche. Das Geräuschniveau des »FF 325 Strobe« ist im Testfeld bei 100 km/h und auch bei 150 km/h am höchsten. Die Bedienung geht in Ordnung, beim Komfort befindet sich der Helm im unteren Testfeld. So wurde getestet Alle unsere Messwerte wurden von einem 1,85 Meter großen Fahrer auf einer fest definierten Strecke eingefahren. Als Fahrzeug diente eine aktuelle Suzuki DL 1000 V-Strom, die eine niedrigere Geräuschentwicklung aufweist als das Vorgängermodell. Der Fahrer trug eine speziell an sein Ohr angepasste Otoplastik, mit der ein Messmikrofon im Gehörgang platziert wurde. Mittels eines Audio-Analyzers wurden die Geräusche bei Tempo 50, 100 und 150 km/h aufgezeichnet und ausgewertet. Die Ergebnisse sind den jeweiligen Helmen als Balkendiagramm zugeordnet. Zusätzlich befindet sich auf Seite 72 eine Übersichtstabelle. Detaillierte Informationen zu den Messergebnissen in den einzelnen Frequenzbereichen haben wir aus Platzgründen auf unsere Webseite verlagert. Für die Bewertung von Passform und Bedienkomfort mussten sich die Helme im täglichen Einsatz bewähren. Um eine direkte Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurden die Probanden zusätzlich auf einer festgelegten 30-km-Runde auf dem Rücken einer Triumph Tiger 800 XRX bewertet. Mithilfe eines gefütterten Handschuhs wurden währenddessen sämtliche Funk tionen getestet und anschließend nach den zuvor festgelegten Kriterien bewertet. Die Überprüfung der Foto-Eignung haben wir mit einer Spiegelreflexkamera Canon EOS 30 D geprüft, die alle Probanden – teils mit leichtem Kontakt zur Helmschale – erlauben. Die Benutzung einer Kompaktkamera mit Sucher ist mit allen Testkandidaten auch ohne Helmkontakt möglich. Zum Test der Brillentauglichkeit wählten wir eine Sehhilfe mit eher ausladendem Format und breiten Bügeln. www.tourenfahrer.de 6/2015 TOURENFAHRER 73 130902170349Q0-07 am 30.04.2015 über http://www.leserauskunft.de AUSRÜSTUNG KLAPPHELME IM HÄRTETEST – TEIL 2 NEXO NISHUA ROCC »Touring Sport« »NFX-1 Carbon« »690 Full Carbon« Komfort Komfort Komfort Bedienung Bedienung Bedienung Geräusch Geräusch Geräusch Komfort: Passform: gut, für ovale und runde Kopfform geeignet, Atemluftabweiser zu weit entfernt. Für Brillenträger: wenig Platz für Bügel, keine Aussparungen vorhanden. Foto-Eignung: gut, Gehäuse stößt kaum an. Belüftung: Kinnbelüftung kaum warnehmbar, Kopfbelüftung befriedigend, Entlüftung an Hinterkopf und Nacken. Sichtfeld: keine Einschränkungen. Bedienkomfort: Sonnenblende: seitlich, erfordert zum vollständigen Schließen Nachdruck. Klappmechanismus: gut zu bedienen, erfordert aber besonders zum Arretieren in geöffneter Position Nachdruck. Visier: rastet in drei Stufen (mittlere Stufe indifferent), Öffnungslaschen rechts und links. Belüftung: die obere Taste und die Kinnteilbelüftung sind auch mit Handschuhen bedienbar. Preis: 149,95 Euro FAZIT: Der Nexo landet bei der Geräuschmessung im Mittel auf dem zweiten Platz, ist bei 50 km/h sogar der leiseste Klapper. Bei den Mechaniken für Klappe und Sonnenblende sollte nachgebessert werden. Komfort: Passform: gut, für ovale und runde Kopfform geeignet, kein Druckgefühl, ausreichend Platz zum Kinnteil. Für Brillenträger: wenig Platz für Bügel, fehlende Aussparungen. Foto-Eignung: gut, Gehäuse stößt kaum an. Belüftung: spürbarer Luftzug am Kopf, Kinnteilbelüftung gut. Sichtfeld: keine Einschränkungen. Bedienkomfort: Sonnenblende: auch mit dicken Handschuhen sehr gut zu handhaben. Klappmechanismus: die innen liegende Öffnungstaste bleibt auch mit Handschuhen gut bedienbar, das Kinnteil rastet sauber ein. Visier: rastet in vier Stufen, seitliche Öffnungslasche ist gut bedienbar. Belüftung: beide Tasten sind gut mit Handschuhen bedienbar. Preis: 329,95 Euro Komfort: Passform: gut für runde wie ovale Kopfform geeignet, keine Druckstellen. Für Brillenträger: geeignet, da Aussparungen vorhanden sind. Foto-Eignung: mäßig, Gehäuse stößt leicht oben an. Belüftung: die Belüftung ist befriedigend. Sichtfeld: keine Einschränkungen. Bedienkomfort: Sonnenblende: seitlich, sehr schwergängig, setzt auf Nasenspitze auf. Klappmechanismus: gut zu bedienen, rastet geschlossen und offen sauber ein. Visier: rastet in drei Stufen, seitliche Öffnungslasche ist gut bedienbar. Belüftung: Bedienknopf an der Stirn fällt sehr klein aus, ist aber auch mit Handschuh noch zu bedienen, am Kinnteil leichtgängig und intuitiv. Preis: 359,95 Euro FAZIT: FAZIT: Der zweitleichteste Klapphelm im Test erzielt bei der Geräuschmessung im Mittel das zweitlauteste Ergebnis. Überzeugen kann er durch seine Bedienbarkeit. Der schmale Spalt bei niedrigster Visierrasterung trägt zur zusätzlichen Belüftung ohne Zug auf die Augen bei. Der leichteste Klapphelm im Test landet bei den analysierten Geräuschwerten im Mittel zusammen mit dem Nexo auf Platz zwei. Der »690 Full Carbon« überzeugt durch eine gute Passform und seinen hohen Komfort. Die Sonnenblende setzt auf der Nasenspitze auf. 74 TOURENFAHRER 6/2015 130902170349Q0-07 am 30.04.2015 über http://www.leserauskunft.de SHOEI X-LITE »C3 Pro« »Neotec« »X-1003« Komfort Komfort Komfort Bedienung Bedienung Bedienung Geräusch Geräusch Geräusch SCHUBERTH Komfort: Passform: sehr gut, bei ovaler Kopfform können Druckstellen auftreten. Für Brillenträger: geeignet, trotz fehlender Aussparungen. Foto-Eignung: mäßig, Gehäuse stößt oben an. Belüftung: insgesamt sehr gute, gleichmäßige Belüftung an der Stirn (zweistufig) und am Kinn. Sichtfeld: keine Einschränkungen. Komfort: Passform: sehr gute Passform, für ovale und runde Kopfform geeignet, keine Druckstellen. Für Brillenträger: geeignet, trotz fehlender Aussparungen. Foto-Eignung: Kamera stößt nicht an. Belüftung: Belüftung am Kopf ausgezeichnet, die Kinnteilbelüftung wirkungsvoll. Sichtfeld: keine Einschränkungen. Komfort: Passform: sehr gute Passform, geeignet für ovale und runde Kopfform, keine Druckstellen. Für Brillenträger: geeignet, trotz fehlender Aussparungen. Foto-Eignung: Kamera stößt nicht an. Belüftung: sehr gute Belüftung am Kopf, Kinnteilbelüftung hinterströmt das Visier effektiv. Sichtfeld: keine Einschränkungen. Bedienkomfort: Sonnenblende: seitlich, sehr gute Mechanik. Klappmechanismus: auch einhändig gut zu öffnen und zu schließen. Visier: rastet in fünf Stufen, seitliche Öffnungslaschen links und rechts sind gut bedienbar. Belüftung: oberer Bedienknopf etwas schwergängig, Kinnteilbelüftung ist sehr leichtgängig. Preis: ab 595 Euro Bedienkomfort: Sonnenblende: seitlich hinter Visiermechanik, leichtgängig, für dicke Handschuhe könnte die Verstellschiene aber erhabener bauen. Klappmechanismus: auch mit Handschuhen mit einer Hand zu bedienen, rastet sauber ein. Visier: rastet in sechs Stufen, über Öffnungslasche links gut bedienbar. Belüftung: Bedienknopf an der Stirn öffnet in zwei Stufen und ist wie am Kinnteil intuitiv zu handhaben, verschließbare Entlüftung am Hinterkopf. Preis: ab 539 Euro Bedienkomfort: Sonnenblende: hinter Visiermechanik, sehr leicht zu bedienen. Klappmechanismus: rastet sauber ein, Schließmechanismus gewöhnungsbedürftig, da zwei Hebel parallel betätigt werden müssen, Jethelm-Zulassung (P/J-Homologation). Visier: rastet in vier Stufen, mittige Öffnungslasche auch mit Handschuhen gut bedienbar. Belüftung: öffnet am Kinnteil über Zeigefinger, schließt über Daumen und Zeigefinger. Preis: ab 499,99 Euro FAZIT: Ein komfortabler Helm mit guter Passform und Schwächen bei der Handhabung des Kinnteils. Ein einzelner Bedienknopf wäre sinnvoller. Im Durchschnitt befindet sich das Geräuschniveau im Mittelfeld. FAZIT: Der »C3 Pro« liegt bei der Geräuschmessung im unteren Mittelfeld. In Sachen Komfort führt er das Testfeld an, die Kinnbelüftung ist nicht komplett verschließbar. Der Bedienknopf der Klappmechanik ist für die Handhabung mit dicken Handschuhen unterdimensioniert. Top-Passform, sehr komfortabel und wie im Schlaf bedienbar. Im Mittel liefert der Shoei bei den Geräuschmessungen die niedrigsten Werte. FAZIT: 6/2015 TOURENFAHRER 75 130902170349Q0-07 am 30.04.2015 über http://www.leserauskunft.de AUSRÜSTUNG KLAPPHELME IM HÄRTETEST – TEIL 2 Siegerehrung Unser Testfeld ist mit neun Klapphelmen vom 129,90 Euro günstigen LS2 bis hin zu den hochpreisigen Vertretern über 500 Euro breit aufgestellt. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich bei der Schlagprüfung, bei der Geräuschmessung, aber auch hinsichtlich Ausstattung, Komfort und Passform zwischen manchen Kandidaten eine große Kluft auftut. Tatsächlich liefern die hochpreisigen Helme in vielen Bereichen die besten Ergebnisse. Nimmt man Abstriche beim Komfort und der Mechanik in Kauf, kann man aber auch für vergleichsweise wenig Geld einen sicheren und leisen Helm erstehen, wie der Nexo von Polo bei der Schlagprüfung (siehe Tourenfahrer 05/2015) und unserer intensiven Geräuschmessung bewiesen hat. Dagegen leisten sich auch unsere Top-Probanden in Teilbereichen Schwächen. So schneiden erstaunlicherweise der »C3 PRO« von Schuberth sowie BMWs »System 6« bei der Geräuschmessung nur mittelmäßig ab, und damit bleiben beide hinter den Erwartungen zurück. Preis-Leistungs-Gewinner in diesem Test ist der »IS-MAX II« von HJC. Mit 199,95 Euro ist er der drittgünstigste Klapphelm im Test und konnte die Tester schon im ersten Teil von seinen Qualitäten überzeugen. Auch in Sachen Geräuschmessung überzeugt er: Bei der 150-km/h-Messung liefert der Helm mit 106 dB einen Wert, den der LS2 schon bei Tempo 100 annähernd erreicht. Einen Sieg in dieser Wertung fährt auch der Shoei »Neotec« ein. Dank einem sehr geringen Startwert bei 50 km/h und einem sanften Anstieg des Geräuschpegels bei 100 km/h liefert der Klassiker zwar in keinem Bereich einen Topwert, überzeugt aber in der Summe der Ergebnisse. Ähnlich verhält es sich mit dem Büse »Rocc 690«, der in beiden Teilen des Tests gute Werte erzielt. In der Summe können wir ihm ebenfalls ein sehr gutes Geräuschverhalten attestieren. Der höchste Lärmpegel bei 50 km/h wurde im BMW Systemhelm 6 Evo gemessen. Bei 100 sowie 150 km/h liefert der LS2 die höchsten Werte. Vier Helme wurden mit den verbauten oder mitgelieferten Flüsterkragen gemessen. Bezugsnachweis Die Adressen der Hersteller finden Sie im Internet unter: www.tourenfahrer.de Beim Bedienkomfort stellte sich während des Tests manchmal die Frage, wie nah die Entwicklungsabteilungen der Hersteller an der Fahrpraxis dran sind. In manchen Fällen muss man leider sagen: gar nicht! Wenn man zum Schließen eines Klapphelms beide Hände braucht und mit gefütterten Handschuhen kaum an den Öffnungsmechanismus kommt, ist der Praxisnutzen auf Tour und im Alltag in weite Ferne gerückt. Gleiches gilt für die zum Teil sehr kleinen und hakelig bedienbaren Belüftungsöffnungen. Dabei ist eine geöffnete Luke noch kein Garant für direkte Luftzufuhr. So manche Belüftung ist kaum wahrzunehmen. Auch die Nutzung eines Pinlock-Visiers darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben und müsste zumindest optional möglich sein. Klapphelme werden gerne von Brillenträgern genutzt, eine Aussparung für Brillenbügel sollte also gerade bei dieser Helmgattung obligatorisch sein. Aber weit gefehlt. Bei manchen Helmen ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein Brillenbügel nachgibt. Vor dem Auf- und Abziehen des Helms sollte die Sehhilfe aber so oder so von der Nase genommen werden. Apropos: Manch eine Sonnenblende verwandelt sich beim Ausklappen in eine Guillotine und nimmt sofort Kontakt mit dem Riechorgan auf. Das ist nicht nur nervig, sondern auch schmerzhaft und führt im Endeffekt zum Nichtgebrauch des eigentlich sehr sinnvollen Blendschutzes. Positiv darf vermerkt werden, dass die meisten Pinlock-Visiere an Größe gewonnen haben und man nicht mehr auf eine störende Kante blickt. And the winner is …? HJC, Schuberth, Shoei und X-Lite. Unterm Strich können diese vier in der Summe ihrer Eigenschaften sowohl bei den reinen Messkriterien als auch in der persönlichen Beurteilung überzeugen. Letztgenannter bietet nicht zuletzt dank sehr solider Verarbeitung den beiden Klassenprimussen von Shoei und Schuberth paroli. Er ist zudem der einzige Testkandidat mit einer Jethelm-Zulassung. Unabhängig von Ausstattung, Geräuschentwicklung, Sicherheit und dem Preis muss ein Klapphelm aber auch bequem sitzen und den Ansprüchen des Trägers gerecht werden. Also auf zur Probefahrt! Schuberth »C3 Pro« Shoei »Neotec« X-Lite »X-1003« HJC »IS-MAX II« 76 TOURENFAHRER 6/2015 130902170349Q0-07 am 30.04.2015 über http://www.leserauskunft.de Schlagabtausch P Es sind Leseranfragen zum ersten Teil des Helmtests in der TourenfahrerRedaktion mit folgendem Inhalt eingegangen: Warum wird der BMW »System 6 EVO« in der Zeitschrift »Motorrad« bezüglich der Sicherheit unterschiedlich bewertet? Unterliegen die Tests unterschiedlichen Anforderungen? R 20° D 20° 12,7 mm 45° X beim Prüfschlag auf das Kinnteil des BMW System 6 EVO einen Wert von 570 g, also mehr als das doppelte des zulässigen Höchstwerts (bei einer Fallhöhe von 5,5 Metern), gemessen. In der Fußnote unter der Tabelle ist zu lesen, dass die Ergebnisse des Kinnschlags gar nicht in die Wertung einfließen, »da ein Teil der Kräfte in den Kinnriemen weitergeleitet wird«. Daher ist die Beurteilung nur bedingt mit unserem Ergebnis vergleichbar. Die Interpretation der ermittelten Werte durch »Motorrad« ist für uns nicht nachvollziehbar. Wie in diesem Zusammenhang von »Sicherheit und Funktionalität auf höchstem Niveau« die Rede sein kann und der Helm mit sehr gut beurteilt wird, entzieht sich unserem Verständnis. er von der Zeitschrift »Motorrad« durchgeführte Test wurde auf demselben Prüfstand des TÜV Rheinland durchgeführt wie unser Test. Dabei gibt es die Möglichkeit, die Helme auf einen flachen Amboss fallen zu lassen oder auf einen Kantenamboss, der eine Bordsteinkante simuliert. »Motorrad« hat als Aufschlagpunkt hingegen einen Sigmapfosten gewählt, wie er unter Leitplanken zu finden ist. Der Schlag auf das Kinnteil wird nach Norm mit einer Geschwindigkeit von 5,5 Metern pro Sekunde gemessen, »Motorrad« hat mit einer Geschwindigkeit von 7,5 Metern pro Sekunde geprüft und hierzu den Kantenamboss verwendet. Die ECE-Norm erlaubt eine maximale Verzögerung von 275 g. »Motorrad« hat B S B Stirn X Seite links oder rechts (eine von beiden) P Scheitelpunkt oben R Hinterkopf S Prüfpunkt frontal am Kinn Die ECE-Norm 22/05 definiert für Schlagprüfungen insgesamt fünf Aufschlagpunkte. Rückblick: Schlagprüfung beim TÜV Rheinland 1 X-Lite »X 1003« Shoei »Neotec« Rocc »690 Full Carbon« Nishua »NFX-1 Carbon« Nexo »Touring Sport« LS2 »FF 325 Strobe« HJC »IS Max II« BMW »Systemhelm 6 « Aufschlagpunkt Helm Schuberth »C3 Pro« Prüfergebnisse der Helme max.1 HICWert max.1 HICWert max.1 HICWert max.1 HICWert max.1 HICWert max.1 HICWert max.1 HICWert max.1 HICWert max.1 HICWert B 186 1558 185 1437 190 1636 175 1312 236 1778 189 1581 169 1277 214 1807 177 1278 X 256 2332 208 1689 245 1860 229 2012 322 2630 268 2266 248 2258 226 2128 250 2323 P 201 2040 198 1948 185 1841 202 1962 186 1760 226 2231 194 1735 210 2104 195 1760 R 236 2297 179 1508 201 1837 199 1829 164 1307 242 2382 222 2022 218 1956 201 1856 S 475 1919 227 1156 373 2331 234 1162 169 780 137 540 123 550 168 841 248 1147 max. Wert in g (Erdanziehung) – Aufschlagpunkte siehe Grafik oben auf dieser Seite Die Schlagprüfung führten wir in Anlehnung an die Kriterien der ECE-Regelung bei den Spezialisten vom TÜV Rheinland durch. Die ECE-Norm 22/05 sieht vor, dass der Helm mit einem 4,7 kg schweren und 57 cm im Umfang messenden Prüfkopf aus einer Höhe von 3,18 m auf einen flachen Amboss trifft. Entscheidend ist dabei die Geschwindigkeit von 7,5 m/s oder 27 km/h. Gemessen wird die maximale Verzögerung in g (Erdanziehung). Der errechnete HIC-Wert berücksichtigt zudem die Dauer der Verzögerung. Damit ein Helm die ECE-Zertifizierung erhält, darf die Verzögerung nicht über 275 g und der HIC-Wert bei maximal 2400 liegen. 6/2015 TOURENFAHRER 77 130902170349Q0-07 am 30.04.2015 über http://www.leserauskunft.de