Hitler, ganz banal
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Hitler, ganz banal
Kino 24 NUMMER 30 Vogelwilde Zeitreise mit Puten Kino kompakt JAPPELOUP – EINE LEGENDE Springreiter-Drama mit Hang zum Kitsch „Free Birds“ ist ein Animationsspaß Jappeloup ist zu klein, zu ungestüm und macht zu viele Fehler. Doch Pierre Durand glaubt an das Pferd – und gewinnt zahlreiche Titel. Doch bei den Olympischen Spielen in Los Angeles platzt der Medaillentraum des ehemaligen Anwalts. Er stürzt. Am Boden zerstört, macht ihm seine Frau wieder Mut. Pferd und Reiter versuchen 1988 ein Comeback bei den Olympischen Spielen in Seoul. Der Film von Christian Duguay basiert auf einer wahren Geschichte. In den Hauptrollen spielen Guillaume Canet, Marina Hands und Daniel Auteil. (dpa) *** Start in Augsburg und Neu-Ulm VON ANDRÉ WESCHE O ROBOCOP Viel Action, wenig Hirn – Remake eines Klassikers Im Jahr 2028 beherrscht ein multinationaler Konzern mit anonymer Robotertechnologie fast die ganze Welt. Da wirkt ein engagierter Polizist wie Alex Murphy (Joel Kinnaman) wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Als Alex beim Dienst in seiner Heimatstadt Detroit schwer verletzt wird, wittern die Konzernbosse ihre Chance und bauen Murphy zu einem Robocop um. Aber Murphy fügt sich nicht in die Rolle als williger Erfüllungsgehilfe und muckt auf. Regisseur José Padilha konnte für seine Neuauflage des Action-Klassikers von Paul Verhoeven ein namhaftes Ensemble versammeln. (dpa) ** Start in vielen Kinos der Region O MEINE SCHWESTERN Das Leben, von einem viel zu frühen Ende her erzählt Wie entwickelt sich eine Familie, wenn schon von Anfang an klar ist, dass eines der Kinder nicht lange leben wird? Das ist die Konstellation in Lars Kraumes Drama „Meine Schwestern“ um die mit einem Herzfehler geborene Linda (Jördis Triebel). Vor einer Operation weiß sie, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleibt. Und die will sie mit ihren Schwestern verbringen, nicht mit ihrem Mann, der sie ohnehin betrügt. Dabei wird dann fremd geknutscht, gefeiert, geweint und gelacht. Dennoch umschifft der Film die Klischeefallen, erzählt mit großer Leichtigkeit. (dpa) *** Noch nicht angelaufen in der Region O Unsere Wertungen * sehr schwach ** mäßig *** ordentlich **** sehenswert ***** ausgezeichnet Weiter sehenswert ● Le Passé ***** Turbulenter iranisch-französischer Liebeskrimi ● Nebraska **** Charmantes Roadmovie aus dem amerikanischen Westen ● 12 Years a Slave ***** Schonungsloses Sklavendrama I Bei uns im Internet ● Alle Programme Was läuft in den Kinos Ihrer Stadt? In einer umfangreichen Datenbank finden Sie das Programm aller Kinos der Region. ● Trailer Eindrücke der aktuellen Filme vermitteln unsere Trailer. ● Tickets gewinnen Wir verlosen täglich Eintrittskarten fürs Kino. ● Quiz Kennen Sie sich aus mit Klassikern? Testen Sie Ihr Wissen. ● Hollywood Welcher Star übernimmt die Hauptrolle im nächsten Blockbuster, an welchen Projekten arbeiten die Regisseure? ● Forum Was ist Ihr Lieblingsfilm? I Direkt ins Kino-Special unter augsburger-allgemeine.de/kino DONNERSTAG, 6. FEBRUAR 2014 Die Schauspieler Robert Meyer (links) als Günther Fleischbauer, Gisela Schneeberger als Grete Neuriedl und Gerhard Polt als Hans A. Pospiech. Und Äktschn! Foto: Delia Wöhlert, Majestic Filmverleih, dpa Hitler, ganz banal Und Äktschn! Nach zehn Jahren Kinoabstinenz grantelt Gerhard Polt in einer Provinz-Posse Kleinbürgerlicher Mief, provinzielle Abgründe: Gerhard Polt hat für seinen ersten Film nach knapp zehn Jahren seine Lieblingskulisse gewählt. In „Und Äktschn!“ spielt der Kabarettist einen mittellosen Amateurfilmer, der mit einer Dokumentation über den privaten Hitler groß herauskommen will. „Der Mensch stirbt, aber der Film bleibt“, grantelt er tiefsinnig. „Was mir fehlt zum Genie? Das ist bloß das Geld.“ Die bissige Satire, zu der Polt, 71, das Drehbuch gemeinsam mit Regisseur Frederik Baker schrieb, spielt in der bayerischen Grenzstadt Freilassing – im Film „Neufurth“ – in provinziellem Ambiente und unter dem Lärm der Flugzeuge vom Salzburger Flughafen. Über dem Ort surrt Kauderwelsch-Englisch von Kapitänen aus der weiten Welt, unten tritt bei Schnee und Eis der verschuldete Hobbyfilmer Hans A. Pospiech auf seinem alten Fahrrad mit Anhänger in die Pedale. Pospiech lebt nach der Trennung in der Garage seiner Frau und hält sich mit dem Verkauf von Weltkriegs-Devotionalien aus dem Nachlass seines Vaters über Wasser. Geld haben sie alle keines in dem Ort, in dem jeder jeden genau beobachtet und Neid und Kleingeist herrschen. „Armut ist ohne Geld gar nicht denkbar. Und mit Geld auch nicht“, sinniert Pospiech doppelbödig. Mit seiner subversiven Philosophie beeindruckt er den örtlichen Bankdirektor Faltermeier (Michael Ostrowski), der Pospiech eigentlich als Problemkunden registriert hat. „Ich geh meinen Weg! Mich hält niemand auf, auch nicht meine Frau! Weil ich will, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Davor verblasst die Wirklichkeit!“, ruft Pospiech – für Faltermeier ist nun klar, dass er es mit einem verkannten Genie zu tun hat. Keine Frage, dass Pospiech den neuen Filmpreis bekommen muss, den der Bankdirektor unter dem Erfolgsdruck seiner Vorgesetzten als Manöver zur Rettung der Bilanzen ausschreibt. Mit der Auslobung dieses Preises eskaliert allerdings das Hickhack im Dorf. Während Pospiech mit seinem filmbegeisterten, aber nichtsnutzigen Neffen Alfons (Maximilian Brückner) zum Casting für seinen Hitlerfilm schreitet, intrigiert sein Konkurrent, der gescheiterte Immobilienmakler und Chef des örtlichen Amateurfilmklubs Gerhard Polt ● Biografisches Gerhard Polt wurde am 7. Februar 1942 in München geboren, verbrachte aber die ersten Jahre seines Lebens in Altötting. Nach dem Abitur studierte er Politikwissenschaft und Skandinavistik in München und Göteborg. ● Werk Einen Namen machte sich Polt in den 70er Jahren mit der Fernseh-Sketchreihe „Fast wia im richtigen Leben“. In den 1980er Jahren feierte er mit Filmen wie „Kehraus“ oder „Man spricht deutsh“ große Erfolge. Sein bislang letzter Kinofilm „Germanikus“ (2004) konnte daran zwar nicht anknüpfen, doch Polt blieb auch hier seinem bissigen Humor und überdrehter Komik treu. (dpa, AZ) Nagy (Nikolaus Paryla), wo er kann. In „Und Äktschn“ bekommt Polts langjährige Bühnen- und Filmpartnerin Gisela Schneeberger („Kehraus“, „Man spricht deutsh“) als Schankwirtin Grete Neuriedl die Rolle der Hitler-Geliebten Eva Braun. Neuriedl geht darin begeistert auf, etwa mit ihrem „Hitler“ (Robert Meyer) im Caféhaus beim Bestellen von Prinzregententorte. „Und Äktschn“ ist das Startsignal, jede Szene wird mehrfach probiert. Schließlich die Hochzeit von Eva Braun und Hitler in Pospiechs zum „Führerbunker“ umfunktionierter Garage: die erste, die zweite, die dritte... so lange, bis der missgünstige Nagy den vermeintlichen Rechtsextremisten die Polizei auf den Hals hetzt. Das Film-im-Film-Thema spult sich allerdings manchmal ein bisschen lang gezogen um Szenen, in denen Polt dann übellaunig-scharf zu satirischer Hochform aufläuft. *** Sabine Dobel, dpa O Start in Augsburg, Füssen, Ingolstadt, Landsberg Als der liebe Gott die Pute schuf, setzte er zwar einen lukullischen, aber gewiss keinen ästhetischen Höhepunkt. Es war also eine mutige Entscheidung, eben jenes unansehnliche Geflügel in den Mittelpunkt eines großen Animationsfilms für die ganze Familie zu stellen. Aber diese Entscheidung hat sich gelohnt. Für den Truthahn ist das amerikanische Thanksgiving-Fest der Albtraum schlechthin. Millionen Vertreter seiner Gattung landen dann liebevoll zubereitet auf den Tafeln der US-Bürger, um fachgerecht tranchiert und verspeist zu werden. Nur einem Vogel bleibt dieses Schicksal erspart. Der Truthahn des Präsidenten wird traditionell begnadigt. In diesem Jahr ist Reggie dieser Glückspilz, ein kluges, aber etwas flachbrüstiges Exemplar, in das sich die Tochter des Staatsoberhauptes augenblicklich verliebt. Fortan führt Reggie ein faules Leben in Camp David, das im Wesentlichen aus Fernsehen und Pizza besteht. Bis zu jenem schicksalhaften Tag, an dem der LuxusTruthahn entführt und für eine besondere Mission rekrutiert wird. Reggie soll sich mithilfe einer Zeitmaschine (die natürlich die Form eines Eies hat) in das Pennsylvania des ersten Thanksgiving begeben und dort die Entstehung des tödlichen Brauchs verhindern. Regisseur Jimmy Hayward („Horton hört ein Hu!“) hat bereits an „Toy Story“ mitgearbeitet, einem Film, der einst den Siegeszug der Computeranimation einläutete. In „Free Birds“ kommt die ganze Erfahrung des Filmemachers zum Tragen. Der liebevoll animierte Film ist spannend und temporeich, wenn auch nicht unbedingt sinnstiftend. Auch der emotionale Höhepunkt ist perfekt gesetzt. Die innere Logik der Zeitreisegeschichte sollte man auch in diesem Falle tunlichst nicht hinterfragen. Tatsächlich verletzt der Held der Geschichte die oberste Star-Trek-Direktive der Nichteinmischung sogar in besonders schwerwiegender Weise. Aber zu diesem Zweck hat er die Reise ja überhaupt erst angetreten. Für zartbesaitete Gemüter und Geschichts-Puristen ist dieses Abenteuer wahrscheinlich weniger geeignet, allen anderen dürfte dieses Frikassee munden. Die deutsche Synchronisation übernahmen Rick Kavanian, Christian Tramitz und Nora Tschirner. **** O Start in vielen Kinos der Region Ein Cowboy will leben Wenn das Frettchen nicht wär’ Dallas Buyers Club Packendes Aids-Drama Vaterfreuden Matthias Schweighöfers Abenteuer der Familiengründung VON FRED DURAN VON MARTIN SCHWICKERT „Es gibt nichts da draußen, was einen Ron Woodroof in 30 Tagen umbringen kann“, schreit der Patient den Ärzten ins Gesicht. Man schaut den Mann an und ist sich da nicht so sicher. Der Körper ist ausgezehrt. Aber aus den dunklen Augenhöhlen flammt uns ein Blick entgegen, der von einer inneren Kraft zeugt, die sich vehement gegen den körperlichen Verfall stemmt. Ron Woodroof (Matthew McConaughey) hat Aids und man schreibt das Jahr 1985. Ein Medikament gegen die Krankheit ist nicht in Sicht. Dass er nur noch einen Monat zu leben hat – damit kann und will Ron sich nicht abfinden. Er macht sich auf nach Mexiko, wo es Medikamente gibt, die von den US-Behörden nicht zugelassen sind, und beginnt gemeinsam mit dem Transsexuellen Rayon (Jared Leto) die Medikamente illegal in die USA einzuführen. Es ist vor allem die schillernde Hauptfigur, die über eine enorme emotionale Bandbreite verfügt, die Jean-Marc Vallées Film zu einem der interessantesten Bewer- Auf den Spuren von Til Schweiger hat der Schauspieler Matthias Schweighöfer nun schon seine dritte Regiearbeit gestemmt und sich dabei ebenso konsequent wie erfolgreich dem flachhumorigen Massengeschmack angedient. Nachdem er in „What a Man“ einem opportunistischen Softie zu romantischem Heldenmut verholfen und in „Der Schlussmacher“ die Härten des modernen Beziehungsmarktes ausgelotet hat, widmet er sich nun in „Vaterfreuden“ mit einer gewissen Folgerichtigkeit den Problemen männlicher Fortpflanzungsbereitschaft. Während seine Freunde schon von einer reizend-nervigen Kinderschar umgeben sind, hat sich Felix (Matthias Schweighöfer) dem Familiengründungsdruck erfolgreich entzogen – bis ein Frettchen, das sich während einer grotesken Sexszene im Gemächt des Helden verbeißt, der Zeugungsfähigkeit ein abruptes Ende bereitet. Drehbuchzufällig hat Felix vorher sein Sperma für eine Handvoll Euros an eine Sa- Jared Leto (links) Matthew Mc Conaughey werden zu Komplizen. Foto: epd ber in der diesjährigen Oscar-Rallye macht. Wie McConaughey hier durch den ausgemergelten Körper hindurch die Lebensenergie der Figur durchscheinen lässt, immer wieder Risse in die Fassade des verbitterten Rednecks treibt – das ist ganz großes Schauspielerkino. Dazu passt Vallées umsichtiger Regiestil, der die Wandlung der Figur zum toleranzfähigen Mitmenschen nicht in Katharsisschablonen presst, sondern als fast beiläufigen Nebeneffekt seiner Ego-Tour in Szene setzt. **** Start in Augsburg und Ulm O menbank gespendet und die letzten Ressourcen sind an die TV-Moderatorin Maren (Isabell Polak) gegangen. Nun strengt sich Felix an, um sich vom anonymen Spender hin zum Vollwertvater und potenziellen Lebensgefährten zu profilieren. Nach der durchaus skurrilen Frettchenpointe verfällt der Film schon vor Ablauf der ersten Halbzeit in einen kreativen Erschöpfungszustand. Die Entwicklung des überzeugten Junggesellen hin zur liebevollen Vaterfigur ist ebenso vorhersehbar und unglaubwürdig wie die Steine, die der romantischen Zwangsvollstreckung in den Weg gerollt werden. Peinlich sind die traumatische Rückblendenerlebnisse, die das zögerliche Verhalten des Helden küchenpsychologisch erklären sollen. Die Verbindung von tragischen und komischen Elementen erfordert ein erzählerisches Feingefühl, über das der Schauspiel-RegieAllrounder nicht verfügt. ** O Start in vielen Kinos der Region Isabell Polak als Maren und Matthias Schweighöfer als Felix in der Komödie „Vaterfreuden“. Foto: Warner Bros. Ent., dpa