aktuell Nr. 42 vom 26.10.2015

Transcription

aktuell Nr. 42 vom 26.10.2015
D 8512
51. Jahrgang
Nr. 42
Montag, 26. Oktober 2015
NachrichteN
POlitik
Umzug in Erbil
Neue Unterkunft für Soldaten
der Ausbildungsmission im Irak.
Ein Interview mit dem deutschen
Kontingentführer.
Seite 5
BuNdeswehr
Trident Juncture
Mission Mali
Werden bald weitere deutsche Soldaten in Mali eingesetzt?
Ein Lagebericht aus einem afrikanischen Land. Seite 4
Die größte NATO-Übung seit
20 Jahren läuft in drei Ländern
gleichzeitig: Spanien, Italien und
Portugal.
Seite 6/7
BuNdeswehr
Tag der Standorte
die Verteidigungsministerin
diskutiert mit Standortältesten
über erste Erfahrungen mit der
Agenda Attraktivität. Seite 11
VideO der wOche:
Foto: MHQ EUTM MALI
Für die NATO-Übung „Trident Juncture“ werden 24 deutsche Amphibienfahrzeuge auf
die Übungsplätze in Südeuropa
transportiert. Vom Pionierstandort Minden an der Weser geht es
über Emden mit Bahn und Schiff
nach Portugal. Die „Riesen der
Bundeswehr“ sind 26 Tonnen
schwer und können sich nicht nur
auf dem Land sondern auch im
Wasser bewegen. Deren Transport bringt viele Herausforderungen mit sich, die sich nur in
Zusammenarbeit bewältigen lassen.
(eb)
Der Beitrag „Trident
Juncture 2015 Bahnverladung Amphibienfahrzeuge“ unter www.youtube.com/bundeswehr.
[email protected]
2
aktuell
Intern
26. Oktober 2015
Edi
BIlD Der WOcHe
Alle Zeichen deuten nach Mali.
Seit der vergangenen Woche
stellt sich immer deutlicher heraus: Die Bundesregierung strebt
ein verstärktes Engagement der
Bundeswehr in dem afrikanischen Land an.
Dort hat die Regierung im
Frühjahr mit Gruppen von Tuareg-Rebellen einen Friedensvertrag geschlossen – nach drei
Jahren Krieg. Doch die Lage
bleibt instabil. Weiterhin arbeiten Rebellen am Zerfall des Landes. Ihr Ziel: Sie wollen den Norden Malis unter ihre Kontrolle
bringen. Unter ihnen: islamistischen Dschihadisten.
Im Kampf gegen die Regierung
kommt ihnen die Struktur des
Landes zugute. Mali ist fast dreieinhalb Mal so groß wie Deutschland, hat rund 15 Millionen
Einwohner. Die Sahara-Wüste
bedeckt den gesamten Norden
des Landes, insgesamt etwa zwei
Drittel des Staatsgebiets. Die Fläche ist dünn besiedelt, bietet insbesondere im Gebirge Ifoghas
ideale Versteckmöglichkeiten.
Für konventionelle Truppen sind
die Rebellen dort kaum zu erreichen, feste Verkehrswege gibt
es nicht. Der Norden Malis bietet den Kämpfern ideale Rückzugsorte – hundertfach.
Die Bundeswehr könnte den
Auftrag bekommen, sie auf-
zuspüren. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
spricht davon, dass die Bundeswehr die MINUSMA-Mission
der Vereinten Nationen in Mali
ab dem Frühjahr 2016 mit Aufklärungskräften gezielt unterstützen könnte.
Die massiven Flüchtlingsströme, die auch aus Afrika
nach Europa kommen, machen
deutlich, dass alle Bemühungen,
auf dem afrikanischen Kontinent
zu einer Stabilisierung beizutragen, weiter intensiviert werden müssen.
Klar ist: Verstärkt die Bundesrepublik ihr Engagement in Mali,
wird der Einsatz fordernd und
birgt nicht unerhebliche Risiken.
Und ein Erfolg wird Ausdauer
verlangen. Sehr viel Ausdauer.
Vivien-Marie Bettex
Leitende Redakteurin
Foto: Twardy/Bundeswehr
ZItAt
Platin für die redaktion der Bundeswehr: Die im vergangenen Jahr veröffentlichte Spezialausgabe
des Y-Magazins zum thema “erster Weltkrieg” wurde mit dem renommierten econ Award für Unternehmenskommunikation ausgezeichnet. Herzlichen Glückwunsch!
„Ohne Bundeswehr geht es im Moment nicht,
das ist wohl so.“
Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD),
in der Neuen Osnabrücker Zeitung über die steigende Bundeswehrbeteiligung in der Flüchtlingskrise.
KAlenDerBlAtt
IMPreSSUM
Vor 25 Jahren: Am 31. Oktober 1990 gelingt einem Arbeiter beim Bau des Eurotunnels, der
Frankreich und England verbindet, der erste Durchstich. Während der Bauphase wird aus beiden
Richtungen gebohrt. Als sich die beiden Röhren schließlich treffen, sind sie nur um wenige Zentimeter
verschoben. Vier Jahre später fahren die ersten Züge durch denn Eurotunnel.
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Vor 25 Jahren: Am 31. Oktober 1990 tritt die UN-Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen
für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Darin steht eine Erklärung über den Schutz aller Personen vor Folter. Zurzeit haben 156 Staaten die Konvention unterzeichnet und ratifiziert. Laut Artikel 1
bezeichnet Folter „jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische
Schmerzen oder Leiden zugefügt werden“.
Vor 45 Jahren: Am 31. Oktober 1970 hebt der Deutsche Fußball-Bund das Verbot des Frauenfußballs
auf. Allerdings mit einigen Einschränkungen: Frauen dürfen keine Stollen tragen. Außerdem sind die
Halbzeiten nur 35 Minuten lang. Auch die Siegesprämien unterscheiden sich von denen im Männerfußball: Als die Spielerinnen 1989 den Europameistertitel gewinnen, erhalten sie einen Kaffeeservice und
ein Bügelbrett.
Vor 60 Jahren: Am 26. Oktober 1955 erlangt Österreich durch den Österreichischen Staatsvertrag
seine volle Souveränität zurück. Zuvor stand es seit dem Zweiten Weltkrieg noch unter Besatzungsrecht.
Dieses Ereignis geht als „Tag der Fahne“ in die Geschichte ein. Zehn Jahre später, wird der 26. Oktober
zum Österreichischen Nationalfeiertag.
Vor 260 Jahren: Am 1. November 1755 trifft ein Erdbeben mit der Stärke 8,5 auf der Richterskala
Lissabon. Der darauf folgende Tsunami zerstört die Stadt fast vollständig. Die Naturkatastrophe fordert
Schätzungen zufolge bis zu 100 000 Todesopfer. Die Einwohner nutzen die Gelegenheit, um die Stadt
neu zu gestalten – mit schachbrettartigem Grundriss, breiten Straßen und großen Plätzen.
(eb)
Leitender Redakteur ( -2421):
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Politik: (-2830)
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26. Oktober 2015
MinisteriuM / Hintergrund
aktuell
3
Berichte im
„Orginalton“
Flüchtlingskrise: Ministerin trifft
Kommandeure der Landeskommandos.
Berlin. Um das weitere Vorgehen
der Bundeswehr bei der Flüchtlingshilfe zu beraten, hat Verteidigungsministerin Ursula von
der Leyen vergangene Woche
in Berlin die Kommandeure der
Landeskommandos getroffen.
„In dieser besonderen Situation
sehen wir uns vor ganz neuen, so
noch nie da gewesenen Herausforderungen. Ich bin überzeugt,
dass wir diese mit vereinten Kräften meistern werden“, sagte die
Ministerin. Begleitet wurde von
der Leyen vom Generalinspekteur der Bundeswehr, General
Volker Wieker, und dem Stellvertretenden Generalinspekteur
der Bundeswehr, Generalleutnant Markus Kneip.
Vielfältige Hilfe
durch die Truppe
Brigadegeneral Jürgen Knappe,
Kommandeur des Kommandos
Territoriale Aufgaben der Bundeswehr, sagte mit besonderem
Blick auf die ihm unterstellten
Landeskommandos, das Treffen sei eine Gelegenheit für die
Ministerin, die Berichte aus den
Ländern im „Originalton“ zu
hören.
Die Aufnahme und Betreuung der Flüchtlinge und Asylsuchenden stellt eine große Herausforderung für die gesamte
­
Zusätzliche
Verantwortung
Entsprechend des Beschlusses
des Bundeskabinetts vom
7. Oktober übernimmt die Bundeswehr die Verantwortung für
die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden. Bisher
hat die Bundeswehr selbst schon
Unterbringungsplätze in festen
Gebäuden für rund 29 000 Flüchtlinge geschaffen – in 71 Liegenschaften wie Kasernen und Standortübungsplätzen.
Zudem stehen 4000 Bundeswehrangehörige in kurzer Rufbereitschaft als „Helfende Hände“
bereit. Sie unterstützen unter
anderem in den Wartezentren
Feldkirchen und Erding in Bayern. Darüber hinaus unterstützt
die Bundeswehr im Camp Fallingbostel. Diese Liegenschaft
wurde von der britischen Armee
kurzfristig an die Bundeswehr
übergeben und dem Land Niedersachsen zur Mitbenutzung zur
Verfügung gestellt. Das Camp
Foto: imago
von Jörg Fleischer
Die Truppe hilft: Soldaten unterstützen Länder und Kommunen, die Flüchtlingswelle zu bewältigen.
dient als Erstaufnahmeeinrichtung und ist derzeit mit rund 1500
Flüchtlingen belegt.
Darüber hinaus sind bis zu 570
Angehörige der Bundeswehr für
das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge abgestellt, um bei der
Registrierung der Flüchtlinge zu
unterstützen. Außerdem stellt
die Bundeswehr 80 Busse mit
Fahrern für den Transport von
Flüchtlingen bereit, derzeit sind
davon mehr als 30 Busse im Einsatz. Sanitätskräfte der Bundeswehr unterstützen bei Aufnahmeuntersuchungen, etwa beim
Röntgen oder bei der allgemeinen
medizinischen Versorgung von
Flüchtlingen und Asylsuchenden. Die Bundeswehr setzt darüber hinaus mobile Röntgengeräte ein, stellt Zelte, Betten und
Verpflegung. Bisher wurden über
450 000 Essen ausgegeben und
Sicherheitskonferenz in Bahrain
Berlin. Die Situation im Nahen
und Mittleren Osten ist angespannt
– in der kommenden Woche werden Delegationen aus 20 Staaten beim „11. IISS Manama Dialogue“ über die Sicherheitslage
diskutieren und Lösungsansätze
suchen. Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
nimmt an der Sicherheitskonferenz in Bahrain teil.
Für die Krisen in Syrien, Irak
und Jemen zeichnet sich bislang
ebenso wenig eine Lösung ab, wie
für den seit Jahrzehnten andauernden Konflikt zwischen Israel und
den Palästinensern. In der Berichterstattung dominieren die Bilder
von Extremisten und Terroristen wie der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS), die Staaten in der
Region mit ungehemmter Gewalt
Foto: imago
Naher und Mittlerer Osten im Fokus – Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nimmt Teil.
Beispiel Irak: Kurden bei einem Angriff gegen die Terrormiliz „IS“.
angreifen, die Bevölkerung unterdrücken und den Aufbau einer
friedlichen Ordnung in der Region
erschweren.
Für John Jenkins, Direktor am
International Institute for Strategic Studies (IISS), das den
„Manama-Dialog“ organisiert,
besteht Grund zur Hoffnung.
Unter den arabischen Staaten
gebe es die Bereitschaft, für die
Stabilisierung der Region enger
zusammenzuarbeiten. Auf der
Konferenz wollen sie gemeinsam
mit den internationalen Partnern
über Lösungsansätze sprechen, so
der ehemalige britische Botschafter in Saudi-Arabien.
Die deutsche Delegation
wird von Ministerin von der
Leyen geleitet. Sie wird bilaterale Gespräche führen und zum
Thema „Conflicts and coalitions
in the Middle East“ sprechen.
Deutschland engagiert sich
in der Region mit humanitären
Hilfsleistungen und beteiligt
sich außerdem an zwei militärischen Missionen. Seit Ende 2014
sind Soldaten der Bundeswehr
für eine Ausbildungsmission im
Nordirak stationiert, um die irakische Regierung und die kurdischen Sicherheitskräfte bei ihrem
Kampf gegen die Terrormiliz
„IS“ zu unterstützen. Außerdem
beteiligen sich Soldaten der Bundeswehr seit 2006 an der Mission
UNIFIL der Vereinten Nationen
und kontrollieren dabei auch vor
der Küste des Libanon die Seewege.
(stö)
mehr als 5100 Betten zur Nutzung abgegeben.
Das Kommando Territoriale
Aufgaben der Bundeswehr koordiniert den Einsatz der Streitkräfte im Zuge Flüchtlingshilfe.
Mehr Informationen
zur Flüchtlingshilfe der
Bundeswehr auf www.
bundeswehr.de.
Jahresbericht der
Marine 2015
R
4
aktuell
Politik / Hintergrund
26. oktober 2015
Syrien: Assad
besucht Putin
Foto: dpa/pa
Moskau / Berlin. Der syrische Präsident Baschar
al Assad hat vergangene
Woche überraschend Russlands Präsidenten Wladimir
Putin in Moskau besucht. In
den Gesprächen ging es nach
Angaben eines Kreml-Sprechers um die Lage in Syrien
und um russische Luftunterstützung für Operationen
der syrischen Armee. Russland fliegt seit Ende September Luftangriffe in Syrien.
Unterdessen forderte Außenminister Frank-Walter Steinmeier Russland indirekt dazu
auf, die gemeinsame Militäroffensive mit den syrischen Truppen auf Aleppo
zu stoppen. „Wenn Russland
es tatsächlich ernst meint
mit dem Anspruch, zur Stabilisierung Syriens beizutragen, dann kann das jedenfalls
nicht gelingen, wenn durch
Militäroffensiven noch weitere Tausende Menschen zur
Flucht gezwungen werden“,
sagte Steinmeier. Unterdessen hat der designierte kanadische Premierminister Justin Trudeau mitgeteilt, dass
Kanada sich nicht mehr an
Luftangriffen gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ in
Syrien beteiligen wird. (eb)
Das weite Land bietet den Rebellen Schutz: Ein malischer Soldat an einem Beobachtungsposten in Nordmali.
Mali: Kampf um Frieden
Islamistische Rebellen gefährden das Land – Niederlande bitten Deutschland um Hilfe.
Bamako. Das Ergebnis des
Erkundungsteams der Bundeswehr, das Ende September nach
Mali reiste, ist eindeutig: Eine substanzielle Unterstützung des niederländischen MINUSMA-Kontingents sei „grundsätzlich
realisierbar“. Das hat das Verteidigungsministerium vergangene
Woche mitgeteilt.
Eine Anfrage der Niederlande
war der Erkundung vorausgegangen. Das Land bittet Deutschland um Unterstützung, um den
schwierigen Auftrag im Norden
Malis bewältigen zu können.
Jetzt laufen die Vorbereitungen
für die gebotenen politischen Entscheidungen, insbesondere für
die Zustimmung des Deutschen
Bundestags.
Israel: Ban Ki Moon
warnt vor Eskalation
Foto: imago
Ein Land auf
Zerreißprobe
Jerusalem. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban
Ki Moon ist vergangene Woche
kurzfristig nach Israel gereist,
um Gespräche mit den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu führen. Hintergrund ist die angespannte Lage
zwischen Israeliten und Palästinensern. Ban Ki Moon warnte
vor einer gefährlichen Eskalation der Gewalt – seit Monatsanfang wurden in Israel mehr als
40 Menschen getötet. Die einzige
Möglichkeit zur Beendigung des
Konflikts seien Verhandlungen,
die zu konkreten Ergebnisse führen, sagte Ban Ki Moon. Er unterstrich die Sorge über Äußerungen
radikaler Palästinenser-Gruppen
wie der Hamas und dem Islamischen Dschihad, die „diese hasserfüllten Angriffe begrüßen“.
Das Foto zeigt israelische Soldaten nahe Tulkarm in der vergangenen Woche.
(uvs/cp)
Mali befindet sich seit 2012 in
einer schweren Krise. Der Norden des Landes ist geprägt von
ethnischen und religiösen Konflikten, Islamisten versuchen,
Teile des Landes unter ihre Kontrolle zu bringen.
Seit zwei Jahren wird Mali
im Kampf gegen die Rebellen
durch die Vereinten Nationen
(VN) unterstützt. Auf Anfrage
Malis und einer Resolution des
VN-Sicherheitsrates beschließt
die Europäische Union 2013 die
Aufstellung einer europäischen
Trainingsmission zur Ausbildung
der malischen Sicherheitskräfte
(EUTM). Deutschland beteiligt
sich derzeit mit rund 200 Soldaten.
Wenig später beschließt der
Sicherheitsrat außerdem die
„Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der
Vereinten Nationen in Mali“
(MINUSMA). Ziel ist, das Vorrücken von Islamisten und Tuareg-Rebellen vom Norden in den
Süden Malis zu verhindern und
die geschwächten Regierungs-
truppen zu stützen. Der Einsatz
gilt von Anfang an als besonders
gefährlich.
Söldner, Rebellen,
Islamisten
Hintergrund: Nach dem Bürgerkrieg in Libyen im Jahr 2011
kommen viele schwer bewaffnete Söldner, unter ihnen auch
Islamisten, nach Nordmali und
verbünden sich mit Tuareg-Rebellen. Im Januar 2012 brechen
Kämpfe zwischen den Rebellen
und dem Militär aus. Nachdem
die Regierungstruppen sich von
der malischen Regierung im Stich
gelassen fühlen, kommt es zum
Putsch. Im März wird Präsident
Amadou Toumani Touré gestürzt
und die Verfassung außer Kraft
gesetzt. In Folge der labilen politischen Lage erobern die Rebellen rund zwei Drittel des Landes
und bringen wichtige Städte unter
ihre Kontrolle. Die islamistischen
Kräfte fordern jetzt die Einführung der Scharia.
Im April 2012 wird Malis Parlamentspräsident Dioncounda
Traoré als Interimspräsident
vereidigt. Er bildet eine Regierung aus Militärs und Technokraten und bittet die internationale Gemeinschaft um Hilfe für
sein Land. Friedenstruppen des
westafrikanischen Staatenblocks
ECOWAS (Economic Community of West African States)
gelingt es mit Unterstützung der
einstigen Kolonialmacht Frankreich und dem malischen Militär,
die Islamisten aus großen Teilen
Nordmalis zu vertreiben. Auch
ein Waffenstillstandsabkommen
mit den Tuareg-Rebellen kann
vereinbart werden.
Im September 2013 wird Ibrahim B. Keita zum neuen Präsidenten Malis gewählt. Doch der
Norden des Landes bleibt instabil. Islamisten verüben weiterhin Anschläge, die Minderheit
der Tuareg sieht sich immer wieder Vergeltungsangriffen durch
die schwarzafrikanische Bevölkerung ausgesetzt. Der Waffenstillstand zwischen Tuareg-Rebellen und der malischen Armee
wird brüchig. Ende Mai 2014
erobern die Rebellen viele Städte
in der Grenzregion zu Algerien
und Niger zurück. Im März 2015
wird ein neues Friedensabkommen verhandelt, aber nicht alle
beteiligten Parteien unterzeichnen. Islamistische Gruppierungen im Norden üben weiterhin
Gewalt aus.
Niederlande bitten
um Hilfe
Im August bitten die Niederlande, die sich mit rund 600
Soldaten an MINUSMA beteiligen, die deutsche Regierung
um weitere Unterstützung für
den Einsatz in Mali. Neun deutsche Soldaten sind bereits ein-
gesetzt und unterstützen den
MINUSMA-Führungsstab in der
Hauptstadt Bamako. Das bestehende deutsche Mandat setzt eine
Obergrenze von 150 Soldaten
und erlaubt den Einsatz militärischer Mittel.
Insgesamt sind nach Angaben
der Vereinten Nationen mehr als
9000 Soldaten aus rund 30 Ländern für MINUSMA im Einsatz.
Seit Beginn der Mission wurden
56 Blauhelm-Soldaten getötet.
Laut Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen werden in
Mali Einsatzkräfte gebraucht, die
aufklären, wo sich Terrorgruppen
und Milizen bewegen. „Da kann
die Bundeswehr mit ihren hohen
Aufklärungsfähigkeiten ab Frühjahr 2016 entlasten“, sagte die
Ministerin. Deutschland habe ein
besonderes sicherheitspolitisches
Interesse an der weiteren Stabilisierung Malis.
Sicherheit im Süden: Malier in der Hauptstadt Bamako.
Fotos: Neumann/Bundeswehr (2)
von Victoria Kietzmann
Ausbildung der malischen Sicherheitskräfte: Rund 200 deutsche
Soldaten beteiligen sich derzeit an EUTM im Süden des Landes.
26. Oktober 2015
Einsatz / BundEswEhr
aktuell
5
Irak: Umzug in Kürze möglich
Kontingentführer Oberstleutnant Jan Heyman zur aktuellen Unterkunftssituation des deutschen Kontingents im Irak.
Erbil. Die Bundeswehr bildet im
Nordirak die Peschmerga aus.
Bislang sind die deutschen Soldaten in einem besonders gesicherten Hotel in der kurdischen
Hauptstadt untergebracht. In
Kürze werden sie in ein Feldlager umziehen. Über den Umzug
haben wir mit Oberstleutnant Jan
Heymann (rundes Bild), dem
deutschen Kontingentführer im
Irak, gesprochen.
Wie sehen die neuen Wohncontainer im Camp aus?
Die Unterkünfte und die Masse
der Arbeitsbereiche befinden sich
in zweigeschossigen Containergebäuden. Nasszellen und sanitäre Anlagen befinden sich an
den Stirnseiten der jeweiligen
Flure. Aufgrund der hier herr-
Foto: Habermann/Bundeswehr (5)
Wie läuft es mit dem Umzug?
Für die deutschen Soldaten
im Irak ist es wichtig, dass sie
in einem sicheren Umfeld leben
und arbeiten. Die Bauarbeiten
für das Feldlager haben im ersten
Quartal 2015 begonnen und sind
bereits weit fortgeschritten, die
Arbeits- und Führungsfähigkeit
ist zum jetzigen Zeitpunkt aber
noch nicht gewährleistet. Die
bautechnische Freigabe für die
Arbeitsbereiche und Unterkünfte
liegt nun aber vor. Wir erwarten
den Abschluss der Maßnahmen
in Kürze. Erst, wenn Arbeit und
Unterkunft im Camp gewährleistet sind, wird umgezogen. Aber
alle sitzen bereits auf gepackten
Koffern.
Die niederländischen Soldaten
sind bereits seit September im
Camp. Welche Erfahrungen
wurden bisher gesammelt?
Wir profitieren von den Erfahrungen unserer niederländischen
Kameraden. In der Anfangsphase, existiert vor allem im
Bereich des Campbetriebes noch
ein hoher Abstimmungsbedarf.
Das betrifft beispielsweise die
Reinigung der Sanitäranlagen,
die Instandhaltung der
Technik, Schädlingsbekämpfung und Abfallentsorgung. Aber die
Soldaten sind auf Zwischenlösungen eingestellt.
Das zukünftige Camp in Erbil: Zweistöckige Containerbauten, Sanitäranlagen und Unterkünfte.
schenden Temperaturen sind
die Unterkünfte und Arbeitsbereiche mit Klimaanlagen ausgestattet. In einem Containerblock können etwa 100 Soldaten
bei Zweierbelegung untergebracht werden. Somit kann das
gesamte Deutsche Einsatzkontingent in einem Unterkunftsblock
wohnen.
Wieviele Nationen sind im Camp
untergebracht?
Mit den deutschen Soldaten
werden Soldaten aus den Niederlanden, Norwegen, Schweden
und Finnland im Camp untergebracht. Andere Nationen betreiben eigene Feldlager.
Was bedeutet der Umzug für die
Truppe?
Das neue Camp ist unmittelbar
an das Kurdistan Training Coordination Center (KTCC) auf dem
Flughafen in Erbil angebunden.
Damit verkürzt sich für einen
Teil der Soldaten der Arbeitsweg
wesentlich. Außerdem profitieren die im Camp untergebrachten
Soldaten von den um den Flughafen herum bestehenden Sicherheitsvorkehrungen. Vor allem die
Arbeitsbedingungen der einzelnen
Abteilungen und Soldaten werden
im Camp wesentlich verbessert.
Wenn ich die deutschen Soldaten
frage, wollen sie lieber heute als
morgen in das Camp umziehen.
Gespräche auf dem Heimweg
Warum ziehen die Deutschen
als letzte Nation in das neue
Camp um?
Deutschland ist die verantwortliche Rahmennation für die
Errichtung und Inbetriebnahme
des Camps. Deswegen war es uns
besonders wichtig, dass zunächst
unsere internationalen Partner
alles vorfinden, was sie zum
Leben und Arbeiten brauchen.
Damit sind wir unserer Verantwortung als Rahmennation für
unsere internationalen Partner
gerecht geworden.
Die Fragen stellte Robert
Habermann
Das vollständige Interview finden Sie auf
www.bundeswehr.de.
Neuer Leiter
in Dschibuti
Fregattenkapitän Anne P.
in den vergangenen fünf Monaten vor der libyschen Küste gerettet. Mit dem menschlichen Elend
und der Not der Migranten habe
die Besatzung gut umzugehen
verstanden, sagt Fregattenkapitän Anne P. Die Soldaten nutzen
die Möglichkeit mit ihr über das
Erlebte zu sprechen. Sie vergibt
dazu keine Termine, sitzt nicht in
einer Kammer des Tenders. Sie
mischt sich unter die Besatzung
– bei einer Raucherpause in der
Nock neben der Brücke, beim
Kaffeetrinken auf dem Oberdeck
oder in den Messen – eben dort,
wo die Soldaten sich unterhalten.
„Manche treffen Zuhause nicht
immer auf Zuhörer, können das
Erlebte nicht teilen, oder wollen
die Familie nicht damit belasten“, berichtet Anne P. Es habe
sich bewährt, wenn die Soldaten
vieles von dem, was sie im
Einsatz bewegt, auch im Einsatz
lassen können.
Seit acht Jahren arbeitet Anne
P. für die Bundeswehr – mittlerweile in der Einsatzflottille 1 in
Kiel. Die Psychologin hat schon
Soldaten im Kosovo betreut, in
Afghanistan, bei UNIFIL auf
Zypern und im Libanon.
Dass die Boarding-Teams,
die den ersten Kontakt zu den
Flüchtlingsbooten haben, dem
vergleichsweise größten psychischen Stress ausgesetzt
sind, unterstreicht sie. „Diese
Teams sind aber meist sehr gut
eingespielt und fühlen sich
sogar wohl in ihrer Sonderstellung“, sagt P. Wer dennoch das
Gefühl habe, vom Einsatz belastet zu sein, dem biete die Bundeswehr darüber hinaus eine dreiwöchige Präventivkur an.
Die Akzeptanz und Anerkennung von Psychologen in der
Truppe sei in den vergangenen Jahren gestiegen, „gerade,
wenn wir die Soldaten im
Einsatz begleiten.“ An ihrem
Beruf liebe sie die Freiheit
und vor allem den Sinn, den
sie darin sieht, für die Soldaten
da zu sein – egal wo, ob im Einsatz oder der Heimat.
(kha)
Foto: Lerdo / Bundeswehr
Catania. Auslandseinsätze bringen Soldaten wertvolle Erfahrungen, aber oft auch Belastungen.
Das können Ängste aber auch
Unsicherheiten sein, die im Einsatzgebiet aufkommen. Monatelang weg zu sein von Zuhause,
– dazu eingeschränkte Möglichkeiten der Kommunikation
nach Hause – das nagt an vielen
Soldaten.
„Dieses Problem können wir
nicht immer lösen, aber wir können helfen, indem wir Verständnis für diese Situation zeigen“,
sagt Fregattenkapitän Anne P.
Die Psychologin hat die Besatzung des Tenders „Werra“ auf
dem Rückweg aus dem Einsatz
EUNAVFOR Med Operation
Sophia vom Mittelmeer in den
Heimathafen Kiel begleitet.
Fast 1 200 Personen aus sechs
in Seenot geratenen Booten haben
die Marinesoldaten des Tenders
Foto: Hansen
Truppenpsychologin Anne P. begleitet die Besatzung der „Werra“ auf ihrem Weg nach Kiel.
D
aktuell
Bundeswehr
aktuell
7
Foto: Austin Long/ United States Marine Corps
6
Brunssum. Es ist die größte
NATO-Übung seit „Strong
Resolve 2002“. Bei dem Großmanöver „Trident Juncture 2015“
(TRJE15) sind 36 000 Soldaten
aus NATO-Bündnispartnern und
befreundeten Nationen vertreten. Mehr als zwölf internationale
Organisationen und Nicht-Regierungsorganisationen, wie die
Europäische und Afrikanische
Union beteiligen sich. Das soll
den „umfassenden Ansatz“ der
NATO verdeutlichen.
Deutschland stellt mit rund
3000 Soldaten einen wesentlichen Beitrag der Großübung.
Geübt wird in Italien, Portugal
und in Spanien, sowie auf dem
Atlantik und dem Mittelmeer.
Im Mittelpunkt steht bei TRJE15
greiftruppe (NATO Response
Force – NRF 2016) inklusive
der neuen „NATO-Speerspitze“
(Very High Readiness Taskforce)
und andere Truppen auszubilden
und auf ihre Einsatzbereitschaft
hin zu überprüfen. Die Übung
bietet den Bündnispartnern das
Grundgerüst einer einheitlichen
Ausbildung und untermauert die
multinationale und streitkräftegemeinsame Ausbildung. Mit einer
bewusst breiten Darstellung in
der Öffentlichkeit sollen TRJE15
und die NRF16 demonstrieren,
dass die NATO den neuen globalen Sicherheitsherausforderungen gewachsen ist.
Aus der Bundeswehr agiert
das Multinationale Kommando
Operative Führung (MN KdoOpFü) unter Befehlshaber Generalleutnant Richard Roßmanith als übungskoordinierendes
Kommando. Es verstärkt das zu
zertifizierende operative Joint
Task Force Headquarter wesentlich in Planung, Organisation,
Unterstützung und Führung von
TRJE15 .
Ein Gefechtsverband der
Gebirgsjägertruppe, amphibische Pioniere, zwei Fregatten,
ein Einsatzgruppenversorger,
weitere Schiffe und Boote, Lufttransport- und Luftbetankungskapazitäten, das Zentrum Operative Kommunikation sowie
verschiedene Unterstützungskräfte der Streitkräftebasis und
ein Sanitäts-Rettungszentrum
komplettieren den deutschen
Beitrag. Die Übung läuft noch
bis Anfang November.
Poligono de Tancos. In dieser Woche
bereiten sich die Pioniere
aus Minden auf den scharfen Durchgang im portugiesischen Poligono de Tancos vor.
Das Szenario: Kanadische und
NATO-Vertragsgebiets. Es
­portugiesische Fallschirmjäger
soll ein Grenzkonflikt been- werden in einer Luftlandeoperadet werden, bevor er sich tion im Übungsraum abgesetzt und
auf die gesamte Region
müssen in einer Angriffsoperaausweitet. Anders als in frütion mit schwerem Gerät über den
heren Szenarien handelt es
Fluss Tejo übersetzen. Hier sind
sich nicht um einen kompledie deutschen Pioniere zusamxen Bündnisfall, also den Beimen mit ihren italienischen
stand für einen Bündnispartner
Kameraden gefragt. Ihr Aufim Rahmen der Bündnisverteiditrag ist es, einen Brückengung gemäß Artikel 5 des NATOkopf zu bilden, einen
Vertrags.
(eb)
Fährbetrieb über
den Fluss
Im Fokus: Hybride Kriegsführung
S
gen, mangelnder Ernährungssicherheit, Massenvertreibungen, Cyberattacken, chemischer
Kriegsführung und Informationskriegen und verbindet sie für
TRJE15 alle zu einem komplexen Übungsumfeld. Unterstützt
wird dies durch Computersimulationen des JWC.
„Sorotan“ erfüllt die Voraussetzungen für einen Krisenreaktionseinsatz außerhalb des
Deutsche Kräfte TRJE15
~ 3.000
Soldaten gesamt
315
162
Santa Margarida
MN KdoOpFü
150 Soldaten
PzPiBtl 130
150 Soldaten
FJg
4 Soldaten
San
8 Soldaten
UstgVbd
MN KdoOpFü
65 Soldaten
Versorgungsschiffe
ZOpKomBw
100 Soldaten
Minenjagdboote
Foto: Miks Uzans/ NATO
Angetreten: Italienische Soldaten bei der Eröffnungsfeier.
General Domröse erklärte gegenüber der
ARD. „Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis. Und wir werden bezahlt, um den Schutz
unserer Bürger zu gewährleisten. Außerdem: In
Spanien, Italien und Portugal sind wir nun wirklich weit weg von der russischen Grenze.“
Das fiktive Szenario der hybriden Kriegsführung wurde bei der Großübung daher bewusst
gewählt, um konventionelle und unkonventionelle Kriegshandlungen zu üben. Domröse verglich die Teilnehmer von TRJE15 mit einer Fußballmannschaft. „Individuell sind die Spieler
überragend. Wenn sie zusammen kommen, müssen sie gemeinsam trainieren, um das Spiel am
folgenden Sonntag zu gewinnen.“ Das Gleiche
gelte für die Streitkräfte der NATO. Individuell
seien sie exzellent. „Meine Aufgabe ist es, sie
unter den Schirm der NATO zu bringen. Denn
nur wenn wir gemeinsam trainieren, können wir
gemeinsame Ziele erreichen“.
(pfr)
Fregatten
20
Palma de Mallorca
Luftbetankung
20 Soldaten
Trident Juncture zielt nicht gegen Russland
Brunssum. Die NATO-Übung „Trident Juncture 2015“ (TRJE15) ist in der vergangenen
Woche in die Hauptphase gegangen. Dem Großmanöver liegt eine jahrelange Planung zugrunde.
General Hans-Lothar Domröse, Oberbefehlshaber des Allied Joint Force Command Brunssum,
erklärt: „Die NATO muss bereit, stark und leistungsfähig sein, um auf jede Bedrohung reagieren zu können.“
Der stellvertretende NATO-Generalsekretär
Alexander Vershbow betonte vergangene Woche,
die NATO suche mit diesem Manöver keine
Konfrontation mit anderen Staaten. „Aus diesem Grund haben wir Beobachter aus aller Welt
eingeladen, die sich die Übung anschauen können, von Kolumbien bis Russland.“ Die Allianz unterstreiche mit TRJE15 die Bereitschaft
zum schnellen Handeln, die aber vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen nicht gegen ein
Land gerichtet sei.
800
Mittelmeer / östlicher Atlantik
Saragossa
aktuell wird in zwei weiteren Teilen in loser Reihenfolge über das
Großmanöver berichten.
Foto: Neumann/RedBw
zu ermöglichen und
danach eine stabile
Schwimmbrücke zu legen.
Je nach Wasserstand wird
die Brücke 197 bis 205 Meter
lang sein. Insgesamt sind rund
2000 Soldaten aus Deutschland,
Italien, Polen, Portugal und den
USA vor Ort. Die Bundeswehr ist
mit 162 Soldaten vertreten. Untergebracht sind sie zusammen mit
einer polnischen ABC-Abwehrkompanie. „Die Zusammenarbeit
mit der Host Nation ist super“,
sagt Hauptmann Tobias Hochmuth. „Wir haben insbesondere die portugiesische Gelassenheit
zu schätzen gelernt.“ (pfr)
75
Capo Teulada
1.306
San Gregorio
Beja
20
Lufttransport
20 Soldaten
FüUstg
15 Soldaten
Sagunto
Rota
10
Seefernaufklärer
10 Soldaten
•
•
•
•
ObjSKrLw
45 Soldaten
CIMIC = Civil Military Cooperation
EloKa = Elektronische Kampfführung
FJg = Feldjäger
FüUstg = Führungsunterstützung
GefVbd 233
900 Soldaten
EloKa
25 Soldaten
CIMIC
15 Soldaten
• GefVbd = Gefechtsverband
inkl. Gebirgstruppe (u.a. Jäger,
Pioniere, Aufklärer und Versorgung)
• HafenUKr = Hafenumschlagskräfte
FJg
10 Soldaten
71
Logistik
300 Soldaten
HafenUKr/LogZBw
69 Soldaten
FüUstg
15 Soldaten
CIMIC
15 Soldaten
San
2 Soldaten
San
41 Soldaten
• LogZBw = Logistikzentrum der Bundeswehr
• MN KdoOpFü = Multinationales Kommando
Operative Führung
• ObjSKr = Objektschutzkräfte
• PzPiBtl = Panzerpionierbataillon
• UstgVbd MN KdoOpFü = Unterstützungsverband Multinationales
Kommando Operative Führung
• ZOpKomBw = Zentrum Operative Kommunikation der Bundeswehr
Stand: 22. Oktober 2015
Es geht los
der Einsatz der NATO Response
Force (NRF) in einem multinationalen, strategischen, operativen
und taktischen Umfeld.
Das Großmanöver wird verantwortet durch das NATO Allied
Command Transformation.
General Hans-Lothar Domröse,
Befehlshaber des Joint Force
Command Brunssum (JFCBS),
leitet die Übung.
Zunächst führte Ende September Generalmajor Reinhard Wolski, Kommandeur des Joint Warfare Centre (JWC) in Stavanger als
Officer Directing Exercise (ODE)
den ersten Teil von TRJE15, eine
computergestützte Rahmenübung.
In der vergangenen Woche hat der
zweite Teil begonnen – die Übung
mit Volltruppe zu Land, See und
in der Luft.
Ziel des Großmanövers ist
es, die schnelle NATO-Ein-
Die Lage in Portugal
Landeoperation: Die Amphibienfahrzeuge im Einsatz. Harte Arbeit: Pioniere legen eine Brücke.
36 000 Soldaten üben bei „Trident Juncture 2015“ – dem größten NATO-Manöver seit 2002.
von Harald Kammerbauer
und Patricia Franke
Foto: GABIMAGEM-GABCEMA
Teil 1
Foto: Markus A./ Einsatzkamera Trupp
Einzigartig: Die Gebirgsjäger aus Mittenwald sind mit ihren Maultieren vor Ort (l.). Derweil sichern portugiesische und amerikanische Marines in Portugal (o.).
Grafik: Höffling/RedBw
bundeswehr
Speziell ausgewählt
Lebensretter durch
Stammzellenspende
R
26. Oktober 2015
Das Fallschirmjägerregiment 26 sucht neue Soldaten mit Erweiterter Grundbefähigung.
von Anika Wenzel
Gemeinsam
Lösungen finden
B
Zweibrücken. Die Sonne steht
an diesem Oktobermorgen noch
niedrig, als die rund 80 Soldaten
mit ihren 30 Kilogramm schweren Rucksäcken antreten. Sie
haben ein gemeinsames Ziel: Sie
wollen aufgenommen werden in
den kleinen Kreis der Soldaten
mit „Erweiterter Grundbefähigung“ – kurz EGB. „Grundsätzlich geht es beim Auswahlverfahren darum, die psychische,
physische und vor allem charakterliche Eignung festzustellen
und geeignetes Personal für die
Spezialisierten Kräfte des Heeres zu finden“, erklärt der stellvertretende Kompaniechef Oberleutnant Matthias F.
Sport ist nicht die
größte Hürde
Knapp einhundert Soldaten
wollten sich diesmal für die Ausbildung zum EGB-Soldaten qualifizieren. Einige haben bereits
aufgegeben, nachdem sie festgestellt haben, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein.
Für die Übrigen gilt es, einen
Gepäcklauf, die Hindernisbahn,
Kleiderschwimmen, einen Orientierungsmarsch, eine Durchschlageübung und einen Hallenhindernisparcours zu bestehen.
„Die Wenigsten scheitern an den
sportlichen Leistungen. Das ist
für uns ein Häkchen, um die Leistungsfähigkeit der Soldaten einzuschätzen“, versichert F.
Die viel größere Hürde ist die
Durchschlageübung. Wer es bis
hierhin schafft, hat bereits bewiesen, dass er körperlich topfit ist.
Bw Classix
Filmbeiträge aus sechs Jahrzehnten Bundeswehr - das
sind die Bw Classix. Mal
informierend, mal humorvoll
berichten sie über die damaligen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse.
In dieser Woche: Ein Portrait
des neuen Schützenpanzers
„Marder“, der kleine Bruder
des Kampfpanzer „Leopard“,
aus dem Jahr 1969. Auf dem
Fahrgestell eines Jagdpanzers
ist der „Marder“ das erste Mitglied der neuen Schützenpanzerfamilie.
Den Beitrag „Schützenpanzer Marder“ unter
www.youtube.com/bundeswehr.
Bei der über 30 Stunden dauernden Übung kommt es auf mehr
an. Hier werden die Anwärter
immer wieder an ihre Grenzen
geführt. Ein Truppenpsychologe
begleitet das Verfahren und achtet ständig darauf, dass niemand
seine Gesundheit gefährdet.
Die Belastungen sind sehr
hoch. Um die 70 Kilometer marschieren sie in Gruppen von zehn
bis zwölf Mann. An den Stationen geht es auch um Selbstüberwindung. Abseilen aus großen
Höhen und Schwimmen in kalten
Gewässern. Die Nacht im Freien
ist kurz: „Geschlafen haben wir
maximal drei Stunden“, berichtet
Hauptgefreiter Max P. Es folgen
Eilmarsch, Verwundetentransport und Hindernisbahn. Die Reihen lichten sich. Das merken die
Soldaten vor allem, wenn sie sich
an der 80 Kilogramm schweren
Trage abwechseln wollen. „Wir
hatten zwei Ausfälle. Wir sind
mit elf gestartet, und neun haben
es geschafft“, beschreibt Oberleutnant Thomas K. nach der
Übung. Ihm ist anzusehen, dass
sich Erschöpfung und Stolz die
Waage halten.
„Den Schweinehund
überwinden“
Einige mussten mit Verletzungen aufgeben, doch „die meisten haben es nicht geschafft, den
inneren Schweinehund zu überwinden. Darauf kommt es aber
an. Das wollen wir sehen“, macht
Oberleutnant F. deutlich. Interessenten rät er: „Sie müssen den
Willen mitbringen. Sie müssen
die Herausforderung wollen und
sie müssen Spaß daran haben.
Foto: Stolberg (3)
aktuell
Hoch, kalt und schwer: Beim Abseilen geht es auch um Überwindung (o.), trotz Neoprenanzug kann die Zeit im Wasser lang werden
(mi.) und beim Verwundetentransport müssen alle anfassen (u.).
Das ist der wichtigste Faktor.“
Für die erschöpften Soldaten ist
das Auswahlverfahren noch nicht
vorbei: „Morgen ist noch der Hallenparcours, den muss noch jeder
bestehen“, beschreibt Thomas K.
das Restprogramm.
Am Ende wird nur etwas mehr
als die Hälfte alle Hürden über-
wunden haben. Wer das schafft,
wird am Ausbildungszentrum
Spezielle Operationen in Pfullendorf zum Soldaten mit Erweiterter Grundbefähigung ausgebildet. Er wird dazugehören – zu
jenen, die von sich sagen: Speziell ausgewählt, speziell ausgerüstet, speziell ausgebildet.
„Global Hawk“ im deutschen Luftraum
USA will das unbemannte Luftfahrzeug zur Unterstützung der baltischen Staaten einsetzen.
C a t a n i a . Die European
Reassurance Initiative umfasst
Maßnahmen zur Stärkung der
NATO-Verbündeten und ist ein
sichtbares Zeichen des Engagements in und für Europa und für die
transatlantische Bindung. Dabei
wird die USA durch die Bundesrepublik Deutschland unterstützt.
Das unbemannte US-Luftfahrzeug vom Typ „Global Hawk“
soll auf dem Weg vom italienischen Sigonella Frankreich und
Deutschland in einem eigens dafür
eingerichteten Korridor überqueren, um sein Operationsgebiet über
der Ostsee zu erreichen. Von dort
aus fliegt die Drohne auf derselben Route nach Sigonella zurück.
Die Initiative sieht vor, dass ab
Ende Oktober regelmäßig monat-
Foto: dpa/pa, Archivbild
8
Bald über Deutschland: Eine Drohne vom Typ „Global Hawk“.
lich bis zu fünf dieser Flüge in
über 15 Kilometern Höhe stattfinden, Starts oder Landungen
in Deutschland sind dabei nicht
vorgesehen. So können direkte
Auswirkungen auf den Luftverkehr über Deutschland weitgehend ausgeschlossen werden.
„Global Hawk“ wird pro Überflug circa eineinhalb Stunden im
deutschen Luftraum sein.
Im Vorfeld hat Verteidigungsministerium ressortübergreifend
sowohl technische als auch flugbetriebliche Aspekte geprüft. Die
Flüge werden in einem festgelegten Flugbeschränkungsgebiet
durchgeführt. Der Betrieb eines
unbemannten Luftfahrzeugs ist
dort erlaubt, unabhängig von der
luftrechtlichen Zulassung, die
es besitzt. Es handelt sich dabei
um Einzelfallentscheidungen,
die ausschließlich auf die Nutzung des deutschen Luftraums
fokussieren und aus denen keine
generelle Regelung für eine dauerhafte Nutzung ableitbar ist.
Deshalb ist die Zustimmung
befristet bis Ende Januar 2016.
An Bord der Drohne befinden sich Aufklärungssensoren,
deren Betrieb bei der Erteilung
der Genehmigung strikt untersagt wurde. Den Luftraum freizugeben, zeigt Deutschland nach
Angaben des Ministeriums als
verlässlichen Partner. Die European Reassurance Initiative ist
mit Blick auf den NATO Readiness Action Plan eine ergänzende
Maßnahme der USA gegenüber
den baltischen Staaten. (kha)
26. Oktober 2015
innere Führung / Militärgeschichte
Der Gratwanderer
G
Nicht-Nazi und
Anti-Demokrat
Foto: ullstein
unter dem hakenkreuz: Am 21. März 1933 schreitet anlässlich der eröffnung des
neuen reichstags general Kurt von hammerstein (Mitte) mit reichswehrminister Walter von Blomberg (rechts) und Admiral erich raeder die Front der
reichswehrgarnison ab. hitler ist bereits seit dem 30. Januar reichskanzler.
Weimar liegt
im Sterben
Kurt von Hammerstein-Equord
wurde am 1. November 1930 als
General der Infanterie zum Chef
der Heeresleitung ernannt. Das
war genau zu dem Zeitpunkt,
als der Parlamentarismus in
Deutschland bereits abgedankt
hatte. Seit einem guten halben
Jahr konnte sich Reichskanzler
Heinrich Brüning nicht mehr auf
eine parlamentarische Mehrheit
im Reichstag stützen. Er regierte
Exemplarisch dafür stand General Kurt von Schleicher, von 1929
bis 1932 Chef des Ministeramtes des Reichswehrministeriums. Hammersteins Förderer und
zugleich Meisterintrigant gegen
Reichskanzler Brüning avancierte zunächst zum Reichswehrminister und sollte von Dezember
1932 bis Januar 1933 der letzte
Reichskanzler der Weimarer
Republik werden.
Wo stand in diesem Ränkespiel
Schleichers Kurt von Hammerstein Equord? Jedenfalls nicht
auf Seiten der parlamentarischen
Demokratie zwischen 1919 und
1930. Und er stand in letzter Konsequenz auch nicht auf Seiten
9
eines zur Abwehr der Extreme
von links und rechts entschlossenen Staatswesens.
Vor 85 Jahren: Mit Kurt von Hammerstein-Equord wird ein
erklärter Gegner der Nazis zum Chef der Heeresleitung ernannt.
nur noch mit Rückendeckung des
Reichspräsidenten Paul von Hindenburg qua Notverordnungsrecht. Dieser Zustand währte auf
rechtsstaatlicher Grundlage bis
zu Brünings Entlassung durch
Hindenburg im Mai 1932 an.
Das Militär spielte beim Siechtum und Sterben der Weimarer
Republik eine unrühmliche Rolle.
In der Demokratie von Weimar
niemals richtig angekommen,
tendierte die Führung der Reichswehr immer mehr in Richtung
„verdeckte Militärdiktatur auf
scheinlegaler Basis“. Sie hatte
das Ziel, Hitler im Sinne deutschnationaler antiparlamentarischer
Politik zu instrumentalisieren.
aktuell
eines noch
i m m e r
rechtsstaatlich orientierten Präsidialregimes, welches
Brüning im Vertrauen auf die
Verfassungsloyalität Hindenburgs anstrebte. Die Tragik des
unkonventionell denkenden Militärtechnikers lag darin, zu sehr
seinem Mentor Kurt von Schleicher zu Dankbarkeit verpflichtet gewesen zu sein. Bei aller
Abneigung gegen den Nationalsozialismus erkannte er nicht,
dass Schleichers Kurs genau das
erreichte, was den Nazis in die
Hände spielte: die Zerstörung
Hammerstein stand „zwischen
den Fronten“, gerade weil er kein
Demokrat war. Er ist einzuordnen in die schillernde Kategorie
von Nicht-Nazis und zugleich
Anti-Demokraten, für die der
Historiker Ernst-Otto Schüddekopf die Bezeichnung „Linke
Leute von rechts“ prägte. Bereits
vor der Ernennung zum Chef der
Heeresleitung hatte Hammerstein den Ruf des „Roten Generals“ inne. Er war gegenüber der
Gewerkschaftsbewegung aufgeschlossen und ein Befürworter einer engen waffentechnischen Zusammenarbeit zwischen
Reichswehr und Roter Armee.
Die Bezeichnung „Roter General“ trifft aber auch in anderer
Hinsicht und ohne sein Wissen
zu. Zwei seiner Töchter waren
Angehörige des geheimen Nachrichtendienstes der Kommunistischen Partei. Über sie
gelangte Stalin in Kenntnis der programmatischen Hitler-Rede
vom 3. Februar 1933
vor der Reichswehrgeneralität. Es war die
Rede, die Hammerstein
a
a/p
letztlich dazu bewog, den
dp
o:
Fot
zeitnahen Rücktritt anzustreben. Er erfolgte genau ein Jahr
nach der „Machtergreifung“ der
Nationalsozialisten. Hammersteins Leben repräsentiert mithin eine interessante Gratwanderung, wie das 2008 erschienene
Werk Hans Magnus Enzensbergers, „Hammerstein oder Der
Eigensinn“, belegt.
Autor: Oberstleutnant Dr. Peter
Popp ist Historiker an der Offizierschule der Luftwaffe.
Die ambivalente Lehre des gerechten Krieges
Buch. Der gerechte Krieg: Bellum iustum ist zentrales Thema des Sachbuchs
über die Geschichte der Kriegsführung
von der Antike bis in die Gegenwart. Autor
von „Der Krieg – Gestern - heute - und
wie morgen?“ ist Generalleutnant a. D.
Franz Uhle-Wettler, promovierter Historiker. Die heikle Lehre, die jede Kriegspartei zum Richter in eigener Sache macht,
taucht zuerst in Rom unter Cicero auf.
Das Christentum erhebt die Teilnahme am
Krieg geradezu zur Christenpflicht. Und
auch heute hat sie Konjunktur.
Thomas von Aquin legt im 13. Jahrhundert die Voraussetzungen für die katholisch-christliche Wertung des Krieges fest,
und zwar einen gerechten Kriegsgrund
(causa iusta), eine den Krieg leitende Autorität (potestas legitima) und eine rechtschaffene Absicht (intentio recta).
Diese Grundpfeiler überdauern viele Jahrhunderte
und gelten bis in die heutige Zeit. Erweitert werden die drei Kriterien
durch den Theologen aus
Salamanca, Franciscus de
Vitoria, um einen vierten
Aspekt: „Ein gerechter
Krieg dürfe nicht größere
Leiden verursachen, als er
verhindern soll“, im Zeitalter der Atomwaffen ein
essenzieller Grundsatz.
Reformatoren wie Martin Luther fügen der gefährlichen Lehre
vom gerechten Krieg später eine bedeutsame Neuerung hinzu: Sie lehnen jede
ideologische oder gar religiöse Unterfütterung von Kriegen und damit die Recht-
fertigung als Kreuzzug ab.
Die sachliche Aufklärung im 16./17. Jahrhundert höhlt das Konzept des bellum iustum
aus. Es erstarkt erneut
ab dem 20. Jahrhundert,
mit furchtbaren Waffen. Wehrlose Zivilisten
werden zur Zielscheibe,
massenhafte Vertreibungen finden statt. Das 21.
Jahrhundert prägen neue
Kriegsformen wie asymmetrische und ethnische
Kriege außerhalb staatlicher Strukturen.
Skeptiker fürchten ein Jahrhundert der
Kriege, vor allem neuer Glaubenskriege.
Auch Uhle-Wettler, der in beeindruckender Wissens- und Zitatenfülle einen
weiten historischen Bogen spannt, schreibt
besorgt. Er warnt vor aggressiven Brutalisierungstendenzen einer wieder erwachten Tugendlehre des gerechten Krieges
als Mittel der Politik. Das fundierte Werk
glänzt sprachlich und inhaltlich. Die fesselnde Lektüre endet mit einem Appell:
„Wir sollten also im Frieden die Widersacher und im Kriege die Gegner und ihre
Kultur (...) achten.“
(vie)
Uhle-Wettler, Franz: „Der Krieg – Gestern - heute - und wie morgen?“, 2014,
Ares, 342 Seiten, 24,90 Euro, ISBN: 9783-4980-3419-1
aktuell verlost drei Exemplare des Buchs.
Einfach eine E-Mail mit Betreff „Der
Krieg“ bis zum 1. November senden an
[email protected].
aktuell
sport
Schreiber beendet
Schwimm-Karriere
26. oktober 2015
von Dietmar Kramer
S
­
Zweimal Bronze
für Judoka in Paris
Glasgow. Auf den Reisen zu
seinen wichtigsten Wettkämpfen hat Marcel Nguyen immer
Make-Up dabei: Auch
für die laufenden Kunstturn-Weltmeisterschaften in
Glasgow hat der
Oberstabsgefreite
wieder Schminke
im Gepäck, um ein
Tattoo auf seiner
Brust zu verbergen.
Denn die oft konservativen Kampfrichter drohen schonmal
mit Punktabzügen
wegen schlechten
Eindrucks. „Ein halbes Zehntel“, erklärt
Nguyen seine Vorsicht,
„kann über Gold, Silber,
Bronze oder auch Blech
entscheiden. Ich will bei den
strengen Richtern erst gar kein
Risiko eingehen.“
Foto: imago
Immer wieder
aufstehen
Judo. Hauptgefreiter Igor
Wandtke hat beim Grand Slam
im Judo in Paris die Bronzemedaille gewonnen. In der Klasse
bis 73 Kilogramm setzte er sich
vor mehr als 20 000 Zuschauern
in der Bercy-Arena im Kampf
um Platz drei gegen Roc Draksic aus Slowenien durch. Die entscheidende Aktion gegen den
EM-Dritten gelang ihm nach drei
Minuten Kampfzeit durch einen
Schulterwurf. Bei den Frauen
holte Hauptgefreiter Martyna
Trajdos (Foto) ebenfalls Bronze.
Die 26-Jährige gewann im „kleinen Finale“ gegen die Italienerin
Edwige Gwend in der Verlängerung durch einen Haltegriff. Bei
dem Turnier gingen insgesamt
440 Athleten aus 84 Ländern an
den Start.
(sr)
Squash-Pärchen
siegt in Hamburg
S
Dabei verdeutlicht die Tätowierung seine größte Stärke:
„Schmerz ist vergänglich, Stolz
bleibt ewig“, steht auf Englisch
über seine Brust geschrieben und
erzählt viel von der Haltung des
Sportsoldaten zu seiner täglichen
Schinderei. Der Spruch ist seine
Lebenseinstellung. „Ich musste
mich oft überwinden, immer wieder motivieren, um nach oben zu
kommen“, sagt Nguyen. „Natürlich tut es oft weh, erst recht bei
Stürzen, die auch schon mal auf
dem Boden enden. Aber davon
darf man sich nicht beeindrucken
lassen, man muss immer weitermachen.“
Auch auf dem Weg nach
Schottland ließ sich Nguyen
von seiner Philosophie leiten. Nach einer Kreuzband-Operation vor
einem Jahr und einem
Korrektureingriff zur
Weihnachtszeit hatte
sich der 28-Jährige
wieder weitgehend
in WM-Form
Barren,
Ringe und
Tattoos
Marcel Nguyen und sein
Leben als Kunstturner.
gebracht, ehe den Sportsoldaten
beim Abschlusstrainingslager
in Kienbaum eine schmerzhafte
Kapselverletzung am Finger
bremste. „Es wird schon funktionieren“, gab Nguyen aber umgehend wieder den Kämpfer.
Der Sensations-Olympiazweite
von 2012 im Mehrkampf und am
Barren weiß auch nur zu genau
um seine Bedeutung für das
deutsche Team im Kampf um
die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de
Janeiro. Trotz einer Ikone wie
den früheren Reck-Weltmeister
Fabian Hambüchen wären ohne
den zweimaligen Barren-Europameister, der den komplizierten
Tsukuhara-Sprung als Abgang
von seinem Spezialgerät erfunden hat, die Aussichten auf den
Und zudem auch
eine
einträgliche. Drei
ago
: im
Foto
Edel-Sponsoren werben
inzwischen mit dem etwas extnotwen- rovertierten „Vorturner der
digen Platz Nation“ für ihre Produkte.
unter den besten Acht deut- Nguyen findet sein Auskomlich niedriger. Auf die zweite men „ganz in Ordnung“, wobei
Qualifikationschance bei den er „nicht im Luxus schwelge“.
Pre-Olympics im Frühjahr will
Doch der Modellathlet, der
Nguyen gern verzichten: „Der laut Cheftrainer Andreas Hirsch
ganze Rhythmus ginge wegen alle Vorteile einer „asiatischen
der vorübergehenden Drosselung Leichtbauweise“ habe, zahlt
der Trainingsbelastung verloren. durch seine Erfolge und wohl
Da will Keiner hin.“
mehr noch durch seine Popularität – 275 000 Facebook-Fans
Nicht nur am
sind für einen Turner keine
Selbstverständlichkeit – an seiGerät erfolgreich
nen Sport zurück. „Turnvater
Nach Rio zieht es den Sohn Jahns Zeiten sind vorbei. Was
einer Deutschen und eines Viet- wir in der Halle tun, ist unglaubnamesen dafür umso mehr. Die lich spektakulär und fasziniert.
beiden Silbermedaillen von Lon- Wegen der Sturzgefahr muss
don haben den gebürtigen Münch- man auch Respekt haben, aber
ner heiß auf seine dritte Olym- unsere Kunst ist, alles ganz
pia-Teilnahme gemacht. Die seit leicht aussehen zu lassen“,
den Überraschungserfolgen auf erklärt Nguyen die Herausforder Insel gestiegenen Erwartun- derungen seines Sports.
gen sind für Nguyen auch weniger
Im Idealfall schauen die
Druck als vielmehr eine „unglaub- Kampfrichter dann doch einlich spannende Zeit“.
mal über Brust-Tattoos hinweg.
Medaillen auf der Bahn
Die Bahnradler Domenic Weinstein und Stephanie Pohl überzeugen bei der Europameisterschaft.
Grenchen. „Domenic Weinstein
ist eines der größten Talente, die
wir haben und noch lange nicht
am Ende seiner Entwicklung“,
verkündete Bundestrainer Sven
Meyer kurz vor der Europameisterschaft der Bahnradfahrer im
schweizerischen Grenchen. Und
sein Schützling lieferte. Im Einzelzeitfahren über 4000 Meter
gewann der Hauptgefreite die
Silbermedaille und damit den
Vizeeuropameistertitel.
Der 21-Jährige selbst weiß seinen größten Karriereerfolg einzuschätzen: „Die Silbermedaille ist
für mich ein Riesenschritt“, sagte
der Soldat der Sportfördergruppe
Frankfurt/Oder, der seit Kurzem
auch neuer deutscher Rekordhalter über 4000 Meter ist. Einzig
Foto: imago
10
Großes Ziel vor Augen: Durch die Silbermedaille sind Domenic
Weinsteins Chancen für eine Olympia-Teilnahme in Rio gestiegen.
gegen den Lokalmatadoren und
Topfavoriten Stefan Küng war
am Ende kein Kraut gewachsen,
obwohl Weinstein das Rennen
lange offen halten konnte. „Ich
hatte gehofft, dass er ein bisschen
langsamer ist, aber ein zweiter
Platz kann sich schon sehen lassen“, so sein Fazit.
Ebenfalls mit einer Europameisterschafts-Medaille kehrt
Stabsunteroffizier (FA) Stephanie Pohl aus der Schweiz zurück.
Im Punktefahren musste sich
die Titelverteidigerin nur Katarzyna Pawlowska aus Polen und
Elise Delzenne aus Frankreich
geschlagen geben und holte damit
Bronze.
“Am Anfang lief es gut. Aber
dann habe ich schnell gemerkt,
dass es ganz schön schwer
wurde“, sagte Pohl. Das Weltmeistertrikot zu gewinnen, sei
schwer. Aber mit dem Weltmeistertrikot Rennen zu fahren, doppelt so schwer.“
(sr)
26. Oktober 2015
SOzialeS / PerSOnal
Praxistest Attraktivität
Erste Erfolge
messbar
Zum ersten Mal tauschten
Standortälteste, Dienststellenverantwortliche und Experten
ihre Erfahrungen mit der Agenda
„Bundeswehr in Führung – Aktiv.
Attraktiv. Anders.“ aus. Deutlich
mehr als die Hälfte der geplanten Maßnahmen wurde bislang
umgesetzt. „Es ist ein langer
Weg, den wir vor eineinhalb Jahren eingeschlagen haben. Aber
wir wollen einer der attraktivsten Arbeitgeber werden. Gerade
jetzt. Bei wachsenden Herausforderungen für die Bundeswehr, für
die wir dringend Menschen brauchen, die motiviert und talentiert
sind“, betonte die Ministerin. Die
ersten Erfolge sind bereits mess-
Foto: Schmidt/Bundeswehr
von Ute Birgit Kindler
Erfahrungsaustausch in Berlin: Rund 500 Teilnehmer diskutierten über die Attraktivitäts-Agenda.
bar: Seit November 2014 ging
die Zahl der Wochenendpendler bei den Streitkräften um rund
5000 zurück. Die Zahlen für den
freiwilligen Wehrdienst sind mit
gut 11 000 Bewerbern so hoch
wie noch nie seit dem Aussetzen
der Wehrpflicht. Ursula von der
Leyen hob dabei besonders den
überproportionalen Anstieg bei
den Offizieranwärterinnen hervor. Der liegt aktuell bei 17 Prozent. „Und es geht jetzt erst richtig los mit der Agenda“, betonte
die Ministerin, „aber wir müssen das Tempo halten, die Hindernisse im Blick haben und
den Veränderungsprozess mit
den Erfahrungen aus den ersten
Schritten ständig überprüfen.“
Das passierte dann auch in
neun Panels. Uniformierte,
Experten und zivile Mitarbeiter
arbeiteten einen Tag lang daran,
wie Betreuungslücken geschlossen werden können, an einem
ganzheitlichen Unterbringungskonzept für 55 000 Dienststuben
oder was aus den Erfahrungen
der bisherigen elf Erprobungsdienststellen mit Betrieblichem
Gesundheitsmanagement gelernt
werden kann.
Dringliches Projekt:
Digitalisierung
Trotz der vielen erreichten
Erfolge wurden in der hochrangig besetzten Podiumsdiskussion auch kritische Anmerkungen laut. „Deutschland hinkt
zehn Jahre hinter der westeuropäischen Entwicklung hinterher.
Und die Bundeswehr hat noch ein
I-Tüpfelchen draufgesetzt“, so
Thomas Sattelberger, der erfolgreiche Modernisierer der Arbeitsstrukturen von Lufthansa, Telekom & Co. Frank-Jürgen Weise,
Vorstand der Bundesagentur für
Arbeit, fügte hinzu: “Die Bundeswehr braucht Führungskräfte,
die innovativ und zukunftsweisend arbeiten. Junge Leute wollen sich entfalten und entwi-
11
„Mach, was
wirklich zählt.“
Standortälteste diskutierten mit Bundesministerin Ursula von der Leyen über erste Erfahrungen.
Berlin. Die Kaserne als eine
Art lebenswerte kleine Stadt mit
Läden, Waschsalon und modernen Unterkünften. Ein bundesweites betriebliches Gesundheitsmanagement, das die Fitness und
Gesundheit der Mitarbeiter steigert und den Krankenstand senkt.
Eine optimale digitale Vernetzung aller Bundeswehr-Standorte. Dazu flexibles und mobiles
Arbeiten. Alles Zukunftsphantasien? Beim Tag der Standorte,
zu dem Bundesministerin Ursula
von der Leyen nach Berlin eingeladen hatte, wurden diese modernen Arbeitsbedingungen als
erstrebenswertes Ziel skizziert.
Zumindest in den vielen Diskussionsgruppen und im Plenum mit
rund 500 Teilnehmern.
aktuell
ckeln.“ Als dringliches Projekt
bezeichnete die Ministerin die
Digitalisierung. „ Wir haben eine
weit unterentwickelte IT-Struktur, die nahezu mittelalterlich ist.
Im Zeitalter des Web 4.0 schreiben zum Beispiel Truppenärzte
noch Berichte auf Kohlepapier.
Da besteht dringender Handlungsbedarf.“
Die Ergebnisse aus den
Arbeitsgruppen, die Anregungen aus den Standorten und die
Impulse aus den Diskussionen
sollen jetzt in die Weiterentwicklung der Agenda Attraktivität einfließen. „Es war ein erfolgreicher Tag. Wir haben ein Gefühl
bekommen, wie die Agenda
in den Standorten angenommen wird. Heute gab es wichtige Impulse für die zukünftige
Arbeit. Das müssen wir jetzt
umsetzen“, fasste Oberst Olaf
Rohde, Sekretär Steuerungsboard
Attraktivität im Bundesministerium der Verteidigung, den Tag
der Standorte zusammen.
Berlin. Auf dem Tag der Standorte, zum dem sich mehr als 500
Standortälteste und Leiter von
zivilen Dienststellen der Bundeswehr zum Austausch in Berlin getroffen haben, ist erstmals
auch die neue Arbeitgeberkampagne vorgestellt worden. Mit der
Kampagne möchte die Bundeswehr ihren Personalbedarf, der
nach wie vor in einigen Bereichen – beispielsweise in der IT
oder Technik – besteht, verringern. Mehr als 4000 verschiedene Tätigkeiten gibt es bei den
Streitkräften. Dazu gehören
unter anderen militärische oder
zivile, technische, handwerkliche, juristische, medizinische,
verwaltungs- oder auch geisteswissenschaftliche Berufe. Die
neue Kampagne wird die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten hervorheben, die der Dienst
und die Berufe bieten. „Die Bundeswehr gibt jungen Menschen
die Möglichkeit, sich für unsere
Gesellschaft stark zu machen und
dadurch selber stärker zu werden“, sagt die Verteidigungsministerin über das Versprechen
des Arbeitgebers Bundeswehr.
Bei diversen Studiengängen hat
die Bundeswehr in der Kernzielgruppe der 17- bis 35-Jährigen bereits ein sehr gutes Image
und gilt als sicherer Arbeitgeber
mit guten Versorgungsleistungen. Unter dem Motto „Mach,
was wirklich zählt“ gibt die Kampagne teils provokante Denkanstöße, um so die Bundeswehr
als attraktiven und zuverlässigen Arbeitgeber in die Diskussion zu bringen.
(dok)
Einander verstehen
Foto: Bundeswehr
Stabsgefreiter Balin Akbar Hamid bricht in Lübeck das Eis zwischen Soldaten und Flüchtlingen.
Stadum. Beim ersten Besuch
im Auffanglager auf der Lübecker Volksfestwiese schreckten
die Flüchtlinge vor Balin Akbar
Hamid und seinen Kameraden
zurück. Dabei sind die Soldaten vom Bataillon Elektronische
Kampfführung 911 in Stadum
als „Helfende Hände“ zu ihnen
gekommen, um Essen und Kleidung zu verteilen und Wohncontainer mit Mobiliar auszustatten. Dem Stabsgefreiten wird
schnell klar, woher die Zurückhaltung der Flüchtlinge kommt:
„Die Leute hatten in ihrer Heimat schlechte Erfahrungen mit
Uniformierten gemacht.“ Hamid
jedoch gelingt es, das Eis zu brechen. Seine Familie stammt aus
dem Nordirak und ist selbst
vor den Häschern des damaligen Diktators Saddam Hussein
nach Deutschland geflohen. In
Flensburg haben sich die Familie und Hamid schnell eingelebt.
Der heute 26-Jährige besucht die
Schule, macht seinen Haupt-,
später seinen Realschulab-
schluss. 2012 erhält er die deutsche Staatsbürgerschaft. Noch im
selben Jahr tritt er seinen Dienst
in der Bundeswehr an. Hamid
spricht mehrere Sprachen: Arabisch, Kurdisch, Englisch und
Deutsch. Seine Sprachkenntnisse
setzt er für die Flüchtlinge ein
und kann sie davon überzeugen,
dass deutsche Soldaten ihnen helfen, ja hier nicht einmal Waffen tragen. Schnell wird er der
Ansprechpartner und Sprachmittler. Die Menschen im Auffanglager erzählen ihm ihre Geschichten, die er gut nach vollziehen
kann. Zurzeit erwirbt er in der
Zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung (ZAW) Qualifikationen, die ihn auch bei der Bundeswehr voranbringen sollen: „Ziel
ist das Fachabitur.“
(bah)
Was ist Ihr höchstes Gut?
Meine Gesundheit.
Was wäre Ihre berufliche Alternative?
Wenn, dann wäre ich gern Übersetzer.
Was können Sie besonders gut kochen?
Ich kann gut grillen. Das heißt, dass ich im Winter am Verhungern bin.
Welche lebende Person bewundern Sie am meisten?
Den Fregattenkapitän Timo Cordes. Er ist der stellvertretende Kommandeur des ersten Ubootgeschwaders.
Was können Sie überhaupt nicht leiden?
Wenn jemand versucht, mich von meinem Zuhause in Flensburg
fern zu halten.
Welche Musik hören Sie besonders gern?
Vor allem deutsche Musik, zum Beispiel von Avid.
Was ist Ihr Hauptcharakterzug?
Ich bringe überall Menschen zusammen.
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aktuell
VERMISCHTES
26. Oktober 2015
Malzeit
Symphonien: Brahms
voller Schönklang
Malbücher für Erwachsene sind voll im Trend. Ausmalen entspannt und soll gegen Stress helfen.
von Philipp Ahlers
Jansons, Mariss: Brahms, Die
Symphonien, 3 CDs, 90 Minuten, BR-Klassik, 29.95 Euro
015
42/2
rem auch Mandalas gezeichnet.
Die indischen und tibetischen
Mandalas sind als zeichnerische
Meditations-Objekte weit verbreitet. Ihre Symbolik soll direkt
auf das Unbewusste zielen.
Farben und Formen sollen
unsere
Psy-
Pf
ae
n
Yoga, Meditation und Gartenarbeit sind mehr als eine
reine Modeerscheinung. Im
digitalen Zeitalter, in dem man
sich lieber schnell mit Emojis
ausdrückt als mit schnödem Text,
suchen junge Leute nach Entspannung. Einfach mal abschalten. Plötzlich werden wieder
Socken und Schals gestrickt.
Hobby-Imker halten sich Bienen auf dem Großstadtbalkon.
Der Trend geht zur bewussten
Entdigitalisierung: Analog ist das
neue Bio.
de
r/R
ed
Bw
Therapeutische
Wirkung
k:
Klassik. Eigentlich war
der deutsche Komponist und Pianist Johannes Brahms tief verunsichert,
hörte er doch den „Riesen (Beethoven) hinter sich marschieren“.
Er glaubte, nie eine Sinfonie zu
komponieren. Zwischen 1876
und 1885 wurden es dann ganze
vier. Der Dirigent Mariss Jansons hat sich mit dem Symphonieorchester des Bayerischen
Rundfunks dieser Brahms’schen
Werke zugewandt. Nun sind die
Aufnahmen erstmals in einer
Box erschienen. Bei Jansons
entfalten die klassische Erste,
als Beethovens „zehnte Sinfonie“ bewundert, die strahlende
Zweite, die eigensinnige Dritte
und die zupackende Vierte ihre
ganze Schönheit. Großer Sanftmut und Farbenpracht prägen die
Interpretationen, bei denen es
aber nicht an die Grenzen geht.
Das macht die Aufnahmen so
besonders und unbedingt hörenswert.
(am)
Berlin. Ein langatmiges Telefonat oder eine gähnend langweilige Unterrichtstunde, und
schon ist bei den meisten von
uns der Block mit symmetrischen Figuren bekritzelt. Feinsäuberlich. Wer kennt das nicht?
Bereits in der Kindheit hat fast
jeder schon ein Malbuch koloriert. Heute sind sie weiterhin
voll im Trend und verkaufen sich
millionenfach. Allerdings nicht
nur für Kinder. Auch Erwachsene greifen wieder zum Stift,
genau genommen zum Bundstift – weil‘s entspannt.
Ausmalen „entspannt, lenkt
ab, aber zugleich hilft es sich zu
fokussieren – man erdet sich“,
erklärt Oberstarzt Gerd-Dieter Willmund. Es könne helfen,
den Alltag einzuordnen
und somit Stress
abzubauen,
erklärt
der
Psychologe
vom Bundeswehrkrankenhaus Berlin. „Solche einfachen
Tätigkeiten helfen, die Gedanken zu strukturieren.“ So werden
in der Ergotherapie unter ande-
a
Gr
che ansprechen und stimulieren. Mandalas
können sowohl abs-
fi
trakte Formen, Ornamente sowie
Darstellungen von Tieren oder
religiösen Symbolen sein oder
esoterische und psychologische
Motive.
Stark
nachgefragt
Auch der Buchhandel bestätigt den neuen Trend. Malbücher für Erwachsene werden
sowohl in Buchhandlungen als
auch im Internet „stark nachgefragt“, erklärt eine große
deutsche Buchhandlung auf
Anfrage. Das Angebot reicht
von Mandalas über Naturbilder und Tattoo-Entwürfe bis
hin zu Stars und Sternchen.
Selbst die großen Werke von
Künstlern wie Rembrandt oder
Rubens werden von Erwachsenen als beliebte Motive gewählt.
Das neue Malen nach Zahlen
macht es möglich. Für fast jeden
Geschmack findet sich also ein
passendes Motiv.
Derweil toben auf Blogs und in
Internetforen angeregte Diskussionen über die Wahl der richtigen
Werkzeuge. Buntstifte, Gelstifte
oder gar Filzstifte. Alles ist
erlaubt. Nur akribisches Kolorieren ist Pflicht. Und Konzentration. Hauptsache
nicht übermalen.
SUDOKU
Vi
el G
Senden Sie die vier Lösungszahlen,
lück
die sich aus den farbigen Feldern
!
ergeben, per E-Mail mit dem Betreff
“Sudoku 42/2015” und Ihrer Postanschrift an:
[email protected]
Einsendeschluss:
Sonntag dieser Woche
Der Gewinn:
Ein mobiler Bluetooth-Lautsprecher Creative D100
Lösung der Ausgabe 40/2015:
3 8 2 7
Gewonnen hat:
Katrin Ferch
Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen.
Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt.
Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.