pdf, 1.0 MB - Departement Betriebswirtschaftslehre

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pdf, 1.0 MB - Departement Betriebswirtschaftslehre
Reform: Neues Reglement für BWL
BeWL
Informationen des
Betriebswirschaftlichen Departements
der Universität Bern
Heft 1: Sommersemester 2004
Portrait: Richard Kühn
Interview: Elisabeth Zölch
eBay: Europazentrale in Bern
Informationen des Betriebswirtschaftlichen
Departements der Universität Bern
Sommersemester 2004
Editorial
Seite 1
Information
Bald neu in Bern: Industriegütermarketing Seite 2
Reformen im Bachelorstudium der BWL Seite 3
Ausbau der Betriebswirtschaft in Bern Seite 4
Renommierte US-Forscherin gewonnnen Seite 5
Daniel Odermatt wirkt im
Master-Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik mit Seite 6
Personen
Im Porträt: Professor Dr. Richard Kühn Seite 7
Ivo Rüthemann – zwischen Eishockey und BWL Seite 10
Studium
Schweiz schaut auf BWL-Masterstudium in Bern Seite 11
Betriebswirtschaft-Studierende
der Universität Bern auf internationalem Kurs Seite 13
Beruf und Karriere
Das Masterstudium der Betriebswirtschaft
Ein Blick auf die Europäische Szene Seite 14
Ist ein Studium an der Universität zu praxisfern? Seite 17
Wirtschaft
Konzentration auf Stärken
Die Berner Volkswirtschaftsdirektorin
Elisabeth Zölch im Interview
Seite 19
eBay – ein Erfolgsmodell der New Economy Seite 22
Wissenschaft
Von Kriechern und Heckenschützen
Das optimale Bietverhalten bei eBay-Auktionen Anzeige
VBW Seite 25
Seite 28
Das BWL Departement beabsichtigt demnach, zumindest zweimal im Studienjahr,
eine Ausgabe von BeWL zu publizieren.
In der Hoffnung, unseren Leserwünschen
entsprechen zu können, haben wir BeWL
nach zielgruppenrelevanten Rubriken gestaltet, weshalb wir bemüht sein werden,
in Zukunft regelmässig über Studium,
Wirtschaft sowie Beruf und Karriere zu
berichten. Ausserdem würden wir uns
freuen, wenn es gelänge, BeWL als
Diskussionsplattform zu etablieren, an
der Studierende, Lehrende und Praktiker sich aktiv beteiligten. Wir freuen uns
daher über verschiedenste Kommentare
ihrerseits!
Editorial
In dieser ersten Ausgabe finden sie neben einem Portrait von Herrn Professor Dr.
Richard Kühn, der per Ende August 2004
in den Ruhestand eintritt, auch Informationen zu den Masterstudien und aktuelle
Information aus der Wirtschaft zu einem
für Bern interessanten Unternehmen eBay.
Auch mit der Volkswirtschaftsdirektorin,
Frau Zölch, durften wir ein Interview führen,
dessen Gesprächsinhalte hier berichtet
werden. Insbesondere die Informationen
zum Masterstudium erachten wir als wesentlich, da z.B. auf möglicherweise entstandene Unklarheiten bezüglich der zu
verleihenden akademischen Grade Bezug
genommen wird. Die Universität Bern hat
als Vorreiter zunächst die akademischen
Grade ‚Bachelor’ und ‚Master of Business
Administration’ vorgesehen, musste aber
aufgrund Entscheidungen der Schweizer
Universitätsrektorenkonferenz letztlich ihre
Titel anpassen.
Ich hoffe, dass wir ihnen durch die Publikation der BeWL Zeitschrift in Zukunft
aktuelle Informationen übermitteln können, und würde uns wünschen, wenn
es gelänge, dadurch einen wesentlichen
Beitrag zur besseren Betreuung unserer
Studierenden zu leisten.
Ihr Artur Baldauf
Sprecher des Departements BWL
der Universität Bern
Liebe Studierende –
liebe Leserinnen und Leser!
Mit der vorliegenden ersten Ausgabe
der Zeitschrift BeWL haben sich die Verantwortlichen des BWL Departements
das Ziel gesetzt, einen wesentlichen
Beitrag zu einem verbesserten Stakeholdermanagement im Allgemeinen bzw.
Kundenmanagement im Speziellen zu
leisten. Wir ergreifen somit Massnahmen,
die für viele Unternehmen schon selbstverständlich sind, aber bei öffentlichrechtlichen Institutionen noch durchaus
entwicklungsbedürftig erscheinen. Unser
Bemühen besteht demnach darin, die
Dienstleistungsqualität zu verbessern. Da
im Zusammenhang mit Dienstleistungsqualität aber nicht nur Konkretisierungen
wie «Produkt», Verlässlichkeit oder Einfühlungsvermögen, sondern auch prozessuale Elemente stehen, erachten wir die
Etablierung von effizienten und effektiven
Kommunikationskanälen als wesentliche
Herausforderung. Diese Herausforderung
anzunehmen, verstehen wir auch vor dem
Hintergrund der Pflege und der Intensivierung internationaler Kontakte, die insbesondere durch die Bologna Reformen
sowie durch Erasmus Entwicklungen von
zentraler Bedeutung sind.
Bald neu in Bern:
Industriegütermarketing
Information
Abstimmung auf Wirtschaftsförderungs­
konzept des Kantons
Die Berner Betriebswirtschaftslehre wird
alsbald eine neue Akzentuierung erhalten.
Mit dem Weggang von Professor Thorsten
Teichert wird die Professur für Innovations­
management neu als Industriegütermarke­
ting ausgeschrieben werden.
Neben der Wahrung des Profils der Berner Betriebswirtschaftslehre kann aber
nunmehr einer ganzen Reihe von internen Erfordernissen Rechnung getragen
werden. Die Nachfrage der Studierenden
nach Spezialisierungen war in der Vergangenheit sehr ungleich auf die einzelnen Lehrstühle verteilt. Für die Zukunft
werden besondere Spitzenbelastungen
in den Bereichen Personal und Organisation, Rechnungswesen und Controlling
sowie Marketing erwartet. Im Zuge des
Ausbaus der Betriebswirtschaftslehre soll
in diesen drei Bereichen eine Erweiterung
des Lehrangebots erfolgen, um die bislang ungünstige Betreuungsrelation zu
verbessern. Die Neuorientierung des
Industriegütermarketings ist einer von
drei in diesem Sinne vorzunehmenden
Reformschritten.
Die neue Ausrichtung stellt freilich keinen
grundsätzlichen Bruch mit den bisherigen Strukturen dar. Hauptbetrachtungs­
objekte in Lehre und Forschung werden
wie bisher kleine und mittlere Unternehmen des Hochtechnologiebereichs sein.
Für das Angebot des Departements für
Betriebswirtschaftslehre an Forschungstransferleistungen ergibt sich damit keine
grundsätzliche Veränderung. Der neu zu
schaffende Lehrstuhl fügt sich vielmehr
nahtlos in die im Kanton Bern seit 1998
verfolgte Clusterpolitik an. Besonders
abgedeckt werden sollen vier der sechs
vom Regierungsrat definierten Wirtschafts­ Schwerpunkte in der Arbeit der neu zu
förderungs-Cluster, nämlich die Telematik, besetzenden Professur werden in den Beder Medizinalbereich, die Präzisionsindus- reichen Industriegütermarketing-Strategitrie und die Umwelttechnologie/Energie. en, Operatives Industriegütermarketing,
Gleichzeitig wird eine Brücke für Absol- Beschaffungsstrategien mit Themen wie
venten zu dem im Kanton Bern häufigsten «Buying-Center-Konzepte», Struktur- und
Unternehmenstyp aufrechterhalten. Kleine Prozessmodelle und Interaktionsansätze
und mittlere Hochtechnologieunterneh- sowie einer Reihe von Spezialthemen gemen halten die meisten Arbeitsplätze im sehen. Somit wird den Studierenden ein
modernes und berufsspezifisches AusbilPrivatsektor bereit.
dungsspektrum angeboten werden.
Ulf Schiller
Das Bachelorstudium der BWL in Bern
Die Broschüre «Das Bachelorstudium der
BWL an der Universität Bern» enthält alle
Details die Sie für Ihr Bachelorstudium in
Bern kennen müssen. Sie erhalten diese
Broschüre ab Wintersemester 2004/05
an den betriebswirtschaftlichen Instituten oder über das Internet Portal des
betriebswirtschaftlichen Departements,
www.bwl.unibe.ch
Kernelement des neuen Reglements ist
die Bachelorarbeit, die die Studierenden
zum Abschluss des Studiums anzufertigen haben. Da das Bachelorstudium
durch viele grundlegende Veranstaltungen
quer durch die gesamte Betriebswirtschaftslehre gekennzeichnet ist, soll es
den Studierenden gerade durch die Bachelorarbeit möglich werden, persönliche
Anbindung an die betriebswirtschaftlichen
Institute zu erlangen. Gleichzeitig wird so Unabhängig davon erfolgt eine Fortsetein spezialisierter Abschluss der ersten zung des Studiums auf der Masterstufe
Ausbildungsebene gemäss dem Bologna- in jedem Fall nach den Regeln des neuen
Konzept ermöglicht. Die geplante Bear- Reglements, hier existiert keine Wahlbeitungsdauer (reine Bearbeitungszeit) für möglichkeit für die Studierenden. Für
die Zulassung zum Masterstudium wird
die Bachelorarbeit ist 6 Wochen.
die Eingangshürde (Mindestnote 4.5 im
Das zweite neue Element ist die Reduk- Bachelorabschluss) gestrichen, nachdem
tion der verbindlichen Praktikumsdauer. die Hochschulpolitik der Schweiz einen
Der praktische Gebrauch zeigte, dass die entsprechenden Gesinnungswandel vollbisherige Mindestdauer von 16 Wochen zogen hat. Diese Streichung gilt natürlich
zu gut gemeint war. Die neue Regelung sowohl für Bachelorabsolventen nach
(8 Wochen) kommt den Studierenden neuem als auch nach altem Reglement.
in ihrer Gestaltung der vorlesungsfreien
Zeit entgegen. Sie ermöglicht eine bessere Wer den Übergang zwischen der BachelorVorbereitung auf den zweiten Prüfungster- und Masterstufe zügig gestalten möchte,
min des Sommersemesters im Herbst und hat bereits vor dem Bachelorabschluss
wird so zur Senkung der Studienzeiten die Möglichkeit hierzu. Allen Bachelorstudenten, die das Einführungsstudium
beitragen.
erfolgreich absolviert haben, stehen die
Weiter wurde die Zahl der Pflichtstunden so genannten Basislehrveranstaltungen
im Einführungsstudium reduziert, der Ka- auf der Masterebene offen. Erfolgreich
talog der Veranstaltungen bei frei wählba- absolvierte Prüfungen werden aber erst
ren Lehrveranstaltungen vergrössert und angerechnet, wenn der Bachelorabdie Zahl der verbindlich zu belegenden schluss vorliegt.
Proseminare reduziert.
Ulf Schiller
Studierende, die im Wintersemester 2004/
05 neu beginnen, studieren automatisch
nach dem neuen Reglement. Wer bereits
jetzt im Bachelorstudium eingeschrieben
ist, wird automatisch in das neue Reglement überführt, es sei denn, solche Studierende haben den Wunsch, im alten
Reglement zu verbleiben. Dann müssen
Information
sie bis spätestens zum 28. Februar 2005
eine entsprechende Erklärung im WiSoDekanat einreichen.
Reformen im
Bachelorstudium der BWL
Reglementsreform:
Das Wichtigste für Bachelorstudenten
auf einen Blick
• Das Bachelorstudium wird mit einer Bachelorarbeit (8 ECTS) abgeschlossen
• Reduktion der Praktikumsdauer von
16 Wochen (8 ECTS-Punkte) auf 8
Wochen (4 ECTS Punkte)
• Nur noch ein obligatorisches Proseminar (bisher zwei)
• Wer bereits im Bachelorstudium eingeschrieben ist, wird automatisch in
das neue Reglement überführt. Wer im
alten Reglement verbleiben möchte,
muss dies bis zum 28. Februar 2005
im Dekanat schriftlich beantragen.
• Zum Masterstudium sind sämtliche Bachelor-Absolventen zugelassen. Es gibt
keine Mindestnote. Das Masterstudium
kann nur nach neuem Reglement studiert werden.
• Vor dem Bachelorabschluss können nur
Basislehrveranstaltungen auf der Masterstufe besucht werden. Diese können erst nach dem Bachelorabschluss
angerechnet werden. Voraussetzung
für den Besuch einer Basislehrveranstaltung auf Masterstufe ist das abgeschlossene Einführungsstudium.
Mit der Reglementsreform im Fach Be­
triebswirtschaftslehre zum 1. September
2004 ergeben sich auch für Studierende
der Bachelorstufe einige Änderungen. Diese
werden hier kurz vorgestellt.
Ausbau der
Betriebswirtschaft
in Bern
Information
Hauptsächlich mit dem Ziel der Verbes­
serung des Betreuungsverhältnisses plant
die Universitätsleitung einen nachhaltigen
Ausbau der Betriebswirtschaftslehre in
Bern. Möglich machen dies neue Bun­
desmittel.
«Uni platzt aus allen Nähten», so titulierte die Berner Zeitung am 21.10.2003.
Nicht zuletzt die Verhältnisse in der Betriebswirtschaft gaben damals Anlass zu
dieser Feststellung. Im SwissUp Ranking
wurde die BWL mit der schlechtesten Betreuungsrelation aller Universitäten in der
Schweiz ausgewiesen. Nach den Plänen
der Universitätsleitung soll es damit bald
vorbei sein. Aufgrund neuer Bundesmittel
werden mehrere Fachrichtungen an der
Universität Bern ausgebaut, darunter die
Betriebswirtschaftslehre.
Bereichen gelehrten Themen in der Praxis
auf stark nachgefragte berufliche Tätigkeitsfelder treffen.
Ähnlich gestaltet sich die Situation im
Bereich des Rechnungswesens, wo die
zweite neue Professur geschaffen werden
wird. Bislang deckt Professor Schiller die
Gebiete des internen und des externen
Rechnungswesens sowie des Controllings allein ab. Nachdem die Strukturen
des Lizentiatsstudiums bald der Vergangenheit angehören werden und im Zuge
des Masterstudiums kürzere Angebotszyklen notwendig werden, reicht die bisherige Angebotsstruktur nicht mehr aus.
Zudem haben in den letzten 10 Jahren
in der Schweiz gravierende Veränderungen in den Anforderungen an die Ausbildung stattgefunden, die sich durch die
zunehmende Internationalisierung und
Orientierung an den Erfordernissen der
Kapitalmärkte ergeben. Die Universität
Bern ist genau zum richtigen Zeitpunkt
in der glücklichen Lage, hier einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber anderen
Universitäten zu erlangen.
Im April verabschiedete die Wirtschaftsund Sozialwissenschaftliche Fakultät
einen Strukturbericht, in dem sie offen
legt, wie sie die neuen Mittel einsetzen
will. Zwei neue Lehrstühle und drei Assistenzprofessuren sollen die Anzahl der
Lehrenden um 50% erhöhen. Dabei wird
im Ausbauplan auf diejenigen Fächer Abgerundet werden soll der Ausbau
gesetzt, in denen der Schuh am meisten der Betriebswirtschaftslehre durch drei
zusätzliche Assistenzprofessuren in den
drückt.
Bereichen Accounting und Finance, MaSo wird ein zusätzlicher Lehrstuhl im nagement und Marketing. Jungen WisBereich Organisation geschaffen wer- senschaftlerinnen und Wissenschaftlern
den. Das bisher allein durch Professor soll mit diesen Stellen die Möglichkeit
Thom geführte Institut für Organisation gegeben werden, unabhängig zu lehren
und Personal (IOP) wird also erweitert, und zu forschen. Die Anzahl der AssisProfessor Thom wird sich in der Lehre tenzprofessuren wird damit im Bereich der
in Zukunft mehr dem Bereich Personal Berner BWL von bisher zwei auf deren
widmen. Diese Erweiterung des IOP soll fünf erhöht werden.
die verschlechterten Betreuungsverhältnisse korrigieren. Wurden in den Jahren Mit den neuen Professuren kann ab
nach der Gründung des IOP noch etwa dem Wintersemester 2005/06 gerechnet
600 Prüfungen geschrieben, so sind es werden.
heute über 1’000. Fachlich gesehen hat
das Wissensvolumen sowohl im Bereich Ulf Schiller
Personal als auch in der Organisation sehr
stark zugenommen, sodass es unmöglich
geworden ist, alle Bereiche mit der erforderlichen Intensität und Tiefe abzudecken.
Hinzu kommt, dass die in diesen beiden
Dem Departement für BWL ist es gelun­
gen, für das Wintersemester 2004/05 Frau
Professor Dr. Jakki Mohr an die Universität
Bern, Departement für Betriebswirtschaft,
als Gastdozentin zu engagieren. Im fol­
genden Kurzporträt soll sie kurz vorgestellt
werden.
Frau Mohr ist Professorin für Management Jakki Mohr ist die Mutter von zwei Kindern,
und Marketing sowie Ron and Judy Paige mit denen Sie bevorzugt ihre Freizeit mit
Faculty Fellow an der Business School der Fahrradfahren, Camping, Skifahren und
University of Montana in Missoula, Mon- Reisen verbringt und dabei die zahlreichen
tana (USA). Sie wuchs in Boise, Idaho auf Naturwunder von Montana geniesst.
und war vor ihrer akademischen Karriere
in der Werbebranche für Hewlett Packard In Bern wird Jakki Mohr im Zuge einer
im Silicon Valley tätig. Jakki Mohr promo- Blocklehrveranstaltung (voraussichtlich
vierte an der University of Wisconsin-Ma- je eine Woche im Oktober 2004 und eine
dison und war dann an der University of Woche im Januar 2005) über Innovation
und High-Tech Marketing ein Obligatorium
Colorado at Boulder beschäftigt.
(6 ECTS) auf der Bachelorstufe anbieten
Jakki Mohr’s Lehr- und Forschungs- (in Ersetzung der bisher von Herrn Teichert
interessen sind in den Bereichen des gehaltenen Lehrveranstaltung InnovatiHigh-tech Marketing, e-Commerce und onsmanagement). Die Lehrveranstaltung
Internet Marketing sowie Business-to- wird in englischer Sprache offeriert, was
Business Marketing. Ihre Forschungsar- auch das Bestreben der Berner BWL,
beiten wurden mehrfach ausgezeichnet sich international verstärkt zu orientieren,
und erschienen im Journal of Marketing, zum Ausdruck bringen soll. Damit ist eine
dem Strategic Management Journal, dem attraktive Alternative im WS 2004/05 für
Journal of Public Policy and Marketing die von Herrn Teichert bisher abgehaltene
und anderen nationalen und internatio- Lehrveranstaltung zum Innovationsmanagement gefunden worden.
nalen Fachzeitschriften.
Für ihre Lehrtätigkeit erhielt Frau Mohr Artur Baldauf
mehrere Auszeichnungen, u.a. den Most
Inspirational Teacher Award der University
of Montana (2002), den Outstanding Faculty Award (2000) sowie den Frascona
Teaching Excellence Award der University
of Colorado (1992). Frau Mohr sucht auch
den Informationstransfer zwischen Wissenschaft und Praxis, was auch dadurch
dokumentiert wird, dass in ihren Lehrveranstaltungen häufig Strategien für Unternehmen – unter Bezug auf theoretische
Konzepte – erarbeitet werden. Zusätzlich
berät sie eine Vielzahl von High-tech Unternehmen.
Renommierte
US-Forscherin gewonnen
Lehrprogramm Innovationsmanagement
im WS 2004/05
Daniel Odermatt wirkt
im Master-Studienschwerpunkt
Wirtschaftsinformatik mit
Information
Im Rahmen der im WS 2004 / 05 neu anlaufenden Master-Programme wird das
Institut für Wirtschaftsinformatik unter anderem eine Lehrveranstaltung «Management von Informatik-Projekten» anbieten.
Wir freuen uns sehr, dass es gelungen ist,
den neuen Verwaltungsdirektor der Universität Bern, Herrn Dr. Daniel Odermatt,
als Lehrbeauftragten für die Abhaltung
dieser Lehrveranstaltung zu gewinnen.
Das Institut für Wirtschaftsinformatik
richtet sein Lehrprogramm im Zuge der
Einführung des Bachelor / Master-Studiums konsequent auf eine theoretisch
fundierte und praxisrelevante Lehre aus,
die den Studierenden beste Startvoraussetzungen für ihr Berufsleben bieten soll.
Der Lehrauftrag an Daniel Odermatt leistet einen wichtigen Beitrag zur Erreichung
dieses Ziels.
Daniel Odermatt war vor rund 15 Jahren
als Hilfsassistent, Assistent und Doktorand am Institut für Wirtschaftsinformatik
tätig. Sein Doktoratsstudium an der Uni
Bern schloss er 1991 mit einer Dissertation zum Thema «Wettbewerbsorientierte
Informationssysteme in der schweizerischen Privatassekuranz» ab.
Gerhard Knolmayer
Seit 1991 war Daniel Odermatt bei der
Schweizerischen Mobiliar Versicherungsgesellschaft in Bern in verschiedenen
leitenden Funktionen tätig, zuletzt als
Bereichsleiter Informatik und Mitglied der
Geschäftsleitung. In dieser Funktion war er
für den Aufgabenbereich «Betriebsorganisation und Informatik» und damit für über
260 interne und eine grosse Anzahl externe Mitarbeitende, für die IT-Systeme der
rund 4000 Anwender an 200 Standorten
und ein jährliches Budget von über 100
Mio CHF verantwortlich. Ab 2002 baute
er für die Computer Sciences Corporation
(CSC) eine neue Geschäftseinheit «Strategie- und Organisationsberatung» auf. Im
Januar 2004 übernahm Herr Dr. Odermatt
die Position des Verwaltungsdirektors
seiner Heimatuniversität und ist damit
Mitglied der Universitätsleitung.
In seinem beruflichen Werdegang hat Daniel Odermatt vielfältige Erfahrungen mit
ganz unterschiedlichen Informatik-Projekten gewonnen. Studierende mit einem Studienschwerpunkt in Wirtschaftsinformatik
werden im Rahmen des Lehrauftrages
sowohl vom theoretischen Hintergrund
als auch den praktischen Erfahrungen
von Daniel Odermatt profitieren können.
Richard Kühn, 1938 in Süddeutschland
geboren, absolvierte das mathematischnaturwissenschaftliche Gymnasium in
Worms. Das Studium der Nationalökonomie schloss er nach Studienaufenthalten
in Bonn und in Mexiko City 1963 mit dem
lic.rer.pol. in Bern ab. Nach dem Lizentiat
war Richard Kühn bei Prof. Müller an der
Universität Bern als wissenschaftlicher
Assistent tätig, wo er 1967 mit der Arbeit
«Möglichkeiten rationaler Entscheide im
Absatzsektor» promovierte.
Nachdem ihm ein Stipendium des
Schweizerischen Nationalfonds zugesprochen wurde, ergriff Richard Kühn
als einer der ersten Betriebswirtschaftsdozenten der Schweiz die Gelegenheit,
seinen Wissenshorizont im Land der unbeschränkten Möglichkeiten zu erweitern.
Er verbrachte ein Forschungsjahr an der
Arizona State University in Phoenix (USA)
und beschäftigte sich in dieser Zeit intensiv mit statistischen Problembereichen
innerhalb der empirischen Sozialforschung. Nach seiner Rückkehr aus den
USA wirkte Richard Kühn noch kurze
Zeit als Oberassistent am betriebswirtschaftlichen Institut der Universität Bern,
fasste im Jahr 1970 aber den Entschluss,
sein im akademischen Bereich erlangtes
Wissen auch in der Praxis zu validieren:
Er agierte als Chefredaktor der Zeitschrift
«Werbung/Publicité», war in verschiedenen Organisationen der Werbewirtschaft
tätig und gründete die Beratungsfirma
input AG.
Im Jahr 1987 folgte Richard Kühn dem
Ruf der Universität Bern als Ordinarius
für Betriebswirtschaftslehre und gründete
das Institut für Marketing und Unternehmensführung (IMB), dem er seit dieser Zeit
auch vorsteht. Neben seinem unermüdlichen Engagement in der Lehre und in der
Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses setzte er sich auch selbstlos für
die Belange der WISO-Fakultät sowie
für die Universität Bern insgesamt ein.
Er war Vorstand der Wirtschaftswissenschaftlichen Abteilungen und auch Dekan
der Rechts- und Wirtschaftwissenschaftlichen Fakultät. Besondere Anerkennung
erwarb er sich im Jahr 1995, als es ihm
gelang, die Schweizerische Gesellschaft
für Marketing (GfM) für die Finanzierung
einer Lehrveranstaltung zu gewinnen und
Personen
Von Freiburg nach Bern
Mit dem Praxisengagement war jedoch
nicht ein endgültiger Abschied von der
scientific community verbunden, da
Richard Kühn der Universität Bern durch
die Übernahme eines Lehrauftrages
für Absatzlehre, Unternehmungspolitik
und Planung verbunden blieb. Sein
wissenschaftliches Interesse beflügelte
ihn denn auch, neben seiner Tätigkeit
in der Praxis seine Habilitationsschrift
mit dem Titel «Entscheidungsmethodik
und Unternehmungspolitik – Methodische Überlegungen zum Aufbau einer
betriebswirtschaftlichen Spezialdisziplin»
fertig zu stellen. Seine Rückkehr in den
akademischen Dienst war entsprechend
vorprogrammiert: Im Jahr 1979 wurde er
von der Universität Freiburg zum Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre ernannt,
wo er seinen Vorstellungen einer generalistischen Betriebswirtschaft entsprechend, ein sehr breites Lehrprogramm
in den Bereichen Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Betriebsinformatik und
Marketing sowohl in deutscher als auch
in französischer Sprache offerierte. Dieses
Lehrprogramm reflektiert eindrucksvoll
sein über die Grenzen einzelner Teildisziplinen hinausgehendes Selbstverständnis
der Betriebswirtschaft.
Im Porträt:
Professor Dr. Richard Kühn
Wir wollen es nicht wahrhaben, aber der
Lauf der Zeit ist unaufhaltsam – Ende Au­
gust 2004 tritt eine der renommiertesten
Persönlichkeiten der schweizerischen Mar­
ketinglandschaft, Prof. Dr. Richard Kühn,
in den Ruhestand.
Strategie und Marketing
Sein präferiertes Lehr- und Forschungsgebiet war und ist jedoch stets das
Marketing, und zweifelsohne zählt der
Betriebswirtschaftsprofessor heute zu
den Pionieren und kritischen Vordenkern
der Marketingdisziplin in der Schweiz. Er
avancierte zu den handverlesenen Professoren, denen es gelang, über den eigenen
Lehrstuhl hinaus Interesse für akademisch
orientiertes Marketing zu wecken und
dadurch auch entsprechenden Einfluss
zu erlangen.
Die wissenschaftlichen Arbeiten von
Richard Kühn sind geprägt von der kritischen Reflexion der Betriebswirtschaftslehre im Spektrum der Wissenschaften.
Richard Kühn versteht sich als Proponent
der praktisch-normativen Betriebswirtschaftslehre, der bestrebt ist, der Praxis
brauchbare Entscheidungsmethoden zur
Verfügung zu stellen. Basierend auf seinen
Überlegungen zur Forschungsmethodik
entwickelte er verschiedene heuristische
Entscheidverfahren, so zur «Planung eines
strategischen Konzeptes für den Marketing-Mix», zur «Erarbeitung von Planungskonzepten» und zur «Gestaltung des
strategischen Planungsprozesses». Sein
in der Praxis bekanntestes Werk trägt den
Titel «Marketing – Analyse und Strategie»,
welches methodische Anleitungen für
die Marketingsituationsanalyse und die
Bestimmung des Marketing-Mix-Konzeptes enthält.
Sein Wissen bzw. seine Erfahrung hat
Richard Kühn auch stets in den Dienst der
akademischen Gesellschaft gestellt. Seit
1993 ist er Mitglied des Herausgeberbeirats der Zeitschrift «Marketing – Zeitschrift
für Forschung Praxis» und seit 1998
Mit-Herausgeber der Schweizerischen
Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis «Die Unternehmung».
Richard Kühn ist überdies Mitglied der
Praxisbezug grossgeschrieben
Die Aktivitäten von Richard Kühn umfassen Bereiche, die weit über die universitären Forschungs- und Lehrtätigkeiten
hinausgehen. Seit langem pflegt er enge
Verbindungen zur Praxis, engagiert sich
in der Marketing-Aus- und -Weiterbildung für Praktiker und nimmt öffentliche
Funktionen wahr: Neben dem Aufbau des
eigenen Strategie- und Marketingberatungsunternehmens input AG zeugen
seine langjährigen Beratungstätigkeiten
sowie sein Engagement in mehreren Verwaltungsräten von intensiven Kontakten
zur unternehmerischen Praxis. Während
26 Jahren war Richard Kühn zudem
Mitglied des Vorstandes der Schweizerischen Gesellschaft für Marketing (GfM).
Überdies wirkte er entscheidend mit beim
Aufbau und bei der Konzipierung der
eidgenössisch anerkannten Lehrgänge
zum eidg. dipl. Werbeleiter, zum eidg.
dipl. Verkaufsleiter und vor allem zum
eidg. dipl. Marketingleiter. Richard Kühn
engagierte sich in der eidgenössischen
Kartellkommission (1993–1998), in der
Volkswirtschaftkommission des Kantons
Bern (1993–1997) sowie im Vorstand der
Gesellschaft für Betriebwirtschaftslehre.
2001 wurde Richard Kühn in Würdigung
seiner Verdienste um die umfassende
Förderung des Marketing in Forschung,
Lehre und Praxis mit dem GfM Marketingpreis ausgezeichnet. Richard Kühn
hat unzählige Beratungsmandate erfüllt
und ist ein gerne sowie viel gehörter Vortragender und Interviewpartner.
von Beratungsmandaten weiterhin in
der Praxis engagieren – getreu seiner
Devise: «(…) voll durchziehen und kein
Lame-duck-Gefühl aufkommen lassen.»
Seine breit gefächerten Interessen, seine
Lebensfreude, seine Schaffenskraft, seine Unternehmenslust und seine Offenheit
lassen uns nicht an der konsequenten
Umsetzung dieses Leitsatzes zweifeln. Wir
werden seine Weitsicht, seine Erfahrung
und seine Konsensfähigkeit vermissen
und wünschen ihm das Allerbeste im
nächsten Lebensabschnitt!
Personen
wissenschaftlichen Kommission Marketing des Verbandes der Hochschullehrer
für Betriebswirtschaft e. V., die er 1996/
97 präsidierte. Von 1994 bis 1997 war er
ausserdem im Vorstand des Verbandes
der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft
e. V. tätig.
Artur Baldauf und Carolina Meli
Auswahl von in letzter Zeit publizierter
und einem breiten Leserkreis zugängli­
chen Werke von Richard Kühn:
• Entscheidungsverfahren für
komplexe Probleme
(gemeinsam R. Grünig),
Berlin, Heidelberg 2004.
• Marketing – Analyse und Strategie
(gemeinsam mit P. Vifian),
vollständig überarbeitete und erweiterte Neuauflage, Zürich 2003.
• Process-based Strategic Planning
(gemeinsam mit R. Grünig),
2nd edition, Berlin, Heidelberg,
New York 2002.
• Dienstleistungsmarketing – Planung
und Gestaltung von Kundenbeziehungen (gemeinsam mit R. Fasnacht),
Zürich 2002.
• Methodik der strategischen
Planung –Ein prozessorientierter
Ansatz für Strategieplanungsprojekte
(gemeinsam mit R. Grünig),
2. überarbeitete Auflage, Bern,
Stuttgart, Wien 2002.
• Grundlagen der Strategischen
Im Ruhestand will Richard Kühn laut Planung –Ein integraler Ansatz zur
eigenen Aussagen vermehrt mit seiner
Beurteilung von Strategien
Frau reisen, Konzerte und Ausstellun- (gemeinsam mit R. Grünig),
gen besuchen, seine Lehrerfahrungen 2. überarbeitete Auflage, Bern,
dokumentieren und sich im Rahmen Stuttgart, Wien 2000.
damit den ersten durch ein Sponsoring
finanzierten Lehrauftrag an der Universität
Bern zu institutionalisieren.
Foto: EQ Images
Ivo Rüthemann –
zwischen Eishockey und BWL
Personen
Den Eishockey-Fans ist der Name Ivo
Rüthemann seit langem ein Begriff. Seine Schnelligkeit und Abschlussqualitäten
versetzen die Fans in der BernArena
jeweils in Begeisterung. Die soeben zu
Ende gegangene Saison war mit dem
Gewinn des Meistertitels nicht nur für
Rüthemanns Klub, den SC Bern, eine
äusserst erfolgreiche, sondern auch für
ihn persönlich. In 63 Spielen erzielte der
St. Galler 66 Skorerpunkte (31 Tore und
35 Assists) und erwies sich als einer der
Bausteine für den Gewinn des Meistertitels. Zum Abschluss der Saison führte
er die Schweizer Nationalmannschaft ins
Viertelfinal der Weltmeisterschaft. Rüthemanns Passion und Hauptbeschäftigung
ist zwar das Eishockey, doch ab und an
wirft der 27-Jährige auch einen Blick in
wissenschaftliche Literatur – denn der
Topskorer des SCB absolviert auch ein
BWL-Studium an der Universität Bern.
Ivo Rüthemann, an der Uni Bern sind Sie
als BWL-Student eingeschrieben. Wie oft
sind Sie denn dort?
Ich nehme an rund drei Vorlesungen
im Semester teil. Daneben betreibe ich
Selbststudium – ich werfe also ab und zu
einen Blick in Fachbücher. Regelmässig
zum Lesen komme ich jedoch nicht.
10
Ivo Rüthemann wurde am 12. Dezember
1976 geboren. Eishockey ist für den 1,72
Meter grossen und 75 Kilogramm schweren Athleten seit seinem sechsten Lebensjahr zentraler Lebensinhalt. Als erstes trat
Rüthemann beim SC Rheintal auf helvetischem Eis in Erscheinung, bevor er zum
HC Davos und dann 1999 zum SC Bern
wechselte. Rüthemann absolvierte bis
dato 505 Spiele in der Nationalliga A und
erzielte dabei 140 Tore und 162 Assists.
Für die Schweizer Nationalmannschaft
(Stand 3.5.04) bestritt der Flügelstürmer
126 Länderspiele und buchte dabei 43
Punkte (21 Tore sowie 22 Assists).
Was interessiert Sie denn am meisten?
Ich bin noch nicht so weit, dass ich wählen
könnte. Mal abwarten. Aber der Bereich Finanzmanagement interessiert mich schon.
Ist für Sie als Eishockeyprofi das Studium
Zeitvertreib oder eine willkommene Ab­
wechslung?
Ich habe die Typus E-Matura gemacht.
Als reiner Zeitvertreib sehe ich es nicht,
aber als gute Ergänzung. Es ist nicht zu
viel, nicht zu wenig und ich komme ein
bisschen vorwärts.
Das heisst, der Abschluss ist Ihr Ziel?
Absolut. Ich studiere nun schon fünf Jahre, jetzt kommen noch etwa fünf Jahre
dazu.
Die Vorbereitung auf das «Danach», auf die
Laufbahn nach der Eishockeykarriere, läuft
also auf vollen Touren?
Ja, sie läuft. Was ich jedoch nach meiner
Eishockeylaufbahn machen werde, ist
aber noch völlig offen. Keine Ahnung, in
welche Richtung es mich ziehen wird.
Der Sport bedeutet Ihnen alles?
Er steht bei mir absolut im Zentrum. Daneben möchte ich etwas aufbauen und
schliesslich habe ich noch ein Privatleben,
das für mich zentral ist.
Eishockey ist Ihr Leben, haben Sie auch
Studenten als Kollegen?
Ganz am Anfang waren da zwei, drei
Freundschaften. Aber diese Kollegen
haben inzwischen abgeschlossen. Auch
Alex Châtelain studiert mit mir, aber der
wechselt nun von Bern nach Basel.
Interview: Beat Moning
Mit Dank wiederabgedruckt aus dem Bieler Tagblatt
Vor drei Jahren war die Betriebswirtschaftslehre der Universität Bern die erste in der Schweiz, die das alte LizenziatsStudium zu Gunsten der Bologna-Reform
aufgab und konsequent auf die international anerkannte Bachelor- und Masterstruktur wechselte. Schon lange vorher
hat Bern das Kreditpunktesystem eingeführt. Mittlerweile sind andere schweizerische Universitäten diesem Schritt
gefolgt – auch Basel, Freiburg, Lugano
und St. Gallen haben inzwischen entsprechende Reglemente verabschiedet.
Mit dem Start des Masterprogramms ist
Bern nun erneut an der Spitze.
Studienschwerpunke im Zentrum
Während die «Konkurrenz» häufig nur
alten Wein in neuen Schläuchen anbietet,
und damit alte Strukturen weiter anbietet,
wurde in Bern eine echte Studienreform
vollzogen. Das neue Masterprogramm
umfasst in der Regelstudienzeit drei Semester. Pro Semester werden 30 ECTS-
Studium
Punkte zu erbringen sein, insgesamt
also 90. Anders als das Studium auf
der Bachelor-Stufe, das eine breite Berufsqualifikation zum Ziel hat, erfolgt auf
der Masterstufe eine Spezialisierung. Den
grössten Anteil an den zu erbringenden
Studienleistungen nehmen folgerichtig
die Veranstaltungen des Studienschwerpunkts ein. Die bernische BWL kennt vier
solche Schwerpunkte:
• Finanzierung und
Unternehmensrechnung,
• Management,
• Marketing,
• Wirtschaftsinformatik.
Für jeden Schwerpunkt gibt es einen
oder mehrere Studienprogramme, aus
denen die Studierenden einen individuell passenden auswählen können.
Ein Studienprogramm umfasst 48 zu
erbringende ECTS-Punkte und setzt
sich aus Veranstaltungen mehrerer Lehrstühle zusammen. Dies ist ein Novum
in Bern. Im alten Lizenziats-Studium
standen die Fachprogramm-Prüfungen
als Spezialisierung im Mittelpunkt. Diese
waren regelmässig «One-Man-Shows»
(Professorinnen gibt es bekanntlich in
Bern (noch) nicht). Als Folge arbeiteten
die Professoren mehr oder weniger unabhängig voneinander – die Lehre war
zwar in ihren Grundzügen, nicht aber in
den Details aufeinander abgestimmt. «Mit
Einführung der Master-Studiengänge wird
der Teamgeist auf Seite der Dozenten eine
stärkere Rolle spielen», erklärt Professor
Norbert Thom. Das wird letztlich den
Studierenden zu Gute kommen. Ein
noch stärker abgestimmtes Curriculum
als bisher wird die Qualität der Lehre entscheidend verbessern. «In der Konzeptionsphase warf die Vorgabe abgestimmter
Lehrveranstaltungen zwangsläufig die
Problematik einer Verschulung des Studiums auf. Wir haben das Problem durch
eine abgestufte Mischung aus obligatorischen und frei wählbaren Veranstaltungen
in jedem Studienprogramm gelöst», sagt
Thom. So enthält jedes Studienprogramm
11
Schweiz schaut
auf BWL-Masterstudium
in Bern
Das Masterstudium der BWL in Bern
Die Broschüre «Das Masterstudium der
BWL an der Universität Bern» enthält alle
Details die Sie für Ihr geplantes MBA-Studium in Bern kennen müssen. Sie erhalten
diese Broschüre ab Sommersemester
2004 an den betriebswirtschaftlichen Instituten oder über das Internet Portal des
betriebswirtschaftlichen Departements,
www.bwl.unibe.ch
Noch ein Semester, dann ist es so weit. Zum
ersten Mal in der Geschichte der Schweiz
nehmen reguläre Studierende einer Grossu­
niversität den Master-Abschluss in BWL in
Angriff. Grund genug, um die Strukturen des
neuen Studiengangs vorzustellen.
Studium
12
einen Pflichtbereich von Veranstaltungen, weis stellen, dass sie in der Lage sind,
die sämtlich zu absolvieren sind. Daneben selbstständig ein komplexes Problem
findet sich ein so genannter Wahlpflicht- mit den Methoden zu lösen, die sie im
bereich. Dieser enthält einen Kanon von Verlauf des Studiums erlernt haben. Für
Veranstaltungen, von denen eine gewisse die Bearbeitung sollten die Studierenden
Mindestzahl zu belegen ist. Darüber hin- drei bis vier Monate einplanen, im letzten
aus existieren schliesslich Wahlveranstal- Semester sollten also nur noch wenige
tungen, mit denen die Studierenden die Lehrveranstaltungen liegen, die parallel
erforderlichen 48 ECTS-Punkte in völlig zur Masterarbeit absolviert werden.
freier Wahl komplettieren können.
Internationalität
Basisveranstaltungen und Nebenfachveran­ Als Absolvent kann man auf dem Arbeits­
staltungen als allgemeine Komponente
markt heutzutage nur bestehen, wenn
Bei allem Wunsch zur Spezialisierung man glaubhaft versichern kann, dass
soll ein Masterstudent der BWL an der man internationalen Anforderungen geUniversität Bern das Jenseits des eignen recht wird. Dem wird die bernische BWL
Tellerrandes nicht aus den Augen verlieren. in zweierlei Hinsicht gerecht. Zum einen
Insofern enthält das Studium ein zu er- ist es für alle MBA-Studierenden in Bern
bringendes Pensum von 24 ECTS-Punk- verpflichtend, den General Management
ten aus Veranstaltungen, die nicht zum
Schwerpunktprogramm zählen. Dabei soll
es den Studierenden überlassen bleiben,
wie sie die allgemeine Komponente
ausfüllen. Zum einen wird ihnen daher
ein Kanon von betriebswirtschaftlichen
Basisveranstaltungen angeboten. So
besteht die Gelegenheit, eine allgemeine
betriebswirtschaftliche Basis zu behalten, wenn man es möchte. Studierende
des Rechnungswesens können also auf
Wunsch durchaus ein Grundwissen in
Marketing erwerben. Zweitens kann man
aber auch auf ein Nebenfach setzen. Hierfür kommen die Fächer Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaft und Informatik
in Frage. Man kann sogar einige Basisveranstaltungen mit einigen Veranstaltungen
des Nebenfachs mischen. Hier wird voll
und ganz auf die Mündigkeit der Studierenden gesetzt.
Masterarbeit als Abschluss
Das letzte wesentliche Element des Masterstudiums wird eine Masterarbeit sein,
die bei einem Dozenten geschrieben
wird, bei dem vorher eine Veranstaltung
aus dem Schwerpunktprogramm besucht
wurde. Die Masterarbeit erbringt 18 ECTSPunkte und bildet gewissermassen den
krönenden Abschluss des Studiums. In
ihr sollen die Studierenden unter Be-
Admission Test (GMAT) zu absolvieren.
Der erreichte GMAT-Score dient als international bekannte Visitenkarte für einen
angehenden Manager. Zweitens wird
eng mit Partneruniversitäten im Ausland
kooperiert werden. Die verantwortlichen
Professoren der StudienschwerpunktProgramme werden im Ausland erbrachte Leistungen flexibel anerkennen.
Im Rahmen des Ausbaus der Bernischen
BWL wird unter der Leitung von Professor
Jung ein Kontaktportal für Studierende
geschaffen werden, die ein Auslandssemester absolvieren wollen. Damit wird
die Internationalität des Berner Masterabschlusses entscheidend gestärkt.
Rochester-Bern Executive MBA als
Alternative
Mit der Schaffung der Strukturen eines
Masterstudiums, das direkt im Anschluss
an den Bachelor-Titel möglich ist, rundet
die Bernische BWL ihr Angebot nun ab.
Studierenden stehen damit zwei attraktive Optionen zur Verfügung. Zum einen ist
es möglich, direkt im Anschluss an den
Bachelor-Titel in der oben beschriebenen
Weise zügig und effizient weiter zu studieren. Wird der Bachelor-Titel hingegen als
Sprungbrett in die Praxis genutzt, ist der
Weg zurück an die Universität Bern nicht
verbaut. Mit dem Executive Programm
Rochester-Bern bietet Bern bereits seit
Jahren einen erfolgreichen Aufbaustudiengang für Manager an, der zum MBA
Titel führt.
Ulf Schiller
Interessante Links:
• www.bwl.unibe.ch Das Internet-Portal
des betriebswirtschaftlichen Departements der Universität Bern
• http://www.executive-mba.ch Die Homepage des Rochester-Bern Executive
MBA-Programms.
Studium
Reinhard Jung
13
Betriebswirtschaft-Studierende
der Universität Bern
auf internationalem Kurs
Bei den Betriebswirtschaft-Studierenden Auch für den Kanton Bern eröffnet sich
der Universität Bern wird das Studium an mit den internationalen Erfahrungen der
einer der Partneruniversitäten im europä- Studierenden ein bedeutendes Potenzial»,
ischen Ausland, mit denen das Departe- so Professor Jung.
ment für Betriebswirtschaftslehre (BWL)
zusammen arbeitet, immer beliebter. Die Durch eine der stark wachsenden
Nachfrage nach Studienplätzen des so Nachfrage angepasste Ausweitung der
genannten Erasmus-Programms wachse Austausch­vereinbarungen mit ausgewählmit einer enormen Geschwindigkeit, freut ten, renommierten Partneruniversitäten
sich der zuständige Fachkoordinator, As- konnte der Fachkoordinator zusammen
sistenzprofessor Dr. Reinhard Jung. Die mit seinen Kollegen nicht nur die Zahl der
Nachfrage ist in den vergangenen drei Studienplätze, sondern auch die Anzahl
Jahren von einem auf 37 Studienplätze der europäischen Länder, die zur Auswahl
angewachsen. «Es handelt sich um stehen, deutlich erhöhen. BWL-Studieeine sehr erfreuliche Entwicklung, denn rende der Universität Bern haben nun die
kulturelle und fachliche Auslandserfah- Möglichkeit in den EU-Ländern Dänemark,
rungen sowie internationale Kontakte Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien,
sind für die Studierenden eine wichtige Niederlande, Schweden und Spanien sopersönliche und berufliche Bereicherung. wie in den EU-Beitrittsländern Litauen und
Polen ein oder zwei Auslandssemester zu
verbringen. Sie bleiben in dieser Zeit an
Unsere Internationalen
der Universität Bern immatrikuliert und
Partneruniversitätem
erhalten zum Ausgleich der Mehrkosten
• Humboldt Universität Berlin (D)
ein kleines Stipendium von der Eidge• Universität Münster (D)
nossenschaft. Gleichzeitig kommen
• Universität Hohenheim (D)
regelmässig ausländische Studierende
• Copenhagen Business School (DK)
der Partneruniversitäten für ein oder
• Helsinki Business School (FI)
• Turku School of Economics and Busi- zwei Semester an die Universität Bern,
um hier Veranstaltungen der Wirtschaftsness Administration (FI)
und Sozialwissenschaftlichen Fakultät zu
• Tilburg University (NL)
belegen. In Bern erwartet sie ein Studi• Poznan University of Technology (PL)
enangebot auf hohem Niveau, das mit
• Università degli Studi di Roma
seinem Bachelor- / Master-System auch
«La Sapienza» (I)
strukturell internationalen Anforderungen
• Universitá de Alcalá (E)
entspricht.
Das Masterstudium
der Betriebswirtschaft
Ein Blick auf
die Europäische Szene
Beruf und Karriere
14
Wie jedes Jahr, so veröffentlichte die Financial Times auch in diesem Januar ihr
viel beachtetes Ranking der 100 besten
Business Schools der Welt. Gegenüber
den Vorjahren zeigt es kaum Veränderungen: mit 57 Nennungen befinden sich
über die Hälfte von ihnen in den USA; im
Vorjahr waren es nur 56. Und von den
im Ranking vertretenen 28 europäischen
Business Schools sind über die Hälfte
britisch/irisch. Nehmen wir die Business
Schools des angelsächsischen Kulturraums zusammen, dann stellt dieser 83
der 100 besten Business Schools der
Welt.
Professor Dr. Hans Tümmers ist ein Kenner der Europäischen Hochschul­szene.
Er wurde 1944 geboren und studierte
Betriebswirtschaft und Politische Wissenschaft and Political Science an den
Universitäten Erlangen-Nürnberg, Tübingen und Augsburg. Er promovierte
in Augsburg mit einer Dissertation über
den Gaullismus in der vierten Republik. Als Frankreichexperte war er lange
Zeit Präsident des IESC der Universität
Strassburg, anschliessend Präsident des
Stuttgart Institute of Management and
Technology (SIMT). Professor Tümmers
ist Begründer des HERMES-Netzwerks,
eines Zusammenschlusses Europäischer
Hochschulen zur Förderung von Doppeldiplomstudiengängen.
Und was ist mit den Business Schools
im deutschsprachigen Raum? Fehlanzeige! Nun könnte man gelassen darüber
hinweg gehen. Denn die Universitäten
unseres Kulturraumes haben ja eine Rei- sprachigen Raum beide Akkreditierungen,
he von anderen grossen Leistungen und die Universität Mannheim kann die der
Vorzügen aufzuweisen. Leider hat jedoch AACSB und die WHU in Vallendar die von
die Abwesenheit bei der akademischen Equis vorweisen. Nur drei Hochschulen
Weiterbildung der «High Potentials» dieser im deutschsprachigen Raum haben also
Welt für unsere Volkswirtschaften grosse eines dieser international bedeutenden
Nachteile. Denn dass diese nicht hier Labels – von insgesamt etwa 530 Hochausgebildet werden, sondern anderswo, schulen weltweit.
verbaut uns die Möglichkeit, persönliche
Verbindungen und Netzwerke mit den Es wird also höchste Zeit, dass wir uns der
Führungskräften weltweit aufzubauen. In Bedeutung dieses Bildungsmarktes beeiner globalisierten Wirtschaft ist dies ein wusst werden und entsprechend attrakschweres Handicap.
tive Studienangebote einrichten. Dabei
muss es uns gelingen, wissenschaftliche
Akkreditierung notwendig
«Excellence» mit einem originellen und
Im Rahmen des Bologna-Prozesses spezifisch europäischen Studienangebot
richten derzeit immer mehr Universitäten zu verbinden. Denn wer versucht, Harund Fachhochschulen in Deutschland, der vard oder Wharton zu imitieren, hat von
Schweiz und Österreich Masterprogram- vornherein verloren. Und es wäre auch
me in Betriebswirtschaft ein. Ärgerlich ein falscher Ansatz, das amerikanische
dabei ist jedoch, dass nur wenige von Erfolgsmodell 1 : 1 in unsere Länder überihnen den internationalen Standards tragen zu wollen.
entsprechen und die Chance haben, in
die Weltspitze vorzudringen. Die Akkre- GMAT: unerlässlich
ditierungen von AACSB (Association to Allerdings müssen auch unsere MasterAdvance Collegiate Schools of Business) Programme einige der Erfolgsmerkmale
oder die Equis-Akkreditierung der EFMD angelsächsischer Hochschulen überneh(European Foundation for Management men: die strenge Auswahl der Studenten
Development), haben nur sehr wenige nach international gültigen Kriterien (wie
vorzuweisen: Die Universität St. Gallen dem GMAT – Graduate Management
hat als einzige Hochschule im deutsch- Admission Test), ein intensives Studium
Neben den konsekutiven Masterstudiengängen, die sich unmittelbar an ein
Bachelorstudium anschliessen, stehen
häufig MBA-Studiengänge im Zentrum
des Interesses. Diese sind in der Regel
generalistisch, und schliessen alle wesentlichen betriebswirtschaftlichen Funktionen und auch die für das Management
wichtige benachbarte Disziplinen ein.
Neben einem Kanon von Kernfächern
(«Core-Courses») werden eine Reihe von
«Electives» angeboten, von denen einige
zu «Concentrations», also Vertiefungsrichtungen, zusammengefasst werden können. Sie dienen meist der Vertiefung von
Kenntnissen in einer betriebswirtschaftlichen Funktion (Beispiele: International
Management, Management Information
Systems, Operations Management) oder
einem Anwendungsfeld (Beispiel: Health
Care Management). In jedem Falle handelt es sich beim Masterprogramm jedoch
um ein «General Management Program»,
weshalb es unsinnig ist, von einem Master
«in Marketing» oder «in Finance» zu sprechen. Schließlich sind ein wichtiger Bestandteil von Master-Studiengängen die
«Business Skills» wie Präsentationstechniken, Tagungsleitung, Stressmanagement,
Meta-Plan Techniken, Verhandlungstechniken, Krisenmanagement etc.
Nach 2 – 5 Jahren Berufserfahrung:
MBA-Kurse
Eine Besonderheit unter den Masterstudiengängen bilden solche MBA-Studiengänge, die sich an Teilnehmer mit einem
ersten Hochschulabschluss wenden und
die nach etwa 2 bis 5 Jahren Berufserfahrung nunmehr ihr Management-Wissen
vertiefen möchten. Solche MBA-Programme rekrutieren sehr breit: Betriebswirte,
Ingenieure, Naturwissenschaftler, Juristen,
Geisteswissenschaftler etc. Auch das Stu-
Beruf und Karriere
dium selbst ist interdisziplinär. Überhaupt 10 Jahre Berufserfahrung verfügen und
gilt die heterogene Zusammensetzung der bereits Führungspositionen im UnternehStudentenschaft als eine der wichtigsten men einnehmen. Die Programme werden
Bereicherungen, die man durch ein MBA- meist in modularer Form angeboten, also
in Blockseminaren, die über ca. 20 MoStudium erfährt.
nate verteilt sind.
MBA-Programme werden in den folgenden Formen angeboten: als Full-time, Die klassische Lehrmethode in einem
Part-time, Open-learning und als Execu- MBA-Programm ist die «Case Study».
tive MBA. Full-time Programme dauern Diese ist ein Weg, um in einem realistizwischen 12 und 20 Monaten und rekru- schen Kontext – der Auseinandersetzung
tieren die Studenten weltweit. Part-time mit einem konkreten Fall – sich Wissen
Programme werden i.d.R. in Form von anzueignen und Theorien abzuleiten. Eine
Abend- oder Wochenendkursen ange- Case Study ist also nicht eine Übung zur
boten. Sie dauern zwischen 20 und 24 Untermauerung bzw. Bestätigung wissenMonaten und haben im wesentlichen ein schaftlicher Theorien (Fallbeispiel) oder die
nationales Einzugsgebiet. Open-learning, Lösung eines spezifischen Problems mit
also Fernstudienprogramme nutzen Inter- einem spezifischen Lösungsansatz. Die
net und e-mail und ermöglichen eine sehr Lehrmethoden des MBA sind damit inflexible Gestaltung des Studiums. Es findet duktiv (vom konkreten Fall zur Theorie)
und nicht deduktiv wie im deutschen
allerdings keine soziale Interaktion statt.
Executive MBA-Programme sind die Kulturraum (von der Theorie zur Fall-Lö«Premium-Produkte» einer Business sung).
School. Ihr Ziel ist es, Führungskräfte auf
neue und anspruchsvolle Aufgaben im Wenn unsere Hochschulen nunmehr
Unternehmen vorzubereiten. Sie wenden MBA-Programme einrichten, sollten sie
sich deshalb an Teilnehmer, die über 5 bis nicht das Kind mit dem Bade ausschütten
15
in kleinen Gruppen, interaktive Lehrmethoden, Internationalität und Praxisnähe.
Dass die Lehre in englischer Sprache
erfolgen muss, wenn man Studenten vor
allem im Ausland rekrutieren möchte, ist
selbstverständlich.
Beruf und Karriere
und unsere eigenen Bildungstraditionen
über Bord werfen. Denn das uns vertraute
Universitätsmodell mit seinen Prinzipien
der Einheit von Forschung und Lehre und
dem Postulat der akademischen Freiheit
bietet eine Reihe von Stärken, die zu
hervorragenden Forschungsleistungen
geführt und ihm lange Zeit eine führende
Position in der Welt gesichert hat. Dieses
Modell muss sich laufend den veränderten
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen
anpassen, was sich derzeit im Rahmen
des Bolognaprozesses vollzieht. Zu
Management Schools angelsächsischen
Stils werden und sollen die wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten dabei jedoch
nicht mutieren. Die Lösung kann deshalb
nur darin bestehen, MBA-Programme
neben den vorhandenen Studiengänge
einzurichten.
Die Europäische Stärke
Und mit einem weiteren Pfund sollten wir
wuchern: der kulturellen Vielfalt Europas.
Zu den wichtigsten Aufgaben einer Management School muß die Entwicklung
der Teamfähigkeit in einer komplexen
multikulturellen Unternehmenswelt zählen.
Wo könnte man dies besser erlernen als
in Europa, durch eine entsprechende, interdisziplinäre Gestaltung des Seminarangebots, wie auch durch eine internationale
Konzeption des Studiums mit anderen
europäischen und außereuropäischen
Management Schools? Es gibt also viel
Gestaltungsraum für innovative Modelle
des Masterstudiums.
Prof. Dr. Hans J. Tümmers, Stuttgart
Die beliebtesten MBA-Arbeitgeber
Die Beratungsunternehmen McKinsey
und Boston Consulting und die Investmentbank Goldman Sachs bleiben das,
wovon MBA-Studenten beruflich träumen. Das zeigt eine weltweite Umfrage
des US-Wirtschaftsmagazins FORTUNE.
McKinsey tront zum siebten Mal im Folge
über der Liste der 50 beliebtesten Unternehmen. Plätze gut gemacht haben im
Vergleich zu den vergangen Jahren Konsumgüterkonzerne wie Coca-Cola oder
Procter&Gamble.
Rang 2003
Rang 2002
1
1
McKinsey
2
3
Goldman Sachs
3
2
Boston Consulting
4
5
Bain
5
6
Citigroup
6
10
Coca-Cola
7
19
BMW
8
4
9
11
Microsoft
10
14
Johnson & Johnson
11
18
3M
12
21
American Express
13
9
14
26
Amazon.com
15
24
Procter&Gamble
16
7
Morgan Stanley
17
25
18
8
19
36
Banc of America
20
39
Dell
21
22
Merrill Lynch
22
23
Pfizer
23
32
Sony
24
13
JP Morgan Chase
25
—
Ebay
Quelle: FORTUNE, 2003
16
Unternehmen
General Electric
IBM
Nike
Walt Disney
Beruf und Karriere
für ihr Studium investieren müssen, kann
Bildung selbst dann sinnvoll sein, wenn
sie die Produktivität nicht erhöht. Bildung
wäre dann ein reines Signal, welches dazu
dient, die Schnellen von den «Langsamen
unterscheiden zu können. Es wäre letztlich egal, welche Bildungsinhalte vermittelt
würden.
Widerspruch der «Bildungsproduzenten»
Während ein solch überaus zynischer
Blick auf Bildungsinvestitionen zwar die
reihenweise Beschäftigung promovierter
Physiker in Unternehmensberatungen
erklären mag, fordert er naturgemäß den
Widerspruch der an der Bildungsproduktion Beteiligten heraus: Hochschullehrer
sind allgemein davon überzeugt, dass
es eben nicht egal ist, welche Lehrinhalte sie vermitteln und bestehen darauf,
dass Bildung auch einen sogenannten
«Eigenwert» (im Spenceschen Sinne) hat.
Sprechen die Ergebnisse der Absolventenbefragungen nun nicht hiergegen?
Nein, nicht unbedingt. Im Vordergrund
eines Universitätsstudiums steht in der
Regel nicht die Vermittlung jederzeit abrufbaren Detailwissens, sondern die Vermittlung von methodischer Kompetenz,
analytischem Denken und theoretischer
Durchdringung. Diese Qualifikationen
sind eine hervorragende Grundlage und
Ausgangsbasis für anspruchsvolle berufliche Tätigkeiten.
Bildung als «Signalinvestition»
Während ein Hochschulstudium nach
wie vor die beste Eintrittskarte in den
Arbeitsmarkt zu sein scheint (die Arbeitslosenquote unter Akademikern liegt bei
2,6 Prozent und damit deutlich unter dem
Durchschnitt), irritieren den einen oder
anderen dann doch die Ergebnisse von
Absolventenbefragungen, denen zufolge
Hochschulabsolventen nur einen geringen Prozentsatz ihres an der Universität
erworbenen Wissens in der Praxis dann
auch anwenden können. Wie passt das
zusammen?
1972 hat Michael Spence eine viel beachtete Arbeit zu Bildung als «Signalinvestition» vorgelegt, für die er 2001 den
Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt: Spence argumentiert, dass
Bildung selbst dann, wenn sie nicht produktivitätsrelevant ist, effizient sein kann.
Die Idee ist – wie alle erfolgreichen Ideen
– denkbar einfach: Geht man davon aus,
dass Menschen von Natur aus in ihren Be- Warum ist das so?
gabungen und Talenten verschieden sind, Im Studium wird zwar immer auch Wisund unterscheidet man der Einfachheit sen vermittelt und abgefragt, aber mehr
halber zunächst einmal zwei Typen von noch werden die Studierenden dazu
Menschen: Solche, die schnell Informa- befähigt, selbständig weiterzudenken,
tionen verarbeiten und Entscheidungen neues Wissen einzuordnen und kritisch
treffen können («Schnelle») auf der einen zu hinterfragen. Vorlesungen liefern die
und «Langsame» auf der anderen Seite Grundlagen hierzu; in Seminaren und
und unterstellt man, dass diese beiden während der Diplomarbeit lernt man,
Typen von den Unternehmen bei der selbständig an Probleme heranzugehen,
Einstellung nicht unterschieden werden den Stand des Wissens zu einer neuen
können (auch nicht mithilfe noch so aus- Frage zu recherchieren, zu präsentieren,
gefeilter Eignungsdiagnostiken), dann gilt: einzuordnen und Stellung zu beziehen.
Solange die «Schnellen» geringere Kosten Das sind letztlich genau die Fähigkeiten,
bei der Signalerzeugung «Bildung» haben die auch in der Praxis des Berufsalltags
als die «Langsamen» weil sie weniger Zeit täglich unter Beweis gestellt werden
17
Ist ein Studium an der
Universität zu praxisfern?
Professorin Dr. Kerstin Pull ist 37 Jahre
alt, zweifache Mutter. Studium in Trier
und Worcester, USA. Promotion und
Habilitation an der Universität Trier. ErichGutenberg Preisträgerin 2000, Best
Paper Award der International Business
and Economics Research Conference
2001. Neben der Universität Trier lehrte
Frau Prof. Pull als Dozentin an der WHU
Koblenz, Stanford Business School und
der Universität Wien. Seit 2003 ist sie ordentliche Professorin für Personal und Organisation an der Universität Tübingen.
In Zeiten schlechter Arbeitsmarktlage mit
einer Arbeitslosenquote von z.B. 10,4 Pro­
zent im ehemaligen Wirtschaftswunderland
Deutschland werden auch die Studierenden
zunehmend unsicher: Wird die allgemeine
europäische Misere auch auf die Schweiz
überschwappen? Wird es mir gelingen,
nach Abschluss meines Studiums einen at­
traktiven Arbeitsplatz zu erhalten und mich
im Bewerberfeld durchzusetzen? Werden
sich die Mühen meines Studiums lohnen?
Beruf und Karriere
müssen: Projekte sind dort zwar häufig ten zu leisten» (Büdenbender, zitiert nach schätzt – und genau darauf kommt es
kurzfristiger als die Laufzeit einer Diplo- Backes-Gellner/Krings 1997). Dass es letztlich an.
marbeit, die Fragen dringlicher; aber die sich bei diesem Praktiker-Zitat nicht um Natürlich kann ein Universitätsstudium
verlangten analytischen Fähigkeiten sind eine singuläre Meinung handelt, zeigt nicht alles leisten, was für einen erfolgimmer dieselben. Wenn Hochschulab- die aktuelle Stellenanzeigenanalyse des reichen Einstieg ins Berufsleben nötig ist:
solventen angeben, nur einen geringen Bundesinstituts für Berufsbildung von Es ist sicher sinnvoll, Praktika schon im
Prozentsatz ihres im Studium erworbe- 2001, in der sogenannten «Schlüsselqua- Studium zu absolvieren, um Einblicke in
nen Wissens anwenden zu können, ist lifikationen» eine wachsende Bedeutung die betriebliche Praxis zu gewinnen und
das also nicht weiter beunruhigend. Die zugesprochen wird: Neben kognitiven Fä- sich besser orientieren zu können – nicht
Vermittlung von «Handwörterbuchwissen» higkeiten und Problemlösungskompeten- zuletzt auch in Ihrem Studium. Gerade
kann spätestens in Zeiten einer sich stetig zen gehört die Fähigkeit zu selbständigem bei der Absolvierung von Praktika dürfte
verkürzenden Halbwertszeit von Wissen Lernen und Arbeiten, Kommunikationsfä- jedoch das Gesetz vom abnehmenden
und der Notwendigkeit «lebenslangen higkeiten, Ideenreichtum und Kreativität Grenznutzen gelten, sowohl was deren
Lernens» nicht der Mittelpunkt eines (siehe Abbildung 1) – alles Dinge, die im Signal- als auch was deren Eigenwert
Rahmen des Hochschulstudiums ver- anbelangt: Das erste Praktikum bringt
Universitätsstudiums sein.
mittelt werden bzw. auf die im Rahmen sehr viel, da man möglicherweise noch
der Studienplanung (Auslandsaufenthalte, nie ein Unternehmen von innen gesehen
Die Sicht der Praxis
hat, das zweite vielleicht auch noch, weil
Dass die Forderung nach der Vermitt- Praktika etc.) geachtet werden sollte.
man nun erkennen kann, was überall
lung von methodischer Kompetenz und
analytischem Denken dabei durchaus Universitätsabsolventen schneiden einer ähnlich zu sein scheint bzw. welche
auch von der Unternehmenspraxis ge- IW-Unternehmensbefragung aus dem Unterschiede existieren; aber das dritteilt wird, verdeutlicht das folgende Zitat Jahr 1993 zufolge zwar systematisch te Praktikum dürfte schon kaum noch
eines Vorstandsmitglieds der RWE AG: schlechter ab als FH-Absolventen, wenn vergleichbar fundamentale Einsichten
«Nicht die Anhäufung von möglichst viel es um den Praxisbezug der in der Aus- hinzufügen können.
Detailwissen erleichtert den beruflichen bildung erworbenen Kenntnisse und die
Erfolg, sondern die Fähigkeit, auf der Frage nach ihrer kurzfristigen Einsetzbar- Kerstin Pull
Basis einer belegten Fachkompetenz in keit geht; aufgrund ihres Vorsprungs im
einem Bereich neue Fragen aufzugreifen, Bereich des analytischen, konzeptionellen
andersartige Probleme zu lösen und auf Denkens wird ihre langfristige Verwenddiese Weise Beiträge zur Entwicklung des barkeit in höheren Führungspositionen
Unternehmens in sich ändernden Märk- jedoch als systematisch höher einge-
Abbildung 1: Schlüsselqualifikationen in Stellenanzeigen
18
Quelle: BIBB 2001
• Hobbys: Lesen (z.B. Biographien) und
Musik (z.B. Schubert)
• Lieblingsgetränk: Rotwein
• Lieblingsspeise:Spaghetti / Berner Platte
neudefiniertes Profil möglich, das den
Kanton nicht mehr als Landwirtschaftsund trägen Beamtenkanton, sondern als
attraktiven, profilierten Wirtschaftsstandort darstellt.
Wirtschaft
Die Volkswirtschaftsdirektorin Elisabeth
Zölch hat dem Berner Wirtschaftsstandort
mit Erfolg ein klares Profil gegeben. Im In­
terview erklärt die Regierungsrätin, warum
sich auch die Universität Bern vermehrt auf
ihre Stärken konzentrieren sollte, weshalb
ein starkes Bildungssystem für die Berner
Wirtschaft derart wichtig ist und wie sie
Grossunternehmen wie zuletzt eBay in den
Kanton Bern lockt.
Im Bericht zur Weiterentwicklung der
Wachstumsstrategie schreiben Sie, dass
im Kanton Bern eine Untervertretung der
wertschöpfungs- und wachstumsstarken
Branchen herrscht.
Frau Zölch, Sie bezeichnen es als Ihre Auf­ «Wir brauchen mehr Leute zwischen 20
gabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, da­ und 40.»
mit in der Wirtschaft im Kanton Bern mehr
Leistung ermöglicht wird. Mit diesem Anlie­ Dieses Problem wird mit dieser Profilierung
gen befinden Sie sich in direkter Konkurrenz aber nur sehr bedingt gelöst.
mit den anderen Schweizer Kantonen und Es ist auf alle Fälle ein Korrekturansatz:
Standorten. Mit welcher Strategie will der Mit unserer Clusterpolitik wollen wir
Kanton Bern in diesem Konkurrenzkampf wertschöpfungsstarke Branchen im
Kanton ansiedeln, um unsere Branchenbestehen?
Indem wir uns auf unsere Stärken kon- struktur zu verbessern – schliesslich ist
zentrieren und dem Wirtschaftsstandort die Branchenstruktur für das WachstumBern ein klares Profil geben. In der Stand- spotenzial einer Region bestimmend. Im
ortpromotion des Kantons Bern geht es Kanton Bern haben wir tatsächlich eine
uns in erster Linie darum, die Stärken Übervertretung der wachstumsschwazu stärken und nicht die Schwächen zu chen Branchen, wie der Landwirtschaft
kompensieren. Wir haben festgestellt, oder der Verwaltung. Dagegen sind wir in
dass wir sechs Bereiche haben, wo im den wachstumsstarken Sparten unterverKanton Bern bereits erfolgreiche Unter- treten. Das sind zwei Seiten der Medaille.
nehmen und entsprechendes Wissen, In konjunkturell guten Zeiten verzeichnen
beispielsweise in Form von Ausbildungs- wir eher ein unterdurchschnittliches Wirtinstitutionen, vorhanden sind. Mit diesen schaftswachstum, in schlechten Zeiten
Bereichen, Telematik, Medizinaltechnik hingegen eine hohe konjunkturelle Stainklusive Pharma, Präzisionsindustrie, bilität. Deshalb haben wir auch konstant
Dienstleistungsbranche, Design und eine der tiefsten Arbeitslosenquoten.
Umwelttechnologie, versuchen wir ein Wir sind eine solide Wachstumsaktie.
neues Profil zu schaffen. Wir haben Unsere Volkswirtschaft wächst in der
die Bildung von Clusterorganisationen letzten Zeit im Schweizer Vergleich überund Kompetenzzentren unterstützt, um durchschnittlich, weil die Zeiten schlecht
diesen Branchen ein Gesicht zu gege- sind. Sobald die Konjunktur anzieht, fallen
ben. In diesen Bereichen treten wir als wir entsprechend wieder zurück. Doch
Wirtschaftsförderung auf und versuchen eine tiefe Arbeitslosenquote ist auch ein
Unternehmen von unserem Wirtschafts- wichtiger Wert.
standort zu überzeugen.
Deshalb fällt der Kanton Bern gemäss
Prognosen im Arbeitsvolumen bereits im
Was zeigen die ersten Resultate?
Die eingeleiteten Massnahmen zeigen nächsten Jahr wieder unter den Schweizer
Wirkung. Es ist uns in letzter Zeit ge- Durchschnitt.
lungen, einige namhafte Unternehmen Das wollen wir natürlich korrigieren. Wir
anzusiedeln. Dies war aber nur über ein wollen mehr Wachstum und dies erreicht
19
Konzentration auf
die Stärken
Elisabeth Zölch, geboren 1951 in Mühle­
thurnen, verheiratet, wohnhaft in Bern,
Mitglied der Schweizerischen Volkspartei
(SVP). Von 1987 bis 1994 Nationalrätin,
1992 bis 1993 Präsidentin der Staats­
politischen Kommission des Nationalrats,
Seit Juni 1994 Regierungsrätin und Volkswirtschaftsdirektorin des Kantons Bern,
vom 1. Juni 1997 bis 31. Mai 1998 sowie
1. Juni 2002 – 31. Mai 2003 Regierungs­
präsidentin des Kantons Bern.
Die Berner Volkswirtschaftsdirektorin
Elisabeth Zölch im Interview
Wirtschaft
20
man mit hoher Produktivität. Bei uns sind Der Kanton spart. Sie wollen aber das Bil­
die älteren Bevölkerungsklassen über- dungsangebot verbessern. Wie geht das?
vertreten, zudem kämpfen wir mit einem Ich denke, wir müssen uns noch mehr
unterdurchschnittlichen Bevölkerungs- konzentrieren und auch die Universitäten
wachstum. Wir brauchen mehr Leute im müssen sich mehr profilieren.
Alter zwischen 20 und 40. Das können
wir natürlich nicht verordnen. Deshalb «Meine Erfahrung ist, dass ein Berner
möchten wir eine Doppelstrategie fah- Student für seinen beruflichen Weg nicht
ren. Einerseits in Form von verbesserten weniger mitbekommt als ein St. Galler.»
Rahmenbedingungen für die Wirtschaft,
aber anderseits brauchen wir auch mehr Es soll nicht mehr jede Universität alles
Menschen, die in unserem Kanton leben anbieten.
wollen. Hier geht es nicht nur um Arbeitsplätze, sondern auch darum, als Wohnort Sie sprechen von Universitäten, denken
attraktiv zu werden, beispielsweise mit ei- also schweizweit.
ner ausgezeichneten Bildung, der Schaf- Ja, genau. Ich denke, dass die Universität
fung von Blockzeiten an den Schulen oder Bern bereits einen äusserst hohen SparTagesstätten für Kinder.
beitrag geleistet hat. Ich erlebe die Uni
Bern heute offener als früher. Sie wagt
Sie wollen mehr Leute und somit Steuerzah­ es auch Werbung zu machen, meiner
ler in den Kanton holen. Doch ist dies nicht Meinung nach immer noch zu wenig. Ich
sehr problematisch, wenn man bedenkt, finde, mit Instituten, wie beispielsweise
dass im Kanton Bern gerade für die gut demjenigen von Professor Loderer, kann
ausgebildeten Leute, die entsprechend man sich weltweit profilieren. Ich denke,
auch viele Steuern bezahlen würden, ein da muss noch mehr geschehen. Es muss
Unterangebot an Stellen oder zumindest auch hier eine Konzentration auf ein klares
ein bedeutend tieferes Lohnniveau als Profil stattfinden.
beispielsweise in Zürich herrscht?
Die Lohnfrage ist bloss ein Aspekt. Als Spezifisch auf die BWL bezogen, entsteht
Gegenargument kann man die tiefe- der Eindruck, dass St. Gallen dominierend
ren Lebenshaltungskosten oder das ist. Wie interpretieren Sie das?
tiefere Risiko, arbeitslos zu werden, Dafür gibt es aus von meiner Sichtweise
anbringen. Wir haben beispielsweise her keinen Grund, das hängt vor allem mit
bei der Bundesverwaltung eine sehr dem Image zusammen.
hohe Zahl an attraktiven und stabilen
Arbeitsplätzen. Vielleicht auf einem et- Genauer.
was tieferen Lohnniveau, das stimmt. Ich habe sehr viele WirtschaftswissenWenn ich die Beschäftigungsfelder im schafter in meiner Direktion, auch aus St.
Kanton Bern spezifisch für BWL- und Gallen. Dort haben sie es geschafft, sich
VWL-Absolventen analysiere, dann sehe mit Emotionen und klaren Profilen einen
ich, dass es vor allem im Dienstleistungs- Namen als das wirtschaftswissenschaftcluster, also bei Banken, Versicherungen liche Institut zu machen.
oder Unternehmensberatungen sehr attraktive Stellen gibt (siehe Kasten).
«Mit Instituten, wie beispielsweise dem
von Professor Loderer kann man sich
weltweit profilieren.»
Aber in der Sache ist es nicht so, dass
ein Berner Student für seinen beruflichen
Weg weniger mitbekommt als ein St. Galler. Das ist meine Erfahrung.
Was muss denn die Uni Bern tun?
Mit Koordination, Profilierung und Konzentration auf die Kernkompetenzen. Das
ist vielleicht schwierig realisierbar, doch
ich denke, es ist der richtige Weg. Wir
sind im tertiären Bildungsbereich, sprich
an Fachhochschulen und Universitäten,
noch zu wenig am Markt ausgerichtet.
Wir investieren in Humankapital, das nicht
unbedingt in unserem Wirtschaftsraum
reinvestiert werden kann. Wir müssen
deshalb das Ausbildungsangebot ständig
noch besser am sich wandelnden Markt
anpassen. Es ist ein Problem, wenn das
in unserer Region angesiedelte Medizinaltechnikunternehmen seine Arbeitskräfte in
Zürich oder im Ausland rekrutieren muss,
weil es in Bern wenige ausgebildete
Fachleute hat. So riskieren wir, dass diese
Unternehmen wegziehen.
Ist dies wirklich der entscheidende Punkt?
Ja. Wenn ich die Ratings von Firmen
anschaue, dann suchen sie nicht den
Standort, der am günstigsten ist, sondern
sie suchen den Standort, der in ihrem Bereich qualifiziertes Personal bietet. Dieser
Faktor ist entscheidend, praktisch in jeder
Branche.
Ein sehr prominentes Fallbeispiel in Sachen
Ansiedlung neuer Unternehmen ist eBay,
die ihren Hauptsitz für nicht-amerikanische
Märkte nach Bern verlegt hat. Wie holt man
konkret einen solchen Betrieb nach Bern?
Auf eBay sind wir natürlich mächtig stolz.
Bei eBay und allgemein bei solch grossen
Unternehmen ist der persönliche Kontakt
auf höchster Ebene äusserst wichtig.
Der wichtigste Faktor ist, dass man im
persönlichen Gespräch, beispielsweise
bei einem ungezwungenen Nachtessen,
die Entscheidungsträger des interessierten Unternehmens vom Standort
überzeugen kann. Und glauben Sie mir,
da spielen materielle Aspekte nur eine
Nebenrolle. Entscheidend sind oft auch
die Ehepartner.
«Auf den Hauptsitz von eBay in Bern sind
wir mächtig stolz.»
Diese weichen Aspekte spielen letztlich
eine sehr entscheidende Rolle. Und
genau dieser Aspekt wurde früher unterschätzt.
Doch die materiellen Aspekte, sprich das
konkrete Angebot in Sachen Start-Up-Hilfe
und Steuererleichterung spielen bestimmt
auch eine Rolle.
Ja sicher. Aber wie gesagt, es ist bei weitem nicht der Einzige und auch nicht der
wichtigste Aspekt.
konkurrieren. Letztlich ist es für unseren
Wirtschaftsstandort ja auch nicht entscheidend, ob ein Unternehmen sich im
solothurnischen Zuchwil oder im bernischen Burgdorf niederlässt.
Unter den Kantonen muss ein grosser
Konkurrenzkampf herrschen?
Das ist in der Tat so. Wenn man erfährt,
dass ein Unternehmen nach Europa oder
gar in die Schweiz kommen will, dann beginnt der Preiskampf. Wir, aber auch die
anderen Kantone, haben die Möglichkeit,
einem Unternehmen bis zu 10 Jahre
Steuerfreiheit zu gewähren. Das ist das
Maximum.
Interview: Roland Hirsbrunner
Wirtschaft
Wie muss man das verstehen?
Die Familie will wissen, wo sie in ihrem
möglichen neuen Zuhause einkaufen
gehen kann, wie das Bildungsangebot
für die Kinder ist, ob es allenfalls eine
internationale Schule gibt.
Besten Dank für das Gespräch.
Sie haben also Ihre Vorgehensweise
verändert.
Genau. Wirtschaftsförderung findet heutzutage auf höchster politischer Ebene
statt. Das war früher weniger der Fall. Die Mit dem offenen Wettbewerb können die
persönlichen Kontakte sind unglaublich Unternehmen die Kantone gegeneinander
wichtig. Dabei muss man als Politiker auch ausspielen.
etwas riskieren, die Gefahr eingehen, dass Zumindest im Espace Mittelland ist dies
die grossen Bemühungen auch einmal mit nicht der Fall. Wir sind jeweils über die
einem Misserfolg enden und man schlecht Angebote unserer Nachbarkantone indasteht.
formiert, damit wir uns nicht gegenseitig
Beschäftigungsfelder für Ökonominnen und
Ökonomen im Kanton Bern:
28 Prozent: Banken und
Versicherungen
25 Prozent: bei Treuhandunternehmen
und Unternehmensberatungen
13 Prozent: in
Industrieunternehmungen
13 Prozent: in Schulen und
Universitäten
8 Prozent: in der öffentlichen
Verwaltung
13 Prozent: verschiedene
21
Quelle: Universität Bern
eBay – ein Erfolgsmodell
der New Economy
Wirtschaft
22
Anfang der neunziger Jahre entwickelte ein Private und Kleinstfirmen mit einem bis fünf
gewisser Tim Berners-Lee zusammen mit Mitarbeitern machen noch immer 95% der
seinem Kollegen Robert Cailliau am euro­ Nutzer aus, zunehmend beginnen aber
päischen Nuklearforschungszentrum CERN auch Markenartikelhersteller, Gross- und
in Genf ein Hypertext-System, welches sich Einzelhändler auf eBay zu verkaufen. Das
innert kürzester Zeit als wohl populärster Produktangebot beschränkt sich keinesDienst innerhalb des Internets etablieren wegs auf Sammelartikel, sondern umfasst
sollte: das World Wide Web. Sehr bald nahezu alle erdenklichen Güter. Moralisch
zeigte sich auch das Potential für die kom­ zweifelhafte Vorkommnisse wie die Vermerzielle Nutzung dieses neuen Internet- steigerung von Organen haben dazu geDienstes. Erste Unternehmen traten auf, führt, dass eBay mittlerweile sehr genau
die ihr Geschäftsmodell auf die Nutzung definieren muss, welche Produkte auf ihrer
des WWW als primären Kundenkontaktka­ Plattform gehandelt werden dürfen und
nal aufbauten. Bekannt sind Vorzeigeun­ welche nicht. Die derzeit erfolgreichste
ternehmen wie Amazon, Dell oder eBay. Produktgruppe bei den Handelsartikeln
Diese Unternehmen werden auch als Dot- ist nach Unternehmensangaben «eBay
coms bezeichnet, weil sie in ihrer URL die Motors» mit allem, was einen Motor beTop-Level-Domäne «com» führen, die für sitzt respektive zu einem solchen gehört.
kommerziell tätige Organisationen vorge­ Gebrauchtwagen machen bereits einen
sehen ist. Zwar gleichen sich die Geschäfts­ Drittel des Umsatzes aus und die Sparte
modelle der genannten Unternehmen alle wächst mit einer Rate von über 90% pro
darin, dass sie auf der Nutzung des WWW Jahr auch am schnellsten. Danach folgen
basieren, ansonsten verfolgen sie jedoch die Unterhaltungselektronik, Computer
und Bücher, Filme und Musik. Experten
unterschiedliche Ziele.
rechnen damit, dass bald einmal auch
Vom virtuellen Flohmarkt zum Gebraucht­ Dienstleistungen wie Hotelbuchungen,
Reisen, Flüge, Mietwagen oder sogar
wagenhändler?
Bei eBay handelt es sich technisch ge- Temporärstellen verstärkt auf der Plattform
sehen um einen Dienstleister, der mit zu finden sein werden.
seiner Online-Plattform einen virtuellen
Markt schafft, auf dem private Anbieter Handeln im Internet:
und Nachfrager Güter nach bestimmten der Auktionsmechanismus
Spielregeln handeln können. eBay wurde Bekannt ist eBay vor allem für die Durch1995 in Kalifornien als Plattform für den führung von Online-Auktionen. Die übAustausch von Sammelartikeln zwischen liche Variante ist, dass ein Anbieter ein
Privatpersonen gegründet. Deshalb wird bestimmtes Gut in die Plattform einstellt
in Zusammenhang mit diesem Geschäfts- und eine Auktion dafür aufsetzt; dabei
modell gerne von einem virtuellen Floh- wird neben dem Einstiegspreis auch eine
markt gesprochen. Das Bild des virtuel- Zeit festgelegt, bis zu der die Auktion laulen Flohmarktes stimmt heute allerdings fen soll. Innerhalb dieses Zeitlimits können
nicht mehr ganz. Die Plattform hat sich neue Gebote abgegeben werden, wobei
mittlerweile zum weltgrössten sowie leis- ein neues Gebot immer höher als das aktungs- und besucherstärksten Marktplatz tuelle Höchstgebot sein muss. Das höchsfür den Kauf und Verkauf von Gütern aller te Gebot bei Erreichen der Zeitlimite erhält
Art durch Privatpersonen und kleine Un- den Zuschlag. Diese starre Zeitregel wird
ternehmen entwickelt. Zu jeder Sekunde vielfach kritisiert, weil sie aus theoretischer
wird auf der weltweit grössten Online- und auch aus praktischer Sicht zu unerAuktionsplattform ein durchschnittlicher wünschten Verhaltensweisen führt.
Warenwert von knapp 900 US-Dollar
Eine Variante des Auktionsmechanismus
gehandelt.
sind die sog. Powerauktionen, bei dem
Volkswirtschaftsdirektion des Kanton Bern
ein Anbieter eine grössere Stückzahl ei- versity-Events lädt das Unternehmen
nes bestimmten Gutes versteigern kann. zu Erfahrungsaustausch und eintägiger
Dabei müssen Nachfrager nicht nur ein Weiterbildung durch routinierte Nutzer
Preis-, sondern auch ein Mengengebot ein, die Erfahrungen, Tipps und Tricks in
abgeben. Bei Powerauktionen kann es Kursen weitergeben. Ein solcher Event
dazu kommen, dass mehrere Nach- wird im September auch in der Schweiz
frager anteilig bestimmte Mengen des stattfinden.
auktionierten Gutes ersteigern, wobei allerdings alle den gleichen Preis bezahlen eBay bietet neuerdings seinen Nutzern in
müssen, nämlich das niedrigste Gebot den USA auch andere Dienstleistungen
eines Nachfragers, der in der Auktion an. So genannte Power-Seller, das sind
noch zum Zuge kommt. Auf eBay finden eBay-Verkäufer, die als besonders gut bejedoch nicht nur Online-Auktionen statt. wertet wurden und über 1’000 Dollar im
Es wird auch zu Festpreisen gekauft und Monat umsetzen, können bei eBay USA
verkauft, was immerhin 28% des Han- eine Krankenversicherung abschliessen.
delsvolumen ausmacht. Zudem besteht
die Möglichkeit, eine Online-Auktion mit Risiken von Online-Auktionen
einem Festpreisangebot zu kombinieren. Auf eBay werden nur Verträge abgeIn diesem Fall kann ein Nachfrager wählen, schlossen; die ganze Abwicklung wird
ob er oder sie ein Gebot abgeben oder den Anbietern und Nachfragern überlaszum festgesetzten Preis kaufen möchte. sen. Aus juristischer Perspektive gesehen
Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn ist selbst das zu Stande kommen eines
noch kein Gebot abgegeben worden ist. Vertrages nicht ganz sicher. So sind aus
Deutschland Fälle bekannt geworden,
Bezüglich der Nutzung des Versteige- bei denen Anbieter, die mit dem aus der
rungsmechanismus werden auch Kurse Auktion erzielten Verkaufserlös unzufriegeboten. An so genannten eBay-Uni- den waren, die Rechtswirksamkeit der
Weitere Risiken beim Handel über eine
Online-Plattform wie eBay bestehen bei
der Abwicklung des durch die Auktion
geschlossenen Vertrages, bei dem die
ersteigerte Ware und der bei der Versteigerung erzielte Geldbetrag zwischen Anbieter und Nachfrager ausgetauscht werden müssen. Sofern sich beide Parteien
nicht physisch treffen, was vielfach der
Fall sein dürfte, besteht natürlich immer
die Gefahr, dass eine der beiden Parteien
der vereinbarten Leistungsverpflichtung
nicht nachkommt oder die Qualität der
verkauften Ware nicht den Versprechungen oder Erwartungen entspricht. Diese
Risiken müssen letztlich die Kunden von
eBay tragen. Allerdings hat eBay ein Instrument entwickelt, mit dem sich die Vertrauenswürdigkeit der Kunden im Voraus
beurteilen lässt. Die Reputation der Käufer
und Verkäufer basiert auf einem schriftlichen Bewertungssystem aus früheren
Transaktionen, wobei sich Verkäufer und
Käufer gegenseitig hinsichtlich Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit bewerten und das
Urteil dann für alle anderen ersichtlich ist.
Negativbewertungen sind für den Betroffenen natürlich fatal und behindern seine
oder ihre zukünftige Geschäftstätigkeit
auf der Online-Plattform. Auf diese Weise ist ein offenbar effektiver Kontrollmechanismus gegeben, mit dem zumindest
«Wiederholungstätern» das Leben schwer
gemacht wird. Wer den Güteraustausch
trotzdem als zu riskant empfindet, kann einen Treuhanddienst (neudeutsch: escrowservice) einschalten. Mit Hilfe dieses neutralen Dritten wird sichergestellt, dass die
Leistung erst weitergegeben wird, wenn
die vereinbarte Gegenleistung erbracht ist.
Natürlich kosten die Dienste eines Treuhänders wiederum Geld, was die Transaktionskosten in die Höhe treibt.
23
«Erfolgreiche Verhandlungspartner: Meg Whitman, CEO eBay Inc., Denis Grisel, Leiter Wirtschaftsförderung Bern, Elisabeth Zölch,
Wirtschaft
Auktion erfolgreich angefochten haben.
Diese unsichere Rechtslage ist ein generelles Merkmal des Handels im Internet,
wo teilweise andere Spielregeln herrschen,
die von der Rechtssprechung noch nicht
vollständig abgedeckt werden.
Wirtschaft
Ein erfolgreiches Geschäftsmodell
eBay konnte sich seit der Gründung als
Dot-com Unternehmen stets im Markt behaupten. Es wirtschaftete durchgehend
profitabel und dies selbst in Zeiten der
Rezession und der grossen Ernüchterung um den «neuen Markt». Mittlerweile
ist das Unternehmen international tätig
und in vielen Ländern der Erde mit einer
eigenen Web-Plattform präsent. Auch an
der Börse floriert das Unternehmen: der
geschätzte Gewinn je dilutierter Aktie beträgt 0.19 US-Dollar; eBay ist heute leicht
mehr wert als der gesamte Credit-SuisseKonzern.
24
Einer der Hauptgründe dafür, dass eBay
im Gegensatz zu Amazon, einem anderen Vorzeigeunternehmen des Electronic
Business, von Anbeginn an profitabel
gearbeitet hat, dürfte darin liegen, dass
es sich nicht um Distribution und Logistik der gehandelten Güter kümmert. Die
Lagerung fällt ohnehin weg, um Zoll und
Transport der physischen Gütern kommt
das Unternehmen elegant herum, denn
die Versandkosten werden den Handelspartner überlassen, die sich darüber
in einer Konditionenfixierung einigen; in
vielen Fällen werden die Transportkosten
bei der vertraglichen Einigung dem Käufer
übertragen. So entstehen eBay bei seiner
Leistungserstellung auch diesbezüglich
keine Kosten. Für das Anbieten eines
Produktes erhebt das Unternehmen vom
Anbieter eine Grundgebühr die sich nach
dem Startpreis richtet, für Hervorhebungen einzelner Artikel sind Zusatzgebühren zu zahlen. Im Weiteren kassiert das
Unternehmen für jede Transaktion eine
Provision, die nach dem Verkaufspreis
berechnet wird. Käufer haben keine Gebühren zu tragen. Erst kürzlich hat eBay
eine allgemeine Gebührenerhöhung von
über 45% durchgeführt, obwohl durch die
tägliche Zunahme von Nutzern die Kosten je Transaktion sinken. Mit der Gebührenanpassung soll laut Pressemitteilung
in Technologie, Kundenservice und Marketing investiert werden.
Obwohl eBay weltweit tätig ist, macht der Markt nämlich nur an zweiter Stelle. Noch
grenzüberschreitende Handel nur etwa immer führt das Unternehmen Ricardo.ch,
elf Prozent aus. Dies ist neben den oben welches als Wettbewerbsvorteile gegenbeschriebenen Risiken aus einem Handel über eBay vor allem die stets direkte Erohne physisches Begutachten des Gutes reichbarkeit, den Kundendienst und die
vor allem auf die hohen Versandgebüh- tieferen Gebühren angibt.
ren und Zollformalitäten zurückzuführen,
die den Nutzern das binationale Handeln Seit dem Jahre 2000 befindet sich der
erschweren. Deshalb wurden in verschie- Hauptsitz der Europazentrale von eBay
denen Ländern der Welt eigene Web- International AG in Bern. Seit kurzem werPlattformen aufgebaut, auf denen ein den von der Bundeshauptstadt aus alle
weitgehend nationaler Handel stattfindet. nicht-amerikanischen Märkte betreut. Zur
Da sich durch ein physisches Treffen der Zeit arbeiten 30 der rund 4000 BeschäftigParteien das Handelsrisiko auf beiden Sei- ten von eBay in Bern, die Mitarbeiterzahl
ten verringert, bieten sich Geschäfte mit soll aber bald auf 120 steigen. Vorteile
Partnern aus der regionalen Nähe an. In des Standorts Bern gegenüber DeutschDeutschland etwa, wo eBay Marktführer land, dem wichtigsten eBay-Markt neben
ist, existieren unter «eBay City» zahlrei- den USA, sind laut Meg Whitman, CEO
che innerdeutsche Regionalmärkte, um eBay, die Steuervorteile und die mehrdie geographische Erreichbarkeit zu er- sprachigen Mitarbeiter. Für ausländische
leichtern.
Mitarbeiter sei es in der Schweiz durch
die nationale Vielfalt viel angenehmer zu
Ein wichtiges Element für das profitable arbeiten als z.B. in Berlin, dem deutschen
Geschäft und der grösste Vorteil gegen- Sitz von eBay.
über den Konkurrenten von eBay ist das
Vorliegen von Netzwerkeffekten. Der Wert Für das Image von Bern als Wirtschaftseines Marktes steigt, je mehr Akteure da- standort ist eBay als Referenzfirma zur
ran teilnehmen. Dadurch finden Verkäufer Ansiedlung neuer Firmen von grossem
eine grosse Anzahl zahlungswilliger Käu- Vorteil. Die Wirtschaftsförderung des Kanfer, diese wiederum können aus einer tons unterstützte das neue Flaggschiff bei
grossen Produktpalette auswählen. Eine der Übersiedlung tatkräftig, z.B. bei der
möglichst grosse Anzahl von Nutzern ist Suche nach Geschäftlokalitäten oder dem
für einen elektronischen Handelsplatz also Erwerb von Aufenthalts- und Arbeitsbewilprinzipiell von Vorteil. Hier kann eBay auf ligungen. Auf der Website «Jobs bei eBay»
Grund seines Status als Marktführer einen finden sich einige ausgeschriebene Stelklaren Vorteil ausspielen.
lenprofile, unter anderem auch für den Sitz
in Bern. So wird zum Beispiel ein »CateKlare First-Leaderstrategie
gory Manager», ein «Head of Marketing»,
eBay betreibt international eine einheitli- oder ein «Billing and Payment»-Spezialist
che Strategie. Es strebt nach dem Spre- gesucht. Voraussetzung für Kandidaten ist
cher von eBay Schweiz, Joachim Güntert, die deutsche Muttersprache, erwünscht
in jedem Land, in dem eBay tätig ist, eine sind Schweizer oder solche mit einer
Position als Marktführer an. In 16 Ländern Schweizer Arbeitsbewilligung. Vielleicht ist
gelang dies bereits, vor allem auch durch dies ja auch für den einen oder anderen
den Aufkauf kleinerer Mitbewerber. Aus Berner BWL-Absolventen attraktiv.
Märkten, in denen keine Leaderrolle eingenommen werden konnte, zieht sich eBay Thomas Myrach und Bettina Grässli
wieder zurück, so z.B. aus Japan. Diesbezüglich ist interessant, dass eBay in der
Schweiz auf einen starken Wettbewerber
trifft. eBay befindet sich im Schweizer
Gespannt sitze ich vor meinem Bildschirm.
Soeben habe ich mich beim Internet-Auktionshaus eBay eingeloggt und warte auf
das Ende «meiner» Auktion. Das Ziel meiner Begierde: die neue DVD «Spiel mir das
Lied vom Tod». Das aktuelle Gebot steht
auf 14 Euro, die Auktion dauert noch 36
Minuten. Jagdfieber kommt auf.
Vor meinen Gedanken läuft eine der vielen grossen Szenen des Films ab. Claudia
Cardinale («Jill McBain») sitzt im Saloon
dieses staubigen Nests namens Flagstone und versteigert die Ranch «Sweetwater» ihres von Henry Fonda («Frank»)
ermordeten Ehemanns. Das aktuelle Gebot für die Cardinale ist schlecht – deutlich schlechter als das für den Verkäufer
meiner gegenwärtigen eBay-Auktion.
Es steht auf lumpigen 200 Dollar. Allein
das Baumaterial ist mehr wert, wie der
Auktionator vollkommen richtig bemerkt.
Dermassen animiert, will ein braver Bürger
Flagstones ein höheres Gebot abgeben
– und fühlt wie seine Hand von einem
widerwärtigen Typ gepackt wird. Auch
ohne Worte wird deutlich, dass es nicht
klug wäre, das Gebot zu erhöhen. Stille
herrscht – der Bietprozess kommt aus
nur allzu verständlichen Gründen nicht
so recht in Gang…
Auch bei meiner DVD-Auktion wurde bisher nicht viel geboten – neun Gebote im
Laufe einer Woche. Das sieht lahm aus.
Aber ich weiss: Gegen Ende kommt oft
Leben auf. Typisch für eBay-Auktionen
ist das «sniping»: In den letzten Sekunden wird, quasi aus dem Hinterhalt, das
Sieggebot abgegeben. Dass das aktuelle
Gebot seit einer Stunde nun aber schon
bei 14 Euro steht, zeigt mir: Es sind einige
Leute unterwegs, die die Auktionsregeln
von eBay und die damit verbundenen
optimalen Strategien nicht verstanden
haben.
Auf die Regeln kommt es an
Die bekannteste Auktion ist die Englische Auktion. Dort sind alle Bieter in
einem Raum versammelt und es wird
nacheinander geboten. Die Gebote
steigen im Lauf der Zeit immer weiter an.
Gewinner ist, wer das letzte und höchste
Gebot abgegeben hat. Der Sieger muss
denjenigen Preis zahlen, den er selbst
genannt hat. Aber es gibt Auktionen die
anderen Regeln folgen. Ein Beispiel ist
die Holländische Auktion. Dort nennt der
Auktionator einen Preis. Wenn niemand
diesen Preis zahlt, senkt er ihn sukzessive weiter ab. Die Auktion ist beendet,
wenn sich jemand findet, der den aktuell
ausgerufenen Preis akzeptiert. Berühmt
geworden ist dieser Auktionstyp durch
seine Anwendung auf Hollands gigantischen Blumenmärkten. Aber auch im Internethandel ist die Holländische Auktion
zu finden (azubo.de).
Wissenschaft
Auto-Ersatzteile, Bücher, DVDs – bei eBay
kann man fast alles ersteigern. Doch welche
Biet-Strategie führt zum Erfolg? – Ein kurzer
Einblick in die wichtigsten Auktionsregeln
und das optimale Vorgehen beim Bieten auf
ebay.com.
Bei eBay gelten andere Regeln: Hier zahlt
ein erfolgreicher Bieter nicht denjenigen
Preis, den er selbst geboten hat. Stattdessen orientiert sich der zu zahlende
Preis am zweithöchsten abgegebenen
Gebot. Genauer: hat ein Bieter 15 Euro
für unsere DVD geboten und ein anderer
20 Euro, so zahlt der Sieger lediglich 15
Euro plus einen von eBay auferlegten Erhöhungsschritt von 0.50 Euro, insgesamt
also 15.50 Euro.
25
Von Kriechern und
Heckenschützen
Bietverhalten bei eBay-Auktionen aus
spieltheoretischer Sicht
Wissenschaft
nur das eigene Höchstgebot. Er weiss
vielmehr auch, ob er zu einem bestimmten
Zeitpunkt «die Nase vorn» hat. Jedem ist
ausserdem bekannt, wie hoch das momentan zweithöchste Gebot war, denn
dies ergibt sich aus dem jeweils öffentlich
bekannt gegebenen momentanen Preis.
Drittens zahlt der Sieger nicht exakt den
Zweitpreis, sondern den Zweitpreis plus
den Erhöhungsschritt.
26
Solche Unterschiede ändern das optimale Bietverhalten. Professor Axel
Ockenfels von der Universität zu Köln
legte jüngst eine Forschungsarbeit vor
(Ockenfels&Roth, 2003: «Late and Multiple Bidding in Second Price Internet
Auctions», erscheint in der Fachzeitschrift
Games and Economic Behavior), in der er
beweist, dass es in der eBay-Auktion, anders als in ihrem klassischen Vorbild, keine
dominante Strategie gibt. Man kann aber
zeigen, dass das frühe Bieten des Maximalgebots ein Nash-Gleichgewicht darstellt. Das bedeutet: Falls alle Bieter sehr
früh ihr Maximalgebot abgeben, ist es
eine beste Antwort, dies ebenfalls zu tun.
Ist insofern eBays Strategie-Empfehlung
doch richtig? Nein. Denn die «single early
bid»-Strategie ist nur dann optimal, wenn
sich alle anderen Bieter ebenso verhalten.
Dies aber ist nicht der Fall.
Die Auktionsregeln von eBay ähneln also der Auktionator in der Zweitpreis-Auktidenen einer klassischen Zweitpreisauktion. on denselben erwarteten Erlös erzielt wie Kriechen ist nicht rational
Dort müssen die Bieter verdeckte Gebote in der Englischen oder der Holländischen Bei eBay kann man aller Erfahrung
abgeben, die erst bekannt werden, wenn Auktion – ein Meilenstein der Wirtschafts- nach nicht davon ausgehen, dass sich
alle Bieter rational verhalten. Nicht jeder
die Auktion zu Ende ist. Gewinner ist, wer wissenschaft.
macht sich so viele Gedanken wie Prodas höchste Gebot eingereicht hat, er
fessor Ockenfels&Co. Einige Bieter sind
zahlt als Preis aber nur das zweithöchste Die Strategie-Empfehlung von eBay ist
offenbar der Meinung, sie würden an einer
Gebot (ohne den eBay-Erhöhungsschritt, nicht richtig
also 15 Euro statt 15.50 Euro). Diese Auk- Soll man das Ergebnis Vickreys nun auf Englischen Auktion teilnehmen. Sie haben
tion ist berühmt geworden. Sie wurde von eBay-Auktionen übertragen und einfach also die Regeln nicht verstanden und bieWilliam Vickrey analysiert, nach dem sie seinen eigenen Maximalpreis mitteilen? ten sukzessive mit dem steigenden Preis
benannt ist (Vickrey-Auktion) und der hier- eBay schlägt das auf den eigenen In- mit. Solche Typen heissen im Fachjargon
für den Nobelpreis gewann. Vickrey fand ternet-Seiten so vor. Diese Empfehlung «crawler», also Kriecher. Deren Verhalten
heraus, dass es in einer Zweitpreisauktion ist allerdings nicht die richtige! Denn die kann man nur als irrational bezeichnen.
eine dominante Strategie ist, genau den eBay-Auktion unterscheidet sich in zwei Denn «crawling» führt gegenüber dem
eigenen Maximalpreis zu bieten, völlig un- Details von derjenigen Vickreys. Erstens einmaligen Gebot zu keinerlei eigenem
abhängig davon, was die anderen Bieter ist der Zwischenstand nicht wie im klas- Vorteil. Aber dennoch bewirkt es etwas.
machen. Ausserdem bewies Vickrey das sischen Fall verdeckt, sondern öffentlich Ein Kriecher hört aus zwei Gründen mit
Erlös-Äquivalenz-Theorem, nach dem einsehbar. Jeder Bieter kennt damit nicht dem Bieten auf: Entweder hat er endlich
Aufforderung zum Heckenschuss:
Werbung einer Sniping-Agentur
Die Präsenz von Kriechern ist vermutlich
der Hauptgrund dafür, dass eBays Strategieempfehlung in der Praxis versagt.
Dies sieht man, wenn man betrachtet,
zu welcher Zeit die Sieggebote abgegeben werden. Bei 50% aller Auktionen
geschieht dies in den letzten 5 Minuten,
bei 37% in den letzten 60 und bei 12%
in den letzten 10 Sekunden (Quelle:
Ockenfels&Roth, 2003). «Sniping» spielt
also eine erhebliche Rolle. Tatsächlich
gibt es bereits Internet-Agenturen, die
Aktuelle Buchempfelung für angehende
Spezialisten:
• Paul Milgrom:
Putting Auction Theory to Work,
Cambridge University Press, 2004
ISBN 0521 536 723
Wissenschaft
das Schiessen aus dem Hinterhalt für
einen übernehmen (z.B. esnipe.com).
Sniping ist freilich nicht ohne Risiko. Wer
erst in den letzten Sekunden vor Ende der
Auktion bietet, riskiert, dass das eigene
Gebot nicht mehr rechtzeitig «verarbeitet» wird, sondern z.B. im allgemeinen
Internet-Verkehr hängen bleibt. So gibt
es Dienste, die vor der Sniper-Strategie
warnen (z.B. auctionwatch.com). Der
optimale Zeitpunkt bestimmt sich damit
aus einem Tradeoff zwischen zwei Risiken: dem Risiko, dass die Kriecher noch
einmal auf das eigene Gebot reagieren
können, und dem Risiko, dass das eigene
Gebot im Stau verloren geht.
Ich bin leider nicht Charles Bronson
Mein Gebot für die DVD ging übrigens
nicht im Internet verloren, sondern war
schlicht und einfach nicht hoch genug.
Noch 5 Sekunden vor Schluss fühlte ich
mich wie Charles Bronson («Harmonica»),
der Sekundenbruchteile, bevor der Hammer fällt, zusammen mit Jason Robards
(«Cheyenne») die Saloontreppe herunter
kommt und das Gebot für die Ranch auf
5000 Dollar erhöht. In der Realität war
ich weniger erfolgreich – der bisherige
Höchstbieter hatte eine höhere Zahlungsbereitschaft als ich und blieb trotz meines
Gebots in Front.
Ulf Schiller
27
mit seinem Gebot das Maximalgebot
übertroffen oder er stellt fest, dass letzteres über seiner Zahlungsbereitschaft liegt.
Bietet man nicht gegen einen Kriecher mit,
sondern gibt sein Maximalgebot erst zu
einer Zeit ein, zu der der Kriecher nicht
mehr reagieren kann, stellt man sich in
beiden Fällen besser. Erstens hat man
so eine Chance, gegen den irrationalen
Gegenspieler auch dann zu gewinnen,
wenn dieser eigentlich eine höhere Zahlungsbereitschaft hat. Zweitens erhält
man – selbst wenn es umgekehrt ist
– das Objekt zu einem günstigeren Preis,
denn der Kriecher war nicht animiert worden, den Preis in die Höhe zu treiben. Im
Fachjargon: «sniping», also in den letzten
Sekunden der Auktion aus dem Hinterhalt
sein Gebot abgeben, ist eine beste Antwort auf «crawling».
Anzeige
6EREINIGUNG"ERNER7IRTSCHAFTSWISSENSCHAFTER
(ERZLICHE'RATULATIONZU)HRER0ROMOTIONANDERWIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTLICHEN&AKULTËT
DER5NIVERSITËT"ERN
-IT)HREM3TUDIENABSCHLUSSHABEN3IENUNDIE-ÚGLICHKEITALS-ITGLIEDDER6%2%).)'5.'
"%2.%27)243#(!&437)33%.3#(!&4%26"7DER!LUMNI6EREINIGUNGDERWIRTSCHAFTS
WISSENSCHAFTLICHEN&AKULTËTDER5NIVERSITËT"ERNBEIZUTRETEN.AHEZU!BSOLVENTINNEN
UND!BSOLVENTENGEHÚRENINZWISCHENDER6"7AN
$AS:IELDER6"7BESTEHTDARINDEN+ONTAKTUNTERDENi%HEMALIGENwAUFRECHTZUERHALTEN
UNDMITDER5NIVERSITËTIN6ERBINDUNGZUBLEIBEN-ITINTERESSANTEN6ERANSTALTUNGENZU
AKTUELLEN4HEMENn0ODIUMSDISKUSSIONEN2EFERATENi5NTERNEHMER)NNENIM'ESPRËCHw
nERMÚGLICHTDIE6"7DEN+ONTAKTZUINTERESSANTEN0ERSÚNLICHKEITENAUSDER7IRTSCHAFT
SOWIEEINENENTSPRECHENDEN7ISSENSUND%RFAHRUNGSAUSTAUSCH:UEINEMBESCHEIDENEN
*AHRESBEITRAGBIETENWIR)HNENEINATTRAKTIVES6ERANSTALTUNGSPROGRAMM
)NTERESSIERT+ONTAKTIEREN3IEUNSUNTERCONTACT VBWBERNCHODERBESUCHEN3IEUNSERE
(OMEPAGEWWWVBWBERNCH
28
5NTERNEHMER
IM'ESPRËCH
0ODIEN
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Professor Dr. Ulf Schiller
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