pdf, 1.0 MB - Departement Betriebswirtschaftslehre
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Reform: Neues Reglement für BWL BeWL Informationen des Betriebswirschaftlichen Departements der Universität Bern Heft 1: Sommersemester 2004 Portrait: Richard Kühn Interview: Elisabeth Zölch eBay: Europazentrale in Bern Informationen des Betriebswirtschaftlichen Departements der Universität Bern Sommersemester 2004 Editorial Seite 1 Information Bald neu in Bern: Industriegütermarketing Seite 2 Reformen im Bachelorstudium der BWL Seite 3 Ausbau der Betriebswirtschaft in Bern Seite 4 Renommierte US-Forscherin gewonnnen Seite 5 Daniel Odermatt wirkt im Master-Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik mit Seite 6 Personen Im Porträt: Professor Dr. Richard Kühn Seite 7 Ivo Rüthemann – zwischen Eishockey und BWL Seite 10 Studium Schweiz schaut auf BWL-Masterstudium in Bern Seite 11 Betriebswirtschaft-Studierende der Universität Bern auf internationalem Kurs Seite 13 Beruf und Karriere Das Masterstudium der Betriebswirtschaft Ein Blick auf die Europäische Szene Seite 14 Ist ein Studium an der Universität zu praxisfern? Seite 17 Wirtschaft Konzentration auf Stärken Die Berner Volkswirtschaftsdirektorin Elisabeth Zölch im Interview Seite 19 eBay – ein Erfolgsmodell der New Economy Seite 22 Wissenschaft Von Kriechern und Heckenschützen Das optimale Bietverhalten bei eBay-Auktionen Anzeige VBW Seite 25 Seite 28 Das BWL Departement beabsichtigt demnach, zumindest zweimal im Studienjahr, eine Ausgabe von BeWL zu publizieren. In der Hoffnung, unseren Leserwünschen entsprechen zu können, haben wir BeWL nach zielgruppenrelevanten Rubriken gestaltet, weshalb wir bemüht sein werden, in Zukunft regelmässig über Studium, Wirtschaft sowie Beruf und Karriere zu berichten. Ausserdem würden wir uns freuen, wenn es gelänge, BeWL als Diskussionsplattform zu etablieren, an der Studierende, Lehrende und Praktiker sich aktiv beteiligten. Wir freuen uns daher über verschiedenste Kommentare ihrerseits! Editorial In dieser ersten Ausgabe finden sie neben einem Portrait von Herrn Professor Dr. Richard Kühn, der per Ende August 2004 in den Ruhestand eintritt, auch Informationen zu den Masterstudien und aktuelle Information aus der Wirtschaft zu einem für Bern interessanten Unternehmen eBay. Auch mit der Volkswirtschaftsdirektorin, Frau Zölch, durften wir ein Interview führen, dessen Gesprächsinhalte hier berichtet werden. Insbesondere die Informationen zum Masterstudium erachten wir als wesentlich, da z.B. auf möglicherweise entstandene Unklarheiten bezüglich der zu verleihenden akademischen Grade Bezug genommen wird. Die Universität Bern hat als Vorreiter zunächst die akademischen Grade ‚Bachelor’ und ‚Master of Business Administration’ vorgesehen, musste aber aufgrund Entscheidungen der Schweizer Universitätsrektorenkonferenz letztlich ihre Titel anpassen. Ich hoffe, dass wir ihnen durch die Publikation der BeWL Zeitschrift in Zukunft aktuelle Informationen übermitteln können, und würde uns wünschen, wenn es gelänge, dadurch einen wesentlichen Beitrag zur besseren Betreuung unserer Studierenden zu leisten. Ihr Artur Baldauf Sprecher des Departements BWL der Universität Bern Liebe Studierende – liebe Leserinnen und Leser! Mit der vorliegenden ersten Ausgabe der Zeitschrift BeWL haben sich die Verantwortlichen des BWL Departements das Ziel gesetzt, einen wesentlichen Beitrag zu einem verbesserten Stakeholdermanagement im Allgemeinen bzw. Kundenmanagement im Speziellen zu leisten. Wir ergreifen somit Massnahmen, die für viele Unternehmen schon selbstverständlich sind, aber bei öffentlichrechtlichen Institutionen noch durchaus entwicklungsbedürftig erscheinen. Unser Bemühen besteht demnach darin, die Dienstleistungsqualität zu verbessern. Da im Zusammenhang mit Dienstleistungsqualität aber nicht nur Konkretisierungen wie «Produkt», Verlässlichkeit oder Einfühlungsvermögen, sondern auch prozessuale Elemente stehen, erachten wir die Etablierung von effizienten und effektiven Kommunikationskanälen als wesentliche Herausforderung. Diese Herausforderung anzunehmen, verstehen wir auch vor dem Hintergrund der Pflege und der Intensivierung internationaler Kontakte, die insbesondere durch die Bologna Reformen sowie durch Erasmus Entwicklungen von zentraler Bedeutung sind. Bald neu in Bern: Industriegütermarketing Information Abstimmung auf Wirtschaftsförderungs konzept des Kantons Die Berner Betriebswirtschaftslehre wird alsbald eine neue Akzentuierung erhalten. Mit dem Weggang von Professor Thorsten Teichert wird die Professur für Innovations management neu als Industriegütermarke ting ausgeschrieben werden. Neben der Wahrung des Profils der Berner Betriebswirtschaftslehre kann aber nunmehr einer ganzen Reihe von internen Erfordernissen Rechnung getragen werden. Die Nachfrage der Studierenden nach Spezialisierungen war in der Vergangenheit sehr ungleich auf die einzelnen Lehrstühle verteilt. Für die Zukunft werden besondere Spitzenbelastungen in den Bereichen Personal und Organisation, Rechnungswesen und Controlling sowie Marketing erwartet. Im Zuge des Ausbaus der Betriebswirtschaftslehre soll in diesen drei Bereichen eine Erweiterung des Lehrangebots erfolgen, um die bislang ungünstige Betreuungsrelation zu verbessern. Die Neuorientierung des Industriegütermarketings ist einer von drei in diesem Sinne vorzunehmenden Reformschritten. Die neue Ausrichtung stellt freilich keinen grundsätzlichen Bruch mit den bisherigen Strukturen dar. Hauptbetrachtungs objekte in Lehre und Forschung werden wie bisher kleine und mittlere Unternehmen des Hochtechnologiebereichs sein. Für das Angebot des Departements für Betriebswirtschaftslehre an Forschungstransferleistungen ergibt sich damit keine grundsätzliche Veränderung. Der neu zu schaffende Lehrstuhl fügt sich vielmehr nahtlos in die im Kanton Bern seit 1998 verfolgte Clusterpolitik an. Besonders abgedeckt werden sollen vier der sechs vom Regierungsrat definierten Wirtschafts Schwerpunkte in der Arbeit der neu zu förderungs-Cluster, nämlich die Telematik, besetzenden Professur werden in den Beder Medizinalbereich, die Präzisionsindus- reichen Industriegütermarketing-Strategitrie und die Umwelttechnologie/Energie. en, Operatives Industriegütermarketing, Gleichzeitig wird eine Brücke für Absol- Beschaffungsstrategien mit Themen wie venten zu dem im Kanton Bern häufigsten «Buying-Center-Konzepte», Struktur- und Unternehmenstyp aufrechterhalten. Kleine Prozessmodelle und Interaktionsansätze und mittlere Hochtechnologieunterneh- sowie einer Reihe von Spezialthemen gemen halten die meisten Arbeitsplätze im sehen. Somit wird den Studierenden ein modernes und berufsspezifisches AusbilPrivatsektor bereit. dungsspektrum angeboten werden. Ulf Schiller Das Bachelorstudium der BWL in Bern Die Broschüre «Das Bachelorstudium der BWL an der Universität Bern» enthält alle Details die Sie für Ihr Bachelorstudium in Bern kennen müssen. Sie erhalten diese Broschüre ab Wintersemester 2004/05 an den betriebswirtschaftlichen Instituten oder über das Internet Portal des betriebswirtschaftlichen Departements, www.bwl.unibe.ch Kernelement des neuen Reglements ist die Bachelorarbeit, die die Studierenden zum Abschluss des Studiums anzufertigen haben. Da das Bachelorstudium durch viele grundlegende Veranstaltungen quer durch die gesamte Betriebswirtschaftslehre gekennzeichnet ist, soll es den Studierenden gerade durch die Bachelorarbeit möglich werden, persönliche Anbindung an die betriebswirtschaftlichen Institute zu erlangen. Gleichzeitig wird so Unabhängig davon erfolgt eine Fortsetein spezialisierter Abschluss der ersten zung des Studiums auf der Masterstufe Ausbildungsebene gemäss dem Bologna- in jedem Fall nach den Regeln des neuen Konzept ermöglicht. Die geplante Bear- Reglements, hier existiert keine Wahlbeitungsdauer (reine Bearbeitungszeit) für möglichkeit für die Studierenden. Für die Zulassung zum Masterstudium wird die Bachelorarbeit ist 6 Wochen. die Eingangshürde (Mindestnote 4.5 im Das zweite neue Element ist die Reduk- Bachelorabschluss) gestrichen, nachdem tion der verbindlichen Praktikumsdauer. die Hochschulpolitik der Schweiz einen Der praktische Gebrauch zeigte, dass die entsprechenden Gesinnungswandel vollbisherige Mindestdauer von 16 Wochen zogen hat. Diese Streichung gilt natürlich zu gut gemeint war. Die neue Regelung sowohl für Bachelorabsolventen nach (8 Wochen) kommt den Studierenden neuem als auch nach altem Reglement. in ihrer Gestaltung der vorlesungsfreien Zeit entgegen. Sie ermöglicht eine bessere Wer den Übergang zwischen der BachelorVorbereitung auf den zweiten Prüfungster- und Masterstufe zügig gestalten möchte, min des Sommersemesters im Herbst und hat bereits vor dem Bachelorabschluss wird so zur Senkung der Studienzeiten die Möglichkeit hierzu. Allen Bachelorstudenten, die das Einführungsstudium beitragen. erfolgreich absolviert haben, stehen die Weiter wurde die Zahl der Pflichtstunden so genannten Basislehrveranstaltungen im Einführungsstudium reduziert, der Ka- auf der Masterebene offen. Erfolgreich talog der Veranstaltungen bei frei wählba- absolvierte Prüfungen werden aber erst ren Lehrveranstaltungen vergrössert und angerechnet, wenn der Bachelorabdie Zahl der verbindlich zu belegenden schluss vorliegt. Proseminare reduziert. Ulf Schiller Studierende, die im Wintersemester 2004/ 05 neu beginnen, studieren automatisch nach dem neuen Reglement. Wer bereits jetzt im Bachelorstudium eingeschrieben ist, wird automatisch in das neue Reglement überführt, es sei denn, solche Studierende haben den Wunsch, im alten Reglement zu verbleiben. Dann müssen Information sie bis spätestens zum 28. Februar 2005 eine entsprechende Erklärung im WiSoDekanat einreichen. Reformen im Bachelorstudium der BWL Reglementsreform: Das Wichtigste für Bachelorstudenten auf einen Blick • Das Bachelorstudium wird mit einer Bachelorarbeit (8 ECTS) abgeschlossen • Reduktion der Praktikumsdauer von 16 Wochen (8 ECTS-Punkte) auf 8 Wochen (4 ECTS Punkte) • Nur noch ein obligatorisches Proseminar (bisher zwei) • Wer bereits im Bachelorstudium eingeschrieben ist, wird automatisch in das neue Reglement überführt. Wer im alten Reglement verbleiben möchte, muss dies bis zum 28. Februar 2005 im Dekanat schriftlich beantragen. • Zum Masterstudium sind sämtliche Bachelor-Absolventen zugelassen. Es gibt keine Mindestnote. Das Masterstudium kann nur nach neuem Reglement studiert werden. • Vor dem Bachelorabschluss können nur Basislehrveranstaltungen auf der Masterstufe besucht werden. Diese können erst nach dem Bachelorabschluss angerechnet werden. Voraussetzung für den Besuch einer Basislehrveranstaltung auf Masterstufe ist das abgeschlossene Einführungsstudium. Mit der Reglementsreform im Fach Be triebswirtschaftslehre zum 1. September 2004 ergeben sich auch für Studierende der Bachelorstufe einige Änderungen. Diese werden hier kurz vorgestellt. Ausbau der Betriebswirtschaft in Bern Information Hauptsächlich mit dem Ziel der Verbes serung des Betreuungsverhältnisses plant die Universitätsleitung einen nachhaltigen Ausbau der Betriebswirtschaftslehre in Bern. Möglich machen dies neue Bun desmittel. «Uni platzt aus allen Nähten», so titulierte die Berner Zeitung am 21.10.2003. Nicht zuletzt die Verhältnisse in der Betriebswirtschaft gaben damals Anlass zu dieser Feststellung. Im SwissUp Ranking wurde die BWL mit der schlechtesten Betreuungsrelation aller Universitäten in der Schweiz ausgewiesen. Nach den Plänen der Universitätsleitung soll es damit bald vorbei sein. Aufgrund neuer Bundesmittel werden mehrere Fachrichtungen an der Universität Bern ausgebaut, darunter die Betriebswirtschaftslehre. Bereichen gelehrten Themen in der Praxis auf stark nachgefragte berufliche Tätigkeitsfelder treffen. Ähnlich gestaltet sich die Situation im Bereich des Rechnungswesens, wo die zweite neue Professur geschaffen werden wird. Bislang deckt Professor Schiller die Gebiete des internen und des externen Rechnungswesens sowie des Controllings allein ab. Nachdem die Strukturen des Lizentiatsstudiums bald der Vergangenheit angehören werden und im Zuge des Masterstudiums kürzere Angebotszyklen notwendig werden, reicht die bisherige Angebotsstruktur nicht mehr aus. Zudem haben in den letzten 10 Jahren in der Schweiz gravierende Veränderungen in den Anforderungen an die Ausbildung stattgefunden, die sich durch die zunehmende Internationalisierung und Orientierung an den Erfordernissen der Kapitalmärkte ergeben. Die Universität Bern ist genau zum richtigen Zeitpunkt in der glücklichen Lage, hier einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber anderen Universitäten zu erlangen. Im April verabschiedete die Wirtschaftsund Sozialwissenschaftliche Fakultät einen Strukturbericht, in dem sie offen legt, wie sie die neuen Mittel einsetzen will. Zwei neue Lehrstühle und drei Assistenzprofessuren sollen die Anzahl der Lehrenden um 50% erhöhen. Dabei wird im Ausbauplan auf diejenigen Fächer Abgerundet werden soll der Ausbau gesetzt, in denen der Schuh am meisten der Betriebswirtschaftslehre durch drei zusätzliche Assistenzprofessuren in den drückt. Bereichen Accounting und Finance, MaSo wird ein zusätzlicher Lehrstuhl im nagement und Marketing. Jungen WisBereich Organisation geschaffen wer- senschaftlerinnen und Wissenschaftlern den. Das bisher allein durch Professor soll mit diesen Stellen die Möglichkeit Thom geführte Institut für Organisation gegeben werden, unabhängig zu lehren und Personal (IOP) wird also erweitert, und zu forschen. Die Anzahl der AssisProfessor Thom wird sich in der Lehre tenzprofessuren wird damit im Bereich der in Zukunft mehr dem Bereich Personal Berner BWL von bisher zwei auf deren widmen. Diese Erweiterung des IOP soll fünf erhöht werden. die verschlechterten Betreuungsverhältnisse korrigieren. Wurden in den Jahren Mit den neuen Professuren kann ab nach der Gründung des IOP noch etwa dem Wintersemester 2005/06 gerechnet 600 Prüfungen geschrieben, so sind es werden. heute über 1’000. Fachlich gesehen hat das Wissensvolumen sowohl im Bereich Ulf Schiller Personal als auch in der Organisation sehr stark zugenommen, sodass es unmöglich geworden ist, alle Bereiche mit der erforderlichen Intensität und Tiefe abzudecken. Hinzu kommt, dass die in diesen beiden Dem Departement für BWL ist es gelun gen, für das Wintersemester 2004/05 Frau Professor Dr. Jakki Mohr an die Universität Bern, Departement für Betriebswirtschaft, als Gastdozentin zu engagieren. Im fol genden Kurzporträt soll sie kurz vorgestellt werden. Frau Mohr ist Professorin für Management Jakki Mohr ist die Mutter von zwei Kindern, und Marketing sowie Ron and Judy Paige mit denen Sie bevorzugt ihre Freizeit mit Faculty Fellow an der Business School der Fahrradfahren, Camping, Skifahren und University of Montana in Missoula, Mon- Reisen verbringt und dabei die zahlreichen tana (USA). Sie wuchs in Boise, Idaho auf Naturwunder von Montana geniesst. und war vor ihrer akademischen Karriere in der Werbebranche für Hewlett Packard In Bern wird Jakki Mohr im Zuge einer im Silicon Valley tätig. Jakki Mohr promo- Blocklehrveranstaltung (voraussichtlich vierte an der University of Wisconsin-Ma- je eine Woche im Oktober 2004 und eine dison und war dann an der University of Woche im Januar 2005) über Innovation und High-Tech Marketing ein Obligatorium Colorado at Boulder beschäftigt. (6 ECTS) auf der Bachelorstufe anbieten Jakki Mohr’s Lehr- und Forschungs- (in Ersetzung der bisher von Herrn Teichert interessen sind in den Bereichen des gehaltenen Lehrveranstaltung InnovatiHigh-tech Marketing, e-Commerce und onsmanagement). Die Lehrveranstaltung Internet Marketing sowie Business-to- wird in englischer Sprache offeriert, was Business Marketing. Ihre Forschungsar- auch das Bestreben der Berner BWL, beiten wurden mehrfach ausgezeichnet sich international verstärkt zu orientieren, und erschienen im Journal of Marketing, zum Ausdruck bringen soll. Damit ist eine dem Strategic Management Journal, dem attraktive Alternative im WS 2004/05 für Journal of Public Policy and Marketing die von Herrn Teichert bisher abgehaltene und anderen nationalen und internatio- Lehrveranstaltung zum Innovationsmanagement gefunden worden. nalen Fachzeitschriften. Für ihre Lehrtätigkeit erhielt Frau Mohr Artur Baldauf mehrere Auszeichnungen, u.a. den Most Inspirational Teacher Award der University of Montana (2002), den Outstanding Faculty Award (2000) sowie den Frascona Teaching Excellence Award der University of Colorado (1992). Frau Mohr sucht auch den Informationstransfer zwischen Wissenschaft und Praxis, was auch dadurch dokumentiert wird, dass in ihren Lehrveranstaltungen häufig Strategien für Unternehmen – unter Bezug auf theoretische Konzepte – erarbeitet werden. Zusätzlich berät sie eine Vielzahl von High-tech Unternehmen. Renommierte US-Forscherin gewonnen Lehrprogramm Innovationsmanagement im WS 2004/05 Daniel Odermatt wirkt im Master-Studienschwerpunkt Wirtschaftsinformatik mit Information Im Rahmen der im WS 2004 / 05 neu anlaufenden Master-Programme wird das Institut für Wirtschaftsinformatik unter anderem eine Lehrveranstaltung «Management von Informatik-Projekten» anbieten. Wir freuen uns sehr, dass es gelungen ist, den neuen Verwaltungsdirektor der Universität Bern, Herrn Dr. Daniel Odermatt, als Lehrbeauftragten für die Abhaltung dieser Lehrveranstaltung zu gewinnen. Das Institut für Wirtschaftsinformatik richtet sein Lehrprogramm im Zuge der Einführung des Bachelor / Master-Studiums konsequent auf eine theoretisch fundierte und praxisrelevante Lehre aus, die den Studierenden beste Startvoraussetzungen für ihr Berufsleben bieten soll. Der Lehrauftrag an Daniel Odermatt leistet einen wichtigen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels. Daniel Odermatt war vor rund 15 Jahren als Hilfsassistent, Assistent und Doktorand am Institut für Wirtschaftsinformatik tätig. Sein Doktoratsstudium an der Uni Bern schloss er 1991 mit einer Dissertation zum Thema «Wettbewerbsorientierte Informationssysteme in der schweizerischen Privatassekuranz» ab. Gerhard Knolmayer Seit 1991 war Daniel Odermatt bei der Schweizerischen Mobiliar Versicherungsgesellschaft in Bern in verschiedenen leitenden Funktionen tätig, zuletzt als Bereichsleiter Informatik und Mitglied der Geschäftsleitung. In dieser Funktion war er für den Aufgabenbereich «Betriebsorganisation und Informatik» und damit für über 260 interne und eine grosse Anzahl externe Mitarbeitende, für die IT-Systeme der rund 4000 Anwender an 200 Standorten und ein jährliches Budget von über 100 Mio CHF verantwortlich. Ab 2002 baute er für die Computer Sciences Corporation (CSC) eine neue Geschäftseinheit «Strategie- und Organisationsberatung» auf. Im Januar 2004 übernahm Herr Dr. Odermatt die Position des Verwaltungsdirektors seiner Heimatuniversität und ist damit Mitglied der Universitätsleitung. In seinem beruflichen Werdegang hat Daniel Odermatt vielfältige Erfahrungen mit ganz unterschiedlichen Informatik-Projekten gewonnen. Studierende mit einem Studienschwerpunkt in Wirtschaftsinformatik werden im Rahmen des Lehrauftrages sowohl vom theoretischen Hintergrund als auch den praktischen Erfahrungen von Daniel Odermatt profitieren können. Richard Kühn, 1938 in Süddeutschland geboren, absolvierte das mathematischnaturwissenschaftliche Gymnasium in Worms. Das Studium der Nationalökonomie schloss er nach Studienaufenthalten in Bonn und in Mexiko City 1963 mit dem lic.rer.pol. in Bern ab. Nach dem Lizentiat war Richard Kühn bei Prof. Müller an der Universität Bern als wissenschaftlicher Assistent tätig, wo er 1967 mit der Arbeit «Möglichkeiten rationaler Entscheide im Absatzsektor» promovierte. Nachdem ihm ein Stipendium des Schweizerischen Nationalfonds zugesprochen wurde, ergriff Richard Kühn als einer der ersten Betriebswirtschaftsdozenten der Schweiz die Gelegenheit, seinen Wissenshorizont im Land der unbeschränkten Möglichkeiten zu erweitern. Er verbrachte ein Forschungsjahr an der Arizona State University in Phoenix (USA) und beschäftigte sich in dieser Zeit intensiv mit statistischen Problembereichen innerhalb der empirischen Sozialforschung. Nach seiner Rückkehr aus den USA wirkte Richard Kühn noch kurze Zeit als Oberassistent am betriebswirtschaftlichen Institut der Universität Bern, fasste im Jahr 1970 aber den Entschluss, sein im akademischen Bereich erlangtes Wissen auch in der Praxis zu validieren: Er agierte als Chefredaktor der Zeitschrift «Werbung/Publicité», war in verschiedenen Organisationen der Werbewirtschaft tätig und gründete die Beratungsfirma input AG. Im Jahr 1987 folgte Richard Kühn dem Ruf der Universität Bern als Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre und gründete das Institut für Marketing und Unternehmensführung (IMB), dem er seit dieser Zeit auch vorsteht. Neben seinem unermüdlichen Engagement in der Lehre und in der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses setzte er sich auch selbstlos für die Belange der WISO-Fakultät sowie für die Universität Bern insgesamt ein. Er war Vorstand der Wirtschaftswissenschaftlichen Abteilungen und auch Dekan der Rechts- und Wirtschaftwissenschaftlichen Fakultät. Besondere Anerkennung erwarb er sich im Jahr 1995, als es ihm gelang, die Schweizerische Gesellschaft für Marketing (GfM) für die Finanzierung einer Lehrveranstaltung zu gewinnen und Personen Von Freiburg nach Bern Mit dem Praxisengagement war jedoch nicht ein endgültiger Abschied von der scientific community verbunden, da Richard Kühn der Universität Bern durch die Übernahme eines Lehrauftrages für Absatzlehre, Unternehmungspolitik und Planung verbunden blieb. Sein wissenschaftliches Interesse beflügelte ihn denn auch, neben seiner Tätigkeit in der Praxis seine Habilitationsschrift mit dem Titel «Entscheidungsmethodik und Unternehmungspolitik – Methodische Überlegungen zum Aufbau einer betriebswirtschaftlichen Spezialdisziplin» fertig zu stellen. Seine Rückkehr in den akademischen Dienst war entsprechend vorprogrammiert: Im Jahr 1979 wurde er von der Universität Freiburg zum Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre ernannt, wo er seinen Vorstellungen einer generalistischen Betriebswirtschaft entsprechend, ein sehr breites Lehrprogramm in den Bereichen Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Betriebsinformatik und Marketing sowohl in deutscher als auch in französischer Sprache offerierte. Dieses Lehrprogramm reflektiert eindrucksvoll sein über die Grenzen einzelner Teildisziplinen hinausgehendes Selbstverständnis der Betriebswirtschaft. Im Porträt: Professor Dr. Richard Kühn Wir wollen es nicht wahrhaben, aber der Lauf der Zeit ist unaufhaltsam – Ende Au gust 2004 tritt eine der renommiertesten Persönlichkeiten der schweizerischen Mar ketinglandschaft, Prof. Dr. Richard Kühn, in den Ruhestand. Strategie und Marketing Sein präferiertes Lehr- und Forschungsgebiet war und ist jedoch stets das Marketing, und zweifelsohne zählt der Betriebswirtschaftsprofessor heute zu den Pionieren und kritischen Vordenkern der Marketingdisziplin in der Schweiz. Er avancierte zu den handverlesenen Professoren, denen es gelang, über den eigenen Lehrstuhl hinaus Interesse für akademisch orientiertes Marketing zu wecken und dadurch auch entsprechenden Einfluss zu erlangen. Die wissenschaftlichen Arbeiten von Richard Kühn sind geprägt von der kritischen Reflexion der Betriebswirtschaftslehre im Spektrum der Wissenschaften. Richard Kühn versteht sich als Proponent der praktisch-normativen Betriebswirtschaftslehre, der bestrebt ist, der Praxis brauchbare Entscheidungsmethoden zur Verfügung zu stellen. Basierend auf seinen Überlegungen zur Forschungsmethodik entwickelte er verschiedene heuristische Entscheidverfahren, so zur «Planung eines strategischen Konzeptes für den Marketing-Mix», zur «Erarbeitung von Planungskonzepten» und zur «Gestaltung des strategischen Planungsprozesses». Sein in der Praxis bekanntestes Werk trägt den Titel «Marketing – Analyse und Strategie», welches methodische Anleitungen für die Marketingsituationsanalyse und die Bestimmung des Marketing-Mix-Konzeptes enthält. Sein Wissen bzw. seine Erfahrung hat Richard Kühn auch stets in den Dienst der akademischen Gesellschaft gestellt. Seit 1993 ist er Mitglied des Herausgeberbeirats der Zeitschrift «Marketing – Zeitschrift für Forschung Praxis» und seit 1998 Mit-Herausgeber der Schweizerischen Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis «Die Unternehmung». Richard Kühn ist überdies Mitglied der Praxisbezug grossgeschrieben Die Aktivitäten von Richard Kühn umfassen Bereiche, die weit über die universitären Forschungs- und Lehrtätigkeiten hinausgehen. Seit langem pflegt er enge Verbindungen zur Praxis, engagiert sich in der Marketing-Aus- und -Weiterbildung für Praktiker und nimmt öffentliche Funktionen wahr: Neben dem Aufbau des eigenen Strategie- und Marketingberatungsunternehmens input AG zeugen seine langjährigen Beratungstätigkeiten sowie sein Engagement in mehreren Verwaltungsräten von intensiven Kontakten zur unternehmerischen Praxis. Während 26 Jahren war Richard Kühn zudem Mitglied des Vorstandes der Schweizerischen Gesellschaft für Marketing (GfM). Überdies wirkte er entscheidend mit beim Aufbau und bei der Konzipierung der eidgenössisch anerkannten Lehrgänge zum eidg. dipl. Werbeleiter, zum eidg. dipl. Verkaufsleiter und vor allem zum eidg. dipl. Marketingleiter. Richard Kühn engagierte sich in der eidgenössischen Kartellkommission (1993–1998), in der Volkswirtschaftkommission des Kantons Bern (1993–1997) sowie im Vorstand der Gesellschaft für Betriebwirtschaftslehre. 2001 wurde Richard Kühn in Würdigung seiner Verdienste um die umfassende Förderung des Marketing in Forschung, Lehre und Praxis mit dem GfM Marketingpreis ausgezeichnet. Richard Kühn hat unzählige Beratungsmandate erfüllt und ist ein gerne sowie viel gehörter Vortragender und Interviewpartner. von Beratungsmandaten weiterhin in der Praxis engagieren – getreu seiner Devise: «(…) voll durchziehen und kein Lame-duck-Gefühl aufkommen lassen.» Seine breit gefächerten Interessen, seine Lebensfreude, seine Schaffenskraft, seine Unternehmenslust und seine Offenheit lassen uns nicht an der konsequenten Umsetzung dieses Leitsatzes zweifeln. Wir werden seine Weitsicht, seine Erfahrung und seine Konsensfähigkeit vermissen und wünschen ihm das Allerbeste im nächsten Lebensabschnitt! Personen wissenschaftlichen Kommission Marketing des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e. V., die er 1996/ 97 präsidierte. Von 1994 bis 1997 war er ausserdem im Vorstand des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e. V. tätig. Artur Baldauf und Carolina Meli Auswahl von in letzter Zeit publizierter und einem breiten Leserkreis zugängli chen Werke von Richard Kühn: • Entscheidungsverfahren für komplexe Probleme (gemeinsam R. Grünig), Berlin, Heidelberg 2004. • Marketing – Analyse und Strategie (gemeinsam mit P. Vifian), vollständig überarbeitete und erweiterte Neuauflage, Zürich 2003. • Process-based Strategic Planning (gemeinsam mit R. Grünig), 2nd edition, Berlin, Heidelberg, New York 2002. • Dienstleistungsmarketing – Planung und Gestaltung von Kundenbeziehungen (gemeinsam mit R. Fasnacht), Zürich 2002. • Methodik der strategischen Planung –Ein prozessorientierter Ansatz für Strategieplanungsprojekte (gemeinsam mit R. Grünig), 2. überarbeitete Auflage, Bern, Stuttgart, Wien 2002. • Grundlagen der Strategischen Im Ruhestand will Richard Kühn laut Planung –Ein integraler Ansatz zur eigenen Aussagen vermehrt mit seiner Beurteilung von Strategien Frau reisen, Konzerte und Ausstellun- (gemeinsam mit R. Grünig), gen besuchen, seine Lehrerfahrungen 2. überarbeitete Auflage, Bern, dokumentieren und sich im Rahmen Stuttgart, Wien 2000. damit den ersten durch ein Sponsoring finanzierten Lehrauftrag an der Universität Bern zu institutionalisieren. Foto: EQ Images Ivo Rüthemann – zwischen Eishockey und BWL Personen Den Eishockey-Fans ist der Name Ivo Rüthemann seit langem ein Begriff. Seine Schnelligkeit und Abschlussqualitäten versetzen die Fans in der BernArena jeweils in Begeisterung. Die soeben zu Ende gegangene Saison war mit dem Gewinn des Meistertitels nicht nur für Rüthemanns Klub, den SC Bern, eine äusserst erfolgreiche, sondern auch für ihn persönlich. In 63 Spielen erzielte der St. Galler 66 Skorerpunkte (31 Tore und 35 Assists) und erwies sich als einer der Bausteine für den Gewinn des Meistertitels. Zum Abschluss der Saison führte er die Schweizer Nationalmannschaft ins Viertelfinal der Weltmeisterschaft. Rüthemanns Passion und Hauptbeschäftigung ist zwar das Eishockey, doch ab und an wirft der 27-Jährige auch einen Blick in wissenschaftliche Literatur – denn der Topskorer des SCB absolviert auch ein BWL-Studium an der Universität Bern. Ivo Rüthemann, an der Uni Bern sind Sie als BWL-Student eingeschrieben. Wie oft sind Sie denn dort? Ich nehme an rund drei Vorlesungen im Semester teil. Daneben betreibe ich Selbststudium – ich werfe also ab und zu einen Blick in Fachbücher. Regelmässig zum Lesen komme ich jedoch nicht. 10 Ivo Rüthemann wurde am 12. Dezember 1976 geboren. Eishockey ist für den 1,72 Meter grossen und 75 Kilogramm schweren Athleten seit seinem sechsten Lebensjahr zentraler Lebensinhalt. Als erstes trat Rüthemann beim SC Rheintal auf helvetischem Eis in Erscheinung, bevor er zum HC Davos und dann 1999 zum SC Bern wechselte. Rüthemann absolvierte bis dato 505 Spiele in der Nationalliga A und erzielte dabei 140 Tore und 162 Assists. Für die Schweizer Nationalmannschaft (Stand 3.5.04) bestritt der Flügelstürmer 126 Länderspiele und buchte dabei 43 Punkte (21 Tore sowie 22 Assists). Was interessiert Sie denn am meisten? Ich bin noch nicht so weit, dass ich wählen könnte. Mal abwarten. Aber der Bereich Finanzmanagement interessiert mich schon. Ist für Sie als Eishockeyprofi das Studium Zeitvertreib oder eine willkommene Ab wechslung? Ich habe die Typus E-Matura gemacht. Als reiner Zeitvertreib sehe ich es nicht, aber als gute Ergänzung. Es ist nicht zu viel, nicht zu wenig und ich komme ein bisschen vorwärts. Das heisst, der Abschluss ist Ihr Ziel? Absolut. Ich studiere nun schon fünf Jahre, jetzt kommen noch etwa fünf Jahre dazu. Die Vorbereitung auf das «Danach», auf die Laufbahn nach der Eishockeykarriere, läuft also auf vollen Touren? Ja, sie läuft. Was ich jedoch nach meiner Eishockeylaufbahn machen werde, ist aber noch völlig offen. Keine Ahnung, in welche Richtung es mich ziehen wird. Der Sport bedeutet Ihnen alles? Er steht bei mir absolut im Zentrum. Daneben möchte ich etwas aufbauen und schliesslich habe ich noch ein Privatleben, das für mich zentral ist. Eishockey ist Ihr Leben, haben Sie auch Studenten als Kollegen? Ganz am Anfang waren da zwei, drei Freundschaften. Aber diese Kollegen haben inzwischen abgeschlossen. Auch Alex Châtelain studiert mit mir, aber der wechselt nun von Bern nach Basel. Interview: Beat Moning Mit Dank wiederabgedruckt aus dem Bieler Tagblatt Vor drei Jahren war die Betriebswirtschaftslehre der Universität Bern die erste in der Schweiz, die das alte LizenziatsStudium zu Gunsten der Bologna-Reform aufgab und konsequent auf die international anerkannte Bachelor- und Masterstruktur wechselte. Schon lange vorher hat Bern das Kreditpunktesystem eingeführt. Mittlerweile sind andere schweizerische Universitäten diesem Schritt gefolgt – auch Basel, Freiburg, Lugano und St. Gallen haben inzwischen entsprechende Reglemente verabschiedet. Mit dem Start des Masterprogramms ist Bern nun erneut an der Spitze. Studienschwerpunke im Zentrum Während die «Konkurrenz» häufig nur alten Wein in neuen Schläuchen anbietet, und damit alte Strukturen weiter anbietet, wurde in Bern eine echte Studienreform vollzogen. Das neue Masterprogramm umfasst in der Regelstudienzeit drei Semester. Pro Semester werden 30 ECTS- Studium Punkte zu erbringen sein, insgesamt also 90. Anders als das Studium auf der Bachelor-Stufe, das eine breite Berufsqualifikation zum Ziel hat, erfolgt auf der Masterstufe eine Spezialisierung. Den grössten Anteil an den zu erbringenden Studienleistungen nehmen folgerichtig die Veranstaltungen des Studienschwerpunkts ein. Die bernische BWL kennt vier solche Schwerpunkte: • Finanzierung und Unternehmensrechnung, • Management, • Marketing, • Wirtschaftsinformatik. Für jeden Schwerpunkt gibt es einen oder mehrere Studienprogramme, aus denen die Studierenden einen individuell passenden auswählen können. Ein Studienprogramm umfasst 48 zu erbringende ECTS-Punkte und setzt sich aus Veranstaltungen mehrerer Lehrstühle zusammen. Dies ist ein Novum in Bern. Im alten Lizenziats-Studium standen die Fachprogramm-Prüfungen als Spezialisierung im Mittelpunkt. Diese waren regelmässig «One-Man-Shows» (Professorinnen gibt es bekanntlich in Bern (noch) nicht). Als Folge arbeiteten die Professoren mehr oder weniger unabhängig voneinander – die Lehre war zwar in ihren Grundzügen, nicht aber in den Details aufeinander abgestimmt. «Mit Einführung der Master-Studiengänge wird der Teamgeist auf Seite der Dozenten eine stärkere Rolle spielen», erklärt Professor Norbert Thom. Das wird letztlich den Studierenden zu Gute kommen. Ein noch stärker abgestimmtes Curriculum als bisher wird die Qualität der Lehre entscheidend verbessern. «In der Konzeptionsphase warf die Vorgabe abgestimmter Lehrveranstaltungen zwangsläufig die Problematik einer Verschulung des Studiums auf. Wir haben das Problem durch eine abgestufte Mischung aus obligatorischen und frei wählbaren Veranstaltungen in jedem Studienprogramm gelöst», sagt Thom. So enthält jedes Studienprogramm 11 Schweiz schaut auf BWL-Masterstudium in Bern Das Masterstudium der BWL in Bern Die Broschüre «Das Masterstudium der BWL an der Universität Bern» enthält alle Details die Sie für Ihr geplantes MBA-Studium in Bern kennen müssen. Sie erhalten diese Broschüre ab Sommersemester 2004 an den betriebswirtschaftlichen Instituten oder über das Internet Portal des betriebswirtschaftlichen Departements, www.bwl.unibe.ch Noch ein Semester, dann ist es so weit. Zum ersten Mal in der Geschichte der Schweiz nehmen reguläre Studierende einer Grossu niversität den Master-Abschluss in BWL in Angriff. Grund genug, um die Strukturen des neuen Studiengangs vorzustellen. Studium 12 einen Pflichtbereich von Veranstaltungen, weis stellen, dass sie in der Lage sind, die sämtlich zu absolvieren sind. Daneben selbstständig ein komplexes Problem findet sich ein so genannter Wahlpflicht- mit den Methoden zu lösen, die sie im bereich. Dieser enthält einen Kanon von Verlauf des Studiums erlernt haben. Für Veranstaltungen, von denen eine gewisse die Bearbeitung sollten die Studierenden Mindestzahl zu belegen ist. Darüber hin- drei bis vier Monate einplanen, im letzten aus existieren schliesslich Wahlveranstal- Semester sollten also nur noch wenige tungen, mit denen die Studierenden die Lehrveranstaltungen liegen, die parallel erforderlichen 48 ECTS-Punkte in völlig zur Masterarbeit absolviert werden. freier Wahl komplettieren können. Internationalität Basisveranstaltungen und Nebenfachveran Als Absolvent kann man auf dem Arbeits staltungen als allgemeine Komponente markt heutzutage nur bestehen, wenn Bei allem Wunsch zur Spezialisierung man glaubhaft versichern kann, dass soll ein Masterstudent der BWL an der man internationalen Anforderungen geUniversität Bern das Jenseits des eignen recht wird. Dem wird die bernische BWL Tellerrandes nicht aus den Augen verlieren. in zweierlei Hinsicht gerecht. Zum einen Insofern enthält das Studium ein zu er- ist es für alle MBA-Studierenden in Bern bringendes Pensum von 24 ECTS-Punk- verpflichtend, den General Management ten aus Veranstaltungen, die nicht zum Schwerpunktprogramm zählen. Dabei soll es den Studierenden überlassen bleiben, wie sie die allgemeine Komponente ausfüllen. Zum einen wird ihnen daher ein Kanon von betriebswirtschaftlichen Basisveranstaltungen angeboten. So besteht die Gelegenheit, eine allgemeine betriebswirtschaftliche Basis zu behalten, wenn man es möchte. Studierende des Rechnungswesens können also auf Wunsch durchaus ein Grundwissen in Marketing erwerben. Zweitens kann man aber auch auf ein Nebenfach setzen. Hierfür kommen die Fächer Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaft und Informatik in Frage. Man kann sogar einige Basisveranstaltungen mit einigen Veranstaltungen des Nebenfachs mischen. Hier wird voll und ganz auf die Mündigkeit der Studierenden gesetzt. Masterarbeit als Abschluss Das letzte wesentliche Element des Masterstudiums wird eine Masterarbeit sein, die bei einem Dozenten geschrieben wird, bei dem vorher eine Veranstaltung aus dem Schwerpunktprogramm besucht wurde. Die Masterarbeit erbringt 18 ECTSPunkte und bildet gewissermassen den krönenden Abschluss des Studiums. In ihr sollen die Studierenden unter Be- Admission Test (GMAT) zu absolvieren. Der erreichte GMAT-Score dient als international bekannte Visitenkarte für einen angehenden Manager. Zweitens wird eng mit Partneruniversitäten im Ausland kooperiert werden. Die verantwortlichen Professoren der StudienschwerpunktProgramme werden im Ausland erbrachte Leistungen flexibel anerkennen. Im Rahmen des Ausbaus der Bernischen BWL wird unter der Leitung von Professor Jung ein Kontaktportal für Studierende geschaffen werden, die ein Auslandssemester absolvieren wollen. Damit wird die Internationalität des Berner Masterabschlusses entscheidend gestärkt. Rochester-Bern Executive MBA als Alternative Mit der Schaffung der Strukturen eines Masterstudiums, das direkt im Anschluss an den Bachelor-Titel möglich ist, rundet die Bernische BWL ihr Angebot nun ab. Studierenden stehen damit zwei attraktive Optionen zur Verfügung. Zum einen ist es möglich, direkt im Anschluss an den Bachelor-Titel in der oben beschriebenen Weise zügig und effizient weiter zu studieren. Wird der Bachelor-Titel hingegen als Sprungbrett in die Praxis genutzt, ist der Weg zurück an die Universität Bern nicht verbaut. Mit dem Executive Programm Rochester-Bern bietet Bern bereits seit Jahren einen erfolgreichen Aufbaustudiengang für Manager an, der zum MBA Titel führt. Ulf Schiller Interessante Links: • www.bwl.unibe.ch Das Internet-Portal des betriebswirtschaftlichen Departements der Universität Bern • http://www.executive-mba.ch Die Homepage des Rochester-Bern Executive MBA-Programms. Studium Reinhard Jung 13 Betriebswirtschaft-Studierende der Universität Bern auf internationalem Kurs Bei den Betriebswirtschaft-Studierenden Auch für den Kanton Bern eröffnet sich der Universität Bern wird das Studium an mit den internationalen Erfahrungen der einer der Partneruniversitäten im europä- Studierenden ein bedeutendes Potenzial», ischen Ausland, mit denen das Departe- so Professor Jung. ment für Betriebswirtschaftslehre (BWL) zusammen arbeitet, immer beliebter. Die Durch eine der stark wachsenden Nachfrage nach Studienplätzen des so Nachfrage angepasste Ausweitung der genannten Erasmus-Programms wachse Austauschvereinbarungen mit ausgewählmit einer enormen Geschwindigkeit, freut ten, renommierten Partneruniversitäten sich der zuständige Fachkoordinator, As- konnte der Fachkoordinator zusammen sistenzprofessor Dr. Reinhard Jung. Die mit seinen Kollegen nicht nur die Zahl der Nachfrage ist in den vergangenen drei Studienplätze, sondern auch die Anzahl Jahren von einem auf 37 Studienplätze der europäischen Länder, die zur Auswahl angewachsen. «Es handelt sich um stehen, deutlich erhöhen. BWL-Studieeine sehr erfreuliche Entwicklung, denn rende der Universität Bern haben nun die kulturelle und fachliche Auslandserfah- Möglichkeit in den EU-Ländern Dänemark, rungen sowie internationale Kontakte Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, sind für die Studierenden eine wichtige Niederlande, Schweden und Spanien sopersönliche und berufliche Bereicherung. wie in den EU-Beitrittsländern Litauen und Polen ein oder zwei Auslandssemester zu verbringen. Sie bleiben in dieser Zeit an Unsere Internationalen der Universität Bern immatrikuliert und Partneruniversitätem erhalten zum Ausgleich der Mehrkosten • Humboldt Universität Berlin (D) ein kleines Stipendium von der Eidge• Universität Münster (D) nossenschaft. Gleichzeitig kommen • Universität Hohenheim (D) regelmässig ausländische Studierende • Copenhagen Business School (DK) der Partneruniversitäten für ein oder • Helsinki Business School (FI) • Turku School of Economics and Busi- zwei Semester an die Universität Bern, um hier Veranstaltungen der Wirtschaftsness Administration (FI) und Sozialwissenschaftlichen Fakultät zu • Tilburg University (NL) belegen. In Bern erwartet sie ein Studi• Poznan University of Technology (PL) enangebot auf hohem Niveau, das mit • Università degli Studi di Roma seinem Bachelor- / Master-System auch «La Sapienza» (I) strukturell internationalen Anforderungen • Universitá de Alcalá (E) entspricht. Das Masterstudium der Betriebswirtschaft Ein Blick auf die Europäische Szene Beruf und Karriere 14 Wie jedes Jahr, so veröffentlichte die Financial Times auch in diesem Januar ihr viel beachtetes Ranking der 100 besten Business Schools der Welt. Gegenüber den Vorjahren zeigt es kaum Veränderungen: mit 57 Nennungen befinden sich über die Hälfte von ihnen in den USA; im Vorjahr waren es nur 56. Und von den im Ranking vertretenen 28 europäischen Business Schools sind über die Hälfte britisch/irisch. Nehmen wir die Business Schools des angelsächsischen Kulturraums zusammen, dann stellt dieser 83 der 100 besten Business Schools der Welt. Professor Dr. Hans Tümmers ist ein Kenner der Europäischen Hochschulszene. Er wurde 1944 geboren und studierte Betriebswirtschaft und Politische Wissenschaft and Political Science an den Universitäten Erlangen-Nürnberg, Tübingen und Augsburg. Er promovierte in Augsburg mit einer Dissertation über den Gaullismus in der vierten Republik. Als Frankreichexperte war er lange Zeit Präsident des IESC der Universität Strassburg, anschliessend Präsident des Stuttgart Institute of Management and Technology (SIMT). Professor Tümmers ist Begründer des HERMES-Netzwerks, eines Zusammenschlusses Europäischer Hochschulen zur Förderung von Doppeldiplomstudiengängen. Und was ist mit den Business Schools im deutschsprachigen Raum? Fehlanzeige! Nun könnte man gelassen darüber hinweg gehen. Denn die Universitäten unseres Kulturraumes haben ja eine Rei- sprachigen Raum beide Akkreditierungen, he von anderen grossen Leistungen und die Universität Mannheim kann die der Vorzügen aufzuweisen. Leider hat jedoch AACSB und die WHU in Vallendar die von die Abwesenheit bei der akademischen Equis vorweisen. Nur drei Hochschulen Weiterbildung der «High Potentials» dieser im deutschsprachigen Raum haben also Welt für unsere Volkswirtschaften grosse eines dieser international bedeutenden Nachteile. Denn dass diese nicht hier Labels – von insgesamt etwa 530 Hochausgebildet werden, sondern anderswo, schulen weltweit. verbaut uns die Möglichkeit, persönliche Verbindungen und Netzwerke mit den Es wird also höchste Zeit, dass wir uns der Führungskräften weltweit aufzubauen. In Bedeutung dieses Bildungsmarktes beeiner globalisierten Wirtschaft ist dies ein wusst werden und entsprechend attrakschweres Handicap. tive Studienangebote einrichten. Dabei muss es uns gelingen, wissenschaftliche Akkreditierung notwendig «Excellence» mit einem originellen und Im Rahmen des Bologna-Prozesses spezifisch europäischen Studienangebot richten derzeit immer mehr Universitäten zu verbinden. Denn wer versucht, Harund Fachhochschulen in Deutschland, der vard oder Wharton zu imitieren, hat von Schweiz und Österreich Masterprogram- vornherein verloren. Und es wäre auch me in Betriebswirtschaft ein. Ärgerlich ein falscher Ansatz, das amerikanische dabei ist jedoch, dass nur wenige von Erfolgsmodell 1 : 1 in unsere Länder überihnen den internationalen Standards tragen zu wollen. entsprechen und die Chance haben, in die Weltspitze vorzudringen. Die Akkre- GMAT: unerlässlich ditierungen von AACSB (Association to Allerdings müssen auch unsere MasterAdvance Collegiate Schools of Business) Programme einige der Erfolgsmerkmale oder die Equis-Akkreditierung der EFMD angelsächsischer Hochschulen überneh(European Foundation for Management men: die strenge Auswahl der Studenten Development), haben nur sehr wenige nach international gültigen Kriterien (wie vorzuweisen: Die Universität St. Gallen dem GMAT – Graduate Management hat als einzige Hochschule im deutsch- Admission Test), ein intensives Studium Neben den konsekutiven Masterstudiengängen, die sich unmittelbar an ein Bachelorstudium anschliessen, stehen häufig MBA-Studiengänge im Zentrum des Interesses. Diese sind in der Regel generalistisch, und schliessen alle wesentlichen betriebswirtschaftlichen Funktionen und auch die für das Management wichtige benachbarte Disziplinen ein. Neben einem Kanon von Kernfächern («Core-Courses») werden eine Reihe von «Electives» angeboten, von denen einige zu «Concentrations», also Vertiefungsrichtungen, zusammengefasst werden können. Sie dienen meist der Vertiefung von Kenntnissen in einer betriebswirtschaftlichen Funktion (Beispiele: International Management, Management Information Systems, Operations Management) oder einem Anwendungsfeld (Beispiel: Health Care Management). In jedem Falle handelt es sich beim Masterprogramm jedoch um ein «General Management Program», weshalb es unsinnig ist, von einem Master «in Marketing» oder «in Finance» zu sprechen. Schließlich sind ein wichtiger Bestandteil von Master-Studiengängen die «Business Skills» wie Präsentationstechniken, Tagungsleitung, Stressmanagement, Meta-Plan Techniken, Verhandlungstechniken, Krisenmanagement etc. Nach 2 – 5 Jahren Berufserfahrung: MBA-Kurse Eine Besonderheit unter den Masterstudiengängen bilden solche MBA-Studiengänge, die sich an Teilnehmer mit einem ersten Hochschulabschluss wenden und die nach etwa 2 bis 5 Jahren Berufserfahrung nunmehr ihr Management-Wissen vertiefen möchten. Solche MBA-Programme rekrutieren sehr breit: Betriebswirte, Ingenieure, Naturwissenschaftler, Juristen, Geisteswissenschaftler etc. Auch das Stu- Beruf und Karriere dium selbst ist interdisziplinär. Überhaupt 10 Jahre Berufserfahrung verfügen und gilt die heterogene Zusammensetzung der bereits Führungspositionen im UnternehStudentenschaft als eine der wichtigsten men einnehmen. Die Programme werden Bereicherungen, die man durch ein MBA- meist in modularer Form angeboten, also in Blockseminaren, die über ca. 20 MoStudium erfährt. nate verteilt sind. MBA-Programme werden in den folgenden Formen angeboten: als Full-time, Die klassische Lehrmethode in einem Part-time, Open-learning und als Execu- MBA-Programm ist die «Case Study». tive MBA. Full-time Programme dauern Diese ist ein Weg, um in einem realistizwischen 12 und 20 Monaten und rekru- schen Kontext – der Auseinandersetzung tieren die Studenten weltweit. Part-time mit einem konkreten Fall – sich Wissen Programme werden i.d.R. in Form von anzueignen und Theorien abzuleiten. Eine Abend- oder Wochenendkursen ange- Case Study ist also nicht eine Übung zur boten. Sie dauern zwischen 20 und 24 Untermauerung bzw. Bestätigung wissenMonaten und haben im wesentlichen ein schaftlicher Theorien (Fallbeispiel) oder die nationales Einzugsgebiet. Open-learning, Lösung eines spezifischen Problems mit also Fernstudienprogramme nutzen Inter- einem spezifischen Lösungsansatz. Die net und e-mail und ermöglichen eine sehr Lehrmethoden des MBA sind damit inflexible Gestaltung des Studiums. Es findet duktiv (vom konkreten Fall zur Theorie) und nicht deduktiv wie im deutschen allerdings keine soziale Interaktion statt. Executive MBA-Programme sind die Kulturraum (von der Theorie zur Fall-Lö«Premium-Produkte» einer Business sung). School. Ihr Ziel ist es, Führungskräfte auf neue und anspruchsvolle Aufgaben im Wenn unsere Hochschulen nunmehr Unternehmen vorzubereiten. Sie wenden MBA-Programme einrichten, sollten sie sich deshalb an Teilnehmer, die über 5 bis nicht das Kind mit dem Bade ausschütten 15 in kleinen Gruppen, interaktive Lehrmethoden, Internationalität und Praxisnähe. Dass die Lehre in englischer Sprache erfolgen muss, wenn man Studenten vor allem im Ausland rekrutieren möchte, ist selbstverständlich. Beruf und Karriere und unsere eigenen Bildungstraditionen über Bord werfen. Denn das uns vertraute Universitätsmodell mit seinen Prinzipien der Einheit von Forschung und Lehre und dem Postulat der akademischen Freiheit bietet eine Reihe von Stärken, die zu hervorragenden Forschungsleistungen geführt und ihm lange Zeit eine führende Position in der Welt gesichert hat. Dieses Modell muss sich laufend den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anpassen, was sich derzeit im Rahmen des Bolognaprozesses vollzieht. Zu Management Schools angelsächsischen Stils werden und sollen die wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten dabei jedoch nicht mutieren. Die Lösung kann deshalb nur darin bestehen, MBA-Programme neben den vorhandenen Studiengänge einzurichten. Die Europäische Stärke Und mit einem weiteren Pfund sollten wir wuchern: der kulturellen Vielfalt Europas. Zu den wichtigsten Aufgaben einer Management School muß die Entwicklung der Teamfähigkeit in einer komplexen multikulturellen Unternehmenswelt zählen. Wo könnte man dies besser erlernen als in Europa, durch eine entsprechende, interdisziplinäre Gestaltung des Seminarangebots, wie auch durch eine internationale Konzeption des Studiums mit anderen europäischen und außereuropäischen Management Schools? Es gibt also viel Gestaltungsraum für innovative Modelle des Masterstudiums. Prof. Dr. Hans J. Tümmers, Stuttgart Die beliebtesten MBA-Arbeitgeber Die Beratungsunternehmen McKinsey und Boston Consulting und die Investmentbank Goldman Sachs bleiben das, wovon MBA-Studenten beruflich träumen. Das zeigt eine weltweite Umfrage des US-Wirtschaftsmagazins FORTUNE. McKinsey tront zum siebten Mal im Folge über der Liste der 50 beliebtesten Unternehmen. Plätze gut gemacht haben im Vergleich zu den vergangen Jahren Konsumgüterkonzerne wie Coca-Cola oder Procter&Gamble. Rang 2003 Rang 2002 1 1 McKinsey 2 3 Goldman Sachs 3 2 Boston Consulting 4 5 Bain 5 6 Citigroup 6 10 Coca-Cola 7 19 BMW 8 4 9 11 Microsoft 10 14 Johnson & Johnson 11 18 3M 12 21 American Express 13 9 14 26 Amazon.com 15 24 Procter&Gamble 16 7 Morgan Stanley 17 25 18 8 19 36 Banc of America 20 39 Dell 21 22 Merrill Lynch 22 23 Pfizer 23 32 Sony 24 13 JP Morgan Chase 25 — Ebay Quelle: FORTUNE, 2003 16 Unternehmen General Electric IBM Nike Walt Disney Beruf und Karriere für ihr Studium investieren müssen, kann Bildung selbst dann sinnvoll sein, wenn sie die Produktivität nicht erhöht. Bildung wäre dann ein reines Signal, welches dazu dient, die Schnellen von den «Langsamen unterscheiden zu können. Es wäre letztlich egal, welche Bildungsinhalte vermittelt würden. Widerspruch der «Bildungsproduzenten» Während ein solch überaus zynischer Blick auf Bildungsinvestitionen zwar die reihenweise Beschäftigung promovierter Physiker in Unternehmensberatungen erklären mag, fordert er naturgemäß den Widerspruch der an der Bildungsproduktion Beteiligten heraus: Hochschullehrer sind allgemein davon überzeugt, dass es eben nicht egal ist, welche Lehrinhalte sie vermitteln und bestehen darauf, dass Bildung auch einen sogenannten «Eigenwert» (im Spenceschen Sinne) hat. Sprechen die Ergebnisse der Absolventenbefragungen nun nicht hiergegen? Nein, nicht unbedingt. Im Vordergrund eines Universitätsstudiums steht in der Regel nicht die Vermittlung jederzeit abrufbaren Detailwissens, sondern die Vermittlung von methodischer Kompetenz, analytischem Denken und theoretischer Durchdringung. Diese Qualifikationen sind eine hervorragende Grundlage und Ausgangsbasis für anspruchsvolle berufliche Tätigkeiten. Bildung als «Signalinvestition» Während ein Hochschulstudium nach wie vor die beste Eintrittskarte in den Arbeitsmarkt zu sein scheint (die Arbeitslosenquote unter Akademikern liegt bei 2,6 Prozent und damit deutlich unter dem Durchschnitt), irritieren den einen oder anderen dann doch die Ergebnisse von Absolventenbefragungen, denen zufolge Hochschulabsolventen nur einen geringen Prozentsatz ihres an der Universität erworbenen Wissens in der Praxis dann auch anwenden können. Wie passt das zusammen? 1972 hat Michael Spence eine viel beachtete Arbeit zu Bildung als «Signalinvestition» vorgelegt, für die er 2001 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt: Spence argumentiert, dass Bildung selbst dann, wenn sie nicht produktivitätsrelevant ist, effizient sein kann. Die Idee ist – wie alle erfolgreichen Ideen – denkbar einfach: Geht man davon aus, dass Menschen von Natur aus in ihren Be- Warum ist das so? gabungen und Talenten verschieden sind, Im Studium wird zwar immer auch Wisund unterscheidet man der Einfachheit sen vermittelt und abgefragt, aber mehr halber zunächst einmal zwei Typen von noch werden die Studierenden dazu Menschen: Solche, die schnell Informa- befähigt, selbständig weiterzudenken, tionen verarbeiten und Entscheidungen neues Wissen einzuordnen und kritisch treffen können («Schnelle») auf der einen zu hinterfragen. Vorlesungen liefern die und «Langsame» auf der anderen Seite Grundlagen hierzu; in Seminaren und und unterstellt man, dass diese beiden während der Diplomarbeit lernt man, Typen von den Unternehmen bei der selbständig an Probleme heranzugehen, Einstellung nicht unterschieden werden den Stand des Wissens zu einer neuen können (auch nicht mithilfe noch so aus- Frage zu recherchieren, zu präsentieren, gefeilter Eignungsdiagnostiken), dann gilt: einzuordnen und Stellung zu beziehen. Solange die «Schnellen» geringere Kosten Das sind letztlich genau die Fähigkeiten, bei der Signalerzeugung «Bildung» haben die auch in der Praxis des Berufsalltags als die «Langsamen» weil sie weniger Zeit täglich unter Beweis gestellt werden 17 Ist ein Studium an der Universität zu praxisfern? Professorin Dr. Kerstin Pull ist 37 Jahre alt, zweifache Mutter. Studium in Trier und Worcester, USA. Promotion und Habilitation an der Universität Trier. ErichGutenberg Preisträgerin 2000, Best Paper Award der International Business and Economics Research Conference 2001. Neben der Universität Trier lehrte Frau Prof. Pull als Dozentin an der WHU Koblenz, Stanford Business School und der Universität Wien. Seit 2003 ist sie ordentliche Professorin für Personal und Organisation an der Universität Tübingen. In Zeiten schlechter Arbeitsmarktlage mit einer Arbeitslosenquote von z.B. 10,4 Pro zent im ehemaligen Wirtschaftswunderland Deutschland werden auch die Studierenden zunehmend unsicher: Wird die allgemeine europäische Misere auch auf die Schweiz überschwappen? Wird es mir gelingen, nach Abschluss meines Studiums einen at traktiven Arbeitsplatz zu erhalten und mich im Bewerberfeld durchzusetzen? Werden sich die Mühen meines Studiums lohnen? Beruf und Karriere müssen: Projekte sind dort zwar häufig ten zu leisten» (Büdenbender, zitiert nach schätzt – und genau darauf kommt es kurzfristiger als die Laufzeit einer Diplo- Backes-Gellner/Krings 1997). Dass es letztlich an. marbeit, die Fragen dringlicher; aber die sich bei diesem Praktiker-Zitat nicht um Natürlich kann ein Universitätsstudium verlangten analytischen Fähigkeiten sind eine singuläre Meinung handelt, zeigt nicht alles leisten, was für einen erfolgimmer dieselben. Wenn Hochschulab- die aktuelle Stellenanzeigenanalyse des reichen Einstieg ins Berufsleben nötig ist: solventen angeben, nur einen geringen Bundesinstituts für Berufsbildung von Es ist sicher sinnvoll, Praktika schon im Prozentsatz ihres im Studium erworbe- 2001, in der sogenannten «Schlüsselqua- Studium zu absolvieren, um Einblicke in nen Wissens anwenden zu können, ist lifikationen» eine wachsende Bedeutung die betriebliche Praxis zu gewinnen und das also nicht weiter beunruhigend. Die zugesprochen wird: Neben kognitiven Fä- sich besser orientieren zu können – nicht Vermittlung von «Handwörterbuchwissen» higkeiten und Problemlösungskompeten- zuletzt auch in Ihrem Studium. Gerade kann spätestens in Zeiten einer sich stetig zen gehört die Fähigkeit zu selbständigem bei der Absolvierung von Praktika dürfte verkürzenden Halbwertszeit von Wissen Lernen und Arbeiten, Kommunikationsfä- jedoch das Gesetz vom abnehmenden und der Notwendigkeit «lebenslangen higkeiten, Ideenreichtum und Kreativität Grenznutzen gelten, sowohl was deren Lernens» nicht der Mittelpunkt eines (siehe Abbildung 1) – alles Dinge, die im Signal- als auch was deren Eigenwert Rahmen des Hochschulstudiums ver- anbelangt: Das erste Praktikum bringt Universitätsstudiums sein. mittelt werden bzw. auf die im Rahmen sehr viel, da man möglicherweise noch der Studienplanung (Auslandsaufenthalte, nie ein Unternehmen von innen gesehen Die Sicht der Praxis hat, das zweite vielleicht auch noch, weil Dass die Forderung nach der Vermitt- Praktika etc.) geachtet werden sollte. man nun erkennen kann, was überall lung von methodischer Kompetenz und analytischem Denken dabei durchaus Universitätsabsolventen schneiden einer ähnlich zu sein scheint bzw. welche auch von der Unternehmenspraxis ge- IW-Unternehmensbefragung aus dem Unterschiede existieren; aber das dritteilt wird, verdeutlicht das folgende Zitat Jahr 1993 zufolge zwar systematisch te Praktikum dürfte schon kaum noch eines Vorstandsmitglieds der RWE AG: schlechter ab als FH-Absolventen, wenn vergleichbar fundamentale Einsichten «Nicht die Anhäufung von möglichst viel es um den Praxisbezug der in der Aus- hinzufügen können. Detailwissen erleichtert den beruflichen bildung erworbenen Kenntnisse und die Erfolg, sondern die Fähigkeit, auf der Frage nach ihrer kurzfristigen Einsetzbar- Kerstin Pull Basis einer belegten Fachkompetenz in keit geht; aufgrund ihres Vorsprungs im einem Bereich neue Fragen aufzugreifen, Bereich des analytischen, konzeptionellen andersartige Probleme zu lösen und auf Denkens wird ihre langfristige Verwenddiese Weise Beiträge zur Entwicklung des barkeit in höheren Führungspositionen Unternehmens in sich ändernden Märk- jedoch als systematisch höher einge- Abbildung 1: Schlüsselqualifikationen in Stellenanzeigen 18 Quelle: BIBB 2001 • Hobbys: Lesen (z.B. Biographien) und Musik (z.B. Schubert) • Lieblingsgetränk: Rotwein • Lieblingsspeise:Spaghetti / Berner Platte neudefiniertes Profil möglich, das den Kanton nicht mehr als Landwirtschaftsund trägen Beamtenkanton, sondern als attraktiven, profilierten Wirtschaftsstandort darstellt. Wirtschaft Die Volkswirtschaftsdirektorin Elisabeth Zölch hat dem Berner Wirtschaftsstandort mit Erfolg ein klares Profil gegeben. Im In terview erklärt die Regierungsrätin, warum sich auch die Universität Bern vermehrt auf ihre Stärken konzentrieren sollte, weshalb ein starkes Bildungssystem für die Berner Wirtschaft derart wichtig ist und wie sie Grossunternehmen wie zuletzt eBay in den Kanton Bern lockt. Im Bericht zur Weiterentwicklung der Wachstumsstrategie schreiben Sie, dass im Kanton Bern eine Untervertretung der wertschöpfungs- und wachstumsstarken Branchen herrscht. Frau Zölch, Sie bezeichnen es als Ihre Auf «Wir brauchen mehr Leute zwischen 20 gabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, da und 40.» mit in der Wirtschaft im Kanton Bern mehr Leistung ermöglicht wird. Mit diesem Anlie Dieses Problem wird mit dieser Profilierung gen befinden Sie sich in direkter Konkurrenz aber nur sehr bedingt gelöst. mit den anderen Schweizer Kantonen und Es ist auf alle Fälle ein Korrekturansatz: Standorten. Mit welcher Strategie will der Mit unserer Clusterpolitik wollen wir Kanton Bern in diesem Konkurrenzkampf wertschöpfungsstarke Branchen im Kanton ansiedeln, um unsere Branchenbestehen? Indem wir uns auf unsere Stärken kon- struktur zu verbessern – schliesslich ist zentrieren und dem Wirtschaftsstandort die Branchenstruktur für das WachstumBern ein klares Profil geben. In der Stand- spotenzial einer Region bestimmend. Im ortpromotion des Kantons Bern geht es Kanton Bern haben wir tatsächlich eine uns in erster Linie darum, die Stärken Übervertretung der wachstumsschwazu stärken und nicht die Schwächen zu chen Branchen, wie der Landwirtschaft kompensieren. Wir haben festgestellt, oder der Verwaltung. Dagegen sind wir in dass wir sechs Bereiche haben, wo im den wachstumsstarken Sparten unterverKanton Bern bereits erfolgreiche Unter- treten. Das sind zwei Seiten der Medaille. nehmen und entsprechendes Wissen, In konjunkturell guten Zeiten verzeichnen beispielsweise in Form von Ausbildungs- wir eher ein unterdurchschnittliches Wirtinstitutionen, vorhanden sind. Mit diesen schaftswachstum, in schlechten Zeiten Bereichen, Telematik, Medizinaltechnik hingegen eine hohe konjunkturelle Stainklusive Pharma, Präzisionsindustrie, bilität. Deshalb haben wir auch konstant Dienstleistungsbranche, Design und eine der tiefsten Arbeitslosenquoten. Umwelttechnologie, versuchen wir ein Wir sind eine solide Wachstumsaktie. neues Profil zu schaffen. Wir haben Unsere Volkswirtschaft wächst in der die Bildung von Clusterorganisationen letzten Zeit im Schweizer Vergleich überund Kompetenzzentren unterstützt, um durchschnittlich, weil die Zeiten schlecht diesen Branchen ein Gesicht zu gege- sind. Sobald die Konjunktur anzieht, fallen ben. In diesen Bereichen treten wir als wir entsprechend wieder zurück. Doch Wirtschaftsförderung auf und versuchen eine tiefe Arbeitslosenquote ist auch ein Unternehmen von unserem Wirtschafts- wichtiger Wert. standort zu überzeugen. Deshalb fällt der Kanton Bern gemäss Prognosen im Arbeitsvolumen bereits im Was zeigen die ersten Resultate? Die eingeleiteten Massnahmen zeigen nächsten Jahr wieder unter den Schweizer Wirkung. Es ist uns in letzter Zeit ge- Durchschnitt. lungen, einige namhafte Unternehmen Das wollen wir natürlich korrigieren. Wir anzusiedeln. Dies war aber nur über ein wollen mehr Wachstum und dies erreicht 19 Konzentration auf die Stärken Elisabeth Zölch, geboren 1951 in Mühle thurnen, verheiratet, wohnhaft in Bern, Mitglied der Schweizerischen Volkspartei (SVP). Von 1987 bis 1994 Nationalrätin, 1992 bis 1993 Präsidentin der Staats politischen Kommission des Nationalrats, Seit Juni 1994 Regierungsrätin und Volkswirtschaftsdirektorin des Kantons Bern, vom 1. Juni 1997 bis 31. Mai 1998 sowie 1. Juni 2002 – 31. Mai 2003 Regierungs präsidentin des Kantons Bern. Die Berner Volkswirtschaftsdirektorin Elisabeth Zölch im Interview Wirtschaft 20 man mit hoher Produktivität. Bei uns sind Der Kanton spart. Sie wollen aber das Bil die älteren Bevölkerungsklassen über- dungsangebot verbessern. Wie geht das? vertreten, zudem kämpfen wir mit einem Ich denke, wir müssen uns noch mehr unterdurchschnittlichen Bevölkerungs- konzentrieren und auch die Universitäten wachstum. Wir brauchen mehr Leute im müssen sich mehr profilieren. Alter zwischen 20 und 40. Das können wir natürlich nicht verordnen. Deshalb «Meine Erfahrung ist, dass ein Berner möchten wir eine Doppelstrategie fah- Student für seinen beruflichen Weg nicht ren. Einerseits in Form von verbesserten weniger mitbekommt als ein St. Galler.» Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, aber anderseits brauchen wir auch mehr Es soll nicht mehr jede Universität alles Menschen, die in unserem Kanton leben anbieten. wollen. Hier geht es nicht nur um Arbeitsplätze, sondern auch darum, als Wohnort Sie sprechen von Universitäten, denken attraktiv zu werden, beispielsweise mit ei- also schweizweit. ner ausgezeichneten Bildung, der Schaf- Ja, genau. Ich denke, dass die Universität fung von Blockzeiten an den Schulen oder Bern bereits einen äusserst hohen SparTagesstätten für Kinder. beitrag geleistet hat. Ich erlebe die Uni Bern heute offener als früher. Sie wagt Sie wollen mehr Leute und somit Steuerzah es auch Werbung zu machen, meiner ler in den Kanton holen. Doch ist dies nicht Meinung nach immer noch zu wenig. Ich sehr problematisch, wenn man bedenkt, finde, mit Instituten, wie beispielsweise dass im Kanton Bern gerade für die gut demjenigen von Professor Loderer, kann ausgebildeten Leute, die entsprechend man sich weltweit profilieren. Ich denke, auch viele Steuern bezahlen würden, ein da muss noch mehr geschehen. Es muss Unterangebot an Stellen oder zumindest auch hier eine Konzentration auf ein klares ein bedeutend tieferes Lohnniveau als Profil stattfinden. beispielsweise in Zürich herrscht? Die Lohnfrage ist bloss ein Aspekt. Als Spezifisch auf die BWL bezogen, entsteht Gegenargument kann man die tiefe- der Eindruck, dass St. Gallen dominierend ren Lebenshaltungskosten oder das ist. Wie interpretieren Sie das? tiefere Risiko, arbeitslos zu werden, Dafür gibt es aus von meiner Sichtweise anbringen. Wir haben beispielsweise her keinen Grund, das hängt vor allem mit bei der Bundesverwaltung eine sehr dem Image zusammen. hohe Zahl an attraktiven und stabilen Arbeitsplätzen. Vielleicht auf einem et- Genauer. was tieferen Lohnniveau, das stimmt. Ich habe sehr viele WirtschaftswissenWenn ich die Beschäftigungsfelder im schafter in meiner Direktion, auch aus St. Kanton Bern spezifisch für BWL- und Gallen. Dort haben sie es geschafft, sich VWL-Absolventen analysiere, dann sehe mit Emotionen und klaren Profilen einen ich, dass es vor allem im Dienstleistungs- Namen als das wirtschaftswissenschaftcluster, also bei Banken, Versicherungen liche Institut zu machen. oder Unternehmensberatungen sehr attraktive Stellen gibt (siehe Kasten). «Mit Instituten, wie beispielsweise dem von Professor Loderer kann man sich weltweit profilieren.» Aber in der Sache ist es nicht so, dass ein Berner Student für seinen beruflichen Weg weniger mitbekommt als ein St. Galler. Das ist meine Erfahrung. Was muss denn die Uni Bern tun? Mit Koordination, Profilierung und Konzentration auf die Kernkompetenzen. Das ist vielleicht schwierig realisierbar, doch ich denke, es ist der richtige Weg. Wir sind im tertiären Bildungsbereich, sprich an Fachhochschulen und Universitäten, noch zu wenig am Markt ausgerichtet. Wir investieren in Humankapital, das nicht unbedingt in unserem Wirtschaftsraum reinvestiert werden kann. Wir müssen deshalb das Ausbildungsangebot ständig noch besser am sich wandelnden Markt anpassen. Es ist ein Problem, wenn das in unserer Region angesiedelte Medizinaltechnikunternehmen seine Arbeitskräfte in Zürich oder im Ausland rekrutieren muss, weil es in Bern wenige ausgebildete Fachleute hat. So riskieren wir, dass diese Unternehmen wegziehen. Ist dies wirklich der entscheidende Punkt? Ja. Wenn ich die Ratings von Firmen anschaue, dann suchen sie nicht den Standort, der am günstigsten ist, sondern sie suchen den Standort, der in ihrem Bereich qualifiziertes Personal bietet. Dieser Faktor ist entscheidend, praktisch in jeder Branche. Ein sehr prominentes Fallbeispiel in Sachen Ansiedlung neuer Unternehmen ist eBay, die ihren Hauptsitz für nicht-amerikanische Märkte nach Bern verlegt hat. Wie holt man konkret einen solchen Betrieb nach Bern? Auf eBay sind wir natürlich mächtig stolz. Bei eBay und allgemein bei solch grossen Unternehmen ist der persönliche Kontakt auf höchster Ebene äusserst wichtig. Der wichtigste Faktor ist, dass man im persönlichen Gespräch, beispielsweise bei einem ungezwungenen Nachtessen, die Entscheidungsträger des interessierten Unternehmens vom Standort überzeugen kann. Und glauben Sie mir, da spielen materielle Aspekte nur eine Nebenrolle. Entscheidend sind oft auch die Ehepartner. «Auf den Hauptsitz von eBay in Bern sind wir mächtig stolz.» Diese weichen Aspekte spielen letztlich eine sehr entscheidende Rolle. Und genau dieser Aspekt wurde früher unterschätzt. Doch die materiellen Aspekte, sprich das konkrete Angebot in Sachen Start-Up-Hilfe und Steuererleichterung spielen bestimmt auch eine Rolle. Ja sicher. Aber wie gesagt, es ist bei weitem nicht der Einzige und auch nicht der wichtigste Aspekt. konkurrieren. Letztlich ist es für unseren Wirtschaftsstandort ja auch nicht entscheidend, ob ein Unternehmen sich im solothurnischen Zuchwil oder im bernischen Burgdorf niederlässt. Unter den Kantonen muss ein grosser Konkurrenzkampf herrschen? Das ist in der Tat so. Wenn man erfährt, dass ein Unternehmen nach Europa oder gar in die Schweiz kommen will, dann beginnt der Preiskampf. Wir, aber auch die anderen Kantone, haben die Möglichkeit, einem Unternehmen bis zu 10 Jahre Steuerfreiheit zu gewähren. Das ist das Maximum. Interview: Roland Hirsbrunner Wirtschaft Wie muss man das verstehen? Die Familie will wissen, wo sie in ihrem möglichen neuen Zuhause einkaufen gehen kann, wie das Bildungsangebot für die Kinder ist, ob es allenfalls eine internationale Schule gibt. Besten Dank für das Gespräch. Sie haben also Ihre Vorgehensweise verändert. Genau. Wirtschaftsförderung findet heutzutage auf höchster politischer Ebene statt. Das war früher weniger der Fall. Die Mit dem offenen Wettbewerb können die persönlichen Kontakte sind unglaublich Unternehmen die Kantone gegeneinander wichtig. Dabei muss man als Politiker auch ausspielen. etwas riskieren, die Gefahr eingehen, dass Zumindest im Espace Mittelland ist dies die grossen Bemühungen auch einmal mit nicht der Fall. Wir sind jeweils über die einem Misserfolg enden und man schlecht Angebote unserer Nachbarkantone indasteht. formiert, damit wir uns nicht gegenseitig Beschäftigungsfelder für Ökonominnen und Ökonomen im Kanton Bern: 28 Prozent: Banken und Versicherungen 25 Prozent: bei Treuhandunternehmen und Unternehmensberatungen 13 Prozent: in Industrieunternehmungen 13 Prozent: in Schulen und Universitäten 8 Prozent: in der öffentlichen Verwaltung 13 Prozent: verschiedene 21 Quelle: Universität Bern eBay – ein Erfolgsmodell der New Economy Wirtschaft 22 Anfang der neunziger Jahre entwickelte ein Private und Kleinstfirmen mit einem bis fünf gewisser Tim Berners-Lee zusammen mit Mitarbeitern machen noch immer 95% der seinem Kollegen Robert Cailliau am euro Nutzer aus, zunehmend beginnen aber päischen Nuklearforschungszentrum CERN auch Markenartikelhersteller, Gross- und in Genf ein Hypertext-System, welches sich Einzelhändler auf eBay zu verkaufen. Das innert kürzester Zeit als wohl populärster Produktangebot beschränkt sich keinesDienst innerhalb des Internets etablieren wegs auf Sammelartikel, sondern umfasst sollte: das World Wide Web. Sehr bald nahezu alle erdenklichen Güter. Moralisch zeigte sich auch das Potential für die kom zweifelhafte Vorkommnisse wie die Vermerzielle Nutzung dieses neuen Internet- steigerung von Organen haben dazu geDienstes. Erste Unternehmen traten auf, führt, dass eBay mittlerweile sehr genau die ihr Geschäftsmodell auf die Nutzung definieren muss, welche Produkte auf ihrer des WWW als primären Kundenkontaktka Plattform gehandelt werden dürfen und nal aufbauten. Bekannt sind Vorzeigeun welche nicht. Die derzeit erfolgreichste ternehmen wie Amazon, Dell oder eBay. Produktgruppe bei den Handelsartikeln Diese Unternehmen werden auch als Dot- ist nach Unternehmensangaben «eBay coms bezeichnet, weil sie in ihrer URL die Motors» mit allem, was einen Motor beTop-Level-Domäne «com» führen, die für sitzt respektive zu einem solchen gehört. kommerziell tätige Organisationen vorge Gebrauchtwagen machen bereits einen sehen ist. Zwar gleichen sich die Geschäfts Drittel des Umsatzes aus und die Sparte modelle der genannten Unternehmen alle wächst mit einer Rate von über 90% pro darin, dass sie auf der Nutzung des WWW Jahr auch am schnellsten. Danach folgen basieren, ansonsten verfolgen sie jedoch die Unterhaltungselektronik, Computer und Bücher, Filme und Musik. Experten unterschiedliche Ziele. rechnen damit, dass bald einmal auch Vom virtuellen Flohmarkt zum Gebraucht Dienstleistungen wie Hotelbuchungen, Reisen, Flüge, Mietwagen oder sogar wagenhändler? Bei eBay handelt es sich technisch ge- Temporärstellen verstärkt auf der Plattform sehen um einen Dienstleister, der mit zu finden sein werden. seiner Online-Plattform einen virtuellen Markt schafft, auf dem private Anbieter Handeln im Internet: und Nachfrager Güter nach bestimmten der Auktionsmechanismus Spielregeln handeln können. eBay wurde Bekannt ist eBay vor allem für die Durch1995 in Kalifornien als Plattform für den führung von Online-Auktionen. Die übAustausch von Sammelartikeln zwischen liche Variante ist, dass ein Anbieter ein Privatpersonen gegründet. Deshalb wird bestimmtes Gut in die Plattform einstellt in Zusammenhang mit diesem Geschäfts- und eine Auktion dafür aufsetzt; dabei modell gerne von einem virtuellen Floh- wird neben dem Einstiegspreis auch eine markt gesprochen. Das Bild des virtuel- Zeit festgelegt, bis zu der die Auktion laulen Flohmarktes stimmt heute allerdings fen soll. Innerhalb dieses Zeitlimits können nicht mehr ganz. Die Plattform hat sich neue Gebote abgegeben werden, wobei mittlerweile zum weltgrössten sowie leis- ein neues Gebot immer höher als das aktungs- und besucherstärksten Marktplatz tuelle Höchstgebot sein muss. Das höchsfür den Kauf und Verkauf von Gütern aller te Gebot bei Erreichen der Zeitlimite erhält Art durch Privatpersonen und kleine Un- den Zuschlag. Diese starre Zeitregel wird ternehmen entwickelt. Zu jeder Sekunde vielfach kritisiert, weil sie aus theoretischer wird auf der weltweit grössten Online- und auch aus praktischer Sicht zu unerAuktionsplattform ein durchschnittlicher wünschten Verhaltensweisen führt. Warenwert von knapp 900 US-Dollar Eine Variante des Auktionsmechanismus gehandelt. sind die sog. Powerauktionen, bei dem Volkswirtschaftsdirektion des Kanton Bern ein Anbieter eine grössere Stückzahl ei- versity-Events lädt das Unternehmen nes bestimmten Gutes versteigern kann. zu Erfahrungsaustausch und eintägiger Dabei müssen Nachfrager nicht nur ein Weiterbildung durch routinierte Nutzer Preis-, sondern auch ein Mengengebot ein, die Erfahrungen, Tipps und Tricks in abgeben. Bei Powerauktionen kann es Kursen weitergeben. Ein solcher Event dazu kommen, dass mehrere Nach- wird im September auch in der Schweiz frager anteilig bestimmte Mengen des stattfinden. auktionierten Gutes ersteigern, wobei allerdings alle den gleichen Preis bezahlen eBay bietet neuerdings seinen Nutzern in müssen, nämlich das niedrigste Gebot den USA auch andere Dienstleistungen eines Nachfragers, der in der Auktion an. So genannte Power-Seller, das sind noch zum Zuge kommt. Auf eBay finden eBay-Verkäufer, die als besonders gut bejedoch nicht nur Online-Auktionen statt. wertet wurden und über 1’000 Dollar im Es wird auch zu Festpreisen gekauft und Monat umsetzen, können bei eBay USA verkauft, was immerhin 28% des Han- eine Krankenversicherung abschliessen. delsvolumen ausmacht. Zudem besteht die Möglichkeit, eine Online-Auktion mit Risiken von Online-Auktionen einem Festpreisangebot zu kombinieren. Auf eBay werden nur Verträge abgeIn diesem Fall kann ein Nachfrager wählen, schlossen; die ganze Abwicklung wird ob er oder sie ein Gebot abgeben oder den Anbietern und Nachfragern überlaszum festgesetzten Preis kaufen möchte. sen. Aus juristischer Perspektive gesehen Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn ist selbst das zu Stande kommen eines noch kein Gebot abgegeben worden ist. Vertrages nicht ganz sicher. So sind aus Deutschland Fälle bekannt geworden, Bezüglich der Nutzung des Versteige- bei denen Anbieter, die mit dem aus der rungsmechanismus werden auch Kurse Auktion erzielten Verkaufserlös unzufriegeboten. An so genannten eBay-Uni- den waren, die Rechtswirksamkeit der Weitere Risiken beim Handel über eine Online-Plattform wie eBay bestehen bei der Abwicklung des durch die Auktion geschlossenen Vertrages, bei dem die ersteigerte Ware und der bei der Versteigerung erzielte Geldbetrag zwischen Anbieter und Nachfrager ausgetauscht werden müssen. Sofern sich beide Parteien nicht physisch treffen, was vielfach der Fall sein dürfte, besteht natürlich immer die Gefahr, dass eine der beiden Parteien der vereinbarten Leistungsverpflichtung nicht nachkommt oder die Qualität der verkauften Ware nicht den Versprechungen oder Erwartungen entspricht. Diese Risiken müssen letztlich die Kunden von eBay tragen. Allerdings hat eBay ein Instrument entwickelt, mit dem sich die Vertrauenswürdigkeit der Kunden im Voraus beurteilen lässt. Die Reputation der Käufer und Verkäufer basiert auf einem schriftlichen Bewertungssystem aus früheren Transaktionen, wobei sich Verkäufer und Käufer gegenseitig hinsichtlich Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit bewerten und das Urteil dann für alle anderen ersichtlich ist. Negativbewertungen sind für den Betroffenen natürlich fatal und behindern seine oder ihre zukünftige Geschäftstätigkeit auf der Online-Plattform. Auf diese Weise ist ein offenbar effektiver Kontrollmechanismus gegeben, mit dem zumindest «Wiederholungstätern» das Leben schwer gemacht wird. Wer den Güteraustausch trotzdem als zu riskant empfindet, kann einen Treuhanddienst (neudeutsch: escrowservice) einschalten. Mit Hilfe dieses neutralen Dritten wird sichergestellt, dass die Leistung erst weitergegeben wird, wenn die vereinbarte Gegenleistung erbracht ist. Natürlich kosten die Dienste eines Treuhänders wiederum Geld, was die Transaktionskosten in die Höhe treibt. 23 «Erfolgreiche Verhandlungspartner: Meg Whitman, CEO eBay Inc., Denis Grisel, Leiter Wirtschaftsförderung Bern, Elisabeth Zölch, Wirtschaft Auktion erfolgreich angefochten haben. Diese unsichere Rechtslage ist ein generelles Merkmal des Handels im Internet, wo teilweise andere Spielregeln herrschen, die von der Rechtssprechung noch nicht vollständig abgedeckt werden. Wirtschaft Ein erfolgreiches Geschäftsmodell eBay konnte sich seit der Gründung als Dot-com Unternehmen stets im Markt behaupten. Es wirtschaftete durchgehend profitabel und dies selbst in Zeiten der Rezession und der grossen Ernüchterung um den «neuen Markt». Mittlerweile ist das Unternehmen international tätig und in vielen Ländern der Erde mit einer eigenen Web-Plattform präsent. Auch an der Börse floriert das Unternehmen: der geschätzte Gewinn je dilutierter Aktie beträgt 0.19 US-Dollar; eBay ist heute leicht mehr wert als der gesamte Credit-SuisseKonzern. 24 Einer der Hauptgründe dafür, dass eBay im Gegensatz zu Amazon, einem anderen Vorzeigeunternehmen des Electronic Business, von Anbeginn an profitabel gearbeitet hat, dürfte darin liegen, dass es sich nicht um Distribution und Logistik der gehandelten Güter kümmert. Die Lagerung fällt ohnehin weg, um Zoll und Transport der physischen Gütern kommt das Unternehmen elegant herum, denn die Versandkosten werden den Handelspartner überlassen, die sich darüber in einer Konditionenfixierung einigen; in vielen Fällen werden die Transportkosten bei der vertraglichen Einigung dem Käufer übertragen. So entstehen eBay bei seiner Leistungserstellung auch diesbezüglich keine Kosten. Für das Anbieten eines Produktes erhebt das Unternehmen vom Anbieter eine Grundgebühr die sich nach dem Startpreis richtet, für Hervorhebungen einzelner Artikel sind Zusatzgebühren zu zahlen. Im Weiteren kassiert das Unternehmen für jede Transaktion eine Provision, die nach dem Verkaufspreis berechnet wird. Käufer haben keine Gebühren zu tragen. Erst kürzlich hat eBay eine allgemeine Gebührenerhöhung von über 45% durchgeführt, obwohl durch die tägliche Zunahme von Nutzern die Kosten je Transaktion sinken. Mit der Gebührenanpassung soll laut Pressemitteilung in Technologie, Kundenservice und Marketing investiert werden. Obwohl eBay weltweit tätig ist, macht der Markt nämlich nur an zweiter Stelle. Noch grenzüberschreitende Handel nur etwa immer führt das Unternehmen Ricardo.ch, elf Prozent aus. Dies ist neben den oben welches als Wettbewerbsvorteile gegenbeschriebenen Risiken aus einem Handel über eBay vor allem die stets direkte Erohne physisches Begutachten des Gutes reichbarkeit, den Kundendienst und die vor allem auf die hohen Versandgebüh- tieferen Gebühren angibt. ren und Zollformalitäten zurückzuführen, die den Nutzern das binationale Handeln Seit dem Jahre 2000 befindet sich der erschweren. Deshalb wurden in verschie- Hauptsitz der Europazentrale von eBay denen Ländern der Welt eigene Web- International AG in Bern. Seit kurzem werPlattformen aufgebaut, auf denen ein den von der Bundeshauptstadt aus alle weitgehend nationaler Handel stattfindet. nicht-amerikanischen Märkte betreut. Zur Da sich durch ein physisches Treffen der Zeit arbeiten 30 der rund 4000 BeschäftigParteien das Handelsrisiko auf beiden Sei- ten von eBay in Bern, die Mitarbeiterzahl ten verringert, bieten sich Geschäfte mit soll aber bald auf 120 steigen. Vorteile Partnern aus der regionalen Nähe an. In des Standorts Bern gegenüber DeutschDeutschland etwa, wo eBay Marktführer land, dem wichtigsten eBay-Markt neben ist, existieren unter «eBay City» zahlrei- den USA, sind laut Meg Whitman, CEO che innerdeutsche Regionalmärkte, um eBay, die Steuervorteile und die mehrdie geographische Erreichbarkeit zu er- sprachigen Mitarbeiter. Für ausländische leichtern. Mitarbeiter sei es in der Schweiz durch die nationale Vielfalt viel angenehmer zu Ein wichtiges Element für das profitable arbeiten als z.B. in Berlin, dem deutschen Geschäft und der grösste Vorteil gegen- Sitz von eBay. über den Konkurrenten von eBay ist das Vorliegen von Netzwerkeffekten. Der Wert Für das Image von Bern als Wirtschaftseines Marktes steigt, je mehr Akteure da- standort ist eBay als Referenzfirma zur ran teilnehmen. Dadurch finden Verkäufer Ansiedlung neuer Firmen von grossem eine grosse Anzahl zahlungswilliger Käu- Vorteil. Die Wirtschaftsförderung des Kanfer, diese wiederum können aus einer tons unterstützte das neue Flaggschiff bei grossen Produktpalette auswählen. Eine der Übersiedlung tatkräftig, z.B. bei der möglichst grosse Anzahl von Nutzern ist Suche nach Geschäftlokalitäten oder dem für einen elektronischen Handelsplatz also Erwerb von Aufenthalts- und Arbeitsbewilprinzipiell von Vorteil. Hier kann eBay auf ligungen. Auf der Website «Jobs bei eBay» Grund seines Status als Marktführer einen finden sich einige ausgeschriebene Stelklaren Vorteil ausspielen. lenprofile, unter anderem auch für den Sitz in Bern. So wird zum Beispiel ein »CateKlare First-Leaderstrategie gory Manager», ein «Head of Marketing», eBay betreibt international eine einheitli- oder ein «Billing and Payment»-Spezialist che Strategie. Es strebt nach dem Spre- gesucht. Voraussetzung für Kandidaten ist cher von eBay Schweiz, Joachim Güntert, die deutsche Muttersprache, erwünscht in jedem Land, in dem eBay tätig ist, eine sind Schweizer oder solche mit einer Position als Marktführer an. In 16 Ländern Schweizer Arbeitsbewilligung. Vielleicht ist gelang dies bereits, vor allem auch durch dies ja auch für den einen oder anderen den Aufkauf kleinerer Mitbewerber. Aus Berner BWL-Absolventen attraktiv. Märkten, in denen keine Leaderrolle eingenommen werden konnte, zieht sich eBay Thomas Myrach und Bettina Grässli wieder zurück, so z.B. aus Japan. Diesbezüglich ist interessant, dass eBay in der Schweiz auf einen starken Wettbewerber trifft. eBay befindet sich im Schweizer Gespannt sitze ich vor meinem Bildschirm. Soeben habe ich mich beim Internet-Auktionshaus eBay eingeloggt und warte auf das Ende «meiner» Auktion. Das Ziel meiner Begierde: die neue DVD «Spiel mir das Lied vom Tod». Das aktuelle Gebot steht auf 14 Euro, die Auktion dauert noch 36 Minuten. Jagdfieber kommt auf. Vor meinen Gedanken läuft eine der vielen grossen Szenen des Films ab. Claudia Cardinale («Jill McBain») sitzt im Saloon dieses staubigen Nests namens Flagstone und versteigert die Ranch «Sweetwater» ihres von Henry Fonda («Frank») ermordeten Ehemanns. Das aktuelle Gebot für die Cardinale ist schlecht – deutlich schlechter als das für den Verkäufer meiner gegenwärtigen eBay-Auktion. Es steht auf lumpigen 200 Dollar. Allein das Baumaterial ist mehr wert, wie der Auktionator vollkommen richtig bemerkt. Dermassen animiert, will ein braver Bürger Flagstones ein höheres Gebot abgeben – und fühlt wie seine Hand von einem widerwärtigen Typ gepackt wird. Auch ohne Worte wird deutlich, dass es nicht klug wäre, das Gebot zu erhöhen. Stille herrscht – der Bietprozess kommt aus nur allzu verständlichen Gründen nicht so recht in Gang… Auch bei meiner DVD-Auktion wurde bisher nicht viel geboten – neun Gebote im Laufe einer Woche. Das sieht lahm aus. Aber ich weiss: Gegen Ende kommt oft Leben auf. Typisch für eBay-Auktionen ist das «sniping»: In den letzten Sekunden wird, quasi aus dem Hinterhalt, das Sieggebot abgegeben. Dass das aktuelle Gebot seit einer Stunde nun aber schon bei 14 Euro steht, zeigt mir: Es sind einige Leute unterwegs, die die Auktionsregeln von eBay und die damit verbundenen optimalen Strategien nicht verstanden haben. Auf die Regeln kommt es an Die bekannteste Auktion ist die Englische Auktion. Dort sind alle Bieter in einem Raum versammelt und es wird nacheinander geboten. Die Gebote steigen im Lauf der Zeit immer weiter an. Gewinner ist, wer das letzte und höchste Gebot abgegeben hat. Der Sieger muss denjenigen Preis zahlen, den er selbst genannt hat. Aber es gibt Auktionen die anderen Regeln folgen. Ein Beispiel ist die Holländische Auktion. Dort nennt der Auktionator einen Preis. Wenn niemand diesen Preis zahlt, senkt er ihn sukzessive weiter ab. Die Auktion ist beendet, wenn sich jemand findet, der den aktuell ausgerufenen Preis akzeptiert. Berühmt geworden ist dieser Auktionstyp durch seine Anwendung auf Hollands gigantischen Blumenmärkten. Aber auch im Internethandel ist die Holländische Auktion zu finden (azubo.de). Wissenschaft Auto-Ersatzteile, Bücher, DVDs – bei eBay kann man fast alles ersteigern. Doch welche Biet-Strategie führt zum Erfolg? – Ein kurzer Einblick in die wichtigsten Auktionsregeln und das optimale Vorgehen beim Bieten auf ebay.com. Bei eBay gelten andere Regeln: Hier zahlt ein erfolgreicher Bieter nicht denjenigen Preis, den er selbst geboten hat. Stattdessen orientiert sich der zu zahlende Preis am zweithöchsten abgegebenen Gebot. Genauer: hat ein Bieter 15 Euro für unsere DVD geboten und ein anderer 20 Euro, so zahlt der Sieger lediglich 15 Euro plus einen von eBay auferlegten Erhöhungsschritt von 0.50 Euro, insgesamt also 15.50 Euro. 25 Von Kriechern und Heckenschützen Bietverhalten bei eBay-Auktionen aus spieltheoretischer Sicht Wissenschaft nur das eigene Höchstgebot. Er weiss vielmehr auch, ob er zu einem bestimmten Zeitpunkt «die Nase vorn» hat. Jedem ist ausserdem bekannt, wie hoch das momentan zweithöchste Gebot war, denn dies ergibt sich aus dem jeweils öffentlich bekannt gegebenen momentanen Preis. Drittens zahlt der Sieger nicht exakt den Zweitpreis, sondern den Zweitpreis plus den Erhöhungsschritt. 26 Solche Unterschiede ändern das optimale Bietverhalten. Professor Axel Ockenfels von der Universität zu Köln legte jüngst eine Forschungsarbeit vor (Ockenfels&Roth, 2003: «Late and Multiple Bidding in Second Price Internet Auctions», erscheint in der Fachzeitschrift Games and Economic Behavior), in der er beweist, dass es in der eBay-Auktion, anders als in ihrem klassischen Vorbild, keine dominante Strategie gibt. Man kann aber zeigen, dass das frühe Bieten des Maximalgebots ein Nash-Gleichgewicht darstellt. Das bedeutet: Falls alle Bieter sehr früh ihr Maximalgebot abgeben, ist es eine beste Antwort, dies ebenfalls zu tun. Ist insofern eBays Strategie-Empfehlung doch richtig? Nein. Denn die «single early bid»-Strategie ist nur dann optimal, wenn sich alle anderen Bieter ebenso verhalten. Dies aber ist nicht der Fall. Die Auktionsregeln von eBay ähneln also der Auktionator in der Zweitpreis-Auktidenen einer klassischen Zweitpreisauktion. on denselben erwarteten Erlös erzielt wie Kriechen ist nicht rational Dort müssen die Bieter verdeckte Gebote in der Englischen oder der Holländischen Bei eBay kann man aller Erfahrung abgeben, die erst bekannt werden, wenn Auktion – ein Meilenstein der Wirtschafts- nach nicht davon ausgehen, dass sich alle Bieter rational verhalten. Nicht jeder die Auktion zu Ende ist. Gewinner ist, wer wissenschaft. macht sich so viele Gedanken wie Prodas höchste Gebot eingereicht hat, er fessor Ockenfels&Co. Einige Bieter sind zahlt als Preis aber nur das zweithöchste Die Strategie-Empfehlung von eBay ist offenbar der Meinung, sie würden an einer Gebot (ohne den eBay-Erhöhungsschritt, nicht richtig also 15 Euro statt 15.50 Euro). Diese Auk- Soll man das Ergebnis Vickreys nun auf Englischen Auktion teilnehmen. Sie haben tion ist berühmt geworden. Sie wurde von eBay-Auktionen übertragen und einfach also die Regeln nicht verstanden und bieWilliam Vickrey analysiert, nach dem sie seinen eigenen Maximalpreis mitteilen? ten sukzessive mit dem steigenden Preis benannt ist (Vickrey-Auktion) und der hier- eBay schlägt das auf den eigenen In- mit. Solche Typen heissen im Fachjargon für den Nobelpreis gewann. Vickrey fand ternet-Seiten so vor. Diese Empfehlung «crawler», also Kriecher. Deren Verhalten heraus, dass es in einer Zweitpreisauktion ist allerdings nicht die richtige! Denn die kann man nur als irrational bezeichnen. eine dominante Strategie ist, genau den eBay-Auktion unterscheidet sich in zwei Denn «crawling» führt gegenüber dem eigenen Maximalpreis zu bieten, völlig un- Details von derjenigen Vickreys. Erstens einmaligen Gebot zu keinerlei eigenem abhängig davon, was die anderen Bieter ist der Zwischenstand nicht wie im klas- Vorteil. Aber dennoch bewirkt es etwas. machen. Ausserdem bewies Vickrey das sischen Fall verdeckt, sondern öffentlich Ein Kriecher hört aus zwei Gründen mit Erlös-Äquivalenz-Theorem, nach dem einsehbar. Jeder Bieter kennt damit nicht dem Bieten auf: Entweder hat er endlich Aufforderung zum Heckenschuss: Werbung einer Sniping-Agentur Die Präsenz von Kriechern ist vermutlich der Hauptgrund dafür, dass eBays Strategieempfehlung in der Praxis versagt. Dies sieht man, wenn man betrachtet, zu welcher Zeit die Sieggebote abgegeben werden. Bei 50% aller Auktionen geschieht dies in den letzten 5 Minuten, bei 37% in den letzten 60 und bei 12% in den letzten 10 Sekunden (Quelle: Ockenfels&Roth, 2003). «Sniping» spielt also eine erhebliche Rolle. Tatsächlich gibt es bereits Internet-Agenturen, die Aktuelle Buchempfelung für angehende Spezialisten: • Paul Milgrom: Putting Auction Theory to Work, Cambridge University Press, 2004 ISBN 0521 536 723 Wissenschaft das Schiessen aus dem Hinterhalt für einen übernehmen (z.B. esnipe.com). Sniping ist freilich nicht ohne Risiko. Wer erst in den letzten Sekunden vor Ende der Auktion bietet, riskiert, dass das eigene Gebot nicht mehr rechtzeitig «verarbeitet» wird, sondern z.B. im allgemeinen Internet-Verkehr hängen bleibt. So gibt es Dienste, die vor der Sniper-Strategie warnen (z.B. auctionwatch.com). Der optimale Zeitpunkt bestimmt sich damit aus einem Tradeoff zwischen zwei Risiken: dem Risiko, dass die Kriecher noch einmal auf das eigene Gebot reagieren können, und dem Risiko, dass das eigene Gebot im Stau verloren geht. Ich bin leider nicht Charles Bronson Mein Gebot für die DVD ging übrigens nicht im Internet verloren, sondern war schlicht und einfach nicht hoch genug. Noch 5 Sekunden vor Schluss fühlte ich mich wie Charles Bronson («Harmonica»), der Sekundenbruchteile, bevor der Hammer fällt, zusammen mit Jason Robards («Cheyenne») die Saloontreppe herunter kommt und das Gebot für die Ranch auf 5000 Dollar erhöht. In der Realität war ich weniger erfolgreich – der bisherige Höchstbieter hatte eine höhere Zahlungsbereitschaft als ich und blieb trotz meines Gebots in Front. Ulf Schiller 27 mit seinem Gebot das Maximalgebot übertroffen oder er stellt fest, dass letzteres über seiner Zahlungsbereitschaft liegt. Bietet man nicht gegen einen Kriecher mit, sondern gibt sein Maximalgebot erst zu einer Zeit ein, zu der der Kriecher nicht mehr reagieren kann, stellt man sich in beiden Fällen besser. Erstens hat man so eine Chance, gegen den irrationalen Gegenspieler auch dann zu gewinnen, wenn dieser eigentlich eine höhere Zahlungsbereitschaft hat. Zweitens erhält man – selbst wenn es umgekehrt ist – das Objekt zu einem günstigeren Preis, denn der Kriecher war nicht animiert worden, den Preis in die Höhe zu treiben. Im Fachjargon: «sniping», also in den letzten Sekunden der Auktion aus dem Hinterhalt sein Gebot abgeben, ist eine beste Antwort auf «crawling». Anzeige 6EREINIGUNG"ERNER7IRTSCHAFTSWISSENSCHAFTER (ERZLICHE'RATULATIONZU)HRER0ROMOTIONANDERWIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTLICHEN&AKULTËT DER5NIVERSITËT"ERN -IT)HREM3TUDIENABSCHLUSSHABEN3IENUNDIE-ÚGLICHKEITALS-ITGLIEDDER6%2%).)'5.' 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