nzz_games_20080212

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nzz_games_20080212
B6
Neuö Zürcör Zäitung
MOBIL DIGITAL
Dienstag, 12. Februar 2008 Nr. 35
Himmel und Hölle
DIGITAL IN KÜRZE
S. B. Es gibt für jeden Berufsstand eine eigene
EU untersucht Datenschutz bei Google und Co.
Drei von vier Europäern geben persönliche Daten
im Internet nur mit grossen Bedenken an. Wie EUJustizkommissar Franco Frattini in Brüssel erklärte,
sind viele Menschen besorgt darüber, was mit ihren
Daten passiert. Viele fragten sich, wie sie ihre
Daten besser schützen könnten. Dies zeige eine
Umfrage im Auftrag der EU-Kommission. Derzeit
prüft die Kommission, ob Internet-Suchmaschinen
wie Google, Yahoo oder Microsoft den Datenschutzbestimmungen der EU entsprechen. Wie
Frattini weiter sagte, hat mehr als die Hälfte der
Bürger Vertrauen in Behörden, Polizei und Finanzinstitutionen beim Umgang mit ihren Daten. 75
Prozent zeigten Verständnis dafür, dass persönliche
Daten benutzt werden, um Terror und Verbrechen
zu bekämpfen.
(ap)
Yahoo stellt sein Musikangebot ein. Das von Micro-
soft umworbene Internet-Unternehmen Yahoo baut
sein Musikangebot um. Das eigene Musik-Abonnement Yahoo Music Unlimited wird eingestellt, stattdessen werden die Kunden zu Rhapsody von Microsofts Konkurrentin Realnetworks weitergeleitet, wie
Yahoo mitteilte. Finanzielle Einzelheiten des Abkommens wurden nicht genannt. Die Bedingungen
sollen dabei für die Kunden zunächst die gleichen
bleiben wie bei Yahoo.
(ap)
Microsoft mit neuer Laser-Maus. Während Microsoft mit einem Kaufangebot für Yahoo an die
Öffentlichkeit gelangt ist, hat der Softwarekonzern
nie zu allfälligen, als Gerücht kursierenden Übernahmeabsichten betreffend Logitech Stellung genommen. Microsoft ist auf dem Markt für Computerzubehör hinter der Schweizer Firma die Nummer
zwei. Letzte Woche kündigte Microsoft mit der
Wireless Laser Mouse 7000 ein neues Produkt an,
das auf Funktechnik im 2,4-GHz-Bereich basiert.
Die Herstellerin preist das Steuergerät als grüne
Spar-Maus, weil dieses mit einem wiederaufladbaren
Akku betrieben wird anstelle von Wegwerfbatterien.
Die ab Mitte März für 94 Franken 90 erhältliche
Maus ist ergonomisch geformt und setzt eine neue
HD-Lasertechnik ein. Diese erlaubt laut Microsoft
eine präzisere Abtastung und eine verbesserte Reaktionsfähigkeit.
set.
PD
Nachspiel
Mehr Gehirn-Verdrehung
Abseits der Mainstream-Schlagzeilen der USVorwahlen machte Jon Erpenbach, demokratischer Senator im Gliedstaat Wisconsin, von sich
reden. Sein Vorschlag: Mit einer einprozentigen
Abgabe beim Verkauf von elektronischen Geräten und Unterhaltungssoftware soll das Strafvollzugssystem für Jugendliche reformiert werden. Der Branchenverband Entertainment Software Association (ESA) hält dagegen, dass in den
USA im vergangenen Jahr 92 Prozent der Computerspiele und 80 Prozent der Konsolenspiele
von Personen über 18 Jahren gekauft worden
seien. Daher treffe das Argument von Senator Erpenbach, dass die Steuer Jugendlichen helfe, sich
selbst zu helfen, nicht zu, so Michael Gallagher,
Präsident von ESA. Und selbst republikanische
Abgeordnete fragen nun öffentlich (und natürlich
völlig zu Recht), was Videospiele mit dem
Jugendstrafvollzug zu tun hätten, und stellen sich
gegen eine Steuererhöhung auf dieser Basis.
Wenn sich ein amerikanischer Senator zu
einer solchen Aussage hinreissen lässt, zeigt dies
einerseits, dass er keine Ahnung von der Demografie der Computerspieler hat. Anderseits kann
es auch ein Indiz dafür sein, welch stiefmütterliches Dasein dieses Medium in den wissenschaftlichen Diskursen noch immer fristet.
Um dem Vorstoss von Erpenbach punkto Absurdität Paroli bieten zu können, muss man tief in
die Trickkiste der Verblendungskunst greifen.
Einen Versuch ist's wert: Das Spiel «Dr.
Kawashima: Mehr Gehirn-Jogging» hilft, das Gehirn zu jugendlicher Frische zu trainieren. Das
Spiel wird überdurchschnittlich viel von Rentnern
gespielt. Es ist daher zu überlegen, ob nicht eine
Steuer auf besagtem Spiel erhoben werden soll,
um damit die Löcher in der AHV-Kasse zu stopfen. Ist es denn nicht unverschämt, wenn in einer
Dienstleistungsgesellschaft – in der mehr geistige
als körperliche Fitness gefragt ist – 67-jährige
Rentner mit einem 20-jährigen Gehirn in der
Sonne liegen und sich ihr Leben vom Staat finanzieren lassen? – Eine Verschwendung an (Human-)Ressourcen sondergleichen.
Raffael Schuppisser
Tomtoms Flaggschiff glänzt beim Funktionsumfang, doch sein Sprachverständnis ist bescheiden.
PD
Ein Navigationsgerät ist ganz Ohr
Das Tomtom Go 920 T tut sich mit der Spracherkennung schwer
set. Lenker, die am Handy oder an der Radioanlage herumfummeln, sind gefährliche Autofahrer. Auch ein Navigationsgerät kann Ablenkung von der Lenkung sein. Einige Hersteller von
Fahrzeugen der Premium-Klasse integrieren deshalb zusätzlich zum eingebauten Navigationsgerät ein kleines Display in der Instrumentenanzeige zwischen Tacho und Drehzahlmesser. Die
orientierenden Symbole kann der Fahrer hier
ohne Kopfbewegung ablesen. Auch Tomtom, laut
eigenen Angaben weltgrösster Anbieter von Navigationsgeräten, setzt bei seinem neuen TopModell Go 920 T verschiedene Techniken zur Erhöhung der Konzentration am Steuerrad ein.
Hierzu gehört die Spracherkennung, dank der
über gesprochene Anweisungen ein neuer Zielort
samt Adresse eingegeben werden kann.
Eine klare Artikulation ist Voraussetzung in
der Kommunikation mit dem Navigationsgerät.
Doch fremdsprachige Ortsbezeichnungen oder
Strassennamen versteht das Navi unzuverlässig,
wenn man diese korrekt ausspricht. Ortsnamen
wie etwa Giumaglio erkennt das Go 920 T in der
Regel nur, wenn man diese ausspricht, wie dies
sprachunkundige Deutschschweizer tun. Dasselbe gilt im Französischen. Die deutlich gesprochene Eingabe La Chaux-de-Fonds bringt Tomtoms Flaggschiff ins Schleudern. Der erste Vorschlag lautet Bürglen, auch die zwei nachfolgenden Nennungen Certara und Tartar sind nicht nur
geografisch weit am Ziel vorbei. Grösste Mühe
hat das Gerät auch beim Verstehen von Strassennummern. Obschon der Pfadfinder viele Ortschaften richtig trifft, muss er immer wieder auch
bei einfachen Aufgaben kapitulieren. Wenn man
etwa deutsch und deutlich den Zielort Neudorf
nennt und den Vorschlag Schwanden im Emmental serviert bekommt, bleibt nur das Kopfschütteln und die Erkenntnis, dass man mit einem kurzen Halt und manueller Eingabe schneller ist.
Diese Erfahrungen überraschen nicht, hat doch
die Technik Speech-to-Text auch bei anderen Anwendungen noch viel Verbesserungsbedarf. Anders sieht es beim umgekehrten Weg Text-toSpeech aus. Die künstliche Stimme des Go 920 T
liest zuverlässig Ortschaften und Strassennamen
vor, wenn auch die Wiedergabe mancher Strassennamen mitunter für Unterhaltung sorgt.
Zur Konzentration auf das Lenkrad soll auch
eine Fernbedienung für die Steuerung des Navigationsgeräts dienen, ausserdem lässt sich das
neue Go via Bluetooth als Handy-Freisprecheinrichtung nutzen. Zu den Extras, mit denen Tomtom sein Spitzengerät anpreist, gehört auch die
aktuelle Verkehrsinformation über den firmeneigenen Dienst TMCPro, für dessen Empfang
eine kleine Empfangsantenne mitgeliefert wird.
Als Novum in der Produktepalette des niederländischen Unternehmens ist das neuste Modell
mit einer verbesserten Positionsbestimmung ausgestattet. Bei schlechtem Empfang der Satellitendaten, zum Beispiel in Häuserschluchten
und engen Tälern, erfolgt die Positionsbestimmung über integrierte Bewegungs- und Schwerkraftsensoren. Das Kartenmaterial des 749 Franken teuren Go 920 T deckt 41 europäische und
nordamerikanische Länder ab, 31 davon mit
detaillierten Daten.
Hölle und berufsspezifische Strafen und Qualen.
Journalisten müssen befürchten, dass ihnen am
Ort der Finsternis ihre schlechtesten Texte, die
Fehlurteile und Verschreiber, immer und immer
wieder vorgelesen werden. Für Journalisten, die –
wie der Schreibende – einen möglichen Niedergang von Apple auch schon thematisiert hatten,
waren die vergangenen Monate eine angstvolle
Zeit, denn die kalifornische Computerfirma eilt
von Erfolg zu Erfolg. Im Januar vermeldete
Apple für das erste Quartal des Geschäftsjahres
2008 die besten Zahlen in der Firmengeschichte.
Als Apple 2001 den ersten iPod-MP3-Player
auf den Markt brachte, gab es bereits eine Vielzahl ähnlicher Produkte von kleinen asiatischen
Firmen. Es wurde erwartet, dass bald ein grosser
Hersteller der Unterhaltungselektronik diesen
Markt für sich beanspruchen würde. Dass heute
aber nicht Philips oder Sony, sondern Apple dieses Geschäft dominiert – wer hätte das erwartet?
Wer hätte erwartet, dass Apple aus dem Nichts
heraus in knapp einem Jahr unter den Anbietern
von Smartphones sich auf den dritten Platz vorarbeiten und alteingesessene Firmen wie Motorola verdrängen würde? Das iPhone sei ein LuxusGadget, das nur eine kleine Gruppe von «GadgetFreaks» ansprechen werde, fand Bloomberg noch
vor einem Jahr.
Der Niedergang von Apple sei unaufhaltbar,
berichtete der Marktforscher Robert Enderle
2003. Die Firma sei bereits tot, urteilte 1998
Nathan Myhrvold, damals Technikchef von Microsoft. Apple solle sich vom Hardware-Geschäft
verabschieden, riet 1995 der «Economist», 1997
machte «Wired» denselben Vorschlag. «Ich würde
die Firma schliessen und das Geld den Aktionären zurückgeben», sagte Michael Dell 1997.
Heute wissen es alle besser und lachen – sofern sie
nicht Höllenqualen zu befürchten haben – zusammen mit dem «Wired»-Redaktor Rob Beschizza,
der eine Liste von Fehlprognosen über die Zukunft von Apple zusammengestellt hat.
Anstelle der Todesursachen reizt heute das
Geheimnis des Erfolgs zu Spekulationen. Auf vielen Produkten von Apple heisst es «made in
China, designed in California»: Wie die Konkurrenz lässt auch Apple ihre Hardware-Produkte in
Billiglohnländern fertigen, hat es aber – im
Unterschied etwa zu Motorola – zu verhindern
gewusst, dass mit der Produktion auch Forschung
und Entwicklung abwandern. Weiter kontrolliert
Apple neben dem Hardware-Design auch den gesamten Software-Stack und kann so – anders als
etwa Dell oder Sony – Lösungen offerieren, die
wie aus einem Guss gemacht sind. Apple gehört
in den USA, aber etwa auch in der Schweiz zu den
am schnellsten wachsenden PC-Firmen. Laut
Robert Weiss Consulting hält Apple am hiesigen
PC-Markt knapp zehn Prozent. Gartner prognostiziert, dass Apple ihren Marktanteil bis ins Jahr
2011 verdoppeln werde. (Marktforscher beziehen
ihre Prognosen stets auf eine Zukunft, die drei
Jahre entfernt ist, in der Hoffnung, dass Fehlprognosen bis dann vergessen sind. Doch auch für
Marktforscher gibt es eine Hölle.)
Ein Teufelskerl im Kerzenschimmer
Im Actiontitel «Devil May Cry 4» feiert das Théâtre du Grand Guignol ein barockes Comeback
mdb. Ein eisiger Wind weht um die bergigen Gipfel. Schnee wirbelt durch die tiefblaue Nacht.
Über einen schmalen Weg spurtet der Held Nero.
Der Abgrund gähnt mit dunkler Todesverheissung. Ein voller Mond taucht die menschenfeindliche Landschaft in ein blasses Licht. Die Szene,
die sich hier entfaltet, ist ebenso kitschig wie
grandios. Spitze Türme einer gigantischen
Schlossanlage ragen in den Nachthimmel. Man
wähnt sich als Gast von Graf Dracula, doch dieser
nimmt sich neben den Höllengeburten, die in
«Devil May Cry 4» ihre Aufwartung machen, wie
ein anämischer Ministrant aus.
In den vergangenen Jahren hat sich das japanische Studio Capcom im Genre des SurvivalHorrors mit seriellen Titeln wie «Resident Evil»,
«Onimusha» und eben «Devil May Cry» eine
grosse und treue Fangemeinde geschaffen. Mit
wenigen Ausnahmen reihen die Hack'n'SlashSpezialisten (der Name rührt daher, dass man
Schwerter schwingend seine übernatürlichen
Gegner verhackstückt) einen Hit an den nächsten. Das Abenteuer des silberhaarigen Nero setzt
die Erfolgsgeschichte fort, die im Jahr 2000 auf
der Playstation 2 begann. Damals führte der Held
Dante eine Schlacht gegen Legionen von Dämonen, doch nun sieht es aus, als hätte er sich mit
den Bösen verbündet. Der ihm zum Verwechseln
ähnliche Neuling Nero hat dieses Rätsel zu lösen
und auf dem Weg Myriaden von Monstren zu
erledigen.
Bereits vor acht Jahren setzte der Erstling
einen visuellen Meilenstein, und das neuste Epos
tut das Gleiche. Schamlos wird barocke Opulenz
mit ballistischem Ballett und Blut spritzendem
Karneval vermählt. Die Gesichtsfarbe des kämpferischen Teufelskerls ist nicht länger monochrom, sondern badet im schmeichelnden Kerzenschimmer. Filigrane Verzierungen schnörkeln
sich über Buntglasfenster. In diesem Pomp torkeln höllische Gestalten, als wären sie vom Pesthauch des Bösen aufgeblasene Vogelscheuchen.
Das blutige Théâtre du Grand Guignol lässt grüssen. Die Boss-Monster warten mit einer gewohnt
«Devil May Cry 4»: barocke Opulenz mit ballistischem Ballett.
beängstigenden Monumentalität auf, nur um
schliesslich einer fliessenden Verkettung von
Schwert- und Feuer-Attacken zu erliegen.
In «Devil May Cry 4» werden keine innovativen Stricke zerrissen, sondern Bewährtes wurde
perfektioniert und noch mehr überstilisiert. So
macht eine Dame namens Gloria ihre Aufwartung, die der Bezeichnung «femme fatale» eine
neue Dimension verleiht. Dass es Held Nero nicht
einmal für nötig hält, ihre angebotene Hand zu
schütteln, ist Symbol des glorifizierten Machismo,
der auch Ausdruck in seinem gigantischen Schwert
und dem unerschöpflichen Feuerwerk seiner zwei
Pistolen findet. Freud hätte Freude an «DMC4».
PD
Weniger erfreulich ist hingegen der Umstand,
dass die getestete Playstation-3-Version rund 20
Minuten beanspruchte, um sich auf der Festplatte
zu installieren. Grund für diese Wartezeit ist das
Herunterladen einer 5 GByte grossen Datei, die
ein nahtloses Spielvergnügen ermöglichen soll. In
der Tat fallen im Verlauf des Spiels längere Ladezeiten aus, aber den kolportierten Tipp von Capcom kann man trotzdem befolgen: «Wen die Vorgeschichte von ‹Devil May Cry 4› nicht interessiert, der soll doch in die Küche gehen und sich
ein Sandwich machen.»
«Devil May Cry 4», Capcom, Playstation 3 (Testversion) / Xbox
360, ab 16 Jahren.