Der gestörte Nachbar

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Der gestörte Nachbar
11. Pantaenius Immobilientagung 17.11.2011
Empire Riverside Hotel Hamburg
Der gestörte Nachbar –
Überbau und andere Beeinträchtigungen
fremder Grundstücke
Rechtsanwalt Christopher Nierhaus
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
S. 1
S. 2
Überbau mit Wärmedämmung
Der Eigentümer E stellte eines Tages fest, dass seine Nachbarin N
begonnen hatte, auf der Außenwand ihres unmittelbar an der Grenze
stehenden Gebäudes entlang einer Grundstücksdurchfahrt eine 15 cm
starke Dämmung aufzubringen. Diese sollte im vorderen Bereich in einer
Höhe von 3 m beginnen und im hinteren Bereich wegen der ansteigenden
Durchfahrt in einer Höhe von 2,20 m oberhalb des Bodens enden und
würde dessen Durchfahrt einengen. Der E widersprach der Aufbringung
der Dämmung. Trotzdem setzte N die Arbeiten fort. Der E forderte die N
erfolglos unter Fristsetzung und Androhung gerichtlicher Schritte zur
Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Da die Arbeiten nicht eingestellt
wurden, beantragt E den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
OLG Karlsruhe v. 9.12.2009, 6 U 121/09, IMR 2010, 158
S. 3
§ 903 BGB Befugnisse des Eigentümers
Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte
Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und
andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres
hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum
Schutz der Tiere zu beachten.
§ 905 BGB Begrenzung des Eigentums
Das Recht des Eigentümers eines Grundstücks erstreckt sich auf den
Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche.
Der Eigentümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher
Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung
kein Interesse hat.
S. 4
§ 1004 BGB Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder
Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von
dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind
weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf
Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung
verpflichtet ist.
Anspruchsgrundlage für die Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche
bei Eigentumsverletzungen ergeben sich aus §§ 1004 Abs. 1, 903
BGB, es sei denn der Nachbar muss die Beeinträchtigungen dulden.
Denkbar sind auch verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche aus
§§ 823 ff. BGB
S. 5
§ 912 BGB Überbau; Duldungspflicht
(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines
Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe
Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu
dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der
Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.
(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe
der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.
§ 912 BGB führt also nur dann zu einem Duldungsanspruch, wenn
1. der Überbau weder vorsätzlich noch grob fahrlässig erfolgte und
2. der Nachbar nicht vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung
widersprochen hat.
S. 6
Duldungspflicht aus § 912 BGB?
Ist einem Grundstückseigentümer bewusst, dass er im Bereich der
Grundstücksgrenze baut, handelt er grob fahrlässig, wenn er sich vor der
Bauausführung nicht vergewissert, dass der für die Bebauung
vorgesehene Grund ihm gehört bzw. während der Bauausführung nicht
darauf achtet, dass die Grenzen seines Grundstückes nicht überschritten
werden.
(BGH Urt. V. 19.9.2008 – V ZR 152/07, WuM 2008, 675)
Der Widerspruch muss vor oder nach objektiv erkennbarer
Grenzüberschreitung so rechtzeitig erhoben werden, dass die Beseitigung
des Überbaus ohne erhebliche Zerstörung möglich ist.
(BGH Urt. V. 14.7.1972 – V ZR 147/70, NJW 1972, 1183)
S. 7
Spezialgesetze der Bundesländer
In den meisten Bundesländern bestehen gesetzliche Regelungen zu den
Grenzwänden und/ oder den Folgen von Überbauten und sogar speziell
zur Duldung von Wärmedämmung (§ 23a NRW-NachbarschaftsG; § 24a
AGBGB (HB); § 16a Berliner NachbarschG)
In Hamburg fehlen dazu gesetzliche Regelungen; es muss auf das
BGB zurückgegriffen werden.
§ 74 Abs. 1 HBauO regelt nur die Inanspruchnahme zu Bautätigkeiten,
nicht einen dauerhaften Grenzüberbau.
S. 8
Nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis (§ 242 BGB)
„Der Beklagte ist ohne gesetzliche Regelung nicht verpflichtet, seinen
Anspruch auf Unterlassung der Beeinträchtigung seines Eigentums an
dem Grundstück (§ 1004 Abs. 1 BGB) zugunsten der Allgemeinheit
aufzuopfern. Die von dem Berufungsgericht in § 559 BGB gesehene
Anerkennung des Zwecks der Energieeinsparung durch den Gesetzgeber
hilft darüber nicht hinweg.“ (BGH, Urt. v. 11.4.2008 – V ZR 158/07, NJW
2008, 2032)
„Zwar käme eine solche (Duldungs-)Verpflichtung in Betracht, wenn es
dem Beklagten nicht oder nur mit unvertretbar hohem Aufwand möglich
wäre, sein durch die Wärmedämmung erhöhtes Dach ohne Überbauung
des Nachbardachs fachgerecht abzuschließen und wenn für den Kläger
von einer solchen Überbauung keine Beeinträchtigungen tatsächlicher Art
ausgingen.“ (BGH Urt. v. 19.9.2008 – V ZR 152/07, BauR 2009, 101)
S. 9
Unzumutbarkeit u. Verwirkung der Beseitigung
Die in § 275 Abs. 2 BGB bestimmte Einrede der Unzumutbarkeit kann
auch gegen einen Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB
erhoben werden.
(BGH, Urt. V. 30.5.2008 – V ZR 184/07, NJW 2008, 968;
OLG Koblenz, Urteil vom 09.04.2010 - 8 U 802/09, IMR 2010, 1136)
Wenn eine Wärmedämmung geringfügig auf das Nachbargrundstück
aufgebracht wird, was die Nachbarn wissen, aber im Anschluss 15 Jahre
unwidersprochen hinnehmen, so darf sich der Verpflichtete darauf
einrichten, dass der Überbau nicht mehr beanstandet wird.
(LG Mainz, Urteil vom 25.06.2007 – 9 O 169/04, IMR 2007, 1136)
S. 10
Nachbarschaftsvereinbarung
Durch eine Nachbarschaftsvereinbarung wird eine rechtsgeschäftliche
Duldungspflicht gem. § 1004 Abs. 2 BGB begründet.
Wenn diese Vereinbarung nicht grundbuchlich gesichert wird, bindet sie
allerdings nur die Vertragsparteien und ihre Gesamtrechtsnachfolger
(Erben, Unternehmenserwerber), nicht deren Sonderrechtsnachfolger im
Falle des Verkaufs des Grundstücks.
Der Überbau bleibt aber im Sinne von § 912 Abs. 1 BGB entschuldigt,
denn infolge der Zustimmung des Voreigentümers ist der Überbau weder
vorsätzlich noch grob fahrlässig errichtet worden und der neue Eigentümer
konnte dem Bauvorhaben nicht mehr widersprechen. Es entsteht dann
aber ein gesetzlicher Anspruch auf Überbaurente. (BGH NJW 1983, 1112).
S. 11
S. 12
Nachbar baut, Mieter mindert. Wer zahlt?
Während der Errichtung eines Einkaufszentrums fühlt sich der Mieter einer
Wohnung auf dem gegenüberliegenden Grundstück durch Baulärm
erheblich gestört. Er mindert die Miete 20 Monate lang um 20 %. Die auf
den Mietrückstand gerichtete Zahlungsklage des Vermieters
(Wohnungseigentümer) wurde abgewiesen. Nunmehr verlangt der
Vermieter vom Nachbarn, auf dessen Grundstück das Einkaufszentrum
errichtet wurde Erstattung der Mietverluste. Er fühlt sich sicher, weil er
dem Nachbarn im Mietprozess den Streit verkündet hatte.
LG Hamburg, Urt. v. 3.12.1998 – 327 S 97/98, NZM 1999, 169
.
S. 13
§ 906 BGB Zuführung unwägbarer Stoffe
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen,
Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen
und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende
Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die
Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich
beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel
vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten
Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten
und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt
für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den
Stand der Technik wiedergeben.
(…)
S. 14
§ 906 BGB
(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch
eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt
wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die
Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer
hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des
anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld
verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines
Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus
beeinträchtigt.
(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.
S. 15
Struktur des § 906 BGB:
1. Unwägbare Stoffe
2. Duldungspflicht des Nachbarn, wenn
a) Keine oder unwesentliche Beeinträchtigung
b) Zwar wesentliche Beeinträchtigung
(1) aber durch ortsübliche Benutzung des anderen (störenden)
Grundstücks verursacht
(2) und nicht durch zumutbare Maßnahmen (des Störers) zu
verhindern
3. Bei Pflicht zur Duldung wesentlicher Beeinträchtigungen besteht
Anspruch auf Ausgleich in Geld, wenn
a) eine ortsübliche Benutzung oder der Ertrag des gestörten
Grundstücks
b) unzumutbar beeinträchtigt sind
S. 16
Beeinträchtigung „wesentlich“?
Ist das Grundstück in seiner durch Natur, Gestaltung und
Zweckbestimmung geprägten konkreten Beschaffenheit mehr als
unerheblich beeinträchtigt? Maßgeblich ist das Empfinden eines
verständigen Durchschnittsbenutzers (BGH NJW 1999, 356).
Geräusch- o. Geruchseinwirkung ist erst dann unwesentlich, wenn ein
durchschnittlicher Mensch sie kaum noch empfindet (BGH NJW 1982,
440).
Dem Betroffenen sind i.d.R keine Schutzmaßnahmen zumutbar (z.B.
Schlafzimmerverlegung), damit die Beeinträchtigung unwesentlich ist
(BGH NJW 1990, 2465/2467); Hat Beeinträchtigter seinerseits aber
Schallschutzvorschriften nicht eingehalten, so ist eine Beeinträchtigung als
unwesentlich anzusehen, wenn sie es bei Einhaltung der
Schallschutzvorschriften wäre (BGH NJW 2008, 1810).
S. 17
Störende Nutzung „ortsüblich“?
Im Vergleichsbezirk müssen mehrere Grundstücke mit nach Art und
Umfang annähernd gleich beeinträchtigender Wirkung auf ein anderes
Grundstück wiederholt benutzt werden (BGH NJW 1993, 925, 930).
Die mit zeitweise erhöhten Einwirkungen verbundenen gewöhnlichen
Herstellungs-, Erhaltungs-, Umgestaltungs- oder Abbruchmaßnahmen sind
ortsüblich, wenn das Halten der Anlage ortsüblich ist (BGH NJW 1972,
289).
Bauarbeiten sind ortsüblich, wenn das Grundstück als Baugrundstück
ausgewiesen ist und eine Baugenehmigung erteilt wurde (LG Hamburg,
NZM 1999, 169; BayObLG NJW 1987, 1950, 1952)
S. 18
Ausgleichsanspruch gem. § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB
Voraussetzungen des Anspruchs ist, dass die § 906 Abs. 1, Abs. 2 S. 1
BGB hinzunehmende Einwirkung eine ortsübliche Benutzung oder den
Ertrag des gestörten Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt. Ersetzt wird
nur der unzumutbare Teil der Beeinträchtigung (BGH BauR 1988, 755;
NJW 1984, 1876; LG Hamburg, NZM 1999, 169)
Nicht jede wesentliche Beeinträchtigung i.S.v. § 906 Abs. 1 BGB ist auch
schon unzumutbar. Die Zumutbarkeitsgrenze wird überschritten, wenn das
Mietgrundstück/ die vermietete Eigentumswohnung nicht wirtschaftlich
betrieben werden kann. Das zumutbare Maß der Ertragsverluste ist bei
einer Mietminderung von 6% erreicht. Mindert der Mieter 20% der Miete,
sind also nur 14% erstattungsfähig. Es besteht kein Anspruch auf
Prozesskosten des Nachbarn gegen seinen Mieter, da diese Kosten nicht
aus der Beeinträchtigung folgen (LG Hamburg, NZM 1999, 169)
S. 19
Kritik an der „6%-Rechtsprechung“ des LG HH
Das LG stellt auf die „gerichtsbekannte“ durchschnittliche Nettorendite
von 6 % bei der Vermietung von Wohnungen in Hamburg ab.
Was gilt, wenn nur einige Mieter eines MFH mindern? Sind dann schon
6 % in den jeweiligen Mietverhältnissen unzumutbar oder nur, wenn die
Minderungsbeträge zusammen 6% der Gesamtmieten des Objekts
ausmachen?
Sind 6% Minderung auch 6% Rendite? Beispiel:
Kaufpreis der Immobilie: € 1 Mio; Mieteinnahme p.a. 60.000,00 = 6 %
des Kaufpreises; Minderung 6% = € 3.600,00, d.h. 0,36 % des
Kaufpreises.
Müssen nicht stattdessen ortsübliche Minderungsbeträge (20-30 %) noch
als zumutbar angesehen werden?
S. 20
Verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher
Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 BGB
Gehen von einem Grundstück
Beeinträchtigungen i.S. v. § 906 oder Grobimmissionen aus, die
grundsätzlich nach §§ 862, 907 ff., 1004 abwehrbar sind (auch
ortsunübliche),
an deren Abwehr der Betroffene aber aus besonderen rechtlichen oder
tatsächlichen Gründen gehindert ist,
so besteht ein aus dem Rechtsgedanken der §§ 904 S. 2, 906 Abs. 2 BGB
§ 14 S. 2 BImschG abgeleiteter verschuldensunabhängiger
nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch (bürgerrechtlicher
Aufopferungsanspruch), BGH NJW 2004, 3701
Der Anspruch kann auch vom Besitzer (Mieter) des Grundstücks geltend
gemacht werden (BGH, Urt. v. 23.2.2001 – V ZR 389/99, BauR 2001,
1587)
S. 21
Verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher
Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 BGB
Hinderungsgrund kann rechtlicher oder tatsächlicher Art sein, z.B.




rechtzeitige Geltendmachung unmöglich BGH NJW 2003, 2377
rechtzeitige Geltendmachung nicht veranlasst, BGH NJW 1983, 872
schädliche Auswirkungen nicht erkennbar, BGH NJW 1999, 1029
Geltendmachung würde Störungsbeseitigung nicht beschleunigen,
BGH NJW 1995, 714
S. 22
Unwägbare Stoffe
Keine/ unwesentliche
Beeinträchtigung
Wesentliche Beeinträchtigung
a) durch ortsübliche Benutzung und
b) Beseitigung für Störer unzumutbar?
ja
Nachbar muss dulden
Nachbar muss dulden
Ortsübliche Benutzung/ Ertrag
unzumutbar beeinträchtigt?
Keine
Geldentschädigung
Entschädigung in Geld
nein
Beseitigungsanspruch
Anspruch nicht
durchsetzbar?
Entschädigung in Geld
S. 23
S. 24
Verjährung des Beseitigungsanspruchs
Die Klägerin ist seit 1986 Eigentümerin eines bebauten Grundstücks,
welches an eine Straße mit erheblichem Gefälle angrenzt. Die Straße wird
seit 1986 oder 1987 durch eine von dem beklagten Nachbareigentümer
errichtete Mauer abgestützt. Diese ist mit einer Deckenplatte, die über das
Grundstück der Klägerin verläuft, mit deren Wohngebäude verbunden. Die
Klägerin duldet dies, erfährt aber viele Jahre später, dass durch die
Deckenplatte erhebliche statische Kräfte auf ihr Haus geleitet werden, was
dort zu Rissen und weiteren Schäden führt. Sie verlangt nunmehr von dem
Beklagten die Beseitigung der auf ihrem Grundstück befindlichen
Deckenplatte. Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
BGH Urteil vom 28.01.2011 – V ZR 141/10 (IMR 2011, 204)
S. 25
§ 195 BGB Regelmäßige Verjährungsfrist
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
§ 902 BGB Unverjährbarkeit eingetragener Rechte
(1) Die Ansprüche aus eingetragenen Rechten unterliegen nicht der
Verjährung. Dies gilt nicht für Ansprüche, die auf Rückstände
wiederkehrender Leistungen oder auf Schadensersatz gerichtet sind.
S. 26
BGH, Urteil vom 28.01.2011 – V ZR 141/10
1. § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB findet auf den Beseitigungsanspruch
wegen einer Störung in der Ausübung des
Grundstückseigentums keine Anwendung.
Begründung:
Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Anwendung oder Nichtanwendung der
Vorschrift des § 902 Abs. 1 S. 1 BGB ist deren Zweck, den Bestand der im
Grundbuch eingetragenen Rechte dauerhaft zu sichern. Unverjährbar sind
insoweit nur Ansprüche, die der Verwirklichung des eingetragenen Rechts
selbst dienen. Bei bloßen Störungen in der Ausübung des Rechts steht der
Schutzzweck des § 902 BGB der Möglichkeit der Verjährung eines auf
Beseitigung der Störung gerichteten Anspruchs nicht entgegen.
S. 27
BGH, Urteil vom 28.01.2011 – V ZR 141/10
2. Auch nach der Verjährung des Anspruchs aus § 1004 BGB bleibt der
vom Störer geschaffene Zustand rechtswidrig; er kann vom
Gestörten daher auf eigene Kosten beseitigt werden.
Begründung:
Der vom Störer geschaffene Zustand bleibt auch nach der Verjährung des
Anspruchs aus § 1004 BGB rechtswidrig und muss daher vom Grundstückseigentümer nicht geduldet werden. Vielmehr kann die Quelle der Störung, die
sich auf dem Grundstück des gestörten Eigentümers befindet, von diesem im
Rahmen seiner aus § 903 BGB folgenden Rechtsmacht beseitigt werden.
Wegen der damit verbundenen Folgen für die Statik der Stützmauer bedarf
diese Selbstvornahme aber einer vorherigen Ankündigung. So besteht für den
Beklagten zumindest die Möglichkeit, für eine neue, das Eigentum der
Klägerin nicht beeinträchtigende Abstützung der Straße zu sorgen
S. 28
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
S. 29