Arbeitswirtschaftliche Probleme beim Melken der in Offenställen

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Arbeitswirtschaftliche Probleme beim Melken der in Offenställen
Dipl.-Landw. K. DIETRICH, Barby (Eibe)·)
Arbeitswirtschaftliche Probleme beim Melken der in Offenställen untergebrachten Kühe
Die Vorzüge des Offensta!!s sind in "meren letzten Heften uttsführlich dargelegt worden, gleic hzeitig erfolgte eine
Orientierung auf die Richtlinien, die hünftig für den Bau u nd die J11echanisierung von Offen ställen maßgebetld
sind. Der folgende Aufsatz enthält Uberlegttngen zu arbeitswi l'tschaftlichen Fragen, di e sich beim J11elhen von im
Offenstall gehaltenen Hühen el'geben und hier speziell auf den Fischgräten -Melhstand gerichtet sind. Im Ergebni s
wird deutlich, d"ß der AHsbildung des Jidkpersonals für den Fischgräten-Jletkstand vorrangige B edeutung beizmnessen i st.
Die Redakti on
Ausgehend von der Tatsache, daß ein e r in viele Kleinstbetrieb e zersplitterte n Landwirtschaft ei ne Erfüllung ihrer
großen zukünftigen Aufgaben ni cht möglich is t, wurde d er
Zusammenschluß d e r Kleinstbe tri ebe zu sozialistischen genosse nschaftliche n Großbetri el;en möglich gemac ht und star l<
gefördert. Di esen Betrieben, die auf groß e n Ackerfläche n
Ma sc hinen d e r MTS einsetzen können, fe hlten aber fast ausschließlich di e Stallungen zur Unte rtringung großer Viehbestände. Sehr viel Ställe mußten und müs<;en noc h e rrichtet
werden. Für das Milchvieh wurde auf der Basis wisse nsc haftlicher Untersuchungen und praktische r Erfahrunge n der sog .
Offe nstall gebau t, da
I. a lle in ihm notwendigen Arbeite n des Entmistens, Fütte rns
lusw. weit weniger aufw end ig sind als im geschlossen e n
Stall und sic h au,h vi el wirtschaftli c her mech an isie ren
lassen;
kann in ihm in einer Stund e e twa 50 geeign e te I{üh e m elken
(Fischgrät en-Melkstand de r 6. Landwirtschaftsauss tellung
Markkleeberg) . Verschi edenen PubliJ<ationen ist zu e ntnehmen,
daß sogar bis zu 60 Ti e re/h von ein e r Person gemolken werden konn ten .
De r Arbeitsablauf beim Melk e n ist hier folg e nder: Nach .der
Ingangsetzung des Vakuumaggregats und der Milchkühleinrichtung sow ie der nochma li gen Kurzd esinfel(tion der milchführenden T eil e werden a c ht Kühe aus dem Vorwarte hof in
die ei ne Melk standsei t c eingelassen. Der MElker, im vertieften
iVlplldlur stehend, prüft mit Hilfe eines Vormelkgefäßes di e
Milch d er vorders t en Kuh, säub e rt ihr mit ein e m Tuch (das
er imm e r \Vi~dcr durch ein sauberes ersetzen muß) das Euter
2. die Kühe (unter der Voraussetzung verantwortungsbewuJ3ten Fa c hpersonals) op timale Lebensbedingungen vorfinden:
3. e r we niger mater ial und mittelaufwendig ist als jeder vorschriftsmäßige gesc hlossen e S tall, und
1. weil er in wese ntlich kürze rer Zeit gehaut werden kann.
11, der Durc hführung de r täglichen Melkarbeit könnte man
unüberwindli che Schwi e rigkeiten vermuten, denn das geltend"
Milchgcs etz tesagt, daß in ein em Ti efstall (und d e r Offen stall ist oft vorteilhafte rweise ein so lc her) J< ein e Milch gemolk en werden da rf. Aus di esem Grunde verbi e tet sich im
Tieflauf-Offenstall sowohl das Bandmelken wi e auch das Melken mit Mell<apparaten. Auch das kann enlose maschine lle
Melken, direl<t in eine üb e r de m Freßgitter montierte ze ntrale
Milchleitun g, ist mit den gesetzlichen Bestimmun gen nicht
zu verei n baren.
Zum Offen stall ge hö rt d es halb - auch aus milchhygienische.,
Gründ e n - das mas c hinelle Mell< en i n besond e re n Melkhäuse rn
(Bild 1), die zweckmäßig eingerichtet und ausgestatte t die
Melkleistung d es einzelnen Melk e rs ganz wese ntlich e rh öhen.
In diese Melkhäuser brin gen die Küh e die Milch selbst. Der
Mell<er e ntzi e ht sie ihn en maschinell jnd hat kein erlei Arbeit
mit d e m Transport, de nn die Mileh wird in GJasleitungen
hinein gemolken und fließt übe r S pezialkühle r direkt in
Sammelbehälter (Tanks), die unmittelbar in die Moll(ereien
gebrac ht werden ltönnen. D er Melker hat nur kurze \>lI ege
zurückzulegen und das be nöti gte Arbeitsg erä t findet er griffbereit in seiner Nähe. Zud e m verrichtet er 'aufrecht s te he nd!)
hier kei ne I<raftauf wendig e n A-beiten.
Der Fischgrätcn-lllclkstand
Di ese Mdkhäuser en thalten u. a . einen Milchb e handlungsraul1l
mit de n notw en dig en Kühleinrichtungen, ein e n Reinigungsraum, für die Milch- und Melkge räte, ei nen Maschin enraum
und den Melk s tand , wo die Kühe gemolk en we rden. \>\-ir find e n
gegenwärtig in der Praxi s verschied e ne e rprobte M.elkstandtypen. Arb Eit5wirtschaftlic h und au e h finanziell am vorteilhaftes ten ist der I'ischgräten-Melkstand, der künftig ausschli e ßlic h zum Einbau komm e n wird.
Er e ntspricht allen Anforderung en , die wir he ute an eine solch e
Einrichtung stelle n müssen. Ein gut eingearbeiteter Melk er
') Fachschule für Tierzucht, Barb )' (EIbe).
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d
Bild 1. i\'lelkhaus mit 'M elksland in Fi sc hgrätenform
a N achwart ehof,
b Maschinenraum,
c Milchbehandluogsraurn,
d Rampe, c RE'inigung::;raum , I Aufeolhaltsraum, g Heizull g, h Kohleola ger, i ß Kühe, k j\·jil c hleitung, I M elkflur, m Vorwart ehof
und rüstet dieses mit b eiden Händ en intensiv an. Dann setzt
pr das b e reithängende Melkzeug an und wi ederholt den .gesamt en Vorgang d e r Reihe n ach bei jeder Kuh. Stets iiber ze ugt er sich, ob jeder einzeln e Becher auch wirJdich Milch
saugt. Nun öffn e t er di e Eingangstür de r anderen Mell<s tandsei te und läßt die zw eite Achtergruppe herein. Sofort prüft
e r die Milch der ersten Kuh, säubert d e re n Euter und massiert
es mi t bei de n Händ en, um die Oxytocin wirkun g auszulösen .
Er we ndet sich bald de r ersten Kuh der ersten Achtergruppe
zu und melkt masc hinell nach , d. 11., er zie ht das Melkz eug
nac h unten (dabei e twas nach vorn) und ma ssie rt jedes einz eln e
Eute rviertel von oben nac h unten durch. Wenn er von den
Hintervierteln zu den Vord e rvierteln üb e rgeht, muß er die
Hände wec hseln. Durc h Herunterdrück e n der Gummikappe
eines Melkb echers läßt e r nun etwas Luft einström e n, damit
eli e in d e n Schläuche n befindlich e Milch abgesa ugt werd en
I<ann. Dann nimmt e r hier das Melkzeug ab und setzt es unverzüg li ch der e rsten Kuh der zweiten Acht e rgruppe, de re n
Eu te r angeriiste t ist, an. So geh t cs jetzt sc hnell von Kuh
zu Kuh, wob ei de nnoc h aufmerksam ge prüft und exal<t ange rüstet werd e n muß. Sind alle Melk ze ug e an die acht Kühe
der zweite n Achtergruppe umgesetzt, muß jedes einzeln e Euter
der "a usgemolkenen" Kühe l<On trolli e rt werden , ob es auch
wirkliCh "leer" ist. Verfasser hält diese Arb eit für un er läßlieh; de nn es kann immer einmal vorkommen, daß eine größe re
Me nge Milch infolge einer Melks törung in ein e m Eutervi e rtel
zurü c kbleibt und Ursache ein e r Erkrankung werden kann.
Agrartechnik . 9. ]g.
Nach der EuterkontroUe (Handnachmelken) wird die erste
Achtergruppe durch die Ausgangstür in den Nachwartehof
entlassen. Die nächsten acht Kühe werden eingelassen und
wie beschrieben gemolken. Da der Melk er alle Ein- und Ausgangstüren vom Melkflur aus bedienen kann, ist er, wenn die
Tiere sich an das Betreten des Melkerstands gewöhnt haben,
auf fr emde Mithilfe nicht unbedingt angewi esen.
Herde wird er sich dann hinsichtlich Leistungshöhe und Melkbarkeit in gleiche ACht ergruppen einteilen. Er muß vor allem
verste hen, die Euter, soweit das möglich ist, seinen Wünschen
entsprechend zu formen. Noch mehr Einfluß hat er aber auf
die Ausbildung der Eigenschaft "Melkbarl<eit". Er kann, wenn
er wirkli ch ein guter Melker ist, seine Tiere zur schnellen Milchhergabe erzi ehen .
Gründliche Ausbildung der Melker
Aus dem bisher Dargelegten geht hervor, daß es beim Melken
der in Offenställen gehaltenen Kühe Probleme in technischer
Hinsicht nicht gibt.
Es ist jedoch erforderlich, daß künftig der Ausbildungsstand
verbessert und die Voreingenommenheit vieler Mell<er überwund en wil d. Die Tierzüchtung muß hemüht sein, den noch
relativ ni edrigen Stand der Euterzüchtung in der breiten
Pr'lxis wei te, zu verbessern.
Die Melk er, die in Fischgräten-Melkständen arbeiten sollen ,
müssen flink und wendig sein sowie das notwendige Verständnis für di e doch s ~hon recht komplizierten Maschinen und
F.inrichtungen aufbringen können . Sie müssen interessiert,
einsatzfleudig, zu verlässig, unbedingt euterkundig sein und
ein gutes Organisationstalent besitzen.
Mit der Auswahl und Heranbildung geeigneter Kräfte sollte
jede LPG sofort beginnen. Ein befähigter Melk er, der mit dem
Handrnelken völlig vertraut und euterkundig sein muß, ist
für di<,: Arbeit im Melkstand zu interessieren . Er hat die
spezielle Ausbildungsstätte auf dem Gelände der Landwirtsc haftsausste llung in Markkleeberg, di e die Melke r mit d en
Arb eiten im Fischgräten-Melkstand vertraut macht, vor Inbetri ebnahme dcr eigenf'n Anlage ~u b es uchen. Ohne den Nachweis einer solchen Spezialausbildung eines odel mehrerer Melker darf und sollte keine LPG ihren Melkstand benutzen. Das
Risiko der Ausbreitung von Eutererkrankungen (Gelber Galt)
und d er Leistungsb eeinträchtigung durch unsachgemäßes
Melken (falsche Arbeitstechnik, Fehler in der Organisation der
einzeln en Arbeiten usw.) ist sonst zu groß , vor allem aber
dann, wenn jeg liche Kenntnisse im ma~chinellen Melk en
überhaupt fehlen.
Das Melken im Fischgräteri-Melkstand setzt
I. Vertrauth eit mit dem Handmelken ,
2. Kenntnisse im maschin ellen Melken
unbedingt voraus! Der Meister, d er während seiner fünfmonatigen Meisterausbildung an einer Fachschule für Tierzucht an d er Melkmaschine gründlich ausgebildet worden ist,
sollte sich in d en letzten Wochen seiner Ausbildung mit dem .
Fischgräten-Melkstand gründlich vertraut machen können. ·Da
das z. Z. noch nicht möglich ist, muß er derjenige sein, der
in Markkleeb erg den Speziallehrgang absolvi ert . Das Melken
im Fischgräten-Melkstand ist eine Form des maschinellen
Melk ens, di e modernste, di e unbedingt auf einer guten Allgemeinausbildung aufbauen muß.
Das WeidemelkeIl
Zum Schluß sei noch auf ein Problem hingewi esen, das dringend der Lösung bedarf: d en Einsatz d er Melkmaschine auf
der Weide.
Viele Betriebe melken nur während des Winterhalbj' hres im
Stall b zw. im Fischgräten-Melkstand , im So mmerhaltjahr
steht diese kostspielige Anlage ungenutzt still und man kehrt
zum Handmelken zurück. Wenn die Melk zeiten sich nicht
üb er G ebühr lange ausdehn en sollen, müssen zusätzlich Melker eingesetzt werden, auf die man im Winter im Fischgrätenmelk stand (und Offenstall) verzi chten konnte. Und das wäh rend des Sommerhalbjahres, wo auch die Feldarbeit viel
Arbeitskräfte beansprucht I
Im Winter (Fischgräten-Melkstand) melkt also ein Melker in
d er Stunde etwa 50 Kühe und im Sommer (Handmelken)
nur e twa 8 Kühe.
Das l\1elkproblem in den LPG, wo während de r Sommermonate die Milchviehherde mehr oder weniger weit vom Stall
entfernt weidet, muß gelöst werden. Der Einsatz von V\'eid emelk wagen, an d en en man die Küh e wi e im Anbindestall
maschin ell melken kann, muß deshalb unsere Mindestforderung
sein. Hier kann ein Me lk er mit zwei Melkapparaten etwa 14
bis 16 Kühe stündlich melk en.
Ve rglich en mit dem Melken im Winter (Fisc1-gräten-M elkstand) ist uns das roch zu wenig. D es halb sollten schn ellstens
fahrbare Melkstände in Fischgrätenform herausgebracht
werden .
Zwei Ti efladerwagen entsprec hend er Länge müßten jeweils
die ein e Seite des Melkstands bilden und di e erforde rliche
Ro hrkonstruktion tragen . Sie sind dann so nebeneinander zu
stellen, daß zwischen ;hnen d er vertiefte Arbeitsgang des MelI< ers entsteht. Mit Schutzplanen, ein er auseinandernehm aren
MiJchleitung aus Kunststoff usw. ve rsehen, würden diese
Wagen auf der Weide ein Melken mit ho hem arbeitswirtschaftlichem Effekt ermöglichen. Zweckmäßig wäre es, wenn diese
Wagen im Winter in den Melkraum des Melkhauses aufgestellt
werden könnten. Das würde unseren LPG zugleich erhebliche
Mittel einsparen lind die gesamte Anlage wäre wesentlich
wirtschaftlicher.
A 3259
Anmer k ung der Redaktion:
Wie wir berei ts in H . 10 (1958) S,435 bi s 438 beri chteten, befindet sich
ein ko mbinierter Fi sc hgrä te o-Melkslaod für Stall und Wp.ide bereits in der
Vorbereitung.
Auch der Züchter muD hellen
Ein erfolgreicher Einsatz des Fischgräten-Melkstands setzt
Melkmaschin eneuterbei den Kiihen voraus, die ab er in unseren
Genossenschaftsberden noch wenig zu find en sind. Der strenge
und unb edingt notwendige Arneitsrhythmus beim Melken
kann natürlich nur dann eingehalten werden, wenn di e ei n zelnen Euter in ihrer Ausformung einigermaßen normal sind
und kein e extremen Formabweichungen zeigen. Weiterhin
müssen di e Ti ere ihre Milch schn ell und willig hergeben. Sind
die Ti el e einer Herde sehr unterschi edlich, so treten Schwierigkeiten auf. Vor allem ältere , Kühe, die von schlechtem Pe rsonal mehr oder weniger vermolk en wurden , stören di e
Kontinuität des Arbeitsablaufs. Au c h d eshalb ist das richtige
Handmelken (j e tzt unter anderem Aspekt gesehen) die Vorausse:zung für den erfolgreichen Einsatz der Melkstände.
Der qualifizierte Melker wird die Tiere mit schlecht bzw.
nicht m'elkbaren Eutern abzusonde rn wissen. Den Großteil dpr
Heft 1 . Januar 1959
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AusstelluJlg slowakischer Facilliteratur
Am 1-5. Januar 1959 wird im Hause der Tschechoslowakischen Kultur,
Berlin W 8, Friedrichstraße 103, eine
Ausstellung slowakischer Fac hlite ratur
eröffnet.
An di ese r Veranstaltung be tpiligt sich der Slowakische Verlag für technische
Literatur in Bratislava mit einer Reihe VOD Origin alwerken aus den versc hiedensten Fachgebie ten. Auße rdem wird eine Au slese bedeutender Obersetzungen von Büchern auslä.ndischer Tec hni ker und Ok.onomen gezeigt. .
Der Ve rlag de r Slowakischen Akade mie der Wissenschaften in Bratislava
stellt e be nf alls seine technischen, gesellse haftswisse Dschaftliehen und landwirtschartlic hen Werke aus. Auch geologische und astronomische Arbeit e n
sowie medizinisc he Werke sind aur der Ausste llu ng vertreten.
Die Bes ucher werden die Möglichkeit haben, oie Fac hzeitsehriften bei der
Verlage durchzusehe n, deren Thematik sich auf die verschiedensten Wissens~
gebiete erstreckt.
Die Auss tellung ist bis zum 31. Januar 1959 werktags von 11 bis 18 Uhr
geörrnet: der Eintritt ist frei .
AZ 3369
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