Kostenvergleich verschiedener Pflege
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Kostenvergleich verschiedener Pflege
Kostenvergleich verschiedener Pflege- und Betreuungsformen im Alter Erhöhung der Kostentransparenz durch eine systematische Gegenüberstellung der Alten- und Pflegeheime, des betreubaren Wohnens und betreuten Wohnens in Oberösterreich Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Business FH Oberösterreich Studiengang: Services of General Interest, Linz Verfasserin: Klara Derntl, BA Erstgutachter: FH-Prof. Dr. Anton Konrad Riedl Zweitgutachter: FH-Prof. Mag. Dr. Thomas Prinz Linz, 24.07.2015 Eidesstattliche Erklärung Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre eidesstattlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den benutzten Quellen entnommenen Stellen als solche gekennzeichnet habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt. Ort, Datum Klara Derntl Klara Derntl, BA i Kurzfassung Kurzfassung Die Veränderungen der sozioökonomischen und soziodemografischen Rahmenbedingungen wie z.B. Verschiebungen der Altersstruktur, modernisierte Familien-, Geschlechter- und Wohnstrukturen sowie ein geändertes ökonomisches Umfeld bringen auf langfristige Sicht Herausforderungen bei der Bereitstellung und Finanzierung von Pflege- und Betreuungsleistungen mit sich. Die Konsequenzen daraus resultieren in einen zunehmenden Kostendruck im Pflegesystem, von dem neben den Pflegebedürftigen selbst, sowohl die Einrichtungsträger, als auch die öffentliche Hand betroffen sind. Ausgehend von diesen drei Perspektiven wurde die Thematik „Pflege im Alter“ in der vorliegenden Masterarbeit beleuchtet. Der Fokus lag dabei auf einem Kostenvergleich der Alten- und Pflegeheime, der betreuten sowie betreubaren Wohnungen in Oberösterreich. Ziel war eine systematische Gegenüberstellung der einzelnen Kostenpositionen, die mit Hilfe einer Excel-Berechnung erstellt wurde. In diese Aufstellung flossen die Ergebnisse der Interviews und Auskünfte bei unterschiedlichen Organisationen ein. Die Sichtweise der regionalen Träger sozialer Hilfe wurde anhand des Beispiels „Sozialhilfeverband Schärding“ aufgezeigt. Der Berechnung liegen verschiedene finanzielle Ausgangslagen älterer Menschen zugrunde. Basierend auf diesen individuellen Leistungskomponenten Situationen (Unterkunft, sind anschließend Verpflegung, Pflege die Kosten und der Betreuung) einzelnen der drei Versorgungsformen auf einem Blick ersichtlich. Aus der Gegenüberstellung ist abzulesen, wie hoch die privaten Aufwendungen, die Kosten für den Sozialhilfeverband Schärding und die Unterstützungen der öffentlichen Hand bei den ausgewählten Diensten und Einrichtungen der Altenpflege sind. Diese Kostentransparenz soll älteren Menschen mit differenzierten Ansprüchen und Bedürfnissen sowie deren Angehörigen die Entscheidung für eine bestimmte Pflege- und Betreuungsform im Alter erleichtern. Darüberhinaus trägt die Transparenz der einzelnen Kostenstrukturen dazu bei, dass die Sozialplanungsinstanzen ausgehend von verschiedenen Rahmenbedingungen Empfehlungen abgeben können, welche Organisationsform in den einzelnen Fällen die günstigere Alternative darstellt. Klara Derntl ii Abstract Abstract An adequate supply and the financing of the care system are challenged by changes, which include socio-economic and socio-demographic conditions such as shifts in the age structure, modernized family-, gender- and residential-structures, as well as changes in the economic environment. As a consequence, the increasing cost pressure on the care system will affect those who are in need of care themselves as well as care providers and public authorities. Based on these three perspectives, the topic “Housing and Care for the Elderly” is examined. The focus is on a cost comparison of homes for the elderly and two different forms of assisted living (betreutes und betreubares Wohnen) each with a different extend of care in Upper Austria. The objective is to develop a systematic comparison of costs, created by using an Excel calculation. This line-up was established with the results of the interviews and the necessary information requested from different institutions. The vision of regional providers of social assistance is demonstrated using the example of "Sozialhilfeverband Schärding". Furthermore, the Excel calculation is based on individual initial situations of elderly people. Accordingly, the performance components (housing, food, care and support) of the three different forms of care are collocated. While the "housing component" is given in all three forms of care, the other aspects, e.g., support and care, are not provided to the same extent. Therefore, mobile services are also analyzed in terms of their costs to make a comparison possible. The contrasting juxtaposition of the selected services and organisations for the elderly highlights the amount of private expenses, the costs of the “Sozialhilfeverband Schärding” and financial support of the public sector. This generated cost transparency makes it possible for elderly people and their relatives to decide on specific care and support services. In addition, the findings contribute to social planning authorities in order to elicit and make recommendations in individual cases for the cheaper alternative. Klara Derntl iii Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 2 3 4 Einleitung ....................................................................................................................... 1 1.1 Ausgangssituation ................................................................................................... 1 1.2 Zielsetzung und Forschungsfragen ......................................................................... 2 1.3 Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit ...................................................... 3 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich ................................................... 5 2.1 Das österreichische Pflegesystem........................................................................... 6 2.2 Pflegebedürftigkeit in Österreich ............................................................................. 8 2.3 Dienste und Einrichtungen der Altenpflege und –betreuung ...................................11 2.3.1 Stationäre Pflegeleistungen.............................................................................12 2.3.2 Teilstationäre Pflegedienste ............................................................................14 2.3.3 Kurzzeitpflege .................................................................................................15 2.3.4 Alternative Wohnformen ..................................................................................16 2.3.5 Ambulante Betreuung......................................................................................17 2.3.6 24-Stunden-Betreuung zu Hause ....................................................................18 2.3.7 Informelle häusliche Pflege .............................................................................20 2.3.8 Zwischenresümee ...........................................................................................20 Ausgewählte Versorgungsformen im Alter ....................................................................23 3.1 Alten- und Pflegeheime ..........................................................................................24 3.2 Betreubares Wohnen und Betreutes Wohnen ........................................................27 3.3 Mobile soziale Dienste ...........................................................................................30 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter ............................................32 4.1 Altersvorsorge in Österreich ...................................................................................34 4.1.1 Gesetzliche Pensionsvorsorge ........................................................................34 4.1.2 Betriebliche Altersvorsorge .............................................................................36 4.1.3 Private Pflegeversicherung .............................................................................37 4.2 Finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten................................................................38 4.2.1 Klara Derntl Pflegegeld .......................................................................................................39 iv Inhaltsverzeichnis 4.2.2 Sozialhilfe........................................................................................................41 4.2.3 Förderungen und Hilfestellungen ....................................................................42 4.3 5 Zwischenresümee ..................................................................................................43 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich .................................................................44 5.1 Individuelle Ausgangssituationen ...........................................................................45 5.2 Alten- und Pflegeheime in Oberösterreich ..............................................................53 5.2.1 Voraussetzungen für die Aufnahme ................................................................54 5.2.2 Leistungsspektrum der Versorgungsform ........................................................55 5.2.3 Kosten aus der Kundenperspektive .................................................................57 5.2.4 Kosten aus der Trägerperspektive...................................................................64 5.3 Betreutes Wohnen in Oberösterreich .....................................................................68 5.3.1 Voraussetzungen für die Aufnahme ................................................................68 5.3.2 Leistungsspektrum und Besonderheiten der Versorgungsform .......................70 5.3.3 Kosten aus der Kundenperspektive .................................................................74 5.3.4 Kosten aus der Trägerperspektive...................................................................81 5.4 Betreubares Wohnen in Oberösterreich .................................................................84 5.4.1 Voraussetzungen für die Aufnahme ................................................................85 5.4.2 Leistungsspektrum der Versorgungsform ........................................................85 5.4.3 Kosten aus der Kundenperspektive .................................................................87 5.4.4 Kosten aus der Trägerperspektive...................................................................90 5.5 Zwischenresümee ..................................................................................................93 6 Gegenüberstellung der Ergebnisse mit konkreten Beispielen .......................................95 7 Fazit und Ausblick ......................................................................................................100 Literaturverzeichnis ............................................................................................................106 Anhang ...............................................................................................................................121 Im Sinne der einfacheren Lesbarkeit wird durchgehend auf eine geschlechterspezifische Formulierung der Sprache verzichtet. Es sei folglich an dieser Stelle angemerkt, dass Frauen und Männer gleichermaßen angesprochen sind, sofern nicht im Einzelnen genauer erwähnt. Klara Derntl v Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung in Österreich (Stand: 01.01.2014) ............................ 8 Abbildung 2: Anteil der 65- und Mehrjährigen an der Bevölkerung (Stand: 01.01.2014) ........ 9 Abbildung 3: Anzahl der betreuten Personen in Oö. (2013) ..................................................21 Abbildung 4: Organisationsform der Pflegevorsorge in Oö. ..................................................24 Abbildung 5: Finanzierungsströme im Pflegebereich ............................................................33 Abbildung 6: Pensionsantritte in Österreich ..........................................................................35 Abbildung 7: Finanzieller Hintergrund und Unterstützungsmöglichkeiten ..............................44 Abbildung 8: Zusammensetzung der Heimkosten.................................................................57 Abbildung 9: Aufschlüsselung der Heimtarife in Oö. .............................................................58 Abbildung 10: Durchschnittswerte der Tagsätze in Oö. (Stand 2015) ...................................60 Abbildung 11: Geldflüsse der einzelnen Akteure bei einer Heimunterbringung .....................63 Abbildung 12: Finanzierung der Errichtungskosten...............................................................64 Abbildung 13: Finanzielle Tragbarkeit der Wohnformen .......................................................97 Abbildung 14: Prozentuelle Kostenverteilung je Komponente ...............................................98 Klara Derntl vi Tabellenverzeichnis Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Gegenüberstellung betreute Personen und Bruttoausgaben ................................22 Tabelle 2: Kriterien und Höhe des Pflegegeldes ...................................................................40 Tabelle 3: Durchschnittspensionen nach Pensionsversicherungsträger (Österreich 12/14) ..46 Tabelle 4: Durchschnittswerte Pensionen .............................................................................46 Tabelle 5: Durchschnittspensionen nach Pensionsversicherungsträger (Oö. 12/14) .............47 Tabelle 6: Durchschnittliche Ruhebezüge 2013 (Oö.) ...........................................................48 Tabelle 7: Eckdaten zur versicherten Person .......................................................................51 Tabelle 8: Kostenvergleich I .................................................................................................52 Tabelle 9: Kostenvergleich II ................................................................................................62 Tabelle 10: Kostenvergleich III .............................................................................................67 Tabelle 11: Voraussetzungen für den Einzug in eine betreute Wohnform .............................69 Tabelle 12: Leistungen der betreuten Wohnformen ..............................................................73 Tabelle 13: Monatskosten für eine betreute Wohnung (Stand 2015) ....................................75 Tabelle 14: Bemessungsgrundlage mobile Dienste ..............................................................76 Tabelle 15: Kostenvergleich IV .............................................................................................80 Tabelle 16: Personalausstattung in den betreuten Wohnformen...........................................82 Tabelle 17: Kostenvergleich V ..............................................................................................83 Tabelle 18: Ausstattung und Leistungen der betreubaren Wohnungen.................................86 Tabelle 19: Kosten für betreubare Wohnungen ....................................................................88 Tabelle 20: Kostenvergleich VI .............................................................................................90 Tabelle 21: Kostenvergleich VII ............................................................................................92 Tabelle 22: Gegenüberstellung der Versorgungsleistungen .................................................94 Tabelle 23: Gegenüberstellung Kostenvergleich...................................................................96 Klara Derntl vii Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis AfA Absetzung für Abnutzung AP Alterspension APG Allgemeines Pensionsgesetz APH Alten- und Pflegeheim ASVG Allgemeines Sozialversicherungsgesetz BAG Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt BAPH Bezirksalten- und Pflegeheim BEP Bedarfs- und Entwicklungsplan BGBl Bundesgesetzblatt BK Betriebskosten BMASK Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz BPG Betriebspensionsgesetz BPGG Bundespflegegeldgesetz BU-Pension Berufsunfähigkeitspension BVA Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter B-VG Bundesverfassungsgesetz BZ Bedarfszuweisung FSBA Fach-Sozialbetreuung mit Ausbildungsschwerpunkt Altenarbeit GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GSBG Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz HBeG Hausbetreuungsgesetz HH Heimhilfe HKP Hauskrankenpflege HVerG Heimvertragsgesetz ISG Innviertler Gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft IV-Pension Invaliditätspension KV Krankenversicherung LAWOG Gemeinnützige Landeswohnungsgenossenschaft für Oberösterreich LSt Lohnsteuer Mio. Millionen Mrd. Milliarden MwSt. Mehrwertsteuer NVG Notarversicherungsgesetz Oö. Oberösterreich Klara Derntl viii Abkürzungsverzeichnis Oö. APH-VO Oö. Alten- und Pflegeheimverordnung Oö. ChG Oö. Chancengleichheitsgesetz Oö. BMSV Oö. Mindestsicherungsverordnung Oö. SHG 1998 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 Oö. WFG 1993 Oö. Wohnbauförderungsgesetz 1993 PFG Pflegefondsgesetz PVA Pensionsversicherungsanstalt RTSH regionale Träger sozialer Hilfe SHV Sozialhilfeverband SO Abteilung Soziales USt Umsatzsteuer UStG 1994 Umsatzsteuergesetz 1994 ViWo Vitales Wohnen WAG Wohnungsanlagen GesmbH WBF-Darlehen Wohnbauförderungsdarlehen WGG Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz WIFO Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung WiG Wohnen in der Gemeinschaft Klara Derntl ix Einleitung 1 Einleitung „Wie lange kommen sie im vertrauten Zuhause alleine zurecht – und was, wenn es schließlich nicht mehr geht?“, das ist die Frage aller Fragen, wenn Menschen älter werden.1 Das Thema Pflege im Alter kann früher oder später so gut wie jede Person berühren, sei es als Betroffener selbst oder als deren Angehöriger. In vielen Fällen muss plötzlich und unerwartet entschieden werden, welche der unterschiedlichen Versorgungsformen für die immer verwirrter werdende Mutter, die oftmals vergisst die Herdplatte nach dem Kochen abzudrehen, am besten geeignet ist. Oder für den pflegebedürftigen Großvater, der sich nach einem Sturz das Hüftgelenk verletzt hat und deswegen Unterstützung bei den Tätigkeiten des täglichen Lebens wie beispielsweise dem Waschen oder Anziehen benötigt, muss ein optimales Betreuungs- und Pflegeangebot gefunden werden. 2 Je nachdem wie groß die Hilfsbedürftigkeit ist, reicht das Angebotsspektrum von Alten- und Pflegeheimen (APH) über alternative Wohnformen bis hin zur ambulanten Betreuung. Während die pflegebedürftigen Menschen nun vor der Wahlmöglichkeit, der vielfältigen Angebotspalette stehen, müssen die Sozialplanungsinstanzen ebenfalls Entscheidungen treffen, um die Landschaft der Versorgungsformen den Herausforderungen der Zukunft anzupassen. 1.1 Ausgangssituation Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung nimmt die Zahl der älteren Mitmenschen ständig und rasch zu. Diese Gegebenheit wird zukünftig einige Herausforderungen in der Versorgungsbereitstellung von Pflege- und Betreuungsleistungen mit sich bringen. 3 Die Notwendigkeit ausreichend leistbare sowie langfristig finanzierbare Versorgungs- und seniorengerechte Wohnformen anzubieten, zeigt sich einerseits durch die bereits zunehmende Alterung der Bevölkerung und die damit wachsende Belastung der öffentlichen Haushalte, andererseits durch die steigende Nachfrage von außerfamiliären Pflegeleistungen infolge der zunehmenden Erwerbsbeteiligung der Frauen.4 Konsequenzen aus diesen Veränderungen sind insbesondere für das Angebot und die Finanzierung von Pflegeleistungen spürbar. Demzufolge macht sich in vielen Staaten nach und nach eine Brüchigkeit bisher praktizierter Konzepte bemerkbar.5 Auch im politischen Diskurs gewinnt die Finanzierung der Pflegeleistungen für die ältere Bevölkerung zunehmend an Bedeutung. 1 Westhoff/Westhoff (2013), 9. Vgl. Kistner u.a. (2014), 20. 3 Vgl. Land Oberösterreich (o.J.a). 4 Vgl. Mühlberger u.a. (2008a), 11. 5 Vgl. Vgl. Müller/Theurl (2014), 122f. 2 Klara Derntl 1 Einleitung Mit einem Blick auf die Daten kann verdeutlicht werden, dass die Finanzierung der Pflegevorsorge in Österreich sowie eine effiziente Gestaltung der Pflege- und 6 Betreuungsleistungen ein zentrales sozialpolitisches Thema sind. Im Jahr 1993 wurde in Österreich ein Pflegegeld für hilfsbedürftige Menschen eingeführt. Die Ausgaben für die 454.350 Pflegegeldbezieher im Jahr 2014 beliefen sich auf € 2.524.627.813,-. Zusätzlich werden von den Bundesländern und Gemeinden Sachleistungen (z.B. Alten- und Pflegeheime, mobile Dienste) für den Pflegebedarf bereit gestellt. Je nach Prognosevariante werden bis zum Jahr 2030 Kostensteigerungen im Bereich der Pflegevorsorge bis zu 207 % erwartet.7 Um die Pflege in Österreich langfristig sicherzustellen, ist es daher notwendig, die bisherige Arbeitsteilung und Finanzierungsströme zwischen Familie, Nonprofit- Organisationen, kommerziellen Anbietern und der öffentlichen Hand zu hinterfragen. Aufgrund der fehlenden Daten im Bezug auf die Finanzierungshöhe dieser einzelnen Posten ist eine strategische Weiterentwicklung der Betreuungsformen schwierig. Vergleiche, bei welchen Betreuungsformen im Alter die öffentliche Hand bzw. die Privatperson mehr beisteuern muss, sind aufgrund der aktuellen Datenlage nicht möglich. Zurzeit sind Preisangaben zu einzelnen Leistungen abrufbar. Ein Vergleich verschiedener Betreuungsund Pflegeformen hinsichtlich der anfallenden Kosten erweist sich jedoch als schwierig, da in den Versorgungsformen unterschiedliche Grund- und Wahlleistungen angeboten werden. Mit dem nachfolgenden Beitrag soll diese Informationslücke verkleinert werden, wobei der Schwerpunkt auf das Pflegeangebot in Oberösterreich (Oö.) und den damit verbundenen Kostenpunkten gesetzt wird. 1.2 Zielsetzung und Forschungsfragen Zielsetzung dieser Arbeit ist, einen Kostenvergleich der Alten- und Pflegeheime, des betreubaren und des betreuten Wohnens in Oberösterreich zu erstellen. Dafür bedarf es zuerst einer klaren Abgrenzung der betreubaren und betreuten Wohnform. Daraufhin werden die Kosten der einzelnen Leistungskomponenten (Unterkunft, Verpflegung, Pflege und Betreuung) dieser drei Versorgungsformen ermittelt. Die "Wohnkomponente" wird in allen drei Versorgungsstrukturen angeboten, um jedoch auch die weiteren Aspekte der Verpflegung sowie der Betreuungs- und Pflegeleistungen vergleichen zu können, werden ebenfalls die mobilen Dienste und Mahlzeitendienste hinsichtlich ihrer Kosten analysiert. Neben der systematischen Gegenüberstellung dieser Kostenpositionen wird der Blick auch auf die finanzielle Situation der alten und/oder pflegebedürftigen Menschen sowie die 6 7 Vgl. Mühlberger u.a. (2008b), 10. Vgl. Mühlberger u.a. (2008b), 1; Statistik Austria (2015a). Klara Derntl 2 Einleitung möglichen Unterstützungsleistungen geworfen. Infolgedessen soll aufgezeigt werden, wie hoch die privaten Aufwendungen und die Unterstützungen der öffentlichen Hand für die einzelnen Versorgungsformen sind. Somit kann für die Betroffenen ein Mehrwert erreicht werden, da durch die Kostentransparenz die Entscheidung für eine bestimmte Pflege- und Betreuungsform im Alter erleichtert wird. Außerdem soll die Transparenz der einzelnen Kostenstrukturen dazu beitragen, dass die Sozialplanungsinstanzen klar aufzeigen und Empfehlungen abgeben können, welche Organisationsform die günstigere Alternative darstellt. Diese Arbeit konzentriert sich auf Dienste und Einrichtungen der Altenpflege in Oberösterreich. Folgende zentrale Fragestellung wird mit Hilfe einer theoretischen und empirischen Betrachtung des Forschungsfeldes geklärt. Wie können die wesentlichen Leistungskomponenten des betreubaren Wohnens, des betreuten Wohnens sowie der Alten- und Pflegeheime systematisiert werden, um einen Kostenvergleich dieser Versorgungsformen in Oberösterreich zu ermöglichen? Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage wurden nachstehende Unterpunkte abgeleitet. Welche Grundleistungen werden in diesen Einrichtungen der Altenpflege angeboten? Wie können die beiden Versorgungsformen des betreubaren und betreuten Wohnens klar abgegrenzt werden? 1.3 Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit Damit diese soeben definierte und angestrebte Zielsetzung erreicht werden kann, wird die Thematik im ersten Abschnitt der Arbeit theoretisch aufbereitet. Mit Hilfe einer systematischen Literaturrecherche werden neben der einschlägigen Literatur auch Untersuchungen zu verwandten Themenfeldern berücksichtigt. Der Schwerpunkt wird auf die Pflege- und Betreuungsformen in Oberösterreich gelegt, es wird allerdings auch die Versorgungssituation in ganz Österreich betrachtet und speziell für Begriffsklärungen und Abgrenzungen über die österreichischen Grenzen geblickt. Um insbesondere für den praktischen Teil der vorliegenden Arbeit breitgefächerte Erkenntnisse zu gewinnen wurden zwei betreute Wohnformen besucht. Im Rahmen dieser teilnehmenden Feldbeobachtung konnten die Bewohner und ihre Handlungen in den gewöhnlichen Alltagssituationen wahrgenommen und ein guter Einblick erworben werden. Klara Derntl 3 Einleitung Diese Beobachtungsform zählt zur qualitativen Forschung und ermöglicht, nicht nur als außenstehende Person, sondern in direkter persönlicher Beziehung viele Eindrücke zu sammeln. 8 Neben dem Vitalen Wohnen (ViWo) in Schärding wurde die Wohnoase Perg am Tag der offenen Tür besichtigt. Überdies war vor dem Interview mit der Hausleitung Zeit, mit den Bewohnern während des gemeinsamen Kuchenbackens ins Gespräch zu kommen. Darüberhinaus konnten bei der Veranstaltung „OÖVP-Servicetour“ viele Informationen zum Thema Pflege und den Angeboten am oberösterreichischen Sozialmarkt erworben werden. Schließlich wurde zur Analyse der Kostenstrukturen eine Kombination von sowohl qualitativen, als auch quantitativen Methoden eingesetzt, damit ein möglichst großer Erkenntnisgewinn erzielt werden konnte. Die angewandte quantitative Erhebungsmethode wurde angepasst, um mittels Vollerhebung die Heimentgelte aller Alten- und Pflegeheime in Oö. zu eruieren. Alle Anbieter, die keine entsprechenden Unterlagen online zur Verfügung stellen, wurden zur Tarifermittlung telefonisch kontaktiert. Die durch diese Kostenanalyse sowie die Befragung erhobenen Daten wurden herangezogen, um mit aktuellen Durchschnittswerten Vergleiche zwischen den Trägerstrukturen ziehen zu können. Abgesehen von der Datenerhebung wurden zum Erhalt vertiefender und einschlägiger Informationen bzgl. unterschiedlicher Kostenstrukturen zusätzlich Experteninterviews organisiert. Unter Verwendung zweier verschiedener, jeweils an die Institution angepasste Leitfäden wurden teilstrukturierte Interviews mit theoretisch ausgewählten, typischen Fällen durchgeführt. Die Interviewpartner wurden zum Teil so ausgesucht, dass Auskünfte über verschiedene Pflege- und Betreuungsformen im Alter eingeholt werden konnten. Mit den Fragestellungen wurden jedoch bei allen Versorgungsformen dieselben Themen in den Mittelpunkt gerückt, sodass eine Gegenüberstellung der ausgewerteten Ergebnisse in Form einer Matrix erarbeitet werden konnte. Vorteil dieser teilstrukturierten Interviews ist, dass neben einer Fokussierung auch ein subjektbezogenes Agieren und Eingehen auf die jeweiligen Einrichtungen und Organisationen möglich ist.9 Zur Auswertung der qualitativen Interviews wurde bei der wörtlichen Transkription die Technik der Übertragung in das normale Schriftdeutsch gewählt. Somit werden die Texte einfacher und verständlicher, da der Dialekt bereinigt wird.10 Zwei der sieben Befragungen wurden unter Berücksichtigung der Wünsche der Interviewpartner nicht aufgezeichnet und daher mittels zusammenfassender Protokolltechnik festgehalten. Auch die Informationen der Veranstaltung „Pflegetour“ wurden zusammengefasst.11 Die Auswertung der qualitativen Interviewdaten gliederte sich nach der Transkription in eine Einzel- und eine generalisierende Analyse. Somit konnten sowohl 8 Vgl. Hug/Poscheschnik (2010), 108. Vgl. Hug/Poscheschnik (2010), 100. 10 Vgl. Mayring (2002), 91. 11 Vgl. Mayring (2002), 94. 9 Klara Derntl 4 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich wichtige Aspekte der einzelnen Interviews, als auch allgemeine Erkenntnisse identifiziert werden. Die gewonnenen Informationen wurden mit einer Themenmatrix vergleichbar gemacht.12 In einem weiteren Schritt wurden Gesetzesbestimmungen, die beispielsweise für den Erhalt von Förderungen oder die Sicherstellung von Betreuungs- und Pflegeleistungen in den Versorgungsformen z.B. die Rechtsvorschrift Oö. Alten- und Pflegeheimverordnung (Oö. APH-VO) relevant sind, durchleuchtet. Als Basis für die „Trägerseite“ konnte die Sichtweise eines regionalen Trägers sozialer Hilfe (RTSH) eingebaut werden, da Daten vom Sozialhilfeverband (SHV) Schärding zur Verfügung gestellt wurden. Für alle weiteren konkreten Beispiele mit aktuellem Zahlenmaterial wurden verschiedene Organisationen (Pensionsversicherungsträger, Pflegeversicherung, etc.) kontaktiert. Die Daten und Ergebnisse der Erhebungen flossen in den praktischen Teil der Arbeit, der sich zuerst mit der finanziellen Situation älterer und/oder pflegebedürftiger Menschen beschäftigt, ein. Anschließend wurde eine Kostengegenüberstellung der drei ausgewählten Versorgungsformen sowohl aus Kunden-, als auch aus der Trägerperspektive vorgenommen. Anzumerken ist, dass alle Tabellen in diesem Abschnitt mit der Beschriftung „Kostenvergleich“ dem erstellten Excel-Sheet entstammen. Diese Kennzeichnung soll darauf hinweisen, dass weitere konkrete Berechnungsgrundlagen in der Excel-Aufstellung nachzulesen sind. Im letztem Teil der Arbeit werden durch eine kritische Gegenüberstellung der Kosten die gewonnenen Erkenntnisse sowohl für die Kunden, als auch die Sozialplanungsinstanzen zusammengefasst. 2 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich Dieses Kapitel bietet im ersten Teil einen Überblick über die Entwicklungen und vor allem Verbesserungen der Pflegevorsorge in Österreich. Als einer dieser wichtigen Schritte kann die Einführung des Pflegegeldes, mit dem die freie Wahl der einzelnen Versorgungsformen ermöglicht wurde, genannt werden. Neben den Geldleistungen ist auch die Erbringung von Sachleistungen ein bedeutungsvoller Punkt im österreichischen Pflegesystem. Um die Notwendigkeit von langfristig finanzierbaren Versorgungsformen im Bereich der Altenpflege sowie den Bedarf an seniorengerechten Wohnformen besser hervorzuheben, wird im zweiten Teil dieses Abschnitts die demografische Entwicklung in den Mittelpunkt gerückt. Dabei wird vor allem der damit verbundene Zuwachs der älteren Generation, die früher oder später Unterstützung benötigen wird, näher betrachtet. Einzelne Prognosen zur Altersstruktur unterstreichen die Wichtigkeit eines langfristig angelegten Systems der 12 Vgl. Lamnek (2005), 402ff. Klara Derntl 5 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich Altenpflege und -betreuung in Österreich. Am Ende des Kapitels wird das aktuelle Angebot an verschiedenen Diensten und Einrichtungen der Altenpflege und -betreuung vorgestellt. 2.1 Das österreichische Pflegesystem Die Pflegepolitik der öffentlichen Hand (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherung) bietet Unterstützung für pflegebedürftige Menschen in Österreich. 13 Ein dazu wichtiger Meilenstein wurde im Jahr 1993 mit einer großen Pflegevorsorgereform gelegt. Einerseits wurde durch das in Kraft treten des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG) und den neun analogen Landespflegegeldgesetzen eine pauschalierte Geldleistung in sieben Stufen, die dem individuellen Betreuungsbedarf entspricht, eingeführt.14 Auf der anderen Seite wurde im gleichen Jahr eine Vereinbarung im Art 15a Bundesverfassungsgesetz (B-VG) zwischen Bund und Ländern über die gemeinsamen Maßnahmen für pflegebedürftige Menschen getroffen und gesetzlich verankert. Die Länder verpflichten sich darin zur Erbringung von Sachleistungen wie z.B. den mobilen Diensten, die stationäre Langzeitpflege oder zur Beratung und Unterstützung für pflegende Angehörige. Die Rahmenbedingungen – ein flächendeckender und dezentraler Auf- und Ausbau der mobilen, ambulanten, teilstationären und stationären Pflege- und Betreuungsleistungen – sind somit vom Gesetzgeber bundesweit vorgegeben. 15 Die einzelnen Angebote sowie die Kosten der Sozialdienste variieren jedoch nach Bundesland und ergeben überdies für die Klienten je nach Träger der Einrichtung weitere Preisunterschiede. 16 Während in der Regel auf Sachleistungen im ambulanten Pflegebereich kein Rechtsanspruch besteht, haben pflegebedürftige Menschen den Anspruch Pflegegeld zu verlangen. Die Bezieher dieser Geldleistungen, welche unabhängig von Alter, Einkommen und den Ursachen ausbezahlt werden, können selbst entscheiden in welcher Weise sie diese einsetzen.17 Die gesetzliche Grundlage ermöglicht es, die durch das Pflegegeld gebotene Wahlfreiheit der Betreuungsform auch in die Praxis umzusetzen. Mit der Pflegevorsorgereform wurde des Weiteren das Ziel verfolgt, die ambulante Betreuung mit einer bevorzugten Stellung vor der stationären Pflege zu positionieren. Daneben sollten die betreuenden Angehörigen, die für das Funktionieren des Pflegesystems damals wie heute unabdingbar waren bzw. sind, durch 13 Vgl. Nowak u.a. (2011), 4. Vgl. Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz (2008), 7. 15 Vgl. Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz (2008), 13; Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (2008), 10. 16 Vgl. Kraus (2008), 6. 17 Vgl. Schneider u.a. (2006), 4. 14 Klara Derntl 6 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich ein Angebot professioneller, mobiler Dienstleistungen unterstützt werden. 18 Weitere Begleitmaßnahmen und Weiterentwicklungen der Pflegevorsorge wie z.B. die Einrichtung eines Pflegetelefons, die Einführung der Familienhospizkarenz, Unterstützungen für pflegende Angehörige zur Finanzierung einer Ersatzpflege, das in Kraft treten des Heimvertragsgesetzes (HVerG) zur Erhöhung der Transparenz der Rechtsverhältnisse oder auch die Legalisierung sowie das Fördermodell der 24-Stunden-Betreuung sollen dazu beitragen, die Lebenssituation betreuungsbedürftiger Mitmenschen und deren pflegenden Angehörigen laufend zu verbessern.19 Ein weiterer bedeutungsvoller Schritt der Pflegevorsorge ist das im Jahr 2011 beschlossene Pflegefondsgesetz (PFG), BGBl I 57/2011. Mit dem Pflegefonds wurde festgelegt, dass der Bund die Länder und Gemeinden bis 2014 mit Zweckzuschüssen zur Sicherung und zum bedarfsgerechten Aus- und Aufbau des Betreuungs- und Pflegedienstleistungsangebotes in der Langzeitpflege unterstützt.20 Mit der Novelle zum PFG (BGBl I 1732013) wurden weitere Zweckzuschüsse für die Jahre 2015 und 2016 sichergestellt. 21 Des Weiteren wurde vorgesehen, die Finanzierung verstärkt für qualitätssichernde Maßnahmen und für innovative Projekte einzusetzen, um den Erfordernissen der Zukunft sowie neuen Anforderungen gerecht werden zu können. 22 Im Jahr 2012 wurde mit einer umfassenden Reform (Pflegegeldreformgesetz 2012, BGBl I 58/2011) im Pflegegeldbereich die zersplitterte Struktur der österreichischen Entscheidungsträger im Pflegevorsorge Pflegegeldbereich hinsichtlich vereinheitlicht. Rechtsgrundlage Die Gesetzgebungs- sowie und Vollziehungskompetenz wurde von den Ländern auf den Bund übertragen, um mit dieser Konzentration des Pflegegeldes beim Bund die Verfahren zu beschleunigen.23 Zentrale Zielgruppe dieser Leistungen des österreichischen Pflegesystems sind neben behinderten Menschen und pflegebedürftigen Kindern insbesondere ältere, hochbetagte Personen. 24 Diese ältere Bevölkerungsgruppe wird im folgenden Abschnitt genauer betrachtet, um den Anteil der pflege- und betreuungsbedürftigen Personen an der österreichischen Gesamtbevölkerung aufzuzeigen. 18 Vgl. Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz (2008), 13. Vgl. Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz (2008), 8f. 20 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013a), 15. 21 Vgl. § 2 Abs 2 PFG. 22 Vgl. § 3 Abs 2 PFG. 23 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013a), 8. 24 Vgl. Nowak u.a. (2011), 4. 19 Klara Derntl 7 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich 2.2 Pflegebedürftigkeit in Österreich Vor allem in langlebigen Gesellschaften ist es wichtig ein System aufzubauen, welches den pflegebedürftigen Menschen ein abgesichertes und würdevolles Leben mit der nötigen Pflege und Betreuung ermöglicht. 25 Die bestmögliche Form der Betreuung kann den Betroffenen nur geboten werden, wenn langfristige Trends ernst genommen werden und auch eine Reaktion darauf erfolgt. So wie in allen westeuropäischen Ländern steht das Pflegesystem in Österreich vor neuen Herausforderungen, da sich die Altersstruktur der Einwohner beachtlich ändert. In Folge dieser demographischen Entwicklung wird sich in den nächsten Jahrzehnten nicht nur die Gesamtzahl der Bevölkerung erhöhen, sondern es wird auch mit einer starken Zunahme der älteren Jahrgänge zu rechnen sein, während parallel dazu die jüngere Altersgruppe abnimmt.26 Dieses Bild der demografischen Alterung wird in der folgenden Grafik nochmals verdeutlicht. Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung in Österreich (Stand: 01.01.2014)27 Wie bereits erwähnt, visualisiert Abbildung 1 die österreichische Bevölkerungsstruktur nach Alter und Geschlecht. Diese Bevölkerungspyramide gibt ebenso Auskunft über die Staatszugehörigkeit, indem Nicht-Österreicher dunkelrot dargestellt werden. Eine weitere 25 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013b), 53. Vgl. Appelt/Reiterer (2010), 129. 27 Abb. entnommen aus: Statistik Austria (2014a). 26 Klara Derntl 8 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich Auffälligkeit ist, dass die Altersstruktur von verschiedenen Ereignissen wie z.B. dem BabyBoom der 1960er Jahre (siehe d) oder auch dem starken Rückgang der Geburtenzahlen ab den 1970er Jahren (siehe e) gestaltet wird. Diese Faktoren sind ausschlaggebend dafür, dass sich das Gewicht der Jahrgänge im letzten halben Jahrhundert deutlich nach oben verschoben hat. Auch die Zuwanderung mit den stärksten Zuwächsen im erwerbsfähigen Alter (zwischen 15 und 64 Jahren), kann die Alterung der Bevölkerung nur geringfügig ausgleichen. Während die Anzahl der Kinder und Jugendlichen zurückgeht (im Vergleich zum Jahr 2013 sank die Zahl der unter 20-Jährigen im Jahr 2014 um 10.970), gewinnen die über 65-Jährigen zahlen- sowie anteilsmäßig an Gewicht.28 In der nachstehenden Grafik wird der Anteil der 65- und Mehrjährigen nach politischen Bezirken an der österreichischen Bevölkerung dargestellt. Abbildung 2: Anteil der 65- und Mehrjährigen an der Bevölkerung (Stand: 01.01.2014)29 Von den 8,5 Millionen (Mio.) Einwohnern Anfang 2014 waren 18,3 % 65 Jahre oder älter, dieser Anteil wird für 2030 mit 24 % vorausgesagt, wobei die Einwohnerzahl mit 9 Mio. prognostiziert wird.30 Im Bezirk Linz Stadt beträgt der Anteil der Altersgruppe 65+ 19,3 % (37.486 Personen). Die höchste Quote der Gruppe 65+ lebt im Bezirk Leoben und liegt mit 25 % (15.428 Personen) derzeit schon über dem für 2030 angekündigen Österreichschnitt. Neben den oberösterreichischen Bezirken Perg und Freistadt mit jeweils 15,9 % weist auch Linz-Land mit 16,8 % (23.738 Personen) einen eher niedrigen Anteil an 65- und Mehrjährigen im Österreichvergleich auf. Die Zahl dieser nicht-mehr-erwerbsfähigen (65 28 Vgl. Statistik Austria (2014a). Abb. entnommen aus: Statistik Austria (2014a). 30 Vgl. Statistik Austria (2014b); AK Wien (2014), 11. 29 Klara Derntl 9 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich Jahre und älter) stieg in der ganzen Nation um 29.401 Personen gegenüber dem Vorjahr (2013) an. Somit lässt sich bereits erahnen, dass ebenfalls das Durchschnittsalter der Bevölkerung ansteigen wird. Dieses liegt mit Anfang 2014 bereits um gut zwei Jahre über dem Wert vor zehn Jahren.31 Auch die Lebenserwartung, speziell im höheren Alter, wird von einer enormen Steigerung geprägt und trägt somit zur großen Zahl der Betagten in Österreich bei.32 Diese Altersgruppe der betagten und hochbetagten (80+) wird auf langfristige Sicht die höchsten Zuwächse aufweisen. Im Jahr 2020 werden in der österreichischen Bevölkerung mit 486.000 um 20 % mehr über 80-Jährige leben als 2010 (405.000). Bis 2030 soll diese Zahl bereits auf 635.000 (+57 %) Personen steigen.33 Der Anteil der pflege- und betreuungsbedürftigen Personen der österreichischen Gesamtbevölkerung wird sich alleine aus diesem Grund erhöhen. Zusätzlich zu den Entwicklungen der Altersstruktur wird das Pflegesystem angesichts der Änderungen in den Familienstrukturen vor neue Herausforderungen gestellt. Die familiäre Pflege zu Hause wird infolge einzelner Faktoren wie z.B. dem Anstieg der Singlehaushalte, die Entfernung der Wohnorte der Familienmitglieder, die steigende Erwerbsquote der Frauen sowie deren späterer Pensionsantritt in den Hintergrund gerückt. Diese Umstände werden die Nachfrage nach professionellen Angeboten im Bereich der Altenpflege und -betreuung stark ansteigen lassen. 34 Als pflegebedürftig gilt in Österreich, wer einen ständigen Pflegebedarf wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung bzw. Sinnesbehinderung von mehr als 65 Stunden im Monat benötigt (nähere Informationen in Abschnitt 4.2.1). 35 Im Jahr 2013 lag der Jahresdurchschnitt der Pflegegeldbezieher bei 447.347 Personen. 36 Im selben Jahr werden in Oberösterreich mit Hilfe der erstellten Bedarfs- und Entwicklungspläne (regelmäßige Berichterstattung und Evaluierung) 80.207 pflege- und betreuungsbedürftige Menschen gezählt.37 Um diesen komplexen Herausforderungen gerecht zu werden, braucht es sowohl für den Staat als auch für die einzelnen Betroffenen nachhaltig leitstbare Wohn- und Betreuungsformen. Dieses Angebot an Versorgungsformen wird im folgenden Kapitel mit Fokus auf die Dienste und Einrichtungen der Altenpflege in Oberösterreich genauer betrachtet. Wichtig ist dabei, dass Alter nicht immer mit Pflegebedürftigkeit und Gebrechlichkeit einhergeht. Die ältere Generation ist nich zwangsläufig defizitorientiert zu 31 Vgl. Statistik Austria (2014a). Vgl. Appelt/Reiterer (2010), 313. 33 Vgl. Statistik Austria (2011). 34 Vgl. AK Wien (2014), 11; Kurzbauer (2011), 36. 35 Vgl. Bundeskanzleramt Österreich (2015b). 36 Vgl. Statistik Austria (2014c). 37 Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (2014), 2. 32 Klara Derntl 10 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich sehen, sondern mit differenzierten Wohnsituationen kann auch bis ins hohe Alter ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben geführt werden. Die hohe Lebenserwartung bringt jedoch nicht nur neue Möglichkeiten mit sich, sondern – den Daten von Statistik Austria zufolge – auch eine Viehlzahl an betagten und hochbetagten Personen. 2.3 Dienste und Einrichtungen der Altenpflege und –betreuung In Österreich wird die institutionelle Struktur der Pflegeversorgung von zwei traditionellen Säulen gebildet. Dazu zählt neben der stationären oder intramuralen Versorgung (Heime) auch der mobile oder extramurale Bereich. Daneben gibt es überdies eine Reihe verschiedenster Mischformen wie z.B. die Kurzzeitpflege oder Tagesbetreuung, die als teilstationär oder intermediär bezeichnet werden.38 Eine neue Sozialleistung wurde mit der Förderung nach § 21b Bundespflegegeldgesetz geschaffen. Für dieses neue Modell der 24Stunden-Betreuung wurde im Jahr 2007 der arbeits- und gewerberechtliche Rahmen zur Legalisierung geschaffen. 39 Neben diesen wohlfahrtsstaatlichen Angeboten der formellen, öffentlichen und bezahlten Pflege- und Betreuungsarbeit nimmt die informelle Pflege einen wichtigen Stellenwert ein.40 Mit diesem informellen Bereich wurde ursprünglich vor allem die private, familiäre, zwischenmenschliche und unentgeltliche Pflege und Betreuung zusammengefasst. 41 Durch die Einführung des bedarfsorientierten Pflegegelds und der gesetzlichen Grundlage zur Wahlfreiheit der Betreuungsform 1993 wurde unter anderem das Ziel verfolgt, die pflegenden Angehörigen zu unterstützen. Informell betreuende Personen, die damals wie heute einen Großteil der Pflegeleistungen erbrachten bzw. erbringen, sollten durch das Angebot professioneller, mobiler Dienste Entlastung sowie eine Stütze erhalten. Eine weitere Bestrebung war, der ambulanten Betreuung die Vormachtstellung gegenüber der stationären Pflege einzuräumen.42 Von Seiten der Kosten ist dieser Schritt zu begrüßen. Eine österreichweite Expertenbefragung durch das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) untermauert die Tatsache, dass mobile und stationäre Pflege nur sehr eingeschränkt als Substitute betrachtet werden können. Oftmals lässt sich eine chronologisch, komplementäre Beziehung der Dienste erkennen, denn Menschen, die das Angebot der mobilen Dienste nutzen, weisen eine signifikante Wahrscheinlichkeit für eine spätere Aufnahme in ein Pflegeheim auf. Aus diesem Grund ist ein merklicher Ausbau der stationären Pflegedienste wichtig, kann aber dem der mobilen Dienste zeitlich nachgelagert 38 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013b), 29f. Vgl. Prochazkova/Rupp/Schmid (2008), 25; Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2012), 131. 40 Vgl. Österle/Friedl/Leitner (2010), 69. 41 Vgl. Ungerson (1995), o.S. zit. nach: Österle/Friedl/Leitner (2010), 69. 42 Vgl. Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz (2008), 13. 39 Klara Derntl 11 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich sein. In der Presseinformation des WIFO wurde außerdem empfohlen, gleichzeitig den Ausbau der stationären Kurzzeitpflege, teilstationären Dienste, alternativer Wohnformen (z.B. betreubares Wohnen, Senioren-Wohngemeinschaften) sowie der 24-Stunden-Pflege zu Hause (bei entsprechender Qualitätssicherung) in einem Ausmaß zu intensivieren, sodass der bevorstehende Anstieg der stationären Pflegeplätze reduziert bzw. verzögert wird.43 Mit diesem Auf- und Ausbau der verschiedenen Betreuungsformen wurden die einzelnen Bundesländer beauftragt. 44 Die rechtlichen Rahmenbedingungen dazu finden sich in der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG. In diesem Übereinkommen sind die Maßnahmen für Pflegebedürftige zwischen dem Bund und den Ländern geregelt. Angeboten werden die sozialen Dienste jedoch von freien Wohlfahrtsverbänden, Ländern und Gemeinden. Für die Durchführung der Pflege- und Betreuungsleistungen sind die Fachkräfte der Gesundheitsund Krankenpflegeberufe sowie der Sozialbetreuungsberufe verantwortlich.45 Welches Angebot an sozialen Diensten bzw. welche Betreuungsvarianten alten und/oder pflegebedürftigen Menschen in Österreich zur Verfügung stehen, wird im folgenden Abschnitt kurz erläutert. Fest steht, dass die sozialen Dienste mit der Unterstützung pflegender Angehöriger insbesondere für die Pflege daheim einen unverzichtbaren Beitrag leisten.46 2.3.1 Stationäre Pflegeleistungen Im Bundesgesetz werden die stationären Betreuungs- und Pflegedienste gemäß § 3 Abs 5 PFG folgendermaßen definiert. Der stationäre Bereich umfasst die Erbringung von Hotel(Wohnung und Verpflegung) sowie Pflege- und Betreuungsleistungen (einschließlich tagesstrukturierende Leistungen) für betreuungs- bzw. pflegebedürftige Menschen in eigens dafür geschaffenen Einrichtungen (einschließlich Hausgemeinschaften). Des Weiteren ist die durchgehende Präsenz von Betreuungs- und Pflegepersonal eine Voraussetzung.47 Die stationären Pflegekapazitäten (Zahl der Heimplätze) in Österreich wurden im Zeitraum 1983-2010 um ca. 54 % aufgestockt. In absoluten Zahlen entspricht dies einem Zuwachs von 48.800 auf 75.000 Heimplätzen. Die Bevölkerungsgruppe der über 74-Jährigen stieg im Vergleich dazu um ca. 30 % an.48 43 Vgl. Firgo/Famira-Mühlberger (2014), 1. Vgl. Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz (2008), 13. 45 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (o.J.a). 46 Vgl. Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz (2008), 13. 47 Vgl. § 3 Abs 5 PFG. 48 Vgl. Müller/Theurl (2014), 132. 44 Klara Derntl 12 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich Im Jahr 2013 wurden in Österreich insgesamt 72.721 Personen mit finanzieller Unterstützung der Sozialhilfe bzw. der Mindestsicherung der Länder und Gemeinden stationär betreut. 13.090 Menschen wurden davon in Oberösterreich stationär gepflegt. Das entspricht dem drittgrößten Anteil nach Wien (13.430) und der Steiermark (13.273). Wobei anzumerken ist, dass die Daten der Steiermark unvollständig sowie die Angaben inkl. Kurzzeitpflege sind. Das Schlusslicht mit der geringsten Pflege- und Betreuungsquote im stationären Bereich bildet das Burgenland mit 2.065 betreuten Personen, die eine monetäre Unterstützung erhielten. Die Bruttoausgaben für dasselbe Jahr (2013) betrugen für alle Pflege- und Betreuungsformen rund € 3,2 Milliarden (Mrd.), das entspricht einem Plus von 4,6 % gegenüber dem Vorjahr. Drei Viertel (€ 2,4 Mrd.) dieser Aufwendungen entfielen auf die stationären Dienste. Die Nettoausgaben (Bruttoausgaben abzüglich Beiträge/Ersätze von betreuten Personen, Angehörigen, Drittverpflichteten sowie sonstige Einnahmen z.B. aus Mitteln des Landesgesundheitsfonds) lagen 2013 bei € 1,7 Mrd. Für den stationären Bereich wurde wiederum der größte Teil mit € 1,2 Mrd. aufgewendet. Diesem Bereich lässt sich auch der Großteil der Eigenbeiträge (€1,2 Mrd.) zuordnen. In stationären Diensten wurden 52 % der Ausgaben aus Sozialhilfe- bzw. Mindestsicherungsmitteln getragen.49 Die öffentliche Angebotsstruktur an stationären Pflegediensten in Österreich ist als regionales Monopol einzustufen. Dabei kann außer Acht gelassen werden wer im Einzelfall der Träger ist. Wahlmöglichkeiten der stationären Leistungen innerhalb der öffentlichen Anbieter bestehen nur für bestimmte Ausprägungen wie z.B. den Standort oder Zusatzleistungen. Im gesamten Land ist die Landschaft der öffentlichen Träger sehr verschieden ausgestaltet. Während in Oberösterreich die Sozialhilfeverbände auf Bezirksebene eine bedeutende Rolle spielen, stehen in Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten und der Steiermark Gemeinden bzw. Gemeindeverbände als Anbieter im Vordergrund. Wieder anders ist es in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland, da das jeweilige Bundesland bzw. ausgegliederte Institutionen die Angebotspalette dominieren.50 Eine eher unbedeutende Marktposition weisen die privat gemeinnützigen Pflegeleistungen im stationären Bereich auf. Als überregionale Anbieter mit größerer Bedeutung lassen sich die kirchlichen Träger Caritas und Diakonie sowie der weltliche Anbieter SeneCura identifizieren. Die Volkshilfe, als weiterer Anbieter, hat vor allem in der Steiermark einen großen Marktanteil (1/3 des privaten gemeinnützigen Angebots). 49 50 Vgl. Statistik Austria (2014d). Vgl. Müller/Theurl (2014), 143. Klara Derntl 13 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich Der Sektor der privaten, auf Gewinn ausgerichteten Anbieter, weist in Österreich eine sehr heterogene Größenstruktur (von „Pflege am Bauernhof“ bis hin zu Unternehmen mit über 200 Pflegeplätzen) auf. Von diesen verschiedenartigen Anbietern lassen sich sieben private gewinnorientierte Unternehmensketten herauskristallisieren. Diese betreiben meist drei oder auch eine größere Zahl an Einrichtungen und konzentrieren sich speziell auf die Bundesländer Steiermark und Niederösterreich. 51 In den Ländern Tirol, Salzburg und Oberösterreich ist das nicht gewinnorientierte Angebot durch öffentliche Träger (rund 80 %) überwiegend. Im Gegensatz dazu erreicht das private gemeinnützige Angebot vor allem in Vorarlberg (49 %), Wien (31 %) und dem Burgenland (69 %) ein bedeutendes Ausmaß. Ein größerer Anteil des privaten gewinnorientierten stationären Pflegebereichs ist in erster Linie in der Steiermark (36 %), in Kärnten (22 %) und auch in Niederösterreich (22 %) auffallend. 52 Eine Mischung der stationären Pflege im Heim und der ambulanten Betreuung zu Hause ist die teilstationäre Pflege. Dieses „Zwischenglied“ bietet eine gute Entlastungsmöglichkeit, wenn die häusliche Pflege nicht in einem ausreichenden Umfang oder mit den nötigen Fachkenntnissen möglich ist. Nachfolgend werden die teilstationären Pflegedienste erläutert. 2.3.2 Teilstationäre Pflegedienste Gemäß Pflegefondsgesetz werden im Rahmen der teilstationären Pflegedienste soziale Betreuung, Pflege durch professionelle Pflegekräfte (z.B. Körperhygiene, Blutdruckkontrolle), Verpflegung (z.B. Frühstück, Mittagessen, Nachmittagskaffee), Aktivierungsangebote und zumindest ein Therapieangebot (z.B. Ergo- oder Physiotherapie) bereit gestellt. Zusätzlich fällt auch der notwendige Fahrtendienst vom Wohnsitz zur Betreuungseinrichtung in den teilstationären Bereich. 53 Im PFG wird die Definition folgendermaßen erweitert: „Unter teilstationärer Betreuung im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Angebote einer ganz oder zumindest halbtägigen betreuten Tagesstruktur für betreuungs- bzw. pflegebedürftige Menschen, die nicht in stationären Einrichtungen leben, zu verstehen. Sie wird in eigens dafür errichteten Einrichtungen oder Senioreneinrichtungen jedenfalls tagsüber erbracht.“54 Zu diesen speziellen Einrichtungen zählen unter anderem Alten-, Wohn- und Pflegeheime sowie Tageszentren.55 51 Vgl. Müller/Theurl (2014), 143f. Vgl. Müller/Theurl (2014), 135f. 53 Vgl. § 3 Abs 7 PFG; Danneberg u.a. (2013), 70. 54 § 3 Abs 6 PFG. 55 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013a), 96. 52 Klara Derntl 14 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich Die Tagesbetreuung wird als teil- oder halbstationärer Dienst in allen österreichischen Bundesländern angeboten. Die Sozialhilfeträger (Länder, Gemeinden, Sozialhilfeverbände, Gemeindeverbände, Statutarstädte, Fonds Soziales Wien) sind laut Sozialhilfegesetz dazu verpflichtet die teilstationären Dienstleistungen zu erbringen. Wird ein solcher Dienst in Anspruch genommen, ist pro Besuchstag bzw. –halbtag ein Entgelt zu bezahlen, wobei der Transport und die Verpflegung meistens zusätzliche Kosten aufwerfen. 56 Im Jahr 2013 wurden in Österreich 6.669 Personen mit finanzieller Unterstützung im Rahmen der teilstationären Dienste betreut. Hier liegt Oberösterreich (1.010) mit der Anzahl der betreuten Personen nach dem Bundesland Wien an zweiter Stelle (2.130). Bemerkenswert ist, dass jedoch die Steiermark (ca. € 3,5 Mio.) mit den Bruttoausgaben den zweiten Platz einnimmt und Oberösterreich (ca. € 1,9 Mio.) verdrängt. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Bereich der Nettoausgaben, wo ebenfalls die Steiermark einen höheren Anteil als Oberösterreich ausweist. In Oberösterreich wurden im gleichen Jahr um 176 Personen mehr (jedoch mit einem geringeren Ausgabenanteil), als in der Steiermark betreut. Für die rund 6.500 Personen, die im Jahr 2013 teilstationäre Dienste in Anspruch genommen haben, wurden in der gesamten Republik € 20,3 Mio. Nettoausgaben aufgewandt.57 Eine weitere Versorgungsform, die zur Unterstützung der pflegenden Angehörigen eingeführt wurde und das Ziel verfolgt die häusliche Betreuung und Pflege längerfristig zu sichern, ist die Kurzzeitpflege.58 2.3.3 Kurzzeitpflege Um von Kurzzeitpflege in stationären Einrichtungen gemäß § 3 Abs. 8 PFG sprechen zu können, müssen bei den Angeboten drei Voraussetzungen vorliegen. Erstens wird darunter der vorübergehende, zeitlich bis zu drei Monaten befristete Aufenthalt verstanden. Eine weitere Bedingung ist ein vorhandenes Verpflegungsangebot und die dritte gesetzlich definierte Voraussetzung ist eine Betreuung und Pflege, die ebenfalls den (re)aktivierenden Teil miteinschließt.59 Eine solche vorrübergehende Aufnahme in ein Alten- und Pflegeheim kann beispielsweise als „Auszeit“ für die pflegenden Angehörigen (z.B. Urlaubsreisen) oder auch als Überbrückung zwischen einem Krankenhausaufenthalt und der Rückkehr in den eigenen Haushalt notwendig werden. In Oberösterreich gibt es in den Heimen – abhängig von der 56 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 71. Vgl. Statistik Austria (2014d). 58 Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (o.J.a). 59 Vgl. § 3 Abs 8 PFG. 57 Klara Derntl 15 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich Größe – oftmals bis zu zehn Kurzzeitpflegeplätze. Beispiele mit einer hohen Kapazität an Kurzzeitpflegeplätzen sind das Seniorenzentrum Spallerhof in Linz (16) sowie das Seniorenheim Schloss Hall in Bad Hall (22).60 Die aus Mitteln der Sozialhilfe bzw. der Mindestsicherung (mit-)finanzierten Kurzzeitpflegeplätze wurden im Jahr 2013 von 6.345 Personen in Anspruch genommen (in dieser Angabe fehlen die Werte aus der Steiermark). Oberösterreich liegt in diesem Versorgungsbereich mit 356 betreuten Personen eher abgeschlagen hinter dem Bundesland Niederösterreich (3.660). Tirol (319), Vorarlberg (483), Salzburg (428) und Kärnten (293) pendeln sich hingegen in dem Bereich um Oberösterreich ein. Die Bruttoausgaben entsprechen in Oberösterreich den Nettoausgaben (€ 114.075,-), was darauf hinweist, dass keine Beiträge von den Betreuten, deren Angehörigen sowie Drittverpflichteten oder sonstigen Mitteln ausgewiesen wurden. Für die Steiermark liegen im Bereich der Kurzzeitpflege keine Werte vor, somit ist keine genaue Angabe zu den Gesamtausgaben in Österreich zu machen.61 2.3.4 Alternative Wohnformen In den vergangenen Jahren hat sich die Versorgungslandschaft erheblich verändert. Bei der Vielzahl der neuen, alternativen Wohnangebote am Markt steht oftmals das gemeinschaftliche Zusammenleben im Mittelpunkt. Beispiele für diese Wohnformen im Alter sind das Mehrgenerationenwohnen sowie Wohn- und Hausgemeinschaften.62 Ein weiteres Exempel sind die niederschwelligen Wohnformen, bei denen keine durchgängige Präsenz von Betreuungs- und Pflegepersonal erforderlich ist. 63 Solche gemeinschaftliche Wohnalternativen etablieren sich vor allem aufgrund ihrer Vorteile. Sie ermöglichen z.B. gegenseitige Unterstützung, soziale Kontakte, aber auch Kosteneinsparungen durch das gemeinschaftliche Haushalten. Diese Wohnform stellt jedoch auch hohe Ansprüche an die Bewohner und eignet sich daher im Besonderen für Menschen mit ausgeprägten sozialen Kompetenzen und einer gemeinschaftlichen Haltung.64 Alternative Wohnformen werden im Bundesgesetz als Einrichtungen für betreuungs- bzw. pflegebedürftige Personen, die aus bestimmten sozialen, psychischen oder physischen Gründen nicht mehr alleine leben können/wollen definiert. Diese Menschen sind in einer 60 Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (o.J.a). Vgl. Statistik Austria (2014d). 62 Vgl. Wolf-Ostermann (2014), 31.e1. 63 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013a), 97. 64 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013b), 27. 61 Klara Derntl 16 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich Verfassung, in der sie noch nicht auf einen ständigen stationären Pflegebedarf angewiesen sind.65 Bei den alternativen Wohnformen in Österreich lagen im Jahr 2013 nicht zu allen Bundesländern Daten vor. Laut Statistik Austria gibt es jedoch Informationen, dass in Oberösterreich 43 Personen mit Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung dieses Angebot annahmen, in Wien hingegen 10.010. Auch die Nettoausgaben liegen dementsprechend auseinander (Oö.: € 196.991,-; Wien: € 57,3 Mio.)66 2.3.5 Ambulante Betreuung Als Alternative zum Umzug in ein Pflegeheim oder eine andere altersgerechte Wohnform braucht es oft professionelle Hilfe, damit die ambulante Pflege in den eigenen vier Wänden ermöglicht werden kann.67 Zur ambulanten formellen Pflegeversorgung zählen die mobilen Dienste, mit deren Hilfe – wie die Bezeichnung bereits verrät – verschiedene Dienstleistungen von „mobilen“ Betreuern im Eigenheim der Betroffenen angeboten werden.68 Abgestimmt auf den individuellen Bedarf können Helfer, deren Professionen von der Heimhilfe (HH) bis zur Diplomkrankenpflege reichen, stundenweise bis rund um die Uhr bestellt werden.69 Zu den mobilen Diensten zählen gemäß § 3 Abs 4 PFG Angebote der sozialen Betreuung, der Pflege sowie der Unterstützung bei der Haushaltsführung von betreuungs- bzw. pflegebedürftigen Menschen zu Hause. Ebenso zählt die Hospiz- und Palliativbetreuung im Eigenheim der Betroffenen dazu.70 Beispiele solcher Dienstleistungen sind unter anderem die Hauskrankenpflege (HKP), die Heimhilfe, der Besuchsdienst, der Mahlzeitendienst (Essen auf Rädern) oder das Notruftelefon. In Österreich haben sich insbesondere folgende fünf überregional agierende Trägerorganisationen mit den jeweiligen Landesverbänden auf die Erbringung mobiler Dienste spezialisiert:71 Caritas Österreich Diakonie Österreich Österreichisches Hilfswerk Österreichisches Rotes Kreuz Volkshilfe Österreich 65 Vgl. § 3 Abs 10 PFG. Vgl. Statistik Austria (2014d). 67 Vgl. Kistner u.a. (2014), 22. 68 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 73. 69 Vgl. Kistner u.a. (2014), 22. 70 Vgl. § 3 Abs 4 PFG. 71 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 73. 66 Klara Derntl 17 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich Diese großen Organisationen schlossen sich 1995 zur Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) mit dem Ziel zusammen, gemeinsame sozialpolitische Anliegen besser vertreten zu können.72 In den Bundesländern Kärnten, Niederösterreich, der Steiermark, Tirol und Vorarlberg kann bei den (integrierten) Sozial- und Gesundheitssprengeln um Hilfestellung zur Inanspruchnahme der mobilen Dienste angesucht werden. Zum Teil werden die Betreuungsleistungen auch von diesen Sprengeln selbst angeboten. 73 In Oberösterreich fallen die mobilen Dienste nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 (Oö. SHG 1998) in das Aufgabengebiet der regionalen Träger sozialer Hilfe (Sozialhilfeverbände und Städte mit eigenem Statut). 74 In allen Bundesländern besteht jedoch die Möglichkeit, bei den anbietenden Organisationen direkt anzufragen.75 Im Jahr 2013 wurden in Oberösterreich 19.866 Personen mit finanzieller Unterstützung der Sozialhilfe durch diese flächendeckend ausgebaute Versorgungsform betreut. Die Bruttoausgaben beliefen sich im gleichen Jahr auf € 68,1 Mio., während für ganz Österreich ein Betrag von € 538,3 Mio. anfiel.76 Eine weitere Möglichkeit, einem Umzug zu entgehen und stattdessen in der gewohnten Umgebung betreut und gepflegt zu werden, ist die 24-Stunden-Betreuung. 2.3.6 24-Stunden-Betreuung zu Hause Neben dem Aufenthalt in einem Pflegeheim steht die 24-Stunden-Betreuung als zweite Form der Rund-um-die-Uhr-Betreuung zur Auswahl. Diese Versorgungsform so wie die mobilen Dienstleistungen ermöglichen den Betroffenen das Leben im Privathaushalt weiterzuführen. Da Angehörige oftmals nicht in der Lage sind, sich ständig um die pflegebedürftigen Verwandten zu kümmern, wurden in den letzten Jahren häufig leistbare Altenpfleger vor allem aus Osteuropa engagiert. Dies führte oftmals zu zahlreichen Verletzungen der Rechtsvorschriften, daher wurden im Jahr 2007 die wesentlichen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für diese Form der Pflege vom Gesetzgeber abgesteckt. 77 Diese erforderlichen Bestimmungen über die Betreuung von Personen in privaten Haushalten sind 72 Vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) (o.J.). Vgl. Danneberg u.a. (2013), 73. 74 Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (2006), 1. 75 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 73. 76 Vgl. Statistik Austria (2014d). 77 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 95. 73 Klara Derntl 18 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich im sogenannten Hausbetreuungsgesetz (HBeG) geregelt und ermöglichen die legale Inanspruchnahme einer 24-Stunden-Betreuung.78 Das HBeG erlaubt ausdrücklich, dass die Betreuung von Menschen in deren Privathaushalten entweder im Rahmen einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit erfolgen kann. Aus diesem Grund sind von Gesetzes wegen neben der Vereinbarung eines Werkvertrags auch ein freier Dienstvertrag sowie ein Arbeitsvertrag gestattet. 79 Somit stehen in Österreich drei verschiedene Modelle für diese Form des Arbeitsverhältnisses zur Wahl. Zum einen können die Betroffenen die Betreuungsperson bei sich anstellen (Unselbständigen-Modell), zum anderen kann die Betreuungsperson auch bei einer gemeinnützigen Trägerorganisation wie z.B. Caritas, Diakonie oder Hilfswerk beschäftigt sein (Träger-Modell). Des Weiteren gibt es die Option des Selbstständigen-Modells, bei der die betreuungsbedürftige Person einen Werkvertrag mit der selbstständigen Betreuungskraft abschließt. Bei der Personenbetreuung wird zwischen betreuerischen, pflegerischen und ärztlichen Tätigkeiten unterschieden. Nicht alle diese Tätigkeiten dürfen selbstverständlich erbracht werden. Die pflegerischen sowie ärztlichen Tätigkeiten dürfen nur von Fachkräften sowie im Einzelfall nach der ausdrücklichen Ermächtigung von dazu ausgebildetem Pflegepersonal oder Ärzten durchgeführt werden.80 Während in Oberösterreich im Bereich der Altenpflege und -betreuung die meisten Kunden das Angebot der mobilen Dienste in Anspruch nehmen, liegt die noch in Ausbau befindliche 24-Stunden-Betreuung im Jahr 2013 an dritter Stelle (3.274 Pflegebedürftige).81 Auch wenn die Pflege in den eigenen vier Wänden stattfindet, sollten alle möglichen Kostenbelastungen beachtet werden. Im Testmagazin „Konsument“ wurde im Jahr 2012 ein Vergleich der Angebote und Kosten 45 verschiedener Vermittlungsagenturen durchgeführt. Das Tageshonorar für eine 24-Stunden-Betreuung lag demnach zwischen € 40,- und € 115,pro Tag, abhängig vom Pflegeaufwand, den Qualifikationen sowie den Sprachkenntnissen.82 Diese intensivste Form der Betreuungsarbeit in privaten Haushalten entwickelt sich in Oberösterreich sehr dynamisch. Hinweise auf die tatsächliche Anzahl der Betroffenen liefern die Förderfälle der 24-Stunden-Betreuung in Oberösterreich. Während zum Stichtag 31.12. im Jahr 2011 insgesamt 2.496 laufende Fälle gefördert wurden, erhöhte sich diese Zahl im Jahr 2012 auf 2.836 (Anstieg von 13,6 %).83 78 Vgl. §1 Abs 1 HBeG. Vgl. Melzer-Azodanloo (2013), 7; Melzer-Azodanloo (2013), 30. 80 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 96ff. 81 Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (2014), 2f. 82 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 66. 83 Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (2013), 3. 79 Klara Derntl 19 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich 2.3.7 Informelle häusliche Pflege Die österreichische Pflegevorsorge bietet den betroffenen Personen und deren Angehörigen ein vielfältiges Angebot an z.B. stationären Betreuungsvarianten oder alternativen Wohnformen. Trotzdem werden etwa 80 bis 85 % der Pflegebedürftigen in den eigenen vier Wänden betreut. Mobile Dienste können eine große Unterstützung beim Wohnen im Eigenheim bieten. Dennoch ist die Pflege im familiären Umfeld ein nicht zu unterschätzender organisatorischer Aufwand. Selten sind Angehörige auf einen Pflegefall vorbereitet und somit oftmals mit einer neuen Situation konfrontiert. Beispielsweise müssen das Pflegegeld sowie eine Pflegekarenz beantragt werden. In vielen Fällen sind sogar Umbauten für ein barrierefreies Wohnen notwendig. 84 Hinzu kommt die große Last der Betreuungs- und Pflegearbeit mit der die Angehörigen konfrontiert werden. Eine Studie des Österreichischen Bundesinstituts für Gesundheitswesen aus dem Jahr 2005 zeigte auf, dass sich mehr als zwei Drittel der pflegenden Angehörigen mit der Situation überlastet fühlen. Daher ist es wichtig, dass sich die informellen Betreuungspersonen regelmäßig eine Auszeit und Ruhepause gönnen und auf ihre eigene Gesundheit achten. Von Seiten der Bundesländer gibt es verschiedene Fördermodelle zur Unterstützung der pflegenden Angehörigen. Zum Beispiel kann das Angebot der bereits erwähnten Kurzzeitpflege angenommen werden, um den Angehörigen einen „Urlaub“ des Pflegealltags zu ermöglichen.85 Mit Jänner 2014 wurden rechtliche Änderungen vorgenommen, wodurch nun die Möglichkeit einer Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit mit Rechtsanspruch auf ein Pflegekarenzgeld besteht.86 Zur Qualitätssicherung in der häuslichen Pflege werden pflegebedürftige Personen von Fachpersonal zu Hause besucht, um die jeweilige Pflegesituation und -qualität zu evaluieren. Im Rahmen dieser Qualitätssicherungsmaßnahmen wird das Augenmerk besonders auf die Gruppe der pflegenden Angehörigen gelegt, mit dem Ziel diese – wenn notwendig – umfassend zu informieren und zu beraten.87 2.3.8 Zwischenresümee In diesem Kapitel wird abschließend kurz zusammengefasst, inwiefern die Absichten der Pflegepolitik erreicht und welche Formen der Altenpflege von den Betroffenen in Anspruch genommen werden. Wie eingangs erwähnt, sollte mit der Einführung des Pflegefondsgesetzes die Vormachtstelllung der mobilen und alternativen Pflege- und Betreuungsdienste gegenüber der stationären Pflege unterstrichen werden. Mit Blick auf die 84 Vgl. Kistner u.a. (2014), 21. Vgl. Danneberg u.a. (2013), 87f. 86 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013a), 12 87 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013a), 30. 85 Klara Derntl 20 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich in Oberösterreich finanziell unterstützten Personen lässt sich im Bereich der stationären Pflege von den Jahren 2011 (13.189 Personen), 2012 (13.112 Personen) bis 2013 (13.090 Personen) bereits ein leichter Rückgang an betreuten Personen erkennen. Im Gegensatz dazu nimmt die Inanspruchnahme von mobilen Diensten (exkl. Hospiz- und Palliativdienste) in Oberösterreich zu. Die Betreuung und Pflege im Rahmen der mobilen Dienste stieg vom Jahr 2011 mit 19.283 betreuten Personen auf 19.542 und 19.866 in den folgenden beiden Jahren. Auf der Ausgabenseite zeigt sich jedoch nicht so ein eindeutiges Bild. Vom Jahr 2011 bis 2013 stiegen die Nettoausgaben in beiden Versorgungsbereichen an, wobei die höchsten Ausgaben jeweils im Jahr 2012 erreicht wurden.88 Welche der verschiedenen Betreuungs- und Pflegedienste von betroffenen Menschen in Oberösterreich im Jahr 2013 in Anspruch genommen wurden, zeigt folgende Grafik (betreute bzw. gepflegte Personen mit finanzieller Unterstützung der Sozialhilfe/Mindestsicherung der Länder und Gemeinden, exkl. Selbstzahler). n=43.008 Betreute Personen in OÖ (Jahressummen) 25.000 Betreute Personen (Jahressummen) 19.866 20.000 15.000 13.090 8.643 10.000 5.000 1.010 356 43 0 Abbildung 3: Anzahl der betreuten Personen in Oö. (2013)89 In diesem Diagramm wird wiederum deutlich, dass ein Großteil der Pflege- und Betreuungsleistungen von den „mobilen“ Betreuern abgefangen werden. Der zweitgrößte Teil an betreuten Personen entfällt auf den stationären Bereich. Die alternativen Wohnformen weisen hingegen den kleinsten Anteil an betreuten Personen auf. An dritter 88 89 Vgl. Statistik Austria (2014e); Statistik Austria (2015b). Tabelle in Anlehnung an: Statistik Austria (2014d). Klara Derntl 21 Situation der Altenpflege und Betreuung in Österreich Stelle steht in Oberösterreich das Case- und Caremanagement. Darunter wird laut Bundesgesetz die Sozial-, Betreuungs- und Pflegeplanung auf individueller Basis verstanden. Neben der Beratung zählen jedoch auch die Organisation der notwendigen Betreuungs- und Pflegedienste sowie das Nahtstellenmanagement dazu.90 Folgende Tabelle stellt die Anzahl an betreuten Personen, den jeweiligen Bruttoausgaben in Oberösterreich im Jahr 2013 gegenüber. Betreute Personen Bruttoausgaben Bruttoausgaben/ in Oö. in Oö. betreute Person 13.090 359.925.819,00 € 27.496,24 € 1.010 1.944.957,00 € 1.925,70 € 356 114.075,00 € 320,44 € 43 510.475,00 € 11.871,51 € 19.866 68.111.499,00 € 3.428,55 € Stationäre Dienste Teilstationäre Dienste Kurzzeitpflege Alternative Wohnformen Mobile Dienste Case- und 8.643 1.857.040,00 € 214,86 € Caremanagement 91 Tabelle 1: Gegenüberstellung betreute Personen und Bruttoausgaben In der Tabelle sind die in § 3 Abs 1 PFG aufgelisteten sechs Dienstleistungsbereiche der Länder und Gemeinden, soweit sie aus Mitteln der Sozialhilfe bzw. der Mindestsicherung (mit-)finanziert werden ausgewiesen (exkl. Selbstzahler). Leistungen der Behindertenhilfe und der Grundversorgung bleiben unberücksichtigt. In den Bruttoausgaben sind die Einnahmen z.B. durch Beiträge und Ersätze der betreuten Personen und auch deren unterhaltspflichtigen Angehörigen enthalten. Sie umfassen somit auch die Ausgaben der Länder und Gemeinden sowie sonstige Leistungen z.B. Mittel des Landesgesundheitsfonds. Die Bruttoausgaben in Österreich stiegen im Jahr 2013 um 4,6 % gegenüber dem Vorjahr. Bemerkenswert ist, dass drei Viertel dieser Ausgaben (€ 2,4 Mrd.) auf den stationären Bereich entfielen. Insgesamt 53 % der Bruttoausgaben wurden von den Ländern und Gemeinden getragen. Des Weiteren ist anzumerken, dass im Jahr 2013 der Großteil der betreuten bzw. gepflegten Personen Frauen waren (zwei Drittel im Bereich Case- und Caremanagement bis drei Viertel im stationären Bereich). Wird die Altersgruppe der Hochbetagten (85 Jahre oder älter) betrachtet ist auffällig, dass diese Gruppe im stationären Bereich mehr als die Hälfte der Bewohner ausmachte, hingegen im Bereich der mobilen Dienste nur 39 %. Aufgrund der höheren Pflegebedürftigkeit ist es nicht verwunderlich, dass im stationären Bereich höhere Pflegegeldstufen als bei den mobilen Diensten zugeordnet sind.92 90 Vgl. §3 Abs 9 PFG. Tabelle in Anlehnung an: Statistik Austria (2014d). 92 Vgl. Statistik Austria (2014f). 91 Klara Derntl 22 Ausgewählte Versorgungsformen im Alter 3 Ausgewählte Versorgungsformen im Alter Dieses Kapitel legt den Fokus gezielt auf das Land Oberösterreich. Zunächst werden die für den Kostenvergleich relevanten Versorgungsformen definiert und abgegrenzt. Da alle drei Versorgungsformen (Alten- und Pflegeheime, betreubares Wohnen, betreutes Wohnen) die „Wohnkomponente“ umfassen, jedoch die weiteren Aspekte wie z.B. Pflege und Betreuung sehr unterschiedlich ausgestaltet sind, werden ebenfalls die mobilen Dienstleistungen konkretisiert und abgesteckt. Die mobilen Dienste haben vor allem im Bereich der alternativen Wohnformen einen wesentlichen Stellenwert, da sie als Wahlleistung die bei Bedarf notwendigen Pflege- und Betreuungsleistungen abdecken. Für die in einem ausreichenden Maß sowie qualitäts- und bedarfsgerechte Bereitstellung dieser sozialen Dienstleistungen ist das Land Oberösterreich, genauso wie die restlichen acht Länder jeweils für ihr Bundesgebiet, verpflichtet. Das Land kann die Leistungen entweder selber zur Verfügung stellen oder andere Trägerorganisationen mit der Durchführung und Organisation beauftragen. 93 Im Landesgesetz über die Sozialhilfe in Oberösterreich werden die Träger der sozialen Hilfe mit dem Land und den regionalen Trägern, bestehend aus den Sozialhilfeverbänden sowie den Städten mit eigenem Statut, festgelegt. 94 Gemäß den Vorschriften des Oö. SHG 1998 gibt es somit in jedem der 15 oberösterreichischen Bezirke einen Sozialhilfeverband, der jeweils ein Gemeindeverband ist. Die Gremien dieser Sozialhilfeverbände werden von Vertretern der Gemeinden gebildet. Die Geschäftsstellen sind den jeweiligen Bezirkshauptmannschaften zugeordnet. Eigene Regelungen gelten hingegen in den drei Statutarstädten Linz, Wels und Steyr.95 Ein wichtiger Aufgabenbereich dieser regionalen Träger sozialer Hilfe betrifft, soweit nicht vom Land vorzusorgen ist, den Bereich der Sozialen Dienste. Beispielsweise sind sie für die Sicherstellung und Organisation der mobilen Dienste, den Betrieb eigener Alten- und Pflegeheime sowie die Finanzierung und Abwicklung der von der Behörde festgelegten Sozialhilfe verantwortlich.96 Folgende Abbildung fasst die Organisation der Pflegevorsorge in Oberösterreich überblicksmäßig zusammen. Es werden die zuvor beschriebenen Sozialhilfeverbände mit ihrer Umsetzungsebene grafisch dargestellt. 93 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (2015a). Vgl. § 29 Oö. SHG 1998. 95 Vgl. Oberösterreichische Sozialhilfeverbände (o.J.a). 96 Vgl. Oberösterreichische Sozialhilfeverbände (o.J.b). 94 Klara Derntl 23 Ausgewählte Versorgungsformen im Alter Legende: Gem. SHV SBS Mob. D. APH anerk. APH SO ARGE Heiml. LARGE mob. D. Gemeinde Sozialhilfeverband Sozialberatungsstelle Mobiler Dienst Alten- und Pflegeheim anerkanntes APH Sozialabteilung Arbeitsgemeinschaft der Heimleiter Landesarbeitsgemeinschaft der mobilen Dienste Abbildung 4: Organisationsform der Pflegevorsorge in Oö.97 Die ebenfalls in der Abbildung enthaltenen Sozialberatungsstellen sind durch das Oö. SHG geregelt und in jedem Bezirk vertreten. Die Finanzierung erfolgt durch die Abteilung Soziales (SO) des Amtes der Oö. Landesregierung sowie den jeweiligen Sozialhilfeverbänden des Bezirkes bzw. der Statutarstadt. Dieses kostenlose Service bietet den Menschen eine individuelle Beratung z.B. über das umfangreiche Angebot der sozialen Hilfsangebote sowie den Unterstützungsmöglichkeiten bei finanziellen Problemen. Zudem werden Informationen zu den in den folgenden Unterkapiteln beschriebenen Versorgungsformen – Alten- und Pflegeheime, alternative Wohnformen und mobile Dienste – angeboten.98 3.1 Alten- und Pflegeheime Für die „Landschaft“ der Alten- und Pflegeheime sind in Oberösterreich die bereits erwähnten regionalen Sozialhilfeträger zuständig. Sie tragen dafür Sorge, dass für die in ihrem Bereich ansässigen und vorwiegend aufgrund des Alters pflegebedürftigen Personen Alten- und Pflegeheime errichtet und betrieben werden. Großteils sind die RTSH selbst die Rechtsträger der stationären Einrichtungen. Daneben gibt es noch weitere Alten- und Pflegeheime, die von Gemeinden und zumeist kirchlichen Organisationen geführt werden 97 98 Abb. entnommen aus: Oö. LRH (o.J.) zit. nach: Hammer (2011),14. Vgl. Land Oberösterreich (o.J.i). Klara Derntl 24 Ausgewählte Versorgungsformen im Alter und allen Oberösterreichern zur Verfügung stehen. Zusätzlich zu diesen öffentlichen Heimen werden in Oberösterreich auch stationäre Aufenthalte in gewerblichen, privaten Heimen angeboten, die jedoch aufgrund der niedrigen Anzahl an Heimplätzen keine große Bedeutung in der Alten- und Pflegeheimlandschaft haben. 99 Nach Auskunft bei der Abteilung Soziales des Amtes der Oö. Landesregierung gibt es mit Stand 2015 insgesamt 128 Altenund Pflegeheime in Oberösterreich.100 In den meisten Bundesländern existieren eigene Pflege- oder Pflegeheimgesetze. In Oberund Niederösterreich gibt es spezifische Pflegeheimverordnungen, die jedoch nur auf die Heime des Landes bzw. der Träger sozialer Hilfe anwendbar sind.101 Die Bestimmungen der Oö. Alten- und Pflegeheimverordnung gelten neben den in §§ 63 und 64 Oö. SHG 1998 genannten Alten- und Pflegeheimen auch – wenn nicht ausdrücklich anders festgelegt – für in Bau befindliche oder umgewidmete Heime.102 Diese Heimverordnung legt qualitative und quantitative Mindeststandards sowie Regelungen für die Errichtung, den Betrieb und die Aufsicht der Pflegeeinrichtungen fest. Überdies erfolgt die Regulierung der Versorgungsangebote im Pflegesektor nicht umfassend durch den Markt. Teilweise entscheiden und kontrollieren die Bundesländer direkt durch die sogenannte Anerkennung der Einrichtungen. Diesen Entscheidungen werden häufig die jeweils aktuellen Bedarfs- und Entwicklungspläne (BEP) zugrunde gelegt. 103 „Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens werden insbesondere die Übereinstimmung mit den Vorgaben der Oö. Alten- und Pflegeheimverordnung, die Frage des Bedarfs und die Wirtschaftlichkeit des Betriebes der Einrichtung geklärt.“104 Die Personen, die in diesen anerkannten Einrichtungen leben, haben nach dem Oö. Sozialhilfegesetz Anspruch auf soziale Hilfe. Folglich stehen diesen Menschen Sozialhilfezahlungen zu, wenn das eigene Vermögen sowie die Leistungen Dritter nicht für die Aufenthaltskosten im Alten- und Pflegeheim ausreichen. Im Gegensatz dazu verfügen vor allen gewinnorientierte gewerbliche Heime nicht über die Anerkennung. Das hat zur Folge, dass diese Einrichtungen weder der Aufsicht der oberösterreichischen Landesregierung unterliegen, noch die Vorgaben des Oö. Sozialhilfegesetzes anzuwenden sind. 105 Im Hinblick auf die Qualität der Angebote müssen sich alle anerkannten 99 Vgl. Land Oberösterreich (o.J.b); Arbeitsgemeinschaft der Alten- und Pflegeheime Oberösterreichs (2008), 4. 100 Vgl. Wenzl (2015). 101 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 147. 102 Vgl. § 1 Oö. APH-VO. 103 Vgl. Müller/Theurl (2014), 127. 104 Amt der Oö. Landesregierung (2012), 6. 105 Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (2012), 6. Klara Derntl 25 Ausgewählte Versorgungsformen im Alter Einrichtungen den Qualitätskontrollen der Landesregierungen bzw. Bezirksverwaltungen unterziehen. Somit kann ein gewisser Mindeststandard im Bereich der stationären Pflege gewährleistet werden. 106 Darüberhinaus wurde im stationären Bereich das Nationale Qualitätszertifikat eingeführt. Dieses Instrument stellt sowohl die Lebensqualität der Bewohner, als auch die Arbeitsplatzqualität der Mitarbeiter in den Mittelpunkt.107 Nach der Oö. Alten- und Pflegeheimverordnung werden die Aufgaben der Heime wie folgt definiert. Sie müssen sowohl Hotelleistungen, die die Wohnung und Verpflegung umfassen, als auch die notwendigen Betreuungs- und Pflegeleistungen inklusive der tagesstrukturierenden Leistungen erbringen. Bei den zu erbringenden Hotelleistungen hat die Orientierung an den durchschnittlichen Privathaushalten zu erfolgen. In der Oö. Altenund Pflegeheimverordnung werden eine Reihe von Ausstattungsdetails und Leistungen aufgezählt, von denen im Folgenden nur einige angeführt werden. Beispielsweise müssen die Alten- und Pflegeheime die der Verordnung unterliegen über einen Telefonanschluss, Radio- und Fernsehanschluss verfügen. Außerdem müssen das Waschen z.B. der Leibwäsche, Bettwäsche und Handtücher, eine wöchentliche Reinigung der Wohneinheit sowie haushaltsübliche Verbrauchsmaterialien inkludiert sein. Auch auf die Aufrechterhaltung der üblichen sozialen Kontakte muss geachtet werden. Eine weitere Voraussetzung, die gewährleistet werden muss ist die durchgängige Präsenz von Betreuungs- und Pflegekräften.108 Ein Anteil von 90 % der Normplätze (max. 120 Heimplätze) muss mindestens aus Ein-Personen-Wohneinheiten, die über einen Vorraumbereich, ein Bewohnerbad sowie einen kombinierten Wohn- und Schlafraum verfügen, bestehen.109 Die Vergabe der Heimplätze erfolgt in Oberösterreich grundsätzlich nach dem objektiven Bedarf. Dafür wird zuerst geprüft, ob die erforderliche Pflege auch durch andere Versorgungsformen z.B. soziale Dienste gesichert werden könnte. Außerdem sind neben dem Pflegebedarf auch die Wohnsituation sowie das soziale Umfeld zu berücksichtigen. Zur Klärung dieser Kriterien können beispielsweise die Sozialberatungsstellen herangezogen werden. Keinen Einfluss auf die Vergabe der Plätze hat die Anmeldungsdauer oder die Deckung der Kosten durch eigenes Vermögen.110 Als Alten- und Pflegeheime, die im Anschluss für den Kostenvergleich herangezogen werden, gelten die eben beschriebenen Einrichtungen in Oberösterreich. Dabei werden 106 Vgl. Müller/Theurl (2014), 128. Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013b), 29. 108 Vgl. § 2 Oö. APH-VO. 109 Vgl. § 6 Abs 3 Oö. APH-VO; § 7 Abs 1 Oö. APH-VO. 110 Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Alten- und Pflegeheime Oberösterreichs (2008), 3. 107 Klara Derntl 26 Ausgewählte Versorgungsformen im Alter jedoch die unterschiedlichen Trägerstrukturen unterschieden und Heimplätze, die weder über eine Anerkennung durch die Landesregierung, noch nach dem Oö. Chancengleichheitsgesetz (Oö. ChG) verfügen, außen vor gelassen. Betrachtet werden demzufolge die anerkannten Alten- und Pflegeheime bei denen die Möglichkeit auf Erhalt von Sozialhilfezahlungen besteht. Unberücksichtigt bleiben Heime, die sich ausschließlich auf die Betreuung von behinderten Menschen konzentrieren sowie Wohnformen für Senioren ohne Betreuung. Des Weiteren werden die häufig mit den Heimen gekoppelten teilstationären Dienste sowie die Kurzzeitpflege, die als ein- bis mehrmaliges Überbrückungsangebot dienen kann, nicht im Zusammenhang mit dem stationären Bereich für den Kostenvergleich betrachtet. 3.2 Betreubares Wohnen und Betreutes Wohnen Die Begriffe betreutes bzw. betreubares Wohnen beschreiben verschiedene Kombinationsformen, bei denen eine altengerechte Wohnsituation (barrierefreie Wohnung) mit konkreten Betreuungsleistungen angeboten wird. Häufig werden die beiden Begriffe synonym verwendet, da in der Literatur keine exakte Abgrenzung dieser Betreuungs- bzw. Wohnformen existiert. Vereinzelt werden jedoch Unterschiede beispielsweise im Bezug auf die Art und den Umfang der Leistungen betont. Einigkeit herrscht hingegen weitgehend bei den Zielen, die mit diesen Versorgungsformen verfolgt werden. 111 Die Zielsetzung des betreuten/betreubaren Wohnens ist laut Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) „die selbstständige Lebensführung in einer altersangepassten Wohnung mit organisiertem Betreuungsnetz zu fördern und selbst bei Pflegebedarf eine Übersiedlung in ein Heim zu vermeiden oder zumindest hinaus zu schieben“. 112 Dieses Angebot löst die bisherigen Pensionisten- oder Seniorenheime ab und bewirkt bei älteren und/oder pflegebedürftigen Menschen nicht nur ein Gefühl der Sicherheit, sondern soll dazu beitragen, die Selbständigkeit und Unabhängigkeit zu bewahren.113 Erstaunlich ist, dass es bis dato keine gesetzliche Definition für die Betreiber solcher barrierefreier und altersgerechter Wohnungen hinsichtlich Mindestausstattung und Minimalumfang gibt. Auch von Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit wird angemerkt, dass es derzeit in Österreich noch keine verbindlichen, für alle Bundesländer und Anbieter geltenden Standards gibt.114 Im Mai 2012 wurde allerdings die nicht verpflichtende ÖNORM CEN/TS 16118 „Betreutes Wohnen – Anforderungen an Dienstleistungen für ältere Menschen im 111 Vgl. Schneider/Schober/Harrach (2011), 7. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2009), 424. 113 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2009), 424. 114 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (2013). 112 Klara Derntl 27 Ausgewählte Versorgungsformen im Alter Rahmen der Wohnform Betreutes Wohnen“ veröffentlicht. Diese qualifizierte Empfehlung dient in den Bereichen Transparenz, Informationstätigkeit, Dienstleistungserbringung sowie bei den baulichen Anforderungen an die Ausstattung der betreuten Wohnanlangen und Wohnungen als Orientierungshilfe.115 Auf der Homepage des Landes Oö. ist nur vom betreubaren Wohnen, als barrierefreie Wohnmöglichkeit im Alter die Rede, wobei die Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit als wichtige Aspekte genannt werden. 116 Im Oö. Sozialhilfegesetz 1998 wird das betreute Wohnen wiederum als die Leistung von aktivierender Betreuung und Hilfe (z.B. Mobile Betreuung und Hilfe, Soziale Hauskrankenpflege, Mahlzeitendienste) in betreubaren Wohnungen beschrieben. 117 Die Oö. Sozialhilfeverbände zählen laut Jahresbericht 2013 2.891 betreubare Wohnungen.118 Für den weitern Verlauf dieser Arbeit ist eine eindeutige Abgrenzung der beiden Wohnformen notwendig. Daher wird von der Autorin im Anschluss eine Definition des betreubaren sowie des betreuten Wohnens vorgenommen. Das betreubare Wohnen bietet den Menschen die Möglichkeit selbständig in einer dafür vorgesehenen Mietwohnung zu leben. Wird von den Bewohnern Unterstützung oder Hilfe benötigt, stehen ihnen in diesem Bedarfsfall Ansprechpersonen, die für das Grundservice zuständig sind, zur Verfügung. Diese Ansprechpersonen werden von den Organisationen geschickt, die von den Trägern der sozialen Hilfe vertraglich mit den mobilen Diensten beauftragt wurden. Das Grundservice, für das ein monatlicher Betreuungszuschlag (ca. € 60,- /monatlich) zu zahlen ist, umfasst die Beratung und Vermittlung von weitergehenden Hilfen und ist das Sprachrohr der Mieter nach außen und innen. Ein weiterer monatlicher Betrag (Einzeltarif € 18,17/Paartarif für zwei Handsender € 22,17) ist für die ebenfalls verpflichtende Anmeldung der Rufhilfe zu entrichten. Dieses Alarmierungssystem für den Wohnbereich, soll in Notsituationen Sicherheit gewähren, indem Hilfspersonen herbeigerufen werden können. Bei einem erforderlichen Hilfs- und Betreuungsbedarf (z.B. Hauskrankenpflege) kommt der jeweilige mobile Dienst zum Einsatz. Dieser wird über den Sozialhilfeverband bzw. die Statutarstadt und das Land mitfinanziert. Leistungen wie z.B. Essen auf Rädern, Wäscheservice, Einkaufsservice usw., die über das Grundservice sowie den Hilfs- und Betreuungsbedarf hinausgehen, sind extra zu bezahlen (Wahlleistungen). 115 Vgl. Schinnagl (2014), 40f. Vgl. Land Oberösterreich (o.J.c). 117 Vgl. § 12 Abs 3 Oö. SHG 1998. 118 Vgl. Oö. Sozialhilfeverbände (2014). 116 Klara Derntl 28 Ausgewählte Versorgungsformen im Alter Weitere Voraussetzungen für die bauliche Ausstattung von betreubaren Wohnungen sind z.B. ein eigener Wohnraum mit Küche, Schlafzimmer sowie einem rollstuhlgerechten Badezimmer. Die jeweilige Wohnung kann individuell möbliert und eingerichtet werden. Außerdem muss eine zentrale Lage, die das Bedürfnis nach sozialen Kontakten abdeckt, gegeben sein. Mit dem vom Land Oberösterreich bis zum Jahr 2010 erhöhten Wohnbauförderungsdarlehen (WBF-Darlehen) konnte der Mietpreis für diese Versorgungsform im Vergleich zu normalen Mietwohnungen auf einem niedrigeren Niveau gehalten werden. Zusätzlich kann unter bestimmten Voraussetzungen um Wohnbeihilfe angesucht werden.119 Das betreute Wohnen bringt die Vorteile des zuvor beschriebenen betreubaren Wohnens mit sich. Im Gegensatz zur betreubaren eignet sich die betreute Wohnform besonders für Bewohner mit stärkeren Beeinträchtigungen, die dadurch eine höhere und optimierte Betreuung benötigen. Während im betreubaren Wohnen die Mieter so wenig Hilfe wie nötig erhalten, um die Selbständigkeit bestmöglich zu fördern, wird der Tagesablauf im betreuten Wohnen durch die kontinuierliche Anwesenheit von Betreuern mitbestimmt. Der Unterschied der beiden Wohn- und Betreuungsformen liegt somit vor allem in der Höhe des Betreuungsausmaßes. Als betreubare Wohnungen gelten für den Kostenvergleich jene, die über eine Ansprechperson für den Bedarfsfall sowie die verpflichtende Rufhilfe verfügen. Die durchgängige Präsenz von Betreuungspersonal ist keine Voraussetzung für das betreubare Wohnen und beschränkt sich auf zwei Stunden Grundservice pro Wohnung und Monat. Im Gegensatz dazu ist für die betreute Wohnform ein höheres Anwesenheitsausmaß der Betreuer, zumindest tagsüber, erforderlich. Eine Mindestanforderung an Betreuungsstunden gibt es jedoch nicht, was innerhalb der Wohnform zu unterschiedlichen Angeboten führt. Außer acht gelassen werden in beiden Fällen ausschließliche Notrufwohnungen sowie andere, nur wohnbaugeförderte Wohnsitze. 119 Vgl. Land Oberösterreich (o.J.c). Klara Derntl 29 Ausgewählte Versorgungsformen im Alter 3.3 Mobile soziale Dienste Wie im Unterkapitel 3.2 beschrieben werden im Rahmen der betreubaren/betreuten Wohnform auch mobile soziale Dienstleistungen in Anspruch genommen. Mit diesen Leistungen kann ein unzureichender Hilfs- und Betreuungsbedarf im Eigenheim bzw. der Wohnung abgedeckt werden. In Oberösterreich umfassen die mobilen Dienste die Hauskrankenpflege sowie die Mobile Betreuung und Hilfe und fallen nach dem Oö. SHG 1998 in das Aufgabengebiet der RTSH. Dieses Angebot ist flächendeckend ausgebaut und auch an Wochenenden und Feiertagen verfügbar. Die Finanzierung erfolgt zu 80 % aus öffentlichen Mitteln, allerdings ist für die Inanspruchnahme beizusteuern. 120 ein vom Einkommen Die Leistungen im und Pflegegeld Bereich der abhängiger Kostenbeitrag mobilen Dienste können unter Berücksichtigung der verfügbaren Kapazitäten in Anspruch genommen werden, wenn die Betroffenen ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort im Wirkungsbereich eines RTSH haben und überdies eine (körperliche) Beeinträchtigung vorliegt, die die Unterstützung durch eine weitere Person erfordert. Werden bereits Leistungen aufgrund einer anderen gesetzlichen Grundlage (z.B. Oö. Behindertengesetz) geltend gemacht, verfällt der Anspruch.121 Die Bandbreite der mobilen Dienste umfasst laut PFG Angebote der sozialen Betreuung, der Pflege, der Unterstützung Palliativbetreuung. 122 bei der Haushaltsführung sowie der Hospiz- und Diese Definition im Bundesgesetz lässt ein vielfältiges Spektrum verschiedener Dienstleistungen im „mobilen“ Bereich zu. Da die mobilen Dienste bereits kurz beschrieben wurden, werden nun insbesondere die für den Vergleich der 123 Versorgungsformen relevanten Leistungen erläutert. Mobile Betreuung und Hilfe „Die Mobile Betreuung und Hilfe umfasst die ganzheitliche Hilfestellung für das soziale und körperliche Wohl hilfs- und pflegebedürftiger Menschen ohne Rücksicht auf ihr Alter, um den Verbleib in der eigenen Wohnung zu ermöglichen.“ 124 Fachsozialbetreuer und Heimhelfer (nach dem Oö. Sozialberufegesetz) unterstützen z.B. bei der Zubereitung von Mahlzeiten, der Nahrungsaufnahme, der Körperpflege, 120 Vgl. Land Oberösterreich (o.J.d). Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (2006), 4. 122 Vgl. § 3 Abs 4 PFG. 123 Vgl. Land Oberösterreich (o.J.e); Land Oberösterreich (o.J.f); Oberösterreichischer Landesrechnungshof (2010), 4; Land Oberösterreich (o.J.g); Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (2015b); Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (2015c). 124 Land Oberösterreich (o.J.e). 121 Klara Derntl 30 Ausgewählte Versorgungsformen im Alter der täglichen Haushaltsführung, aber begleiten ihre Kunden auch auf dem Weg zu Ärzten und Behörden. Soziale Hauskrankenpflege Qualifiziertes diplomiertes Personal übernimmt die Hauskrankenpflege auf Veranlassung des behandelnden Arztes und steht während der gesamten Behandlungsdauer mit dem Mediziner in Kontakt. Die kranken Menschen werden in der gewohnten Umgebung fachlich, unter Berücksichtigung der körperlichen, geistigen und seelischen Bedürfnisse gepflegt. Mahlzeitendienst Der Mahlzeitendienst bietet Menschen, die nicht mehr selber kochen können, die Möglichkeit fertiges Essen zu beziehen. Die Speisen können sowohl dauernd, als auch nur vorübergehend bestellt werden und werden entweder täglich essfertig ausgeliefert, wöchentlich als Tiefkühlkost vorbeigebracht oder in Gasthäusern bzw. Alten- und Pflegeheimen angeboten. Fahrtendienste Für Personen, für die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eine große Hürde darstellt, besteht die Möglichkeit einen Fahrtendienst in Anspruch zu nehmen. Der Weg zur Wohnungs- bzw. Haustür muss selber bewältigt werden, für die restliche Wegstrecke wartet ein Taxi. Mobile therapeutische Dienste Zur Erhaltung der größtmöglichen Selbständigkeit sind mobile Physio- und Ergotherapeuten im Einsatz. Diese sind für eine ganzheitliche Rehabilitation im Wohnbereich der Patienten zuständig. Reinigungsdienst und Wäschepflegedienst An den Reinigungsdienst können schwere häusliche Arbeiten wie z.B. das Fensterputzen oder die Bodenpflege abgegeben werden. Im Rahmen des Wäschepflegedienstes wird die Wäsche abgeholt und wieder sauber, gebügelt und wenn nötig ausgebessert zurückgebracht. Reparaturdienst Es werden verschiedene Instandsetzungsarbeiten, Reparaturen sowie behindertengerechte Adaptierungen des Haushalts übernommen. Arbeiten an z.B. Gas- und Elektrogeräten fallen nicht in das Aufgabengebiet. Verleih von Pflegebehelfen Die Hilfsmittel werden individuell angepasst, mit der jeweiligen Gebrauchsanweisung verliehen und können so zur optimalen Unterstützung beitragen. Klara Derntl 31 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter 4 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter Neben der inhaltlichen Gestaltung des Pflegesystems bzw. der einzelnen Versorgungsformen ist auch die Finanzierung auf eine Vielzahl einzelner „Player“ wie z.B. Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden), die Sozialversicherungsträger, Träger der freien Wohlfahrt (z.B. Caritas) sowie die Pflegebedürftigen selbst bzw. ihre Angehörigen aufgeteilt. 125 Zum Teil erfolgt die Bereitstellung einzelner Pflegeleistungen in einem Dreiecksverhältnis. Somit wird die marktübliche duale Austauschbeziehung (Leistung gegen Entgelt) partiell durchbrochen bzw. umgestaltet. Indem ein „Finanzintermediär“ in die Beziehung eintritt, entsteht ein Dreieck. Dieser dritte Transaktionspartner mildert die hohen Ausgabenschübe der Individuen, die durch das teilweise unvorhersehbare Ereignis „Pflegebedürftigkeit“ entstehen und trägt folglich zu einer gleichmäßigeren Verteilung des Konsumpfades bei. Diese Finanzpartnerschaft „privat/öffentlich“ zur Absicherung von Pflegerisiken ist in Österreich historisch gewachsen und wird nicht immer nur als optimal angesehen. Mit der Fokussierung auf die Wiederherstellung der Gesundheit und Erwerbsfähigkeit im Gesundheitswesen, geht die Nachrangigkeit der Pflege einher. Weitere Aspekte, die zur ungünstigen Situation im Pflegebereich beitragen sind die Schnittstellenproblematik zwischen Gesundheits- (Bismarck-System) und Pflegeabsicherung sowie die starke Übertragung des Pflegerisikos auf das familiäre und Sozialhilfesystem.126 Nachstehende Abbildung gibt in vereinfachter Form einen Überblick über die komplexen und vielfältigen Finanzierungsströme im Pflegebereich. Grundsätzlich ist dabei zwischen Kostenbeiträgen von den Pflegebedürftigen selbst sowie den Finanzmitteln der Nicht-Pflegebedürftigen zu unterscheiden. 125 126 Vgl. Arbeitsgruppe Verwaltung Neu (2010), 17. Vgl. Müller/Theurl (2014), 123f. Klara Derntl 32 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter Abbildung 5: Finanzierungsströme im Pflegebereich127 Die Darstellung zeigt, dass die Pflegebedürftigen sowohl öffentliche Mittel (z.B. Pflegegeld, Zuschüsse zu den Sachkosten in der formellen Pflege) erhalten, aber auch über die privaten Kostenbeiträge zur Finanzierung des Pflegesystems beitragen. Im Gegensatz dazu ist die Rolle der privaten Versicherungen in Österreich zurzeit (noch) als eher unwesentlich einzustufen. Anschließend werden die finanzielle Situation der pflegebedürftigen Menschen sowie die öffentlichen Zuschüsse, die in der Abbildung bereits überblicksmäßig dargestellt werden, ins Blickfeld gerückt. 127 Abb. in Anlehnung an: Schneider u.a. (2006), 5; aktualisierte Abb.: Vgl. § 30 Abs 3 Oö. SHG 1998; § 40 Oö. SHG 1998; §13 BPGG; Biswald/Hödl/Köfel (2013), 19; Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013a), 15; Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013a), 22f. Klara Derntl 33 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter 4.1 Altersvorsorge in Österreich In Österreich ist die Altersvorsorge nach dem „Drei-Säulen-Modell“ organisiert und setzt sich im Wesentlichen aus der gesetzlichen (staatlichen) Pensionsvorsorge, der betrieblichen Altersvorsorge und der freiwilligen (privaten) Vorsorge zusammen.128 Die erste Säule, der gesetzlichen Altersvorsorge beruht auf dem Umlageverfahren. Dieses System regelt die Transferierung der Versicherungsbeiträge der Erwerbstätigen an die Personen, die sich zur selben Zeit im Ruhestand befinden. Daneben können die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern eine betriebliche Altersvorsorge als 2. Säule der Grundsicherung anbieten. Diese freiwillige Leistung der Dienstgeber bringt den Unternehmen einige Vorteile z.B. im Rahmen der steuerlichen Belastungen. Als dritte Säule werden die Vorsorgeaktivitäten in den Privathaushalten bezeichnet. Zu dieser individuellen Vorsorge zählen vor allem langfristige Sparformen, die den erreichten Lebensstandard in der Pension erhalten sollen. Investiert kann in verschiedene Produkte von Banken und Versicherungen werden, deren Attraktivität teilweise mit staatlichen Prämien oder Steuererleichterungen erhöht wird. Eine weitere Möglichkeit zur privaten, langfristigen Vorsorge ist der Ankauf von Wohneigentum.129 Zur Betrachtung der finanziellen Situation pflegebedürftiger Menschen werden folgend einzelne Bestandteile des Säulenmodells zur Altersvorsorge näher betrachtet. 4.1.1 Gesetzliche Pensionsvorsorge In Österreich gilt für alle Erwerbstätigen das System der Pflichtversicherung. Dieses beginnt zu laufen, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen z.B. Verdienst über Geringfügigkeitsgrenze (im Jahr 2015 mit € 405,98 monatlich festgesetzt) erfüllt sind. der 130 Ein Anrecht auf Alterspension (AP) haben die versicherten Österreicher grundsätzlich nach Vollendung des 65. Lebensjahres (Pensionsantrittsalter der Frauen dzt. 60 Jahre, ab 2024 schrittweise Angleichung an das Antrittsalter der Männer), zu diesem Stichtag müssen jedoch noch weitere Voraussetzungen gegeben sein. Eine Bedingung ist das Vorliegen von mindestens 180 Versicherungsmonaten nach dem Allgemeinen Pensionsgesetz (APG). Davon müssen mindestens 84 auf eine Erwerbstätigkeit zurückzuführen sein (Mindestversicherungszeit). Abweichend von dieser Regelung werden im APG noch weitere Anspruchsvoraussetzungen aufgezählt, die ein Herabsetzen des Pensionsantrittsalters ermöglichen. Exemplarisch können das Vorliegen von Schwerarbeitszeiten oder die 128 Vgl. Bundesministerium für Finanzen (2015); Rechnungshof (2011). Vgl. Paseka (2011), 9ff. 130 Vgl. Bundeskanzleramt Österreich (2015c). 129 Klara Derntl 34 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter Beanspruchung der Korridorpension genannt werden.131 Jeder Pensionsantrag wird zugleich auch als Ansuchen auf eine Ausgleichszulage gesehen. Die Ausgleichszulage dient der Mindestsicherung und wird bei Unterschreitung des gesetzlichen Mindestbetrags (Richtsatz) zur Aufstockung des Gesamteinkommens ausbezahlt.132 Folgende Grafik zeigt den Anstieg des Pensionsantrittsalters sowie die Pensionszuerkennungen in Österreich auf. Abbildung 6: Pensionsantritte in Österreich133 Die Abbildung zeigt sowohl bei den Männern, als auch bei den Frauen einen Anstieg des Durchschnittsalters. Im Jahr 2013 liegt das durchschnittliche Pensionsantrittsalter der Frauen um 2,1 Jahren unter dem der Männer. Die Zahl der Pensionszuerkennungen in Österreich stieg im Jahr 2013 insgesamt um 2,8 %. Während bei den Zuerkennungen der normalen Alterspension ein Anstieg von 12,7 % zu verzeichnen war, zeichnete sich bei der Invaliditätspension (IV-Pension) ein Rückgang von 12,1 % ab. In der Pensionsversicherung wird eine Unterscheidung zwischen Eigenpension (Leistungen, die aus einem eigenen Versicherungsverhältnis gebühren) und der Hinterbliebenenpension getroffen. Bei der Hinterbliebenenpension entsteht ein Anspruch aus dem 131 Vgl. § 4 APG.; Pensionsversicherungsanstalt (o.J.a). Vgl. Bundeskanzleramt Österreich (2015a). 133 Abb. entnommen aus: APA-PictureDesk GmbH (2014). 132 Klara Derntl 35 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter Versicherungsverhältnis einer verstorbenen Person (Witwenpension, Waisenpension, Pension für hinterbliebene, eingetragene Partner).134 Die Höhe der Pension hängt vom beitragspflichtigen Einkommen (Bemessungsgrundlage) sowie von der Versicherungsdauer ab. Jedoch sind die Pensionen der Frauen häufig niedriger, was darauf zurückzuführen ist, dass die weibliche Bevölkerung im Schnitt ein geringeres Erwerbseinkommen hat und ihre Versicherungsverläufe häufig Lücken aufgrund von Kindererziehungszeiten aufweisen. 135 Zuständig für die Auszahlung und Berechnung sind fünf Pensionsversicherungsträger, zu denen die Pensionsversicherungsanstalt (PVA), die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, die Sozialversicherungsanstalt der Bauern, die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau sowie die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates zählen. Die Beamten erhalten hingegen einen sogenannten Ruhegenuss, der von den Dienstbehörden geleistet wird. Alle neuen Vertragsbediensteten fallen mit der Schaffung eines einheitlichen Pensionssystems nun ebenfalls in das Zuständigkeitsgebiet der Pensionsversicherungsanstalt.136 Die in Oberösterreich ausbezahlten Pensionen der Pensionsversicherungsanstalt beliefen sich mit Dezember 2013 auf 278.245 und zum Stand Dezember 2014 auf 279.740 Bezieher.137 4.1.2 Betriebliche Altersvorsorge Die Säule der betrieblichen Altersvorsorge wird im Betriebspensionsgesetz (BPG) geregelt und beinhaltet die arbeitsrechtlichen Bestimmungen zu den vier Formen der betrieblichen Leistungszusage. Dazu zählen neben den Pensionskassenzusagen, die in Betriebs-, Einzelvereinbarungen oder unter bestimmten Voraussetzungen im Kollektivvertrag vereinbart werden können, die betriebliche Kollektivversicherung, die direkte Leistungszusage und die Lebensversicherung. Die Gemeinsamkeit dieser Leistungszusagen lässt sich kurz als monetäre Ergänzung zur vorher erwähnten gesetzlichen Pensionsversicherung, die der Arbeitgeber als freiwillige Sozialleistung anbietet und auf einem kapitalgedeckten System basiert, definieren. 134 Vgl. Pensionsversicherungsanstalt (o.J.b). Vgl. Statistik Austria (2014g). 136 Vgl. Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (o.J.); Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter (o.J.a). 137 Vgl. Pensionsversicherungsanstalt Hauptstelle Kundendienst (2015). 135 Klara Derntl 36 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter Der Arbeitgeber zahlt bei den Pensionskassenzusagen, der betrieblichen Kollektivversicherung und der Lebensversicherung Beiträge für seine Arbeitnehmer in eine Pensionskasse oder ein Versicherungsunternehmen ein, die das Geld anschließend veranlagen. Im Leistungsfall erfolgt eine Auszahlung in Form einer monatlichen Rente auf das Konto der Leistungsberechtigten. Im Gegensatz dazu wird bei der direkten Leistungszusage der Betrag direkt vom Dienstgeber finanziert und an die ehemaligen Mitarbeiter ausbezahlt.138 4.1.3 Private Pflegeversicherung Zusätzlich zur betrieblichen gewinnt die private Altersvorsorge an Bedeutung und leistet einen Beitrag zur Erhaltung des gewohnten Lebensstandards nach dem Pensionsantritt.139 Zur Absicherung im Pflegefall mit regelmäßigen Rentenauszahlungen sowie zur Entlastung der Angehörigen und des eigenen Vermögens bietet sich daher der Abschluss einer privaten Pflegeversicherung an. 140 Derartige Produkte werden von den österreichischen Versicherungsunternehmen mit verschiedenen Bezeichnungen wie z.B. Pflegeversicherung, Pflegegeldversicherung, Pflegevorsorge oder Pflegerentenzusatzversicherung auf den Markt gebracht. Diese Angebote der Versicherungen gehen von Einzelprodukten (Stand-alone Produkte) über Zusatzversicherungen zu Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherungen bis hin zu unterschiedlichen Kombinationen mit einer Kapitalvorsorge. Zusätzlich zur privaten Pflegevorsorge steht z.B. das Bausparen als weitere Alternative zur Auswahl.141 Die Kosten für diese verschiedenen Produkte werden jeweils stark vom gewählten Umfang der Leistung (z.B. ab welcher Pflegestufe eine Leistung gewünscht wird, Höhe der Leistung) und insbesondere vom Abschlussalter des Versicherungsnehmers beeinflusst. Normalerweise gilt, je jünger die Konsumenten bei Vertragsabschluss sind, umso geringer ist die zu bezahlende Prämie, die aus dem eigenen versteuerten Einkommen zu entrichten ist. Diese Tatsache zeigt, dass es für ältere Menschen vor allem aufgrund des Kostenfaktors kaum mehr möglich ist privat für den Pflegefall vorzusorgen.142 Ebenfalls schwierig gestaltet sich der Vergleich dieser Vorsorgeaktivitäten, die hauptsächlich von Banken und Versicherungen angeboten werden, aufgrund der fehlenden Transparenz. Ein KostenLeistungs-Vergleich für den Endkunden ist jedoch ratsam, da diese Unternehmen dem Profitstreben unterliegen und es zu Interessenskonflikten kommen kann. Außerdem sollte 138 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (o.J.b). Vgl. Bundesministerium für Finanzen (2015). 140 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 49. 141 Vgl. Verein für Konsumenteninformation (2012), 10; Kistner u.a (2014), 28. 142 Vgl. Verein für Konsumenteninformation (2012), 63; Kistner u.a (2014), 28. 139 Klara Derntl 37 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter eine Produktvariante ausgewählt werden, für die die finanziellen Mittel aus dem Privatvermögen aufgebracht werden können. Beachtenswert ist zudem, dass es je nach Produktform Zuschüsse von Seiten des Staates bzw. Steuererleichterungen geben kann.143 Überdies gibt es noch einige Punkte, die von den Anbietern sehr unterschiedlich festgesetzt sind wie z.B. die Fortzahlung der Leistung bei einer vorübergehenden Pflegebedürftigkeit oder einem Spitalsaufenthalt. Ähnlichkeiten der einzelnen Angebote sind dagegen häufig bei Aspekten wie dem pauschalen Leistungsanspruch oder dem Anknüpfen an die staatlichen Pflegestufen erkennbar. Wird der Vertrag vorzeitig gekündigt oder tritt der Tod vor der Pflegebedürftigkeit ein, ist großteils das bis dahin eingezahlte Geld verloren. Um diesem Umstand vorzubeugen, gibt es bei manchen Produkten gegen Aufpreis die Möglichkeit einer gewissen Rückvergütung. 144 In anderen Fällen kommt es möglicherweise gar nicht zum Abschluss einer Pflegeversicherung. Versicherungsunternehmens kann Solch eine beispielsweise Ablehnung bei von Vorerkrankungen Seiten wie des einem Schlaganfall oder Krebs vorkommen. Häufig wird auch ein maximales Abschlussalter, welches üblicherweise zwischen 60 und 70 Jahren liegt, fixiert.145 4.2 Finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten Zusätzlich zum „Drei-Säulen-Modell“ gibt es für Ältere und/oderPflegebedürftige unter verschiedenen Voraussetzungen weitere finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten. Somit stehen die Pflegebedürftigen und deren Angehörigen bei der Kostentilgung nicht alleine da. In vielen Fällen ist die Unterstützung notwendig, da die Finanzierung der Haushaltungskosten und Pflegeleistungen im Alter aus dem laufenden Einkommen (z.B. Pension) und der eigenen Vorsorge der privaten Haushalte nicht in einem ausreichenden Maße aufgebracht werden kann. Zur (teilweisen) Abdeckung der pflegebedingten Mehraufwendungen wurde das Pflegegeld eingeführt. Reicht dann das Geld noch immer nicht, springt in den meisten Fällen die Sozialhilfe ein. Folgender Abschnitt widmet sich den verschiedenen Unterstützungsmöglichkeiten zur Deckung der Lebensunterhalts- und Betreuungskosten im Alter. 143 Vgl. Paseka (2011), 10. Vgl. Kistner u.a. (2014), 28. 145 Vgl. Sozialministerium (o.J.). 144 Klara Derntl 38 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter 4.2.1 Pflegegeld Nach Ansicht der Autorin ist das Pflegegeld ein zentraler und zu berücksichtigender Aspekt, da dessen Höhe neben dem Pensionseinkommen oftmals entscheidend für das Ausmaß der privaten Zuzahlungen zu den Versorgungsformen im Alter ist. Das Pflegegeld ist eine zweckgebundene Leistung, welche die Eindämmung der pflegebedingten Mehraufwendungen beabsichtigt und kann aus diesem Grund nicht als Einkommenserhöhung angesehen werden. 146 Mit den Pflegegeldauszahlungen soll den Menschen die nötige Betreuung und Hilfe zugesichert und darüberhinaus selbstbestimmtes sowie bedürfnisorientiertes Leben ermöglicht werden. 147 ein Auf das Pflegegeld besteht ein Rechtsanspruch, wenn folgende Voraussetzungen zutreffen. Es muss ein ständiger Betreuungs- und Hilfsbedarf aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder einer Sinnesbehinderung vorliegen. Zusätzlich muss dieser Zustand voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern. Außerdem ist ein ständiger Pflegebedarf von mehr als 65 Stunden pro Monat vorzuweisen. Der Pflegebedarf wird im Bundespflegegeldgesetz mit der notwendigen Unterstützung bei Betreuungsmaßnahmen (betreffen den persönlichen Bereich z.B. das Kochen, An- und Auskleiden) und Hilfsverrichtungen (betreffen den sachlichen Lebensbereich) beschrieben. Der Gewöhnliche Aufenthaltsort der pflegebedürftigen Personen muss in Österreich sein, jedoch kann unter bestimmten Voraussetzungen das Pflegegeld auch im Ausland bezogen werden.148 Liegen die aufgezählten Punkte vor, entscheidet die zuständige Stelle mittels vorgelegtem Sachverständigengutachten über die Einteilung in eine der sieben Pflegegeldstufen. Für die Einstufung ist das Ausmaß des monatlichen Pflegebedarfs ausschlaggebend. Daneben wird der erweiterte Pflegebedarf für bestimmte Zielgruppen wie beispielsweise geistig oder psychisch schwer behinderte Personen (z.B. bei demenziellen Erkrankungen) sowie schwerstbehinderte Kinder oder Jugendliche mit einem zusätzlichen fixen Stundenwert (Erschwerniszuschlag) abgegolten. Spezielle Personengruppen werden von vornherein höher eingestuft. Dazu zählen Sehbehinderte und Menschen, die aufgrund bestimmter Erkrankungen zur eigenständigen Lebensführung auf den Gebrauch eines Rollstuhls angewiesen sind.149 Das Pflegegeld wird gemeinsam mit der Pension zwölfmal jährlich ohne weitere Abzüge im Nachhinein ausbezahlt, solange keine Voraussetzungen für ein Ruhen des Pflegegeldes vorliegen. Exemplarisch kann hierfür ein stationärer 146 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (2015d). Vgl. § 1 BPGG. 148 Vgl. Bundeskanzleramt Österreich (2015b). 149 Vgl. Bundeskanzleramt Österreich (2015b). 147 Klara Derntl 39 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter Krankenhausaufenthalt angeführt werden, mit dem das Geld ab dem zweiten Tag bis zur Entlassung eingestellt wird, sofern z.B. ein Träger der Sozialversicherung für die Kosten der Pflege aufkommt. 150 In der folgenden Tabelle werden die Kriterien für die Pflegegeldeinstufung zusammengefasst und mit der Höhe des jeweiligen finanziellen Anspruchs hinterlegt. monatl. Pflegegeld 2015 monatl. Pflegegeld ab 2016 mehr als 65 Stunden € 154,20 € 157,30 Stufe 2 mehr als 95 Stunden € 284,30 € 290,00 Stufe 3 mehr als 120 Stunden € 442,90 €451,80 Stufe 4 mehr als 160 Stunden € 664,30 € 677,60 Stufe 5 mehr als 180 Stunden, wenn ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand erforderlich ist € 902,30 € 920,30 € 1.260,00 € 1.285,20 € 1.655,80 € 1.688,90 Pflegegeldstufe Kriterien bzw. Pflegebedarf Stufe 1 Stufe 6 Stufe 7 mehr als 180 Stunden, wenn zeitlich unkoordinierbare Betreuungsmaßnahmen während des Tages und der Nacht oder dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson notwendig, weil die Wahrscheinlichkeit einer Eigen- oder Fremdgefährdung gegeben ist mehr als 180 Stunden, wenn keine zielgerichteten Bewegungen der vier Extremitäten mit funktioneller Umsetzung möglich sind oder ein gleich zu achtender Zustand vorliegt Tabelle 2: Kriterien und Höhe des Pflegegeldes151 Während für die Pflegegeldstufen 1 bis 4 das zeitliche Ausmaß des Pflegebedarfs ausschlaggebend ist, muss ab der fünften Stufe zusätzlich zum zeitlichen Aufwand von mindestens 180 Stunden im Monat eine besonders qualifizierte Pflege erforderlich sein. 152 Anfang des Jahres 2015 wurden die Stundenwerte für Stufe 1 und 2 um fünf bzw. zehn Stunden für alle Neuanträge erhöht. Zusätzlich wurde im Zuge des Pflegepakets 2015/2016 eine Valorisierung des Pflegegeldes ab 2016 mit einer Erhöhung in allen Pflegestufen um zwei Prozent festgesetzt. Die Valorisierung trägt dazu bei, dass ein durchschnittlicher Pflegegeldbezieher um € 111,- pro Jahr mehr bekommt.153 Auch im Jahr 2012 wurden bereits Änderungen – in diesem Fall die Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz betreffend – im Pflegegeldbereich vorgenommen. Mit dem 150 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 38; § 12 Abs 1 BPGG. Tabelle in Anlehnung an: § 5 BPGG; Sozialministerium (2014), 5; Bundeskanzleramt Österreich (2015d). 152 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 39. 153 Vgl. Sozialministerium (2014), 3f. 151 Klara Derntl 40 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter Pflegegeldreformgesetz wurden die Zuständigkeiten von den Ländern auf den Bund übertragen und somit das Pflegegeld beim Bund konzentriert.154 Nach dieser Reduktion der 280 Landesträger und 23 Bundesträger auf sieben Entscheidungsträger wurde nochmals eine Reduzierung vorgenommen und somit sind seit 2014 nur mehr fünf Entscheidungsträger für die Vollziehung des Bundespflegegeldgesetzes zuständig. Dadurch soll eine raschere Durchführung der Pflegegeldverfahren ermöglicht werden.155 Laut Statistik Austria bezogen im Jahr 2014 durchschnittlich 454.350 Personen (inkl. Personen mit ruhendem Pflegegeldanspruch) ein Bundespflegegeld. Der Jahresaufwand ohne Verwaltungskosten betrug dafür rund € 2,52 Mrd., was einem Anstieg von 2 % der Ausgaben gegenüber dem Vorjahr (2013) entspricht.156 4.2.2 Sozialhilfe Die Zielsetzung dieser sozialen Hilfe wird in Oberösterreich gesetzlich mit der „Ermöglichung und Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen“ festgelegt.157 Bevor jedoch Leistungen aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung vergeben werden, müssen die eigenen Mittel der Antragsteller verwendet werden. Dazu zählt das Einkommen, zu dem grundsätzlich alle Einkünfte gerechnet werden. Ausnahmen bilden die Familienbeihilfe und das Pflegegeld. Darüberhinaus wird auch das verwertbare Vermögen (z.B. Bargeld, Sparbücher, Wertpapiere, Bausparverträge, Häuser, Wohnungen, Liegenschaften) der Antragssteller von den zuständigen Behörden geprüft, wobei es wieder Besonderheiten für bestimmte Vermögensteile gibt, die von der Verwertung ausgenommen sind. Exemplarisch kann die Veräußerung von Häusern oder Eigentumswohnungen, die für den eigenen Wohnbedarf benötigt werden oder Ersparnisse bis zu einem Freibetrag von € 4.139,11 (Wert 2015) aufgezählt werden.158 Die potenziellen Sozialhilfeempfänger müssen sich einer Bedarfsprüfung unterziehen.159 Im Jahr 2010 waren es in Oberösterreich schließlich 18.888 Menschen, die zur Sicherung ihres Lebensunterhalts Leistungen der Sozialhilfe erhielten. Während der Großteil der Sozialhilfeempfänger in Altenund Pflegeheimen (11.447) lebte, waren auch 7.441 Personen in ihren Privathaushalten auf eine Sozialhilfe als Unterstützung angewiesen.160 Das Land und die Gemeinden übernehmen als Sozialhilfeträger die Kosten und können im Gegenzug auf das Vermögen der Betroffenen 154 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013a), 8. Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2014), 9f. 156 Vgl. Statistik Austria (2014c). 157 § 1 Abs 1 Oö. SHG 1998. 158 Vgl. Land Oberösterreich (o.J.h); Bundeskanzleramt Österreich (2015e). 159 Vgl. Bundeskanzleramt Österreich (2015e). 160 Vgl. Statistik Austria (2012a). 155 Klara Derntl 41 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter (siehe Abschnitt 5.2.3) zur Wiedereinbringung der Aufwendungen zugreifen. 161 Die Ausgaben des Bundeslandes Oö. für die Sozialhilfe lagen im Jahr 2010 bei € 3.393,406 Mio. und wurden in verschiedenen Bereichen wie z.B. zur (Mit-)Finanzierung der Unterbringung von hilfsbedürftigen Menschen in Alten- und Pflegeheimen, der Inanspruchnahme von mobilen sozialen Diensten sowie Krankenhilfeleistungen eingesetzt.162 Zusätzlich gibt es für bestimmte Versorgungsformen im Alter und für die Betreuung und Pflege zu Hause weitere Unterstützungsleistungen bzw. Angebote. 4.2.3 Förderungen und Hilfestellungen Zur leichteren Vereinbarkeit der Pflege und Betreuung naher Angehöriger mit dem Beruf besteht seit 01.01.2014 die Möglichkeit einer Pflegekarenz bzw. einer Pflegeteilzeit mit Rechtsanspruch auf ein Pflegekarenzgeld.163 Der Grundbetrag des Pflegekarenzgeldes ist vom Einkommen abhängig und steht den Angehörigen in derselben Höhe wie das Arbeitslosengeld zu, wobei der Betrag mindestens das Ausmaß der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze erreichen muss. Da bei der Variante der Pflegeteilzeit die Arbeitszeit reduziert und somit das Einkommen verringert wird, gebührt das Pflegekarenzgeld aliquot. Bei beiden Formen ist das Pflegekarenzgeld grundsätzlich auf drei Monate beschränkt. 164 Zusätzlich gibt es für pflegende Angehörige kostenlose Angehörigengespräche bei psychischen Belastungen sowie zur besseren Beratung über das Informationsangebot. 165 Eine weitere Erleichterung für die Hauptpflegepersonen, in Form einer Erholungspause, soll mittels finanzieller Zuwendungen ermöglicht werden und somit dazu beitragen, dass die Pflege in der häuslichen Umgebung verlängert wird. Dafür werden die Kosten für Ersatzpflegemaßnahmen von bis zu vier Wochen pro Kalenderjahr gefördert. 166 Wird hingegen eine 24-Stunden-Betreuung in Anspruch genommen, kann auf die bundesweit gültigen Förderrichtlinien Konsumentenschutz zu des Bundesministeriums § 21b BPGG hingewiesen für Arbeit, werden. Soziales Die und staatlichen Unterstützungsleistungen zur 24-Stunden-Betreuung wurden mit Juli 2007 eingeführt und verfolgen das Ziel der Legalisierung und sozialversicherungsrechtlichen Absicherung der Betreuung in den eigenen vier Wänden. Diese Förderung kann ab einem 161 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 48f. Vgl. Statistik Austria (2012b). 163 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2014), 6. 164 Vgl. Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien (2014), 6. 165 Vgl. Sozialministerium (2014), 4. 166 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013a), 24f. 162 Klara Derntl 42 Finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen im Alter Pflegegeldanspruch der dritten Pflegestufe beantragt werden. 167 Das Land Oö. bietet ebenfalls eine finanzielle Entlastung für Bewohner des betreubaren Wohnens, denen nur ein geringes Einkommen zur Verfügung steht. Um die Mietbelastung zu verringern wird eine zusätzliche Wohnbeihilfe von maximal € 3,50 pro Quadratmeter Wohnnutzfläche gewährt.168 Auffallend ist, dass die aufgezählten Unterstützungsangebote vor allem auf den Bereich der häuslichen Pflege abzielen. Die pflegenden Angehörigen sollen finanziell, beratend, etc. unterstützt werden, um den Verbleib im Eigenheim bzw. der eigenen Wohnung zu verlängern. Auch mit dem Fördermodell der 24-Stunden-Betreuung wird Richtung Verlängerung des Aufenthalts zu Hause hingesteuert. 4.3 Zwischenresümee Die im Folgenden angeführte Aufgliederung gibt einen Überblick über die verschiedenen Voraussetzungen für den Erhalt der Geldleistungen. Es werden spezielle Förderungen, die in diesem Kapitel erläutert wurden, angeführt. Zusätzlich fasst die Abbildung die erläuterten Möglichkeiten der Altersvorsorge sowie die Unterstützungsleistungen zur Finanzierung der Altenpflege/-betreuung auf einem Blick zusammen. 167 168 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2013a), 23. Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (2009), 5. Klara Derntl 43 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Einkommen (ohne Pflegegeld), Vermögen monatlicher Pflegebedarf Versorgungsform (z.B. bei 24-h-Betreuung) Zahlung abhängig von: staatliches Pflegegeld Sozialhilfe Förderungen Finanzielle Basis & Unterstützung betriebliche Altersvorsorge freiwillige private Pflegeversicherung Pension Zahlung abhängig von: freiwillige Leistungszusage des Arbeitgebers Prämie (abhängig von z.B. Alter, Vorerkrankungen) beitragspfl. Einkommen & Versicherungsdauer Abbildung 7: Finanzieller Hintergrund und Unterstützungsmöglichkeiten169 5 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Im vorliegenden Kapitel werden die zentralen Ergebnisse der Experteninterviews, der Datenerhebung sowie der Literaturrecherche zusammengefasst. Die Kostentransparenz wird dabei durch eine systematische Gegenüberstellung der einzelnen Leistungskomponenten erhöht. Es wird aufgezeigt, wie hoch die privaten Aufwendungen, das Kostenausmaß auf Seiten der Träger sowie die Unterstützungen der öffentlichen Hand für die einzelnen Versorgungsformen sind. Auf der Nachfrageseite spielen vor allem die tägliche bzw. wöchentliche Betreuungsintensität, die durch professionelle Anbieter am Dienstleistungsmarkt abgedeckt wird und die Dauer der Pflegebedürftigkeit für das Ausmaß der finanziellen Belastung eine Rolle. Auf der Angebotsseite können die Personalkosten als erhebliche Einflussdimension auf die Höhe der Pflegekosten identifiziert werden. Die 169 Abb.: eigene Darstellung. Klara Derntl 44 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Dienstleistungen zur Versorgung pflegebedürftiger Menschen sind personalintensiv und das schlägt sich deutlich im Preis der Angebote nieder.170 Hinzukommend müssen vor allem im Pflege- und Betreuungsbereich die Auswirkungen der Baumol`schen Kostenkrankheit (nach William Baumol) zur Kenntnis genommen werden. Die Problematik der Baumol`schen Kostenkrankheit lässt sich folgendermaßen zusammenfassen. Rationalisierungen sind im dienstleistungsstarken Pflegesektor nur sehr eingeschränkt realisierbar. Das Dilemma resultiert daher aus der allgemeinen Lohnerhöhung der Bevölkerung, welche der Treiber für die Anpassung der Löhne im Pflegebereich ist, um die Qualität der Dienstleistungen aufrechtzuerhalten.171 Welches Angebot von den Betroffenen schließlich gewählt wird hängt einerseits von der Leistungspalette sowie dem Ausmaß der Pflegebedürftigkeit ab. Andererseits darf der Preis als wichtiger Nachfragefaktor nicht außer Acht gelassen werden. Im folgenden Abschnitt soll aufgezeigt werden, welche Faktoren die Höhe der Pflegekosten beeinflussen und welche Aufwendungen für die verschiedenen Perspektiven aus den Betreuungsformen resultieren. Anfänglich wird dafür die finanzielle Situation pflegebedürftiger Menschen mit konkreten Zahlen und Beispielen hinterlegt. Folgend wurde ein Excel-Sheet erarbeitet, welches eine detaillierte Gegenüberstellung mit individuellen Ausgangssituationen ermöglicht. Auszüge dieser Aufstellung sind in den folgenden Unterkapiteln eingearbeitet. 5.1 Individuelle Ausgangssituationen Abgesehen von einigen finanziellen Unterstützungen seitens der öffentlichen Hand müssen die Betroffenen grundsätzlich selbst für die Kosten im Pflegefall aufkommen. Dafür steht prinzipiell das jeweilige Nettoeinkommen aus Pension, Pflegegeld, privaten Renten, etc. und dem Vermögen (z.B. Sparbücher, Wertpapiere) zur Verfügung. Die Höhe des monatlichen Pflegegelds je Stufe ist im Abschnitt 4.2.1 detailliert beschrieben. Der Schwerpunkt wurde in diesem Unterkapitel daher auf die aktuellen Pensionshöhen der Österreicher bzw. speziell der Oberösterreicher gelegt. Ebenfalls wird ein Beispiel der privaten Pflegeversicherung exemplarisch für die vielen verschiedenen Varianten angeführt. 170 171 Vgl. Schneider u.a. (2006), 2. Vgl. Van der Beek/Van der Beek (2011), 158. Klara Derntl 45 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich In der folgenden Tabelle werden die Durchschnittspensionen der Österreicher ausgewiesen. davon Alle WitwerWaisenAlle AltersAP § Vorzeit. pensionen pensionen Pensionen pensionen 253 AP Pensionsversicherungsanstalt (Arbeiter, Angestellte) Stand Dez. 2014 Männer 1.127 1.186 1.134 1.988 256 335 1.111 Frauen 775 685 671 1.037 614 345 656 Männer 1.505 2.044 1.993 2.429 412 353 1.866 Frauen 963 1.211 1.177 1.348 951 354 1.138 Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau - Eisenbahnen Stand Dez. 2014 Männer 1.332 1.608 1.554 1.082 300 398 1.511 Frauen 962 1.006 986 1.399 748 374 866 Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau - Bergbau Stand Dez. 2014 Männer 1.387 1.951 1.907 2.322 964 529 1.870 Frauen 1.285 1.360 1.297 1.766 406 577 1.021 Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft Stand Dez. 2014 Männer 1.314 1.709 1.681 2.021 419 376 1.605 Frauen 895 1.067 1.056 1.243 768 378 931 Sozialversicherungsanstalt der Bauern Stand Dez. 2014 Männer 1.104 1.128 1.121 242 386 1.022 Frauen 753 613 599 975 638 382 620 Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates Dez. 2014 Männer 3.703 5.751 993 5.575 Frauen 4.541 2.800 1.109 2.762 Pensionsversicherung der Selbständigen Pensionsversicherung der Unselbständigen Geschlecht BU-/IVpensionen Tabelle 3: Durchschnittspensionen nach Pensionsversicherungsträger (Österreich 12/14)172 Diese Tabelle zeigt die Durchschnittswerte der Pensionsversicherung der Selbständigen sowie der Unselbständigen nach Geschlecht. Die angeführten Daten sind einschließlich Zulagen und Zuschüsse. Klar ersichtlich wird in dieser Aufzählung, dass die monatlichen Bruttopensionen der Frauen niedriger und zum Teil deutlich unter den Bezügen der Männer liegen. Auch bei der Berufsunfähigkeitspension (BU-Pension, § 271 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG, Angestellte) und der Invaliditätspension (§ 254 ASVG, Arbeiter) liegen die Bezüge der Frauen unter dem Schnitt der Männer.173 Im nächsten Schritt werden diese Beträge auf den Durchschnitt aller Pensionen und Alterspensionen reduziert. Da jedes Jahr grundsätzlich mit erstem Jänner eine Anpassung erfolgt, sind ebenfalls die aktuellen Durchschnittswerte für 2015 interessant.174 Durchschnitt aller Pensionen - 12/14 Ö (m/w) Durchschnitt aller Alterspensionen - 12/14 Ö (m/w) 1.078,17 1.126,87 Durchschnitt aller Pensionen - 02/15 Ö (m/w) 1.097,46 Durchschnitt aller Alterspensionen - 02/15 Ö (m/w) 1.229,04 175 Tabelle 4: Durchschnittswerte Pensionen 172 Tabelle in Anlehnung an: Österreichische Sozialversicherung (2014). Vgl. § 254 ASVG; § 271 ASVG. 174 Vgl. Sozialplattform Oberösterreich (2015), 30. 175 Tabelle eigene Darstellung, Quelle: Österreichische Sozialversicherung (2014); Österreichische Sozialversicherung (2015). 173 Klara Derntl 46 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Für das Jahr 2015 sind lediglich Angaben zu den Durchschnittswerten verfügbar. Eine Aufschlüsselung nach Geschlecht liegt nicht vor. Diese Gegenüberstellung der beiden Jahre lässt jedoch bereits die Pensionsanpassung erkennen. Bei dem Anpassungsfaktor von 1,017 für das Jahr 2015 wird die Inflationsrate im maßgeblichen Zeitraum (August 2013 bis Juli 2014) berücksichtigt.176 Darüber hinaus wurden die durchschnittlichen Pensionshöhen für das Bundesland Oberösterreich und den Bezirk Schärding bei den Pensionsversicherungsträgern angefragt. Auf Bezirksebene liegen allerdings bei keinem Träger Auswertungen vor. Für die Bundesländer gibt es bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau kein Zahlenmaterial.177 Die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates kann aufgrund der geringen Anzahl der Bezieher von Pensionen nach dem Notarversicherungsgesetz (NVG) – auch aus Gründen des Datenschutzes – keine Informationen über durchschnittliche Pensionshöhen ausgeben. 178 Von folgenden Pensionsversicherungsträgern stehen Daten zum Bundesland Oberösterreich zur Verfügung. BU-/IVpensionen Geschlecht Alle Alterspensionen davon WitwerWaisenAP § pensionen pensionen Vorzeit. AP 253 Pensionsversicherungsanstalt Stand Dez. 2014 Alle Pensionen Männer 1.215,87 1.880,76 1.830,39 2.185,67 322,08 290,51 1.657,93 Frauen 748,63 968,11 932,90 1.462,30 846,52 285,16 910,10 - 766,00 Sozialversicherungsanstalt der Bauern Stand Dez. 2014 M/W 1.030,00 791,00 - - - Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft Stand Dez. 2014 M/W 1.336,18 1.458,05 1.417,13 1.434,42 587,06 386,09 1.259,69 Tabelle 5: Durchschnittspensionen nach Pensionsversicherungsträger (Oö. 12/14)179 Nicht pensionsversichert sind Beamte im Ruhestand. Sie erhalten vom Staat als Altersvorsorge einen sogenannten Ruhegenuss, fallen somit nicht in die Zuständigkeit der Pensionsversicherungsträger.180 Die Ruhebezüge der Beamten sind im Kostenvergleich in Kapitel 5 nicht berücksichtigt, da bei der Berechnung der Nettobeträge von Ruhebezügen 176 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2015). Vgl. Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (2015). 178 Vgl. Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates (2015). 179 Tabelle eigene Darstellung, Quellen: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (2015); Pensionsversicherungsanstalt Hauptstelle Kundendienst (2015); Sozialversicherungsanstalt der Bauern (2015). 180 Vgl. Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter (o.J.a). 177 Klara Derntl 47 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich abweichende Punkte der Pensionen zu beachten sind. 181 Eine Übersicht der monatlichen Ruhebezüge öffentlicher Bediensteter in Oberösterreich zeigt folgende Tabelle. Durchschnittliche Ruhebezüge November 2013 (Oö.) LandVerwaltung LandLehrer Gemeinden Mittelwert 3.360,70 3.022,89 2.738,16 Anzahl der Ruhebezugempfänger 2.838,00 6.688,00 1.204,00 182 Tabelle 6: Durchschnittliche Ruhebezüge 2013 (Oö.) Für die im Vergleich zu den Pensionen nach dem ASVG durchschnittlich hohen Ruhebezüge wurden 1999 und 2005 Novellen eingeführt, um die Höhe bei Neupensionierungen auf langfristige Sicht deutlich abzusenken. 183 Zusätzlich wurde 2005 mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz erstmals ein einheitliches Pensionssystem geschaffen, das nicht nur für die Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft, sondern auch für die Vertragsbediensteten und Beamten gilt.184 Somit gilt nun für die neuen Vertragsbediensteten, die bei der Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter (BVA) kranken- und unfallversichert sind, eine Pensionsversicherung nach dem ASVG. Der zuständige Pensionsversicherungsträger ist die Pensionsversicherungsanstalt.185 Als weiterer Ausgangspunkt für den Kostenvergleich wird das Mindesteinkommen herangezogen. In Österreich gibt es keine gesetzliche Mindestpension, sondern eine Ausgleichszulage. Ausgehend von den Einkommensverhältnissen (Bruttopension, sonstige Nettoeinkünfte, Unterhaltsansprüche) erhalten Pensionsbezieher, die den Richtsatz nicht erreichen, die Differenz als Ausgleichszulage. Für alleinstehende Bezieher einer Pensionsleistung gilt ein Ausgleichszulagenrichtsatz von € 872,31 pro Monat. Für Ehepaare im gemeinsamen Haushalt ist der Wert mit € 1.307,89 festgesetzt. Darüberhinaus erhöht sich der Richtsatz für jedes Kind, dessen Nettoeinkommen € 320,84 nicht erreicht.186 Ausgehend von der Bruttopension wird in weiterer Folge der Nettobetrag ermittelt, der nach den Abzügen auf das Bankkonto überwiesen wird. monatliche Bruttopension - Krankenversicherungsbeitrag 5,1 % - Lohnsteuer (LSt) = monatliche Nettopension (= Auszahlungsbetrag) 181 Vgl. Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter (o.J.b). Tabelle eigene Darstellung, Quelle: Oberösterreichischer Landesrechnungshof (2014), 14. 183 Vgl. Oberösterreichischer Landesrechnungshof (2014), 14. 184 Vgl. Bundeskanzleramt Österreich (2015f), 4. 185 Vgl. Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter (o.J.a). 186 Vgl. Sozialplattform Oberösterreich (2015), 29; § 293 ASVG. 182 Klara Derntl 48 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Von den jeweiligen Bruttopensionen sind die Krankenversicherung (KV) sowie die Lohnsteuer zu subtrahieren, um die Nettopension zu errechnen. 187 Pensionsbezieher mit einem ständigen Wohnsitz in Österreich sind in der Krankenversicherung abgesichert und haben daher einen 188 Bruttopension. Beitrag zu entrichten. Der Beitragssatz beträgt 5,1 % der Da Pensionen sowie die Sonderzahlungen (13. und 14. Pension) laut dem Einkommensteuergesetz als Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit gelten, unterliegen sie der Einkommensteuer (Lohnsteuerpflicht). 189 Zur Berechnung der Lohnsteuer wird die Effektivtariftabelle des Bundesministeriums (siehe Anhang) zu Hilfe genommen. 190 Dabei wird der Grenzsteuersatz, der die prozentuelle Erhöhung der Steuerbelastung vom bisherigen steuerbaren Tatbestand zum nächsten Intervall darstellt, herangezogen. 191 Bei der Versteuerung von Pensionen müssen unter anderem die nachstehenden Punkte beachtet werden.192 Monatliche Bruttopensionshöhen (ohne Alleinverdiener-/Alleinerzieherabsetzbetrag) sind bis zu € 1.067,44 lohnsteuerfrei. Für das Pflegegeld und die Ausgleichszulage ist keine Lohnsteuer fällig. Von der Lohnsteuer werden bei Zutreffen bestimmter Voraussetzungen sogenannte Absetzbeträge abgezogen. Beispielsweise steht bei jährlichen Pensionseinkünften unter € 17.000,- ein Pensionistenabsetzbetrag von € 400,- jährlich zu. Dieser Pensionistenabstetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden Pensionseinkünften von € 17.000,- und € 25.000,- auf null. Daneben gibt es bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen einen erhöhten Absetzbetrag (€ 764,jährlich). Als Pensionseinkunft gilt die laufende Bruttopension abzüglich der Werbungskosten z.B. Sozialversicherung. Sonderzahlungen sind abzüglich des KV-Beitrages bis zu € 620,- jährlich steuerfrei. Beträge, die diesen Wert überschreiten sind innerhalb der Jahressechstelgrenze mit 6 % zu versteuern. Die Besteuerung der Sonderzahlungen entfällt jedoch, wenn die Jahressechstelgrenze höchstens € 2.100,- beträgt. Die Berechnung der Steuerbeträge wird direkt vom Versicherungsträger durchgeführt, ebenso werden die jeweiligen Anteile von der Pension abgezogen und an die Steuerbehörde 187 Vgl. Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien (2015). Vgl. Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (2014), 2. 189 Vgl. Pensionsversicherungsanstalt (2015), 2. 190 Vgl. Bundesministerium für Finanzen (2005), 420-10. 191 Vgl. Eggert/Minter (o.J.). 192 Vgl. Pensionsversicherungsanstalt (2015), 2ff. 188 Klara Derntl 49 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich abgeführt.193 Die Pensionen werden seit 1.1.1997 im Nachhinein jeweils zum Monatsersten des Folgemonats ausbezahlt.194 Auf der Einnahmeseite der Pflegebedürftigen kann bei Vorliegen einer Pflegestufe das jeweilige Pflegegeld als weitere Transferleistung in das Haushaltseinkommen einbezogen werden. Das Pflegegeld gebührt zwölf Mal jährlich und wird monatlich im Nachhinein ausbezahlt. Es stellt jedoch lediglich eine Abgeltung des Pflegebedarfs dar, mit dem die zusätzlichen Aufwände abgedeckt werden sollen und trägt somit nicht zur Erhöhung des Lebensstandards bei. Die Bedingungen und detaillierten Auszahlungsbeträge sind in Unterkapitel 4.2.1 nachzulesen. Wurde eine private Pflegeversicherung abgeschlossen steht im Pflegefall zusätzlich zum staatlichen Pflegegeld monatlich Kapital für z.B. eine professionelle Betreuung zur Verfügung. Das Testmagazin “Konsument“ der österreichischen Verbraucherorganisation informiert 2015 in einem Bericht, dass es in Österreich seit circa zehn Jahren nur eine Handvoll Versicherer gibt, die ein eigenes Produkt zur Absicherung im Pflegefall anbieten. Alle Anbieter bezeugen, dass jährlich nur einige wenige Polizzen verkauft werden. 195 Die verschiedenen Möglichkeiten und Produkte zur privaten Altersvorsorge sind in Abschnitt 4.1.3 näher erläutert. Nachstehend wird ein Angebot der Oberösterreichischen Versicherung AG zur Pflegevorsorge mit den Details und Kosten der Produktbestandteile beispielhaft für die private Pflegeversicherung angeführt. Dieses Produkt wird über den Kooperationspartner Raiffeisenbank angeboten. Die nachstehenden Informationen entstammen dem Angebot der Raiffeisenbank. 196 Gegebenheiten, Eine Berechnung, basierend auf in der Praxis häufig zutreffende wurde von Beratern der Raiffeisenbank für eine klassische Rentenversicherung mit einer Pflegerentenzusatzversicherung erstellt. Die Eckdaten zur exemplarisch angeführten, versicherten Person sind unterhalb zusammengefasst. Versicherte Person: Herr Mustermann, 57 Jahre bei Abschluss der Versicherung Versicherungsbeginn: Aufschubdauer (Zeit zwischen Vertragsbeginn und Beginn der Rentenzahlung): Rentenzahlungsbeginn: 01.05.2015 Rentenzahlungsdauer: Garantiezeit (Rentenzahlung nach Ableben der versicherten Person): lebenslang 15 Jahre 01.05.2030 17 Jahre 193 Vgl. Pensionsversicherungsanstalt (2015), 2. Vgl. Sozialplattform Oberösterreich (2015), 30. 195 Vgl. Konsument (2015), 24. 196 Vgl. Anhang Oö. Versicherung AG (2015). 194 Klara Derntl 50 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich monatl. Prämie klassische Rentenversicherung: 171,14 monatl. Prämie Pflegerentenzusatzversicherung: 28,43 monatliche Gesamtprämie: 199,57 Gesamtprämiensumme: 35.922,6 128,89 (bei Pflegebedürftigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen während der Aufschubdauer Erhöhung um 100 % ab vereinbartem Rentenzahlungsbeginn) garantierte monatliche Rente: voraussichtl. monatliche Gesamtrente (Zahl beruht auf Schätzungen, unverbindliche Angabe) 169,41 Tabelle 7: Eckdaten zur versicherten Person197 Die untere Altersgrenze für den Abschluss dieses Versicherungsprodukts ist mit 21 und die Höchstgrenze mit 65 Jahren festgesetzt. Im Normalfall gilt, je früher die Versicherung abgeschlossen wird, umso geringer fällt die monatliche Gesamtprämie aus. Wird der Versicherungsabschluss in dem angeführten Beispiel um zehn Jahre (im Alter von 47 Jahren) vorverlegt, vermindert sich - bei gleicher Rente und Rentenauszahlungsbeginn mit 01.05.2030 (72 Jahre) – die monatliche Prämie um € 86,92. Folglich wird anstelle eines Betrages von € 199,57 nur € 112,65 monatlich an das Versicherungsunternehmen überwiesen. Die Höhe der Prämienzahlung kann selbst bestimmt werden, die davon abhängige Mindestrente pro Monat darf jedoch nicht unter € 100,- ausfallen. 198 Der Rentenauszahlungsbeginn wurde im gewählten Beispiel mit 72 Jahren festgesetzt, da nach Berechnungen des Pflegevorsorgeberichts bereits 51,99 % der über 80-jährigen Personen in Oberösterreich Pflegegeld beziehen. In der Altersgruppe 61 bis 80 erhalten ca. 1/3 der Personen Pflegegeld (30,87 %).199 Tritt der Pflegefall bereits vor dem Rentenzahlungsbeginn ein, entfällt die Pflicht zur Prämienzahlung für die Pflegerentenzusatzversicherung. Außerdem kann die monatliche Rente, bei Zutreffen der Voraussetzungen für die Pflegebedürftigkeit, ab Versicherungsbeginn geltend gemacht werden. Der Anspruch auf eine Pflegerente sowie deren Höhe hängt grundsätzlich davon ab, wie viele der sechs Grundverrichtungen des täglichen Lebens nicht mehr ohne die tägliche Hilfe einer anderen Person ausgeführt werden können. Zu den sechs im Versicherungsvertrag festgelegten Grundverrichtungen des täglichen Lebens zählen:200 Fortbewegen im Zimmer Aufstehen und Zubettgehen An- und Auskleiden Einnehmen von Mahlzeiten und Getränken Waschen, Kämmen, und Rasieren 197 Vgl. Anhang Oö. Versicherung AG (2015), 4. Vgl. Raiffeisenbank Mauthausen (2015). 199 Vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2014), 75. 200 Vgl. Anhang Oö. Versicherung AG (2015), 7. 198 Klara Derntl 51 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Verrichten der Notdurft Ist die versicherte Person im Sinne der Versicherungsbedingungen dauerhaft pflegebedürftig, so wird für die Dauer der Pflegebedürftigkeit, je nach Leistungsstufe eine Pflegerente ausbezahlt.201 Leistungsstufe I (wenn 3 von 6) € 64,45 Leistungsstufe II (wenn 4 von 6) € 96,67 Leistungsstufe III (wenn 5 von 6) € 128,89 Im Ablebensfall der versicherten Person, ohne einen bis dahin entstandenen Anspruch auf eine Rente aufgrund von Pflegebedürftigkeit, wird die bis zum Tod zugeteilte Gewinnbeteiligung ausbezahlt.202 Alle bisherigen Informationen zu den Pensionseinkünften, dem Pflegegeld sowie zur klassischen Rentenversicherung mit Pflegerentenzusatzversicherung sind unterhalb in einem Rechenbeispiel zusammengefasst. Tabelle 8: Kostenvergleich I203 201 Vgl. Anhang Oö. Versicherung AG (2015), 7. Vgl. Anhang Oö. Versicherung AG (2015), 8. 203 Tabelle: eigene Darstellung. 202 Klara Derntl 52 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Zur Kostendeckung der verschiedenen Versorgungformen im Alter können bzw. müssen (z.B. Teilzahler in einem Alten- und Pflegeheim) neben dem laufenden Einkommen auch die Vermögensteile der betroffenen Personen herangezogen werden.204 Das Vermögen und die Möglichkeit der betrieblichen Altersvorsorge sind in der Kostenvergleichsaufstellung nicht berücksichtigt. Des Weiteren ist die Berechnung des laufenden Einkommens auf eine Person abgestimmt, weshalb beispielsweise nur das Mindesteinkommen für alleinstehende Personen im Excel-Sheet zur Auswahl steht. Der Grund dafür ist, dass die weiteren Kostenberechnungen der verschiedenen Wohnformen mit Pflege und Betreuung jeweils für Einzelpersonen betrachtet werden. Da der Großteil der Alten- und Pflegeheimbewohner die Pflegestufe 4 aufweist und überwiegend Frauen in APH leben, wurde die Ausgangslage aller folgenden Berechnungen darauf abgestimmt. 205 Der Person in dem Beispiel stehen monatlich € 1.816,90 zur Verfügung (ohne 13. und 14. Pension). Nachdem nun das Augenmerk darauf gelegt wurde, wie die finanzielle Situation älterer und/oder pflegebedürftiger Menschen aussieht, werden in den folgenden drei Unterkapiteln die Kosten für die verschiedenen Wohnmöglichkeiten betrachtet. 5.2 Alten- und Pflegeheime in Oberösterreich Als erste Wohnform mit Pflege und Betreuung im Alter werden die Alten- und Pflegeheime in Oberösterreich hinsichtlich der entstehenden Kosten analysiert. Im Vergleich zum betreubaren und betreuten Wohnen handelt es sich hierbei um eine stationäre Versorgungsform mit Vollverpflegung. In den vorliegenden Ergebnissen sind sowohl Erkenntnisse aus den Experteninterviews, als auch der systematischen Kostenerhebung enthalten. Diese Vollerhebung der Heimtarife in Oberösterreich (gültig n = 128) wurde mittels Internetrecherche sowie direkter Anfrage bei den Alten- und Pflegeheimen oder deren Trägerorganisationen durchgeführt. Es wurde großer Wert darauf gelegt, alle Heimtarife zum Stand 2015 zu ermitteln, womit eine Rücklaufquote von 100 % erreicht werden konnte. Als Ausgangsbasis wurde die Liste der Arbeitsgemeinschaft der Alten- und Pflegeheime Oberösterreichs herangezogen. Nach Rückfrage bei der Arbeitsgemeinschaft sind darin alle Heime enthalten. Die Autorin reduzierte diese Aufstellung der Heime, indem alle Pflegeheime nach dem Oö. Chancengleichheitsgesetz herausgenommen wurden. Diese Unterscheidung wurde getroffen, damit die Konzentration auf Personen, die aus Altersgründen pflegebedürftig werden und somit auf Alten- und Pflegeheime nach dem Oö. SHG 1998 liegt. Ein weiterer Grund, warum diese Differenzierung wichtig ist, ist angesichts 204 205 Vgl. Mühlberger u.a. (2008b), 12. Vgl. Sozialhilfeverband Schärding, Geschäftsstelle Bezirkshauptmannschaft Schärding (2015). Klara Derntl 53 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich der unterschiedlich geregelten Finanzierung. Klienten nach dem Oö. ChG fallen in die Zuständigkeit des Landes Oberösterreich, wobei das Land 40 % der Kosten auf die einzelnen Bezirke und Statutarstädte (regionale Träger sozialer Hilfe) nach Kopfquote verteilt. Als Beispiele für solche Landespflege- und Betreuungszentren können Schloss Cumberland, Schloss Haus oder Christkindl aufgezählt werden. Bei Pflegebedürftigkeit aufgrund des Alters sind die Sozialhilfeverbände verantwortlich und die Gemeinden sind die Finanziere.206 Welche Kriterien für eine Aufnahme in ein Alten- und Pflegeheim gegeben sein müssen, wird im folgenden Abschnitt 5.2.1 erläutert. 5.2.1 Voraussetzungen für die Aufnahme Als Voraussetzung für die Aufnahme in ein Alten- und Pflegeheim in Oberösterreich gilt grundsätzlich, die Person muss über 60 Jahre alt sein und mindestens die Pflegestufe 3 aufweisen. 207 Zusätzlich ist bei der Vergabe der Heimplätze der objektive Bedarf der einzelnen Personen zu betrachten. Das bedeutet, es wird überprüft, ob der Pflegebedarf auch durch andere Maßnahmen z.B. mit mobilen Diensten gesichert werden kann.208 Durch diese individuelle Behandlung eines jeden Falles gemäß der Objektivierungsrichtlinie des Landes Oberösterreich werden beispielsweise auch die Lebensbedingungen, die Infrastruktur oder die Möglichkeit einer Familienzusammenführung betrachtet und somit kann auch unter der Pflegestufe 3 bereits einer Heimaufnahme zugestimmt werden. Liegen bei einem Oberösterreicher diese Voraussetzungen für eine Heimaufnahme vor, ist in erster Linie jeder RTSH für die Bewohner in seinem Bezirk zuständig. Das heißt, die Person hat einen Rechtsanspruch, einen entsprechenden Heimplatz zur Verfügung gestellt zu bekommen. Das Oö. SHG 1998 legt fest, dass der regionale Träger für die Heimkosten (Sozialhilfe) aufkommen muss, in dessen Bereich sich der Hilfeempfänger während der letzten sechs Monate vor der Leistung, also vor Einzug, an insgesamt mindestens 150 Tagen aufgehalten hat. Sollte aus nachvollziehbaren Gründen der Antrag in einem anderen Bezirk gestellt werden, kann der RTSH, der gemäß Sozialhilfegesetz für den Kostenersatz aufkommen muss, eine Finanzierungszusage geben. In solchen Fällen wird die Pflege und Betreuung nicht im Bezirk des finanzierenden regionalen Trägers durchgeführt. Die Heimzuweisung erfolgt schließlich durch Bescheid der jeweiligen Bezirkshauptmannschaft oder durch das Magistrat. Somit wird die Begleichung aller nicht gedeckten Kosten (Sozialhilfe) behördlich zugesprochen. Ab Erlass des Bescheides ist der jeweilige regionale 206 Vgl. Interview E5 (2015). Vgl. Interview E5 (2015); Interview E3 (2015). 208 Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Alten- und Pflegeheime Oberösterreichs (2008), 4. 207 Klara Derntl 54 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Träger zur Kostendeckung der Heimplätze verpflichtet, unabhängig davon, ob der Heimträger eine Gemeinde, ein Orden oder z.B. der Sozialhilfeverband selbst ist.209 Ab der Zuerkennung eines Heimplatzes steht dem Einzug nichts mehr im Weg. Die Grundversorgung und Leistungen, die den Bewohnern in Alten- und Pflegeheimen geboten werden, sind unterhalb nachzulesen. 5.2.2 Leistungsspektrum der Versorgungsform Das Ziel der Sozialpolitik ist, dass in den über 100 Alten- und Pflegeheimen in Oberösterreich alle Heimplätze den Standard der Oö. Alten- und Pflegeheimverordnung erfüllen. Ausstattungsunterschiede ergeben sich zwangsläufig, da die Heime zum Teil gerade neu gebaut, generalsaniert oder bereits vor Jahren errichtet wurden. 210 Nach den Vorgaben der Verordnung sind die Heime zur Gänze barrierefrei und nach den anerkannten Betreuungs- und Pflegestandards zu errichten, auszustatten und zu betreiben. 211 Die Wohneinheiten müssen über einen Vorraum, ein Bad sowie einen Wohn- Schlafraum mit mindestens 17 m² verfügen (Ein-Personen-Wohneinheiten mit Erker mindestens 15 m²).212 Nicht nur die baulichen Gegebenheiten sind genau vorgegeben, Regelungen gelten auch für die Mindestanzahl des Pflege- und Betreuungspersonals, welche sich nach den Pflegestufen der Heimbewohner richtet, um die Qualität der Pflege durch ausgebildetes Fachpersonal sicherzustellen. 213 Die Oö. APH-VO legt ebenso die Aufgaben der Heime fest. Dieses Angebot muss verschiedene Hotel-, Betreuungs- und Pflegeleistungen umfassen. Die Grundleistungen sind in den jeweiligen Heimtarifen enthalten und umfassen das Wohnen, die Verpflegung sowie sämtliche für den Alltag notwendige Leistungen. Dazu zählen beispielsweise die Beheizung, der Energiebezug, die Instandhaltung, technische Anschlüsse, die Reinigung der Wohneinheit sowie der Leib- und Bettwäsche. 214 Der Heimträger kann auch freiwillige Zusatzleistungen, die über die Grundleistungen hinausgehen, anbieten. Die Kosten dieser Leistungen wie z.B. Friseur, Pediküre, die Organisation von Ausflügen oder die Bereitstellung von Therapieräumlichkeiten unterliegen der freien Vereinbarung. Der Heimbewohner muss diese „Wahlleistungen“ vom eigenen Geld bzw. vom verbleibenden Taschengeld bezahlen. Kein Entgelt darf vom Heimträger für Heilbehandlungen, ärztlich verordnete Physiotherapien, Heilbehelfe und Hilfsmittel (z.B. 209 Vgl. Interview E5 (2015); § 41 Oö. SHG 1998. Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Alten- und Pflegeheime Oberösterreichs (2008), 5. 211 Vgl. § 6 Abs 1 Oö. APH-VO. 212 Vgl. § 7 Oö. APH-VO. 213 Vgl. § 16 Oö. APH-VO. 214 Vgl. § 2 Oö. APH-VO. 210 Klara Derntl 55 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Inkontinenzartikel, Sondennahrung) verlangt werden. Diese Kosten werden von den Krankenkassen übernommen. Handelt es sich um teure Hilfsmittel kann es immer wieder zu Zuständigkeitskonflikten ohne Einigung kommen. In diesen Fällen bleibt den Bewohnern oft keine andere Möglichkeit als die kostspieligen Hilfsmittel selber zu erstehen.215 Dass die Gestaltung des Tagesablaufs trotz Oö. APH-VO unterschiedlich ausfallen kann, wurde durch die Interviews ersichtlich. Die verschiedenen Generationen der Pflegeheime setzen jeweils andere Schwerpunkte. Während die klassischen Alten- und Pflegeheime, die derzeit auf dem Sozialmarkt zu finden sind, Heime der dritten Generation sind, gibt es einige wenige Häuser der vierten Generation mit dem sogenannten Hausgemeinschaftsmodell. Das erste Alten- und Pflegeheim, welches in Oberösterreich in Richtung Hausgemeinschaften umstrukturiert wurde ist das Haus für Senioren Wels (Diakoniewerk). Diese Umorganisation fand im Jahr 2003 statt und mittlerweile bietet das Diakoniewerk mehrere Heimanlagen mit kleinen Wohngruppen, den Hausgemeinschaften. 216 Die beiden Interviews mit Leitungspersonen des Diakoniewerks gaben Aufschluss über die Besonderheiten der Hausgemeinschaften. Dieses Modell macht die Bewohnergruppen kleiner (ca. zehn bis zwölf Personen) und überschaubarer. Damit soll die Anonymität aufgehoben werden und die Bewohner können sich besser kennenlernen. Zusätzlich wird von den Mitarbeitern darauf geachtet, dass jeder seinen Lebensstil – so weit wie möglich – auch im Alten- und Pflegeheim weiterführen kann. Das Zentrum dieser Hausgemeinschaften ist die Küche und der Wohnbereich. Die Bewohner haben beispielsweise die Möglichkeit beim täglichen Kochen mitzuhelfen. Zielsetzung ist, dass nicht die Pflegeroutine das Leben im Heim bestimmt, sondern im Rahmen der Wohngemeinschaften die persönlichen Bedürfnisse der Bewohner berücksichtigt werden und ein möglichst normaler Wohnalltag gemeinsam gelebt werden kann. Diese Punkte werden sowohl durch die Architektur, als auch durch das Bewohner- und Mitarbeiterkonzept unterstützt. 217 Ein weiterer Aspekt, der für die Hausgemeinschaften spricht, ist die Veränderung der Bedürfnisse der Heimbewohner. Ein Beispiel dazu wird im Interview mit einer Heimleitung gebracht. Im Jahr 2007 waren von den 40 Bewohnern des Alten- und Pflegeheimes fünf dement. Mittlerweile ist bei 26 und somit bei mehr als der Hälfte der Bewohner „Demenz“ diagnostiziert worden. Während früher vor allem die Pflege im Mittelpunkt stand, wird es mittlerweile zunehmend die Betreuung. In vielen Fällen haben an Demenz erkrankte Menschen körperlich keinen Pflegebedarf, sondern sie müssen begleitet und betreut werden. Das Konzept der Hausgemeinschaften geht sehr stark auf dieses Thema ein. In diesem Zusammenhang wurde im Interview eine weiterführende 215 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 123f. Vgl. Interview E3 (2015). 217 Vgl. Interview E3 (2015); Interview E2 (2015). 216 Klara Derntl 56 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Frage aufgeworfen. Sind die ausgebildeten Pflegefachkräfte in den Alten- und Pflegeheimen auch Betreuungsfachkräfte, die mit diesen Veränderungen in der Altenheimlandschaft umgehen können und bringen sie die nötigen Fähigkeiten mit?218 Zusammenfassend kann als Besonderheit der Alten- und Pflegeheime, unabhängig vom Konzept der Hausgemeinschaften, die Rund-um-die-Uhr-Verpflegung durch Pflegefachkräfte mit dem Aspekt der Wohnkomponente und Vollverpflegung gewertet werden. Ein weiterer Vorteil für die Heimbewohner ist die Finanzierungssicherheit. Dieser Blickwinkel wird im folgenden Unterpunkt betrachtet. 5.2.3 Kosten aus der Kundenperspektive Die Gebühren für Heime in Oberösterreich setzen sich aus dem Grundbetrag und einem Zuschlag, der vom Ausmaß der Pflegebedürftigkeit abhängt, zusammen. Dieser Pflegezuschlag beträgt 80 % des jeweils bewilligten Pflegegeldes. Eine Sonderregelung gibt es für die Stufe 1. Hier errechnet sich der Zuschlag aus der Differenz des Pflegegeldes und dem jeweils zustehenden Taschengeld der Bewohner. Eine Ausnahmeregelung gilt ebenfalls für die Heimbewohner der Stufen 1 und 2, bei denen der Anspruchsübergang bereits vor dem 01.05.1996 erfolgte.219 Wird das Pflegegeld aliquotiert (Abwesenheitstage), so wird ein Kalendermonat einheitlich mit 30 Tagen angenommen. 220 Die monatlichen Heimkosten errechnen sich aus dem Tagsatz, multipliziert mit der tatsächlichen Anzahl an Tagen. Dazu wird der jeweilige Pflegezuschlag addiert. Heimkosten Heimtarif (Tagsatz) Pflegezuschlag Unterkunft, Verpflegung, Betreuung, Heizung, Energie, Reinigung, Waschen der Leib- und Bettwäsche, Instandsetzungen, etc. 80 % des Pflegegeldes der jeweils gültigen Pflegegeldstufe (Ausnahme bei Stufe 1) Abbildung 8: Zusammensetzung der Heimkosten221 Im Heimvertragsgesetz ist eine Regelung zur weiteren Aufschlüsselung des Entgelts niedergeschrieben. Demnach hat der Heimvertrag, der mit den Bewohnern abgeschlossen 218 Vgl. Interview E3 (2015). Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (2015e). 220 Vgl. § 12 Abs 4 BPGG. 221 Abb.: eigene Darstellung. 219 Klara Derntl 57 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich werden muss, eine Aufgliederung der Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Grundbetreuung sowie für besondere Pflegeleistungen und zusätzliche Leistungen zu enthalten. 222 Im Rahmen der Datenerhebung wurde ermittelt, in welchem Verhältnis die Kosten für die Unterkunft, Verpflegung und Grundbetreuung stehen. Die Abbildung 9 spiegelt dieses Ergebnis wider. Aufschlüsselung der Heimtarife in Oö. Unterkunft (n=37) 48,54% 46,91% Verpflegung (n=82) Grundbetreuung (n=37) 4,56% Abbildung 9: Aufschlüsselung der Heimtarife in Oö.223 Der Tagsatz ohne Pflegezuschlag beträgt 2015 in Oberösterreich im Durchschnitt € 79,91 netto und wird von € 37,49 für die Unterkunft, € 3,64 für die Verpflegung und von € 38,79 für die Grundbetreuung gebildet. Anzumerken ist hierzu, dass die Addition der Mittelwerte der einzelnen Komponenten nicht 100 % ergibt, da bei den einzelnen Positionen jeweils unterschiedlich viele Werte erhoben wurden. Aus diesem Grund wurde der Mittelwert der gesamten APH der jeweiligen Kategorie im gleichen Ausmaß wie die Mittelwerte der einzelnen Komponenten aufgeteilt. Das Ergebnis dieser Berechnung zeigt das Tortendiagramm 9. Hinzuzufügen ist ebenfalls, dass in den Aufschlüsselungen der Heime die Verpflegung mit dem Lebensmitteleinsatz gleichgesetzt wird. Warum keine Ausweisung der Vollkosten vorgenommen wird, konnte auch im Rahmen der Interviews nicht ermittelt werden. Es wurde lediglich darauf hingewiesen, dass die Vollkosten zwar im Heimtarif enthalten sind, auch wenn sie im Entgelttarif nicht angeführt sind.224 Ein weiterer Aspekt, der die Höhe der Heimkosten mitbestimmt, ist die Thematik Umsatzsteuer (USt) bzw. Vorsteuer. Die Träger der Alten- und Pflegeheime können in drei Gruppen unterschieden werden. 222 Vgl. § 27d Abs 6 HVerG idF BGBl I 2004/12. Abb.: eigene Darstellung. 224 Vgl. Interview E5 (2015). 223 Klara Derntl 58 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Träger der öffentlichen Fürsorge Ist der Heimbetreiber ein Träger des öffentlichen Fürsorgewesens, zu dem die Sozialhilfeverbände und die Städte mit eigenem Statut zählen, hat er Anspruch auf eine Beihilfe nach dem Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz (GSBG) in der Höhe der nicht abzugsfähigen Vorsteuer. Diese Umsätze sind allerdings nicht steuerpflichtig, das heißt den Bewohnern wird keine Umsatzsteuer auf die Heimentgelte aufgeschlagen.225 Körperschaft des öffentlichen Rechts – Optierung zur Steuerpflicht Körperschaften des öffentlichen Rechts wie Gemeinden als Heimträger oder gemeinnützige Rechtsträger z.B. Orden, die zur Steuerpflicht optiert haben, sind zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Umsätze dieser Einrichtungen sind steuerpflichtig, was bedeutet, dass auf die Heimentgelte eine Umsatzsteuer von 10 % aufgeschlagen wird. Da Privatpersonen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, müssen sie die Bruttobeträge bezahlen. Wird das Heimentgelt mit einem RTSH verrechnet, darf sich dieser die ausgewiesene USt als Beihilfe wieder retour holen. Im Gegensatz zu den privaten Selbstzahlern sind somit für die regionalen Träger weiterhin die Nettobeträge ausschlaggebend.226 Körperschaft des öffentlichen Rechts – keine Optierung zur Steuerpflicht Heimbetreiber dieser Kategorie, die nicht zur Steuerpflicht optiert haben und somit unecht steuerbefreit sind, haben einen Anspruch auf Ausgleich ihrer Leistungen gegenüber dem RTSH. Die Höhe dieses Ausgleichs beläuft sich auf 4 % und wurde per Verordnung des Bundesministers für Finanzen bundesweit festgesetzt. Bei Verrechnung des Heimentgelts mit einem RTSH können die 4 % nach dem GSBG wieder vom Finanzamt zurückgeholt werden. Abermals sind die Selbstzahler als Privatpersonen nicht abzugsberechtigt und müssen somit den auf der Rechnung ausgewiesenen Betrag inkl. der 4 % begleichen.227 Die Unterschiede der Heimkosten werden in der Abbildung 10 veranschaulicht. Es sei betont, dass die Durchschnittswerte aus den erhobenen Tagsätzen berechnet wurden und hierfür jeweils die Bruttobeträge herangezogen wurden. Diese Werte sind jene, die von den Selbstzahlern (keine Empfänger sozialer Hilfeleistungen) für ihren Heimaufenthalt aufgebracht werden müssen. In den Heimtarifen der privaten und öffentlichen Träger sind somit 10 % USt bzw. ein Ausgleichssatz von 4 % berücksichtigt. Bei den Heimentgelten der Sozialhilfeverbände sind im Vergleich dazu alle Beträge USt-frei. 225 Vgl. § 3 GSBG; Interview E5 (2015). Vgl. § 6 UStG 1994; Interview E5 (2015). 227 Vgl. § 3 GSBG idF BGBl. II Nr. 56/1997; Interview E5 (2015). 226 Klara Derntl 59 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Durchschnittspreise für ein Einzelzimmer/Tag in Oö. 89,41 80,00 78,84 80,54 83,90 Durchschnittswerte der Einzelzimmer-Tagsätze in Oö. 60,00 40,00 20,00 0,00 Sozialhilfeverbände Öffentliche Träger Private Träger SHV Schärding n = 128 Abbildung 10: Durchschnittswerte der Tagsätze in Oö. (Stand 2015)228 In Heimen privater Träger ist der Tagsatz für Selbstzahler durchschnittlich um € 10,57 höher, als in denen, die von Sozialhilfeverbänden betrieben werden. Nach Auskunft der interviewten Personen ist jedoch der überwiegende Großteil der Heimbewohner nicht in der Lage selber vollständig für die Heimkosten aufzukommen. In diesen Fällen kann beim örtlich zuständigen Magistrat oder der Bezirkshauptmannschaft Sozialhilfe beantragt werden. Die Kosten der Sozialhilfe werden vom zuständigen RTSH in der Höhe des Restbetrages übernommen, wenn das Einkommen (z.B. Pension, Rente, Pflegegeld, Miet- und Zinsverträge) und das verwertbare Vermögen (Bargeld, Sparbücher, Wertpapiere, Immobilien, Liegenschaften, etc.) nicht zur Abdeckung der Heimkosten ausreichen. Jedem Heimbewohner verbleiben somit mindestens 20 % der allfälligen Pension bzw. vom Ruhegenuss, die Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug), 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 (€ 44,30) und beim Vermögen werden € 7.300,- als Freibetrag berücksichtigt. 229 Das bedeutet, dass Bewohner einer stationären Einrichtung, ein höheres Sparvermögen als sonstige Bezieher (€ 4.139,11) besitzen dürfen und trotzdem in den „Genuss“ der sozialen Hilfe kommen. Das bewegliche Vermögen (z.B. Spareinlagen, Aktien, Wertpapiere) der Teilzahler (Sozialhilfeempfänger) sollte am Konto vorhanden sein, damit die Abbuchung des Heimentgelts bis zum Freibetrag gewährleistet ist. Das unbewegliche Vermögen, zu dem Haus-, Grund- und Eigentumsbesitz zählen, ist meist schwer oder nur mit einem Verlust veräußerbar, folglich werden die Ersatzansprüche in der jeweiligen Höhe mittels Notariatsakt sichergestellt. Hat der Heimbewohner eine Kapitalversicherung (Lebensversicherung) abgeschlossen, werden die Versicherungsansprüche im Ausmaß von 80 % bis zur Höhe des für den Bewohner 228 229 Abb.: eigene Darstellung. Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (2015e); Sozialplattform Oberösterreich (2015), 81; Interview E5 (2015). Klara Derntl 60 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich aufgewandten Betrags zu Gunsten des RTSH abgetreten. 230 Gemäß der Oö. Mindestsicherungsverordnung (Oö. BMSV) muss den Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen insgesamt ein monatlicher Betrag von € 153,60 zur Deckung persönlicher Bedürfnisse bleiben.231 Die für den Hilfeempfänger aufgewandten Sozialhilfekosten sind dem jeweiligen RTSH unter bestimmten Voraussetzungen rückerstattungspflichtig. Der Ersatz für geleistete soziale Hilfe und der Übergang von Ansprüchen sind im Oö. SHG 1998 (§ 45 bis § 52) geregelt. Ersatzleistungen können demnach von folgenden Personen geltend gemacht werden:232 dem Sozialhilfeempfänger selber (§ 46 Abs 1 Oö. SHG 1998) wenn beispielsweise Vermögen im Nachhinein hervorkommt (z.B. Lottogewinn) den Erben des Empfängers sozialer Hilfe (§ 46 Abs 3 Oö. SHG 1998) von unterhaltspflichtigen Angehörigen (§ 47 Oö. SHG 1998) von Personen, denen der Sozialhilfeempfänger in den letzten fünf Jahren vor Beginn oder drei Jahre nach der Leistung Vermögen geschenkt hat (§ 48 Oö. SHG 1998) Ersatzpflicht bis zur Höhe des Geschenkwertes z.B. bei einer Hausübergabe Personen, denen gegenüber der Empfänger sozialer Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung jenes Bedarfes besitzt, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat (§ 49 Oö. SHG 1998) gilt auch für Schadenersatzansprüche aufgrund eines Unfalls Zusätzlich zum Heimentgelt fallen für die Bewohner Gebühren für Fernseher und Telefonanschluss an. Die Infrastruktur wird zwar vom Heim zur Verfügung gestellt, der Vertrag muss jedoch direkt mit einem Anbieter abgeschlossen werden. Neben den Ausgaben für persönliche Bedürfnisse muss ebenfalls eine Versicherung (Haftpflicht) extra abgeschlossen werden.233 Mit dem Heimeinzug kann eine Kaution verlangt werden. Deren Höhe ist im Heimvertragsgesetz beschränkt und darf für Teilzahler den Betrag von € 300,nicht übersteigen.234 Mit der Unterzeichnung des Heimvertrages können Unklarheiten bzgl. Vertragserrichtungsgebühr auftauchen. Das Heimvertragsgesetz verbietet Zahlungen des Bewohners an den Heimträger, wenn keine Gegenleistung dafür erbracht wird. Somit ist eine Vertragserrichtungsgebühr per HVerG untersagt.235 230 Vgl. Magistrat der Stadt Steyr (2015), 4f. Vgl. Sozialplattform Oberösterreich (2015), 35. 232 Vgl. § 45-52 Oö. SHG 1998. 233 Vgl. Interview E7 (2015); Interview E5 (2015), Interview E3 (2015). 234 Vgl. § 27g HVerG idF BGBl I 2004/12. 235 Vgl. Danneberg u.a. (2013), 128. 231 Klara Derntl 61 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Die Höhe der Heimkosten kann je nach Anbieter variieren. Exemplarisch werden in der Kostenaufstellung drei Beispiele angeführt. Das in Unterkapitel 5.1 begonnene Rechenbeispiel wird mit den gleichen Werten weitergeführt (Bruttopension € 968,11; Pflegestufe 4, private Altersvorsorge). APH der Sozialhilfeverbände 2015 78,84 Ø aller APH in OÖ 2015 83,90 ca. 20 - 26 m² 24h / 7 / 365 35,43 2015 82,34 - / 10% / 4% mind. 17 m² 24h / 7 / 365 37,48 mind. 17 m² 24h / 7 / 365 37,29 1.062,90 3,85 0,77 1,93 1,16 115,50 44,62 1.124,55 3,64 0,73 1,82 1,09 109,24 38,79 1.118,66 3,45 0,69 1,73 1,04 103,64 38,10 531,44 531,44 531,44 1.870,04 1.695,07 1.674,31 inkludiert inkludiert inkludiert inkludiert inkludiert inkludiert inkludiert individuell nein inkludiert individuell nein inkludiert individuell nein max. € 300,- max. € 300,- max. € 300,- Gesamtkosten der Wohnform/Tag Gesamtkosten der Wohnform/Monat 101,61 3.048,44 100,06 3.001,71 96,55 2.896,61 Unterstützung durch öffentliche Hand* davon Ausgaben RTSH Kosten für Bewohner Verbleibende laufende Einkünfte Ruhensbetrag *) Sozialhilfe 1.594,92 100% 1.453,52 274,81 88,57 1.475,34 100% 1.453,52 274,81 88,57 1.443,09 100% 1.453,52 274,81 88,57 Unterstützung der Lebensführung; einmalige Kosten Pflege und UnterVerpflegung Betreuung kunft BAPH SHV Schärding Stand Tagsatz (inkl. Mehrwertsteuer) USt Größe der Unterkunft Pflege und Betreuung Anteil für Hotelkomponente/Tag Unterkunft gesamt/Monat Anteil für Verpflegung/Tag davon Frühstück (20 %) davon Mittagessen (50 %) davon Abendessen (30 %) Verpflegung gesamt/Monat Anteil für Grundbetreuung/Tag Pflegezuschlag (80 % vom Pflegegeld, Ausnahme 1. Stufe) Pflege & Betreuung gesamt/Monat Reinigung d. Wohneinheit/Tag Reinigung der Leib- & Bettwäsche/Tag Infrastruktur TV-/Telefonanschluss Anbieter TV, Festnetz, etc. Vertragserrichtungsgebühr Kaution Teilzahler (Höhe im HVerG beschränkt) Tabelle 9: Kostenvergleich II236 Anzumerken ist, dass bei den erhobenen Durchschnittswerten der Tagsätze aller Alten- und Pflegeheime in Oberösterreich die Bruttobeträge (10 %, 4 % bzw. USt-frei) herangezogen wurden. Bei der Berechnung wurde berücksichtigt, dass sich der RTSH die ausgewiesene Umsatzsteuer von 10 % oder den Ausgleichssatz von 4 % als Beihilfe zurückholen kann. Aus 236 Tabelle: eigene Darstellung. Klara Derntl 62 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich diesem Grund wurde bei den Unterstützungsleistungen, die den Teilzahlern in Form von Sozialhilfe gewährt wird, jeweils von den Nettobeträgen ausgegangen. Wie bereits erwähnt, bleibt den Teilzahlern 20 % der Nettopension sowie ein Pflegetaschengeld von € 44,30. Da ein Pflegezuschlag im Ausmaß von 80 % zu bezahlen ist und den Heimbewohnern ein Taschengeld von 10 % des jeweiligen Pflegegeldes bleibt, ergibt sich bis auf die Stufe 1 jeweils ein sogenannter Ruhensbetrag. Dieser Betrag wird nicht ausbezahlt. Zur einfacheren Veranschaulichung wird das Beispiel mit den Werten der Bezirksalten- und Pflegeheime (BAPH) Schärding ebenfalls grafisch dargestellt. RTSH vergütet in Form von Sozialhilfe € 1.594,92 Ausgaben € 3.048,44 Heimträger stellt € 3.048,44 in Rechnung Regionaler Träger Heimentgelt € 2.517,00 + Pflegezuschlag € 531,44 Heimkosten ges. € 3.048,44 Sozialer monatliche SH-Zuzahlung € 1.594,92 Hilfe Einnahmen € 1.453,52 Pension € 968,11 Pflegegeld € 664,30 10% Ruhensbetrag = € 88,57 Summe = € 274,81 Taschengeld 20 % = € 183,75 80 % private Altersvorsorge 20 % = € 187,09 80 % der Nettopension = € 734,99 Taschengeld 80 % vom Pflegegeld 10 % der Stufe 3 = € 44,29 = € 531,44 Abbildung 11: Geldflüsse der einzelnen Akteure bei einer Heimunterbringung237 Die monatliche Sozialhilfe-Zuzahlung beläuft sich auf € 1.594,92, während der Heimbewohner € 1.453,52 als Eigenleistung für den Aufenthalt im Alten- und Pflegeheim aufbringt. Die tatsächlichen Kosten für einen Heimplatz variieren je nach der individuellen Pflegeeinstufung. Während bei diesem Beispiel die monatlichen Heimkosten inklusiv Pflegezuschlag (Stufe 4) auf € 531,44 kommen, steigen die Heimgebühren mit Pflegestufe 7 auf € 3.841,64. Die Höhe des Pflegezuschlags kann jedoch vernachlässigt werden, da das Pflegegeld ausbezahlt wird, um die pflegebedingten Mehraufwendungen abzudecken. Auch die Sozialhilfezuzahlungen bleiben für den RTSH bei einer Änderung der Pflegestufe gleich, da die dadurch höheren Heimkosten eins zu eins mit dem Pflegegeld gedeckt werden. 237 Abb.: eigene Darstellung. Klara Derntl 63 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich 5.2.4 Kosten aus der Trägerperspektive Die Finanzierung der Alten- und Pflegeheime liegt nicht nur in der Hand des jeweiligen Trägers. Welche Finanzierungsströme fließen, um die tatsächlichen Kosten der Heimplätze zu decken, wird im vorliegenden Abschnitt näher betrachtet. Dazu wird zuerst die Finanzierung der Errichtungskosten vorgestellt, für die es eigene Finanzierungsschlüssel gibt. Anschließend werden die Kosten des laufenden Betriebs behandelt. Finanzierung der Errichtungskosten Die Kosten der Errichtung werden durch Eigenmittel des Heimträgers, Bedarfszuweisungen (BZ) der Direktion Inneres und Kommunales, Subventionen der Abteilung Soziales sowie mit Hilfe von einem Wohnbauförderungsdarlehen aufgebracht. Ist der Heimträger kein Sozialhilfeverband oder eine Stadt mit eigenem Statut, steuert der jeweilige RTSH üblicherweise noch einen Anteil bei. Abbildung 12 gibt Auskunft über die Verteilung der Errichtungskosten. Heimträger RTSH (SHV, Stadt mit Statut) Heimträger Gemeinde, Orden Eigenmittel 5% Subventionen RTSH 10 % Eigenmittel 15 % WBF-Darlehen 50 % BZ-Mittel 10 % Heimbewohner (über Heimentgelt) WBF-Darlehen 50 % Land Oö. Heimträger BZ-Mittel 10 % RTSH Abbildung 12: Finanzierung der Errichtungskosten238 Wenn der Heimträger ein regionaler Träger sozialer Hilfe ist, beläuft sich der Eigenanteil auf ca. 10 % bis 15 %. Ist das nicht der Fall, verringert sich der Eigenanteil auf ca. 5 %, da der 238 Abb.: eigene Darstellung. Klara Derntl 64 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich RTSH somit (freiwillig) als Subventionsgeber auftreten kann.239 Wird für den Eigenanteil ein Kredit aufgenommen, sind die Fremdkapital-Zinsen nicht zu vergessen. Stehen die benötigten Eigenmittel z.B. aufgrund der Veräußerungen von Grundstücken etc. zur Verfügung, sind die Finanzierungskosten des Eigenanteils zu vernachlässigen. Die Finanzierungszusagen seitens der Abteilung Soziales, der Direktion Inneres und Kommunales sowie eventuell vom RTSH zugesagte Unterstützungen (bei Gemeinde-, Ordensheimen) sind „nicht rückzahlbare Subventionen“ und vermindern infolgedessen die Errichtungskosten des Heimträgers. Anders sieht dies beim Wohnbauförderungsdarlehen aus. Dabei handelt es sich nicht um eine Finanzierungstangente, sondern um ein Darlehen, das mittels Annuitäten zurückbezahlt werden muss. Das Wohnbauförderungsdarlehen ist jedoch der einzige Teil der Errichtungskosten, der in der Heimentgeltkalkulation berücksichtigt werden darf. 240 Das WBF-Darlehen beträgt 50 % der anerkannten Gesamtkosten, die maximale Höhe wird jedoch mit 50 % der Normkosten begrenzt. Bei den Subventionen vom Land Oö. wird ebenfalls von den Normkosten ausgegangen.241 Kalkulation kostendeckender Entgelte Die Heimtarife müssen laut Oö. Alten- und Pflegeheimverordnung kostendeckend sein. Zur Kalkulation der Entgelte sind die vom laufenden Heimbetrieb verursachten Kosten heranzuziehen. 242 Im Oö. SHG 1998 wurde niedergeschrieben, dass die Landesregierung durch Verordnungen festlegen kann, welche Kostenfaktoren kostendeckender Entgelte zu berücksichtigen sind. 243 bei der Kalkulation Diese Möglichkeit wurde durch Regelungen in der Oö. APH-VO umgesetzt. Die nachfolgend angeführten Positionen dürfen gemäß dieser Verordnung nicht in die Heimtarife eingerechnet werden.244 Ruhe- und Versorgungsgenüsse (Pensionen) Kalkulatorische Kosten (z.B. Verzinsung des Eigenkapitals) Absetzung für Abnutzung (AfA) Finanzierungskosten für Fremdmittel (Kapital- und Zinsendienst samt Spesen) Neubau- oder Erweiterungsrücklagen Eigenanteil der Errichtungskosten des Heimträgers sowie Finanzierungskosten des Eigenanteils Beispielsweise darf die Anschaffung der Küche, sprich die Abschreibung für Abnützung, obwohl sie ein wesentlicher Teil der Vollkosten ist, nicht in die Tagsatzkalkulation 239 Vgl. Interview E5 (2015). Vgl. § 23 Oö. APH-VO. 241 Vgl. Sozialhilfeverband Schärding, Geschäftsstelle Bezirkshauptmannschaft Schärding (2015). 242 Vgl. § 23 Abs 1-2 Oö. APH-VO. 243 Vgl. § 60 Abs 3 SHG 1998. 244 Vgl. § 23 Abs 3 Oö. APH-VO. 240 Klara Derntl 65 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich einberechnet werden. 245 Bei der Kalkulation des Heimentgelts darf von den Errichtungskosten nur das WBF-Darlehen in Form der Annuitäten, d.h. die Tilgungsraten und Fremdkapitalzinsen berücksichtigt werden. 246 Die Bildung angemessener Rücklagen für die Instandhaltung, für Ersatzinvestitionen und zum Ausgleich Betriebsergebnisse ist ebenfalls in der Verordnung festgeschrieben. unterschiedlicher 247 Aus diesen Aufführungen ist abzuleiten, dass in der Oö. APH-VO die Prinzipien der Kameralistik verankert sind. Die Vorgaben, wie beispielsweise keine Einberechnung der Abschreibung und der kalkulatorischen Kosten, deuten darauf hin. Die Kameralistik ist eine Form der Buchführung, die vor allem in Unternehmen der öffentlichen Verwaltung eingesetzt wird. Ziel der Kameralistik ist, den geplanten Einnahmen und Ausgaben die tatsächlichen gegenüberzustellen.248 Somit sei betont, dass die Regelungen der Oö. APH-VO nicht zur Ermittlung kostendeckender Preise, sondern zur Berechnung ausgabendeckender Heimtarife führen. Die Heimentgelte geben keine Auskunft über die Gesamtkosten, weil nur ein Teil der Kapitalkosten inkludiert ist. In den Alten- und Pflegeheimen kann mit dem Buchführungssystem der Kameralistik gearbeitet werden, so lange die jeweilige Rechtsform kein anderes Modell verlangt. Einige Alten- und Pflegeheime führen jedoch die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft z.B. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und sind somit zur Aufstellung der doppelten Buchführung verpflichtet. Exemplarisch können hierfür die Seniorenzentren Linz GmbH oder die Pasching Netzwerk GmbH angeführt werden. Im Unterschied zur Kameralistik werden mit der doppelten Buchführung der Erfolg und das Vermögen (Gewinn- und Verlustrechnung; Bilanz) ermittelt.249 Regionale Träger sozialer Hilfe Kosten entstehen für die regionalen Träger nicht nur, wenn sie selber als Heimbetreiber auftreten, sondern sie übernehmen auch die Kosten der Sozialhilfe. Die Sozialhilfe wird sowohl für die Bewohner der eigenen Heime, als auch für jene, die beispielsweise in einem Gemeindeheim oder Ordensheim wohnen, aufgebracht. Die Gemeinden sind der größte Finanzier der Sozialhilfeverbände. Die 26 Gemeinden des Bezirkes Perg bringen im Jahr 2015 ca. € 16,4 Mio. auf, damit der Sozialhilfeverband die angebotenen Leistungen finanzieren kann. Davon werden ca. € 7 Mio. für die vier Alten- und Pflegeheime des 245 Vgl. Interview E5 (2015). Vgl. Ventzislavova/Hensel (2012), 31. 247 Vgl. § 23 Abs 4 Oö. APH-VO. 248 Vgl. Raupach/Stangenberg (2009), 15. 249 Vgl. Harant (2012), 21. 246 Klara Derntl 66 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Sozialhilfeverbandes aufgewandt (jährliche Budgetsumme für die Heime ca. € 14,5 Mio.).250 Die Transferzahlungen der Gemeinden an die Sozialhilfeträger steigen seit 2005 deutlich stärker als die wesentlichen Einnahmepositionen. Im Durchschnitt der österreichischen Gemeinden belaufen sich diese Transferzahlungen auf ca. ein Viertel der laufenden Ausgaben und wurden aufgrund des Wachstums zu einer immer größeren Belastung der Gemeindehaushalte.251 Durchschnittliche Kosten pro Platz am Beispiel des Sozialhilfeverbands Schärding Die Berechnung wird weitergeführt, indem die durchschnittlichen Kosten pro Heimplatz auf Basis der tatsächlichen Belagstage herangezogen werden. Tabelle 10 zeigt die Aufstellung der Kosten für den Sozialhilfeverband. Kosten für die Einrichtungsträger/Platz am Beispiel SHV Schärding Nettoaufwand für eigene Heime 4.626.898,41 Tatsächliche Belagstage 129.397,00 Ø täglicher Nettoaufwand pro Bewohner 35,76 Tatsächliche Errichtungskosten (APH Schärding) Ø Tagsatzbelastung pro Bewohner (WBF)* Ø AfA für Eigenmittel pro Tag und Bewohner *) im Nettoaufwand berücksichtigt Ø monatliche Gesamtkosten pro Bewohner (SHV) 10.100.000,00 4,88 1,02 1.103,33 Durchschnittliche Kosten pro Heimplatz für den SHV Ø monatliche Gesamtkosten pro Bewohner (inkl.Suventionen: BZ, SO) 1.239,34 Tabelle 10: Kostenvergleich III252 Anzumerken ist, dass die Grundstückskosten (sofern eine Zahlung stattfindet) einen Zahlungsstrom darstellten und sich infolgedessen in der Finanzrechnung niederschlagen. In der Regel verlieren Grundstücke nicht an Wert, folglich wurden diese Kosten weder in der Leistungspreiskalkulation, noch im Rahmen der Errichtungskosten berücksichtigt. Die Nutzungsdauer des Gebäudes wurde mit 30 Jahren hinterlegt. Das ist bei Berechnung der kalkulatorischen AfA möglich. Bei Ermittlung der buchhalterischen AfA müsste die festgesetzte Nutzungsdauer von 33,33 Jahren verwendet werden. 253 Da ein Teil der Errichtungskosten (Subventionen) nicht zurückbezahlt werden muss, und die Tilgung des Wohnbauförderungsdarlehens im Nettoaufwand enthalten ist, wurde nur der über Eigenmittel finanzierte Anteil (keine Finanzierungskosten des Eigenanteils) auf die durchschnittliche Belastung pro Tag und Bewohner (€ 1,02) heruntergebrochen. Zu den weiteren 250 Vgl. OÖVP-Servicetour (2015). Vgl. Köfel (2012), 4. 252 Tabelle: eigene Darstellung. 253 Vgl. Bernhart u.a. (2005), 86. 251 Klara Derntl 67 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Anlagegütern z.B. der Heimeinrichtung liegen keine Werte vor, weshalb diese Absetzung für Abnutzung nicht ausgewiesen ist. In der Aufstellung wird die durchschnittliche Tagsatzbelastung pro Tag und Bewohner für den Teil der Errichtungskosten, der mittels Wohnbauförderung finanziert wird extra ausgewiesen (€ 4,88). Der Nettoaufwand für die vier eigenen Heime wurde auf die Belagstage aufgeteilt, um schließlich die durchschnittlichen monatlichen Kosten pro Bewohner für den SHV zu ermitteln. Bei Berücksichtigung der Subventionen, die der Träger nicht rückerstatten muss, erhöhen sich die monatlichen Kosten pro Heimplatz um € 136,01. 5.3 Betreutes Wohnen in Oberösterreich Als zweite Versorgungsform wird das betreute Wohnen hinsichtlich der Leistungen und damit verbundenen Kosten durchleuchtet. Die Abgrenzung zum betreubaren Wohnen soll noch einmal kurz in Erinnerung gerufen werden. Der Unterschied zur Versorgungsform des betreubaren Wohnens liegt im inbegriffenen Betreuungsausmaß und überschreitet deutlich die zwei Stunden Grundbetreuung pro Wohnung und Monat. In der vorliegenden Arbeit werden drei konkrete Beispiele der betreuten Wohnform vorgestellt. Die Informationen dafür wurden im Rahmen von Experteninterviews mit den jeweiligen Hausleitungen bzw. Verantwortlichen ermittelt. Zusätzlich wurden zwei der Einrichtungen besichtigt, um einen Eindruck vom Tagesgeschehen, der Ausstattung in den Wohnungen und der Gestaltung der Gemeinschaftsbereiche zu erhalten. Am Tag der offenen Tür der Wohnoase Perg konnte ein guter Einblick in die Ausgestaltung des neuen Gebäudekomplexes gewonnen werden. Zusätzlich ergab sich die Möglichkeit vor dem Interview, die Bewohner beim gemeinsamen Kuchenbacken mit dem Betreuungspersonal zu beobachten und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Beim Vitalen Wohnen in St. Marienkirchen konnten neben den betreuten Wohnungen (Wohnen in der Gemeinschaft WiG) auch der Bereich der Tagesbetreuung und die betreubaren Wohnungen besichtigt werden. Die daraus resultierenden Ergebnisse werden im Folgenden aufgezeigt und erläutert. 5.3.1 Voraussetzungen für die Aufnahme Aus den Interviews ging hervor, dass die Zielgruppe dieser Wohnform wie nachstehend definiert werden kann. Es werden vor allem Personen angesprochen, die alleine in einem Haus wohnen, das ihnen zu groß und die Arbeit damit zu anstrengend ist. Die interviewten Personen stimmen überein, dass es sich beim Großteil der Bewohner um verwitwete oder Klara Derntl 68 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich alleinstehende Personen handelt. Der Anteil an Wohnungen, der von Ehepaaren bewohnt wird, ist gering und in keinem der drei konkreten Beispiele leben bis dato Personen in Form einer Wohngemeinschaft zusammen in einem Appartement. Häufig weisen die Bewohner einen geringen Pflegebedarf auf. Es können jedoch auch Personen, die kein Pflegegeld erhalten, einziehen. Diese Personen finden in den betreubaren Wohnungen eine barrierefreie Lebensform, die Sicherheit, Gemeinschaft und verschiedene Aktivitäten bietet.254 Die konkreten Voraussetzungen, um für einen Einzug „qualifiziert“ zu sein, weichen geringfügig voneinander ab. Wohnoase Perg keine bestimmten Voraussetzungen Informationsgespräch über die Kosten Schaffung eines Kostenbewusstseins Gesundheitszustand wird begutachtet Vorweisung einer Pflegestufe ist nicht notwendig Wohnpark Diakonissen Mindestalter: 60 Jahre es muss keine Pflegestufe vorgewiesen werden Vormerkliste, da alle Wohnungen vergeben sind Wohnen in der Gemeinschaft - ViWo mindestens 70 Jahre und Pflegestufe 2 oder 80 Jahre, unabhängig der Pflegestufe auf Empfehlung der Koordinatoren für Pflege und Betreuung Gesundheitszustand: Betreuung ohne dipl. Pflegepersonal sollte ausreichen Gemeinschaftsfähigkeit muss gegeben sein Tabelle 11: Voraussetzungen für den Einzug in eine betreute Wohnform255 Während beim Wohnpark Diakonissen sowie beim Wohnen in der Gemeinschaft jeweils ein Mindestalter vorzuweisen ist, wird bei der Wohnoase lediglich überprüft, ob die Personen vom Gesundheitszustand her in die Wohnform passen. Beim Wohnen in der Gemeinschaft wird ein großer Wert auf die Gemeinschaftsfähigkeit der Bewohner gelegt. Sie müssen zur Gruppe passen, andererseits kann es auch ein „Nein“ für den Einzug geben. Aus diesem Grund ist ein kostenloser Schnuppertag, bei dem dieser Aspekt überprüft wird, für alle künftigen Bewohner verpflichtend. Dieser Gesichtspunkt hat bei den anderen beiden Beispielen keinen so hohen Stellenwert. Diese drei Möglichkeiten einer betreuten Wohnung werden folgend differenziert und eingehend veranschaulicht. 254 255 Vgl. Interview E1 (2015); Interview E2 (2015); Interview E7 (2015). Tabelle eigene Darstellung, Quelle: Interview E1 (2015); Interview E2 (2015); Interview E7 (2015). Klara Derntl 69 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich 5.3.2 Leistungsspektrum und Besonderheiten der Versorgungsform Bevor die einzelnen Leistungsangebote und Betreuungspakete aufgezählt werden, ist eine Vorstellung der drei Beispiele notwendig. Wohnoase Perg „Gemeinsam statt einsam“ ist das Motto der neuen Wohnimmobilie, die im März 2015 in Perg eröffnet wurde. Die Wohnoase befindet sich im Zentrum der Kleinstadt, wodurch eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und den kulturellen Angeboten erleichtert wird. Einkaufsmöglichkeiten sind ein paar Gehminuten entfernt zu finden. Die erste Möglichkeit auf ein Mittagessen oder einen Nachmittagskaffee gibt es im Erdgeschoß des Wohnkomplexes. Die „Mamas“ betreiben dort ein kleines Bistro und bieten verschiedene Mittagsmenüs an. Die Attraktivität dieses Bauwerks steigt zusätzlich durch die Ansiedelung eines Facharztes. Eine Geschäftsfläche, ebenfalls im Erdgeschoß, steht derzeit noch zur Vermietung oder zum Verkauf frei. Bei der Auswahl eines Interessenten wird wiederum besonderer Wert auf einen Zusatznutzen für die Bewohner gelegt. Der Gebäudekomplex ist für 32 Wohnungen ausgerichtet, wovon zurzeit 18 als betreute Wohnungen dienen. Die restlichen Wohnsitze, die sich alle im zweiten Stock befinden, werden momentan an Privatpersonen ohne das ansonsten verpflichtende Betreuungspaket vermietet. Diese Mietverträge sind auf drei Jahre befristet, damit danach einer Umwandlung in betreute Wohnungen nichts im Weg steht. Sollte zu diesem Zeitpunkt nicht genügend Nachfrage vorhanden sein, können die Appartements nochmal ohne Betreuungsleistungen weitervermietet werden. Die Wohnoase Perg ist ein Kooperationsprojekt der Stadt Perg, der GLS Bau und Montage GmbH und dem Roten Kreuz. Für die Betreuung der Bewohner sind die Mitarbeiter des Roten Kreuzes verantwortlich. Der Betreuungsvertrag dafür wird mit dem Roten Kreuz abgeschlossen. Obwohl das Rote Kreuz auch die Wohnungsbesichtigungen mit Interessenten durchführt, wird der Mietvertrag mit dem Bauträger, der Wohnoase Dirnbergerstraße GmbH (Tochterfirma GLS) abgeschlossen.256 256 Vgl. Interview E1 (2015); Österreichisches Rotes Kreuz - Bezirksstelle Perg (2015). Klara Derntl 70 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Wohnpark Diakonissen In zentraler Stadtlage befindet sich der Wohnpark Diakonissen, eingebettet zwischen der Privatklinik Diakonissen Linz, dem Haus für Senioren (APH) mit einigen betreubaren Wohnungen im fünften Stock sowie der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege. Von dieser Parkanlage sind es nur wenige Schritte zu den öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch der Südbahnhofmarkt mit seinen vielfältigen Angeboten, einige Gaststuben und eine Apotheke liegen in der unmittelbaren Umgebung. Der Wohnpark Diakonissen wurde im Rahmen eines gemeinsamen Projekts der Wohnungsanlagen GesmbH (WAG) und dem Diakoniewerk errichtet und im Oktober 2012 erstmals bezogen. Als Investor erbaute die WAG neben den betreuten Wohnungen ein Therapiezentrum und ein Ärztehaus. Dieses Ärztehaus bietet Flächen für Mediziner und andere Dienstleistungsanbieter aus dem Gesundheitssektor und rundet den somit entstandenen zentralen Standort für medizinische und gesundheitliche Versorgung ab. Die Zusammenarbeit der beiden Kooperationspartner erstreckt sich bis zu den Mietverträgen, die vom Diakoniewerk für die WAG ausgegeben werden. Miete und Betreuungspauschale sind jedoch klar abgegrenzt und werden an die WAG bzw. an das Diakoniewerk bezahlt. Fachlich qualifizierte Mitarbeiter werden vom Diakoniewerk gestellt und sind für die Bewohner des Wohnparks tagsüber vor Ort. Durch sie wird das sogenannte „Wohnen mit Service“ ermöglicht. Im Wohnpark ist auch das Büro der mobilen Betreuung und Hilfe (Diakonie.mobil Linz) angesiedelt. Obwohl diese Mitarbeiter verständlicherweise viel unterwegs und nicht zu jeder Zeit im Büro anzutreffen sind, tragen sie zur engen internen Vernetzung bei. Die Mitarbeiter der mobilen Dienste betreuen die Personen zu Hause und mit den weiteren Versorgungsformen im Alter (betreute sowie betreubare Wohnungen und Alten- und Pflegeheime) können diese Angestellten des Diakoniewerks ihre Klienten über verschiedene Lebensstadien hinweg begleiten, versorgen und pflegen. Trotz der engen Verbindung und baulichen Nähe beschränken sich die Zusammenkünfte und gemeinsamen Aktivitäten der Bewohner der drei Wohnformen auf zufällige Begegnungen im Garten und das MiteinanderSommerfest. Bei diesem Gartenfest der Krankenpflegeschule, dem Haus für Senioren und dem Wohnpark wird gemeinsam gesungen und getanzt. Ansonsten sind die Mieter der betreuten Wohnungen eher skeptisch und wollen nicht vor Augen geführt bekommen, dass die Menschen im Alten- und Pflegeheim gepflegt werden müssen, solange sie ihren Tagesablauf selbst gestalten und ihre „Freiheit“ genießen können.257 257 Vgl. Interview E2 (2015); Evangelisches Diakoniewerk Gallneukirchen (o.J.). Klara Derntl 71 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Wohnen in der Gemeinschaft Unter dem Motto „Alle für einen, einer für alle“ wurde das Vitale Wohnen 2010 in St. Marienkirchen bei Schärding eröffnet. Seitdem vereint das ViWo drei bewährte Modelle der Betreuung und Pflege unter einem Dach. Dazu gehört das betreubare Wohnen mit neun Wohnungen, die über den ersten und zweiten Stock verteilt sind. Die beiden weiteren Angebote sind im Erdgeschoß angesiedelt und umfassen eine Tagesbetreuung sowie acht betreute Wohnungen, dem sogenannten Wohnen in der Gemeinschaft. In dieser kleinen und überschaubaren, betreuten Wohnstruktur wird die Zusammengehörigkeit ganz groß geschrieben. Die Gemeinschaft wird jedoch nicht nur innerhalb der einzelnen Wohnstrukturen gelebt, sondern gemäß dem Motto übergreifend spürbar. Beispielsweise wird der Gemeinschaftsraum der betreubaren Wohnungen für Feste genutzt und dort sitzen dann die Bewohner der betreuten und betreubaren Wohnform zusammen. Am Nachmittag wird im Garten gerne gemeinsam Kaffee getrunken. Auch wenn es beim Kochen an Zutaten fehlt, gibt es keine Scheu im anderen Stockwerk um Aushilfe zu bitten. Da die Betreuungsperson, die im betreubaren Wohnen für das Grundservice zuständig ist, die restlichen Stunden im Wohnen in der Gemeinschaft arbeitet, kann ein gemeinsames, wohnformenübergreifendes Kochen oder Frühstücken leichter organisiert werden. In der Regel sind jedoch die Mieter der betreubaren Wohnungen selber für ihr Essen zuständig. Im Gegensatz dazu findet im Wohnen in der Gemeinschaft einmal pro Woche eine Speiseplanbesprechung statt. Der Speiseplan wird gemeinsam nach den Richtlinien der „Gesunden Küche“ erarbeitet. Da der Nahversorger nur ca. einen halben Kilometer vom ViWo entfernt liegt, wird der Einkauf häufig in Form eines Spaziergangs erledigt. Die Einkäufe müssen jedoch nicht ins ViWo getragen werden, sondern werden vom Nahversorger geliefert. Das Betreuungspersonal des gesamten Hauses ist beim Sozialhilfeverband Schärding angestellt und somit ergibt sich ein Mehrwert für die Leute im betreubaren Wohnen, denn wenn sie z.B. Unterstützung benötigen treffen sie im Parterre auf die ihnen bekannten Ansprechpersonen. Den Betreuungsvertrag schließen die Bewohner der betreuten Wohnungen mit dem SHV Schärding ab, die Mietverträge mit dem Haus- und Wohnungseigentümer, der Innviertler Gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungs- genossenschaft (ISG). Der Wohnungsübergabetermin wird ebenfalls mit der ISG vereinbart, die Wohnungsbesichtigungen und der Schnuppertag werden vom Betreuungspersonal im Haus ausgeführt.258 258 Vgl. Interview E7 (2015); Sozialhilfeverband Schärding (o.J.a). Klara Derntl 72 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Leistungen der betreuten Wohnformen Wohnoase Perg Wohnpark Diakonissen Wohnen in der Gemeinschaft - ViWo Identische Leistungen Betreuung geht über die 2 h/Monat/Wohnung Grundservice des betreubaren Wohnens hinaus Rufhilfe, mit der im Notfall rund um die Uhr Hilfe gerufen werden kann Terminvereinbarungen (Ärzte, Friseur, Taxi, Fußpflege, etc.) Vermittlung externer Dienstleistungen (mobile Dienste, Handwerker, etc.) Unterstützung und Hilfe bei Alltagsproblemen Unterstützung beim Erledigen von Anträgen und Formularen Gesellschaftliche Kontakte, Organisation von z.B. kulturellen oder sportlichen Aktivitäten, Gruppenausflüge auf Wunsch Versorgung der Wohnung bei Abwesenheit z.B. Pflanzen gießen, lüften regelmäßig organisierte Einkaufsfahrten/-spaziergänge Beobachtung des Gesundheitszustands der Bewohner Unterschiedliche Leistungen Anwesenheit des Betreuungspersonals: Mo-Fr: 08:00 – 12:00 und 13:00 – 17:00 Uhr Sa & So: 08:00 – 10:00 Uhr Zusätzliche Aktivitäten: Seniorengymnastik in der Gruppe Gedächtnistraining Freizeitangebote z.B. Spiele, Kochen, Basteln, Kaffeerunden, Spaziergänge Anwesenheit des Betreuungspersonals: Mo-Fr: 09:00 – 16:00 Uhr Anwesenheit des Betreuungspersonals: Mo-So: 07:00 – 19:30 Uhr Zusätzliche Aktivitäten: Organisation von kulturellen und sportlichen Aktivitäten nach Bedarf monatliches Mietertreffen, um Anliegen zu besprechen Sommerfest Sonstige Leistungen: Management des Wellnessbereichs, techn. Unterstützung bei Bedarf Vergewisserung über das Wohlbefinden der Bewohner Zusatzpakete: Betreuungspaket 1 zusätzliche Unterstützung im Ausmaß von 10 Stunden pro Monat Betreuungspaket 2 zusätzlich 20 Stunden/Monat für Leistungen wie z.B. Unterstützung bei der Körperpflege, An- und Auskleiden, Mahlzeitenvorbereitung, Medikamenteneinnahme, Messung von Blutdruck/Puls/Temperatur etc. (erfolgt durch diplomiertes Pflegepersonal) Sonstige Leistungen: Rezeptionsmitarbeiter, die werktags zu erreichen sind Unterstützung beim Waschen, beim Ankleiden, etc. (nach Vereinbarung) Zusätzliche Aktivitäten: tägliches gemeinsames Kochen und Essen gemeinsame Speiseplanerstellung, Einkaufen Freizeitgestaltung wird selber organisiert und durch die Mitarbeiter begleitet Sonstige Leistungen: vielfältige Mitarbeiter, die ihre Fähigkeiten einbringen Kontakt mit den Angehörigen wird forciert Möglichkeit zum „Garteln“ Der Betreuungsvertrag mit dem Diakoniewerk kann nicht um Zusatzpakete erweitert werden. Weitere benötigte Leistungen können beispielsweise über die mobilen Dienste abgedeckt werden. Der Betreuungsvertrag mit dem Sozialhilfeverband kann nicht um Zusatzpakete erweitert werden. Weitere benötigte Leistungen können beispielsweise über die mobilen Dienste abgedeckt werden. Tabelle 12: Leistungen der betreuten Wohnformen259 259 Tabelle eigene Darstellung, Quelle: Interview E1 (2015); Interview E2 (2015); Interview E7 (2015). Klara Derntl 73 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich In allen drei Konzepten wird die Selbstständigkeit der Bewohner gefördert, jedoch gleichzeitig ein Gefühl der Sicherheit und des Wohlbefindens vermittelt, da sowohl Ansprechpartner, die Mitbewohner und für Notfälle die Rufhilfe zur Verfügung stehen. Die Ausstattung und Angebote unterscheiden sich jedoch in einigen Fällen. Beispielsweise steht in der Wohnoase für die Bewohner ein Wellnessbereich und Fitnessgeräte bereit. Die Wohnungen sind allerdings selber einzurichten, während im Wohnen in der Gemeinschaft jeweils bereits ein Küchenblock mit Kühlschrank vorhanden ist und die Bewohner des Wohnparks über ein eigenes Kellerabteil verfügen. Das Wohnen in der Gemeinschaft bietet als einziges Modell die Möglichkeit mit einer Verpflegungspauschale die täglichen Mahlzeiten (Frühstück-, Mittag- und Abendessen) je nach Bedarf in Anspruch zu nehmen. Demzufolge wird in der großen Gemeinschaftszone, der Wohnküche jeden Tag miteinander gekocht. Da der Preis der Verpflegungspauschale von den Kosten der Zutaten abhängt, hat sich das Durchforsten der Werbeprospekte nach Angeboten als eigene Freizeitbeschäftigung etabliert. Die Wohnoase in Perg sichert mit wahlweise verfügbaren Zusatz-Servicepaketen die individuellen Bedürfnisse der betreuungsbedürftigen Bewohner. Zusätzlich können selbstverständlich, wie auch bei den anderen beiden Wohnformen, die mobilen Dienste gerufen werden. Mit den Bewohnern des Wohnparks Diakonissen wurde nun vereinbart, dass bei mehreren aufeinanderfolgenden Feiertagen teilweise auf eine Halbtagsbetreuung umgestellt wird, damit Stunden eingespart und diese dann an den Feiertagen eingesetzt werden können. Eine große Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die persönlichen Bedürfnisse der Mieter lässt sich in allen drei Wohnformen erkennen.260 5.3.3 Kosten aus der Kundenperspektive So wie die mit den jeweiligen Konzepten gebotenen Leistungen variieren, so unterschiedlich sind auch die Preise für die Bewohner. Bei Vertragsabschluss entstehen jedoch für alle Mieter Kosten, da der schriftliche Abschluss eines Mietvertrages der Gebührenpflicht unterliegt und die Gebühren an das Finanzamt abzuführen sind.261 Außerdem können noch Vertragserrichtungskosten, ein Baukostenbeitrag und eine Kaution hinzukommen.262 Neben diesen Punkten, die bei Vertragsabschluss einzukalkulieren sind, sollte auch überprüft werden, ob die Monatskosten der Wohnung leistbar sind. Nachstehend wird dargestellt, wie sich die monatlichen Kosten der drei betreuten Wohnformen zusammensetzen. 260 Vgl. Interview E1 (2015); Interview E2 (2015); Interview E7 (2015). Vgl. Bundeskanzleramt Österreich (2015g). 262 Vgl. Interview E1 (2015). 261 Klara Derntl 74 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Monatskosten für eine betreute Wohnung Klassische Miete: € 6,30/m² exkl. 10 % Mehrwertsteuer (MwSt.) + anteilige Miete für allg. Flächen (€ 3,05/m² exkl. 10 % MwSt.) + Betriebskosten (BK) € 2,10/m² exkl. 12 % MwSt., inkl. Fernwärme geschätzt Betreuungspauschale + 1 Person: € 210,-/2 Personen: € 260,Wohnoase Perg Zusatzpakete + wahlweise Zusatzpakete (10 Stunden/Monat: € 200,- oder 20 Stunden/Monat: € 390,-) + Wäsche- und Reinigungspaket (bei Bedarf) Kosten der Lebensführung + Servicepauschale für Fernseher und Telefon + wenn Rufhilfe über das Handy Aufschlag von € 12,+ evtl. Kosten für Essen auf Rädern/Mittagsmenü im Bistro Klassische Miete + Betriebskostenpauschale + Kosten für Heizung Betreuungspauschale + 1 Person: € 440,-/2 Personen: € 540,- Wohnpark Diakonissen Kosten der Lebensführung + Servicepauschale für Fernseher und Telefon + Aufschlag wenn Rufhilfe über das Handy + evtl. Kosten für Essen auf Rädern oder Menübestellung beim Diakonissenkrankenhaus (€ 11,- Menüpreis) + Wäsche und Reinigung der Wohnung kann über den Wohnpark organisiert werden Klassische Miete + aliquoter Aufschlag für Gemeinschaftsflächen + Betriebskosten Wohnen in der Gemeinschaft (ViWo) Betreuungszuschlag + 50 % vom jeweiligen Pflegegeld (mind. von der Pflegestufe 2) + € 18,17 Rufhilfe Kosten der Lebensführung + Servicepauschale für Fernseher und Telefon (GIS-Gebühren befreit) + Aufschlag wenn Rufhilfe über das Handy + evtl. Kostenersatz für Essen (Frühstück: € 2,10/Mittagessen: € 5,20/Abendessen: € 3,20) Tabelle 13: Monatskosten für eine betreute Wohnung (Stand 2015)263 Was zusätzlich noch an Kosten hinzukommt, genauso wie in einem Altenheim, ist eine Versicherung (Haftpflicht). Die Stromkosten sind in der Aufstellung oberhalb ebenfalls noch nicht enthalten. Aus dem Interview zum Wohnen in der Gemeinschaft ging hervor, dass die Bewohner mit einer Strompauschale zwischen € 20,- bis € 25,- pro Monat auskommen.264 Beim Wohnen in der Gemeinschaft wird die Verpflegung nach Inanspruchnahme verrechnet, wobei eine Mahlzeit pro Tag in der Gruppe verpflichtend ist. Mieter des Wohnparks Diakonissen haben die Möglichkeit das Mittagessen beim Diakonissenkrankenhaus zu 263 264 Tabelle eigene Darstellung, Quelle: Interview E1 (2015); Interview E2 (2015); Interview E7 (2015). Vgl. Interview E7 (2015). Klara Derntl 75 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich bestellen. Die Bewohner des Wohnparks, die nur zum Teil noch selber kochen, belaufen sich auf ca. 60 %, die restlichen 40 % bestellen keine Mahlzeiten über das Essen auf Rädern oder das Krankenhaus.265 Obwohl in der Wohnoase Perg ein Wäsche- und Reinigungspaket angeboten wird, wurde es bisher nicht in Anspruch genommen. Meistens waschen die Bewohner oder deren Angehörigen die Kleidung selber. Es ist in jeder Wohnung ein Waschmaschinenanschluss vorhanden. Im Keller des Gebäudes gibt es eine Waschmaschine und einen Trockner, die mit Münzeinwurf funktionieren.266 Auch im Wohnen in der Gemeinschaft stehen zwei Waschmaschinen und ein Trockner bereit. Die Bewohner waschen und bügeln ihre Wäsche selber und oft wird auch gemeinsam eine Waschmaschine gefüllt.267 Mobile Dienste Werden zusätzliche Pflege- oder Betreuungsleistungen benötigt, können mobile Dienste in Anspruch genommen werden. Für die Inanspruchnahme der Hauskrankenpflege, der Heimhilfe und der Fach-Sozialbetreuung mit Ausbildungsschwerpunkt Altenarbeit (FSBA) ist jeweils ein Kostenbeitrag zu entrichten, der sowohl vom Einkommen, als auch vom Bezug des Pflegegeldes abhängt. Darüberhinaus sind die Beiträge je nach Berufsgruppe verschieden (für FSBA und HKP gelten die gleichen Beitragshöhen) und werden nach der Bemessungsgrundlage gestaffelt. Die Bemessungsgrundlage errechnet sich folgendermaßen.268 Mietverhältnis Nettopension - Miete (inkl. Betriebskosten und Heizkosten) Deckelung der gesamten Wohnungskosten mit maximal € 500,- (Stand 2015) Eigenheim Nettopension - Betriebskosten und Heizkosten - € 160,42 (monatlich) Hauseigentümerpauschale (Stand 2015) Die Eigenheimpauschale wird jährlich angepasst. Tabelle 14: Bemessungsgrundlage mobile Dienste269 Bei dieser Berechnung wird das vorhandene Vermögen nicht berücksichtigt. Die Abrechnung der Kostenbeiträge erfolgt monatlich im Nachhinein, wobei eine Pauschale von € 6,- pro Monat für den Verwaltungsaufwand hinzukommt. Bei Vorliegen einer Pflegestufe wird meist ein Zuschlag von € 5,50 pro Stunde berücksichtigt. Ist die Bemessungsgrundlage jedoch sehr hoch, beträgt der Unterschied zu den Kostenbeiträgen von Klienten ohne Pflegestufe nicht mehr die vollen € 5,50. Dieser Zuschlag verringert sich beispielsweise in der höchsten 265 Vgl. Interview E2 (2015). Vgl. Interview E1 (2015). 267 Vgl. Interview E7 (2015). 268 Vgl. Interview E4 (2015). 269 Tabelle eigene Darstellung, Quelle: Interview E4 (2015). 266 Klara Derntl 76 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Bemessungsgrundlage der Heimhilfe auf € 1,30. Bemerkenswert ist auch, dass die Kostenbeiträge z.B. bei der Hauskrankenpflege, die eine höhere Berufsausbildung als eine Heimhilfe vorzuweisen hat, bei einem sehr niedrigen Gesamtbetrag der Einkünfte für die Privatpersonen billiger sind. Die verschiedenen mobilen Dienste können nicht nach Belieben bzw. der Höhe der Kosten von den Klienten ausgewählt werden. Welche Berufsgruppe benötigt wird stellt die jeweils betreuende Organisation fest. Dafür gibt es einen Tätigkeitskatalog. Die Wahl liegt somit nicht bei den einzelnen Personen. Die Häufigkeit der Inanspruchnahme ist nicht von der Pflegestufe abhängig. In vielen Fällen wird die Hauskrankenpflege vorübergehend z.B. nach einem Oberschenkelhalsbruch oder Schlaganfall nach Hause bestellt. Nach einem Krankenhausaufenthalt kann es auch sein, dass die HKP täglich mehrere Male vorbeikommen muss und erst bei Besserung des Gesundheitszustands die Häufigkeit wieder reduziert werden kann. Anders kann das wiederum beispielsweise bei insulinpflichtigen Diabetikern Hauskrankenpflege in regelmäßigen Abständen gebraucht wird. aussehen, 270 da die Die Tariftabelle der einzelnen Kostenbeiträge ist im Anhang nachzulesen. Mahlzeitendienste Wie bereits erwähnt, können oder wollen einige Bewohner der betreuten Wohnungen nicht mehr jeden Tag selber kochen. Die verschiedenen Angebote der Mahlzeitendienste unterscheiden sich je Region bzw. Gemeinde. Auch für die Preise kann kein Pauschalbetrag genannt werden, da teilweise Einheitspreise verrechnet werden bzw. die Unkosten von unterschiedlichen Faktoren abhängen. Die Beträge für die in der Kostenaufstellung ausgewiesenen Mahlzeitendienste sind in der nachstehenden Aufzählung erfasst. Wohnoase Perg Essen auf Rädern (Rotes Kreuz): Das Rote Kreuz hat einerseits Verträge mit Wirten, andererseits wird auch in den Alten- und Pflegeheimen gekocht. Für das Essen der SHV-Heime wird ein Betrag von € 4,50 an das Rote Kreuz verrechnet. Ein Zustellentgelt wird ebenfalls in Rechnung gestellt, daher variieren die Preise je nach Gebiet. Im Raum Perg gilt ein Kostenbeitrag von € 6,60.271 Mamas Bistro (Wochengericht): Der Preis für ein Wochengericht beläuft sich meist auf € 6,90.272 270 Vgl. Interview E4 (2015). Vgl. Interview E5 (2015); Rotes Kreuz Bezirksstelle Perg (2015). 272 Vgl. Mamas Bistro OG (2015). 271 Klara Derntl 77 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Wohnpark Diakonissen Essen auf Rädern Linz (nördlich der Donau Samariterbund, südlich der Donau Rotes Kreuz): Die frisch zubereiteten Menüs werden an den gewünschten Tagen zum Einheitspreis von je € 7,35 nach Hause geliefert. Das Essen wird von der Dussmann Group in Linz zubereitet.273 „Heiß und Gut“: Die Firma Mahlzeit bietet die Möglichkeit das Essen wöchentlich in tiefgekühlter Form zu beziehen. Beim zweiten Angebot „Heiß und Gut“ werden die Speisen im Zustellauto erhitzt und warm ins Haus geliefert. Der Menüpreis dafür beträgt einheitlich € 9,49. Im Gegensatz zur Tiefkühlkost wird „Heiß und Gut“ nicht in ganz Oberösterreich ausgeliefert. Die Lieferung ist auf die Regionen Linz, Wels und Traun begrenzt (Menüpreis in Traun und Wels: € 9,73).274 Wohnen in der Gemeinschaft (ViWo St. Marienkirchen) Essen auf Rädern (Rotes Kreuz in Zusammenarbeit mit dem SHV Schärding): Die Preise sind sozial gestaffelt und vom jeweiligen Einkommen abhängig. Ist das Einkommen, welches in diesem Fall aus der Nettopension zuzüglich Pflegegeld und abzüglich der Miete (inkl. Heizung, Strom, Gemeindeabgaben) berechnet wird, höher als € 950,- ist ein Kostenbeitrag von € 6,20 pro Portion zu bezahlen. Liegt das berechnete Einkommen über dieser Bemessungsgrundlage erhöht sich der Menüpreis auf € 6,90.275 Gemeinsames Kochen im ViWo: Beteiligen sich die Bewohner am gemeinsamen Kochen im Wohnen in der Gemeinschaft, wird für eine Mittagsmahlzeit € 5,20 in Rechnung gestellt.276 Monatliche Pauschalen, wie etwa bei den mobilen Diensten sind für diese Mahlzeitendienste nicht zu bezahlen. Voraussetzungen, damit diese Mahlzeitendienste in Anspruch genommen werden dürfen, liegen ebenfalls nicht vor. 277 Eine Ausnahme bildet das Beispiel des gemeinsamen Kochens im ViWo, dafür muss man verständlicherweise ein Bewohner der betreuten Wohnungen sein. Da, abgesehen vom Wohnen in der Gemeinschaft, die Mahlzeitendienste nur auf die Lieferung des Mittagessens ausgerichtet sind, werden folgend auch die Kosten für die restlichen Nahrungsmittel betrachtet. Laut Arbeiterkammer muss eine alleinlebende Person in Österreich durchschnittlich € 326,- pro Monat ausgeben, um sich angemessen ernähren 273 Vgl. Interview E4 (2015). Vgl. Interview E4 (2015); Mahlzeit Vertriebs Ges.m.b.H. (2015). 275 Vgl. Sozialhilfeverband Schärding (o.J.b); Rotes Kreuz Bezirksstelle Schärding (2015). 276 Vgl. Interview E7 (2015). 277 Vgl. Interview E4 (2015). 274 Klara Derntl 78 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich zu können. Dieser Betrag beinhaltet Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke und Snacks.278 Für den Kostenvergleich wurde dieser Betrag im selben Ausmaß wie bei den Alten- und Pflegeheimen (gemäß dem Datenfile vom Land Oö.) auf Frühstück, Mittag- und Abendessen verteilt. Somit ergibt sich pro Tag ein Aufwand von € 2,14 für das Frühstück (20 %), € 5,36 für die Hauptmahlzeit (50 %) und € 3,22 für das Abendessen (30 %). Wohnbeihilfe Der Hauptmieter kann eine Wohnbeihilfe zur Minderung des Wohnungsaufwandes beantragen. Dabei handelt es sich um eine monatliche Förderung in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen, die jeweils für die Dauer eines Jahres gewährt werden. Danach wird automatisch ein Folgeansuchen für eine neuerliche Beantragung vom Land Oö. an die Bezieher geschickt. Damit eine Wohnbeihilfe gewährt wird, müssen verschiedene Voraussetzungen vorliegen. 279 Diese werden im Rahmen der Arbeit nicht bis ins Detail aufgeführt, sind jedoch in den §§ 23 – 25 des Oö. Wohnbauförderungsgesetzes 1993 (Oö. WFG 1993) sowie auf der Homepage des Landes Oö. nachzulesen. Bei der Berechnung des Kostenvergleichs wurden diese Aspekte berücksichtigt und zusätzlich Einzelheiten bei der zuständigen Stelle des Landes Oö. rückgefragt. Zusammengefasst wird eine Wohnbeihilfe unter Berücksichtigung der in einem Haushalt lebenden Personen, deren Einkommen sowie der angemessenen Nutzfläche berechnet. Die Höhe der monatlichen Auszahlungen ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem anrechenbaren und dem zumutbaren Wohnungsaufwand.280 Für die Wohnbeihilfe wurde eine Ober- und Untergrenze festgesetzt die für geförderte Wohnungen bei € 300,- und bei nicht geförderten Wohnungen bei € 200,pro Monat liegt. Bei Wohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen beträgt die Obergrenze ebenso € 300,-.281 Von den Bauträgern der betreuten Wohnungen aus dem Beispiel zählt nur die ISG zu den gemeinnützigen Bauträgern, weshalb die Obergrenze für die Bewohner des Vitalen Wohnens über der der anderen beiden betreuten Wohnformen liegt. Diese Höchstgrenze kann jedoch bei einem Einpersonenhaushalt nicht ausgereizt werden.282 Die Berechnung der Wohnbeihilfe wird unterhalb angeführt.283 278 Vgl. Volkshilfe Österreich (2012), 2. Vgl. § 23f Oö. WFG 1993; Amt der Oö. Landesregierung Abteilung Wohnbeihilfe (2015). 280 Vgl. § 24 Oö. WFG 1993. 281 Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (o.J.b). 282 Vgl. Österreichischer Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen (2015). 283 Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (o.J.b). 279 Klara Derntl 79 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Haushaltseinkommen (Jahreszwölftel) - gewichtetes Haushaltseinkommen (Summe der Gewichtungsfaktoren x € 580,-) = zumutbarer Wohnungsaufwand anrechenbarer Wohnungsaufwand (angemessene Nutzfläche x maximal € 3,50) - zumutbarer Wohnungsaufwand = Wohnbeihilfe/Monat Ausgehend von den bisherigen Fakten wird das Kostenvergleichsbeispiel abermals weitergeführt. Die Gegenüberstellung der drei betreuten Wohnformen zeigt Tabelle 15. Betreutes Wohnen Stand Gesamtfläche in m² Anwesenheit Ansprechperson Wohnungsmiete allgemeine Flächen MwSt. BK (inkl. MwSt.+ Strom) Unterkunft gesamt/Monat Essen auf Rädern Private Anbieter Frühstück (20 %) Mittagessen (50 %) Abendessen (30 %) Verpflegung gesamt/Monat Betreuungspauschale mobile Dienste Betreuungspaket 1 (10 h/Monat) Betreuungspaket 2 (20 h/Monat) Pflege & Betreuung gesamt/Monat Reinigung d. Wohneinheit/Tag Reinigung d. Leib- & Bettwäsche/Tag Anbieter TV, Festnetz, etc. Kosten Vertragserrichtung Wohnoase Perg 2015 59,35 44h/Woche 373,91 181,02 55,49 164,60 775,01 198,00 207,00 Wohnpark Diakonissen 2015 61,70 35h/Woche 561,15 56,12 277,82 895,08 220,50 284,70 ViWo - WiG Schärding 2015 33,45 87,5h/Woche 137,15 44,90 18,20 164,68 364,93 207,00 156,00 Mamas Bistro Heiß und Gut Kochen im WiG 64,31 0,00 96,46 358,77 210,00 71,70 0,00 0,00 281,70 privat organisiert privat organisiert individuell ja 64,31 0,00 96,46 381,27 440,00 71,70 511,70 privat organisiert privat organisiert individuell ja 63,00 0,00 96,00 315,00 350,32 71,70 422,02 privat organisiert privat organisiert individuell ja Gesamtkosten/Tag Gesamtkosten/Monat 47,18 1.415,48 59,60 1.788,05 36,73 1.101,95 öffentl. Hand* Kosten für Bewohner Verbleibende Einkünfte *) Wohnbeihilfe 1.415,48 401,42 1.788,05 28,85 1.101,95 714,95 Tabelle 15: Kostenvergleich IV284 284 Tabelle: eigene Darstellung. Klara Derntl 80 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Wie in der Grafik erkennbar unterscheiden sich die monatlichen Kosten der betreuten Wohnformen um über € 600,-. Bei der Wohnoase wurde keines der beiden Zusatzpakete in die Berechnung einbezogen, die Kosten für diese Wohnform liegen jedoch mit € 1.415,48 pro Monat an zweiter Stelle hinter der teuersten Alternative, dem Wohnpark Diakonissen. Bei der Wohnkomponente wurden jeweils Stromkosten in der Höhe von € 25,- pro Monat berücksichtigt. In diesem Fall wurde angenommen, dass täglich eine Speise über einen Mahlzeitendienst bezogen wird. In die Berechnung wurde jeweils der günstigste, der angeführten Anbieter einbezogen. Die restlichen Ausgaben für das Essen wurden hinzugerechnet, wobei beim Wohnen in der Gemeinschaft angenommen wurde, dass alle Mahlzeiten über das ViWo bezogen werden. Aus diesem Grund ist eine leichte Kostendifferenz bei den Aspekten Frühstück, Mittag- und Abendessen gegenüber den anderen beiden Wohnformen erkennbar. Der Unterschied rührt wahrscheinlich daher, dass bei der teureren Alternative die Kosten für eine alleinlebende Person angenommen wurden, im Wohnen in der Gemeinschaft die Bewohner aufgrund der Gruppe von billigeren Angeboten und Großpackungen profitieren können. Die Kostenaufstellung unterstellt, dass die mobile Hauskrankenpflege fünf Stunden sowie eine Fachsozialbetreuung Altenarbeit vier Stunden im Monat in Anspruch genommen werden. Weitere mobile Dienste wurden nicht berücksichtigt. Das Haushaltseinkommen beim gewählten Beispiel liegt über der Obergrenze, darum steht in diesem Fall keine Wohnbeihilfe zu. 5.3.4 Kosten aus der Trägerperspektive Bei den betreuten Wohnungen sind die Gebäudeerrichtungskosten sowie die Kosten für das Pflege- und Betreuungspersonal getrennt zu betrachten. Die Bauträger, die zum Teil gemeinnützige Bauvereinigungen sind, finanzieren die Errichtung. Förderungen für den Erbau wurden für das gesamte Projekt Vitales Wohnen vom Land Oö. (von diversen Abteilungen) gestellt. 285 Die Betreuungsleistungen werden von den jeweiligen Organisationen (Rotes Kreuz, Diakoniewerk, SHV Schärding) organisiert. Inwieweit die Kosten des Bertreuungspersonals beim Wohnpark Diakonissen und bei der Wohnoase Perg durch die Einnahmen der verpflichtenden Betreuungspakete gedeckt werden, konnte im Rahmen der Interviews nicht ermittelt werden. Es konnte lediglich erfragt werden, dass es für die Wohnoase vom SHV Perg keine Zuschüsse gab und die Betreuungspauschale vom Roten Kreuz berechnet und auf die Anzahl an Wohnungen umgelegt wurde.286 Anders sieht das wiederum beim Wohnen in der Gemeinschaft aus. Vom Land Oö. werden 1,3 Personaleinheiten gefördert, um das Mehr an Personal für das tägliche, gemeinsame 285 286 Vgl. Interview E7 (2015). Vgl. Interview E5 (2015). Klara Derntl 81 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Kochen zu ermöglichen. Diesen „Bonus“ der nachhaltigen Förderung des laufenden Betriebes gab es für dieses Projekt, da es das erste der Kategorie war, ein umfassendes Konzept für das Land verfasst wurde und die einzelnen Finanzierungsdetails ausgehandelt wurden. Etwaige Nachfolgeprojekte werden dieses „Zuckerl“ jedoch nicht mehr zu spüren bekommen. Die Personalkosten im Wohnen in der Gemeinschaft können mit der Landesförderung und den Einnahmen der Betreuungszuschläge nicht abgedeckt werden (je mind. 50 % der Pflegestufe 2, das sind € 142,15). Das Wohnen in der Gemeinschaft kostet dem SHV Schärding sozusagen die restlichen Personalausgaben (1,2 Personaleinheiten). Wird der Heimaufenthalt von meist nur einem Sozialhilfeempfänger durch das Wohnen in der Gemeinschaft um zwei Jahre nach hinten verschoben, hat der SHV Schärding bereits die Personalkosten für das ViWo wieder eingespielt. Der SHV Schärding muss sich für das Wohnen in der Gemeinschaft somit die Personalkosten leisten, kann diese aber mit einer Verzögerung des Heimaufenthalts auf der anderen Seite wieder einsparen.287 In Tabelle 16 wird die Personalausstattung der betreuten Wohnformen gegenüber gestellt. Wohnoase Perg Wohnpark Diakonissen Wohnen in der Gemeinschaft (ViWo) 1 DGKS, 1 FSBA, 1 HH 1,5 Dienstposten 2,5 Dienstposten Die Wohnoase ist zurzeit auf 18 1 HH Das Betreuungspersonal muss Wohnungen ausgerichtet, 1 FSBA (jedoch nicht als FSBA als Grundprofession mind. eine wobei erst ca. die Hälfte der angestellt) HH-Ausbildung vorweisen, Wohnungen vermietet sind. 1 MA ohne Ausbildung in höchstens eine FSBA- Die Personalanzahl wird bei diesem Bereich Ausbildung. steigenden Mieterzahlen erhöht. Tabelle 16: Personalausstattung in den betreuten Wohnformen288 Die Rufhilfe wird im Wohnen in der Gemeinschaft durch ehrenamtliche Mitarbeiter des Roten Kreuzes abgedeckt. Die Rufhilfe und das Essen auf Rädern verursachen für den SHV keine Kosten. 289 Sobald die Bewohner mobile Dienste in Anspruch nehmen entstehen jedoch weitere Kostenpositionen für den SHV Schärding. Mobile Dienste Die Tariftabelle der mobilen Dienste wurde bundesweit von der öffentlichen Hand festgesetzt. Die Hauskrankenpflege, die eine höhere Berufsausbildung als eine Heimhilfe vorzuweisen 287 Vgl. Interview E7 (2015). Tabelle eigene Darstellung, Quelle: Interview E1 (2015); Interview E2 (2015); Interview E7 (2015). 289 Vgl. Sozialhilfeverband Schärding, Geschäftsstelle Bezirkshauptmannschaft Schärding (2015). 288 Klara Derntl 82 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich hat ist bei einem niedrigen Gesamtbetrag der Einkünfte für die Privatpersonen billiger. Der Grund dafür Berufsgruppe. liegt 290 in der Unterstützungshöhe seitens der öffentlichen Hand je Auch die Finanzierung je Berufsgruppe ist unterschiedlich geregelt. Die Ausgaben für die Hauskrankenpflege werden beispielsweise zu 100 % aus dem Pflegefonds gedeckt, daher bleibt der SHV auf keinen Kosten sitzen. Im Jahr 2014 wurden im Bezirk Schärding insgesamt 693 Personen durch eine Hauskrankenpflege betreut, 526 davon waren Pflegegeldempfänger. Anders sieht es bei der Heimhilfe und FSBA aus. Hier teilen sich die Sozialabteilung und der Sozialhilfeverband den Abgang zu jeweils 50 %. Im Bezirk Schärding wurden die Leistungen der Heimhilfe im Jahr 2014 von 287 Personen (davon 265 Pflegegeldempfänger) in Anspruch genommen. Im Rahmen der Fachsozialbetreuung Altenarbeit wurden 581 Personen (davon 519 Pflegegeldempfänger) betreut. 291 Somit bleiben beim SHV Kosten für die Heimhilfe je Leistungsstunde in der Höhe von € 10,83 und bei der FSBA € 14,54. In der nachstehenden Abbildung werden diese einzelnen Kostenpositionen zusammengefasst. Für den Sozialhilfeverband ergeben sich für einen Platz im Wohnen in der Gemeinschaft bei zusätzlicher Inanspruchnahme von fünf Stunden HKP und vier Stunden FSBA folgende Kosten. Kosten/Bewohner im WiG am Beispiel SHV Schärding Nettoaufwand Wohnen in der Gemeinschaft Anzahl der Bewohner Ø tägl. Nettoaufwand/Bewohner Ø tägl. Nettoaufwand/Bewohner (inkl. Landesförderung) Ø monatl. Nettoaufwand/Bewohner Ø monatl. Nettoaufwand/Bewohner (inkl. Landesförderung) mobile Dienste FSBA HH HKP* Das Essen wird im ViWo für eine Gebühr bezogen. *) Dem SHV entstehen keine Kosten. Ø monatl. Gesamtkosten inkl. mobile Dienste (ohne Landesförderung) Ø monatl. Gesamtkosten inkl. mobile Dienste (inkl. Landesförderung) 64.633,65 8 22,13 5,88 673,27 178,73 58,15 0,00 0,00 731,42 236,88 Durchschnittliche Kosten pro Bewohner im WiG & die Kosten für die mobilen Dienste aufgrund der gewählten Ausgangslage Gesamtkosten der mobilen Dienste für öffentl. Hand + Ø monatl. Nettoaufwand pro Bewohner (ohne Landesförderung) 298,21 971,48 Tabelle 17: Kostenvergleich V292 290 Vgl. Interview E4 (2015). Vgl. Interview E5 (2015); Sozialhilfeverband Schärding, Geschäftsstelle Bezirkshauptmannschaft Schärding (2015). 292 Tabelle: eigene Darstellung. 291 Klara Derntl 83 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Wird die Landesförderung nicht abgezogen kostet ein Platz im Durchschnitt € 731,42 pro Monat. Bei Berücksichtigung der Landesförderung reduziert sich dieser Betrag auf € 236,88. Der grau hinterlegte Abschnitt zeigt die Perspektive der öffentlichen Hand, der sowohl die Ausgaben des SHV, der Sozialabteilung und die aus dem Pflegefonds gespeisten Werte enthält und daher auf einen Betrag von € 971,48 kommt. 5.4 Betreubares Wohnen in Oberösterreich Diese dritte Versorgungsform im Alter weist Ähnlichkeiten zum betreuten Wohnen auf, es wurde jedoch eine klare Abgrenzung getroffen (siehe Unterkapitel 3.2). Um den geschützten Begriff des betreubaren Wohnens führen zu dürfen, müssen in Oberösterreich bestimmte Richtlinien des Landes eingehalten werden. In Gallneukirchen wurden die Wohnungen daher in „Wohnen mit Betreuung“ umbenannt, da das Konzept nur großteils erfüllt wird.293 In einigen Fällen sind die betreubaren Wohnungen in unmittelbarer Nähe von anderen Wohnformen im Alter angesiedelt. Beispielsweise sind im Vitalen Wohnen in Schärding neben dem Wohnen in der Gemeinschaft auch betreubare Wohnungen im selben Gebäudekomplex angesiedelt. Am Standort des Wohnparks Diakonissen stehen im fünften Stock des Alten- und Pflegeheims ebenfalls fünf Wohnungen mit Notrufanlage und Grundservice zur Verfügung. In Gallneukirchen befinden sich im Haus Abendfrieden (Diakoniewerk) fünf Einzelappartements für das Wohnen in Betreuung. Somit konnten im Rahmen der Interviews mit den jeweiligen Leitungspersönlichkeiten gleichzeitig Informationen zu den betreubaren Wohnformen eingeholt werden. Zusätzlich wurde Kontakt mit der zuständigen Abteilung der Oö. Landesregierung aufgenommen, um weitere Auskünfte zur betreubaren Wohnform zu erhalten. Die folgenden Informationen beziehen sich auf die betreubaren Wohnungen gemäß Richtlinie des Landes. Die letzten Wohnungen dieses Modells wurden im Jahr 2010 genehmigt. Da ohne Genehmigung auch die Förderungen des Landes Oö. wegfielen, wurden seither keine neuen betreubaren Wohnungen punktuell nach diesem Konzept errichtet. Somit stand der Entstehung neuer Wohnungskonzepte nichts im Weg und mittlerweile gibt es bereits einige Anbieter mit verschiedenen Versorgungsformen im Alter wie z.B. die bereits erläuterten betreuten Wohnungen des Roten Kreuzes, des Sozialhilfeverbands Schärding oder des Diakoniewerks sowie das altersgerechte Bauen für Rollstuhl und Rollator.294 293 294 Vgl. Interview E3 (2015). Vgl. Interview E6 (2015). Klara Derntl 84 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich 5.4.1 Mit Voraussetzungen für die Aufnahme dem Angebot der betreubaren Wohnungen wird eine Bevölkerungsgruppe angesprochen, die noch zu einer selbstständigen Lebensführung in der Lage ist. Durch die familiäre Unterstützung sowie die mobilen Dienste muss eine bedarfsgerechte Versorgung gewährleistet werden. Die barrierefreien und behindertengerecht ausgestatteten Wohnungen sollen in Kombination mit den Betreuungsleistungen einen Aufenthalt in einem Alten- und Pflegeheim hinausschieben oder vermeiden. Die Vergaberichtlinien für die betreubaren Wohnungen lassen sich wie folgt zusammenfassen.295 Personen ab 70 Jahren oder Menschen ab einem Alter von 60 Jahren mit einem mangelhaften, nicht altersgerechten Wohnstandard oder bei Vorliegen eines leichten bis mittleren Pflegebedarfs (Pflegegeldbezug, Rollstuhlfahrer, etc.) oder körperlichen Beeinträchtigungen oder auf Vorschlag der mobilen Betreuer aufgrund einer besonderen sozialen Situation Darüberhinaus muss die Vergabe der Wohnungen in Absprache mit dem Vertragspartner erfolgen, mit dem der Betreuungsvertrag vereinbart wird. In Linz sind die betreubaren Wohnungen mit Personen, die in diese Zielgruppe hineinfallen bzw. die Voraussetzungen erfüllen, gut ausgelastet. Derzeit ist mit längeren Wartezeiten zu rechnen.296 5.4.2 Leistungsspektrum der Versorgungsform Vielfach herrscht hinsichtlich der Betreuungsintensität in den betreubaren Wohnungen ein Missverständnis. Es besteht bei dieser Wohnform keine Möglichkeit Zusatzbetreuungspakete wie z.B. bei der Wohnoase Perg bedarfsorientiert zu wählen. Ein Betreuungspersonal ist nicht täglich vor Ort, außer eine günstige Lage wie beispielsweise im Vitalen Wohnen begünstigt diesen Aspekt. Synergieeffekte lassen sich in diesem Fall erzielen, da ein Mitarbeiter als Ansprechpartner für die Bewohner der betreubaren Wohnungen dient und die restliche Arbeitszeit im Wohnen in der Gemeinschaft verbringt. 295 296 Vgl. Sozialplattform Oberösterreich (2015), 79. Vgl. Interview E4 (2015). Klara Derntl 85 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Bei diesem altersgerechten Wohnsitz ist im Vergleich zu den betreuten Wohnungen und den Alten- und Pflegeheimen das geringste Betreuungs- und Pflegeausmaß inkludiert. Zur selbstständigen Lebensführung tragen bei Bedarf z.B. die mobilen Dienste oder das Essen auf Rädern bei, die gegen eine zusätzliche Gebühr in Anspruch genommen werden können. Für alle bis zum Jahr 2010 vom Land Oö. genehmigten betreubaren Wohnungen gelten die in der Richtlinie angeführten Kriterien. Die Rahmenbedingungen dieser Wohnform können in Standort, bauliche Konzepte und Betreuungssicherheit unterteilt werden. Standort Bauliche Konzepte Betreuungssicherheit Lage soll eine selbstständige Lebensführung ermöglichen Einkaufsmöglichkeiten, öffentliche Verkehrsmittel, Einrichtungen des täglichen Bedarfs Empfohlen wird eine räumliche Verbindung zu einer sozialen Einrichtung Nutzfläche je Wohnung 50 m² (+/- 3 %) Behindertengerechte bzw. barrierefreie Ausstattung Vorgaben zur räumlichen Aufstellung in der Wohnung (Wohnzimmer, Kochnische, Schlafzimmer, Bad, Abstellraum, etc.) Gemeinschaftsraum Büro für die Ansprechperson allg. behindertengerechte Toilette Rund um die Uhr besetzte Notrufanlage (Anschluss entweder an Anbieter mobiler Dienste oder ein nahegelegenes APH) Betreuungsvertrag mit Anbietern professioneller mobiler Dienste oder Trägern von APH (Ansprechperson für Bewohner) Die Kombination mit anderen Angeboten in einer gemeinsamen Wohnhausanlage ist aus Sicht der Integration älterer Menschen wünschenswert. Tabelle 18: Ausstattung und Leistungen der betreubaren Wohnungen297 Der Tätigkeitsumfang der Ansprechpersonen im betreubaren Wohnen beschränkt sich auf ein Grundservice von zwei Stunden im Monat pro Wohnung. Im Vitalen Wohnen ergibt sich daher für die neun Wohnungen ein Betreuungsanspruch von 18 Stunden pro Monat. Die Betreuungsperson organisiert für diese Zeit beispielsweise ein gemeinsames Frühstück. Die restliche Zeit können sich die Bewohner selber organisieren und obwohl ein Gemeinschaftsraum mit Küche zur Verfügung steht, kochen die Mieter im ViWo nur unter Anleitung der Ansprechperson gemeinsam.298 Das Tätigkeitsprofil der Ansprechpersonen im betreubaren Wohnen ist jedoch noch viel weiter abgesteckt.299 regelmäßiger (mindestens einmal pro Woche) Kontakt zu den Mietern: Hilfestellung bei diversen Alltagsverrichtungen, Erkundigung nach dem Befinden, etc. Durchführung von Zusammenkünften (ein Nachmittag/Monat) diverse Freizeitangebote, auch gemeinsam mit anderen Organisationen 297 Tabelle eigene Darstellung, Quelle: Anhang Sozialabteilung (2006). Vgl. Interview E7 (2015). 299 Vgl. Anhang Sozialabteilung (2009). 298 Klara Derntl 86 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Vermittlung von mobilen Diensten, Ärzten und Unterstützung bei verschiedenen Wohnungsangelegenheiten, etc. Organisation von Krankenbesuchen Auskunft und Information über Seniorenangebote wie z.B. Reisen, Veranstaltungen, Hilfsmittel Diese angeführten Aufgaben sind ein fester Bestandteil des Leistungsangebotes, die im Vertrag über die Grundleistungen des betreubaren Wohnens festgelegt sind. Darüberhinaus müssen die Ansprechpersonen verpflichtend personenbezogene Tätigkeitsnachweise führen und mindestens einmal jährlich eine fachspezifische Fortbildung besuchen sowie an den einberufenen Besprechungen der Abteilung Soziales des Landes Oö. teilnehmen.300 5.4.3 Kosten aus der Kundenperspektive Der oberhalb aufgezählte Tätigkeitsumfang der Ansprechpersonen ist im Betreuungsvertrag geregelt. Dieser Betreuungsvertrag stellt eine untrennbare Einheit mit dem Mietvertrag dar. Durch das Entgelt werden die Leistungen der Ansprechperson abgegolten. Etwaige Kosten für die Teilnahme an den von der Betreuungsperson organisierten Veranstaltungen (Kaffeerunden, Geburtstagsfeiern, Ausflüge) werden den Teilnehmern gesondert verrechnet. 301 Mit den Experteninterviews sowie durch eine direkte Anfrage bei den gemeinnützigen Bauträgern konnten konkrete Kostenbeispiele für betreubare Wohnungen ermittelt werden. Von den angefragten Bauträgern stellte die in Ried im Innkreis angesiedelte gemeinnützige Bauvereinigung ISG Informationen zur Verfügung. 300 301 Vgl. Anhang Sozialabteilung (2009). Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (2009), 5; Anhang Sozialabteilung (2009). Klara Derntl 87 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Betreubare Wohnungen ISG Betreubare Wohnungen (ViWo) Betreubare Wohnungen Mauthausen Durchschnittliche Wohnnutzfläche inkl. Loggia beträgt ca. 56 m² Der Mietpreis (inkl. BK, Heizkosten und MwSt.) ist abhängig vom Zeitpunkt der Errichtung und damit von der Höhe der gewährten Wohnbauförderung. Aktuell liegt die durchschnittliche Belastung pro Monat bei rund € 380,- bis € 400,- brutto im Monat. Die Kosten für die Betreuungspauschale inkl. Rufhilfe richten sich nach den jeweiligen Regelungen der regionalen Träger. Durchschnittlich können dafür inklusiv der Rufhilfe Kosten in Höhe von ca. € 72,- bis € 80,- pro Monat angesetzt werden. Grundsätzlich werden bei betreubaren Wohnungen keine Kautionen bzw. Baukostenbeiträge eingehoben. Die einmaligen Beitrittskosten bei der ISG betragen € 14,53 und der monatliche Mitgliedsbeitrag liegt bei € 0,29. Die ebenfalls zu zeichnenden Genossenschaftsanteile im Wert von € 218,werden bei Vertragsauflösung wieder zurückbezahlt. Wohnungsgröße ca. 52 m² Monatliche Miete inkl. BK (ohne MwSt.) ca. € 361,92 Betreuungszuschlag für 2 Std. Grundservice/Monat € 45,63 Rufhilfe über Festnetz € 18,17/über Handy € 29,70 pro Monat Wohnungsgröße zwischen 48 m² und 58 m² Monatliche Miete inkl. BK, Heizkosten und MwSt. zwischen ca. € 340,- und € 417, Betreuungspauschale € 52,90 pro Monat (durch Volkshilfe) Rufhilfe über Festnetz € 18,17 für eine Person/Monat Tabelle 19: Kosten für betreubare Wohnungen302 Bei den betreubaren Wohnungen können, abhängig vom jeweiligen Bauträger Mitgliedsbeiträge, einmalige Beitrittskosten oder auch Genossenschaftsanteile in Rechnung gestellt werden. Exemplarisch sind diese Kosten beim Beispiel der ISG angeführt. Kautionen dürfen grundsätzlich nicht von den Mietern eingehoben werden.303 Die Leistungen entsprechen nicht einer Betreuung und Pflege in einem Alten- und Pflegeheim und reihen sich von der Intensität auch hinter den betreuten Wohnungen ein. Es besteht jedoch wie bei den betreuten Wohnungen gleichermaßen die Möglichkeit zusätzlich mobile Dienste in Anspruch zu nehmen. Von welchen Faktoren die Kostenhöhe für Privatpersonen abhängt ist in Unterkapitel 5.3.3 nachzulesen. Eine genaue Aufstellung darüber wird daher in diesem Abschnitt vernachlässigt. Ebenso kann die Speisenbestellung über verschiedene Mahlzeitendienste erledigt werden. 302 303 Tabelle eigene Darstellung, Quelle: Hechinger (2015); Schwarzgruber (2015); Meyer (2015). Vgl. Anhang Sozialabteilung (2006). Klara Derntl 88 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Betreubare Wohnungen (ViWo) Die Preise für das Essen auf Rädern sind in Schärding sozial gestaffelt. Wie der Menüpreis errechnet wird, wurde in Unterkapitel 5.3.3 behandelt. Die Mieter der betreubaren Wohnungen sind nicht berechtigt, bei den gemeinsam gekochten Mittagsmahlzeiten im Wohnen in der Gemeinschaft teilzunehmen.304 Betreubare Wohnungen ISG Da es sich bei den Angaben zu den betreubaren Wohnungen der ISG um Durchschnittswerte handelt und Wohnungen in verschiedenen Bezirken gemietet werden können, wurden für das Essen auf Rädern ebenfalls die Preise vom Bezirk Schärding angenommen. Die ISG betreibt im Bezirk betreubare Wohnungen in Andorf, Freinberg, Riedau, Schardenberg, Münzkirchen, St. Marienkirchen und in Schärding selber. 305 Das Essen auf Rädern wird in allen Gemeinden des Bezirks Schärding zu den gleichen Konditionen ausgeliefert.306 Betreubare Wohnungen Mauthausen Die betreubaren Wohnungen in Mauthausen fallen in das Zuständigkeitsgebiet des Roten Kreuzes im Bezirk Perg (siehe Essen auf Rädern für die Wohnoase Perg). Da im Bezirk ein Zustellentgelt aufgeschlagen wird, variieren die Preise je Region. Für die Marktgemeinde Mauthausen wurde ein Einheitspreis von € 6,- festgesetzt.307 Sonstige Verrichtungen des täglichen Lebens wie z.B. das Reinigen der Wohneinheit oder das Waschen der Leibwäsche sind ebenfalls entweder selber auszuführen oder privat zu organisieren. Ein weiterer Aspekt, der den betreuten Wohnungen ähnelt ist die finanzielle Unterstützung. Im Bedarfsfall kann unter Berücksichtigung der jeweiligen Einkommenssituation um Wohnbeihilfe beim Land Oö. angesucht werden. Die Höhe der Wohnbeihilfe ist von verschieden Aspekten abhängig (siehe Unterkapitel 5.3.3), wobei die Höchstgrenze pro m² Nutzfläche mit € 3,50 festgesetzt ist.308 Um eine bessere Vorstellung von den monatlichen Gesamtaufwendungen für eine betreubare Wohnung zu bekommen, wird ausgehend von der angenommenen Ausgangssituation das Beispiel auch für die betreubaren Wohnungen durchgespielt. 304 Vgl. Interview E5 (2015). Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (2009), 7. 306 Vgl. Sozialhilfeverband Schärding (o.J.b). 307 Vgl. Rotes Kreuz Bezirksstelle Perg (2015). 308 Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (o.J.b). 305 Klara Derntl 89 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Betreubares Wohnen Stand Gesamtfläche in m² Anwesenheit Ansprechperson Wohnungsmiete MwSt. BK (inkl. MwSt. + Strom) Unterkunft gesamt/Monat Essen auf Rädern Frühstück (20 %) Mittagessen (50 %) Abendessen (30 %) Verpflegung gesamt/Monat Betreuungspauschale inkl. Rufhilfe mobile Dienste Pflege & Betreuung gesamt/Monat Reinigung der Wohneinheit/Tag Reinigung der Leib- & Bettwäsche/Tag Anbieter TV, Festnetz, etc. Kosten Vertragserrichtung ViWo Schärding Betreubares Wohnen 2015 52,00 2h/Monat 213,20 21,32 188,59 423,11 207,00 64,31 0,00 96,46 367,77 63,80 71,70 135,50 privat organisiert privat organisiert individuell ja ISG Betreubare Wohnungen Mauthausen Betreubare Wohnung 2015 56,00 2h/Monat 2015 48,00 2h/Monat 415,00 207,00 64,31 0,00 96,46 160,77 76,00 71,70 147,70 privat organisiert privat organisiert individuell ja 395,00 180,00 64,31 0,00 96,46 160,77 70,97 71,70 142,67 privat organisiert privat organisiert individuell ja Gesamtkosten/Tag Gesamtkosten/Monat 30,88 926,38 24,12 723,47 23,28 698,44 öffentl. Hand* davon Ausgaben RTSH Kosten für Bewohner Verbleibende Einkünfte *) Wohnbeihilfe 926,38 890,52 723,47 1.093,43 698,44 1.118,46 Tabelle 20: Kostenvergleich VI309 In dieser Kostenaufstellung wurden monatliche Ausgaben für den Strom in der Höhe von € 25,- berücksichtigt, um einen anschaulichen Vergleich mit einem Alten- und Pflegeheim zu gewährleisten. Da im Vergleich zu einem Alten- und Pflegeheim keine Verpflegung im Grundleistungspaket inkludiert ist, wurde wie bei den betreuten Wohnungen davon ausgegangen, dass selbst gekocht bzw. das Essen zubereitet wird. Abermals wurden monatliche Nahrungsmittelausgaben in der Höhe von € 326,- vorausgesetzt. Kosten für eine Haftpflichtversicherung sind in der Tabelle nicht enthalten. 5.4.4 Kosten aus der Trägerperspektive In diesem Abschnitt wird der Fokus wiederum auf die vom Land Oö. bis zum Jahr 2010 genehmigten und somit geförderten betreubaren Wohnungen gelegt. Für Wohnungen, die 309 Tabelle: eigene Darstellung. Klara Derntl 90 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich zwar großteils den Richtlinien des Landes entsprechen oder zu einem späteren Zeitpunkt errichtet wurden, sieht die Finanzierungsstruktur anders aus. Ausschlaggebend für die Genehmigung betreubarer Wohnungen war eine konkrete Bedarfserhebung in der jeweiligen über 60-Jährigen Gemeindebevölkerung. Somit sollte für die einzelnen Gemeinden leichter abschätzbar sein, wie groß die Nachfrage ist und Probleme bei der Vermietung bzw. leerstehende Wohnungen vermieden werden. In weiterer Folge mussten die Projekte bei der Sozialabteilung eingereicht werden und bei Bestätigung einer Förderungswürdigkeit konnte das Projekt vom Bauträger an die Abteilung Wohnbauförderung weitergeleitet werden. Somit wurde es auf eine verbindliche Vormerkliste gesetzt, wobei mit Wartezeiten zu rechnen war, da jedes Jahr nur 300 Wohnungen diese Sonderförderung erhielten. 310 Spezielle Förderungen für solche Sonderwohnformen existierten jedoch bereits seit 1997 in Oberösterreich.311 Grundsätzlich wurden nur Neubauten gefördert, wobei zur Entscheidung für einen Bauträger mehrere Angebote von gemeinnützigen Wohnbauträgern eingeholt werden mussten (gewerbliche, gewinnorientierte Bauträger waren ausgeschlossen). Als Rechtsträger dieser betreubaren Wohnungen waren nur RTSH, Gemeinden, gemeinnützige Bauvereinigungen und Träger der freien Wohlfahrt zugelassen. Befürwortet wurden Grundstücke, die im Eigentum der Gemeinde lagen oder durch günstige Baurechtsverträge zur Verfügung gestellt wurden, denn der Grundstückspreis wirkt sich auf die Miethöhe aus. Um günstige Mieten zu ermöglichen wurden die anerkannten Baukosten anstatt der normalen Wohnbauförderung von bis zu 60 % in einer Höhe von bis zu 90 % gefördert. Die restlichen 10 % wurden nicht im Rahmen eines Darlehens von der Abteilung Wohnbauförderung ausgegeben und mussten vom jeweiligen Bauträger zu günstigen Bedingungen bereit gestellt werden. Die Baukosten von Gebäuden mit bis zu zwölf Wohnungen durften € 1.431,- pro m² Nutzfläche nicht übersteigen. Sind mehr Wohnungen in einem Bauwerk untergebracht betrug das Kostenlimit pro m² € 1.381,-. Für energiesparende Maßnahmen konnten zusätzliche Beträge veranschlagt werden. Außerdem konnte durch den Einbau eines nicht verpflichtend vorgeschriebenen Personenaufzuges die Förderung um € 50,- pro m² Nutzfläche erhöht werden. Wurden etwaige Mehrkosten für eine barrierefreie Ausstattung nicht im Rahmen der Wohnbauförderung übernommen, konnte bei der Sozialabteilung um Zuschüsse angesucht werden. Ein weiterer vorgeschriebener Punkt ist, dass die monatlichen Rückzahlungsbelastungen aus der Finanzierung die Obergrenze von rund € 2,40 pro m² für die Dauer der Darlehenslaufzeit nicht übersteigen darf. Die Errichtungskosten für die 310 311 Vgl. Anhang Sozialabteilung (2006). Vgl. Amt der Oö. Landesregierung (2009), 2. Klara Derntl 91 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Zusatzeinrichtungen (Gemeinschaftsraum, Büro für Ansprechperson, behindertengerechte Toilette) konnten bis zu einer Größe von insgesamt maximal 50 m² gefördert werden. 312 Festgelegt ist, dass die laufenden monatlichen Aufwände dafür von den jeweiligen Gemeinden getragen werden müssen.313 Bauträger der exemplarisch angeführten betreubaren Wohnungen sind die Gemeinnützige Landeswohnungsgenossenschaft für Oberösterreich (LAWOG) und die ISG. Diese gemeinnützigen Bauvereinigungen haben nach dem sogenannten Kostendeckungsprinzip zu arbeiten, welches aus § 13 Abs. 1 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) abzuleiten ist. Darin ist angeordnet „ein angemessenes Entgelt (Preis) zu vereinbaren, das nicht höher, aber auch nicht niedriger angesetzt werden darf, als es zur Deckung der Aufwendungen für die Bewirtschaftung ihrer Baulichkeiten und unter Berücksichtigung eines im Sinne der Grundsätze des Wirtschaftsführung § 23 der gerechtfertigten Bauvereinigung Betrages zur sowie nach Deckung den der Kosten Grundsätzen der einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung zur Bildung von Rücklagen erforderlich ist“.314 Da die Kosten für die Unterkunft in diesem Sinne abgedeckt werden, wird dieser Aspekt nun vernachlässigt und der Fokus auf die Perspektive eines RTSH gelegt. Die drei Komponenten Essen auf Rädern, Rufhilfe und das Grundservice beeinflussen die Finanzen der regionalen Träger nicht. Das Essen auf Rädern ist im Bezirk Schärding im mehrjährigen Schnitt kostendeckend, für die Rufhilfe gibt es eine Landesförderung und die Kosten für das Grundservice werden durch den Betreuungszuschlag abgedeckt. Die mobilen Dienste stellen somit in diesem Beispiel den einzigen Kostenpunkt für den SHV Schärding dar (Details dazu siehe Abschnitt 5.3.3).315 In der unterhalb abgebildeten Kostenaufstellung sind die Aufwände der mobilen Dienste gemäß Ausgangssituation enthalten Kosten/Bewohner in einer Betreubaren Wohnung am Bsp. SHV Schärding Die Kosten für das Grundservice werden nicht wie die mobilen Dienste abgegolten, sondern die Bewohner bezahlen einen kostendeckenden Betrag an den Bauträger, der diesen dem Roten Kreuz übermittelt. mobile Dienste FSBA 58,15 HH 0,00 HKP* 0,00 Ø monatl. Gesamtkosten 58,15 Kosten für den SHV aufgrund der gewählten Ausgangslage für diesen Bewohner 298,21 Gesamtkosten der mobilen Dienste für die öffentliche Hand Tabelle 21: Kostenvergleich VII316 312 Vgl. Anhang Sozialabteilung (2006). Vgl. Interview E7 (2015). 314 § 13 Abs 1 WGG. 315 Vgl. Sozialhilfeverband Schärding, Geschäftsstelle Bezirkshauptmannschaft Schärding (2015). 316 Tabelle: eigene Darstellung. 313 Klara Derntl 92 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Während für den Sozialhilfeverband in diesem Fall Kosten in der Höhe von € 58,15 entstehen, liegen die Belastungen der öffentlichen Hand über dem Fünffachen dieses Wertes. Anzumerken ist, dass bei der Sichtweise der öffentlichen Hand weitere Ausgaben wie z.B. für die Rufhilfe oder die laufenden monatlichen Aufwendungen der Gemeinden für die Gemeinschaftsräume in diesem Beispiel nicht berücksichtigt wurden. Außerdem ist nicht bekannt, wie viel der Wohnbauförderung auf die öffentliche Hand entfällt. 5.5 Zwischenresümee Die ab Unterpunkt 5.2 angeführten Beispiele werden in der folgenden Tabelle zusammengefasst und gegenübergestellt. Alten- und Pflegeheime Betreute Wohnungen Betreubare Wohnungen Zielgruppe Personen ab einem gewissen altersbedingten Pflegebedarf Pflegebedarf, der zu Hause nicht mehr gedeckt werden kann Pflege und Betreuung auch in der Nacht notwendig (alleinstehende) Personen, die Betreuung und Unterstützung im Alltag benötigen ein Gefühl der Sicherheit brauchen Gemeinschaft und soziale Kontakte suchen Menschen, die zu einer selbstständigen Lebensführung in der Lage sind bedarfsgerechte Versorgung muss durch familiäre Unterstützung/mobile Dienste gewährleistet werden können Voraussetzungen Klare Vorgaben des Landes mind. 60 Jahre mind. Pflegestufe 3 Ausnahmen gemäß Objektivierungsrichtlinie Stellen eines Heimantrages Zuweisung mittels Bescheid Richtlinie des Landes Für jedes Wohnprojekt gelten ab 70 Jahren ab 60 Jahren mit nicht eigene Voraussetzungen, die altersgerechtem Wohnsitz über ein Mindestalter bis hin zur bei Vorliegen eines leichten Gemeinschaftsfähigkeit reichen. bis mittleren Pflegebedarfs bei körperlichen Beeinträchtigungen auf Vorschlag der mobilen Dienste aufgrund einer besonderen sozialen Situation Verträge Heimvertrag Mietvertrag Betreuungsvertrag Mietvertrag Betreuungsvertrag Leistungen Hotelkomponente (inkl. Wohnen und Vollverpflegung) Pflege- und Betreuung durch Fachkräfte (rund um die Uhr) Klara Derntl Unterkunft Betreuungsleistungen variieren von 35 Std. bis 87,5 Std. pro Woche Vollverpflegung nur im ViWo unterschiedl. Freizeitangebote Mietwohnung Notrufanlage Grundservice (2 Std./Monat/ Wohnung) Vermittlung von mobilen Diensten bei Bedarf 93 Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich Kosten für Bewohner Selbstzahler: Bruttoentgelt inkl. Pflegezuschlag Teilzahler: 80 % der Pension + 80 % Pflegezuschlag klassische Miete inkl. klassische Miete inkl. Betriebskosten Betreuungspauschale (inkl. Rufhilfe) Betriebskosten Betreuungspauschale (inkl. Rufhilfe) sonstige in Anspruch sonstige in Anspruch genommene Leistungen genommene Leistungen Unterstützungen seitens der öffentlichen Hand Sozialhilfe möglich Wohnbeihilfe möglich Wohnbeihilfe möglich sozial gestaffelte sozial gestaffelte Kostenbeiträge bei den mobilen Diensten Kostenbeiträge bei den mobilen Diensten Kosten für die Träger Finanzierungsschlüssel für die Errichtungskosten kostendeckende Heimtarife (§ 23 Oö. APH-VO) Personalkosten 50 % Abgangsdeckung bei HH und FSBA (mobile Dienste) 50 % Abgangsdeckung bei HH und FSBA (mobile Dienste) Vorteile/Nachteile stationäre Versorgungsform Vollverpflegung Finanzierungssicherheit geregelter Tagesablauf, wenn es körperlich möglich ist, freie Tagesgestaltung rund um die Uhr Pflegepersonal individuelle Gestaltung des Tagesablaufs Unterstützung durch Ansprechpersonen, die (fast) täglich vor Ort sind nicht für jeden leistbar Vermietung nur an Personen, die die Vergaberichtlinien erfüllen leerstehende Wohnungen freie Gestaltung des Tagesablaufs selbstständige Lebensführung in der eigenen Wohnung Tabelle 22: Gegenüberstellung der Versorgungsleistungen317 Die Ergebnisse der Kostenanalyse werden im folgenden Abschnitt gegenübergestellt. Es werden Vergleiche ausgehend von verschiedenen Ausgangssituationen gezogen. 317 Tabelle: eigene Darstellung. Klara Derntl 94 Gegenüberstellung der Ergebnisse mit konkreten Beispielen 6 Gegenüberstellung der Ergebnisse mit konkreten Beispielen Wie sieht es nun aus, wenn man ins Alter kommt und pflegebedürftig wird? Keine Sorgen und nichts zu fürchten oder kann die Armutsfalle drohen? Diese Frage kann sowohl bejaht, als auch verneint werden. Ja, weil in Österreich pflegebedürftige Menschen, die finanziell nicht abgesichert sind und sich keine Pflege leisten können, unterstützt werden und nicht auf sich selbst gestellt sind. Für alle, die etwas zu verlieren haben – jede Menge Geld – lautet die Antwort hingegen: Nein. Der Pflegebedürftige muss jedoch nicht nur selbst für die Aufwendungen aufkommen, sondern es können beispielsweise Zahlungen von Dritten, soweit die Voraussetzungen dafür gegeben sind, angefordert werden. Schenkungen wie z.B. eine Hausübergabe an die Kinder oder größere Geldbeträge können somit innerhalb bestimmter Fristen rückgefordert werden. Grundsätzlich müssen die Betroffenen jedoch selbst für die Kosten im Pflegefall aufkommen. Wie hoch die Kosten abhängig von verschiedenen Ausganssituation sein können, wird in Tabelle 23 aufgezeigt. Klara Derntl 95 Gegenüberstellung der Ergebnisse mit konkreten Beispielen Ausgangssituation Bruttopension/Monat A € 872,31 B € 872,31 Mindesteinkommen Mindesteinkommen Pflegestufe C € 1229,04 D* € 1880,76 Ø AP Ö 02/15 Ø AP Oö. m 12/14 2 3 3 4 15 Std. HKP 5 Std. HKP & Mobile Dienste/Monat & 4 Std. HH 4 Std. FSBA (Berechnung mit 30 Tagen/Monat, 30 x Essen auf Rädern bzw. Verpflegung im WiG) *) D: Ausgangssituation wie in Kapitel 5 inkl. Altersvorsorge, jedoch Ø aller AP (Männer) Wohnform Gesamtkosten/ Monat davon öffentl. Hand BAPH Schärding WiG - ViWo Wohnpark Diakonissen Wohnoase Perg Betreub. Wohnen ViWo 2.744,44 840,25 1.716,35 1.343,78 833,68 1.854,74 88,51 0,00 128,31 128,31 BAPH Schärding WiG - ViWo Wohnpark Diakonissen Wohnoase Perg Betreub. Wohnen ViWo 2.871,32 1.073,45 1.870,25 1.497,68 987,58 1.854,74 88,51 0,00 128,31 128,31 BAPH Schärding WiG - ViWo Wohnpark Diakonissen Wohnoase Perg Betreub. Wohnen ViWo 2.871,32 919,55 1.716,35 1.343,78 854,68 1.628,69 0,00 0,00 0,00 0,00 BAPH Schärding WiG - ViWo Wohnpark Diakonissen Wohnoase Perg Betreub. Wohnen ViWo 3.048,44 1.152,35 1.823,15 1.450,58 976,78 1.141,95 0,00 0,00 0,00 0,00 davon Bewohner Ausgangssituation A 889,70 751,73 1.716,35 1.215,46 705,36 Ausgangssituation B 1.016,58 984,93 1.870,25 1.369,36 859,26 Ausgangssituation C 1.242,63 919,55 1.716,35 1.343,78 854,68 Ausgangssituation D 1.906,50 1.152,35 1.823,15 1.450,58 976,78 Legende Kosten pro Vollzahler & Platz Bewohnerperspektive Perspektive SHV Schärding (inkl. mobile Dienste) Anteil öffentl. Hand am Preis der Bewohner (Sozialhilfe/Wohnbeihilfe) Ø Kosten der öffentl. Hand pro Bewohner (inkl. mobile Dienste, ohne Kosten für die Rufhilfe & das Essen auf Rädern) verbleibendes laufendes Einkommen Ø monatliche Gesamtkosten pro Bewohner 209,85 360,39 - 604,23 - 103,34 406,76 1.103,33 178,73* 0,00 1.239,34 673,27 0,00 209,85 - 98,64 - 599,53 285,79 411,46 11.03,33 222,04* 43,31 1.239,34 1.305,61 632,34 266,37 633,74 - 136,06 209,51 698,61 1.103,33 178,73* 0,00 1.239,34 673,27 0,00 388,05 1.230,78 55,97 932,54 1.406,34 1.103,33 236,88* 58,15 1.239,34 971,48 298,21 Tabelle 23: Gegenüberstellung Kostenvergleich318 318 Ø monatliche Gesamtkosten pro Bewohner *) inkl. Landesförderung Tabelle: eigene Darstellung. Klara Derntl 96 Gegenüberstellung der Ergebnisse mit konkreten Beispielen Das vorliegende Raster bildet verschiedene Kostenperspektiven der Einrichtungen, abhängig von der jeweiligen Ausgangssituation, ab. Bei der Erstellung wurde ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass ein Vergleich durch eine übersichtliche Gegenüberstellung möglich wird. Die Ausgangssituation „D“ stellt das Gegenstück zum Beispiel, das sich durch das gesamte Kapitel 5 zieht, dar. Es wurde lediglich anstelle der durchschnittlichen Alterspension der Frauen, die der Männer herangezogen. Da die durchschnittliche Pensionshöhe der Frauen deutlich niedriger ist, fallen die Kosten für die öffentliche Hand höher aus. Beispielsweise liegen die durchschnittlichen monatlichen Sozialhilfezahlungen für weibliche Alten- und Pflegeheimbewohner um € 452,98 über dem Männerschnitt (€ 5.435,76 pro Jahr). Für den Wohnpark Diakonissen und die Wohnoase Perg liegen für die Perspektive des RTSH und die durchschnittlichen Kosten der öffentlichen Hand pro Bewohner keine Werte vor. Es sei darauf hingewiesen, dass die Mietkosten der alternativen Wohnformen ebenfalls aufgrund der unterschiedlichen Wohnungsgrößen variieren. Im Rahmen der Interviews konnte keine Einheitsgröße erhoben werden. Eine Umrechnung ist nicht möglich, da nicht alle m²-Kosten der aliquoten Anteile der Gemeinschaftsräume bekannt sind. Was in dem Kostenraster besonders gut ersichtlich wird, sind die Unterschiede beim verbleibenden Einkommen der jeweiligen Bewohner. Während die Alten- und Pflegeheime durch die gesetzlichen Regelungen für alle Bevölkerungsschichten finanziell tragbar sind, zeigen die alternativen Wohnformen klar Grenzen der Erschwinglichkeit auf. Ausgangssituation „C“ wird folglich grafisch dargestellt. 3500 3000 266 Ausgangssituation C verbleibende laufende Einkünfte Gesamtkosten/Monat 2500 2000 1500 443 2.871 1000 500 634 699 1.716 1.110 920 0 Nettopension 210 1.344 855 Pflegegeld (Stufe 3) (Werte in €) -136 -500 Abbildung 13: Finanzielle Tragbarkeit der Wohnformen319 319 Abb.: eigene Darstellung. Klara Derntl 97 Gegenüberstellung der Ergebnisse mit konkreten Beispielen Es wird ersichtlich, dass der Wohnpark Diakonissen mit einer Medianalterspension (€ 1.229,04 brutto) inklusive dem Pflegegeld der Stufe 3 nicht leistbar ist, obwohl keine zusätzlichen mobilen Dienste in Anspruch genommen werden und das Pflegegeld bereits einen Zuschuss der öffentlichen Hand darstellt. Folglich wird gegenübergestellt (Ausgangssituation „D“), wie viel die jeweiligen Bewohner durchschnittlich für die Wohnkomponente, die Verpflegung sowie das Pflege- und Betreuungsausmaß bezahlen. Ausgangssituation D 100% 19,03% 80% 41,00% 61,34% 37,65% 60% Pflege und Betreuung 27,34% 40% 3,79% 20% 34,87% 31,67% BAPH Schärding WiG - ViWo Verpflegung 43,32% Unterkunft 0% Betreub. W. ViWo Abbildung 14: Prozentuelle Kostenverteilung je Komponente320 Anzumerken ist, dass die Heimtarife keine Auskunft über die gesamten Kosten geben, da nur ein Teil der Kapitalkosten inkludiert ist. Da das Vitale Wohnen durch Förderungen gespeist ist, sind diese Preise ebenfalls nicht kostendeckend. Das Pflege- und Betreuungsausmaß ist unterschiedlich, was sich ebenfalls im Preis niederschlägt. Beim APH hängt der Preis von der Pflegestufe ab, bei den anderen beiden Wohnformen wird die Preishöhe insbesondere von den mobilen Diensten geprägt. In diesem Beispiel, können die Gebühren für die Pflege- und Betreuungsleistungen nur in den beiden alternativen Wohnformen durch das Pflegegeld gedeckt werden (€ 664,30 in der Stufe 4). Festzuhalten für die Sichtweise der Bewohner bleibt, dass die Absicherung des Risikos Pflege durch eine Versicherung nur für die betreute und betreubare Wohnform vorteilhaft ist, denn den Bewohnern eines Alten- und Pflegeheims bleiben ohnedies 20 % der Pension. Zu diesem Einkommen können zwar 20 % der monatlichen Rente hinzugezählt werden, die restlichen 80 % senken jedoch die Leistungen der Sozialhilfe und fließen somit nicht in die Geldbörse des Bewohners. 320 Abb.: eigene Darstellung. Klara Derntl 98 Gegenüberstellung der Ergebnisse mit konkreten Beispielen Für die öffentliche Hand scheinen die Alten- und Pflegeheime auf den ersten Blick als teuerste Alternative, werden jedoch verschiedene Beispiele durchgespielt, sind Änderungen dieser Reihung möglich. Ausgangslage „B“ führt z.B. bei der betreuten Wohnform mit einer Beanspruchung der Hauskrankenpflege von 15 Stunden (ca. jeden zweiten Tag für eine Stunde) und der Heimhilfe von vier Stunden im Monat zu höheren Kosten für die öffentliche Hand, als der vergleichbare Heimplatz. Würde diese Person in einem Alten- und Pflegeheim anstatt in der betreuten Wohnform versorgt werden, würde dies für die öffentliche Hand günstiger kommen. Wird im Kostenraster die Perspektive des SHV Schärding betrachtet, ist zu ergänzen, dass bei den durchschnittlichen monatlichen Gesamtkosten pro Bewohner im Wohnen in der Gemeinschaft die Landesförderung berücksichtigt wurde. Da bei Folgeprojekten nicht mehr mit Förderungen in diesem Ausmaß gerechnet werden kann, wurden die Ausgaben ohne Fördereinnahmen pro Platz zum Vergleich berechnet. Unter Berücksichtigung der einzelnen Aspekte laut Ausgangssituation „A“ würden sich die Kosten für den SHV von € 178,73 auf € 673,27 und bei Punkt „D“ sogar auf € 731,42 erhöhen. Ein Gesichtspunkt, der im Kostenraster nicht sofort ersichtlich ist, ist der Ruhensbetrag. Wird eine Person zu Hause gepflegt oder ist sie Vollzahler in einem Heim, bekommt sie das volle Pflegegeld der jeweiligen Stufe ausbezahlt. Bei allen Teilzahlern in einem Alten- und Pflegeheim wird die Differenz aus Pflegegeld, -zuschlag und -taschengeld eingefroren. Diesen Betrag erspart sich somit die öffentliche Hand. Bei einer Person mit Pflegestufe 7 ist das ein jährlicher Betrag von € 3.441,36. Hat eine Person die Pflegestufe 4 vorzuweisen, was auf den Großteil der Heimbewohner im Bezirk Schärding zutrifft, liegt die Differenz für eine Person bei € 1.062,84 pro Jahr. Wird dieser Wert auf 90 Heimplätze aufgerechnet, beträgt die jährliche Einsparung bei voller Auslastung und einheitlicher Pflegestufe 4 infolge niedrigerer Pflegegeldauszahlungen € 95.655,60. Ein weiterer Aspekt, der vor allem unter dem Blickwinkel der Heime schwer nachvollziehbar ist, dass sie nach den Vorstellungen des Gesetzgebers mit 80 % des Pflegegeldes auskommen sollen, während für die benötigten Pflegeleistungen im Eigenheim oder der Mietwohnung das gesamte Pflegegeld zur Verfügung steht. Das Pflegegeld wird nach den benötigten Pflegestunden (siehe Abschnitt 4.2.1) ausbezahlt und diese unterscheiden sich nicht, wenn die Person in einem Heim oder zu Hause lebt. Den Heimbewohnern verbleibt ein Pflegetaschengeld trotz 24-Stunden Verpflegung und Zurverfügungstellung sämtlicher Pflegeprodukte wie z.B. Inkontinenzwaren. Welche Versorgungsform im Alter ist nun unter Betrachtung der verschiedenen Kostenpunkte die bessere Wahl? Hierfür kann keine allgemein gültige Antwort gefunden werden. Es muss jeweils die individuelle Ausgangslage der Personen betrachtet werden, um eine Aussage treffen zu können. Zusätzlich ist die Beantwortung der Frage großteils von der jeweiligen Perspektive abhängig. Für die Bewohner in einem Heim ist beispielsweise die Klara Derntl 99 Fazit und Ausblick Finanzierungssicherheit ein Pluspunkt. Ist die Finanzierung in einer alternativen Wohnform nicht sichergestellt, kann die Wohnung nicht gehalten werden. Überdies würde die Entscheidung aus Sicht des Sozialhilfeverbands zum Teil anders ausfallen, als wenn die öffentlichen Kosten der verschiedenen Finanziere als gesamtes betrachtet werden. Genaue situationsbezogene Daten und Auskünfte zu diesen unterschiedlichen Sichtweisen ermöglicht das erstellte Excel-Sheet. 7 Fazit und Ausblick Die Problematik nicht existierender Kostenvergleiche der Altenpflege und Betreuung wurde in dieser Arbeit aufgegriffen, indem systematisch oberösterreichweite Informationen zu den Preisen und Kosten verschiedener Versorgungsformen im Alter ermittelt und gegenübergestellt wurden. Dafür wurde zuerst geklärt, wie die beiden Versorgungsformen des betreubaren und betreuten Wohnens klar abgegrenzt werden können. Die Unterscheidung dieser alternativen Wohnformen wurde mit Hilfe des jeweils erforderlichen Betreuungsvertrages getroffen, wobei die Höhe des verpflichtenden Betreuungsausmaßes als Messlatte herangezogen wurde. Im Gegensatz zu den betreubaren Wohnungen ist demnach bei den betreuten Formen ein wesentlich höheres Anwesenheitsausmaß der Betreuungspersonen, als die zwei Stunden Grundservice pro Monat erforderlich. Eine weitere Fragestellung, die vorab zu klären war, bezieht sich auf die Grundleistungen, die mit den jeweiligen Einrichtungen der Altenpflege und –betreuung angeboten werden. Die Antwort darauf war mit Hilfe der geführten Experteninterviews sowie der gezielten Literaturrecherche rasch gefunden. Während die Alten- und Pflegeheime ein „Gesamtpaket“ anbieten, fällt der inkludierte Leistungsumfang bei den beiden alternativen Wohnformen eindeutig niedriger aus. Die Bewohner eines Alten- und Pflegeheims genießen den Vorteil einer stationären Versorgungsform mit Vollverpflegung. Der Heimtarif beinhaltet die Hotelkomponente (Wohnen und Verpflegung), Betreuungs- und Pflegedienste sowie sämtliche für den Alltag notwendige Leistungen. Bei den betreuten Wohnungen sind neben der Unterkunft auch Betreuungsleistungen inkludiert, die je nach Vertrag variieren. Das System der Rufhilfe ist vor allem dann von Bedeutung, wenn kein Personal vor Ort ist. Von den angeführten Beispielen besteht nur im Wohnen in der Gemeinschaft (ViWo) die Möglichkeit, täglich an den Mahlzeiten teilzunehmen. Die gebotenen Leistungen sowie die Gestaltung und das Ausmaß der Freizeitaktivitäten weichen bei den einzelnen Wohnprojekten geringfügig voneinander ab. Im Mietvertrag und dem obligatorischen Betreuungsvertrag, den die Bewohner der betreubaren Wohnungen mit Anbietern professioneller mobiler Dienste oder Trägern von APH abschließen müssen, ist eindeutig der Klara Derntl 100 Fazit und Ausblick geringste Leistungsumfang inkludiert. Das Tätigkeitsprofil der Betreuungspersonen ist zwar genau festgelegt, jedoch nur in einem Ausmaß von zwei Stunden pro Wohnung und Monat vorgesehen. Eine rund um die Uhr besetzte Notrufanlage ist eine weitere Voraussetzung dieser betreubaren Wohnsitze. Durch diese Fokussierung auf die jeweils angebotenen Grundleistungspakete wird erkennbar, wie wichtig eine systematische Klassifizierung und Abstimmung der einzelnen Leistungskomponenten ist, um einen nachvollziehbaren Kostenvergleich dieser Versorgungsformen zu ermöglichen. Nicht nur die jeweiligen Leistungen, auch die Kostenstrukturen sind im stationären, teilstationären und ambulanten Bereich großteils sehr unterschiedlich. Die Preise für stationäre Pflegeplätze variieren stark zwischen dem Segment der Selbstzahler und den Pflegebedürftigen, die auf Mittel der Sozialhilfe angewiesen sind. Während für öffentliche bzw. öffentlich finanzierte Heimplätze sowie die mobilen Dienste die Preise reguliert sind bzw. eine Orientierung an den gesetzlichen Tarifvorgaben stattfindet, existieren für den Bereich der betreuten Wohnungen keine Regelungen. Die betreubaren Wohnungen hingegen sollen aufgrund der öffentlichen Förderungen für die Zielgruppe finanziell tragbar sein und für das zugehörige Grundservice ist ein Richtwert vorgegeben. Zudem ist die Vergleichbarkeit der Fördersysteme schwierig, da die Zuschüsse häufig von der gewählten Versorgungsform abhängen. Zusammenfassend können die Unterschiede der Preisfindung bei Diensten und Einrichtungen der Altenpflege und Betreuung folgendermaßen zusammengefasst werden. Differenzierung/Nichtdifferenzierung zwischen Selbstzahlern und Teilzahlern Orientierungsindikatoren bzw. Fixierung der Tarife (z.B. einheitliche Gebühren für alle Leistungsanbieter versus freie Spielräume) Soziale Staffelung der Preise Abstufung der Tarife nach Pflegeintensität Diese verschiedenen Preisregulierungen und Fördermöglichkeiten schränken allerdings die Wahlmöglichkeit beispielsweise für eine alternative Wohnform mit Pflege ein. Der Grund dafür ist, dass im Vergleich zur stationären Pflege der Heimtarif bei fehlenden Eigenmitteln nach oben unbeschränkt mittels Sozialhilfe subventioniert wird. Durch den Abschluss eines Versicherungsprodukts könnte rechtzeitig vorgesorgt werden, um bei Bedarf die nötigen Geldmittel für z.B. eine betreute Wohnung zur Verfügung zu haben und den erreichten Lebensstandard zu erhalten. Derzeit ist die Versicherungsbereitschaft jedoch eher noch gering. Eine weiterführende Frage hierzu wäre, ob diese mangelnde Bereitschaft an dem guten sozialen Netz an Alten- und Pflegeheimen liegt oder ob die Leute nicht in eine jahrzehntelange Versicherung einzahlen wollen, die schlussendlich nur von einem Teil der Versicherten wirklich benötigt wird? Klara Derntl 101 Fazit und Ausblick Die zentrale Fragestellung zielt auf diese Schwierigkeiten bei der Erarbeitung eines validen Kostenvergleichs ab. Folgende wichtige Aspekte zur Gegenüberstellung der Kosten der Pflege- und Betreuungsformen konnten identifiziert werden. Zuerst müssen die verschiedenen Dienste und Einrichtungen der Altenpflege eindeutig abgegrenzt und deren Leistungen analysiert werden. Ein Vergleich ist nur denkbar, wenn das Leistungsspektrum der Versorgungsformen soweit als möglich ident, komparabel bzw. sinnentsprechend ist. Demgemäß wurde eine Aufgliederung in drei Leistungskomponenten vorgenommen, um einen besseren Überblick zu bekommen. Die drei gegenübergestellten Komponenten sind die Unterkunft, Verpflegung sowie die jeweils angebotene Pflege und Betreuung. Die genaue Darstellung der einzelnen Grundleistungen zeigte in diesen Punkten große Unterschiede auf. Waren die im jeweiligen Vertrag inkludierten Leistungen sinngemäß nicht deckungsgleich, wurden sie auf gleichen „Nenner“ bzw. das aufgrund der individuellen Ausgangssituation der Personen benötigte Mindestausmaß gebracht. Aus diesem Grund war es notwendig ebenfalls die mobilen Dienste als weitere Betreuungsform oder z.B. die Mahlzeitendienste in den Vergleich aufzunehmen, um die alternativen Wohnkonzepte an das umfassende Angebot der Alten- und Pflegeheime anzugleichen. Außerdem sollten die Kosten nicht nur von einem Blickwinkel aus betrachtet werden. Es ist notwendig mehrere bzw. alle Perspektiven zu untersuchen. Eine alleinige Betrachtung der Kundenperspektive wäre nicht sinnvoll, da die Förderhöhen seitens der öffentlichen Hand bei den verschiedenen Versorgungsformen massiv voneinander abweichen. Neben den Kosten für die Kunden ist jedoch auch deren finanzielle Ausgangssituation von Bedeutung, da einige Preise sozial gestaffelt sind. Überdies ist auffällig, dass die Kosten zum Teil zwischen dem Bund, den Ländern und Gemeinden (Gebietskörperschaften) sowie den Sozialhilfeverbänden verschoben werden. Darum ist es notwendig, alle Gesichtspunkte der Kosten in den Vergleich einzubeziehen und nicht nur die wesentlichen Leistungskomponenten gegenüberzustellen. Trotz Kostentransparenz durch z.B. Gegenüberstellung der Kosten für die Wohnkomponente, die Verpflegung sowie die Aufwendungen für Pflege und Betreuung lassen sich die Beträge nur bedingt vergleichen. Begründet wird dieser Umstand damit, dass die Leistungen der Wohnformen und Dienste unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. Dieser Punkt wurde klar herausgearbeitet und kann durch die verschiedenen Aufnahmekriterien zusätzlich deutlich aufgezeigt werden. Folglich lässt sich bereits erahnen, dass alternative Wohnformen und stationäre Pflegeleistungen nur eingeschränkt als Substitute angesehen werden können. In vielen Fällen wird eine chronologische oder komplementäre Beziehung der Pflegedienste und Einrichtungen wahrscheinlicher sein. Ein weiterer Aspekt, der den Kostenvergleich verzerrt, ist der Personalaufwand, der in einem Alten- und Pflegeheim deutlich höher als in Klara Derntl 102 Fazit und Ausblick einer betreuten Wohnung ist. Nochmal geringer ist die Personalausstattung in einer betreubaren Wohnung, die im ViWo für die neun Wohnungen auf insgesamt 18 Stunden pro Monat beschränkt ist. Dieser differenzierte Bedarf ergibt sich zwangsläufig aus den unterschiedlichen Zielgruppen mit den verschiedenen Anforderungen. Dennoch liefert die Gegenüberstellung für die drei Perspektiven (Pflegebedürftige, Sozialhilfeverband Schärding, öffentliche Hand) wertvolle Informationen. Mit dem Excel-Sheet können individuelle Situationen älterer Menschen nachgestellt und somit ein Mehrwert für die Betroffenen erzielt werden. Für den Sozialhilfeverband Schärding wird eindeutig ersichtlich, dass die betreubaren Wohnungen die kostengünstigste Alternative sind. Es ist ebenfalls abzulesen mit welchen individuellen Ausgangslagen die betreute Wohnform teurer als ein Heimplatz ist und somit kann für den SHV eine wichtige Informationslücke geschlossen werden. Für Personen, die ihren Wohnsitz auf eine alternative Wohnform verlegt haben oder mobile Dienste in Anspruch nehmen, soll/kann die Aufnahme in ein Alten- und Pflegeheim nach hinten verschoben werden. Die öffentliche Hand verspricht sich davon Einsparungen in der Pflegelandschaft, was auch zutrifft, wenn die mobilen Dienste in einer betreuten Wohnung zusätzlich zum vorhandenen Betreuungsangebot nicht unverhältnismäßig oft in Anspruch genommen werden. Zusätzlich soll der Anstieg in Zukunft benötigter stationärer Pflegeplätze verzögert oder sogar verringert werden. Ein deutlicher Ausbau der betreuten Wohnungen scheint somit einerseits aufgrund der demografischen Alterung unausweichlich, kann andererseits auch zur Kosteneinsparung beitragen. Dies trifft dann zu, wenn die Bewohner laufend hinsichtlich ihrer Pflegeintensität beurteilt und sobald der Aufenthalt in einer betreuten Wohnung teurer als in einem Pflegeheim wird, eine Umsiedelung anberaumt wird. Der Kostenpunkt aus Bewohnersicht ist für die Teilzahler in einem APH eher unbedeutend, da ihnen in jedem Fall das Pflegetaschengeld und ein Teil der Pension bleiben. Neben dem guten Überblick, den das Finanzraster liefert, ist die Möglichkeit eigene Eckdaten anzuführen, ein großer Pluspunkt. Somit soll vor allem den regionalen Trägern die Planung der Versorgungsformen im Alter erleichtert und den Herausforderungen, die die öffentlich finanzierten Dienste betreffen, entgegengewirkt werden. In der Pflegelandschaft ist mit Veränderungen zu rechnen, für die definitiv größere Budgets erforderlich sein werden. Einige Punkte, die diese Aussage befürworten sind z.B. die demografische Alterung, die steigende Lebenserwartung und die Änderungen der Familienstrukturen. Außerdem kommen verschiedene Generationen ins Alter und die Pflegelandschaft wird mit deren Anforderungen und Bedürfnissen konfrontiert. Kann die Küche in den Hausgemeinschaftsmodellen oder auch in den betreuten Wohnformen in einigen Jahren noch als Herzstück bezeichnet werden? Werden dann Menschen pflegebedürftig, bei denen die Küche noch einer der Lebensmittelpunkte war oder haben sich Klara Derntl 103 Fazit und Ausblick diese gar nicht mehr selber gekocht und können nichts damit anfangen? Neugestaltungen können auch Gründe wie etwa einen steigenden Betreuungsbedarf mit einem einhergehend sinkenden Pflegebedarf haben. Es wurde bereits ein Beispiel angeführt, bei dem sich in einem Heim die Anzahl an Bewohnern mit Demenz in nur acht Jahren verfünffacht hat. Personen mit dieser Diagnose haben vielfach einen geringen Pflegebedarf, die Betreuung ist hingegen von großer Bedeutung. Die Veränderungen haben somit nicht nur bauliche Hintergründe, sondern auch beim Personal muss anders geplant werden. Sind die ausgebildeten Pflegefachkräfte auch Betreuungsfachkräfte? Blickt man über die Grenzen nach Deutschland sieht man eine Möglichkeit wie dieser Problematik gegengesteuert werden kann. Im Jahr 2014 wurde das erste Demenzdorf errichtet, da es in vielen Heimen für das Personal schwierig ist, auf die speziellen Bedürfnisse von Alzheimerkranken einzugehen.321 Die ebenfalls in Deutschland bereits weit verbreiteten Senioren-Wohngemeinschaften könnten auf die Situation in Österreich angepasst und umgelegt werden. 322 Ein weiterführender Gedanke wäre hier beispielsweise eine Umstrukturierung der alternativen Wohnformen in Wohngemeinschaftsmodelle. Bei den in dieser Arbeit angeführten Beispielen werden großteils Einzelappartements angeboten. Nur auf eine geringe Zahl an Wohnungen fallen zwei Bewohner. Teilen sich zwei Personen eine Wohnung, sind dies vor allem Ehepaare. Als Vorteil einer Forcierung von Wohngemeinschaften kann eine Kostensenkung pro Person, da die Mietkosten aufgeteilt und in einzelnen Fällen wie in der Wohnoase Perg die Betreuungspauschale ebenfalls günstiger ausfällt, genannt werden. Hochpreisige betreute Wohnformen könnten somit für mehr Menschen finanziell tragbar und zugänglich gemacht werden. Zusätzlich würden mehr Wohnplätze zur Verfügung stehen, womit den steigenden Zahlen pflegebedürftiger Menschen entgegengewirkt werden könnte. Die Mitbewohner könnten zur Förderung eines Gemeinschaftsgefühls beitragen und gegen die Angst, nicht mehr gebraucht zu werden, ankämpfen. Die nähere Betrachtung weiterer länderübergreifender Best Practice Beispiele bringt häufig Schwierigkeiten bei der Vergleichbarkeit mit sich. Tarifvorgaben und die Finanzierungsstrukturen anderer Bundesländer, sowie auch über die österreichischen Grenzen hinaus, folgen keiner einheitlichen Systematik. Überdies gestaltet sich ein Kostenvergleich schwierig, da vielfach keine genauen Daten vorliegen. Auch für den Vergleich innerhalb Oberösterreich war es notwendig, eine Vielzahl an Organisationen und Einrichtungen zu kontaktieren, um die benötigten Daten und Informationen zu erhalten (PVA, Abteilung Wohnbeihilfe, Alten- und Pflegeheime, Sozialhilfeverbände, etc.). 321 322 Vgl. FOCUS Online 1996-2015 (2015). Vgl. Bundesministerium für Gesundheit (2015). Klara Derntl 104 Fazit und Ausblick Abschließend soll hervorgehoben werden, dass die analysierten Versorgungsformen im Alter verschiedene Schwerpunkte haben und die jeweils passende spezifisch ausgewählt werden sollte. Obwohl der Kostenpunkt sowohl für die öffentlichen Finanziere, als auch für die Privatpersonen sicher ein wichtiger Aspekt ist, darf nicht vergessen werden, dass dahinter ein Mensch mit seinen individuellen Bedürfnissen und unterschiedlichen sozialen Hintergründen steht. Aus diesem Grund ist es nicht möglich, eine allgemein gültige Entscheidung für „die priorisierte“ Pflege- und Betreuungsform abzugeben. Ein wichtiger Faktor, der sich in dieser Arbeit herauskristallisiert, ist der „Best Point of Service“. Die Autorin legt diesen, aus dem Gesundheitswesen bereits bekannten Gesichtspunkt auf das Sozialwesen um. Damit soll bekräftigt werden, dass die Versorgung im Alter zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort mit optimaler Qualität und zu günstigen Konditionen stattfinden soll. Nur mit einer individuellen Betrachtung der alten und/oder pflegebedürftigen Personen, kann sowohl für den Betroffenen selbst eine gute Lösung, als auch auf der Kostenseite eine optimale Alternative gefunden werden. Klara Derntl 105 Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Monographien, Sammelbände und Fachzeitschriften Appelt, Erna/Reiterer, Albert: Demografische Grundlagen des Pflegebedarfs in Österreich. 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Landesregierung Abteilung Wohnbeihilfe, Telefonauskunft am 11.05.2015 Hechinger, Manfred: Email an: [email protected], Betreff: Betreubares Wohnen, Absender: [email protected], 07.05.2015 11:06 Mahlzeit Vertriebs Ges.m.b.H., Telefonauskunft am 04.05.2015 Meyer, Stephan: Email an: [email protected], Betreff: Infos Betreubares Wohnen Mauthausen, Absender: [email protected], 19.02.2015 15:59 OÖVP-Servicetour: Infos zum Thema Pflege, Veranstaltung am 30.03.2015 Pensionsversicherungsanstalt Hauptstelle Kundendienst: Email an: [email protected], Betreff: Durchschnittspension OÖ, Absender: [email protected], 19.02.2015 14:05 Raiffeisenbank Mauthausen, Auskunft vor Ort am 26.03.2015 Rotes Kreuz Bezirksstelle Perg, Telefonauskunft am 07.05.2015 Rotes Kreuz Bezirksstelle Schärding, Telefonauskunft am 04.05.2015 Schwarzgruber, Sabine: Email an: [email protected], Betreff: Interview Masterarbeit, Absender: [email protected], 22.05.2015 10:39 Sozialhilfeverband Schärding, Geschäftsstelle Bezirkshauptmannschaft Schärding, Auskunft vor Ort am 08.06.2015 Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Obmann-Stellvertreter, Telefonauskunft am 12.03.2015 Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft: Email an: [email protected], Betreff: Durchschnittspension OÖ, Absender: [email protected], 19.03.2015 15:49 Klara Derntl 119 Literaturverzeichnis Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates: Email an: [email protected], Betreff: Durchschnittspension OÖ, Absender: [email protected], 13.03.2015 10:44 Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau: Email an: [email protected], Betreff: Durchschnittspension OÖ, Absender: [email protected], 27.03.2015 07:29 Wenzl, Lukas: Email an: [email protected], Betreff: APH OÖ, Absender: [email protected], 20.02.2015 08:20 Rechtsquellen Allgemeines Pensionsgesetz - APG Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG Betriebspensionsgesetz - BPG Bundespflegegeldgesetz - BPGG Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz - GSBG Hausbetreuungsgesetz - HBeG Heimvertragsgesetz - HVerG Notarversicherungsgesetz - NVG Oö. Alten- und Pflegeheimverordnung - Oö. APH-VO Oö. Chancengleichheitsgesetz - Oö. ChG Oö. Mindestsicherungsverordnung - Oö. BMSV Oö. Sozialhilfegesetz 1998 - Oö. SHG 1998 Oö Wohnbauförderungsgesetz 1993 - Oö. WFG 1993 Pflegefondsgesetz – PFG Umsatzsteuergesetz 1994 - UStG 1994 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz - WGG Klara Derntl 120 Anhang Anhang Erhebungsinstrumente A) Interviewleitfaden – Alternative Wohnformen B) Interviewleitfaden – Alten- und Pflegeheime C) Interviewpartner der Experteninterviews Unterlagen Pflege- und Betreuungsformen im Vergleich D) Lebensversicherung mit Pflegerentenzusatzversicherung (Beispiel der Oberösterreichischen Versicherung AG) E) LSt-Tabelle 2012 für Pensionisten F) Tariftabelle der mobilen Dienste 2015 G) Richtlinien für betreubares Wohnen in Oberösterreich H) Tätigkeitsprofil für die Ansprechpersonen im betreubaren Wohnen Klara Derntl 121 Anhang A) Interviewleitfaden Experteninterviews – Alternative Wohnformen Dienste und Einrichtungen der Altenpflege und –betreuung Datum des Interviews: Einrichtung: Adresse der Einrichtung: Interviewpartner: Berufsposition: A) Bewohner 1) Welche Zielgruppe wird mit dieser Wohnform angesprochen? 2) Wie viele Bewohner leben zurzeit in dieser betreuten Wohnform und für wie viele Bewohner ist die Einrichtung ausgerichtet? 3) Können Sie eine nähere Angabe zur Pflegestufe der Bewohner geben? 4) Welchen Betreuungs- und Unterstützungsbedarf haben die Bewohner Ihrer Einschätzung nach (Pflege und Betreuung)? <3 5 3 6 4 7 5) Gibt es bestimmte Voraussetzungen für die Vergabe der Wohnungen (z.B. Pflegestufe, Bedarf, finanzielle Situation, …)? a) Wenn ja, welche? B) Kosten für die Bewohner 6) Wie hoch ist die Bruttomiete für eine Wohnung? (Stand 2015, €/m²) a) Größe der Wohnung b) Betriebskosten/ Heizung/MwSt. 7) Ist ein Baukostenbeitrag oder eine Kaution zu bezahlen? (Höhe der Kosten) 8) Wird eine technische Servicepauschale für den Fernseheranschluss/Telefon verrechnet? a) Wenn ja, wie hoch sind die monatlichen Kosten? b) Wenn nein, wie hoch schätzen Sie die monatlichen Kosten für die Bewohner? 9) Es wird ein verpflichtendes Grundleistungspaket angeboten. Inwieweit entspricht dieses dem Grundservice der betreubaren Wohneinrichtungen (2 h pro Monat und Wohneinheit)? (aktuelle Zahlen abgleichen und Rückfragen) Klara Derntl 122 Anhang a) Ist die Rufhilfe im Preis inkludiert? b) Welche zusätzlichen Leistungen werden damit angeboten? 10) Welche weiteren Betreuungspakete stehen zur Wahl? a) Welche Leistungen werden damit angeboten? b) Kosten/Monat für ein Betreuungspaket? (aktuelle Zahlen abgleichen und Rückfragen) 11) Ist eine Betreuungsperson für die Bewohner untertags anwesend? a) Wenn ja, über welchen Zeitraum? b) Wenn ja, ist dafür ein Beitrag zu zahlen oder ist diese Ansprechperson im Grundleistungspaket enthalten? 12) Welche Verpflegungsmöglichkeiten gibt es, wenn die Bewohner nicht mehr selber kochen können/wollen? a) Frühstück, Mittagessen, Abendessen b) Kosten bei Vollverpflegung/Monat c) Auf welche Organisationen wird die Verpflegung ausgegliedert? 13) Es wird ebenfalls ein Wäsche- und Reinigungspaket angeboten, wie hoch sind die Kosten pro Monat, wenn der Bewohner selber keine dieser Tätigkeiten verrichtet? 14) Mit welchen weiteren Kosten müssen die Bewohner rechnen, die bisweilen noch nicht erwähnt wurden (z.B. Kanal, Müll, Strom, Heizung)? a) Wie hoch schätzen sie diese zusätzlichen monatlichen Ausgaben? 15) Gibt es finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten für die Bewohner (z.B. Wohnbeihilfe,…)? a) Wenn ja, welche? b) In welchem Ausmaß? 16) Gibt es Ihrer Meinung nach Kostenvorteile/-nachteile für die Bewohner in betreubaren/betreuten Wohnungen gegenüber den Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen? a) Wenn ja, wo sehen Sie diese? C) Einrichtung 17) Wie viele Mitarbeiter arbeiten in dieser Einrichtung? 18) Gibt es weitere Organisationen, die mit der Erbringung einzelner Leitungen beauftragt wurden? a) Wer ist für die Vermittlung der Wohnungen verantwortlich? b) Welche Funktion hat der Bauträger? (abgleichen, Miete) 19) Wie sieht das Finanzierungsmodell Ihrer Einrichtung aus? a) öffentliche Finanzierungsunterstützung/Förderungen/Subventionen (z.B. Wohnbauförderung der anerkannten Baukosten, Subventionen SHV, Landesförderungen, …) b) Wenn ja, in welchem Ausmaß/Höhe? Klara Derntl 123 Anhang B) Interviewleitfaden Experteninterviews – Alten- und Pflegeheime Dienste und Einrichtungen der Altenpflege und –betreuung Datum des Interviews: Einrichtung: Adresse der Einrichtung: Interviewpartner: Berufsposition: A) Bewohner 1) Welche Zielgruppe wird mit dieser Einrichtung der Altenpflege und -betreuung angesprochen? 2) Für wie viele pflegebedürftige Menschen ist das Alten- und Pflegeheim ausgerichtet? (Pflegeplätze, durchschnittliche Anzahl der tatsächlichen Bewohntage, Langzeit-/ Kurzzeitpflege) 3) Können Sie eine nähere Angabe zur Pflegestufe der Bewohner geben? 4) Welchen Betreuungs- und Unterstützungsbedarf haben die Bewohner Ihrer Einschätzung nach (Pflege und Betreuung)? <3 5 3 6 4 7 5) Gibt es bestimmte Voraussetzungen für die Vergabe der Heimplätze (z.B. Pflegestufe, Bedarf, …)? a) Wenn ja, welche? B) Kosten für die Bewohner 6) Wie hoch ist der Tagsatz inkl. MwSt (Stand 2015)? a) Größe der Zimmer b) Pflegezuschlag c) Selbstzahler – Soziale Hilfe zur Deckung der Heimkosten 7) Ist eine Kaution zu bezahlen? (Kosten) 8) Mit dem Grundtarif werden die Kosten für die Hotelkomponente, die Verpflegung und die Grundbetreuung abgedeckt. Wie hoch ist der jeweilige Kostenanteil für: a) Unterkunft (Wohnen: Heizung, Energie, Instandhaltung, Verwaltungs- und Investitionskosten) Klara Derntl 124 Anhang b) Verpflegung (Vollpension), Zubereitung im Heim/externer Anbieter c) Grundbetreuung d) besondere Pflege (abzüglich Pflegezuschlag) e) Sonderleistungen 9) Wird eine technische Servicepauschale für Fernseheranschluss und Telefon verrechnet? a) Wenn ja, wie hoch sind die monatlichen Kosten? 10) Werden für die Reinigung der Wohneinheit sowie der Leib- und Bettwäsche weiter Beträge verrechnet? 11) Welche zusätzlichen Wahlleistungen werden angeboten? (Kosten) 12) Gibt es finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten für die Bewohner z.B. Kostenübernahme durch das Land (Sozialhilfe)? a) Wenn ja, welche? 13) Gibt es Ihrer Meinung nach Kostenvorteile/-nachteile für die Bewohner in Alten- und Pflegeheimen gegenüber den Mietern von betreubaren/betreuten Wohnungen? a) Wenn ja, wo sehen Sie diese? C) Einrichtung 14) Wer ist der Träger dieser Einrichtung? 15) Ist dieses Alten- und Pflegeheim durch einen Bescheid des Amtes der Oö. Landesregierung als öffentliches Heim anerkannt? 16) Wie viele Mitarbeiter arbeiten in diesem Alten- und Pflegeheim? 17) Gibt es weitere Organisationen, die mit der Erbringung einzelner Leistungen beauftragt wurden? 18) Wie sieht das Finanzierungsmodell Ihrer Einrichtung aus? a) öffentliche Finanzierungsunterstützung/Förderungen/Subventionen (z.B. Subventionen SHV, Landesförderungen, …) b) Wenn ja, in welchem Ausmaß/Höhe? Klara Derntl 125 Anhang C) Interviewpartner Experteninterviews Experteninterview E1 Einrichtung: Wohnoase Perg Adresse der Einrichtung: Dirnbergerstraße 15, 4320 Perg Interviewpartner: Esther Moser, DGKS Berufsposition: Hausleitung (Rotes Kreuz, Bezirksstelle Perg) Datum des Interviews: 02.04.2015 Experteninterview E2 Einrichtung: Wohnpark Diakonissen, Haus für Senioren Linz (Evangelisches Diakoniewerk) Adresse der Einrichtung: Körnerstraße 34, 4020 Linz Interviewpartner: Helga Brunner Berufsposition: Leitung Seniorenarbeit Diakonissen Linz Datum des Interviews: 15.04.2015 Experteninterview E3 Einrichtung: Haus Abendfrieden, Haus Elisabeth, Wohnen mit Betreuung (Evangelisches Diakoniewerk Gallneukirchen) Adresse der Einrichtung: Gaisbacherstraße 11, 4210 Gallneuk. (Haus Elisabeth) Interviewpartner: Berufsposition: Peter Kumar-Reichenberger Leitung verschiedener Einrichtungen (Haus für Senioren Wels, Haus für Senioren Mauerkirchen, Haus Elisabeth, Haus Abendfrieden) Leitung Seniorenarbeit UU, Tagesbetreuung Gallneukirchen, Diakonie Mobil UU, Wohnen mit Betreuung, Aufbau Haus für Senioren Bad Zell Datum des Interviews: 27.04.2015 Klara Derntl 126 Anhang Experteninterview E4 Einrichtung: Sozialberatungsstelle Kompass Nord Adresse der Einrichtung: Neues Rathaus, Hauptstraße 1-5, 4041 Linz Interviewpartner: Anita Lueger Berufsposition: Beratung für Senioren und deren Angehörige Datum des Interviews: 30.04.2015 Experteninterview E5 Einrichtung: Sozialhilfeverband Perg Adresse der Einrichtung: Dirnbergerstraße 11, 4320 Perg Interviewpartner: Berufsposition: Bezirkshauptmann Ing. Mag. Werner Kreisl Bezirkshauptmann, Obmann des Sozialhilfeverbandes Perg, Bezirksstellenleiter Rotes Kreuz (Bezirksstelle Perg) Datum des Interviews: 04.05.2015 Experteninterview E6 Einrichtung: Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Soziales Adresse der Einrichtung: Bahnhofplatz 1, 4020 Linz Interviewpartner: Waltraud Kühnel-Hauhart Berufsposition: Abteilung Soziales (Betreubares Wohnen) Datum des Interviews: 11.05.2015 Experteninterview E7 Einrichtung: Vitales Wohnen – ViWo (Betreubares Wohnen, Wohnen in Gemeinschaft), SHV Schärding Adresse der Einrichtung: Bachweg 1, 4774 St. Marienkirchen Interviewpartner: Sabine Schwarzgruber, BA Berufsposition: Einrichtungsleitung ViWo, Heimleitung Datum des Interviews: 19.05.2015 Klara Derntl 127 Anhang D) Lebensversicherung mit Pflegerentenzusatzversicherung, Berechnungen des Kooperationspartners Raiffeisenbank 2015 – Oö. Versicherung AG Klara Derntl 128 Anhang Klara Derntl 129 Anhang Klara Derntl 130 Anhang Klara Derntl 131 Anhang Klara Derntl 132 Anhang Klara Derntl 133 Anhang Klara Derntl 134 Anhang Klara Derntl 135 Anhang Klara Derntl 136 Anhang E) LSt-Tabelle 2012 für Pensionisten Klara Derntl 137 Anhang F) Amt der Oö. Landesregierung: Tariftabelle 2015, http://www.land-oberoesterreich.gv.at/ Mediendateien/Formulare/DokumenteAbt_So/SO_mobile_Dienste_Tariftabelle_2015.pdf (Stand: 18.06.2015) Klara Derntl 138 Anhang G) Richtlinien für betreubares Wohnen in Oberösterreich 2006 – Sozialabteilung Klara Derntl 139 Anhang Klara Derntl 140 Anhang Klara Derntl 141 Anhang Klara Derntl 142 Anhang Klara Derntl 143 Anhang H) Tätigkeitsprofil für die Ansprechpersonen im betreubaren Wohnen 2009 – Sozialabteilung Klara Derntl 144