PD Dr. Johannes Schmitt

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PD Dr. Johannes Schmitt
Wesensmerkmale einer totalitären Diktatur
Totalitäre Systeme gelten als neuartige politische Strukturen, die mit den bekannten
Typen des Despotismus und der Autokratie nicht vergleichbar sind.
Wesentlich ist die komplette Ausschaltung persönlicher Freiheit. Der/die Einzelne soll
vollständig im Rahmen eines Massenkonzepts aufgehen.
Ziel ist die revolutionäre Durchsetzung einer neuen Ideologie mit dem Anspruch
umfassender Welterklärung. Nach Hannah Arendt „The Origins of Totalitarism“ (1951) ist
wesentlich:
- Verbindung von Ideologie und Terror: Pluralität wird mit Gewaltmitteln unterbunden
- An Stelle traditioneller Legitimation tritt: Das Recht der Natur (Nationalsozialismus)
Das Gesetz der Geschichte (Kommunismus)
Idealtypische Merkmale nach Carl Joachim Friedrich/Zbigniew Brzezinki „Totalitarian
Dictatorship and Autocracy“ (1956):
- Eine alle lebenswichtigen Aspekte der menschlichen Existenz umfassende, auf einen
idealen Endzustand der Menschheit gerichtete Ideologie.
- Eine einzige, straff hierarchisch organisierte, der Staatsbürokratie übergeordnete oder
mit ihr verflochtene Massenpartei
- ein durch Partei- und Geheimpolizeikontrolle verwirklichtes, sich moderner
psychologischer Erkenntnisse bedienendes System psychischen oder physischen Terrors
- ein Monopol der Massenkommunikationsmittel in den Händen von Partei und Staat
- desgleichen ein Waffenmonopol
- eine zentrale bürokratische Überwachung und Lenkung der gesamten Wirtschaft
Der Neue Brockhaus. Allbuch in vier Bänden und einem Atlas.
Leipzig 1937, Bd. 3, Abb. „Rassen der Menschheit“, S. 656f.
Der Neue Brockhaus. Allbuch in vier Bänden und einem Atlas.
Leipzig 1937, Bd. 3, Abb. „Rassen der Menschheit“, S. 656f.
Arische Idole in Nazideutschland
Arische Idole in Nazideutschland
Die HJ wurde 1926 als Jugendorganisation
der NSDAP gegründet und 1933 aufgegliedert in
- Jungvolk (10-14 jährige) und HJ einerseits (14-18 jährige)
- Jungmädelbund (10-14 jährige) und BdM (14-18 jährige)
Mit Gesetzgebung vom 1.12.1936 wurden alle Jugendliche des Reiches in
der HJ zusammengefasst und galten seit dem März 1939 als deren
Zwangsmitglieder.
Das Jungvolk wurde auch als die "Pimpfe" bezeichnet. Die Veranstaltungen
von Jungvolk, HJ, Jungmädel und BdM gliederten sich in Heimabende,
Sportnachmittage, Tagesfahrten, Zeltlager, Feierstunden, und Sportfeste auf.
Die Schulungen fanden auf den Heimabenden statt und waren
geschlechtsspezifisch differenziert.
Während die Jungen militärische Ausbildung genossen, wurden die Mädchen
auf ihre spätere Mutterrolle vorbereitet. Die HJ war immer uniformiert. Motto:
"Jugend führt Jugend."
Nationalsozialistische Erziehungsziele:
Wichtigstes Erziehungsziel war es, schon Kinder an den Krieg zu gewöhnen um sie auf die
„Stunde X“ vorzubereiten. Sie sollten lernen, ihr Leben für "Führer, Volk und Vaterland" zu
opfern.
Die wichtigsten Punkte:
miltärisches Denken
bedingungsloser Mut
blinder Gehorsam
Draufgängertum
absolute Treue
Einsatz
Opferbereitschaft
Hans und Sophie Scholl mit Christoph
Probst
Photographie
München, 24. Juli 1942
© George J. Wittenstein, Santa Barbara
Photograph: George J. Wittenstein
Sophie Scholl (*1921),
Studentin Biologie und
Philosophie,
18.2.43 festgenommen
22.2.43 verurteilt und
enthauptet
22.2.2003 Büste in der
Walhalla
Vor Gericht: "Einer mußte ja
schließlich damit anfangen."
Willi Graf (*1918),
Medizinstudent,
18.2.43 festgenommen
19.4.43 verurteilt
12.10.43 enthauptet
glaubte, dass "in jedem
schweren Geschick ein
bestimmter Sinn liegt"
Hans Scholl (*1918),
Medizinstudent,
18.2.43 festgenommen
22.2.43 verurteilt und
enthauptet
Letzter Satz:
„Es lebe die Freiheit“
Prof. Dr. Kurt Huber (*1893)
Psychologe mit
musikwissenschaflichem
Schwerpunkt,
19.4.43 verurteilt
13.7.43 enthauptet
wollte "die Wahrheit
hinausrufen in die deutsche
Nacht"
Christoph Probst (*1919),
Medizinstudent, verheiratet,
3 Kinder
19.2.43 festgenommen
22.2.43 verurteilt und
enthauptet
schrieb im Gefängnis:
"Wenn ich es recht bedenke,
war es ein Weg zu Gott"
Alexander Schmorell
(*1917), Medizinstudent,
24.2.43 festgenommen
19.4.43 verurteilt
13.7.43 enthauptet
4.2.2012 Heiligsprechung durch die
russisch-orthodoxe
Kirche im Ausland
Geschichte der „Weißen Rose“
- 1942 Gründung der „Weißen Rose“ durch Alexander Schmorell und Hans Scholl.
- Die ersten vier Flugblätter werden Ende Juni bis Mitte Juli 1942 verfasst und anonym an Intellektuelle
im Raum München verschickt. Im Winter diesen Jahres wird die Gruppe um Sophie Scholl und Willi Graf
erweitert.
- Vom 23. Juli bis 30. Oktober 1942 müssen Graf, Scholl und Schmorell als Sanitäter an die Ostfront. Das
fünfte Flugblatt „Aufruf an alle Deutsche!“ (Auflage zwischen 6000 und 9000) wird zwischen 27. und 29.
Januar 1943 durch Kurierfahrten in mehreren süddeutschen und auch in einigen österreichischen Städten
verteilt.
- Dez 1942 Kontakt mit Prof. Kurt Huber
- Ende Januar 1943 geht die Schlacht um Stalingrad verloren. Für die „Weiße Rose“ ist dies der Anstoß
zu ihrem sechsten Flugblatt „Kommilitoninnen! Kommilitonen!“
- Durch Helmuth von Moltke gelangt dieses Flugblatt über Skandinavien nach England. Hunderttausende davon werden von britischen Flugzeugen Ende 1943 über Deutschland abgeworfen.
- In anderen Städten arbeiten Freunde in kleinen Gruppen und verteilen Flugblätter.
- am 3., 8. und 15. Februar 1943 an der Universität und an anderen Gebäude in München Farbaufschriften „Nieder mit Hitler“ und „Freiheit“ (Alexander Schmorell, Hans Scholl und Willi Graf).
- 18. Februar 1943 Verhaftung von Hans und Sophie Scholl im Lichthof der Münchner Universität
(Festnahme durch Hörsaaldiener Jakob Schmid), Todesurteil (auch gegen Christoph Probst) und
Vollstreckung am 22.2.
- Kurt Huber und Alexander Schmorell werden am 19. April 1943 ebenfalls zum Tode verurteilt und am
13. Juli 1943 enthauptet.
- Enthauptung Willi Grafs erfolgte am 12. Oktober 1943, nachdem die Gestapo über Monate hinweg
versucht, von ihm weitere Namen zu erfahren
- In den folgenden Jahren werden noch 10 weitere Mitglieder aus München und Hamburg verurteilt und
enthauptet.
„Flugblätter der Weißen Rose I“
von Hans Scholl und Alexander Schmorell, Juni 1942.
Nichts ist eines Kulturvolkes unwürdiger, als sich ohne
Widerstand von einer verantwortungslosen und dunklen Trieben
ergebenen Herrscherclique "regieren" zu lassen.
(...)
Daher muß jeder einzelne seiner Verantwortung als Mitglied
der christlichen und abendländischen Kultur bewußt in
dieser letzten Stunde sich wehren, soviel er kann, arbeiten
wider die Geißel der Menschheit, wider den Faschismus und
jedes ihm ähnliche System des absoluten Staates.
(…)
Leistet passiven Widerstand - Widerstand -, wo immer Ihr
auch seid, verhindert das Weiterlaufen dieser atheistischen
Kriegsmaschine, ehe es zu spät ist, ehe die letzten Städte ein
Trümmerhaufen sind, gleich Köln, und ehe die letzte Jugend des
Volkes irgendwo für die Hybris eines Untermenschen verblutet
ist. Vergeßt nicht, daß ein jedes Volk diejenige Regierung
verdient, die es erträgt!
(...)
Wir bitten Sie, dieses Blatt mit möglichst vielen Durchschlägen
abzuschreiben und weiterzuverteilen!
„Flugblätter der Weißen Rose II“
von Hans Scholl und Alexander Schmorell, Juni 1942.
Man kann sich mit dem Nationalsozialismus geistig nicht
auseinandersetzen, weil er ungeistig ist. …
…schon in ihrem ersten Keim war diese Bewegung auf den Betrug
des Mitmenschen angewiesen
(….)
Nicht über die Judenfrage wollen wir in diesem Blatte schreiben,
keine Verteidigungsrede verfassen - nein, nur als Beispiel wollen wir
die Tatsache kurz anführen, die Tatsache, daß seit der Eroberung
Polens dreihunderttausend Juden in diesem Land auf
bestialischste Art ermordet worden sind
(...)
Ein jeder will sich von einer solchen Mitschuld freisprechen, ein
jeder tut es und schläft dann wieder mit ruhigstem, bestem
Gewissen. Aber er kann sich nicht freisprechen, ein jeder ist
schuldig, schuldig, schuldig!
(…)
Bis zum Ausbruch des Krieges war der größte Teil des deutschen
Volkes geblendet, die Nationalsozialisten zeigten sich nicht in ihrer
wahren Gestalt, doch jetzt, da man sie erkannt hat, muß es die
einzige und höchste Pflicht, ja heiligste Pflicht eines jeden
Deutschen sein, diese Bestien zu vertilgen.
(...)
„Flugblätter der Weißen Rose III“
von Hans Scholl und Alexander Schmorell, Juli 1942.
"Salus publica suprema lex"
Alle idealen Staatsformen sind Utopien. (...) Wir wollen hier nicht urteilen
über die verschiedenen möglichen Staatsformen, die Demokratie, die
konstitutionelle Monarchie, das Königtum usw. Nur eines will eindeutig und
klar herausgehoben werden: jeder einzelne Mensch hat einen Anspruch auf
einen brauchbaren und gerechten Staat, der die Freiheit des einzelnen als
auch das Wohl der Gesamtheit sichert. Denn der Mensch soll nach Gottes
Willen frei und unabhängig im Zusammenleben und Zusammenwirken
der staatlichen Gemeinschaft sein natürliches Ziel, sein irdisches
Glück in Selbständigkeit und Selbsttätigkeit zu erreichen suchen.
Unser heutiger "Staat", aber ist die Diktatur des Bösen.
(...)
Ist Euer Geist schon so sehr der Vergewaltigung unterlegen, daß Ihr
vergeßt, daß es nicht nur Euer Recht, sondern Eure sittliche Pflicht ist,
dieses System zu beseitigen?
(…)
Und jetzt muß sich ein jeder entschiedene Gegner des Nationalsozialismus
die Frage vorlegen: Wie kann er gegen den gegenwärtigen "Staat" am
wirksamsten ankämpfen, wie ihm die empfindlichsten Schläge beibringen?
Durch den passiven Widerstand - zweifellos.
Sabotage auf allen wissenschaftlichen und geistigen Gebieten, die für
eine Fortführung des gegenwärtigen Krieges tätig sind - sei es in
Universitäten, Hochschulen, Laboratorien, Forschungsanstalten,
technischen Büros….
„The Unanimous Declaration of The Thirteen
United States of America“ proklamiert am 4. Juli
1776
„Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, daß alle Menschen gleich
erschaffen worden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen
unveräußerlichen Rechten begabt worden,… Daß zur Versicherung dieser
Rechte Regierungen unter den Menschen eingeführt worden sind, welche ihre
gerechte Gewalt von der Einwilligung der Regierten herleiten; daß sobald einige
Regierungsform diesen Endzwecken verderblich wird, es das Recht des
Volks ist, sie zu verändern oder abzuschaffen,….
(…)
und demnach hat die Erfahrung von jeher gezeigt, daß Menschen, so lang das
Uebel noch zu ertragen ist, lieber leiden und dulden wollen, als sich durch
Umstossung solcher Regierungsformen, zu denen sie gewöhnt sind, selbst Recht
und Hülfe verschaffen. Wenn aber eine lange Reihe von Mißhandlungen und
gewaltsamen Eingriffen, …, einen Anschlag an den Tag legt sie unter
unumschränkte Herrschaft zu bringen, so ist es ihr Recht, ja ihre Pflicht, solche
Regierung abzuwerfen, und sich für ihre künftige Sicherheit neue Gewähren zu
verschaffen.“
„Flugblätter der Weißen Rose IV“
von Hans Scholl und Alexander Schmorell, Juli 1942.
…Jedes Wort, das aus Hitlers Munde kommt, ist Lüge. Wenn er Frieden
sagt, meint er den Krieg, und wenn er in frevelhaftester Weise den Namen
des Allmächtigen nennt, meint er die Macht des Bösen, den gefallenen
Engel, den Satan. Sein Mund ist der stinkende Rachen der Hölle, und seine
Macht ist im Grunde verworfen. Wohl muß man mit rationalen Mitteln den
Kampf wider den nationalsozialistischen Terrorstaat führen; wer aber heute
noch an der realen Existenz der dämonischen Mächte zweifelt, hat den
metaphysischen Hintergrund dieses Krieges bei weitem nicht begriffen.
Hinter dem Konkreten, hinter dem sinnlich wahrnehmbaren, hinter allen
sachlichen, logischen Überlegungen steht das Irrationale, d. i. der
Kampf wider den Dämon, wider den Boten des Antichrists.
.. überall und zu allen Zeiten der höchsten Not sind Menschen
aufgestanden, Propheten, Heilige, die ihre Freiheit gewahrt hatten, die
auf den Einzigen Gott hinwiesen und mit seiner Hilfe das Volk zur
Umkehr mahnten.
(…)
Für Hitler und seine Anhänger gibt es auf dieser Erde keine Strafe, die ihren
Taten gerecht wäre. Aber aus Liebe zu kommenden Generationen muß nach
Beendigung des Krieges ein Exempel statuiert werden, daß niemand auch
nur die geringste Lust je verspüren sollte, Ähnliches aufs neue zu versuchen.
(…)
Wir schweigen nicht, wir sind Euer böses Gewissen; die Weiße Rose
läßt Euch keine Ruhe!
„Flugblätter der Widerstandsbewegung in Deutschland“
nach einem Entwurf von Hans Scholl und Alexander Schmorell mit
Korrekturen von Kurt Huber, Januar 1943.
Aufruf an alle Deutsche!
Der Krieg geht seinem sicheren Ende entgegen.
(…)
Was aber tut das deutsche Volk? Es sieht nicht und es hört nicht.
Blindlings folgt es seinen Verführern ins Verderben. Sieg um jeden
Preis! haben sie auf ihre Fahne geschrieben.
(…)
Was lehrt uns der Ausgang dieses Krieges, der nie ein nationaler
war?
Der imperialistische Machtgedanke muß, von welcher Seite er auch
kommen möge, für alle Zeit unschädlich gemacht werden. Ein
einseitiger preußischer Militarismus darf nie mehr zur Macht
gelangen. Nur in großzügiger Zusammenarbeit der
europäischen Völker kann der Boden geschaffen werden, auf
welchem ein neuer Aufbau möglich sein wird. Jede
zentralistische Gewalt, wie sie der preußische Staat in
Deutschland und Europa auszuüben versucht hat, muß im
Keime erstickt werden. Das kommende Deutschland kann nur
föderalistisch sein. Nur eine gesunde föderalistische
Staatenordnung vermag heute noch das geschwächte Europa mit
neuem Leben zu erfüllen.
(…)
Wilhelm von Humboldt, (* 22. Juni 1767 in Potsdam; † 8. April 1835 in Tegel) war
Gelehrter, Staatsmann und als Geheimer Staatsrat und Direktor der Sektion für Kultus
und Unterricht im Ministerium des Inneren (1809-10) Mitgründer der Berliner
Universität (heute Humboldt-Universität)
„Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu
bestimmen“ (1792):
„Der wahre Zweck des Menschen (…) ist die höchste und proportionierlichste
Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen. Zu dieser Bildung ist Freiheit die erste und
unerläßliche Bedingung. (…) Gerade die aus der Vereinigung Mehrerer
entstehende Mannigfaltigkeit ist das höchste Gut, welches die Gesellschaft
gibt, und diese Mannigfaltigkeit geht gewiß immer in dem Grade der
Einmischung des Staates verloren. Es sind nicht mehr eigentlich die Mitglieder
einer Nation, die mit sich in Gemeinschaft leben, sondern einzelne Untertanen,
welche mit dem Staat, d. h. dem Geiste, welcher in seiner Regierung herrscht, in
Verhältnis kommen, und zwar in ein Verhältnis, in welchem schon die überlegene
Macht des Staats das freie Spiel der Kräfte hemmt. Gleichförmige Ursachen haben
gleichförmige Wirkungen. Je mehr also der Staat mitwirkt, desto ähnlicher ist
nicht bloß alles Wirkende, sondern auch alles Gewirkte. (…) Wer aber für
andere so räsoniert, den hat man, und nicht mit Unrecht, in Verdacht, daß er
die Menschheit mißkennt und aus Menschen Maschinen machen will.“
„Kommilitoninnen! Kommilitonen!“
nach einem Entwurf von Kurt Huber mit Korrekturen von Hans Scholl und
Alexander Schmorell, Februar 1943.
Kommilitoninnen! Kommilitonen!
Erschüttert steht unser Volk vor dem Untergang der Männer von
Stalingrad. Dreihundertdreißigtausend deutsche Männer hat die geniale
Strategie des Weltkriegsgefreiten sinn- und verantwortungslos in Tod und
Verderben gehetzt. Führer, wir danken dir! (…)
In einem Staat rücksichtsloser Knebelung jeder freien Meinungsäußerung
sind wir aufgewachsen. HJ, SA und SS haben uns in den
fruchtbarsten Bildungsjahren unseres Lebens zu uniformieren, zu
revolutionieren, zu narkotisieren versucht. "Weltanschauliche
Schulung" hieß die verächtliche Methode, das aufkeimende Selbstdenken
und Selbstwerten in einem Nebel leerer Phrasen zu ersticken. Eine
Führerauslese, wie sie teuflischer und zugleich bornierter nicht
gedacht werden kann, zieht ihre künftigen Parteibonzen auf
Ordensburgen zu gottlosen, schamlosen und gewissenlosen
Ausbeutern und Mordbuben heran, zur blinden, stupiden
Führergefolgschaft. Wir Arbeiter des Geistes, wären gerade recht,
dieser neuen Herrenschicht den Knüppel zu machen. Frontkämpfer
werden von Studentenführern und Gauleiteraspiranten wie
Schulbuben gemaßregelt, Gauleiter greifen mit geilen Späßen den
Studentinnen an die Ehre. (...)
Studentinnen! Studenten! Auf uns sieht das deutsche Volk! Von uns
erwartet es, wie 1813 die Brechung des Napoleonischen, so 1943 die
Brechung des nationalsozialistischen Terrors aus der Macht des Geistes.
Max v. Schenkendorf:
„Frühlingsgruß an das Vaterland“
(1814):
„…Traute deutsche Brüder, höret
meine Worte alt und neu: Nimmer
wird das Reich zerstöret, wenn ihr
einig seid und treu!“
Ein Deutsches Flugblatt / Manifest der
Münchner Studenten
Englisches Abwurfflugblatt, das Auszüge
aus dem sechsten Flugblatt der "Weißen
Rose" enthält
Großbritannien, Juli 1943
Druck 21,5 x 13,3 cm
Kreideaufschrift: „Feindpropaganda“
© DHM, Berlin
Sophie Scholl
Geboren am 9. Mai 1921 in Forchtenberg/Württemberg,
zum Tode verurteilt und enthauptet am 22. Februar 1943 in
München.
- Sophie Scholl ist anfangs noch begeistert vom Gemeinschaftsideal,
das die Nationalsozialisten propagieren.
- Im Januar 1934 tritt sie den Ulmer „Jungmädeln“ bei
und übernimmt bald Führungsaufgaben.
Doch dann geraten ihre Geschwister und sie selbst wegen
"bündischer Umtriebe" mit dem Gesetz in Konflikt.
- 1937 werden sie von der Gestapo kurzzeitig verhaftet, ein Jahr später verliert Sophie ihren
Rang als Gruppenführerin.
Nach dem Abitur im März 1940 beginnt Sophie Scholl eine Ausbildung als Kindergärtnerin. Sie
hofft, damit dem Reichsarbeitsdienst zu entgehen. Doch die Ausbildung wird nicht als Ersatz
anerkannt.
- Sie muss zum Arbeitsdienst und darf erst im Mai 1942 zum Biologie- und Philosophiestudium
nach München ziehen. Sie besucht die Vorlesungen Kurt Hubers und diskutiert philosophische
und religiöse Fragen, etwa inwiefern Christen als politisch denkende und handelnde Menschen
gefordert sind. Inspirierend ist hier der katholische Publizist Theodor Haecker, der unter den
Nationalsozialisten nicht mehr veröffentlichen darf.
- Inwieweit Sophie im Sommer 1942 bereits an den Flugblatt-Aktionen ihres Bruders und
seines Freundes Alexander Schmorell beteiligt ist, ist ungewiss.
Kurt Huber geb. am 24. Oktober 1893 in Chur (Schweiz)
ab 1912 Studium Musikwissenschaften, Philosophie und
Psychologie. 1917 Promotion über Ivo de Veneto
(Münchner Hofkapellmeister des 16. Jhrds.). 1920
Habilitation im Fach Psychologie „der Ausdruck der
musikalischen Elementarmotive“, 1920 Privatdozent,
1926 außerordentlicher Professor. („Philosophie mit
Lehrauftrag für experimentelle Psychologie, einschl. Tonund Musikpsychologie und psychologische
Volksliederkunde“ Venia vom 14.10.1926)
Die Berufung auf einen ordentlichen Lehrstuhl wird mit
Verweis auf seine physische Konstitution abgelehnt. : „Wir
können nur Professoren brauchen, die auch Offiziere sein
können“
Anfang 1943 wird von ihm das
6. Flugblatt verfasst, bei dessen
Verteilung am 18. Februar 1943
Hans und Sophie Scholl
inhaftiert werden.
Kurt Huber wird am 27. Februar
verhaftet und am 19. April 1943
zum Tode verurteilt. Das
Todesurteil wird am 13. Juli
1943 in München-Stadelheim
vollstreckt.
1937 Aufbau des Volksmusikarchivs in Berlin
Ablehnung im Gutachten von Herbert Gerigk (Einsatzstab
„Reichsleiter Rosenberg“): „Hubers Bindungen zum
Katholizismus und sogar eine ausgesprochen
parteifeindliche Haltung sind eindeutig erwiesen“. (1937)
Ab 1938 Antrag und ab 1940 Mitgliedschaft in der
NSDAP. Es folgt daraufhin die Erhöhung seiner Bezüge.
Huber wird widerständig, als er glaubt, dass das „Wahre“
und „Anständige“ des Nationalsozialismus verlorenging.
(Vertgeidigungsrede)
Semestereröffnung LMU-München 1938
Theodor Haecker, religionsphilosophischer Schriftsteller
- *4.6.1879, +9.4.45
- 1905 Studium in München
- 1921 zum Katholizismus konvertiert, veröffentlicht er seitdem v.a. katholisch
geprägte kulturkritische Essays in den Zeitschriften „Der Brenner“ und „Hochland“
(Verleger Carl Muth). Aus derselben Haltung gingen auch seine
kulturphilosophischen Bücher hervor, z. B. „Vergil. Vater des Abendlands“ (1931).
- 1936 Publikationsverbot wegen seiner klaren Absagen an die faschistische
„Kulturerneuerung“. Während dieses verordneten Schweigens schreibt Haecker
1939 bis 1945 die Aufzeichnungen der Tag- und Nachtbücher nieder, die 1947
postum veröffentlicht werden. Haeckers Notizen zählen zu den bedeutendsten
Zeugnissen der inneren Emigration deutscher Intellektueller in der Nazi-Zeit.
- 1941 Hauptschriftleiter des Schreiber-Verlags.
Sophie Scholl in einem Brief an ihren Verlobten Fritz Hartnagel vom 7.2.43: „Seine
Worte fallen langsam wie Tropfen, die man schon vorher sich ansammeln sieht, und
die in diese Erwartung hinein mit ganz besonderem Gewicht fallen. Er hat ein sehr
stilles Gesicht, einen Blick, als sähe er nach innen. Es hat mich noch niemand so
mit seinem Antlitz überzeugt wie er.“
Prominente Widerstandsgruppen im Vergleich
Weiße Rose:
Willi Graf (1918-43)
Kurt Huber (1892-43)
Christoph Probst (1919-43)
Alexander Schmorell (1917-43)
Hans Scholl (1918-43)
Sophie Scholl (1921-43)
Kreisauer Kreis:
Alfred Delp (1907-45)
Eugen Gerstenmaier (1906-86)
Julius Leber (1891-45)
Helmut James Graf v. Moltke (1907-45)
Adolf Reichwein (1898-44)
Adam v. Trott zu Solz (1909-44)
Peter Graf Yorck v. Wartenburg (1904-44)
Rote Kapelle:
Harro Schulze-Boysen (1909-42)
Arvid Harnack (1901-42)
Mildred Harnack (1902-43)
20.Juli 1944
Ludwig Beck (1880-44)
Carl F. Goerdeler (1884-45)
Wilhelm Leuschner (1888-44)
Hans Oster (1888-45)
Fritz-Dietlof Graf v. d. Schulenburg (1902-44)
Claus Graf Schenk v. Stauffenberg (1907-44)
Henning v. Tresckow (1901-44)
Erwin v. Witzleben (1881-44)
Studentischer Freundeskreis in München ergänzt
durch den Psychologie-Professor Kurt Huber;
sittlich-religiös motivierter Widerstand durch
Flugblatt-Aktionen und Wand-Parolen
Christlich orientierte Gruppe, die einen
konservativ-sozialen Ausgleich anstrebt. Enge
Kontakte zu anderen Widerstandsgruppen.
Erarbeitung von Grundsatzpapieren für die
zukünftige Staats- und Gesellschaftsordnung.
Kommunistische Widerstands- und
Spionageorganisation mit internationalen
Kontakten. Flugblatt-Aktionen.
Bereits Aug. 1938 erste Staatsstreichpläne führender
Offiziere. Auslandskontakte. Nach Ausbruch WK II
Zusammenarbeit mit Politikern (Goerdeler) und
Gewerkschaftern (Leuschner). Nach Hitlers
Beseitigung sollte eine neue Regierung gebildet
werden.
Jokob Schmid,
(*25. Juli 1886 in
Traunstein; +16. August
1964)
Hausschlosser und
Hörsaaldiener der LMU
Gerald Alexander Held in
der Rolle des
Robert Mohr
(*5.April 1897
Bisterschied; +5.2.1977
Ludwigshafen)
Kriminalobersekretär
GeStaPo Leitstelle
München
Johann Reichhart
(*29. April 1893 in
Wichenbach; +26.
April 1972 in
Dorfen)
Scharfrichter 19241946
Mehr als 3000
Vollstreckungen
Walther Wüst
(* 7. Mai 1901 in
Kaiserslautern; † 21. März
1993 in München)
1941-45 Rektor der LMU
Roland Freisler
(*30. Oktober 1893
Celle; +3. Februar 1945
Berlin)
1942-45 Präsident des
Volksgerichtshofs
Mitglieder der Weißen Rose: die Geschwister Hans und Sophie Scholl sowie
deren Kommilitonen Christoph Probst, Willi Graf und Alexander Schmorell,
außerdem der Universitätsprofessor Kurt Huber.
Sympathisanten: Traute Lafrenz, Hans Conrad Leipelt, Marie-Luise Jahn, Hans
Hirzel, Susanne Hirzel, Heinz Brenner, Franz J. Müller, Eugen Grimminger, Jürgen
Wittenstein, Lilo Ramdohr und der später auch als Regisseur bekannt gewordene
Falk Harnack. Hinzu kommen Harald Dohrn (der Schwiegervater von Christoph
Probst), der Architekt Manfred Eickemeyer, in dessen Atelier sich die Weiße Rose
getroffen hatte, der Kunstmaler Wilhelm Geyer, der Eickemeyers Atelier mietete und
Hans Scholl den Schlüssel zu den Räumen überlassen hatte, der Buchhändler Josef
Söhngen, dessen Keller als Versteck für die Flugblätter diente.
Weitere Unterstützer: Wilhelm und Heinrich Bollinger, Rudolf Alt, Helmut Bauer,
August Sahm, Hellmut Hartert, Michael Brink (Emil Piepke), Lilo Dreyfeldt, Hubert
Furtwängler, Werner Bergengruen, Josef Furtmeier, Fritz Leist, Günter Ammon, Fred
Thieler u. v. a. Mehrere Mitglieder kamen aus der Bündischen Jugend, so aus der
dj.1.11, dem Bund Neudeutschland oder dem Grauen Orden. In Berlin wurden
Flugblätter von der Gruppe „Onkel Emil“ verbreitet, in Hamburg hatten sich
Studenten um Heinz Kucharski und Margaretha Rothe zu einer Gruppe
zusammengefunden, die nach 1945 als Weiße Rose Hamburg bezeichnet wurde.
Operation Iraqi Freedom 2003
„Saving Private Jessica Lynch“
Vergewaltigungssequenz aus „The Birth of a Nation“, Regie: David Wark Griffith, USA 1915
Mae Marsh als „Flora Cameron“
Walter Long als „Gus“
Henry B. Walthall als „Ben Cameron“
Bedrängt von farbigen Marodeuren
aus „The Birth of a Nation“ Regie: David Wark Griffith, USA 1915
Elmer Clifton als „Phil Stoneman“
Miriam Cooper als „Margaret Cameron“
Spottiswoode Aitken als „Dr. Cameron“
Johannes Schmitt
Lynchs Heiratsantrag aus „The Birth of a Nation“, Regie: David Wark Griffith, USA 1915
Lillian Gish als „Elsie Stoneman“
George Siegman als „Der Mulatte Silas Lynch“
„The Birth of a Nation”, Regie: David Wark Griffith, USA 1915
Finale:
Vergewaltigungssequenz aus „Jud Süß“, Regie: Veit Harlan, Dtld. 1940
Kristina Söderbaum als „Dorothea Sturm“
Ferdinand Marian als „Joseph Süß Oppenheimer“
Leo von Klenze im Auftrag König Ludwig I:
Walhalla, 1842
Bereits seit 1807 Herstellung von Büsten „rühmlich
ausgezeichneter Teutscher“
Geehrt sind 195 Personen, darunter 12
Frauen:
1811 Maria Theresia, Erzherzogin von
Österreich, Königin von Ungarn und
Böhmen
1817 Amalia, Landgräfin von HessenKassel
1831 Katharina II die Große, Zarin von
Russland
1998 Karolina Gerhardinger,
Ordensschwester, Gr. der Schulschwestern
2003 Sophie Scholl, Widerstandskämpferin
2009 Edith Stein, Ordensfrau und
Philosophin
Gedenktafeln:
Veleda, Theudelinde, Mathilde d. Heilige,
Hrosvit, Hildegard v. Bingen, Elisabeth v.
Thüringen
Wolfgang Eckert (dt. Bildhauer geb. 1964): „Sophie
Scholl Widerstandskämpferin“ aufgestellt am 22. Februar
2003 zum 60. Todestag
Nicolai Tregor (schweizer Bildhauer,
geb. 1946)
Büste: „Sophie
Scholl“
Aufgestellt im Lichthof der LMU 2007
Marlene Dietrich mit dem Komponist
Irving Berlin am Rande der USTruppenbetreuung 1944 in Italien
Charles Chaplin, geb. am 16.4.1889 / Adolf Hitler, geb. am 20.4.1889
ca. 1914
1932
ca. 1923
Max v. Schenkendorf: „Frühlingsgruß an das Vaterland“ (1814):
„…Traute deutsche Brüder, höret meine Worte alt und neu: Nimmer wird das Reich
zerstöret, wenn ihr einig seid und treu!“
Charles Chaplin in „The Great Dictator“, USA 1940
Vorgeschichte: Die ChaplinFigur als Soldat im Ersten
Weltkrieg
Haupthandlung: Die Chaplin-Figur in einer Doppelrolle
1.
Als „Jüdischer Friseur“
2.
Als „Adenoid Hynkel“, Diktator von „Tomanien“
Charles Chaplin in „Shoulder Arms“ 1918 / Adolf Hitler als Soldat im Ersten Weltkrieg