Inhalt - Langenscheidt

Transcription

Inhalt - Langenscheidt
65321_001_064_d.qxd
14.06.2006
8:33 Uhr
Seite 4
Inhalt
Inhalt
Die Thematik in Kürze
Fontanes Romane sind Gesellschaftsromane; sie üben vehement
Kritik an den Auswüchsen der preußischen Gesellschaft: ihrer Inhumanität, ihrer Verachtung des Natürlichen und ihrer Äußerlichkeit.
»Effi Briest« entlarvt in mehrfacher Weise Schwächen der adeligen
preußischen Gesellschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts.
■
Der Adel lebte mit einem starren Korsett von Werten und Normen, die nicht in Frage gestellt werden und an denen der Einzelne
gnadenlos gemessen wird.
■ Mit der Kritik an dem Ehrenkult und der Duellpraxis entlarvt
Fontane den sich als ideal betrachtenden, militarisierten preußischen
Staat als Götzen und Teufel, der Menschenopfer forderte.
■
Mit Figuren wie Innstetten und Wüllersdorf (und anderen) stellt
der Roman preußische Tugenden wie unerbittliches Pflichtdenken
und Prinzipientreue als inhuman bloß.
■
Fontane zeigt die Menschen in einem Zustand der Entfremdung. Wegen der gesellschaftlichen Enge konnten sie ihre Natürlichkeit, ihre Emotionalität, ihr Menschsein nicht leben, sondern wurden
zu Standeskreaturen verbogen – oder sie wurden zu Außenseitern.
■
Insbesondere als Frau wurde man in diesem System Opfer – wenn
man es nicht vorzog, das System so zu verinnerlichen, dass auch frau
zum Täter wurde, d. h. gesellschaftliche Erwartungen rücksichtslos
durchsetzte.
In Form und Gestaltung ist der Roman ein Musterbeispiel des Bürgerlichen Realismus.
4
65321_001_064_d.qxd
14.06.2006
8:33 Uhr
Seite 5
Die Handlung in Kürze
Die blutjunge Effi Briest ist in ihrer Ehe mit dem Karrierebeamten Innstetten so unglücklich, dass sie eine kurze Affäre mit Major
Crampas eingeht, die Jahre später zufällig ans Licht kommt.
Crampas fällt im Duell, Effi gerät ins soziale Aus und stirbt
schließlich.
Die 17-jährige Landadelstochter Effi von Briest aus dem brandenburgischen Hohen-Cremmen heiratet den zwanzig Jahre älteren
Baron von Innstetten, Landrat im hinterpommerschen Kessin. Da
ihr karriereorientierter Mann sich kaum um sie kümmert und sie in
Kessin außer einem alten Mann keine Freunde findet, auch nicht
unter dem dümmlichen Landadel, droht Effi in ihren Bedürfnissen
nach Anregung und Leben und in ihrer natürlichen Art auszutrocknen. So hat sie mit dem »Damenmann« Major Crampas eine kurze
Affäre, die sie aber keineswegs glücklich macht und daher gern beendet, als ihr nichtsahnender Mann ins Ministerium nach Berlin berufen wird.
Dort scheint doch noch alles gut zu werden; die Ehe bessert sich, das
gesellschaftliche Leben ist anregend und von Erfolg begleitet. Während eines Kuraufenthaltes von Effi findet Innstetten zufällig alte
Liebesbriefe von Crampas an seine Frau. Obwohl die Affäre seit Jahren vorbei ist und obwohl Innstetten seine Frau liebt und keinen
Hass empfindet, vermag er sich vom Ehrenkodex seiner Schicht
nicht zu distanzieren. Er tötet Crampas im Duell und lässt sich von
Effi scheiden; sie darf ihre Tochter nicht mehr sehen und lebt von
nun an sozial völlig isoliert, da auch ihre Eltern sie zunächst nicht
aufnehmen. Effi, die die Normen ihrer Zeit so verinnerlicht hat, dass
sie sich schuldig fühlt, wird immer kränker und stirbt schließlich mit
29 Jahren, nachdem sie zu den Eltern hat zurückkehren dürfen und
noch eine kurze glückliche Zeit erlebt hat. Auch Innstetten bekennt
am Schluss unglücklich zu sein.
5
Inhalt
Die Handlung in Kürze
65321_001_064_d.qxd
14.06.2006
8:33 Uhr
Seite 54
Aufgaben mit Lösungstipps
?
Aufgabe 3
Zeigen Sie anhand einer Analyse der Ausgangsbedingungen der
Ehe Effis und Innstettens, dass die Beziehung zum Scheitern verurteilt war! (Textbasis: Kap. 1–5)
!
Lösungstipp
1. Basis einer adeligen Ehe: nicht Liebe, sondern Streben nach Sta-
Interpretation
tuserhalt oder sogar Statuserhöhung
– Vgl. Luise Briests Entscheidung gegen Innstetten und für den
Ritterschaftsrat Briest (vgl. Kap. 1, S. 11).
– Vgl. Luises Hintergedanken bei Effis Ehe (Kap. 2, S. 17).
– Vgl. die Trippelli-Episode (vgl. Kap. 10, 11): Wer als Bürgerliche
Standesgrenzen überschreitet (wie die Trippelli als Freundin eines
russischen Fürsten), ist zwar interessant, aber auch ein Enfant terrible für die gute Gesellschaft. Bezeichnenderweise ist eine solche
Beziehung nur in den ohnehin anrüchigen Künstlerkreisen möglich. Über den russischen Fürsten bemerkt Innstetten spitz: denn
die russischen Fürsten sind sehr aufgeklärt, über kleine Standesvorurteile weg (Kap. 10, S. 95), und warnt Effi, als sie sich von diesem »Aparten« begeistert zeigt, dass man dafür mit seinem Glück
bezahle (S.96). Da die Trippelli recht glücklich zu sein scheint,
kann er nur die fehlende Anerkennung in der Gesellschaft gemeint haben, die natürlich für ihn bestimmend ist.
2. Effis und Innstettens Heiratsmotive
2.1 Effis ständisches Denken
– Vgl. Effis Aussage gegenüber ihrer wohl anders denkenden
bürgerlichen Freundin: Das verstehst du nicht, Hertha. Jeder ist
der Richtige. Natürlich muss er von Adel sein und eine Stellung
haben und gut aussehen (Kap. 3, S.20).
– Vgl. Effis Begründung, warum sie nicht Vetter Dagobert heiratet: Er ist ja noch ein halber Junge. Geert ist ein Mann, ein
54
65321_001_064_d.qxd
14.06.2006
8:33 Uhr
Seite 55
Aufgaben mit Lösungstipps
schöner Mann, ein Mann, mit dem ich Staat machen kann und
aus dem was wird in der Welt (Kap. 4, S. 36). Sie wiederholt die
Geschichte ihrer Mutter!
2.2 Innstettens Motive: nicht Liebe, sondern ständisches Denken
und Suche nach Ersatz für Beziehung mit Luise
– Vgl. gezielte Brautwerbungsfahrt: Innstetten sah Effi vor dem
Verlobungsantrag nur einmal kurz in einem Nachbargut (Kap. 1,
S. 8). Ob Mutter Briest von Anfang an Innstettens Absicht
ahnte, erfährt man nicht.
– Vgl. Verhalten nach Verlobung: kein Bemühen Effi näher kennen zu lernen, vielmehr sofortige Abreise nach Kessin; Vertraulichkeit besteht nur darin, dass sie sich duzen (Kap.3, S.18);
sonst lediglich Briefkontakt mit Effi; Art der Briefe laut Effi: [...]
das meiste könnt’ ich auf dem Schulzenamt anschlagen lassen, da, wo
immer die landrätlichen Verordnungen stehen (Kap.4, S.34).
– Vgl. lapidare Feststellung des Erzählers: ernstere Dinge verhandelte Frau von Briest mit ihrem Schwiegersohne: Festsetzungen wegen der Hochzeit, Ausstattungs- und Wirtschafts-Einrichtungsfragen (Kap. 3, S. 22).
– Nahe liegender Verdacht: Beziehung für Innstetten und Luise
Ersatz für die selbst einst nicht geschlossene Ehe; vgl. Beschreibung von Luises Gedanken (Kap. 3, S. 18) und bissige Worte
der Frau des Pastors Niemeyer (S. 19).
Klischeevorstellungen aus Mädchenromanen einfließen; Hintergrund: Effis Jugend und Unerfahrenheit
– Vgl. Effi auf Herthas Frage, ob sie glücklich sei: Wenn man
zwei Stunden verlobt ist, ist man immer ganz glücklich. Wenigstens denk ich es mir so (Kap. 3, S.20).
– Vgl. ihr Verhalten bei der Einkaufstour durch Berlin: möchte
v. a. beim Festdiner im Nobelhotel Eindruck machen (S. 22);
55
Interpretation
3. Effis Ehevorstellungen und Charakter
3.1 Effis kindliche Prinzessinnenträume: Ehe als Puppenspiel, in das
65321_001_064_d.qxd
14.06.2006
8:33 Uhr
Seite 56
Aufgaben mit Lösungstipps
will nur das Eleganteste und was ganz Apartes (S. 24), kümmert
sich aber nicht um Preise (S. 23).
– Vgl. Effis Liebesvorstellungen: Sie kennt nur Liebe zu Freundinnen oder Eltern – Ich liebe alle, die’s gut mit mir meinen und
gütig gegen mich sind und mich verwöhnen (Kap. 4, S. 35f.).
– Vgl. Mutter Briests Sorgen wegen Effis Prinzessinnenträumen
(Kap. 4, S. 31) und ihre Frage am Romanende (zugleich Luises
letzte Aussage), ob Effi nicht doch vielleicht zu jung gewesen
sei (Kap. 36, S. 333).
Interpretation
3.2 Effis Charakterstruktur: unvereinbare Spannung zwischen stän-
dischen Ehevorstellungen, Abenteuerbedürfnis eines höheren
Töchterchens, Liebe und Zärtlichkeit sowie Gleichberechtigung;
zugleich narzisstische Persönlichkeit
– Backfischträume hätte Effi überwinden können; eigentliche
Belastung der Ehe ist Effis Charakterstruktur; Kernstelle: Kap. 4,
S. 33, Z. 17–S. 34, Z.2.
– Vorstellungen in sich unvereinbar; zu Zerrissenheit und Unreife kommt Narzissmus hinzu: Effi als Mensch, der aus tiefer
innerer Selbstunsicherheit heraus gierig danach strebt von
außen Bestätigung zu bekommen, und von daher will, dass
sich alles um ihn dreht; vgl. Innstettens treffende Beschreibung: Es gebe nichts Schöneres für sie, als immer freundliche
Worte zu hören und die Versicherung, wie liebenswürdig sie sei
(Kap. 24, S. 243).
– Hintergrund: elfenbeinturmartiges Leben in Hohen-Cremmen;
Unmöglichkeit als Frau des 19. Jahrhunderts zu sich zu finden
(s. oben S. 41f.).
4. Innstetten: 20 Jahre älter, ehrgeiziger Karrierebeamter, langweilig
und ein Mann von Prinzipien
– Vgl. Effis Äußerungen (Kap. 2, S. 15; Kap. 4, S. 33–37) und
Ausführungen der Eltern (Kap. 5, S. 39f., S. 41f.).
56
65321_001_064_d.qxd
14.06.2006
8:33 Uhr
Seite 57
Aufgaben mit Lösungstipps
5. Unvereinbarkeit der Charaktere von Innstetten und Effi
– Ehe scheitert, weil Effis Konglomerat von Vorstellungen unter
den gegebenen historischen Bedingungen und mit einem
Mann, der so ganz in der Konvention lebt, nicht zu verwirklichen ist; Effi ahnt das schon am Anfang. Ihrer Mutter gegenüber betont sie, dass sie keine Musterehe führen möchte (Kap. 4,
S. 33), sie erkennt ihre und Innstettens gegensätzliche Glücksvorstellungen (S. 35ff.) und meint schließlich: . . . ich fürchte
mich vor ihm (S. 37).
– Auch Eltern bemerken Unvereinbarkeit der Charaktere früh
(vgl. Kap. 5, S. 38–43) und sehen Gefahren voraus (S. 42f.),
lassen den Dingen jedoch ihren Lauf.
?
Aufgabe 4
Effis Schritt vom Wege: Ursachen, Anlässe, Verlauf und Auswirkungen (Textbasis: Kap. 6–25)
!
Lösungstipp
Gliederung und komplette Ausarbeitung
A. Einleitung: Entsagung ohne Liebe
B. Hauptteil: Ursachen, Anlässe, Verlauf und unmittelbare Auswir-
Interpretation
kungen von Effis Ehebruch
I. Der graue Ehealltag als Voraussetzung für Effis Ehebruch
1. Effis Leiden unter der Langeweile in Kessin
2. Hintergründe von Innstettens Verhalten
3. Effis Ehe typisch in ihrer Zeit
II. Der Ehebruch als Ausbruch
III. Effis Unglücklichsein während der Affäre
IV. Unmittelbare Auswirkungen der Affäre auf Effis Ehe
C. Schluss: Enttäuschung einer Hoffnung
57