Immissionsschutz - Dipl.

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Immissionsschutz - Dipl.
01.14
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Immissionsschutz
19. Jahrgang
März 2014
www.IMMISSIONSSCHUTZdigital.de
Zeitschrift für Luftreinhaltung,
Lärmschutz, Anlagensicherheit, Abfallverwertung und Energienutzung
Immissionsschutz
Vermeidung und Rückgewinnung von Benzindämpfen
Luftreinhaltung
Großflächiges Auftreten nächtlicher Ozonmaxima
in Europa
Lärmschutz
Privilegierung von Kinderlärm
21275
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Immission von Fluglärm und Immobilienwerte
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Umgang mit Benzindämpfen
Vermeidung und Rückgewinnung
von Benzindämpfen
Hilmar Mante / Dr. Richard Schlachta
die Petrol Stage I Richtlinie seit 1994 und Stage II Richtlinie
seit 2009, in Deutschland jedoch bereits seit ca. zwei Jahrzehnten zuverlässig betrieben.
Motivation für diesen Artikel ist, die kürzlich beschlossene Weiterentwicklung des Standes der Technik vorzustellen, die bewährten Techniken in Erinnerung zu bringen und
auf die noch verbleibenden Verbesserungspotentiale hinzuweisen.
1. Einführung und Hintergründe – Auswirkungen flüchtiger
organischer Verbindungen auf die Luftschadstoffbelastung
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Hilmar Mante
Bayerisches Landesamt
für Umwelt, Referat 21 –
Luftreinhaltung bei Anlagen, Augsburg
Dr. Richard Schlachta
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt
und Gesundheit, Referat 75 – Luftreinhaltung
und Anlagensicherheit,
München
Die Vermeidung und Rückgewinnung von Benzindämpfen
(„Benzindämpfekreislauf“) ist eine internationale Erfolgsstory des Immissionsschutzes. Sie ist praktisch frei von negativen Nebeneffekten und bezieht neben der Großindustrie
(Raffinerien) auch den Mittelstand (Auslieferungstanklager)
und die Endverbraucher (Autofahrer) mit ein.
Im Prinzip geht es um ein weiträumig angelegtes Gegenstrom-Prinzip bei der Verteilung von Benzin1 (Ottokraftstoff,
petrol) als Kraftstoff und der Rückführung der bei Befüllvorgängen verdrängten Benzindämpfe zu den Raffinerien bzw.
Benzinlagerstätten. Flüssiges Benzin wird über eine Vielzahl
von Verteilungsstationen, beginnend beim Erzeuger, der Mineralölraffinerie, zu den Endverbrauchern an den Tankstellen transportiert. Auf Grund des relativ hohen Dampfdrucks
von Benzin geht dieses leicht in die Gasphase über und erreicht eine vergleichsweise hohe Sättigungskonzentration
von ca. 1 kg/m3 (Faustformel für stationären Zustand2). Diese
Benzindämpfe werden im Gegenstrom zum Benzintransport
von den Fahrzeugtanks zu den Tanklägern bzw. bis zur Mineralölraffinerie rückgeführt. Dort werden sie wieder verflüssigt. Dadurch kann ca. 1 ‰2 des ausgelieferten Benzins
zurückgewonnen werden und steht als wertvoller Einsatzstoff
wieder zur Verfügung. Auf diese Weise schließt sich der „Benzindämpfekreislauf“. Im Prinzip ein einfacher Zusammenhang, der in der technischen Umsetzung aber komplex ist.
In der Europäischen Union wird diese Rückgewinnung durch
Number of days
0
1 – 15
16 – 25
26 – 50
> 50
Type of station
왕 Rural and background rural
첸 Urban and suburban
Type of country
EEA member countries
reporting data
EEA member countries
with no data reported
Non-EEA member countries
Abbildung 1: Auswertung der EEA [4] zur Anzahl an Tagen, an denen die Ozonkonzentration den
langfristigen Zielwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit im Sommer 2012 überschritten
hat (vorläufige Daten)
4
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Flüchtige organische Verbindungen (VOC = Volatile
Organic Compounds) werden bei zahlreichen technischen Verfahren und Tätigkeiten eingesetzt (z. B. beim
Lackieren und Drucken). Auch die Dämpfe von Benzin
zählen hierzu. Diese Stoffe können direkt die Gesundheit des Menschen schädigen. So ist das krebserregende
Benzol im Benzin enthalten, um u. a. die Klopffestigkeit bei der Verbrennung im Motor zu erhöhen. Häufig
können VOC auch verantwortlich für Geruchsbeschwerden sein. Zum anderen sind sie zusammen mit den Stickstoffoxiden Vorläufersubstanzen für bodennahes Ozon,
das bei hoher Sonneneinstrahlung gebildet wird – „Sommersmog“. Ozon wirkt sich sowohl schädigend auf die
menschliche Gesundheit als auch auf Pflanzen aus.
Die EU-Luftqualitätsrichtlinie [1], umgesetzt durch
die 39. BImSchV in Deutschland [3], enthält einen Luftqualitätsgrenzwert von 5 g/m3 für Benzol (Jahresmittelwert) sowie einen langfristigen Ozonzielwert zum
Schutz der menschlichen Gesundheit (120 g/m3 als
maximaler 8-Stunden-Tagesmittelwert). Dieser wird
derzeit noch in vielen EU-Mitgliedsstaaten überschritten. Der Luftqualitätsbericht 2012 der Europäischen
Umweltagentur EEA zeigt, dass im Jahr 2010 17 % der
europäischen Bevölkerung in Gebieten lebt, in denen
dieser Wert überschritten wird. Obwohl in der Europäischen Union im Zeitraum von 2001–2010 die NichtMethan-VOC Emissionen (NMVOC) um 27 % reduziert
wurden, konnte die Ozon-Belastung nicht entsprechend
vermindert werden. Die Auswertung der EEA für den
Sommer 2012 legt offen [5], dass der langfristige Ozonzielwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit in
allen EU-Mitgliedsstaaten mit einer Ausnahme überschritten wurde. In 17 EU-Mitgliedsstaaten wurde auch
der geltende Ozonzielwert von 120 g/m3 (höchster
8-Stunden-Tagesmittelwert), der maximal an 25 Tagen
überschritten werden darf, nicht eingehalten. (Siehe
auch Abbildung 1.)
Zur Verminderung der VOC-Emissionen existieren
im Wesentlichen folgende EU-Richtlinien:
䉬 NEC-Richtlinie 2001/81/EG vom 23. 10. 2001 über
nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte
Luftschadstoffe [6]
䉬 VOC-Richtlinie 1999/13/EG vom 11. 03. 1999 über die
Begrenzung von Emissionen flüchtiger organischer
Verbindungen, die bei bestimmten Tätigkeiten und
in bestimmten Anlagen bei der Verwendung organischer Lösungsmittel entstehen [7]. Diese wurde in
die Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen
[8] aufgenommen.
1
2
Die allgemein geläufige Bezeichnung „Benzin“ wird hier gleichwertig zu der präziseren Bezeichnung „Ottokraftstoff“ verwendet.
Genauerer Wert siehe [2].
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䉬
Petrol Stage I Richtlinie 94/63/EG vom 20. 12. 1994
zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen (VOC Emissionen) bei der Lagerung von Benzin und seiner Verteilung von den Auslieferungslagern bis zu den Tankstellen [9]
䉬 Petrol Stage II Richtlinie 2009/126/EG vom 21. 10. 2009
über Phase II der Benzindampf-Rückgewinnung beim
Betanken von Kraftfahrzeugen an Tankstellen [10]
䉬 Decopaint-Richtlinie 2004/42/EG vom 21. 04. 2004
über die Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen aufgrund der Verwendung
organischer Lösemittel in bestimmten Farben und
Lacken und in Produkten der Fahrzeugreparaturlackierung sowie zur Änderung der Richtlinie 1999/
13/EG [11]
2. „Kreislauf der Benzindämpfe“
Zusammen bilden die Richtlinien Petrol Stage I und
Stage II eine Einheit: Benzin-Dämpfe werden – so weit
möglich – in der gesamten Verteilungskette des Benzins gesammelt und vom Tank der Kraftfahrzeuge zurück zum Erzeuger geführt – „Benzindämpfekreislauf“.
Im Gegensatz dazu fließt der Kraftstoff Benzin von der
Mineralölraffinerie zum Kraftfahrzeugtank. In diesem
Gegenstromsystem bilden die Dämpferückgewinnungsanlagen die einzige Einheit, in der aus den gasförmigen Benzin-Dämpfen flüssiges Produkt zurück gewonnen wird. (Siehe auch Abb. 2.)
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3. Rechtliche Grundlagen zur Vermeidung und Verminderung von Benzindämpfen
3.1 Die Petrol Stage I Richtlinie und Umsetzung ins deutsche Recht
Die Petrol Stage I Richtlinie 94/63/EG zur Begrenzung
der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen
(VOC-Emissionen) bei der Lagerung von Benzin und seiner Verteilung von den Auslieferungslagern bis zu den
Tankstellen vom 20. 12. 1994 regelt im Wesentlichen:
䉬 Das Umfüllen und Lagern von Benzin in großen und
kleinen Tanklagern.
䉬 Die Anforderungen für Behältnisse auf Transportfahrzeugen.
䉬 Die Anforderungen für Lagerbehälter an Tankstellen.
Die EU-Mitgliedsstaaten mussten bis 31. 10. 1995 diese
Richtlinie in nationales Recht umsetzen. In Deutschland erfolgte die Umsetzung mit der 20. BImSchV [12]
vom 27. 05. 1998, mit der deren erste Fassung vom 07. 10.
1992, in Kraft getreten zum 14. 10. 1992, angepasst wurde.
Durch die Änderung der 20. BImSchV vom 24. 04. 2012
wurde der bisherige Anwendungsbereich von lediglich
Benzin um Kraftstoffgemische und um Rohbenzin
(Naphtha) erweitert. Vor der Änderung stellte sich regelmäßig die Frage, inwieweit die Verordnung auch die
Lagerung von Mischungen von Benzin und von Zwischenprodukten (in Abgrenzung zu „verkaufsfähigen
Produkten“) betrifft, zumal diese praktisch ein gleiches
Potenzial zur Dämpfebildung aufweisen. Somit ist die
Aufnahme von Kraftstoffgemischen, also Benzin mit
Biokraftstoffen (Benzin mit mehr als 10 Volumenprozent Bioethanol) und Rohbenzin, nur logisch. Im Rahmen der Umsetzung der Industrieemissions-Richtlinie
erfolgten am 02.05.2013 noch redaktionelle Anpassungen.
Benzindämpfe
Benzin
3.2 Die Petrol Stage II Richtlinie und Umsetzung ins deutsche Recht
Abbildung 2:
„Kreislauf der Benzindämpfe“
Die Petrol Stage II Richtlinie 2009/126/EG verfolgt als
Ziel die Benzindämpferückführung beim Betanken von
Kraftfahrzeugen mit Benzin. Die Mitgliedsstaaten mussten sie bis 31. 12. 2011 in nationales Recht umsetzen.
Alle 14 500 Tankstellen in Deutschland [14] erfüllen die
hier festgelegten Anforderungen bereits.
Lange vor dieser Richtlinie galt in Deutschland die
sogenannte „Saugrüsselverordnung“, die 21. BImSchV
[14] vom 07. 10. 1992, in Kraft getreten am 01. 01. 1993.
Bis auf eine geringe Anzahl kleinerer älterer Tankstellen (Jahresumschlag < 1 000 m3) mussten in Deutschland alle Tankstellen bis Ende 1997 mit Gasrückführungssystemen (auch „Saugrüssel“ genannt) ausgestattet sein. Aufgrund der negativen Erfahrungen bei der
Wirksamkeit der Gasrückführungssysteme durch technische Mängel bzw. mangelnder Wartung (Totalausfälle bis zu 30 % [15], [16], [17]), wurde die 21. BImSchV
am 06. 05. 2002 verschärft. Wesentliches Ziel dabei war,
durch eine Nachrüstpflicht von automatischen Überwachungssystemen die Wirksamkeit der Systeme bei
jeder einzelnen Betankung zu ermitteln und im Fehlerfall die Zapfsäule abzuschalten. Damit soll die Wirksamkeit der Gasrückführungssysteme signifikant erhöht werden. Am 24. 04. 2012 wurde die Petrol Stage II
Richtlinie durch Änderung der 21. BImSchV in deutsches Recht umgesetzt [13]. Da die Anforderungen in
Deutschland bereits lange vorher umgesetzt waren,
resultierten aus der Petrol Stage II Richtlinie in technischer Hinsicht keine neuen Anforderungen. Gemäß
den EU-Vorgaben wurde eine Kennzeichnungspflicht
bis 01. 07. 2012 für Tankstellen mit Gasrückführungssystemen geschaffen. Von größerer Bedeutung ist,
dass der Geltungsbereich der 21. BImSchV (anders als
die EU-Richtlinie) auch auf Kraftstoffgemische (Anteil
von mehr als 10 und weniger als 90 Volumenprozent
Bioethanol wie z. B. E 85) ausgeweitet wurde. Hier gelten zukünftig im Prinzip die gleichen technischen
Anforderungen wie für Benzin (mit einem Anteil von
10 und mehr Volumenprozent Bioethanol wie z. B.
E 05).
3.3 Anwendung von BVT-Merkblättern
BVT-Schlussfolgerungen
Ein grundlegendes Instrument des Immissionsschutzrechtes ist der Bezug auf den nationalen Begriff „Stand
der Technik“, der im europäischen Kontext äquivalent
zum Begriff Beste Verfügbare Technik (BVT) ist. Die BVT
wird in Europa für bestimmte Industrieanlagen, die
unter die IE-Richtlinie [8] fallen, in einem festgelegtem
Verfahren (Art. 13 IE-Richtlinie) zwischen den EU-Mitgliedstaaten, der Industrie und ihren Verbänden sowie
Umweltverbänden erarbeitet und in BVT-Merkblättern
(auch als BREF – Best Available Technique Reference
Documents – bezeichnet) festgelegt. Teile eines BVTMerkblatts werden von der Europäischen Kommission
als „BVT-Schlussfolgerungen“ veröffentlicht. Diese ent-
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Umgang mit Benzindämpfen
Nr. 9.2 Anhang 1 zur 4. BImSchV (02. 05. 2013) [22]
Anlagen, die der Lagerung von Flüssigkeiten dienen, …, mit einem Fassungsvermögen von
Nr. 9.2.1
10 000 Tonnen oder mehr, soweit die Flüssigkeiten
einen Flammpunkt von 373,15 Kelvin oder
weniger haben,
Nr. 9.2.2
5 000 Tonnen oder mehr, soweit die Flüssigkeiten
einen Flammpunkt unter 294,15 Kelvin haben und
deren Siedepunkt bei Normaldruck (101,3 Kilopascal) über 293,15 Kelvin liegt;
unterliegen einem Genehmigungsverfahren
gemäß § 10 BImSchG (mit Öffentlichkeitsbeteiligung).
unterliegen einem vereinfachten Verfahren gemäß
§ 19 BImSchG (ohne Öffentlichkeitsbeteiligung).
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Tabelle 1:
Immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit
von Tankläger für
Benzin
halten u. a. die Schlussfolgerungen eines BVT-Merkblatts mit den besten verfügbaren Techniken, ihrer
Beschreibung, Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, und die dazugehörigen Überwachungsmaßnahmen (Art. 3 Abs. 1 Nr. 12 IERichtlinie). Anlagen, die in den Anwendungsbereich
der IE-Richtlinie fallen („IE-Anlagen“) und zugleich vom
Kreislauf der Benzindämpfe betroffen sind, sind im Wesentlichen die Mineralölraffinerien. BVT-Schlussfolgerungen nach der IE-Richtlinie wurden für diese noch
nicht veröffentlicht. Raffinerieferne Umschlagtanklager sind jedoch keine IE-Anlagen. Nach einer Veröffentlichung der BVT-Schlussfolgerungen wird Deutschland – im Hinblick auf den Benzindämpfekreislauf –
zu prüfen haben, ob die Anforderungen der 20. BImSchV
noch ausreichend sind. Ggf. müssen diese an die BVTSchlussfolgerungen binnen eines Jahres angepasst werden (§ 7 Abs. 1a BImSchG [18]). Neu errichtete Anlagen haben die BVT-Schlussfolgerungen sofort und bestehende
Anlagen die ggf. geänderten Anforderungen binnen
vier Jahren umzusetzen.
Solange noch keine BVT-Schlussfolgerungen veröffentlicht sind, gelten die BVT-Merkblätter für genehmigungsbedürftige Anlagen (s. u.) nach wie vor als Erkenntnisquelle (Anlage zum BImSchG [18]). Bisher wurden folgende BVT-Merkblätter von der Europäischen
Kommission mit Bezug zu Lagerung und Transport von
Benzin veröffentlicht:
䉬 Best Available Techniques (BAT) Reference Document for the Refining of Mineral Oil and Gas.
䉬 Reference Document on Best Available Techniques
on Emissions from Storage; July 2006 [19]
Das erst genannte BVT-Merkblatt bezieht sich auf Raffinerien und liegt bereits seit Februar 2003 [20] vor. Es
ist jedoch seit Jahren in Überarbeitung, der letzte Entwurf (Final Draft) datiert vom Juli 2013 [21].
Genehmigungsbedürftige Anlagen
Immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige
Anlagen (§ 4 BImSchG [18]) sind solche, die im Anhang 1
der 4. BImSchV [22] aufgeführt sind. Im Zusammenhang mit dem Benzindämpfekreislauf handelt es sich
um insbesondere
Abbildung 3:
Prinzip der Lagerung
von Benzin in Festdach- und Schwimmdachtanks
6
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Prinzip eines Festdachtanks
Prinzip eines Schwimmdachtanks
䉬
raffinerieferne Tankläger sofern deren Fassungsvermögen 5 000 t aufweist oder überschreitet (Nr. 9.2
Anhang 1 zur 4. BImSchV) und
䉬 Tankläger, die Nebeneinrichtungen insbesondere
von Raffinerien (Nr. 4.4 Anhang 1 zur 4. BImSchV)
bilden.
Durch die Neufassung der 4. BImSchV vom 02. 05. 2013
kann es bei der Nr. 9.2 Anhang 1 eine Frage zur Auslegung
geben [23]. Zur aktuellen Regelung der 4. BImSchV siehe
Tabelle 1.
Dieselkraftstoff fällt auf Grund eines Flammpunktes von 328 Kelvin ausschließlich unter Nr. 9.2.1. Benzin
fällt auf Grund seines Flammpunktes von 238 Kelvin
und seines Siedepunkts von mindestens 303 Kelvin sowohl unter Nr. 9.2.1 als auch Nr. 9.2.2. Auf Grund der
Spezialitätenregelung des § 2 Abs. 2 der 4. BImSchV wird
Benzin aber unter Nr. 9.2.2 subsumiert. Diese Zuordnung kann jedoch dazu führen, dass ein Lager mit einem Fassungsvermögen von 10 000 Tonnen oder mehr
zur Lagerung von Diesel in einem Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und ein Lager mit
der gleichen Menge Benzin (und einem höheren Gefährdungspotenzial) im vereinfachten Genehmigungsverfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung abgewickelt
werden würde. Es dürfte damit klar sein, dass es sich
hier um ein redaktionelles Versehen im Verordnungstext der 4. BImSchV handelt. Auch bei der Lagerung von
Benzin ist bei einem Fassungsvermögen von 10 000 Tonnen oder mehr eine Genehmigung im öffentlichen Verfahren vorzusehen. Es wird diesbezüglich eine Korrektur der 4. BImSchV durch den Gesetzgeber erwartet.
4. Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung von
Benzindämpfen
Im Folgenden werden die Anforderungen der Bundesverordnungen dem Fluss des Benzins folgend dargestellt
und wo erforderlich mit den Anforderungen der BVTMerkblätter verglichen.
4.1 Lagerung
Benzin wird in Mineralölraffinerien oder Tanklägern
in oberirdischen Flachbodentanks gelagert. Als Bauformen kommen Festdach- oder Schwimmdachtanks zur
Anwendung. An diese Tanks werden zur Emissionsminderung zwei wesentliche Anforderungen gestellt: Sie
dürfen sich nicht relevant durch Sonneneinstrahlung
erwärmen und sie sollten möglichst dicht gebaut und
betrieben werden (siehe auch Abbildung 3).
Die auf die gesamte Außenhülle (Dach, Außenwände)
eines Tanks einwirkende Strahlungswärme durch Sonnenlicht muss durch geeignete Außenfarbe zu mindestens 70 % reflektiert werden (Remissionsgrad, § 3 Abs. 1
Satz 1 20. BImSchV). In der Regel sind die Tanks daher
weiß. Diese Anforderung wird unverändert und in Übereinstimmung mit der Richtlinie 94/63/EG aufrechterhalten. Im BVT-Merkblatt Raffinerien (Final Draft, Juli 2013)
wird diese Anforderung in Kapitel 4.12.12 als zu berücksichtigende Maßnahme bei der Bestimmung von BVT
nur empfohlen.
Der Einfluss eines hohen Remissionsgrades ist für
die Emissionsminderung erheblich und darf nicht unterschätzt werden, wie Untersuchungen gezeigt haben,
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vgl. [24]. Bei der Überwachung des Betriebes von Tanklägern ist jedoch die Erhaltung des Remissionsgrades
wegen ungeeigneten oder gealterten Anstrichen regelmäßig ein Grund zur Beanstandung. In Deutschland
wird die Dauerhaftigkeit des beschriebenen Anstrichs
gefordert (§ 3 Abs. 1 Satz 1 20. BImSchV). Zudem wird in
Nr. 5.2.6.7 TA Luft [24] explizit die dauerhafte Einhaltung des genannten Remissionsgrades verlangt, die
aus rechtssystematischen Gründen jedoch nur flankierend (teleologische und rechtsvergleichende [25] Auslegung) herangezogen werden kann. Nach der Richtlinie (Anhang 1 Abs. 1 Satz 2) kann die Dauerhaftigkeit
des Remissionsgrades ebenfalls abgeleitet werden.
In Tanklägern mit einem Durchsatz von 25 000 Tonnen oder mehr dürfen zur Lagerungen von Flüssigkeiten
im Anwendungsbereich der 20. BImSchV nur Schwimmdach- oder Festdachtanks, welche die Anforderungen
hinsichtlich der Emissionsminderung erfüllen, verwendet werden. Insbesondere durch den Lagerbetrieb (Befüllen und Entleeren) aber auch durch Witterungseinflüsse (Sonneneinstrahlung, Wind) kommt es zu Atmungsverlusten bei Festdachtanks bzw. zu Dichtungsverlusten bei Schwimmdachtanks.
Festdachtanks
In Tanklägern mit einem jährlichen Durchsatz von
25 000 Tonnen oder mehr (Maximalwert der letzten drei
Jahre) dürfen Festdachtanks nur eingesetzt werden,
wenn der innere Gasraum an eine Abgasreinigung (Dämpferückgewinnungsanlage, vgl. 4.) angeschlossen ist,
oder wenn die Lagerungsflüssigkeit durch eine innenliegende Schwimmdecke zum Gasraum getrennt ist
(§ 3 Abs. 4 20. BImSchV). Sämtliche Dichtelemente der
innenliegenden Schwimmdecke müssen die Emissionen
zu 97 % gegenüber einem Festdachtank ohne innere
Schwimmdecke zurückhalten (§ 3 Abs. 3 20. BImSchV).
Durch die Schwimmdecke und deren Abdichtung wird
also effektiv verhindert, dass Benzindämpfe entweichen.
Mögliche Emissionen, die über die technisch notwendigen Tankatmungseinrichtungen freigesetzt
werden könnten, sind in ein Gassammelsystem, wie es
bei Raffinerien vorhanden ist, einzuleiten oder einer
Abgasreinigungseinrichtung zuzuführen (§ 3 Abs. 6
20. BImSchV).
Schwimmdachtanks
Die in Deutschland schätzungsweise 600 Schwimmdachtanks für Benzin [14] müssen ebenfalls mit einer
ebenso effektiven Randabdichtung versehen sein, wie sie
für die innenliegenden Schwimmdecken von Festdachtanks gilt. Neu in die aktuelle Fassung der 20. BImSchV
aufgenommen wurde eine explizite Dynamisierung
der Anforderung der Randabdichtung (§ 3 Abs. 2 Satz 1
20. BImSchV). Die Wirksamkeit der Randabdichtung
muss dem jeweiligen Stand der Technik entsprechen.
Diese neue Regelung verwundert mehrfach: Erstens
sollten die Dichtungen unabhängig von der Tankbauform hochwertig sein. Zweitens werden Schwimmdachtanks praktisch nur in genehmigungsbedürftigen Anlagen verwendet; Anlagen, die ohnehin nach § 5 Abs. 1
Nr. 2 BImSchG dem Stand der Technik entsprechen müssen. Drittens werden Schwimmdachtanks strenger ge-
regelt als Festdachtanks, für die diese Dynamisierung
zur Einhaltung des Standes der Technik aus der 20. BImSchV heraus so nicht gilt.
Wird ein Schwimmdachtank soweit entleert, dass
das Schwimmdach auf den Tankdachstützen ablegt
wird, z. B. bei Wartungs- und Revisionsarbeiten, bildet
sich unter diesem ausnahmsweise ein Gasraum zwischen der verbleibenden Flüssigkeitsoberfläche und
dem Schwimmdach. Dieser Gasraum ist mit Benzindämpfen erfüllt, die bei nachfolgender Füllung des
Tanks bis zur erneuten Hebung des Schwimmdachs
emittiert werden. Diese Emissionen eines Schwimmdachtanks sind bisher nicht geregelt.
Dichtungen interner und äußerer Schwimmdächer
Die Rückhaltequote sämtlicher Dichtelemente soll mindestens 97 % betragen (§ 3 20. BImSchV). Die sogenannte
Schwimmdachdichtung zwischen dem Schwimmdach
und der Tankwandung hat dabei den deutlich überwiegenden Einfluss für die Emissionen. Die Rückhaltequote wird bezogen auf einen fiktiven ruhenden Referenztank, der als frei belüfteter Festdachtank ohne innere Schwimmdecke ausgeführt ist. Anforderungen
zum Nachweisverfahren dieser Rückhaltequote fehlen
jedoch in der 20. BImSchV. Dieser könnte durch Emissionsberechnungen mit anerkannten Modellen erfolgen. (Siehe hierzu auch Abbildung 4.)
Der Ringspalt zwischen der Tankwand und dem
Schwimmdach liegt im Bereich zwischen 150 und
300 mm, unabhängig vom Tankdurchmesser. Der Flächenanteil des Ringspalts an der Tankdachfläche ist
bei einem kleinen Tank relativ höher als bei einem
großen Tank. In erster Näherung ist das Verhältnis der
Tankwand
Dichtungen
Schwimmdach
Benzin
Abbildung 4:
Ausführungsbeispiel:
Schnittdarstellung
durch Dreifachdichtung an einem
Schwimmdachtank
[27]
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Umgang mit Benzindämpfen
100
7
6
5
Lagerbedingungen
Produkt: Benzin
Dampfdruck nach Reid:
600 mbar
Mittlere Windgeschwindigkeit:
3,0 m/s
Mittlere tägliche Umgebungstemperatur: 10,0 °C
4
3
98
2
1
Wirkungsgrad des Schwimmdachtanks [%]
96
97 %
= Anforderung §3 20. BlmSchV
= Beste Verfügbare Technik
2
94
3
92
4
5
90
6
88
7
84
0
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D = 12,0 m;
V = 1075 m3;
H = 10,0 m
D = 15,0 m;
V = 1847 m3;
H = 11,0 m
D = 20,0 m;
V = 3581 m3;
H = 12,0 m
D = 30,0 m;
V = 8730 m3;
H = 13,0 m
D = 40,0 m;
V = 16713 m3;
H = 14,0 m
D = 50,0 m;
V = 27980 m3;
H = 15,0 m
D = 60,0 m;
V = 42977 m3;
H = 16,0 m
Alle Schwimmdachtanks haben
die gleiche Ausstattung:
primäre Gleitblechdichtung,
am Ponton befestigte
Sekundärdichtung, Peilrohrabdichtung und Dachstützenabdichtung
86
10
20
Anzahl der Tankfüllungen pro Jahr
Abbildung 5:
Wirkungsgrad eines
Schwimmdachtanks
in Abhängigkeit von
der Anzahl der Umschläge (Befüllen und
Entleeren) sowie des
Durchmessers [28]
8
1
30
Flächenanteile des Ringspalts reziprok proportional
zum Tankdurchmesser. Daher ist es schwieriger mit
einem kleinen Tank die Anforderung an die Emissionsminderung zu erfüllen, vgl. Abbildung 5. Um diesen Zusammenhang zu berücksichtigen, hat der Gesetzgeber
der Behörde Abweichungsmöglichkeiten für die Rückhaltequote bei Tanks mit einem Durchmesser von weniger als 40 m eingeräumt (§ 3 Abs. 6 der 20. BImSchV).
Für die Berechnung der geforderten Rückhaltequote muss die Emission eines Tanks der Emission eines fiktiven Referenztanks gegenüber gestellt werden,
der als Festdachtank ohne innere Schwimmdecke gleicher Größe ausgebildet ist. Bei steigendem Referenzwert und unveränderten tatsächlichen Emissionen des
Tanks erhöht sich rechnerisch der Wirkungsgrad des
Tanks, obwohl es sich in allen Fällen um die identische
Tankabdichtung handelt. Durch ständiges Befüllen und
Entleeren dominieren die Befüllverluste, die Standverluste sind vernachlässigbar gering. Die Rückhaltequote
strebt gegen 100 % (vgl. Abbildung 5) selbst wenn nur
eine „schlechte“ Tankdichtung verwendet würde. Stand
der Technik ist jedoch die Verwendung von hochwertigen Dichtungen, die Maßstab der Beurteilung sein sollen. Daher ist die Rückhaltequote auf den ruhenden
Tank ohne Berücksichtigung der Umschlagshäufigkeit
bezogen. Dies entspricht auch der langjährigen Beurteilungspraxis in Bayern.
Immissionsschutz 1 · 14
Die Petrol Stage I Richtlinie aus dem Jahr 1994 geht
noch von einer Rückhaltequote von nur 95 % aus (Anhang I Nr. 2, 3).
Nach dem BVT-Merkblatt Raffinerien (Final Draft
Juli 2013, Tabelle 4.74) können durch die Verwendung
einer Kombination effektiver Tankdichtungen am
Ringspalt sowie der Abdichtung weiterer Öffnungen,
wie Tankdachstützen und Führungsrohr, Emissionsminderungsgrade von über 98 % bei Schwimmdachtanks erreicht werden. Gleichwohl konnte man sich
bei der Zusammenstellung der Schlussfolgerungen
des BVT-Merkblatts (Final Draft Juli 2013, BAT 49)
nicht auf eine quantitative Festlegung der Rückhaltequote festlegen. Als Beste Verfügbare Technik wird
der Einsatz von Mehrfachdichtungen, insbesondere
Dreifachdichtungen, definiert. Bei der Beschreibung
der zur Festlegung von BVT zu berücksichtigenden
Techniken wird im BVT-Merkblatt nicht die Problematik des Bezugs des Rückhaltevermögens auf den ruhenden Tank berücksichtigt. Dagegen fordert die Richtlinie VDI 3479, Ausgabe August 2010, Abschnitt 5.2,
eine Rückhaltequote von 97 % mit Bezug auf den ruhenden Tank.
Weitere Anforderungen ergeben sich aus den v. g.
Regelwerken bei der Tankreinigung, wie z. B. Zuführung
der auftretenden Abgase zu einer Fackel.
4.2 Befüllen
Beim Befüllen eines Behältnisses mit einem unveränderlichen Volumen fallen Verdrängungsgase durch
das einströmende Benzin an. Die Verdrängungsgase
sind ausschließlich Benzindämpfe, wenn das Behältnis
vorher schon mit Benzin gefüllt war. Zur Vermeidung
von Emissionen werden die Dämpfe vom Empfangsbehälter für Benzin in den Sendebehälter entgegen dem
Fluss des Benzins gependelt (Gegenstromprinzip). Bei
einem Schwimmdachtank fallen technisch bedingt
beim Befüllen allerdings keine Benzindämpfe an (Anheben/Absenken des Schwimmdaches gemäß Füllstand).
Befüllt werden ortsfeste und ortsveränderliche Behälter.
Die Befüllung von oberirdischen Lagertanks in
Tanklägern erfolgt von unten über feste Verrohrungen
aus den Produktionsanlagen als auch über lösbare Rohroder Schlauchverbindungen aus Transportbehältern.
Die lösbaren Verbindungen werden mit hochwertigen
Kupplungen hergestellt, die aufgrund ihrer Bauart eine
fehlerhafte Bedienung weitestgehend ausschließen.
Lagertanks an Tankstellen müssen unterirdisch eingebaut sein, sie werden über Schlauchverbindungen
mit hochwertigen Kupplungen befüllt. Bei einer überwiegenden Anzahl der Tankstellen wird der einwandfreie Verschluss der Kupplung durch Überwachungssysteme während des gesamten Befüllvorgangs überwacht.
Zum Transport von Benzin werden Straßentankfahrzeuge, Eisenbahnkesselwagen und Schiffe eingesetzt. Die Auswahl des mobilen Transportmittels ergibt
sich aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten, die insbesondere von der Transportentfernung bestimmt werden. Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten der Befüllung dieser mobilen Transportmittel:
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Obenbefüllung („Top Loading“) mit Unterspiegelbefüllung
Beim Top Loading wird der Füllarm von oben in den
Transportbehälter eingetaucht und bis kurz vor dem
Boden geführt. Beim Befüllvorgang ist, abgesehen von
einer kurzen Anfangszeit, der Benzinspiegel immer
über der Austrittsstelle (Unterspiegelbefüllung). So wird
das Versprühen von Benzin zwar vermieden, aber an
der Befüllöffnung treten erhebliche diffuse Emissionen,
trotz Anschluss an ein Gaspendelsystem, auf (siehe
auch BVT-Merkblatt Lagerung Kapitel 4.2.8.1 [19]).
Das Top Loading von Straßentankfahrzeugen mit
Benzin ist in der EU seit 01. 01. 2005 nicht mehr erlaubt.3
Das Top Loading von Eisenbahnkesselwagen mit Benzin ist dagegen weiterhin zulässig. (Siehe auch Abbildung 6.)
Untenbefüllung („Bottom Loading“)
Beim Bottom Loading wird das Benzin an einer außen
gelegenen Füllstelle nahe des Bodens in das Transportbehältnis gepumpt. Der Vorteil des Bottom Loadings
liegt darin, dass der Domdeckel des Fahrzeugtanks zur
Befüllung nicht geöffnet werden muss und diffuse
Emissionen somit vermieden werden.
Verbleibendes Problem des Bottom Loadings kann
die restlose Entleerung des Verteilerrohres nach der
Befüllung sein, das eventuell zu diffusen Emissionen
durch Tropfverluste führen kann. Diese werden jedoch
durch den Einsatz standardisierter Trockenkupplungen
weitestgehend vermieden. (Siehe auch Abbildung 7.)
Gaspendelsysteme entsprechen dem Stand der
Technik, wenn insbesondere das Gaspendelsystem
und die angeschlossenen Einrichtungen während des
Gaspendelns betriebsmäßig, abgesehen von sicherheitstechnisch bedingten Freisetzungen, keine Dämpfe
in die Atmosphäre abgeben. Bei Straßentankfahrzeugen darf zudem der Kraftstofffluss nur bei Anschluss
des Gaspendelsystems unter Verwendung einer Verriegelungseinrichtung freigegeben werden (§ 4 Abs. 2
20. BImSchV).
Beim Top Loading sinkt der Wirkungsgrad des Gaspendelsystems, weil eine größere Möglichkeit zu Leckstellen rund um den Domschacht besteht und weil vor
und nach dem Beladen Emissionen von der offenen
Luke ausgehen (BVT-Merkblatt Lagerung Kapitel 4.2.8.1
[19]). Allerdings ist eine Untenbefüllung von Eisenbahnkesselwagen aus den verschiedensten Gesichtspunkten schwierig durchzusetzen. Hier fehlt u. a. eine
Überfüllsicherung an den Kesselwagen sowie eine
Kommunikation zwischen dem Kesselwagen und der
Anlagensteuerung.
Zur Konkretisierung des Standes der Technik von
Gaspendelsystemen wird zurzeit die Richtlinie VDI 2291
erarbeitet. Darin sollen verbindliche Prüfkriterien und
-bedingungen zur Überprüfung der Funktionstüchtigkeit eines Gaspendelsystems als Gesamtanlage festgelegt werden.
Gaspendelsysteme sind die einfachste Methode,
Benzindämpfe bei der Verteilung von Benzin vom Endverbraucher über eine Kette von Zwischenstufen zum
Erzeuger des Kraftstoffs zurückzuführen.
3
Die Obenbefüllung mit Diesel, JET A1 (Kerosin) und Heizöl in Straßentankwagen ist jedoch weiterhin zulässig.
Abbildung 6:
Obenbefüllung eines
Eisenbahnkesselwagens mit Gaspendelung [29]
[Dipl.-Ing. Scherzer GmbH]
3.5 Befüllung von Kraftfahrzeugen an Tankstellen
Damit beim Betanken der Straßenfahrzeugen an Tankstellen die wertvollen Benzindämpfe nicht einfach in
die Atmosphäre freigesetzt werden, wird das Prinzip
der Gasrückführung verwendet: Die beim Betanken aus
dem Fahrzeugtank verdrängten Benzindämpfe werden,
durch eine Gasrückführungsleitung vom Zapfventil
bis zu den Lagertanks, in die Lagertanks der Tankstelle
zurückgeführt (siehe auch Abbildung 8).
In Deutschland werden „aktive“ Gasrückführungssysteme verwendet. Sobald der Kraftstofffluss durch
Betätigung des Zapfventils einsetzt, werden „aktiv“
(„Gasrückführungssystem mit Unterdruckunterstützung“) durch das Erzeugen eines Unterdrucks durch
eine Vakuumpumpe in der Zapfsäule die Benzindämpfe
abgesaugt und den unterirdischen Benzinlagertanks
der Tankstelle zugeführt. Der zurückgeführte Volumenstrom der Benzindämpfe muss dem Kraftstoffvolumenstrom entsprechen, anderenfalls käme es zu er-
Gaspendelung
Abbildung 7:
Untenbefüllung eines
Straßentankfahrzeugs mit Gaspendelung
Immissionsschutz 1 · 14
9
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Umgang mit Benzindämpfen
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Abbildung 8:
Zapfventil mit Gassauger sowie Zapfventil beim Tankvorgang
Abbildung 9:
Schematische Darstellung eines ventilgesteuerten Gasrückführungsystems [30]
heblichen Emissionen am Lüftungsmast der Tankstelle.
Um dies sicher zu stellen verfügt jedes Gasrückführungssystem über eine selbsttätige Volumenstromregelung. Eine maximale Abweichung von ± 5 % bei einem Betankungsvolumenstrom von 38 l/min ist dabei
zulässig. (Siehe hierzu auch Abbildung 9.)
Ab dem 18. 05. 2002 errichtete Tankstellen dürfen
nur noch mit Gasrückführungssystemen mit einem
Mindestwirkungsgrad von 85 % betrieben werden. Dies
muss der Hersteller des Systems durch eine Bescheinigung der Prüfung nach einem in der 21. BImSchV vorgegebenen Prüfverfahren (Anlage 1 Nr. 1) durch eine
zugelassene Überwachungsstelle oder einen öffentlich
bestellten und vereidigten Sachverständigen nachweisen.
Um die ordnungsmäßige Funktion des Gasrückführungssystems sicherzustellen, ist in Deutschland seit
dem 01. 04. 2003 die Installation einer automatischen
Überwachungseinrichtung bei jedem Gasrückführungssystem Pflicht. Beim Auftreten von zehn fehlerhaften
Betankungen in Folge erfolgt eine Störmeldung und
nach 72 Stunden wird die Kraftstoffabgabe automatisch unterbrochen.
Das automatische Überwachungssystem erfasst in
der Regel die Tankdaten, signalisiert und übermittelt
den Status der Gasrückführung per Funk oder per Ka-
Gasrückführsteuerung
Zapfventil
Zapfsäulenrechner
Auf-/Zuventil
Gasrückführpumpe
Proportionalventil
Drossel /
Ventil
Koaxialschlauch
Lüftungsmast
Impulsgeber
Kraftstoffpumpe
Gasrückführsammelleitung
10
Immissionsschutz 1 · 14
bel zum Kassen-Computer der Tankstelle oder zu anderen Melde- und Alarmgeräten. (Siehe hierzu auch
Abbildung 10.)
Der Betreiber hat die Einhaltung der Anforderungen an das Gasrückführungssystem von einer zugelassenen Überwachungsstelle oder von einem öffentlich
bestellten und vereidigten Sachverständigen in folgenden Abständen feststellen zu lassen:
䉬 Erstmals bis spätestens sechs Wochen nach der
Inbetriebnahme des Gasrückführungssystems und
sodann
䉬 alle zweieinhalb Jahre bei der Abgabe von Kraftstoffgemischen bzw.
䉬 alle fünf Jahre bei der Abgabe von Benzin.
Die Überprüfungen werden dabei nach den Richtlinien
VDI 4205 Blatt 2 [32] und VDI 4205 Blatt 3 [33] durchgeführt. Eine Kopie des Prüfberichts ist der zuständigen
Überwachungsbehörde innerhalb von 4 Wochen nach
der Überprüfung vorzulegen. Darüber hinaus müssen
die aktiven Gasrückführungssysteme mindestens einmal alle zweieinhalb Jahre von einer befähigten Person
auf einwandfreien Zustand überprüft und bei festgestellten Mängeln unverzüglich von einem Fachbetrieb
instand gesetzt werden.
Durchflusssensor
VAPORIX-Flow
der Fa. FAFNIR
Gasrückführungspumpe
Abbildung 10: Beispiel für Bauteile der Gasrückführungseinrichtung [31]
Für bestehende, d. h. vor dem 01. 04. 2003 errichtete,
Tankstellen bestanden nach 21. BImSchV in der Fassung
von 2002 dabei in Abhängigkeit des Jahresdurchsatzes
Übergangsfristen zur Installation einer automatischen
Überwachungseinrichtung für das Gasrückführungssystem. So mussten Tankstellen mit einem Jahresdurchsatz von > 5 000 m3 bereits ab 01. 01. 2005 mit automatischen Überwachungseinrichtungen ausgestattet werden, hingegen Tankstellen mit einem Durchsatz < 1 000 m3
erst ab 01. 01. 2008. Vor dem 01. 01. 1993 errichtete Tankstellen mit einem Durchsatz < 1 000 m3 benötigten nach der
damaligen 21. BImSchV vom 06. 05. 2002 kein Gasrückführungssystem.
Durch die aktuelle Anpassungen der 21. BImSchV
am 24. 04. 2012 zur Umsetzung der EU Petrol Stage II
Richtlinie (2009/126/EG) wurde die Pflicht zur Gasrückführung beim Betanken von Fahrzeugen auch auf Kleintankstellen mit einem Jahresumsatz an Benzin von
> 500 –1 000 m3 bzw. > 100–1 000 m3, wenn sie unter
ständigen Wohn- oder Arbeitsräumen liegen, ausgeweitet (Bezugsjahr 2012; Einhaltung spätestens ab 01. 01.
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2019). Außerdem wurde der Geltungsbereich auf Kraftstoffgemische aus Benzin und Bioethanol ausgedehnt.
Tankstellen, die zwischen dem 01. 01. 1993 und dem
27. 04. 2012 errichtet worden sind, haben bei der Abgabe von Kraftstoffgemischen die Anforderungen zur
Benzindämpferückführung spätestens ab dem 01. 01.
2019 zu erfüllen.
Zudem wurde zur Information der Kunden eine
Kennzeichnungspflicht für Zapfsäulen bis 01. 07. 2012
eingeführt, mit der das Vorhandensein eines Gasrückführungssystems mit automatischer Überwachungseinrichtung angezeigt wird (§ 6 21. BImSchV, vgl. Abbildung 11).
Abbildung 11:
Gängiger Aufkleber
an Zapfsäulen mit
Gasrückführung und
automatischer Überwachungseinrichtung
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4. Rückgewinnung von Benzin
In einer Dämpferückgewinnungsanlage (Vapour Recovery Unit – VRU) können die gefassten Benzindämpfe
durch Rückverflüssigung wieder in Benzin umgewandelt und stofflich verwertet werden. Eine energetische
Verwertung von Dämpfen ist nach der Begriffsbestimmung Art. 2 Buchstabe j der Petrol Stage I Richtlinie
94/63/EG im Allgemeinen nicht vorgesehen. Zur Dämpferückgewinnungsanlage gehören definitionsgemäß
auch etwaige Puffertanksysteme. Mit Puffertanks können Schwankungen beim Anfall von Dämpfen aufgefangen werden und die Dämpferückgewinnungsanlage
so mit einem vergleichmäßigten Input-Strom beaufschlagt werden. In § 2 Nr. 1 20. BImSchV wird eine Abgasreinigungsanlage anders als in der Petrol Stage I
Richtlinie 94/63/EG definiert: Zusätzlich zur Dämpferückgewinnung wird die energetische Verwertung von
Dämpfen, insbesondere in einem Gasmotor, mit aufgeführt.
Nach Anhang II Abs. 1 Satz 3 der Richtlinie 94/63/EG
kann in Auslieferungslagern zur Befüllung von Binnenschiffen mit Benzin statt einer Rückgewinnungsanlage
eine Dämpfeverbrennungsanlage eingesetzt werden,
wenn die Dämpferückgewinnung unsicher oder wegen
der Menge der anfallenden Dämpfe technisch unmöglich ist.
Mit dieser Ausnahme werden zwar die Emissionen
an VOC vermindert, aber Benzin wird nicht zurück
gewonnen und Kohlendioxid zusätzlich emittiert. Im
Hinblick auf die Ressourcenschonung ist diese Lösung
abzulehnen. Mit der Verbrennung von Benzindämpfen
wird der geschlossene Benzindämpfekreislauf unterbrochen.
Zur Dämpferückgewinnung werden unterschiedliche Abscheideprinzipien und diese auch in unterschiedlichen Kombinationen eingesetzt: Adsorption,
Absorption, Kondensation und Membrantrennung.
Die Anlagen werden einstufig oder zweistufig betrieben. Die Techniken zur Benzindämpferückgewinnung
sind im BREF Refineries ausführlich beschrieben.
Gemäß Anhang II Nr. 2 Richtlinie 94/63/EG gilt für
die mittlere Dampfkonzentration im Abgas von Dämpferückgewinnungsanlagen – bereinigt um die Verdünnung während der Behandlung – 35 g/mN3 als Stundenmittelwert. Unter Zugrundelegung der Sättigungsdampfdrücke von Sommer- und Winterware ergibt
sich ein Reinigungsgrad von 96 % bzw. 97 % zur Erreichung der Massenkonzentration von 35 g/mN3. Diese
Reingaskonzentration wird mit einfachen, einstufigen
Dämpferückgewinnungsanlagen z. B. Adsorptionsverfahren oder indirekter Kondensation erreicht.
20. BImSchV
Deutschland hatte für kleine Anlagen (Lagerung < 5 000 t)
die Massenkonzentration der Richtlinie 94/63/EG in
den mittlerweile geänderten und nicht mehr gültigen
Versionen der 20. BImSchV zwischen 1998 und 2009
übernommen und um einen Reinigungsgrad ergänzt.
Durch die Änderung der 20. BImSchV vom 24. 04. 2012
wurde die Massenkonzentration nunmehr um den Faktor drei vermindert und auf NMVOC bezogen. Der Reinigungsgrad und die Emissionsmassenkonzentration
sind gleichermaßen einzuhalten.
Zudem hat Deutschland insbesondere für größere
Anlagen von der Möglichkeit nach Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 94/63/EG Gebrauch gemacht und wesentlich strengere Grenzwerte für Abgasreinigungseinrichtungen
in § 4 Abs. 3 20. BImSchV festgelegt (siehe Tabelle 2).
Mit diesen Grenzwerten liegt Deutschland für die
größten Anlagen um Faktor drei unter den Anforderungen des BVT-Merkblatts (Final Draft Juli 2013), das
einen Bereich von 10 g/mN3 für einstufige und 0,15 g/mN3
für zweistufige Anlagen vorsieht (BAT 52). Die v. g. Verringerung der Grenzwerte um den Faktor drei ist jedoch nicht mit einer Verschärfung der Grenzwerte verbunden [34], weil die Emissionsbegrenzung zugleich
auf NMVOC bezogen wurde. Folglich ist für diese geänderte Regelung in der 20. BImSchV keine Übergangsregelung enthalten.
Die Investitionskosten für Dämpferückgewinnungsanlagen sind nur in geringem Maße vom sicher einhalt-
Tabelle 2:
Überblick zu den
Emissionsanforderungen nach der
20. BImSchV für VRU
Reinigungsgrad
mindestens:
Max. Emissionsmassenkonzentration organischer
Stoffe ohne Methan
(Stundenmittel)
97 %
12 g/mN3
mit Massenstrom  0,50 kg organischer Stoffe/h:
–
1,7 g/mN3
mit Massenstrom  0,50 kg organischer Stoffe/h:
–
50 mg/mN3
Anlagen
mit Fassungsvermögen  5 000 t
mit Fassungsvermögen  5 000 t
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Umgang mit Benzindämpfen
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Abbildung 12:
Benzin-Dämpferückgewinnungsanlage
baren Grenzwert abhängig [21, Kapitel 4.23.6.2]. Der
Energieaufwand und damit indirekt auch die Emissionen an klimawirksamem Kohlendioxid zur Erreichung
geringerer Grenzwerte steigen zwar grundsätzlich mit
dem erreichten Reingaswert, aber unter Berücksichtigung der Definition von BVT in Art. 3 Nr. 10 der Richtlinie 2010/75/EU sind diese bei der Erarbeitung von BVT
bereits mit berücksichtigt. Daraus folgt, dass aus Sicht
der Autoren bei Neuanlagen unabhängig von dem Fassungsvermögen des Tanklagers, ein anspruchsvoller
Emissionsgrenzwert angestrebt werden sollte.
Methan
Der Gehalt des Methans im Benzin schwankt zwischen
0,1 Vol. % und 0,7 Vol. %. Methan kann mit den beschriebenen Dämpferückgewinnungsverfahren nicht relevant gemindert werden. Daher können die verbleibenden Methan-Emissionen im Abgas der Dämpferückgewinnungsanlagen erheblich sein. Im bisherigen BVTMerkblatt für Raffinerien [20, Kapitel 4.23.6.2] wurden
Methankonzentrationen von bis zu 2,5 g/m3 im Abgas
einer VRU angegeben. Dem trägt die neue 20. BImSchV
(seit 2012) Rechnung und bezieht die Grenzwerte auf
organische Stoffe, angeben als Gesamtkohlenstoff,
ohne Methan.
Zur effektiven Verminderung der Methan-Emissionen aus Dämpferückgewinnungsanlagen müssten die
Abgase einer thermisch-oxidativen Nachbehandlung
unterzogen werden. Damit verbunden wären der Einsatz von Brennstoffen und zusätzliche VerbrennungsEmissionen von NOX, CO, CO2. Die äquivalenten Kohlenstoffdioxid-Emissionen einer Dämpferückgewinnungsanlage können um mehr als eine Größenordnung unter denen einer thermisch-oxidativen Abgasbehandlung
liegen. Zu beachten ist auch, dass die mit der Dämpferückgewinnungsanlage zurück gewonnenen Stoffe
stofflich genutzt werden, was unter dem Gesichtspunkt
der Ressourcenschonung zu favorisieren ist. (Siehe Abbildung 12.)
Anstelle der Gasrückführung zum Lagertank einer
Tankstelle beim Betanken von Kraftfahrzeugen ermöglicht die 21. BImSchV (§ 3 Abs. 6) die Installation einer
Abgasreinigungseinrichtung mit stofflicher Rückgewinnung der Kraftstoffdämpfe. Dabei darf ein Reinigungsgrad von 97 % nicht unterschritten werden. Nach
Angaben der Firma TST Electronics GmbH lassen sich
z. B. mit dem Vareco Vent-Verfahren Rückgewinnungsraten bis zu 99 % erreichen [39]. Des Weiteren sind Komplettsysteme für Tankstellen erhältlich, die sowohl die
beim Betanken der Kraftfahrzeuge als auch beim Befüllen der Lagertanks verdrängte Benzindämpfe vor
Ort verflüssigen und somit verkaufsfähiges Produkt
erzeugen [40]. (Siehe Abbildung 13.)
5. Auswirkung der Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung von Benzindämpfen
Abbildung 13:
Rückgewinnung von
flüssigem Benzin aus
den beim Betanken
von Fahrzeugen verdrängten Benzindämpfen nach dem
Vareco-Vent Verfahren [39]
12
Immissionsschutz 1 · 14
Das Multikomponentenprotokoll der UNECE4 sowie
die NEC-Richtlinie verpflichten Deutschland, den Ausstoß flüchtiger organischer Verbindungen ohne Methan ab 2010 auf höchstens 995 Tausend Tonnen zu begrenzen [35]. Von 1990 bis 2010 konnten in Deutschland
die gesamten NMVOC-Emissionen von 3,1 Millionen Tonnen auf unter 1,05 Millionen Tonnen gesenkt und somit um etwa zwei Drittel vermindert werden. Die beiden Immissionsschutz-Verordnungen 20. und 21. BImSchV
sind dabei Bausteine zur Verminderung der VOC-Emissionen im Bereich des Umschlags von Benzin.
Die Verteilungsverluste von Benzin sanken – insbesondere durch die fortschreitende Ausstattung der
Tankstellen mit Gaspendel- und Gasrückführungssystemen – von ca. 150 000 Tonnen im Jahr 1993 [36] auf
ca. 15 500 Tonnen in 2010 [35].
4
UN Economic Commission for Europe
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7. Zusammenfassung
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Der hier aufgezeigte Weg der Benzindämpferückgewinnung, beginnend bei der Verladung des Benzins in den
Tanklägern bis hin zur Befüllung der Fahrzeuge an den
Tankstellen, ist ein beindruckendes Beispiel von Ressour-
VOC-Emissionen aus dem Umschlag von Ottokraftstoffen
250
200
tausend t/a
150
100
2015
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
0
2020*
50
1993
Der die 20. BImSchV betreffende Anteil der VOCEmissionen ist dabei nach Abschätzungen des Umweltbundesamtes von ca. 86 000 Tonnen (1993) auf ca. 6 000
Tonnen (2010) zurückgegangen [33].
Ursprünglich erhoffte sich der Gesetzgeber durch
die Einführung der Gasrückführungssysteme beim Betanken der Kraftfahrzeuge mit der 21. BImSchV im Jahr
1992 eine ca. 70-prozentige Senkung der VOC-Emissionen von 60 000 Tonnen im Jahr 1990 auf ca. 20 000 Tonnen in 2000 [36]. Nach Abschätzungen des UBA konnten durch die 21. BImSchV die VOC-Emissionen im Jahr
2010 auf unter 10 000 Tonnen reduziert werden [37].
(Siehe auch Abbildung 14.)
Durch die Anforderungen der Petrol Stage I- und
Stage II-Richtlinien bzw. der 20./21. BImSchV wird ein
bedeutender Anteil der verminderten VOC-Emissionen
in Form von flüssigem Benzin zurückgewonnen und
dem Wirtschaftskreislauf wieder zugeführt. Der „Benzindämpfekreislauf“ leistet damit auch einen erheblichen Beitrag zur Ressourcenschonung.
Angemerkt wird, dass die Rückgewinnung der Benzindämpfe auch steuerlich gesondert geregelt wird:
Nach § 28 Energiesteuergesetz [38] dürfen „gasförmige
Kohlenwasserstoffe, die … bei der Abwasserreinigung
anfallen oder die aus Gründen der Luftreinhaltung und
aus Sicherheitsgründen bei der Lagerung oder Verladung von Energieerzeugnissen, beim Betanken von Fahrzeugen, bei der Entgasung von Transportmitteln … aufgefangen werden“ steuerfrei verwendet werden.
* Prognose
VOC-Emissionen nach Inkrafttreten
der 20. BlmSchV
VOC-Emissionen mit Maßnahmen
VOC-Emissionen nach Inkrafttreten
der 21. BlmSchV
VOC-Emissionen ohne Maßnahmen
censchonung und gleichzeitig gelungener Emissionsvermeidung. Den Erfolg der Benzindämpferückgewinnung belegen die VOC-Emissionsdaten des Umweltbundesamtes [36]. Nicht vergessen werden sollte auch die
Bedeutung der Erfassung der Benzindämpfe beim Betanken der Fahrzeuge als Maßnahme des Kundenschutzes. Erfreulich ist auch, dass die in der Praxis früher aufgetretenen erheblichen Schwierigkeiten zur Sicherstellung der Funktion der Gasrückführungssysteme an den
Tankstellen überwunden sind. Die anders als in der EU
Petrol Stage II Richtlinie in Deutschland verpflichtende
Anwendung einer automatischen Überwachung dieser
Systeme unterstützt letztlich auch die Betreiber bei der
Wahrnehmung ihrer Betreiberpflicht und verringert
die Häufigkeit der Überprüfungen, die ansonsten vom
Betreiber „manuell“ durchzuführen wären.
Abbildung 14:
Entwicklung der VOCEmissionen nach
Inkrafttreten der 20.
und 21. BImSchV [37]
Immissionsschutz 1 · 14
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Umgang mit Benzindämpfen
Gleichwohl bleiben in diesem weitläufigen Verteilungssystem von Benzin und anderer Kraftstoffe mit der
zugehörigen Dämpferückführung aus Sicht des Immissionsschutzes noch einige wesentliche Emissionsquellen
ungeregelt oder unzureichend geregelt. Zum Beispiel gelten nach der Petrol Stage I Richtlinie 94/63/EG bzw. der
20. BImSchV die Anforderungen zur Emissionsminderung
für das Befüllen und den Transport auf dem Wasser nur
für die Binnenschiffe, nicht jedoch für die Seeschiffe. Im
Hinblick auf die Umweltauswirkungen von VOC sollten
die Benzindämpfe-Emissionen von Seeschiffen ebenfalls
vermindert werden. Entsprechende
Im Hinblick auf die UmweltauswirkunTechniken stehen grundsätzlich zur
gen von VOC sollten die Benzindämpfe- Verfügung. Angemerkt werden soll,
Emissionen von Seeschiffen ebenfalls
dass die in diesem Artikel beschrievermindert werden.
benen Anforderungen im Wesentlichen beim Umgang mit Benzin angewendet werden, da dieses einen vergleichsweise hohen Dampfdruck aufweist. Nicht betrachtet wurden vom
Gesetzgeber bislang die Emissionen aus der Verteilung
von Dieselkraftstoff, der jedoch nur ca. ein Hundertstel
des Dampfdrucks von Benzin aufweist. Die Techniken
zur Emissionsvermeidung und -minderung wären grundsätzlich entwickelt und verfügbar.
Dank
Die Autoren danken Frau Pannier, Umweltbundesamt,
Herrn Knittel, Firma Dipl.-Ing. Scherzer GmbH, Herrn
Schirmer, Firma Ingenieurbüro Imhof GmbH und Herrn
Szalata, TÜV Süd Industrie Service GmbH, für die zur
Verfügung gestellten Abbildungen und die wertvollen
Anregungen sowie den Firmen Simonsen-Industrietechnik und TST electronics GmbH für die Fotos.
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Literatur
[1] Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa,
Amtsblatt L 152 vom 11. 06. 2008; http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/
LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:152:0001:0044:de:PDF.
[2] Umweltbundesamt: Ermittlung von Emissionsfaktoren und Aktivitätsraten im Bereich IPCC (1996) – Diffuse Emissionen aus Mineralöl und Mineralölprodukten. Berlin. Marz 2013. Seite 47: 1,4 kg/t.
[3] 39. BImSchV, Neununddreißigste Verordnung zur Durchführung
des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen vom 2. August 2010,
BGBl. I S. 1065; http://www.gesetze-im-internet.de/bimschv_39/.
[4] European Environmental Agency EAA, Air quality in Europe –
2012 report, EEA Report No 4/2012, http://www.eea.europa.eu/publi
cations/air-quality-in-europe-2012.
[5] European Environmental Agency EAA, Air pollution by ozone across
Europe during summer 2012, EEA Technical report No 3/ 2013, http://
www.eea.europa.eu/publications/air-pollution-by-ozone-across-EU-2012.
[6] Richtlinie 2001/81/EG vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe.
[7] Richtlinie 1999/13/EG des Rates vom 11. März 1999 über die Begrenzung von Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen,
die bei bestimmten Tätigkeiten und in bestimmten Anlagen bei
der Verwendung organischer Lösungsmittel entstehen.
[8] Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte
Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) –
IE-Richtlinie.
[9] Richtlinie 94/63/EG vom 20. 12. 1994 zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen (VOC Emissionen) bei
der Lagerung von Benzin und seiner Verteilung von den Auslieferungslagern bis zu den Tankstellen; ABl. L 365 vom 31. 12. 1994, S. 24.
[10] Richtlinie 2009/126/EG vom 21. Oktober 2009 über Phase II der
Benzindampf-Rückgewinnung beim Betanken von Kraftfahrzeugen an Tankstellen; ABl. L 285 vom 31. 10. 2009, S. 36–39.
[11] Richtlinie 2004/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 21. April 2004 über die Begrenzung der Emissionen flüchtiger
organischer Verbindungen aufgrund der Verwendung organischer
Lösemittel in bestimmten Farben und Lacken und in Produkten
der Fahrzeugreparaturlackierung sowie zur Änderung der Richtlinie 1999/13/EG (Decopaint Richtlinie).
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Immissionsschutz 1 · 14
[12] 20. BImSchV, Zwanzigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, Verordnung zur Begrenzung der
Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen beim Umfüllen
oder Lagern von Ottokraftstoffen, Kraftstoffgemischen oder Rohbenzin vom 24. 4. 2012 BGBl. I S. 661.
[13] 21. BImSchV, Einundzwanzigste Verordnung zur Durchführung
des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, Verordnung zur Begrenzung der Kohlenwasserstoffemissionen bei der Betankung von
Kraftfahrzeugen vom 02. 05. 2013 BGBl. I S. 1021).
[14] Bundesrat Drucksache 75/12 14. 02. 2012.
[15] Deutsche Wissenschaftliche Gesellschaft für Erdöl, Erdgas und
Kohle e.V., Gasrückführung und Selbstüberwachung an Tankstellen, DGMK-Fortschrittsbericht 550-05, 12/2004.
[16] Peter Szalata, Ernst Tallmair, Wirksamkeit von Gasrückführungssystemen an Tankstellen, DGMK Forschungsbericht 550, Mai 1999.
[17] Dr. B.-R. Altmann et al., Messaktion zur Überprüfung von Gasrückführungssystemen an öffentlichen Tankstellen in der Freien und
Hansestadt Hamburg (Phase I), 2000.
[18] BImSchG – Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und
ähnliche Vorgänge Bundes-Immissionsschutzgesetz 17. Mai 2013.
BGBl. I S. 1274.
[19] EU Commission: Reference Document on Best Available Techniques on Emissions from Storage; July 2006.
[20] EU Commission: Best Available Techniques (BAT) Reference Document for the Refining of Mineral Oil and Gas. February 2003.
[21] EU Commission: Best Available Techniques (BAT) Reference Document for the Refining of Mineral Oil and Gas. Final Draft. July 2013.
[22] 4. BImSchV – Vierte Verordnung zur Durchführung des BundesImmissionsschutzgesetzes Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen BGBl. I Nr. 21 vom 02. 05. 2013 S. 973; ber.: 07. 10.
2013 S. 3756.
[23] Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) /
Ausschuss Anlagenbezogener Immissionsschutz/Störfallvorsorge
(AISV): Auslegungsfragen zur 4. BImSchV. 2013.
[24] Ingenieurbüro Imhof GmbH: Der Einfluss der Tankfarbe auf die
Emissionen. Mitteilung vom 08. 08. 2011.
[25] Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft in der Fassung
vom 24. Juli 2002 (TA Luft; Erste AVwV zum BImSchG).
[26] Peter Häberle: Grundrechtsgeltung und Grundrechtsinterpretation im Verfassungsstaat – Zugleich zur Rechtsvergleichung als
„fünfter“ Auslegungsmethode, Juristenzeitung 1989, S. 913 ff.
[27] Ingenieurbüro Imhof GmbH, http://www.imhof-tanktechnik.de/
externe_schwimmdaecher.php.
[28] Ingenieurbüro Imhof GmbH: Workshop Floating Roof Seals. 2009.
[29] Dipl.-Ing. SCHERZER GmbH, Essen.
[30] Peter Szalata, TÜV SÜD Industrie Service GmbH, Gasrückführung
an Tankstellen, TankTec 07. 11. 2013.
[31] Simonsen-Industrietechnik, Nachrüsten einer Tankstelle, http://
www.simonsen-industrietechnik.de/tankstelle.html.
[32] Richtlinie VDI 4502 Blatt 2: Mess- und Prüfverfahren zur Beurteilung von Gasrückführungssystemen an Tankstellen – Nassmessverfahren. 2003-07.
[33] Richtlinie VDI 4502 Blatt 3: Mess- und Prüfverfahren zur Beurteilung von Gasrückführungssystemen an Tankstellen – Trockenmessverfahren. 2003-11
[34] Panier, Karen, Umweltbundesamt, Novellierung der 20. BImSchV
anlässlich 8. Fachtagung und Kongress: Flachbodentanks München
06. 11. 2012.
[35] Umweltbundesamt, Daten zur Umwelt, Emissionen flüchtiger
organischer Verbindungen ohne Methan (NMVOC), Februar 2013;
http://www.umweltbundesamt-daten-zur-umwelt.de/umweltdaten/public/
theme.do?nodeIdent=3575.
[36] Krause, Bernd, Umweltbundesamt, Novelle der 21. BImSchV (Saugrüssel-Verordnung) – Bestandsaufnahme und Bewertung aus Sicht
des Umweltbundesamtes, DGMK-Fachtagung, 21. 05. 2003 Hamburg.
[37] Panier, Karen, Umweltbundesamt, (Hinter-)Gründe zur Novellierung der Regelungen für Gaspendelung (20. BImSchV) und Gasrückführung (21. BImSchV), UNITI Forum Tankstellentechnik am
27./28. 09. 11 in Fulda.
[38] EnergieStG, Energiesteuergesetz vom 15. Juli 2006 (BGBl. I S. 1534;
2008 I S. 660, 1007), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom
05. 12. 2012 (BGBl. I S. 2436, 2725; 2013 I 488) geändert worden ist.
[39] TST electronics GmbH, Die grüne Tankstelle, VarecoVent, www.
tste.eu.
[40] OPW Fueling Components Group, Total Vapour Solution TVS,
http://www.opwglobal.com/Product.aspx?pid=489.
Anschrift der Verfasser
Hilmar Mante
im Bayerisches Landesamt für Umwelt
Referat 21 – Luftreinhaltung bei Anlagen
Bürgermeister-Ulrich-Straße 160, 86179 Augsburg
Dr. Richard Schlachta
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit
Referat 75 – Luftreinhaltung und Anlagensicherheit
Rosenkavalierplatz 2, 81925 München