ESt-Kurzinfo des FM SH zu den Pauschbeträgen für

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ESt-Kurzinfo des FM SH zu den Pauschbeträgen für
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Schleswig-Holstein
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4. September 2008
Einkommensteuer-Kurzinformation Nr. 2008/51
aktualisiert am 31. Januar 2012
Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen an Bord von Schiffen für Seeleute der Bundes- oder der Handelsmarine
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinen Urteilen vom 16. November 2005, BStBl 2006 II
S. 267, und vom 19. Dezember 2005, BStBl 2006 II S. 378, entschieden, dass das Schiff
als mobile Tätigkeitsstätte keine regelmäßige Arbeitsstätte darstellen kann; hierzu bedarf
es immer eines immobilen Standorts.
Bei der Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG ist nunmehr nach dem BFH-Urteil
vom 24. Februar 2011, BStBl 2012 II S. 27 Folgendes zu beachten:
Seeleute – dies gilt sowohl für Seeleute der Bundesmarine als auch der Handelsmarine –
erhalten für die Zeit an Bord von Schiffen dem Grunde nach Verpflegungsmehraufwendungen, da sich die Frage der nämlichen Auswärtstätigkeit bei Ausübung einer Fahrtätigkeit nicht stellt.
Hinsichtlich der Höhe der zu berücksichtigenden Verpflegungsmehraufendungen ist zwischen Bundes- und Handelsmarine zu differenzieren.
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1. Bundesmarine:
Marinesoldaten üben an Bord von Schiffen regelmäßig eine Auswärtstätigkeit aus.
Verpflegungsmehraufwendungen können hier für die ersten drei Monate der jeweiligen
Auswärtstätigkeit als Werbungskosten berücksichtigt werden. Bei Reisen auf einem
seegehenden Schiff findet die gleichbleibende, nämliche Auswärtstätigkeit ihr Ende,
sobald das Schiff in den Heimathafen zurückkehrt. Läuft das Schiff zu einer neuen Reise aus, beginnt der Dreimonatszeitraum für den Abzug der Verpflegungspauschalen
von neuem.
Zur Höhe der zu berücksichtigenden Verpflegungsmehraufwendungen ist zu beachten,
dass nNach völkerrechtlichen Grundsätzen gehört ein Schiff der Bundesmarine zum Inland gehört, so lange es sich in deutschen Küstengewässern, auf hoher See und in
ausländischen Küstengewässern befindet (Hinweis auf Artikel 29-32 des UNSeerechtsübereinkommens, BGBl. 1994 II S. 1798). Diese völkerrechtlichen Grundsätze finden über Artikel 25, 59 Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 2 AO Anwendung im Einkommensteuerrecht. Im Übrigen hat der BFH entschieden, dass Schiffe auf hoher See als
„schwimmender Gebietsteil“ des Landes anzusehen sind, dessen Flagge sie führen
(vgl. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1977, BStBl 1978 II S. 50 m. w. N.). Diese Rechtsauffassung hat das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 28. September 2007 - 18 K
638/06 E - bestätigt. Dieses Urteil ist rechtskräftig geworden. Es bestehen keine Bedenken, die Grundsätze des Urteils auf alle noch offene Fälle anzuwenden.
Folglich sind für die Tage in ausländischen Küstengewässern und auf hoher See die
Inlandspauschalen anzusetzen.
Nur für die Tage der Ein- und Ausschiffung und für Liegezeiten in ausländischen Häfen
sind bei Soldaten der Bundesmarine die für den ausländischen Hafenort maßgebenden
Tagegelder zu berücksichtigen.
2. Handelsmarine:
Für Seeleute auf Handelsschiffen gelten die obigen Ausführungen im ersten Absatz
zum Punkt „Bundesmarine“ entsprechend.
Bei der Höhe der Verpflegungsmehraufwendungen ist Folgendes zu beachten: Handelsschiffe unter deutscher Flagge auf hoher See gehören nach völkerrechtlichen,
auch einkommensteuerrechtlich maßgebenden Grundsätzen zum deutschen Staatsgebiet gehören (Hinweis auf Artikel 27 und 28 des UN-Seerechtsabkommens, BGBl.
1994 II S. 1798). Dies gilt auch dann, wenn sie sich in Gebieten fremder Festlandssockel aufhalten. Das BFH-Urteil vom 5. Oktober 1977 (a. a. O.) findet hier Anwendung.
Diese Rechtsauffassung hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil
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vom 19. September 2007 - 3 K 185/06 - bestätigt. Gegen dieses Urteil war Revision
beim BFH unter dem Aktenzeichen - VI R 51/07 - eingelegt worden. Das Revisionsverfahren ist zwischenzeitlich durch Rücknahme der Revision durch den Kläger erledigt.
Es bestehen keine Bedenken, die Grundsätze aus dem Urteil des Finanzgerichts
Mecklenburg-Vorpommern vom 19. September 2007 - 3 K 185/06 - auf alle noch offene Fälle anzuwenden.
Anders als Marinesoldaten auf Schiffen der Bundesmarine erhalten Seeleute der Handelsmarine an Bord von Schiffen unter deutscher Flagge bereits dann die für das fremde Hoheitsgebiet maßgebenden Auslandspauschalen, wenn sie sich in ausländischen
Küstengewässern befinden (vgl. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1977 [a. a. O.], Urteil des
Finanzgerichts Düsseldorf vom 28. September 2007 - 18 K 638/06 E -); denn Schiffe
unter deutscher Flagge, die nicht hoheitlichen Zwecken dienen, sind in fremden Eigengewässern nicht exterritorial und grundsätzlich der Rechtsordnung des Aufenthaltsstaates unterworfen.
Folglich erhalten Seeleute auf Handelsschiffen unter deutscher Flagge
 für die Tage in deutschen Küstengewässern, für die Tage der Ein- und Ausschiffung
sowie für Liegezeiten in deutschen Häfen die Inlandspauschalen,

für die Tage auf hoher See die Inlandspauschale,
 für die Tage in ausländischen Küstengewässern die Auslandspauschale des jeweilgen Staates,
 für die Tage der Ein- und Ausschiffung und für Liegezeiten in ausländischen Häfen
die für den ausländischen Hafenort maßgebenden Tagegelder.
Seeleute auf Handelschiffen unter fremder Flagge erhalten
 für die Tage in deutschen Küstengewässern, für die Tage der Ein- und Ausschiffung
sowie für Liegezeiten in deutschen Häfen die Inlandspauschalen,
 für die Tage auf hoher See das für Luxemburg geltende Tagegeld (R 9.6 Abs. 3
Satz 4 Nr. 2 LStR 2008),
 für die Tage in ausländischen Küstengewässern das für Luxemburg geltende Tagegeld (R 9.6 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 LStR 2008),
 für die Tage der Ein- und Ausschiffung und für Liegezeiten in ausländischen Häfen
die für den ausländischen Hafenort maßgebenden Tagegelder.
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Das Territorialitätsprinzip findet aufgrund der Regelungen in R 9.6 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2
LStR 2008 auf Handelsschiffe unter fremder Flagge keine Anwendung.
Karstellend weise ich auf Folgendes hin:
Die zivile Schifffahrt umfasst neben Handelschiffen unter anderem auch Passagier-, Binnen- und Fischereischiffe (ohne Fangquote) oder Fischereifahrzeuge (mit Fangquote). Die
obigen Ausführungen zur Handelsmarine finden auf die gesamte zivile Schifffahrt Anwendung, soweit die Schiffe im Rahmen der gewerbsmäßigen Seefahrt betrieben werden
(Hinweis auf Art. 27 GG).
(VI 315 - S 2380 - 183 / Bearbeiter: Susanne Schwarz, App. 8231)
Norm:
§ 9 EStG
Schlagworte:
Seeleute; Bundesmarine; Handelsmarine