In NIkkI Beach sind alle Menschen gleich. Gleich
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In NIkkI Beach sind alle Menschen gleich. Gleich
In Nikki Beach sind alle Menschen gleich. Gleich protzig, gleich rotzig, gleich besoffen von sich – und von Wein, Weib und Gegröle. Ob in Miami, Marbella, New York oder SaintTropez: Wer einmal in diesem Club war, will immer wieder hin oder: nie mehr One-NightText Felix Hutt Fotos Edzard Piltz 82 Foto: jim rakete/photoselection Trand 9 800 Euro kostet die teuerste flasche Champagner: Ja, da muss man sich doch einfach hinlegen 83 Was Geld alles anrichten kann, wenn es die falschen Leute ausgeben Jürgen Drews würde nicht auffallen: Go-go-Girls in der vom Club gestellten Arbeitskleidung feiern wie die promis – und sollten die mal wieder doch nicht auftauchen, wird allein gefeiert 84 Wer möchte da nicht mäuschen sein: Britische Rapper lassen Muskeln und neueste Handyklingeltöne spielen Die Nasen, die Brüste, die Stimmung – alles wird in Nikki Beach künstlich hochgepusht 85 Nikki Beach ist anders: Debra zum Beispiel, die schwarze Schönheit hier, war früher ein Mann. Nun, die Haltung stimmt ja noch 86 87 Was geht? Liliya und Valentina auf der Suche nach „rrriiiich men“; Topmodel Devon Aoki beim Interview; die schwangere Eva Herzigova wartet auf einen Bodyguard, und die Nikki-Beach-Betreiber Jack Penrod und Eric Omores sind froh, dass sie nicht mitfeiern müssen 88 Angefangen hat alles an einer Fritteuse, da war Jack Penrod 18 Jahre alt und arbeitete für eine berühmte Hamburger-Kette. Mit 30 gehörten ihm 16 Filialen in Südflorida. Der Sohn irischer Einwanderer erkannte früh das Phänomen „Spring Break“, zu dem jedes Jahr die Studenten der Ostküsten-Universitäten nach Florida kommen, investierte in Beachclubs in Fort Lauder dale und Daytona Beach. Vor elf Jahren traf er auf Eric Omores, einen Franzosen, der als Promoter für den Club Med arbeitete. Penrod verschmolz seine Franchisekenntnisse mit der Nightlife-Expertise von Omores und eröffnete 1997 in South Beach Nikki Beach, benannt nach seiner Tochter Nicole, die kurz zuvor bei einem Autounfall gestorben war. Eine Gruppe Londoner Möchtegernrapper bevölkert eine Sitzecke am Strand, zeigt stolz die tätowierten Muskeln, in ihrem Alkoholtrog steckt das komplette Arsenal des Hauses: Jack Daniel’s, Wodka, Dreiliterflaschen Weißwein. Gleich zwei blonde Nikki-Beach-Damen werden zur „Betreuung“ abgestellt, die Reisegruppe von der Insel ist manierenbefreit. Drei Deutsche, zwei Bauunternehmer und ein Arzt, sitzen auf der Terrasse, vor sich eine Sushi-Platte, im Kühler Rosé, ihnen gefalle es super, vor allem die Musik, man sei unter seinesgleichen, und bis zum Samstag, wenn die Freundinnen kommen, da wolle man noch ein bisschen Spaß haben. Ihre Blicke wandern über den Strand, auf der Suche nach Kostbarkeiten. An ihren Handgelenken tragen sie sehr große Uhren, wie man sie beim Juwelier bekommt – oder in Thailand. h eiß und fettig ist es für Jack Penrod bis heute geblieben, nur sind es jetzt Fritten aus Menschenfleisch, die er in der Hitze brutzeln lässt. Aber ob Kartoffeln oder Party People, für ihn zählt einzig die Rendite. Penrods rechte Hand, Michael Register, ein grauhaariger Mittsechziger, erläutert die „Legende Nikki Beach“, wie er sie nennt. Register spricht von den Visionen, die sein Chef Jack habe, von den Hotels, die sie bauen werden, ganz individuell, nicht für die Masse, vom Deal, den sie mit einer norwegischen Reederei geschlossen haben. Sie wollen Nikki Beach auf Kreuzfahrt schicken, damit sich die Klunkerträger auch auf See gehen lassen können. Unglaublich sei es, wie schnell die Clubs Geld abwürfen, alles sei hochprofitabel, man sei fast gar nicht von Krediten abhängig, das Konzept funktioniere immer, gerade habe man zwei weitere Beachclubs an der Algarve aufgemacht, da habe sogar die Regierung kooperiert. Von Konzepten und Strategien ist die Rede, von Kooperationen, vom Nikki-Beach-Feeling, das sie überall auf der Welt installieren könnten, von Profit-Margins, vom Fotos: Edzard Piltz, Sipa Press, Getty images e are looking for rrriiiich men, hihi!“, gluckern Liliya und Valentina, blond, um die vierzig, dicke Lippen, das „Rrriiii“ so schrill wie der Bohrer eines Zahnarztes. Auf der Croisette drängeln sich Touristen, Journalisten, Hostessen und Einkäufer, Paparazzi warten vor den Hotels, Seinfeld ist angekommen, Clooney und DiCaprio wohl auch. Das alles geht den beiden Ukrainerinnen auf ihrer Liege am Nikki-Beach-Strand unterhalb des Carlton am Stringtanga vorbei. „We want fun, only fun. And men, sexy men!“, sagen sie, während sie ihre Silikonbrüste Richtung Briatore-Jacht strecken, die vor Cannes geankert hat. Ein paar Meter weiter döst Debra, eine schwarze Bikinifrau aus New York, früher ein Mann, und exponiert ihren beachtlichen Körperbau. Im Hintergrund hämmert House-Musik, es riecht nach Promille, Zigaretten und viel Sonnenöl. Willkommen in Nikki Beach, dem Sommerzoo für tiefergelegte Reiche. Der Erfinder und Besitzer sitzt lieber im Zelt, er mag keinen Strand, seine blasse Haut keine Sonne, und inmitten seiner gestylten Jünger wirkt Jack Penrod aus Miami, Florida, so ver loren wie Bill Gates auf einem Jahrestreffen der Hells Angels. Ein Mythos seien seine Beachclubs an den feinsten Adressen, heißt es – Miami, Saint-Tropez, New York, Sardinien, Marra kesch, Saint-Barthélemy, Marbella, Cabo San Lucas –, angeblich wollen sie hier alle rein, die Schönen und Reichen, einmal Nikki Beachianer, immer Nikki-Beachianer, und kein Urlaub ohne. Während der Filmfestspiele zieht der Club aus SaintTropez nach Cannes, auf das bisschen Sand vor dem Carlton, abends wird in der Disco im Hotel gefeiert. Vom „heißesten Club der Welt“ berichten schlecht informierte Medien, vom Phänomen, von der Prominentendichte. Dabei zeigt Nikki Beach eigentlich nur, was Geld alles anrichten kann, wenn es die falschen Leute ausgeben. Falls sie ihre sexy-reichen Supermänner heute nicht finden würden, dann zahlten sie ihre Zeche eben selbst, so Liliya, die in Genf bei einer Investmentbank arbeitet; sie könnten es sich schließlich leisten, und eigentlich wären Typen sowieso nur für das eine gut. Valentina nickt, während sie auffällig unauffällig mit dem Goldkettchen spielt, das sie über ihrem rechten Knöchel trägt. Wieder hihi!, dann prost! – die beiden zischen ihre Flasche Belvedere Wodka, als wäre es Limonade. Ein leichtes Stöhnen, sie legen sich auf ihre weißen Kissen zurück, hach!, das Leben kann so anstrengend sein. nikki beach ist der einzige teure strandclub der welt, der keinen strand hat: die Filiale in Saint-Tropez; Minnie Driver kurz vor und Ivana Trump kurz in der VIP-Lounge; ein von der allgegenwärtigen Superlaune sichtlich gezeichneter Valentino nebst Liz Hurley Business, immer wieder vom Business – aber: Einen Hamburger kann man exportieren, niveauvolle Stimmung nicht. Die schwangere Eva Herzigova hat im Zelt gerade ihren Lunch beendet, wird von einem Bodyguard zurück ins Carlton geführt, auch Minnie Driver macht sich auf den Weg zur Siesta. Die anderen Gäste staunen, Egos wachsen mit dem Pegel, „wie geil ist das denn, wir feiern da, wo die Promis feiern“. An einem Tisch sitzen fünf Araber, fragen ihren Kellner, ob die Herzigova zu mieten sei, Geld würde keine Rolle spielen. Ein Brüller. Schulterklopfen im Quintett. Herzigova ist Botschafterin von Chopard, die Schmuckfirma ist NikkiBeach-Partner. In einem Strandkörbchen gibt Topmodel Devon Aoki Interviews, auch sie ist auf der Chopard-Gehaltsliste. Celebrities sind der Trumpf, mit dem die Nikki-Beach-Macher werben – was sie verschweigen: Die meisten kommen nur, weil ihre Werbepartner es möchten. Am Abend im Club gehe richtig die Post ab, schwärmt Michael Register, heute lege Lindsay Lohan auf, die Gästeliste sei lang und gespickt mit großen Namen. Kurz nach Mitternacht stehen die zwei Türsteher, beide ehemalige französische Kickboxer, noch arbeitslos vor dem Eingang. Eine Gruppe italienischer Touristinnen passiert problemlos. Lindsay Lohan komme doch nicht, sagt Pressedame Shirin, die aus dem Headquarter in Miami angereist ist und sich mit ihrer französischen Kollegin Celia um die high rollers kümmert, die Gäste also, die richtig Geld ausgeben. Beide Damen tragen Kleidchen der Marke Nichts, und wie genau sie das „Kümmern“ definieren, bleibt wohl dem Geldbeutel der Willigen überlassen. Nachts gibt es kein Bier, keinen Wein, nur harte Sachen oder Champagner: die billigste Flasche Piper-Heidsieck für 150 Euro, die teuerste Dom Pérignon für 9 800 Euro. Davon habe mal eine Gruppe Scheichs 50 Stück gekauft, berichtete Michael Register am Nachmittag, nur um damit herumzuspritzen, die trinken nämlich gar keinen Alkohol, diese Scheichs, funny, nicht wahr? An den Tischen sitzen zwei Arten von Gästen: „Sugar daddy meets kindergarten“, das heißt ein alter Herr, der einen Haufen junger Mädchen ausführt und dafür mit Zuneigung der Girls rechnen darf. Die zweite Gattung: „Boys’ night out“, junge Herren, meist aus dem arabischen Raum, aus Russland, England oder Skandinavien, auf Brautschau. Ihre Opfer stehen an der Bar, sind jung, tragen GigaDesignerlogos auf Röcken, Gürteln, Taschen. Den alten wie den jungen Herren ist es egal, welche Mädchen an ihren Tisch kommen, Hauptsache, sie kommen. Morgen Nacht wird Pamela Anderson kurz vorbeischauen, einen Tag später Ivana Trump, sie geht nach einer halben Stunde. Für die Celebrities gibt es einen VIP-Bereich, der ist meistens leer. Nächste Woche kommt Ghaddafi jr., da wird was los sein, so Shirin. Den vier Nikki-Beach-Hausfotografen bleiben die Go-go-Girls, die auf den Boxen tanzen, aus denen monotone House-Musik quillt. „Let’s go Nikki Beach“, schreit eine Animateurin, fehlt eigentlich nur noch, dass Jürgen Drews auftritt. Barboys tragen mit Wunderkerzen garnierte Flaschen an die Tische, auf der Toilette wird der guten Laune hemmungslos nachgeholfen, für einen 500-Euro-Schein kann man sich beim Türsteher eindecken – dass weder Jack Penrod noch Michael Register mitfeiern, verwundert nicht. k onsequent hat Penrod das Franchisemodell der Burger-Braterei auf seine Clubs übertragen, das Resultat: McNikki Beach. Alles muss gleich aussehen, darf wenig kosten, muss großen Gewinn abwerfen. Die Kellner tragen Einheitsweiß, die Dekoration ist überall identisch, ob in Marbella oder in Miami. Champagner und Wodka werden aus Plastikbechern getrunken, Gläser gibt es nicht. Rechnungen auch nicht immer, oft ziehen die Bar damen die Kreditkarten mehrmals durch die Automaten, geben vor, es würde nicht funktionieren, und auf der Abrechnung stehen dann drei Flaschen statt einer. Einen Monat später in Saint-Tropez. In der Bucht von Pampelonne liegt Nikki Beach, wobei „Beach“ eine Irreführung ist, denn es gibt keinen Zugang zum Strand, der liegt 50 Meter entfernt. Die Jungs vom Valet-Parking freuen sich über jedes Auto, es ist nicht gerade viel los. Trotzdem seien alle großen Strandkörbe reserviert, sagen die Angestellten, für 20 Euro pro Person könnten sie noch eine kleine Liege anbieten. Die ist ranzig, voller Flecken, symbolisch: Auf den ersten Blick strahlt alles weiß, genauer hingucken sollte man jedoch nicht. Zwei Norwegerinnen schlürfen Evian, eine Schönheit aus Haiti döst oben ohne und murmelt, sie sei zum fünften Mal hier, finanziere sich Nikki Beach über Perlen, die sie verkaufe. Am Pool eine Gruppe Deutschtürken in weißen Kaftanen, laut und betrunken, sie rauchen Cohibas und langen sich nach jedem Witz in den Schritt. Was sie beruflich machen, dürften sie nicht sagen, einer erklärt, dass sie oft übers Wochenende hierher kämen, weil sie hier tun und lassen könnten, was sie wollten, und bitte bloß keine Fotos, das könnte zu Hause Ärger geben. Seine größte Passion sei das Marketing, sagt Jack Penrod, der mit Nikki Beach eine gut aussehende Hülle ohne Inhalt verkauft, eine Jetset-Illusion, die sich als Oase reicher Ballermänner entpuppt. Beim Verlassen steht auf dem Parkplatz jetzt immerhin ein schwarzer Lamborghini Gallardo. Das kann ja heiter werden. 89