2 K 5/13

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2 K 5/13
FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 2 K 5/13
Urteil des Einzelrichters vom 22.08.2013
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: EStG § 9 Abs. 5, EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5
Leitsatz: 1. Ein auf einem zwischen Deutschland und Schweden pendelndem
Fährschiff eingesetzter Koch kann im Streitjahr 2010 zeitlich unbegrenzt
Verpflegungsmehraufwendungen bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
geltend machen.
2. Dabei sind überwiegend die für Schweden geltenden Pauschbeträge anzusetzen.
Überschrift: Einkommensteuer: Verpflegungsmehraufwendungen
Tatbestand:
Die
Beteiligten
streiten
über
die
Berücksichtigung
von
Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften des
Klägers zu 1) aus nichtselbständiger Arbeit.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Sie haben ihren Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in A. Der Kläger zu 1) arbeitet seit
einigen Jahren als Koch auf einem Fährschiff der Reederei B GmbH & Co KG, C. Die
Fähre pendelt im Dauerbetrieb zwischen den Häfen C und D (Schweden). Das Schiff
legt täglich um 22.00 Uhr in C ab und kommt nach 9,5 Stunden Überfahrt am
darauffolgenden Tag planmäßig um 7.30 Uhr im Hafen D an. Die Liegezeit für die
Be- und Endladung beträgt 2,5 Stunden. Von D fährt die Fähre um 10.00 Uhr wieder
in Richtung C los.
Im Streitjahr 2010 war der Kläger zu 1) an insgesamt 183 Tagen an Bord des
Fährschiffes als Koch tätig. Die 183 Bordtage setzen sich aus jeweils 14-tägigen
ununterbrochenen Tätigkeiten auf dem Schiff zusammen. Anschließend hatte der
Kläger zu 1) jeweils 14 Tage frei.
Die
Kläger
machten
mit
ihrer
Einkommensteuererklärung
2010
Verpflegungsmehraufwendungen des Klägers zu 1) als Werbungskosten bei seinen
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 10.480 € geltend.
Dabei setzen sie 25 Tage mit mindestens 14 Stunden Abwesenheit von der
Wohnung und 158 Tage mit 24 Stunden Abwesenheit an und legten ihrer
Berechnung die Auslandspauschalen für Schweden (40 €/60€) zu Grunde. Von den
25 Tagen mit mindestens 14 und weniger als 24 Stunden Abwesenheit von der
Wohnung entfallen 12 Tage auf den Antritt der jeweiligen Arbeitstätigkeit von A aus.
Mit Einkommensteuerbescheid 2010 vom 20. Oktober 2011 (einem Donnerstag)
setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf 3.431 € fest. Bei den Werbungskosten
des Klägers zu 1) aus nichtselbständiger Arbeit wurde als Verpflegungsmehraufwand
ein Betrag von insgesamt 4.092 € anerkannt. Zur Begründung wurde ausgeführt,
dass auf "hoher See" ein Schiff unter deutscher Flagge zum Inland gehöre und
deshalb die Pauschalen für das Inland anzuwenden seien.
Die Kläger legten dagegen am 24. November 2011 Einspruch ein. Es liege eine
Auswärtstätigkeit vor, bei der die Dreimonatsfrist für die jeweilige Bordtätigkeit immer
wieder von neuem zu laufen beginne. Die Fähre überquere zwar auch die "hohe
See", dies aber nur für jeweils einige Stunden. Ein ganztägiger Aufenthalt auf "hoher
See" liege nicht vor, so dass entsprechend der Verwaltungsauffassung (R 9.6 Abs. 3
Satz 3 LStR) die Auslandspauschalen für Schweden maßgeblich seien.
Der Beklagte teilte den Klägern mit Schreiben vom 27. September 2012 mit, dass
seiner Ansicht nach die Fähre als feste ortsgebundene Arbeitsstätte des Klägers zu
1) anzusehen sei. Jedenfalls sei der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen
deshalb ausgeschlossen, weil die Frist von drei Monaten nicht alle vierzehn Tage
neu beginne und deshalb im Streitjahr bereits abgelaufen sei. Gleichzeitig wurde
eine "Verböserung" im Einspruchsverfahren angekündigt. Es könnten gar keine
Verpflegungsmehraufwendungen anerkannt werden.
Mit Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2012 setzte der Beklagte die
Einkommensteuer 2010 höher auf 4.469 € fest und wies den Einspruch als
unbegründet zurück.
Die Kläger haben am 8. Januar 2013 Klage erhoben. Der Bundesfinanzhof (BFH)
habe mit Urteilen vom 16. November 2005 (VI R 12/04, BStBl II 2006, 267) und vom
19. Dezember 2005 (VI R 30/05, BStBl II 2006, 378), entschieden, dass sich ein
Seemann auf einem Schiff auf einer Auswärtstätigkeit befinde. Für die Anwendung
der Dreimonatsfrist finde die gleichbleibende Auswärtstätigkeit auf dem Schiff
regelmäßig ihr Ende, sobald das Schiff in den Hafen zurückkehre. Die Frist beginne
von neuem, wenn das Schiff zur nächsten Reise auslaufe. Entsprechend der
Verwaltungsanweisung seien die jeweiligen Pauschsätze für Schweden maßgeblich.
Auf die individuelle Verpflegungssituation auf dem Schiff komme es nicht an.
Die Kläger beantragen nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 20. Oktober 2011 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2012 dergestalt zu ändern, dass die
Einkommensteuer von 4.469 € um 2.596 € niedriger auf 1.873 € herabgesetzt
wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2012
und führt ergänzend im Wesentlichen aus, dass die zweiwöchigen Aufenthalte des
Klägers zu 1) an Land nicht zu einer Unterbrechung der Dreimonatsfrist des § 4 Abs.
5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) führen würden. Die von den Klägern
angeführte Rechtsprechung des BFH könne entsprechend eines Urteils des FG
Mecklenburg-Vorpommern vom 15. Juli 2009 (3 K 46/09; juris) nicht auf die
arbeitsvertragliche Situation des Klägers zu 1) übertragen werden. Der Kläger zu 1)
müsse nicht jeweils erneut auf einem Schiff anheuern, deshalb sei ein erneutes
Beginnen der Dreimonatsfrist nicht gerechtfertigt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des
Senats (§ 79a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) und mit einer
Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll
über den Erörterungstermin am 15. August 2013 und den übrigen Inhalt der
Gerichtsakten sowie den der beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Über die Klage konnte im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter
anstelle des Senats (§ 79a Abs. 3 und 4 FGO) und ohne mündliche Verhandlung (§
90 Abs. 2 FGO) entschieden werden.
Sie ist zulässig und hat zum weit überwiegenden Teil Erfolg.
Der Einkommensteuerbescheid 2010 vom 20. Oktober 2011 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2012 ist rechtswidrig und verletzt die
Kläger in ihren Rechten, soweit darin eine höhere Einkommensteuer als 1.973 €
festgesetzt worden ist. Der Bescheid war deshalb dergestalt zu ändern, dass die
Einkommensteuer 2010 auf 1.973 € festgesetzt wird (§ 100 Abs. 1 Satz 1, § 100 Abs.
2 Satz 1 FGO). Soweit die Kläger darüber hinausgehend eine Herabsetzung der
Einkommensteuer 2010 auf 1.873 € begehren, ist die Klage unbegründet und war
insoweit abzuweisen.
Bei den Einkünften des Klägers zu 1) aus nichtselbständiger Arbeit sind gemäß § 9
Abs. 5 i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG in der im Streitjahr 2010 geltenden
Fassung Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von insgesamt 10.144 € als
Werbungskosten zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich für die Kläger eine
Einkommensteuer von 1.973 €.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen sind gemäß § 4 Abs. 5
Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG nicht abziehbare Betriebsausgaben. Wird der
Steuerpflichtige jedoch vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt
seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, so ist
nach Satz 2 der Vorschrift für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen
dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem
Tätigkeitsmittelpunkt über eine bestimmte Dauer abwesend ist, ein nach dieser
Dauer gestaffelter Pauschbetrag abzusetzen. Dies gilt entsprechend, wenn der
Steuerpflichtige bei seiner individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an
wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig wird (§ 4 Abs. 5 Satz 1
Nr. 5 Satz 3 EStG). Nach Satz 5 der Vorschrift beschränkt sich bei einer
längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte der
pauschale Abzug nach Satz 2 auf die ersten drei Monate (sog. Dreimonatsfrist). Bei
einer Tätigkeit im Ausland treten an die Stelle der Pauschbeträge nach Satz 2
länderweise unterschiedliche Pauschbeträge, die vom Bundesministerium der
Finanzen (BMF) im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder
aufgerundet auf volle Euro festgesetzt werden; dabei bestimmt sich der
Pauschbetrag nach dem Ort, den der Steuerpflichtige vor 24 Uhr Ortszeit zuletzt
erreicht, oder, wenn dieser Ort im Inland liegt, nach dem letzten Tätigkeitsort im
Ausland (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 4 EStG). Nach § 9 Abs. 5 EStG sind die
aufgeführten Regelungen bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers zu 1) aus
nichtselbständiger Arbeit sinngemäß anzuwenden.
Nach der Rechtsprechung des BFH, der das Gericht folgt, ist nach den genannten
Bestimmungen
erwerbsbedingter
Verpflegungsmehraufwand
einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen, wenn sich der Arbeitnehmer aus
beruflichen Gründen auf einer Auswärtstätigkeit befunden hat (vgl. BFH-Urteile vom
17. Juni 2010 VI R 35/08, BStBl II 2010, 852; vom 17. Juni 2010 VI R 20/09, BStBl II
2012, 32; jeweils m. w. N.). Ein auf einem Schiff eingesetzter Seemann übt eine
Fahrtätigkeit aus und befindet sich auf Auswärtstätigkeit (vgl. BFH-Urteile vom 19.
Dezember 2005 VI R 30/05, BStBl II 2006, 378; vom 16. November 2005 VI R 12/04,
BFHE 212, 64, BStBl II 2006, 267; vom 24. Februar 2011 VI R 66/10, BStBl II 2012,
27;FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 15. Juli 2009 3 K 46/09, juris).
Das Fährschiff stellte während des jeweiligen vierzehntägigen Dienstes des Klägers
zu 1) keinen Tätigkeitsmittelpunkt (bzw. keine regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne
des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG - vgl. zur Übereinstimmung der Begriffe: z. B.
Urteile des BFH vom 11. Mai 2005, VI R 16/04, BStBl II 2005, 789; vom 17. Juni
2010 VI R 20/09, BStBl II 2012, 32) dar. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH,
der das Gericht folgt, ist hierunter (nur) der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft
angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers zu verstehen; dies ist im
Regelfall der Betrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers ( vgl. z. B. BFHUrteile vom 11. Mai 2005, VI R 16/04, BStBl II 2005, 789; vom 17. Juni 2010 VI R
20/09, BStBl II 2012, 32). Wird ein Seemann auf einem Schiff eingesetzt, so stellt
dieses keine regelmäßige Arbeitsstätte bzw. keinen Tätigkeitsmittelpunkt dar, weil
unter diesem Begriff nur ortsfeste betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers zu
verstehen sind und sich ein Seemann auf einem Schiff auf Auswärtstätigkeit befindet.
Im Übrigen wird eine auswärtige Tätigkeitsstätte durch bloßen Zeitablauf von drei
Monaten nicht zum Tätigkeitsmittelpunkt bzw. zur regelmäßigen Arbeitsstätte (vgl.
BFH-Urteil vom 19. Dezember 2005, VI R 30/05, BStBl II 2006, 378; FG
Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 15. Juli 2009 3 K 46/09, juris).
Daraus folgt, dass der Kläger zu 1) keinen "Mittelpunkt einer dauerhaft angelegten
betrieblichen Tätigkeit" i. S. d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG besaß, und zwar
weder auf dem Fährschiff, auf dem er eingesetzt war, noch an Land. Es ist weder
vorgetragen worden noch im Übrigen erkennbar, dass der Kläger zu 1) auf dem
Fährterminal in C schwerpunktmäßig tätig war (vgl. zur Definition des Begriffs der
regelmäßigen Arbeitsstätte BFH-Urteil vom 9. Juni 2011 VI R 58/09, BStBl II 2012,
34). Er ist bei seiner individuellen betrieblichen Tätigkeit als Koch vielmehr
schwerpunktmäßig auf dem Schiff und damit "auf einem (Wasser-)Fahrzeug" i. S. d.
§ 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 3 EStG vorübergehend tätig geworden (vgl. FG MecklenburgVorpommern, Urteil vom 15. Juli 2009 3 K 46/09, juris, zu einem Sanitäter auf einem
Seenotrettungskreuzer).
Danach ist der Kläger zu 1) zeitlich unbegrenzt grundsätzlich zum Abzug
erwerbsbedingter Mehraufwendungen für die Verpflegung berechtigt. Die
Dreimonatsfrist des § 9 Abs. 5 i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG kommt bei
einer Fahrtätigkeit, auch wenn diese auf einem Schiff ausgeübt wird, im Streitjahr
2010 nicht zur Anwendung (ab dem Veranlagungszeitraum 2014 ist der Abzug von
Verpflegungsmehraufwendungen in § 9 Abs. 4a EStG neu geregelt). Der Abzug von
Verpflegungsmehraufwand ist nur bei einer längerfristigen vorübergehenden
Tätigkeit "an derselben Tätigkeitsstätte" auf die ersten drei Monate beschränkt. Zwar
können solche Tätigkeiten in Gestalt einer Auswärtstätigkeit nach Satz 2 der
Vorschrift auch im Zuge einer Einsatzwechseltätigkeit (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3
EStG) vorkommen (vgl. BFH-Urteil vom 27. Juli 2004 VI R 43/03, BStBl II 2005, 357).
Übt aber ein Arbeitnehmer auf einem Fahrzeug oder einem Schiff eine Fahrtätigkeit
aus, so handelt es sich dabei nicht um eine auswärtige Tätigkeitsstätte. Dies ergibt
sich schon daraus, dass in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG zwischen
"Tätigkeitsstätte" und "Fahrzeug" unterschieden wird. Im Übrigen setzt eine
Tätigkeitsstätte eine in der Regel ortsfeste Einrichtung voraus (vgl. BFH-Urteil vom
24. Februar 2011 VI R 66/10, BStBl II 2012, 27).
Für die Höhe der Pauschsätze kommt es deshalb allein auf die Dauer der
Abwesenheit des Klägers zu 1) von seiner Wohnung an, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz
3 letzter Halbsatz EStG.
Auch der Umstand, dass der Kläger zu 1) als Koch auf dem Fährschiff gearbeitet hat
und deshalb eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass er keine oder nur
geringfügige Aufwendungen für die eigene Verpflegung hatte, führt nicht zu einer
anderen Beurteilung. Mit der Neuregelung des Verpflegungsmehraufwands ab 1996
hat der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen bei Erfüllung des Tatbestandes des § 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG (i. V. m. § 9 Abs. 5 EStG) einen Rechtsanspruch auf
Gewährung der gesetzlichen Pauschbeträge eingeräumt. Darauf, ob überhaupt ein
Verpflegungsmehraufwand anfällt, kommt es ebenso wenig an, wie auf die konkrete
Verpflegungssituation am Einsatzort (vgl. BFH-Urteile vom 11. Mai 2005 VI R 7/02
BStBl II 2005, 782; vom 13. Dezember 2007 VI R 73/06, BFH/NV 2008, 936).
Hinsichtlich der Höhe der Verpflegungsmehraufwendungen ist wie folgt zu
differenzieren:
Für die 158 Tage, die der Kläger vollständig auf dem Fährschiff verbracht hat und
damit jeweils 24 Stunden von seiner Wohnung abwesend war, ist der vom BMF auf
der Grundlage von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 4 EStG festgesetzte Pauschbetrag
für Schweden in Höhe von 60 € (vgl. BMF-Schreiben vom 17.Dezember 2009, BStBl
I 2009, 1601) anzusetzen. Dies ergibt sich aus § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 4 EStG,
wonach sich der Pauschbetrag nach dem Ort richtet, den der Steuerpflichtige vor 24
Uhr Ortszeit zuletzt erreicht, oder, wenn dieser Ort im Inland liegt, nach dem letzten
Tätigkeitsort im Ausland. Das Fährschiff des Klägers zu 1) fuhr (unstreitig) jeweils zu
Beginn seiner 14-tägigen Bordtätigkeit um 22 Uhr in C ab und erreichte morgens um
7:30 Uhr den Hafen D in Schweden. Damit gelten für die Antrittstage die inländischen
Pauschbeträge, weil die Fähre um 24 Uhr jeweils noch kein ausländisches
(schwedisches) Territorium erreicht hatte. Für die Folgetage auf See (insgesamt 158
volle Tage) gilt nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 4 EStG jeweils der schwedische
Pauschsatz, weil vor 24 Uhr jeweils wieder C erreicht worden (Abfahrt dort um
jeweils um 22.00 Uhr) und dann der letzte Tätigkeitsort im Ausland (Hafen D in
Schweden) maßgeblich ist. Die möglicherweise abweichend auszulegenden
Regelungen in R 9.6 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 LStR sind für das Gericht als
Verwaltungsvorschriften nicht bindend, so dass dahingestellt bleiben kann, wie diese
Bestimmungen zu verstehen sind.
Für die 12 Dienstantrittstage mit jeweiligen Abwesenheiten von der Wohnung von
mindestens 14 aber von weniger als 24 Stunden, gilt nach dem Dargelegten jeweils
der inländische Pauschbetrag von 12 € (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b
EStG).
Für die 13 Tage, an denen der Kläger zu 1) seine 14-tägigen Arbeitstätigkeit jeweils
beendet hat und an denen er ebenfalls mindestens 14 Stunden aber weniger als 24
Stunden von der Wohnung abwesend war, ist der vom BMF festgelegte
Pauschbetrag von 40 € für Schweden anzusetzen, weil vor 24 Uhr jeweils wieder C
erreicht worden und dann der letzte Tätigkeitsort im Ausland (Hafen D in Schweden)
maßgeblich ist.
Insgesamt ergeben sich somit folgende Verpflegungsmehraufwendungen:
- 158 x 60 € = 9.480 €
- 13 x 40 € = 520 €
- 12 x 12 € = 144 €
10.144 €
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Dem Beklagten waren
sämtliche Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil die Kläger nur zu einem
geringen Teil unterlegen sind (zu 3,85 %).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1, 3 FGO
i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO).