Komplikationen bei HIV-Infektion: Neurologische
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Komplikationen bei HIV-Infektion: Neurologische
Komplikationen bei HIV-Infektion: Neurologische Manifestationen Dr. Vivien Homberg Priv.-Doz. Dr. Bruno-Marcel Mackert Klinik für Neurologie mit Stroke Unit Auguste-Viktoria-Klinikum Neurologische Manifestationen nach HIV-Infektion: Zahlen und Fakten • Neurologische Manifestationen führen bei 10% der Patienten zur Erstdiagnose • Neurologische Spätmanifestationen - vor HAART 50% der Erwachsenen, 90% der Kinder - nach HAART Rückgang, v.a. opportunistischer Infektionen auf 30% • HI-Viren finden sich bereits 15 Tage nach Infektion im Nervensystem (cerebraler Cortex) • Behandlung mit liquorgängigen antiretroviralen Substanzen führt zu Reduktion der Viruslast im Gehirn • Schädigung des Nervensystem durch: - Direktes Einwandern der Viren in Nervenzellen - Indirekt durch Eiweiße der Virenhüllen die entzündliche und toxische Wirkung auf die Zellen haben -2- Neurologische Erkrankungen bei HIV-Infektion • Direkt HIV-assoziiert − − − − − Akute HIV-Meningitis (Hirnhaut) HIV-assoziierte Enzephalopathie (Gehirn) HIV-Myelopathie (Rückenmark) Polyneuropathie (periphere Nerven) Myopathie (Muskel) • Opportunistische Infektionen / Neoplasien − − − − − − Toxoplasma-Enzephalitis Kryptokokken-Meningoenzephalitis Progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) Cytomegalievirus-Enzephalitis (CMV-Enzephalitis) CMV-Polyradikulitis Primäres ZNS-Lymphom -3- CDC-Klassifikation der HIV-Infektion Laborkategorien (CD4-Zellzahl/µl) 1: > 500 2: 200-499 3: < 200 Klinische Kategorien A B C (asymptomatisch) (Symptome, kein AIDS) (Symptome, AIDS) A1 A2 A3 B1 B2 B3 C1 C2 C3 - Asymptomatische HIV-Infektion - Persistierende Lymphadenopathie - Akute symptomatische HIVInfektion - Herpes Zoster - Periphere Neuropathie - Diarrhö (>4 Wochen) - Listeriose - Orale Haarleukoplakie - CMV-Retinitis -Generalisierte CMVInfektion - Extrapulmonale Kryptokokken-Infektion - HIV-Enzephalopathie - Infektion mit Mykobacterium avium complex oder M. kansaii, disseminiert oder extrapulmonal - Maligne Lymphome - PML - ToxoplasmaEnzephalitis - Tuberkulose - Wasting-Syndrom -4- Symptome neurologischer Manifestation nach HIV-Infektion • Symptomatik bei Neurologischen Erkrankungen nach HIV-Infektion sehr vielseitig und nicht spezifisch für eine Erkrankung • Typische Beschwerden neben kognitiven und psychiatrischen Veränderungen: − − − − − − − − − Sehstörungen Kopfschmerzen Epileptische Anfälle Schwindel Unwillkürliche Bewegungen Gangstörung Störungen einzelner Hirnnerven Lähmungen Gefühlsstörungen -5- HIV-assoziierte Enzephalopathie (HIVE) - Klinik • 10-20% der HIV-1 infizierten Patienten, seit HAART Rückgang um ca. 50%; nach neueren Berichten wieder Zunahme • Vorwiegend im fortgeschrittenen Stadien der HIV-Infektion • Chronische, langsam fortschreitende subkortikale Demenz • Typische Symptome: − − − − Konzentrations- und Gedächtnisstörungen Verlangsamung von Auffassung und Reagibilität Verlust von Initiative und Antrieb, sozialer Rückzug Störung der Geschicklichkeit, Feinmotorik, Gangunsicherheit • Diagnose: − Klinische Symptome − Kernspintomographie (MRT: Echoanhebung in den Basalganglien) − Liquordiagnostik (HI-Viruslast, JC-Virus- und CMV-PCR) -6- HIV-assoziierte Enzephalopathie (HIVE) - Therapie • Zidovudin (AZT, Retrovir®) • d4T (Stavudin, Zerit®) • Seit 1996 HAART (unabhängig von CD4-Zellzahl und Viruslast 3-er bis 5-er Kombination liquorgängiger Präparate inkl. AZT oder d4T) • Andere Therapieansätze (Nimodipin, Selegelin) ohne Nutzen unter konsequenter Therapie vollständige Rückbildung der kognitiven Defizite möglich -7- Polyneuropathie - Erkrankung des peripheren Nervensystems • Häufigste HIV-assoziierte neurologische Komplikation • Direkte Schädigung durch die HI-Viren oder toxisch in Folge der Therapie • In allen Erkrankungsstadien möglich, keine typische Erkrankung der Spätphase • Bekannte Formen: − Distal symmetrische sensomotorische Polyneuropathie (DSPN; Prävalenz 35-80%) − Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) − Akute inflammatorische demyelinisierende Polyradikulitis (HIV-assoz. GBS; AIDP) − Mononeuritis multiplex − Neuropathie bei diffuser infiltrativer Lymphozytose − Neuropathie des autonomen Nervensystems − Vaskulitisch -8- Polyneuropathie (DSPN) – Symptome, Diagnostik • Strumpf- und/oder Handschuh-förmige Gefühlsstörungen − Brennen − Missempfindungen − Gefühlsminderung • Neuropathischer Schmerz • Muskelatrophie (Muskelschwund) • Muskelschwäche Ausschluss anderer Ursachen (Vitaminmangel, Diabetes mellitus, Alkoholmissbrauch, entzündliche Erkrankungen) Diagnosestellung klinisch und mittels Elektrophysiologie (Nervenleitgeschwindigkeitsmessung und Muskeluntersuchung) Muskel- und Nervenbiopsie -9- Polyneuropathien - Therapie • Optimierung der antiretroviralen Therapie, d.h. evtl. Umstellung auf andere Substanzen • Symptomatische Therapie mit Gabapentin und Pregabalin (Carbamazepin aufgrund der Interaktionen mit HAART nicht zu empfehlen) • • • • Amitriptylin (75–100 mg) od. Mexiletin Lokale Behandlung mit Capsaicin Creme od. Lidocain Bei AIDP und CIDP Immunglobuline / Plasmapherese Bei Vaskulitis: Kortikosteroide unter Candida-Prophylaxe -10- Epileptische Anfälle - Klinik • Hinweis auf cerebrale Erkrankung • Entzündung durch Parasiten/Pilze/Viren, Narben, Tumore führen zu elektrischen/epileptischen Entladungen am Cortex • Vor allem in späten Erkrankungsphasen im Rahmen opportunistischer Infektionen • Symptome: − Zucken am ganzen Körper bei fehlendem Bewusstsein (grand mal) − Abhängig von der Lokalisation des anfallprovozierenden Herdes im Gehirn: • Rhythmisches Zucken einer Hand oder eines Beines • Anspannung des gesamten Körpers • Ausbreitende Gefühlsstörung • Aufsteigende Übelkeit • Sprachstörungen • Sehstörungen -11- Epileptische Anfälle – Diagnostik / Therapie • • • • Anfallsschilderung durch den Patienten oder Beobachter EEG (Aufzeichnen von Hirnströmen) Cerebrale Bildgebung (Kernspintomographie; MRT) Liquordiagnostik • Therapie: − Behandlung der Ursache − Antikonvulsive / antiepileptische Therapie mit Substanzen, die gut kompatibel mit der antiretroviralen Therapie sind: • Gabapentin • Levetiracetam • Topiramat • Zonisamid − AntiepileptischeTherapie in der Regel 1 Jahr, ggf. 2 Jahre, dann evtl. Reduktion und Absetzten bei anhaltender Anfallsfreiheit -12- Opportunistische Infektionen – Toxoplasma-Encephalitis • • • • • Inzidenz nach Einführung von HAART 2-4 % Reaktivierung einer persistierenden Infektion mit Toxoplasma gondii Typischerweise bei Helferzellzahlen < 150/µl Rasche Entwicklung über mehrere Tage / Wochen Symptome: − Lähmungen − Epileptische Anfälle (15-25% Initialsymptom) − Kopfschmerzen, Fieber − Bewußtseinsstörung − Verschlechterung des Allgemeinzustandes • Diagnostik: − Cerebrale Bildgebung (CCT/MRT mit Kontrastmittel) − Liquordiagnostik • Therapie: − Phyrimethamin und Sulfadiazin über 4-6 Wochen -13- Opportunistische Infektionen - Kryptokokken-Meningitis • Inzidenz vor Einführung von HAART: 1,9 – 11,6%, seitdem Rückgang • Inhalation von Cryptococcus neoformans (in Vogelkot / Taubenmist) • zunächst Erkrankung der Luftwege • Symptome: − − − − − − Verschlechterung des Allgemeinzustandes Kopfschmerz / Meningismus Photophobie, Übelkeit, Erbrechen Schwindel Lähmungen Epileptische Anfälle • Diagnostik: − Cerebrale Bildgebung (CCT/MRT mit Kontrastmittel) − Liquordiagnostik mit Anfertigung eines Tuschepräparates • Therapie: − Amphotericin B und Flucytosin über mind. 6 Wochen -14- Progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) • Inzidenz: 4–5 %, keine wesentliche Änderung seit HAART-Einführung • Infektion von Oligodendrozyten mit JC-Virus • Subakuter Beginn • Symptome: − − − − − Kognitive Defizite Visuelle Störung Lähmungen Sprach- / Sprechstörung Epileptische Anfälle • Diagnostik: − Cerebrale Bildgebung (MRT: typische T2-hyperintense/T1 hypointense Veränderung unter Einschluss der U-Fasern, wenig KM-Aufnahme) − Liquordiagnostik mit JC-Virus-DNA-Nachweis • Therapie: − HAART -15- Zusammenfassung • Den Körper beobachten, Symptome und Veränderungen frühzeitig erfassen • • • • Keine Scheu, neu auftretende Defizite mitzuteilen Frühzeitige Diagnosefindung erleichtert / ermöglicht die Therapie Therapie konsequent verfolgen und durchhalten Miteinander reden ! -16- Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit -17-