Johannes Gutenberg Universität Mainz

Transcription

Johannes Gutenberg Universität Mainz
Mainz
Johannes Gutenberg Universität Mainz
Stabilisierung der Europäischen Währungsunion und
Implikationen für Private Geldanlage
Der Teufelskreis von Banken- und Schuldenkrisen und
die Stabilität des Euro - Eine ökonometrische Analyse
der europäischen Krisen 2007–2010
Betreuende Hochschullehrerin:
Prof. Dr. Isabel Schnabel
Studentische Teammitglieder:
Elisabeth Falck
Isabell Scheringer
Johannes Tischer
Cornelius Veith
Gerold Willershausen
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Der Teufelskreis von Banken- und Schuldenkrisen und die
Stabilität des Euro
Eine ökonometrische Analyse der europäischen Krisen 2007–2010
Wettbewerbsbeitrag zum Postbank Finance Award 2011
zum Thema
„Stabilisierung der Europäischen Währungsunion und Implikationen für die
Private Geldanlage“
Wir danken Maximilian Hofmann für die fotografische Umsetzung des Deckblatts.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung ...................................................................................................................................1
2
Die Eurokrise als Folge der Banken- und Schuldenkrisen im Euroraum .......................................2
3
2.1
Von der amerikanischen Immobilienkrise zur globalen Finanzkrise .....................................2
2.2
Die europäischen Banken- und Schuldenkrisen ....................................................................3
2.3
Auswirkungen auf die Stabilität des Euro.............................................................................8
Die Wechselwirkungen von Banken- und Schuldenkrisen .......................................................... 11
3.1
Der Teufelskreis von Banken- und Schuldenkrisen und seine Auswirkungen auf die
Währungsstabilität ........................................................................................................................ 11
3.2
Empirische Evidenz über den Zusammenhang von Banken- und Schuldenkrisen................ 12
3.3
Der Einfluss von Bankenkrisen auf Schuldenkrisen............................................................ 13
Kanal 1: Direkte fiskalische Kosten von Bankenkrisen .............................................................. 13
Kanal 2: Rückkopplungseffekte von Bankenkrisen durch konjunkturelle Effekte ....................... 15
3.4
Der Einfluss von Schuldenkrisen auf Bankenkrisen............................................................ 18
Kanal 3: Bilanzeffekte von Schuldenkrisen................................................................................ 18
Kanal 4: Die Glaubwürdigkeit staatlicher Garantien .................................................................. 20
Kanal 5: Rückkopplungseffekte von Schuldenkrisen durch konjunkturelle Effekte .................... 21
4
Ökonometrische Analyse........................................................................................................... 22
4.1
Schätzung 1: Der Einfluss von Bankenkrisen auf Schuldenkrisen ....................................... 22
4.1.1 Empirisches Modell .......................................................................................................... 22
4.1.2 Regressionsergebnisse von Schätzung 1 ............................................................................ 25
4.2
Schätzung 2: Der Einfluss von Schuldenkrisen auf Bankenkrisen ....................................... 27
4.2.1 Empirisches Modell .......................................................................................................... 27
4.2.2 Regressionsergebnisse von Schätzung 2 (Pooled OLS) ..................................................... 31
4.2.3 Regressionsergebnisse von Schätzung 2 (Instrumentvariablenschätzung) .......................... 34
5
Implikationen für die Wirtschaftspolitik und die private Geldanlage .......................................... 38
5.1
Reformen auf Bankenebene ............................................................................................... 38
Vorschlag 1: Bail-in statt Bail-out ............................................................................................. 38
Vorschlag 2: Antizyklische Eigenkapitalpuffer einführen .......................................................... 40
Vorschlag 3: Staatsanleihen stärker mit Eigenkapital unterlegen ................................................ 41
Vorschlag 4: Risikoungewichtete Mindesteigenkapitalanforderungen vorsehen ......................... 42
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
5.2
Reformen auf Staatenebene................................................................................................ 42
Vorschlag 5: Verbindliche Schuldenbremsen im gesamten Euroraum einführen ........................ 42
Vorschlag 6: Implementierung eines Insolvenzrechts für Staaten der Eurozone .......................... 44
5.3
6
Implikationen für die private Geldanlage ........................................................................... 45
Fazit .......................................................................................................................................... 48
Literaturverzeichnis .......................................................................................................................... 50
Anhang ............................................................................................................................................... I
Anhang 1: Umrechnung der Ratings in numerische Werte ............................................................... I
Anhang 2: Datenquellen und Datenbeschreibung ............................................................................ II
Anhang 3: Bailoutvolumina .......................................................................................................... III
Anhang 4: Deskriptive Statistiken der ersten Schätzung ............................................................... IV
Anhang 5: Deskriptive Statistiken der zweiten Schätzung ............................................................... V
Anhang 6: Nominaler effektiver Wechselkurs .............................................................................. VI
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 – CDS-Spreads europäischer Banken und der Euroländer ................................................4
Abbildung 2 – CDS-Spreads deutscher Banken und Deutschlands .......................................................6
Abbildung 3 – CDS-Spreads der Euroländer und Entwicklung des Euro ..............................................9
Abbildung 4 – Wechselwirkungen von Banken- und Schuldenkrisen und Auswirkungen auf die
Währung .................................................................................................................... 11
Abbildung 5 – CDS-Spreads irischer Banken und Irlands .................................................................. 14
Abbildung 6 – CDS-Spreads portugiesischer Banken und Portugals .................................................. 17
Abbildung 7 – CDS-Spreads Griechenlands und der 3 Banken mit dem größten Exposure gegenüber
Griechenland .............................................................................................................. 19
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 – Ergebnisse Schätzung 1 .................................................................................................. 26
Tabelle 2 – Ergebnisse Schätzung 2 (Pooled OLS) ............................................................................ 33
Tabelle 3 – Ergebnisse Schätzung 2 (Instrumentvariablenschätzung) ................................................. 35
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
1
Einleitung
Am 10. Mai 2010 spannte der europäische Rettungsfonds EFSF (European Financial Stability Facility)
einen 750 Milliarden Euro schweren Rettungsschirm über den Staaten der europäischen
Währungsunion auf. Nachdem Griechenland zu diesem Zeitpunkt bereits 110 Milliarden Euro an
Hilfen zugesagt worden waren, forderte Irland im Herbst 2010 ein 85 Milliarden Euro schweres
Rettungspaket an. Weitere Länder könnten folgen, und es besteht die Gefahr, dass die Währungsunion
auseinanderbricht. Wie konnte es dazu kommen? Welche Folgen wird die europäische Krise für die
Eurozone und ihre Bürger haben?
Die derzeitige Krise in Europa zeichnet sich dadurch aus, dass es auf drei Ebenen krisenhafte
Zuspitzungen gegeben hat: im Bankensystem, bei den Staatsfinanzen einiger Mitgliedsstaaten und
schließlich bei der Gemeinschaftswährung. Betrachtet man die Chronologie der Ereignisse, so lässt
sich eine klare Reihenfolge ausmachen. Die Krise begann mit Problemen im Finanzsystem, weitete
sich dann zu einer Schuldenkrise aus und gipfelte schließlich in einer ernsthaften Bedrohungssituation
für den Euro.
Während der Zusammenhang zwischen Schuldenkrisen und Währungsproblemen sowie zwischen
Banken- und Währungsproblemen in der Literatur gut belegt ist (Reinhart, 2002; Kaminsky und
Reinhart, 1999), ist das wesentliche Element der aktuellen Krise – die Verkettung von Banken- und
Schuldenkrisen – in der Literatur bislang nur wenig erforscht worden. Erst in jüngerer Zeit entstanden
einige wichtige Arbeiten zu diesem Thema. Bemerkenswert ist vor allem das Buch von Reinhart und
Rogoff (2009a), in dem die Autoren zeigen, dass es in der Geschichte eine Vielzahl von Episoden
gegeben hat, in denen Schulden- und Bankenkrisen gemeinsam auftraten. Unsere Arbeit untersucht
nun, ob sich Banken- und staatliche Schuldenkrisen in der aktuellen Krise gegenseitig beeinflussten
und dadurch die Stabilität der europäischen Währungsunion gefährdeten. Den Kern der Arbeit bildet
eine umfangreiche ökonometrische Analyse, die die Interdependenzen zwischen Banken- und
Schuldenkrisen untersucht. Auf Basis unserer Ergebnisse leiten wir Implikationen für die Regulierung
des Finanzsystems, die Reform der Währungsunion und die private Geldanlage her.
Die ökonometrische Analyse belegt, dass die Kausalität zwischen Banken- und Schuldenkrisen in der
aktuellen Krise in beide Richtungen verlief. Zum einen führten die umfangreichen staatlichen
Rettungspakete im Bankensystem zu einem Risikotransfer von den Banken zum Staat, wodurch sich
das Länderrisiko erhöhte. Weiterhin führte auch der durch die Finanzkrise verursachte
Konjunktureinbruch über steigende Staatsausgaben und fallende Steuereinnahmen zu einer Erhöhung
des Länderrisikos. Das erhöhte Länderrisiko fiel dann jedoch auf die Banken zurück, weil diese in
großem Maße in- und ausländische Staatsanleihen in ihren Portfolios hielten. Unsere Analyse zeigt
also, dass die Banken- und Schuldenkrisen sich gegenseitig in einer Art Teufelskreis verstärkten und
so schließlich auch den Euro in Bedrängnis brachten.
Um zunächst einen Überblick über die wichtigsten Ereignisse zu geben, stellen wir im zweiten Kapitel
den Verlauf der aktuellen Finanz- und Schuldenkrise in Europa dar. Hierbei belegen wir die zeitliche
Abfolge der verschiedenen Krisentypen. Zuerst kam die Bankenkrise und dann die Schuldenkrise, die
Seite 1
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
schließlich in einer akuten Bedrohung der Währung gipfelte. Kapitel 3 beschreibt die
Wechselwirkungen zwischen Banken- und Schuldenkrisen aus Sicht der existierenden Literatur. Auf
Basis der theoretischen Argumente leiten wir mehrere Hypothesen her, die in der darauf folgenden
ökonometrischen Analyse getestet werden. Das vierte Kapitel enthält die ökonometrische Analyse.
Hier untersuchen wir zunächst, ob die Probleme im Bankensystem sich in einem höheren Länderrisiko
niederschlugen. In einer zweiten Schätzung untersuchen wir, ob erhöhte Länderrisiken
Rückkopplungseffekte auf das Bankensystem hatten. In Kapitel 5 leiten wir politische
Handlungsempfehlungen aus den empirischen Ergebnissen ab. Diese zielen auf eine Durchbrechung
des Teufelskreises zwischen Banken- und Schuldenkrisen ab. Abschließend gehen wir darauf ein,
welche Implikationen sich für private Anleger aus den aufgezeigten Zusammenhängen ergeben.
2
Die Eurokrise als Folge der Banken- und Schuldenkrisen im Euroraum1
2.1 Von der amerikanischen Immobilienkrise zur globalen Finanzkrise
Der Auslöser der aktuellen europäischen Finanz- und Schuldenkrise war die Immobilienkrise in den
USA. Seit Beginn der neunziger Jahre war ein kontinuierlicher Anstieg der Immobilienpreise in den
USA zu beobachten, der durch die lockere Geldpolitik der USA sowie die großzügige Kreditvergabe
der amerikanischen Banken ausgelöst wurde und im Gegenzug die Vergabe von Hypothekenkrediten
durch die amerikanischen Banken beflügelte. Selbst finanzschwache Kunden aus dem „Subprime“Segment erhielten Kredite zur Eigenheimfinanzierung, da mit einem weiteren Anstieg der
Immobilienpreise und somit mit einer Wertsteigerung der Sicherheiten gerechnet wurde. Durch
Verbriefung und Tranchierung wurden die Subprimekredite handelbar und weltweit von Investoren,
insbesondere Banken und deren Zweckgesellschaften, gehalten. Der Anstieg des Leitzinses in den
USA ab 2004 und somit der Zinsen der überwiegend variabel verzinsten Hypothekenkredite führte zu
Tilgungsschwierigkeiten der Schuldner und zu einem Absinken der Nachfrage nach Immobilien.
Aufgrund des entstandenen Überangebots an Immobilien sanken die Immobilienpreise ab Mitte 2006,
und die Sicherheiten der Hypothekenkredite verloren massiv an Wert. Die Immobilienblase platzte
und führte zu einem hohen Abschreibungsbedarf bei Banken und anderen Investoren, die verbriefte
Kredite als Anlagen hielten. Die Unsicherheit über das Ausmaß der Ausfälle und die Verflechtungen
des internationalen Finanzsystems führten zu einem Übergreifen der Finanzkrise auf den Rest der
Welt, insbesondere auf Europa. Die amerikanische Immobilienkrise entwickelte sich Mitte 2007 zu
einer globalen Finanzkrise. Der Preisverfall der strukturierten Finanzprodukte, die massiven
Abschreibungen und die steigende Unsicherheit auf den Finanzmärkten hatten ein Austrocknen des
Interbankenmarktes zur Folge. Hierdurch erschwerte und verteuerte sich die kurzfristige
1
Maßgebliche Darstellungen der Finanzkrise finden sich bei Brunnermeier (2009) und Hellwig (2009). Bei der
Darstellung der Chronologie haben wir uns in Kapitel 2 zusätzlich der folgenden Quellen bedient: Deutsche
Bundesbank (2009); Deutsche Bundesbank (2010a); Internationaler Währungsfonds (2009); Europäische
Zentralbank (2009); Guillén (2009); Mock und Kappius (2009); Arghyrou und Tsoukalas (2011); Tagesschau.de
(2011).
Seite 2
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Refinanzierung der Banken, was zu erheblichen Liquiditätsproblemen führte. Bereits 2007 standen die
ersten Banken vor der Insolvenz. Die Stabilität des internationalen Finanzsystems war akut bedroht.
2.2 Die europäischen Banken- und Schuldenkrisen
Aufgrund staatlicher Rettungsmaßnahmen für angeschlagene europäische Banken und eines Einbruchs
der Konjunktur wirkte sich die Krise unmittelbar auf die Haushaltslage der europäischen Staaten aus.
Im Folgenden werden der Verlauf der Bankenkrise sowie der anschließenden Schuldenkrise in Europa
zwischen 2007 und 2010 näher beleuchtet. Zur Illustrierung von Banken- und Länderrisiken werden
Credit Default Swaps (CDS) auf Anleihen europäischer Banken und Staaten betrachtet. 2 CDS sind
Finanzinstrumente, die gegen den Kreditausfall einer Institution oder eines Landes versichern. Je
höher
das
Risiko
des
Ausfalls
ist,
desto
höher
sind
die
Preise
(Spreads)
dieser
Kreditausfallversicherung. Die CDS-Spreads messen somit die vom Markt eingeschätzte
Kreditwürdigkeit einer Institution oder eines Landes. Im nachfolgenden Kasten wird auf die
Charakteristika von CDS genauer eingegangen.
Fact Box: Credit Default Swaps 3
Credit Default Swaps (CDS) sind Derivate für Kreditrisiken, mit denen sich Investoren gegen Risiken
aus Kreditbeziehungen absichern können. Der Sicherungsnehmer zahlt eine Prämie (den Spread) an
den Sicherungsgeber, der sich verpflichtet, dem Sicherungsnehmer bei Eintritt eines bestimmten
Kreditereignisses, beispielsweise eines Zahlungsausfalls oder der Insolvenzanmeldung eines
Kreditnehmers, einen Ausgleichsbetrag zu zahlen. CDS ermöglichen somit den Handel von
Kreditrisiken, die von der eigentlichen Kreditbeziehung losgelöst sind. CDS werden außerbörslich in
„Over-the-Counter-Geschäften“ gehandelt. An der Höhe der zu zahlenden Prämie (Spread) zeigt sich
das vom Markt eingeschätzte Ausfallrisiko des Referenzschuldners. Aufgrund seiner hohen Liquidität
und seiner schnellen Reaktion auf Informationen bietet der Markt für CDS eine Möglichkeit zur
Früherkennung von Finanzmarktrisiken. CDS werden für eine Vielzahl von Referenzschuldnern und
Kreditereignissen abgeschlossen. So dienen CDS-Spreads auf Staatsanleihen als Indikator für die
Einschätzung der erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit des jeweiligen Landes. Die Entwicklung der
CDS-Spreads auf Anleihen von Banken kann hingegen das Risiko innerhalb der Bankbilanzen und die
Erwartung von möglichen Bankinsolvenzen anzeigen. Während der Finanzkrise von 2007 bis 2010
wurde vermehrt kritisiert, dass die Höhe der CDS-Spreads durch Spekulationen getrieben sei. Diese
These kam verstärkt in Bezug auf CDS auf Staatsanleihen während der Schuldenkrise 2010 auf. Durch
Spekulation auf
eine
Verschlechterung
der
Kreditwürdigkeit
eines
Landes
würden
die
Refinanzierungskosten des entsprechenden Landes erhöht (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2010a).
Die Bundesbank stellt fest (Deutsche Bundesbank, 2010b), dass die Bewegung der CDS-Spreads
primär fundamental getrieben ist und als ein Frühindikator für eine fundamental getriebene
2
Die gesamte Arbeit verwendet fünfjährige Senior CDS-Kontrakte, deren Kreditereignis „modified modified
restructuring“ einschließt (CDS MM). Dies ist die in Europa übliche Ausprägung von CDS-Kontrakten. Die
Daten stammen aus der Markit-Datenbank.
3
Die Fact Box beruht auf Deutsche Bundesbank (2004) und Deutsche Bundesbank (2010b).
Seite 3
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Verschlechterung der Kreditqualität des Referenzschuldners gesehen werden kann. Darüber hinaus
verdeutlichen auch andere Quellen, dass die Bewegung von CDS-Spreads nicht durch Spekulationen
getrieben ist (Arghyrou und Kontonikas, 2010). Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
gibt hierzu in einer Erklärung am 8. März 2010 an, dass es keine Anhaltspunkte für Spekulationen
gegen griechische Staatsanleihen durch CDS gebe (Bundesanstalt für Finanzaufsicht, 2010).
Abbildung 1 – CDS-Spreads europäischer Banken und der Euroländer 4
Eingezeichnete Ereignisse: (1) Verkauf von Bear Stearns, 16. März 2008, (2) Insolvenz Lehman Brothers, 15.
September 2008, (3) Beschluss der EU-Finanzminister zu staatlichen Rettungspaketen, 7. Oktober 2008, (4)
Korrektur griechischer Haushalt, 21. Oktober 2009, (5) Gründung Euro-Rettungsschirm EFSF, 10. Mai 2010.
Der durchschnittliche CDS-Spread der Euroländer ist der Mittelwert der CDS-Spreads von 14 Euroländern, für
die uns kontinuierliche Daten vorliegen (Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland,
Irland, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien). Der durchschnittliche CDSSpread der europäischen Banken bezieht sich auf insgesamt 51 Banken aus diesen Ländern. Zunächst wurden die
CDS-Spreads der Banken pro Land gemittelt, anschließend wurde daraus das arithmetische Mittel über die
Länder berechnet. Zugrunde liegen fünfjährige Senior CDS-Kontrakte (MM). Quelle: Eigene Berechnungen und
Darstellung auf Basis der CDS-Spreads entnommen aus der Markit-Datenbank.
Abbildung 1 zeigt den Verlauf der Mittelwerte der CDS-Spreads fünfjähriger CDS-Kontrakte von
Banken und Ländern innerhalb des Euroraums von 2006 bis 2010. Vor dem Ausbruch der Finanzkrise
mussten für CDS der europäischen Banken und Länder sehr geringe Spreads bezahlt werden. Das
Risiko eines Ausfalls der Staaten und Banken wurde demnach vor dem Ausbruch der Finanzkrise in
Europa als sehr gering eingeschätzt. Eine erste Reaktion der CDS-Spreads der europäischen Banken
zeigte sich Ende Juli 2007, als die ersten europäischen Banken Probleme durch Investitionen am
amerikanischen Subprimemarkt meldeten. Darunter waren auch deutsche Banken, so wurden Verluste
bei der IKB, der Bayerischen Landesbank, der Sachsen LB und der West LB bekannt. Auch in
anderen europäischen Staaten häuften sich Meldungen von Verlusten bei Banken durch
4
In dieser Arbeit werden die CDS-Spreads der Banken in Graphiken immer durch eine blaue
Farbkennzeichnung hervorgehoben, diejenigen der Staaten durch eine rote Farbkennzeichnung.
Seite 4
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Abschreibungen. Im Zuge dieser Entwicklungen begannen die CDS-Spreads der europäischen Banken
stetig anzusteigen. Bereits Mitte August 2007 hatte sich die im Mittel zu zahlende Prämie im
Vergleich zu ihrem Wert im Juni vervierfacht und betrug 40 Basispunkte (siehe Abbildung 1). Auf
dem Interbankenmarkt zeigten sich die Auswirkungen der steigenden Unsicherheit innerhalb des
Bankensystems durch einen zunehmenden Liquiditätsengpass. Die europäische Zentralbank versuchte
Ende 2007 mittels einer erhöhten Bereitstellung von Liquidität den Bankensektor zu unterstützen. Es
waren jedoch immer mehr europäische Banken aufgrund der Verflechtungen innerhalb des
Bankensektors gezwungen, Abschreibungen zu tätigen, so dass sich die Liquiditätsprobleme weiter
verschärften. Im Herbst 2007 war erstmals auch ein Anstieg der CDS-Spreads auf Anleihen
europäischer Staaten zu beobachten. Zuvor hatten einzelne Staaten bereits inländische Banken
unterstützt. So erhielt zum Beispiel in England die Bank Northern Rock Hilfe vom Staat. Der Grund
des Anstiegs der CDS-Spreads der Staaten könnte demzufolge in einer steigenden Erwartung von
staatlicher Hilfe an den Bankensektor liegen.
Anfang 2008 setzte sich der Aufwärtstrend der CDS-Spreads auf Anleihen europäischer Banken fort.
Die CDS-Spreads erreichten Mitte März 2008, zeitgleich mit dem drohenden Zusammenbruch der
amerikanischen Bank Bear Stearns, einen ersten Höhepunkt. Aufgrund der Verflechtungen auf dem
Interbankenmarkt wurden erhebliche Auswirkungen einer Insolvenz der Bank auf die internationalen
Märkte befürchtet (Bernanke, 2008). Nachdem JP Morgan Chase & Co. am 16. März 2008 ein
Übernahmeangebot für Bear Stearns abgab, erholten sich auch die CDS-Spreads auf Bankanleihen in
Europa leicht. Doch bereits Anfang April 2008 setzten diese ihren Aufwärtstrend fort, getrieben durch
weitere Verluste der europäischen Banken. Die CDS-Spreads auf Anleihen der europäischen Staaten
blieben in dieser Phase im Mittel nahezu konstant.
Eine deutliche Reaktion zeigten die CDS-Spreads auf Anleihen der europäischen Banken auf die sich
zuspitzende Situation der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Anfang September
2008. Nachdem die Bank of Amerika und Barclays ihre Kaufangebote für Lehman Brothers
zurückgezogen hatten und die US-amerikanische Regierung die angeschlagene Bank nicht
unterstützen wollte, musste Lehman Brothers am 15. September 2008 Insolvenz anmelden. Die
Finanzmärkte reagierten mit enormen Kurseinbrüchen, und der Interbankenmarkt kam fast vollständig
zum Erliegen. Der Mittelwert der CDS-Spreads auf Anleihen europäischer Banken erreichte bei 176
Basispunkten am 17. September 2008 einen neuen Höchststand. Die Insolvenz von Lehman Brothers
zeigte, welche Ausmaße die Pleite einer großen, systemrelevanten Bank hatte und bewegte die Politik
zur Zusage umfangreicher Finanzhilfen. In den USA wurde bereits am 19. September ein
Rettungspaket für den Bankensektor beschlossen. Ähnliche Maßnahmen folgten in Europa. Anfang
Oktober verkünden die europäischen Finanzminister in einer gemeinsamen Erklärung, alle systemisch
relevanten Banken zu stützen. Die CDS-Spreads der europäischen Staatsanleihen stiegen daraufhin
deutlich an und verdoppelten sich bis Mitte Oktober. Ein erstes Maximum erreichte der
durchschnittliche Wert der CDS-Spreads der europäischen Staaten Ende Oktober 2008 bei 87
Basispunkten. Zuvor hatte die Mehrzahl der europäischen Staaten umfangreiche Rettungspakete für
den Finanzsektor verabschiedet.
Seite 5
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
In Deutschland gewährte die Regierung erstmals am 29. September 2008 der kurz vor dem
Zusammenbruch stehenden Bank Hypo Real Estate Bürgschaften in Höhe von 35 Milliarden Euro.
Zusätzlich sprach die Regierung am 5. Oktober eine Garantie für alle privaten Einlagen bei deutschen
Banken aus und schnürte Mitte Oktober 2008 ein Rettungspaket für den deutschen Finanzsektor über
480 Milliarden Euro. Zeitgleich wurde der Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin) eingerichtet.
Auch der deutsche Staat bürgte somit für die Risiken innerhalb des Bankensektors. Die CDS-Spreads
auf deutsche Staatsanleihen veranschaulichen die erhöhte Risikoübernahme des deutschen Staates
(siehe Abbildung 2). Auf der anderen Seite zeigte sich, dass die deutschen Banken durch die
staatlichen Unterstützungen vorerst wieder etwas Vertrauen an den Märkten gewinnen konnten.
Während sich die CDS-Spreads der deutschen Banken Ende Oktober – wenn auch nur kurzfristig –
erholten, stiegen die CDS-Spreads deutscher Staatsanleihen Ende September 2008 erstmals deutlich an
und erreichten Ende Februar 2009 bei 78 Basispunkten ihren historischen Höchstwert.
Abbildung 2 – CDS-Spreads deutscher Banken und Deutschlands
Eingezeichnete Ereignisse: (1) Verkauf von Bear Stearns, 16. März 2008, (2) Insolvenz Lehman Brothers, 15.
September 2008, (3) Beschluss der EU-Finanzminister zu staatlichen Rettungspaketen, 7. Oktober 2008, (4)
Korrektur griechischer Haushalt, 21. Oktober 2009, (5) Gründung Euro-Rettungsschirm EFSF, 10. Mai 2010.
Der durchschnittliche CDS-Spread der Banken bezieht sich auf 11 deutsche Banken. Zugrunde liegen
fünfjährige Senior CDS-Kontrakte (MM). Quelle: Eigene Berechnungen und Darstellung auf Basis der CDSSpreads entnommen aus der Markit-Datenbank.
Die europäischen Staatshaushalte wurden zusätzlich durch Konjunkturmaßnahmen belastet. Ende
2008 befanden sich die europäischen Staaten in schweren Rezessionen, denen man durch
Konjunkturpakete entgegenzuwirken versuchte. Getrieben durch diese zusätzlichen Belastungen
stiegen die CDS-Spreads auf europäische Staatsanleihen weiter an. Erst im März 2009 erholten sich
die CDS-Spreads der Staatsanleihen wieder, nachdem der europäische Mittelwert am 9. März 2009
seinen Höchststand bei 350 Basispunkten erreicht hatte. In diesem Monat wurden auf einem G20Treffen der Finanzminister die Finanzmittel des IWF deutlich aufgestockt, um Länder zu unterstützen,
die aufgrund der Belastungen aus der Finanzkrise in Zahlungsschwierigkeiten geraten waren.
Seite 6
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Unterstützt wurde das Absinken der CDS-Spreads auf Staatsanleihen durch die allmähliche
Verbesserung der wirtschaftlichen Lage ab Mitte des Jahres 2009.
In Folge der Finanzkrise gerieten die Haushalte der europäischen Staaten durch sinkende
Steuereinnahmen sowie hohe Ausgaben zur Stabilisierung der Banken und Stimulierung der
Wirtschaft Ende des Jahres 2009 jedoch zunehmend unter Druck. Das durchschnittliche
Haushaltsdefizit erhöhte sich im Euroraum von 2% des BIP im Jahr 2008 auf 6,3% des BIP im Jahr
2009 (Europäische Zentralbank, 2010a). Spanien, Irland und Griechenland lagen mit Werten im
zweistelligen Bereich weit über dem europäischen Durchschnitt.5 Diese hohen Defizite schlugen sich
in einem Anstieg der Schuldenquoten nieder. Die durchschnittliche Schuldenquote stieg von 2008 auf
2009 im Euroraum um 9,4 Prozentpunkte auf 79,2% des BIP und lag damit deutlich über der in
Maastricht vereinbarten Höchstgrenze von 60% des BIP (Europäische Zentralbank, 2010a). Die
schlechte Haushaltlage der europäischen Staaten spiegelte sich auch in den CDS-Spreads auf
Staatsanleihen wider. Nach der öffentlichen Berichtigung des Staatshaushalts in Griechenland im
Oktober 2009 begann ein erneuter Anstieg der CDS-Spreads auf Anleihen der europäischen Staaten,
der durch die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands durch die Ratingagenturen Ende 2009
weiter verstärkt wurde. Die Zinsen auf griechische Staatsanleihen stiegen drastisch und standen
Anfang 2010 350 Basispunkte über den Zinsen auf Bundesanleihen, so dass Griechenland die
Zahlungsunfähigkeit drohte (Financial Times Deutschland, 2011). Die anderen europäischen Länder
einigten sich Mitte Februar 2010 darauf, Griechenland finanziell zu unterstützen, und gewährten dem
Land erstmals im März bilaterale Kredite. Im Mai folgte die Einigung der EU-Finanzminister über ein
umfangreiches Rettungspaket. Neben Griechenland wurden auch Portugal und Spanien im Frühjahr
2010 durch die Ratingagenturen herabgestuft, so dass auch für diese Länder die Refinanzierung
schwieriger wurde. 6 Im Mai 2010 erreichten die CDS-Spreads auf Staatsanleihen bei einem
Durchschnitt von über 300 Basispunkten ihren historischen Höchststand. Die europäischen
Regierungen und der IWF versuchten am 10. Mai durch die Verabschiedung eines Stabilitätspaketes
über 750 Milliarden Euro und die Einführung eines Euro-Rettungsfonds, der “European Financial
Stability Facility“ (EFSF), die Stabilität des Euroraums zu sichern (Europäischer Rat, 2010). Die
Europäische Zentralbank begann überdies, Staatsanleihen von betroffenen Staaten anzukaufen. Das
Ausfallrisiko der angeschlagenen europäischen Staaten wurde jedoch weiter hoch eingeschätzt, so dass
das Niveau der CDS-Spreads auf Staatsanleihen im Euroraum im Mittel hoch blieb. Neben
Griechenland waren auch Portugal, Spanien, Irland und Italien in einer prekären Lage, so dass die
Notwenigkeit weiterer Hilfspakete erwartet wurde. Im November 2010 erhielt schließlich das hoch
verschuldete Irland finanzielle Hilfe aus dem Eurorettungsfonds sowie von der Europäischen Union
und dem Internationalen Währungsfonds.
Im Jahr 2010 gab es kaum noch Meldungen über Abschreibungen und Schwierigkeiten bei den
europäischen Banken. Dennoch stiegen auch die CDS-Spreads auf Anleihen der europäischen Banken
während der Schuldenkrise im Jahr 2010 deutlich an. Ihr Durchschnitt verlief weiterhin parallel zu
5
Die Daten stammen aus „Eurostat“, Datenreihe „gov_q_ggdebt“, siehe Anhang 2.
Herabstufungen des Long-Term Issuer Ratings des Staates. Die Daten stammen von der Ratingagentur
Moody's, siehe Anhang 2.
6
Seite 7
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
dem Durchschnitt der CDS-Spreads auf Anleihen der europäischen Staaten. Zuvor wurde der parallele
Verlauf der CDS-Spreads auf Staatsanleihen und auf Anleihen europäischer Banken vermutlich durch
die hohen Risiken im Finanzsektor und die gewährten finanziellen Unterstützungen der Staaten
getrieben. Angesichts der geringen Zahl an Meldungen über Risiken im Finanzsektor und des
zeitgleichen Bekanntwerdens der massiven Haushaltsprobleme bei europäischen Staaten scheint die
gleichgerichtete Bewegung der CDS-Spreads 2010 vor allem durch die Probleme der Staaten getrieben
zu sein. Die Probleme der Staaten scheinen somit einen Einfluss auf die Banken gehabt zu haben. Dies
war auch in Deutschland zu beobachten. Während der Schuldenkrise stiegen die CDS-Spreads auf
Anleihen deutscher Banken ohne ein Bekanntwerden von Kreditausfällen oder andern Verlusten bei
den Banken an. Dieser Anstieg kann durch das steigende Ausfallrisiko europäischer Staaten erklärt
werden, gegenüber denen deutsche Banken Forderungen hielten. Anfang 2010 hatten die deutschen
Banken beispielsweise Forderungen gegenüber Griechenland in Höhe von etwa 14 Milliarden Euro 7
(Avdjiev, Upper und Vause, 2010, S. 7). Der Markt antizipierte bei der Risikoeinschätzung der
deutschen Banken somit möglicherweise die steigende Unsicherheit über die Zahlungsfähigkeit
Griechenlands. Es zeigte sich demnach während der Finanz- und Schuldenkrise in Europa, dass die
Entwicklung der Risiken der Staaten und der europäischen Banken zunehmend miteinander verwoben
waren.
2.3 Auswirkungen auf die Stabilität des Euro
Die Finanz- und Schuldenkrise hatte über die Geldpolitik der EZB und über das Anlageverhalten der
Investoren direkte Auswirkungen auf die Gemeinschaftswährung des Euroraums. In Abbildung 3
werden die über die Euroländer gemittelten CDS-Spreads der Staaten dem effektiven Wechselkurs des
Euro gegenübergestellt. Der von der EZB veröffentlichte effektive Wechselkurs ist als gewichtetes
Mittel der mengennotierten Wechselkurse der wichtigsten Handelspartner der EU definiert 8 und ist auf
das erste Quartal 1999 als Bezugsperiode (=100) standardisiert. Der effektive Wechselkurs gibt somit
den Außenwert des Euro an. Ein Anstieg des effektiven Wechselkurses entspricht einer Aufwertung
des Euro gegenüber den ausländischen Währungen, ein Absinken einer Abwertung (Europäische
Zentralbank, 2011). 9 In der Graphik kann man erkennen, dass die Entwicklungen der Länder-CDSSpreads und des effektiven Wechselkurses ab Frühjahr 2008 gegenläufig sind. Betrachtet man
beispielsweise den Zeitraum ab Januar 2008, so ergibt sich eine deutliche negative Korrelation der
beiden Größen von -0,63. Die Ausfallrisiken der Staaten und der Außenwert des Euro scheinen also
entgegengesetzt zu verlaufen.
Natürlich wird der Wechselkurs des Euro durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, die nicht
zwangsläufig auch in Bezug zu den Ausfallrisiken der Euroländer stehen. So reagierte der
durchschnittliche CDS-Spread der Euroländer kaum auf die großen Bankenzusammenbrüche in den
USA im September 2008 (Fanny Mae, Freddie Mac, Lehman Brothers), während der Euro7
Stand: Ende erstes Quartal 2010. Die Zahlen werden in der Quelle in Dollar angegeben und wurden mit dem
Wechselkurs vom 31.03.2010 von US-Dollar in Euro umgerechnet.
8
Die hierbei berücksichtigten 12 wichtigsten Handelspartner sind Australien, Kanada, Dänemark, Hongkong,
Japan, Norwegen, Singapur, Südkorea, Schweden, Schweiz, Großbritannien und die Vereinigten Staaten von
Amerika.
9
Eine Erläuterung des effektiven Wechselkurses findet sich in Anhang 6.
Seite 8
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Wechselkurs in dieser Zeit stark fiel. Auch gleichläufige Entwicklungen des Wechselkurses und der
Länderrisiken waren im betrachteten Zeitraum zu verzeichnen. Dies war vor allem zwischen Anfang
Oktober und Anfang Dezember 2008 der Fall, als diverse Rettungsmaßnahmen für Banken und
Konjunkturpakete beschlossen wurden. In dieser Zeit stiegen sowohl die Staats-CDS-Spreads
(aufgrund der fiskalischen Belastungen) als auch der Wechselkurs stark an, wobei letzteres auf die
noch größeren Probleme in den USA zurückzuführen sein könnte. 10 Eine mögliche Gefahr für den
Euro durch die Staatshaushalte war zu diesem Zeitpunkt noch nicht greifbar.
Abbildung 3 – CDS-Spreads der Euroländer und Entwicklung des Euro
Eingezeichnete Ereignisse: (1) Verkauf von Bear Stearns, 16. März 2008, (2) Insolvenz Lehman Brothers, 15.
September 2008, (3) Beschluss der EU-Finanzminister zu staatlichen Rettungspaketen, 7. Oktober 2008, (4)
Korrektur griechischer Haushalt, 21. Oktober 2009, (5) Gründung Euro-Rettungsschirm EFSF, 10. Mai 2010.
Die linke Achse trägt den Verlauf der CDS-Spreads der Euroländer in Basispunkten ab. Die rechte Achse gibt
den effektiven Wechselkurs des Euro an, welcher für das erste Quartal 1999 auf 100 normiert ist. Der
durchschnittliche CDS-Spread der Euroländer ist der Mittelwert der CDS-Spreads von 14 Euroländern, für die
uns kontinuierliche Daten vorlagen (vergl. Abbildung 1). Zugrunde liegen fünfjährige Senior CDS-Kontrakte
(MM). Der nominale effektive Wechselkurs des Euro gilt für alle 17 Euroländer und wird aus dem Wechselkurs
gegenüber den 12 wichtigsten Handelspartnern der Europäischen Union berechnet. Quelle: Eigene
Berechnungen und Darstellung auf Basis der CDS-Spreads entnommen aus der Markit-Datenbank sowie des
effektiven Wechselkurses, zu finden auf der Homepage der Europäischen Zentralbank, http://sdw.ecb.europa.eu/
(Zeitreihe EXR.D.Z68.EUR.EN00.A).
Mit Beginn der Schuldenkrise Ende 2009 wurde der negative Zusammenhang zwischen Länderrisiko
und effektivem Wechselkurs jedoch klar ersichtlich. Ab November 2009 brach der effektive
Wechselkurs ein, gleichzeitig stieg der Durchschnitt der CDS-Spreads der Euroländer stark an.
Auslöser dieser Entwicklung war vor allem die Griechenlandkrise. Am 21. Oktober verkündete die
neu gewählte griechische Regierung unter Ministerpräsident Papandreou, dass Schuldenstand und
Haushaltsdefizit drastisch nach oben korrigiert werden müssten. Das erwartete Haushaltsdefizit für
10
Im Zeitraum Oktober bis Dezember 2008 wird die Entwicklung des effektiven Wechselkurses deutlich durch
die Entwicklung des bilateralen Wechselkurses des Euro gegenüber dem US-Dollar getrieben, was bei einem
Vergleich der beiden Zeitreihen ersichtlich wird.
Seite 9
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
2009 wurde um 8,8 Prozentpunkte auf 12,5% des BIP erhöht (Europäische Kommission, 2010). Als
am 8. Dezember 2009 die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit Griechenlands herunterstufte und
kurz darauf die anderen Ratingagenturen nachzogen, verstärkte dies den Abwärtstrend des Euro und
den Aufwärtstrend der Staats-CDS. Nach einer kurzen Erholung im Januar stieg das Risiko im
Euroraum bis Anfang Februar weiter an. Die Lage im CDS-Markt entspannte sich erst etwas, als am 3.
Februar 2010 die EU-Kommission das von Athen vorgelegte Sparprogramm akzeptierte und den
griechischen Haushalt direkt unter ihre Kontrolle stellte. Fortan musste Griechenland der Kommission
monatliche Berichte über die Haushaltslage liefern. Zeitgleich fiel der Euro aufgrund des
Verschuldungsproblems Griechenlands, aber auch Portugals und Spaniens, am 5. Februar 2010 auf
den tiefsten Stand seit acht Monaten. Auch die Staats-CDS erfuhren wieder einen Aufwärtstrend, als
im März 2010 die Kreditwürdigkeit Portugals herabgestuft wurde und am 27. April Standard & Poor’s
das Rating Griechenlands auf „below investment grade“ herabstufte.
Um den anhaltenden Wertverlust des Euro aufzuhalten, beschlossen die EU und der IWF am 10. Mai
2010 ein 750-Milliarden-Paket zur Stützung des Euro und schufen die “European Financial Stability
Facility“ (EFSF)11, deren Kredite von sämtlichen Euroländern unter Auflagen in Anspruch genommen
werden können. Nachdem der Euro am 17. Mai 2010 den tiefsten Wert seit 2006 erreichte, zeigte der
Rettungsschirm Wirkung, und der Außenwert des Euro stieg bis in den Juni hinein deutlich an und
stabilisierte sich. Auch die CDS-Spreads der Euroländer fielen an den Tagen nach dem Beschluss sehr
stark, stiegen aber einige Tage später wieder an. Ende Juni fielen die Staats-CDS-Spreads erneut als
Reaktion auf die Überlegung der EU-Kommission, eine vorbeugende Überwachung der Haushalte der
Mitgliedsstaaten einzuführen. Mit der Vorlage der überwiegend positiven Ergebnisse der europäischen
Banken-Stresstests am 23. Juli 2010 setzte sich das Absinken der Staats-CDS fort, und auch der
Außenwert des Euro erholte sich, im August noch zusätzlich beflügelt von den guten Fortschritten der
griechischen Reformen.
Im weiteren Verlauf der Euro-Krise kamen auch andere Länder in Bedrängnis. So spitzte sich im
November 2010 die Situation in Irland so weit zu, dass Irland schließlich Hilfen des EuroRettungsschirms annehmen musste. Derzeit leiden auch Spanien und Portugal unter deutlich erhöhten
Refinanzierungskosten. Am 13. November 2010 spekulierte der portugiesische Außenminister Luis
Amado in einem Interview mit einer portugiesischen Zeitung sogar öffentlich, ob Portugal mittelfristig
aus dem Euro aussteigen müsse, wenn es seine ökonomischen Probleme nicht in den Griff bekäme
(Wall Street Journal, 2010). Es wird also deutlich, dass aus der globalen Finanzkrise zunächst eine
Krise der europäischen Banken, dann der europäischen Staaten und schließlich der europäischen
Währung wurde.
Zusammenfassend zeigt dieses Kapitel, dass sich die Finanzkrise in Europa zunächst im Finanzsektor
niederschlug und einen erheblichen Anstieg des vom Markt eingeschätzten Ausfallrisikos der
europäischen Finanzinstitute zur Folge hatte. Als Reaktion auf die finanziellen Unterstützungen der
europäischen Staaten für die angeschlagenen Banken zeigte sich Ende 2008 ebenfalls ein Anstieg der
11
Siehe hierzu Europäischer Rat (2010).
Seite 10
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Risiken der europäischen Staaten. Diese Entwicklungen wurden anhand der CDS-Spreads auf
Staatsanleihen europäischer Staaten und Banken veranschaulicht. Simultan zum Anstieg der
Länderrisiken war auch eine Abschwächung des Euro zu beobachten. Die Korrelation der Staats-CDSSpreads mit dem effektiven Wechselkurs war vor allem auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise
deutlich negativ. Der Krisenverlauf deutet also auf eine enge Verknüpfung der Banken-, Schuldenund Währungsprobleme im Euroraum hin.
3
Die Wechselwirkungen von Banken- und Schuldenkrisen
In diesem Kapitel soll ein kurzer Literaturüberblick über die Zusammenhänge zwischen Banken- und
Schuldenkrisen gegeben werden. Aus der Diskussion werden mehrere Hypothesen abgeleitet, die im
folgenden Kapitel ökonometrisch überprüft werden.
3.1 Der Teufelskreis von Banken- und Schuldenkrisen und seine Auswirkungen
auf die Währungsstabilität
Abbildung 4 verdeutlicht die potentiellen Verbindungen zwischen Banken- und Schuldenkrisen. Da
die Kausalität in beide Richtungen verläuft, besteht die Gefahr, dass die beiden Krisenarten sich
gegenseitig verstärken und zu einer Krisenspirale entwickeln. Banken- und Schuldenkrisen können
ihrerseits wiederum Währungsprobleme verursachen.
Abbildung 4 – Wechselwirkungen von Banken- und Schuldenkrisen und Auswirkungen auf die
Währung
Die Kanäle von der Banken- bzw. Schuldenkrise zu den Währungsproblemen sollen hier nur kurz
betrachtet werden, da sie in der Literatur bereits umfassend behandelt wurden. Da Staatsschulden
meist als Nominalschulden ausgegeben sind, haben Inflationsbewegungen direkte Auswirkungen auf
die reale Belastung des Staates. Für den Staat besteht somit der Anreiz, durch inflationäre expansive
Geldpolitik die reale Schuldenlast zu senken (Görgens, Ruckriegel und Seitz, 2008, S. 370 ff.),
wodurch die Währung gleichzeitig geschwächt wird. Der damalige Chefvolkswirt der EZB, Ottmar
Seite 11
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Issing, bemerkte im Jahre 1999: „Je höher die Staatsschuld, desto größer das Gefährdungspotenzial,
das auf der Stabilität des Landes wie der Geldpolitik lastet. Der Verdacht, zumindest die stille
Befürchtung, am Ende könnte doch die Versuchung für die Politik zu groß werden, sich der Schuld
„schmerzlos“ durch Inflation zu entledigen, wächst quasi proportional zum (relativen) Schuldenstand.
Die Unabhängigkeit der Notenbank ist kein für allemal wirksames Bollwerk gegen diesen
Zusammenhang“ (Issing, 1999). Auch die frühen Modelle von Währungskrisen (Krugman, 1979;
Flood und Garber, 1984) beruhen auf der Idee, dass eine Monetisierung von Staatsschulden nicht mit
der Aufrechterhaltung fester Wechselkurse vereinbar ist.
In den neunziger Jahren entstand eine umfangreiche empirische und theoretische Literatur zum Thema
„Zwillingskrisen“ („twin crises“), womit man das gleichzeitige Auftreten von Banken- und
Währungskrisen bezeichnet (siehe insbesondere den viel beachteten Aufsatz von Kaminsky und
Reinhart, 1999). Diese Literatur betont den Zielkonflikt, der sich ergibt, wenn eine Zentralbank
einerseits dem Bankensystem in einer Krisensituation Liquidität bereitstellen möchte, andererseits
aber die Währung stabilisieren möchte (Velasco, 1987; Chang und Velasco, 2000). Eine prominente
Rolle spielen außerdem Bilanzeffekte, über die sich Währungsprobleme auf Banken auswirken
können, wenn innerhalb der Bankenbilanzen ein Währungsungleichgewicht („currency mismatch“)
besteht (Krugman, 1999; Schneider und Tornell, 2004).
Im Folgenden konzentrieren wir uns nun auf die Interdependenzen zwischen Banken- und
Schuldenkrisen. Die beschriebenen Transmissionskanäle werden – sofern möglich – durch kleine
Fallstudien aus der aktuellen Krise illustriert.
3.2 Empirische
Evidenz
über
den
Zusammenhang
von Banken-
und
Schuldenkrisen
Das gemeinsame Auftreten von Banken- und Schuldenkrisen ist keine Seltenheit, wie der historische
Rückblick über die Banken- und Schuldenkrisen der letzten zwei Jahrhunderte von Reinhart und
Rogoff
(2009a)
eindrucksvoll
zeigt.
Während
Bankenkrisen
in
Industrieländern
und
Entwicklungsländern mit derselben Häufigkeit auftraten, kamen Schuldenkrisen signifikant häufiger in
Entwicklungsländern vor. Zudem waren Bankenkrisen oft von kürzerer Dauer als Schuldenkrisen.
Eine Gemeinsamkeit beider Krisenarten ist, dass sie von makroökonomischen Zyklen begleitet
werden. Eines der zentralen Ergebnisse von Reinhart und Rogoff (2009a, 2010a) ist, dass beide
Krisentypen nicht unabhängig voneinander auftreten, sondern miteinander korreliert sind. Innerhalb
von drei Jahren nach einer systemischen Bankenkrise steigt der Anteil der Staatsschulden am BIP
beträchtlich an, im historischen Durchschnitt um 86% (Reinhart und Rogoff, 2009a).
Reinhart und Rogoff (2010a) testen auch die kausalen Zusammenhänge zwischen den beiden
Krisenarten. Sie zeigen, dass eine Bankenkrise in einem Land die Wahrscheinlichkeit einer
Schuldenkrise in diesem Land erhöht, können aber gleichzeitig keinen signifikanten Effekt in die
andere Richtung finden. Borensztein und Panizza (2008) beobachten hingegen, dass Schuldenkrisen
die Wahrscheinlichkeit von Bankenkrisen erhöhen. Auch sie stützen ihre Berechnung auf eine große
Anzahl von Krisen. Da beide Arbeiten auf stark aggregierten Daten beruhen, können Kausalitäten
Seite 12
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
nicht ohne weiteres identifiziert werden. Diese Arbeit versucht daher, auf Basis disaggregierter Daten
in hoher Frequenz (monatlich bzw. täglich), verschiedene theoretische Kanäle empirisch zu
überprüfen, die im Folgenden vorgestellt werden.
3.3 Der Einfluss von Bankenkrisen auf Schuldenkrisen
Wir betrachten zunächst den Einfluss von Bankenkrisen auf Schuldenkrisen und unterscheiden hierbei
zwei verschiedene Kanäle. Der erste Kanal läuft über die direkten fiskalischen Belastungen, die sich
aus den Rettungspaketen für das Bankensystem ergeben. Der zweite Kanal geht davon aus, dass eine
Bankenkrise zu einer Beeinträchtigung der Konjunktur führt, die über steigende Staatsausgaben (z. B.
in Form von Konjunkturpaketen) und über fallende Steuereinnahmen die Staatsfinanzen bedroht und
somit das Länderrisiko erhöht.
Kanal 1: Direkte fiskalische Kosten von Bankenkrisen
Dem Staat entstehen während einer Finanzkrise direkte fiskalische Kosten durch Rettungsmaßnahmen
im Bankensystem. Dies schließt Verluste staatlicher Finanzinstitute mit ein, die beispielsweise in
Deutschland in der derzeitigen Krise eine wichtige Rolle spielten.
Die geschätzten Kosten, die dem Staat durch Kriseninterventionen im Finanzsystem entstehen, liegen
gemäß einer Studie von Honohan und Klingebiel (2000) im Durchschnitt bei 12,9% des BIP. Laeven
und Valencia (2010) weisen jedoch auf erhebliche Unterschiede zwischen Industrie- und
Entwicklungsländern hin. Die Kosten in Industrieländern liegen ihren Berechnungen nach bei
durchschnittlich 11,5% des BIP, in Entwicklungsländern dagegen lediglich bei 3,7% des BIP. Die
geschätzten Kosten von Bankenkrisen weichen allerdings je nach verwendeter Methodik stark
voneinander ab (Frydl, 1999). Reinhart und Rogoff (2009a) vergleichen die geschätzten Kosten von
Krisen in der existierenden Literatur und stellen in einzelnen Ländern Abweichungen von bis zu 50%
des BIP fest.
Die staatlichen Rettungsmaßnahmen führen zu einem Transfer des Risikos aus dem Bankensektor zum
Staat, was sich in einer Erhöhung des Länderrisikos niederschlagen sollte. Dieser Zusammenhang wird
in einem theoretischen Modell von Acharya, Drechsler und Schnabl (2010) beschrieben. Der Staat
muss die Kosten der Rettungsmaßnahmen im Finanzsystem durch Kreditaufnahme oder
Steuererhöhungen finanzieren und erhöht damit sein eigenes Insolvenzrisiko. In jüngerer Zeit sind
eine Reihe von Studien entstanden, die diesen Kanal untersuchen und seine ökonomische Bedeutung
weitgehend unterstützen. 12 Dies führt zu Hypothese 1, deren Plausibilität am Beispiel Irlands illustriert
wird.
Hypothese 1: Die Durchführung staatlicher Rettungsmaßnahmen im Bankensystem erhöht das
Länderrisiko. Der Effekt ist umso stärker, je größer die (erwarteten) fiskalischen Belastungen relativ
zur Wirtschaftsleistung des Landes sind.
12
Attinasi, Checherita und Nickel (2009) weisen einen Anstieg der Spreads von Staatsanleihen und einen
Anstieg der Differenz zwischen Länder- und Banken-CDS-Spreads in Reaktion auf angekündigte
Rettungsmaßnahmen nach. Mody (2009) sowie Sgherri und Zoli (2009) belegen einen Zusammenhang zwischen
dem Zustand des Finanzsystems und den Spreads von Staatsanleihen. Weitere Evidenz für einen Risikotransfer
findet sich bei Ejsing und Lemke (2009)
Seite 13
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Fact Box: Bankenrettung in Irland
Abbildung 5 – CDS-Spreads irischer Banken und Irlands
Der durchschnittliche CDS-Spread der Banken bezieht sich auf die 2 irischen Banken, für die uns CDS-Spreads
vorliegen. Zugrunde liegen fünfjährige Senior CDS-Kontrakte (MM). Quelle: Eigene Berechnungen und
Darstellung auf Basis der CDS-Spreads entnommen aus der Markit-Datenbank.
Der Verlauf der Finanzkrise in Irland zeigt deutlich die Übernahme der Risiken des Bankensektors
durch den Staat.13 Irlands Bankensektor wurde von der Finanzkrise sehr stark getroffen und musste
durch den Staat mit hohen Summen unterstützt werden. Die Krise wurde durch das Platzen einer
Immobilienblase in Irland verschärft. Vor Ausbruch der Bankenkrise war Irlands Wirtschaft rasant
gewachsen, vor allem der Bausektor boomte. Das veranlasste die irischen Banken, viele
Hypothekenkredite zu vergeben, so dass die Bankportfolios hauptsächlich aus Immobilienkrediten
bestanden. Refinanziert wurden die Kredite über kurzfristige Kredite am Interbankenmarkt. Bis 2006
stieg der Nettoschuldenstand der irischen Banken gegenüber dem Rest der Welt auf 60% des BIP
(Honohan et al., 2010). Der Finanzsektor machte mit einem Anteil von 10,9% des BIP einen
wesentlichen Teil der irischen Wirtschaft aus. Durch das Stocken des Interbankenmarktes im Zuge der
internationalen Finanzkrise bekamen die irischen Banken ab Anfang 2008 Probleme, sich zu
refinanzieren. Dies ging einher mit dem Ende des Immobilienbooms und einem Absinken der
Hauspreise. Diese Situation verursachte große Liquiditätsprobleme bei den einheimischen Banken,
deren CDS-Spreads extrem anstiegen und Mitte September 2008 durchschnittlich 400 Basispunkte
betrugen. Die irische Regierung reagierte am 30. September 2008 mit einer Garantie für alle Einlagen
und Schulden von sechs irischen Banken, die einen deutlichen Abfall der CDS-Spreads zur Folge
hatte. Wenig später zeigte sich jedoch, dass diese Garantien nicht ausreichen würden, um den irischen
Bankensektor zu stabilisieren. Die CDS-Spreads der irischen Banken stiegen wieder rasant an und
erreichten im März 2009 nach der Verstaatlichung der Anglo Irish Bank Höchststände weit über dem
13
Die Darstellung der irischen Krise orientiert sich an Frankfurter Allgemeine Zeitung (2010b), Honohan,
Donovan, Gorecki und Mottiar (2010) sowie Honohan (2009).
Seite 14
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Mittel der anderen europäischen Banken bei über 640 Basispunkten. Die irische Regierung weitete die
Unterstützung für den Bankensektor daraufhin weiter aus. Dies wirkte sich maßgeblich auf die CDSSpreads auf irische Staatsanleihen aus. Diese hatten Anfang September 2008 noch unter 30
Basispunkten gelegen. Ausgelöst durch die Übernahme von Garantien für die Banken stiegen die
CDS-Spreads für Staatsanleihen erheblich an und erreichten im Dezember 2008 mehr als 200
Basispunkte. Verschärft wurde dies durch den wirtschaftlichen Abschwung, der durch den Einfluss der
Finanzkrise auf die Realwirtschaft im Jahr 2008 begonnen hatte. 14 Das BIP brach 2008 im Gegensatz
zum Vorjahr um etwa 3% ein, 2009 sogar um 9%. 15 Das irische Rettungspaket für den Finanzsektor
erhöhte sich bis Ende 2010 nochmals um über 200 Milliarden Euro auf insgesamt 723 Milliarden
Euro.16 Dies stellt die höchste Unterstützung für den inländischen Finanzsektor eines europäischen
Landes während der Finanzkrise dar. Keiner der anderen europäischen Staaten sprach Garantien über
600 Milliarden Euro aus. Vor Ausbruch der Finanzkrise hatte sich Irland in einer sehr guten
wirtschaftlichen Lage befunden. Die Kosten der Krise belasteten den irischen Haushalt ab 2008 jedoch
enorm. Das Defizit des Staates stieg von 6% des BIP in 2008 auf 12% des BIP in 2009 und ließ den
Schuldenstand des Landes von etwa 30% Anfang 2008 auf über 65% des BIP Ende 2009 steigen. 17
Die Ratingagenturen reagierten mit mehreren Abstufungen Irlands. Die Schuldenkrise des Landes
spitzte sich im Laufe des Jahres 2010 weiter zu. Die CDS-Spreads irischer Staatsanleihen stiegen
Mitte 2010 ebenfalls erneut an. Um einer möglichen Zahlungsunfähigkeit zu entgehen, beantragte
Irland finanzielle Hilfen bei der Europäischen Union, die daraufhin dem Land im Dezember 2010 ein
Rettungspaket über rund 85 Milliarden Euro zusagte. Irland steht somit als ein Beispiel für ein
europäisches Land, das sich vor der Krise in einer sehr guten wirtschaftlichen Lage befand und durch
die Kosten der Finanzkrise, insbesondere durch umfangreiche Rettungsmaßnahmen, in eine tiefe
Rezession und Schuldenkrise rutschte.
Kanal 2: Rückkopplungseffekte von Bankenkrisen durch konjunkturelle Effekte
Bankenkrisen werden typischerweise von einem Rückgang des Wirtschaftswachstums oder gar einer
Rezession begleitet (Eichengreen und Rose, 1999). Laut Reinhart und Rogoff (2009a) ist ein Großteil
der nach einer systemischen Bankenkrise entstehenden Staatsschulden durch den Rückgang der
Wirtschaftsleistung begründet. Reinhart und Rogoff (2009b) betrachten die systemischen
Bankenkrisen in Industrie- und Entwicklungsländern seit dem Zweiten Weltkrieg und stellen dabei
einen erheblichen Rückgang der Wirtschaftsleistung im Zuge von Bankenkrisen fest. Nach einer Krise
sank das BIP in zwei Jahren um durchschnittlich 9,2%. Eine Rezession schlägt sich in einem
Rückgang der Steuereinnahmen und einem Anstieg der Staatsausgaben in den öffentlichen Haushalten
nieder.
14
Dieser Aspekt wird in der nächsten Hypothese genauer beleuchtet.
Die Daten stammen aus der Datenbank „Eurostat“, Datenreihe „gov_q_ggdebt“, siehe Anhang 2.
16
Siehe „State Aid Control“ der Europäischen Kommission sowie Anhang 2 und 3.
17
Die Daten wurden der Website des Central Statistics Office Ireland (www.cso.ie/statistics) entnommen.
15
Seite 15
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Diese Beobachtungen lassen einen Zusammenhang zwischen dem Finanzsystem und der
Realwirtschaft vermuten. Bernanke (1983) belegte diesen Zusammenhang in einem viel beachteten
Aufsatz über den Konjunktureinbruch in den USA während der Weltwirtschaftskrise. Sein zentrales
Argument war, dass der Finanzsektor eine wesentliche Rolle im Umgang mit asymmetrischen
Informationen in Finanzierungsbeziehungen spielt. Diese Funktion wurde durch die vielfältigen
Bankenzusammenbrüche und die gestiegene Unsicherheit gestört, was einen Rückgang der
Kreditvergabe
und
–
aufgrund
der
unvollständigen
Substituierbarkeit
mit
anderen
Finanzierungsinstrumenten – zu einer Abschwächung der Konjunktur führte.
Diese Sichtweise, die inzwischen als weithin akzeptiert betrachtet werden kann, fand Eingang in die
Theorie der Finanzakzeleratoren, die unter anderem durch Bernanke und Gertler (1989, 1990)
begründet wurde. Diese Theorie erklärt, wie reale Schocks durch das Finanzsystem verstärkt werden
können. Eine wesentliche Rolle spielen auch hier asymmetrische Informationen im Kreditmarkt.
Bernanke und Gertler zeigen, dass sich die Informationskosten durch Schocks in der Realwirtschaft
erhöhen, wodurch ein negativer Effekt auf die Kreditvergabe und damit auf die Konjunktur entsteht.
Bernanke (2007) argumentiert, dass dieser Mechanismus auch auf Finanzschocks, die Firmen- und
Haushaltvermögen reduzieren, angewendet werden kann. Auch in der aktuellen Krise existiert ein
breiter Konsens über die beschriebene Verbindung zwischen dem Kreditmarkt und dem
Konjunktureinbruch in den Jahren 2008 und 2009.18
Eine Abschwächung der Konjunktur geht typischerweise mit fallenden Staatseinnahmen (Steuern)
aufgrund des Rückgangs der Bemessungsgrundlage und mit steigenden Staatsausgaben (z. B. in der
Sozialversicherung oder durch staatliche Maßnahmen zur Konjunkturbelebung) einher. In den
Industrieländern lässt sich der starke Anstieg der Staatsschulden im Zeitraum zwischen 2008 und 2009
zu zwei Dritteln auf den Rückgang des Wirtschaftswachstums zurückführen (Internationaler
Währungsfonds, 2010a). Somit ergibt sich ein indirekter Kanal von Bankenkrisen über einen
konjunkturellen Rückgang zu einer Belastung der Staatsfinanzen und damit einer Erhöhung des
Länderrisikos. In offenen Volkswirtschaften wird die heimische Konjunktur wesentlich von den
Entwicklungen der Weltkonjunktur mitbestimmt. Insofern kann der Kanal auch auf Länder wirken, die
direkt nur in geringem Maße von der Finanzkrise betroffen waren. Hieraus ergibt sich unsere zweite
Hypothese, die am Beispiel Portugals näher beleuchtet wird.
Hypothese 2: Die mit einer Bankenkrise einhergehende Abschwächung der Konjunktur belastet die
Staatsfinanzen und erhöht somit das Länderrisiko. Der Effekt ist umso stärker, je stärker die
Wirtschaftsleistung in der Krise zurückgeht.
18
Empirische Untersuchungen des Einflusses des Kreditmarktes auf das Wirtschaftswachstum finden sich bei
Ciccarelli, Maddaloni und Peydro (2010), Teiman und Maechler (2009) sowie Bondt, Maddaloni, Peydro und
Scopel (2010).
Seite 16
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Fact Box: Konjunktureinbruch in Portugal
Im Gegensatz zu anderen Ländern war die Bankenkrise in Portugal vergleichsweise mild. Die
portugiesische Regierung unterstützte die inländischen Banken durch Rettungsprogramme in Höhe
von lediglich 20 Milliarden Euro19, diese Summe lag weit unterhalb der von anderen europäischen
Staaten für deren Bankensektor zugesagten Summen. Vor Beginn der Finanzkrise waren die
Zukunftserwartungen in Portugal positiv. Die Regierung hatte die Verschuldung in 2007 senken
können, und die Wirtschaft wuchs leicht. Der folgende konjunkturelle Einbruch lässt sich somit mit
großer Wahrscheinlichkeit auf die globale Finanzkrise zurückführen. Im Zuge der Finanzkrise geriet
Portugal durch sinkende Steuereinnahmen und die zusätzliche Belastung des Staatshaushalts aufgrund
von Konjunkturprogrammen in Schwierigkeiten. Das portugiesische Haushaltdefizit stieg 2009
deutlich an, und das BIP brach ein, so dass sich der Schuldenstand in 2010 auf 86% des BIP erhöhte 20.
Die Situation verschärfte sich durch die geringe Wettbewerbsfähigkeit Portugals – sowohl innerhalb
der EU als auch international – sowie durch eine schlechte Wachstumsprognose, so dass mit einem
stetigen Anstieg der Schuldenquote gerechnet wurde.
Abbildung 6 – CDS-Spreads portugiesischer Banken und Portugals
Der durchschnittliche CDS-Spread der Banken bezieht sich auf 4 portugiesische Banken. Zugrunde liegen
fünfjährige Senior CDS-Kontrakte (MM). Quelle: Eigene Berechnungen und Darstellung auf Basis der CDSSpreads entnommen aus der Markit-Datenbank.
Die CDS-Spreads auf portugiesische Staatsanleihen zeigten eine deutliche Reaktion. Ab Anfang 2010
stiegen sie enorm an und erreichten Mitte 2010 ihren Höchststand bei über 440 Basispunkten. In
Portugal zeigt sich sehr deutlich, dass der Anstieg des Risikos des Staates nicht durch die finanzielle
Unterstützung der inländischen Banken ausgelöst wurde, sondern durch die im Zuge der Finanzkrise
eintretende Rezession. Außerdem wurde durch den Anstieg des Länderrisikos auch ein steigendes
Risiko innerhalb des portugiesischen Bankensektors antizipiert. Gemäß der portugiesischen
19
20
Siehe State Aid Control der Europäischen Kommission sowie Anhang 2 und 3.
Die Daten entstammen der Datenbank Eurostat, Datenreihe „gov_q_ggdebt , siehe hierzu Anhang 2.
Seite 17
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Zentralbank (Banco de Portugal, 2010) reflektiert der Anstieg der CDS-Spreads der portugiesischen
Banken Anfang 2010 nicht steigende Risiken innerhalb des Bankensystems, sondern lediglich die
steigende Ausfallwahrscheinlichkeit des portugiesischen Staates sowie die sich zuspitzende
Schuldenkrise innerhalb der Eurozone. 21
3.4 Der Einfluss von Schuldenkrisen auf Bankenkrisen
Nun betrachten wir den Einfluss von Schuldenkrisen auf Bankenkrisen, wobei wir wiederum
verschiedene Kanäle unterscheiden. Der erste Kanal (Kanal 3) läuft über Bilanzeffekte: Wenn Banken
in ihren Portfolios Staatsanleihen halten, werden sie direkt durch einen Anstieg des Länderrisikos
betroffen. Kanal 4 beruht auf der Idee, dass die zukünftige Rettung des Bankensystems bei höherem
Schuldenstand unwahrscheinlicher wird. Der letzte Kanal (Kanal 5) betrachtet schließlich die
konjunkturellen Auswirkungen einer Schuldenkrise, die zu Rückkopplungseffekten auf das
Bankensystem führen können.
Kanal 3: Bilanzeffekte von Schuldenkrisen
Staatliche Schuldverschreibungen im Bankportfolio stellen eine direkte Verbindung zwischen Länderund Bankenrisiken her. Der heimische Bankensektor eines Landes ist meist ein wichtiger Gläubiger
des Staates (Europäische Zentralbank, 2010b). Im Fall eines Staatsbankrotts, der eine Umschuldung
mit sich bringt, drohen dem Finanzsektor hohe Abschreibungen. Auch wenn noch keine Umschuldung
stattgefunden hat, führt ein erhöhtes Länderrisiko zu Verlusten bei den Banken. Eine gestiegene
Insolvenzgefahr eines Staates spiegelt sich z. B. in Ratingabstufungen wider, die sich negativ auf die
Kurse von Staatsanleihen auswirken. Für Schuldtitel, die im Handelsbuch von Banken gehalten
werden, verlangt die „Fair-value“-Bewertung eine sofortige Abschreibung (Internationaler
Währungsfonds, 2010a).
Eine unzureichende Diversifizierung gegen Länderrisiken kann verschiedene Gründe haben. In
Krisenzeiten kann sie der Ausdruck einer Flucht in die Qualität („flight to quality“) sein, wenn
Staatsanleihen als besonders sichere und liquide Anlageformen betrachtet werden. Des Weiteren
könnte politischer Druck eine Risikodiversifikation verhindern. Ein Blick in die Geschichte verrät,
dass besonders kurz vor und auch nach einer Schuldenkrise der Anteil an inländisch gehalten Schulden
stark ansteigt (Reinhart und Rogoff, 2009a).
Auch die Finanzierungskosten von Banken werden von Länderrisiken beeinflusst. Sinken die Kurse
von Staatsanleihen und damit das Reinvermögen der Banken, werden die Finanzierungskosten von
Banken steigen (ähnlich wie in der Theorie der Finanzakzeleratoren, siehe Bernanke, 2007). Die
Vorschriften im Rahmen des Basel-II-Regelwerks schreiben zudem für Anlagen mit gesunkenem
Kreditrating einen Anstieg des zugrunde gelegten Eigenkapitals vor. Eine Folge der Abstufung eines
Staates wäre somit ein Anstieg der Fremd- und Eigenkapitalkosten der Banken.
21
Dies entspricht den weiter unten diskutierten Kanälen von Schuldenkrisen zu Bankenkrisen (Kanal 3 bis 5).
Seite 18
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Acharya et al. (2010) argumentieren, dass Staatsschuldtitel somit eine wichtige Rolle für die
Interdependenzen zwischen Banken- und Schuldenkrisen spielen. Laut den Autoren sind Exposures
gegenüber dem Staat ursächlich für die Rückkopplungseffekte von Bailouts und tragen damit zur
Krisenspirale bei. Sie belegen diesen Effekt, indem sie zeigen, dass das Kreditrisiko des
Bankensystems von den Staatsschuldtiteln in dessen Bilanzen beeinflusst wird. 22
Wir sehen also, dass sich eine Erhöhung des Länderrisikos unmittelbar in einem Anstieg des
Bankenrisikos niederschlagen kann, was der Inhalt unserer dritten Hypothese ist. Diese wird am
Beispiel griechischer Staatsanleihen illustriert.
Hypothese 3: Eine Erhöhung des Länderrisikos führt über Bilanzeffekte zu einer Erhöhung des
Bankenrisikos. Die Größe des Effektes hängt positiv vom Exposure der Banken gegenüber dem
Länderrisiko ab.
Fact Box: Bilanzeffekte durch griechische Wertpapiere
Abbildung 7 – CDS-Spreads Griechenlands und der 3 Banken mit dem größten Exposure
gegenüber Griechenland
Der durchschnittliche CDS-Spread der Banken bezieht sich auf die 3 nicht-griechischen Banken mit dem größten
Exposure (relativ zum Kernkapital) gegenüber Griechenland. Zugrunde liegen fünfjährige Senior CDSKontrakte (MM). Quelle: Eigene Berechnungen und Darstellung auf Basis der CDS-Spreads entnommen aus der
Markit-Datenbank sowie auf Basis der Exposure-Angaben der Banken im Rahmen des Bankenstresstests (zu
finden auf den jeweiligen Homepages der Banken) und des Kernkapitals (Tier 1), veröffentlicht im
Bankenstresstest (siehe Anhang 2).
Durch die Auswirkungen der Finanzkrise, aber vor allem auch aufgrund struktureller Probleme und
einer schlechten Haushaltspolitik, zeichnete sich Ende 2009 eine schwere Schuldenkrise in
Griechenland ab. Ab Dezember 2009 wurde die Kreditwürdigkeit Griechenlands mehrmals
22
In unserer empirischen Analyse dieses Kanals orientieren wir uns an der Arbeit von Acharya et al. (2010).
Seite 19
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
heruntergestuft. Im April 2010 erreichte das Rating Griechenlands schließlich die Klassifikation
„below investment grade“. Trotz rigider Sparprogramme musste Griechenland im Mai 2010 Hilfen aus
dem Euro-Rettungsschirm in Anspruch nehmen, um die Finanzierung des eklatanten Haushaltslochs
zu sichern.
All diese Entwicklungen blieben natürlich nicht ohne Folgen auf die Wertentwicklung griechischer
Wertpapiere. Banken, die solche Papiere hielten, mussten hohe Abschreibungen in Kauf nehmen und
wurden durch diesen negativen Bilanzeffekt einem größeren Risiko ausgesetzt. Es ist also davon
auszugehen, dass Banken, die ein hohes Exposure gegenüber Griechenland hatten, einem stärkeren
Bilanzeffekt ausgesetzt waren. Mittels der Angaben im Rahmen des Bankenstresstests haben wir die
drei Banken mit dem größten relativen Exposure gegenüber Griechenland im Vergleich zum
Kernkapital (Tier 1) identifiziert.23 Um den Bilanzeffekt von den makroökonomischen Effekten
innerhalb Griechenlands zu trennen, wurden hierbei nur nicht-griechische Banken betrachtet.
Absolutes nominales Exposure
Bank
gegenüber Griechenland
Relatives Exposure gegenüber
Griechenland
(in Mio. €)
(nominales Exposure / Tier 1)
DZ Bank
1.195
12,70 %
Société Générale
4.225
12,18 %
718
11,76 %
Banco Comercial Português
Quelle: Bankenstresstest, Angaben der Banken im Rahmen des Bankenstresstests (siehe
Anhang 2).
Das Risiko dieser drei Banken sowie Griechenlands wird in obiger Graphik durch CDS-Spreads
dargestellt. Die drei ausgewählten Banken, die alle relativ groß sind, zeigten während der Finanzkrise
nur geringe Erhöhungen in dem vom Markt eingeschätzten Risiko. Während der Schuldenkrise
Griechenlands stieg allerdings gleichzeitig sowohl der CDS-Spread Griechenlands als auch der
durchschnittliche CDS-Spread der drei Banken deutlich an. Dies deutet auf einen Bilanzeffekt
griechischer Papiere auf Banken mit einem Exposure gegenüber Griechenland hin.
Kanal 4: Die Glaubwürdigkeit staatlicher Garantien
Der Schuldenstand eines Landes gibt Auskunft darüber, ob der Staat zukünftig in der Lage sein wird,
Banken zu retten. Ist der Schuldenstand sehr hoch, so verliert eine implizite oder explizite Garantie
des Staates gegenüber dem Finanzsystem an Glaubwürdigkeit, was sich in einem Anstieg des
Bankenrisikos niederschlagen sollte. Dies gilt vor allem dann, wenn es keine übergeordnete Institution
gibt, die im Notfall Kredite bereitstellen kann. Da solche Kredite typischerweise an Bedingungen
geknüpft sind, können auch diese negative Auswirkungen auf die einheimischen Banken haben.
23
Es wurden nur Banken berücksichtigt, für die CDS-Spreads vorliegen.
Seite 20
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Der Risikotransfer, der unter Kanal 1 beschrieben wurde, führt also nicht zu einer einmaligen
Übertragung des Risikos vom Finanzsektor zum Staat, sondern stellt eine permanente Verbindung
zwischen Banken und Staat her. Ein Indiz für diese Überlegung ist die starke Korrelation des Risikos
der europäischen Staaten und ihrer Finanzsysteme, die sich nach den ausgesprochenen
Bankengarantien entwickelt hat (Internationaler Währungsfonds, 2010b). Allerdings könnte auch der
dritte Kanal diese Korrelation erklären.
Hypothese 4: Eine Erhöhung des Schuldenstands eines Landes erhöht das Bankenrisiko, weil der Staat
möglicherweise zukünftig nicht in der Lage ist, das Bankensystem zu stützen.
Dieser Kanal lässt sich sowohl anhand des irischen als auch des portugiesischen Fallbeispiels
illustrieren (siehe vorangegangene Kästen).
Kanal 5: Rückkopplungseffekte von Schuldenkrisen durch konjunkturelle Effekte
Ebenso wie Finanzkrisen können Schuldenkrisen signifikante Kosten für Volkswirtschaften bedeuten,
die von direkten Sanktionen und Strafen bis hin zu einer Rezession reichen. Ein Rückgang des
Wirtschaftswachstums in Folge einer Schuldenkrise würde das Bankensystem indirekt über einen
Anstieg der Kreditausfälle belasten.
Aus theoretischer Sicht müssen Schuldenkrisen für ein Land mit hohen Kosten verbunden sein, um bei
souveränen Schuldnern überhaupt eine Rückzahlung von Schulden erwirken zu können, da Ansprüche
nicht einfach in Insolvenzverfahren durchgesetzt werden können. In der Literatur werden als
Sanktionierungsmaßnahmen vor allem der Ausschluss von der zukünftigen Kreditvergabe und direkte
Sanktionen (z. B. über den Handel) diskutiert (Eaton und Gersovitz 1981; Bulow und Rogoff, 1989a,
1989b). Solche Maßnahmen können das Wirtschaftswachstum eines Landes abschwächen und so
indirekt auch das Bankensystem belasten. Auch ein möglicher Spillover der schlechten
Kreditwürdigkeit des Staates auf den privaten Sektor könnte aufgrund der gestiegenen
Finanzierungskosten zu einem Rückgang des Outputs führen. 24 Laut Reinhart und Rogoff (2010b) ist
ein negativer Effekt des Schuldenstandes auf das Wirtschaftswachstum ab einem Niveau von etwa
90% des BIP zu erwarten. Weitere empirische Literatur bestätigt den schädlichen Effekt von
Staatsschulden auf das Wirtschaftswachstum. 25
Hypothese 5: Die mit einer Schuldenkrise einhergehende Abschwächung der Konjunktur erhöht das
Bankenrisiko. Der Effekt ist umso stärker, je stärker die Wirtschaftsleistung in der Krise zurückgeht.
Diese Hypothese lässt sich zum derzeitigen Stand noch nicht so leicht illustrieren, da noch kein
ausreichender Zeitraum seit Beginn der Schuldenkrisen vergangen ist. Erschwerend kommt hinzu,
dass sich die konjunkturellen und Wachstumseffekte der Bankenkrise gerade im späteren Verlauf nicht
ohne weiteres von den Auswirkungen der Schuldenkrise trennen lassen. Ein positiver Zusammenhang
24
Die empirische Literatur unterstützt die Existenz eines solchen Spillover-Effektes (Arteta und Hale, 2008;
Das, Papaionannou und Trebesch, 2010).
25
Mehrere Arbeiten stützen den negativen Wachstumseffekt von Staatsschulden in der langen Frist (Caner,
Grennes und Koehler-Geib, 2010; Checherita und Rother, 2010; Kumar und Wo, 2010). Die in Reinhart und
Rogoff (2010b) beschriebenen Schwelleneffekte sind jedoch nicht eindeutig zu bestimmen.
Seite 21
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
zwischen Schuldenstand und Bankenrisiko wäre jedoch mit dieser Hypothese zumindest kompatibel.
Er könnte aber ebenso als Evidenz für Hypothese 4 interpretiert werden.
Im Folgenden sollen die beschriebenen Hypothesen nun in einer ökonometrischen Analyse statistisch
überprüft werden.
4
Ökonometrische Analyse
In diesem Kapitel werden die zuvor formulierten Hypothesen ökonometrisch getestet. Hierbei
betrachten wir zunächst die Auswirkungen der Bankenrisiken auf das Länderrisiko, bevor wir uns der
umgekehrten Kausalität zuwenden.
4.1
Schätzung 1: Der Einfluss von Bankenkrisen auf Schuldenkrisen
In diesem und dem folgenden Abschnitt stellen wir zunächst das empirische Modell und die
verwendeten Daten vor, dann präsentieren und interpretieren wir die Regressionsergebnisse vor dem
Hintergrund der Hypothesen aus Kapitel 3.
4.1.1 Empirisches Modell
In dieser ersten Schätzung sollen die Einflussfaktoren der staatlichen Schuldenkrisen im Euroraum
untersucht werden. Hierbei beziehen wir uns auf die ersten beiden der in Kapitel 3 aufgestellten
Hypothesen und fragen, ob sich staatliche Rettungsmaßnahmen und die Abschwächung der
Konjunktur in Folge der Finanzkrise in einem gestiegenen Länderrisiko niedergeschlagen haben.
Anhand eines Paneldatensatzes mit Daten von 14 Ländern26 aus der europäischen Währungsunion
untersuchen wir, ob der CDS-Spread der Länder – als Maß des Länderrisikos – abhängt von
Variablen, die Rettungsprogramme und die Konjunktur abbilden. Der Zeitraum der Untersuchung
orientiert sich an den Eckdaten der Finanzkrise. Da erste Turbulenzen im Sommer 2007 auftraten,
beginnt unsere Schätzung im Juni 2007 und endet im Juni 2010.
Die zu erklärende Variable in dieser Schätzung sind die CDS-Spreads der Länder, ausgedrückt in
Basispunkten. Den Schätzungen liegen CDS-Kontrakte in Euro mit einer Laufzeit von fünf Jahren
zugrunde, deren Kreditereignis „modified modified restructuring“ einschließt (CDS MM).27 Dies ist
die in Europa üblichste Variante von CDS-Kontrakten und weist daher die größte Liquidität auf. Die
Daten stammen aus der Markit-Datenbank.28
26
Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal,
Slowakei, Slowenien, Spanien, Zypern.
27
Für eine Beschreibung von CDS-Arten und Quellen siehe Mayordomo, Pena und Schwartz (2010). Zur
Bewertung von CDS siehe O’Kane und Turnbull (2003).
28
Eine Übersicht der verwendeten Datenquellen und der genauen Variablendefinitionen findet sich in Anhang 2.
Seite 22
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Unsere Schätzgleichung sieht folgendermaßen aus:
Die deskriptiven Statistiken der verwendeten Variablen finden sich in Anhang 4. Die erklärenden
Variablen setzen sich wie folgt zusammen. Um den Einfluss der Ankündigung einer
Rettungsmaßnahme zu messen, schließen wir einen Bailoutdummy ein, der bei der ersten
Ankündigung einer Bankenrettung in einem Land auf eins springt und dort verbleibt. Die Idee ist
hierbei, dass allein die Zusage des Staates, Banken zu unterstützen, dazu führt, dass die antizipierten
Schulden des Staates steigen. Dies könnte zu einem höheren CDS-Spread des Landes führen. In den
meisten Fällen liegt der Zeitpunkt der Ankündigung am Ende des Jahres 2008 und fällt oftmals auf
den Tag der ersten Anmeldung konkreter Bailout-Summen bei der Europäischen Kommission. In
Einzelfällen wurde zuvor bei der Europäischen Kommission lediglich die Grundlage für finanzielle
Hilfe geschaffen. In diesen Fällen bestimmt dieses Datum den relevanten Zeitpunkt des Dummys. 29
Neben der Ankündigung einer Rettungsmaßnahme spielt auch deren Volumen eine Rolle. Während
der Dummy vor allem die grundsätzliche Erwartung höherer Staatsschulden misst, kann er nicht
erfassen, welche Belastung die Staaten tatsächlich tragen müssen. Dieser Einfluss wird gemessen mit
Hilfe des tatsächlichen Volumens der Rettungsprogramme. Die Variable erhöht sich an dem Tag, an
dem die (zusätzlichen) Finanzhilfen bei der Europäischen Kommission angemeldet wurden. Es wurde
bewusst nicht das Datum der Bewilligung durch die Kommission gewählt, das teilweise auf einen weit
späteren Zeitpunkt fällt. Es wird angenommen, dass die Reaktion der Märkte bereits bei
Bekanntwerden beabsichtigter Rettungsmaßnahmen eines Landes erfolgt. Die Summen enthalten
sämtliche Staatshilfen im Zuge der Finanzkrise, darunter neben Garantien auch Rekapitalisierungen,
Bürgschaften und Liquiditätshilfen. Folglich beschreibt die Variable nicht die tatsächlich ausgezahlten
Summen, sie beinhaltet vielmehr auch alle vom Staat gegebenen Sicherheiten, die möglicherweise
zukünftig nicht ausbezahlt werden. Die Daten wurden aus der auf der Website der Europäischen
Kommission veröffentlichten „State Aid Control“ der europäischen Staaten gewonnen. 30 Um einen
sinnvollen Bezug zur Größe der jeweiligen Volkswirtschaft herzustellen, werden die Volumina der
Rettungspakete durch das BIP des jeweils letzten Jahres geteilt. Dies ergibt die Variable Bailoutratio,
die in Spezifikation 2 zusätzlich zum Bailoutdummy eingeschlossen wird. Je höher die
Bailoutvolumina gemessen am BIP sind, desto stärker ist die Belastung für den Staatshaushalt.
Die Koeffizienten dieser ersten beiden Variablen geben Aufschluss über die Gültigkeit von Hypothese
1. Statistische Signifikanz der Koeffizienten der Variablen Bailoutdummy und Bailoutratio würde auf
die Bedeutung von Rettungsmaßnahmen für das Länderrisiko hindeuten.
29
Eine Übersicht über sämtliche Rettungsmaßnahmen findet sich in Anhang 3.
Eine Zusammenfassung der Europäischen Kommission über die während der Finanzkrise vergebenen
Staatshilfen an den Finanzsektor in Europa (http://ec.europa.eu/competition/state_aid/studies_reports/
expenditure.html#3) gibt für einzelne Mitgliedsländer eine höhere Summe an finanzieller Unterstützung an, als
wir in unserer Schätzung für das jeweilige Land eingeschlossen haben. Da wir die zusätzlichen Summen keinem
konkreten Datum zuordnen konnten und ihre Höhe nicht ins Gewicht fällt, werden diese Summen in unserer
Schätzung nicht berücksichtigt.
30
Seite 23
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Um die zweite Hypothese zu überprüfen, schließen wir das BIP-Wachstum im Vergleich zum
Vorjahresquartal für jedes Land ein. 31 Alle Länder des Panels erfuhren seit ungefähr Mitte 2008 eine
Abschwächung ihrer Wirtschaftsleistung. Diese kann als Auswirkung der Finanzkrise interpretiert
werden. Die daraus resultierenden fiskalischen Belastungen sollten gemäß Hypothese 2 die CDSSpreads der Länder erhöhen. Bei Gültigkeit von Hypothese 2 würde man also einen negativen
Koeffizienten des Wirtschaftswachstums erwarten.
Eine wichtige Kontrollvariable ist die Schuldenquote eines Landes. Eine hohe Schuldenquote sollte
die Wahrscheinlichkeit einer Schuldenrückzahlung verringern und so den CDS-Spread erhöhen. Die
Schuldenquote setzt die Schulden eines Landes ins Verhältnis zu dessen Wirtschaftsleistung, dem BIP.
In den Schätzungen werden die vierteljährlichen Staatsschuldenquoten von Eurostat verwendet, die als
Nominalwert der Bruttoschuld des Staates am Ende jedes Quartals im Verhältnis zum BIP berechnet
werden.
Als weitere Kontrollvariable schließen wir zudem noch das Länderrating ein, das die langfristige
Schuldentragfähigkeit des Landes misst. Unerwartete Ratingänderungen sollten einen Effekt auf den
CDS-Spread eines Landes haben, da hierdurch neue Informationen an den Markt gelangen, die eine
Reaktion des CDS-Spreads nach sich ziehen sollten. Für das Rating des Staates wird auf das LongTerm Issuer Rating der Ratingagentur Moody’s zurückgegriffen. Dieses beschreibt die langfristige
Bonität eines Landes, gemessen an dessen Fähigkeit, langfristige finanzielle Obligationen und
Verträge (senior unsecured) zu bedienen. Das Long-Term Issuer Rating spiegelt sowohl die
Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls, als auch den möglichen finanziellen Verlust im Falle eines Ausfalls
wider. Das Rating gibt somit einen Anhaltspunkt für das Ausfallrisiko der emittierten Staatsanleihen. 32
Die meisten erklärenden Variablen liegen in einer relativ geringen Frequenz vor. Die Schuldenquote
und das BIP-Wachstum liegen quartalsweise vor, der Bailoutdummy ändert sich nur einmal und die
Bailoutratio ändert sich nur, wenn zusätzliche Rettungssummen bei der Europäischen Kommission
angemeldet wurden. Aus diesem Grund haben wir uns für eine Schätzung in monatlicher Frequenz
entschieden. Hierzu berechnen wir für jedes Land den Monatsmittelwert der täglichen CDS-Spreads.
Für den Bailoutdummy, die Bailoutratio und das Rating verwenden wir den Modus des Monats. Der
Modus ist etwas „vorausschauender“ als der Mittelwert, so dass wir mit dieser Berechnung eventuelle
Antizipationseffekte
messen
können.
Augmented
Dickey-Fuller-Tests
zeigen,
dass
die
Monatsmittelwerte der CDS-Spreads der Länder alle nicht-stationär sind. Um dennoch konsistente
Schätzer zu erhalten, schätzen wir die Gleichung in ersten Differenzen. Die Interpretation der
Koeffizienten ändert sich hierdurch nicht. Die differenzierten Monatswerte sind auf dem Ein-Prozent31
Zur Berechnung der Wachstumsrate verwenden wir das reale BIP mit Preisbereinigung nach dem Chain-linkVerfahren, wie es im Statistical Data Warehouse der Europäischen Zentralbank zu finden ist. Dieses bietet
gegenüber den beiden verbreiteteren Konzepten, dem nominalen bzw. realen BIP mit festem Basisjahr, den
Vorteil, dass die Schätzung immer auf Basis des aktuellsten Warenkorbs durchgeführt wird. Dies führt zu einer
deutlich
präziseren
Schätzung
des
realen
Werts
des
Bruttoinlandsproduktes.
Vergleiche
http://www.stat.ee/dokumendid/29861.
32
Um das Rating als Regressor in die Schätzungen einfügen zu können, wurde eine numerische Entsprechung
der von Moody’s herausgegebenen Noten definiert. Das beste Rating „Aaa“ entspricht dem Wert 1, das
schlechteste Rating „C“ entspricht dem Wert 21. Eine Erhöhung der Variable Länderrating entspricht also einer
Ratingverschlechterung. Für die genaue Umrechnung siehe Anhang 1.
Seite 24
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Niveau stationär, wie Augmented Dickey-Fuller-Tests zeigen. Um für Heteroskedastie der
Fehlerterme zu kontrollieren, verwenden wir robuste Standardfehler. Die sich ergebende
Schätzgleichung wird mit Pooled OLS geschätzt. Aufgrund der Differenzenbildung kontrolliert die
Schätzung implizit für individuelle (fixe) Effekte im Niveau der CDS-Spreads. Fixe Effekte in den
ersten Differenzen sind nicht zu erwarten und werden daher nicht eingeschlossen.
Wir schätzen drei verschiedene Spezifikationen. In der ersten Spezifikation wird nur der
Bailoutdummy zur Erfassung des Einflusses der Ankündigung einer Rettungsmaßnahme eingefügt. In
Spezifikation 2 wird zusätzlich die Bailoutratio eingeschlossen. Spezifikation 3 trägt einer
Besonderheit in den Daten Rechnung. Irland hat das mit Abstand größte Verhältnis von
Bailoutvolumen zum BIP. Um zu untersuchen, ob die Ergebnisse allein von Irland getrieben werden,
wird hier die Variable Bailoutratio getrennt in einen Teil, der nur die Werte für Irland beinhaltet, und
einen Teil, der die Werte der anderen Länder misst.
4.1.2 Regressionsergebnisse von Schätzung 1
Die Schätzergebnisse der drei Spezifikationen sind in Tabelle 1 angegeben. In Spezifikation 1 zeigt
sich ein positiver und hochsignifikanter Einfluss des Bailoutdummys auf die CDS-Spreads der Länder.
Die erstmalige Ankündigung von finanzieller Unterstützung für den inländischen Finanzsektor durch
den Staat führt demnach ceteris paribus zu einer höheren Risikoeinschätzung des jeweiligen Staates
am Markt. Der resultierende Anstieg der CDS-Spreads der Länder beträgt 17 Basispunkte. Dieses
Ergebnis bestätigt die in Kapitel 3 aufgestellte Hypothese 1, dass sich staatliche Rettungsmaßnahmen
gegenüber Finanzinstituten auf die Ausfallwahrscheinlichkeit und somit auf das vom Markt
eingeschätzte Risiko des Staates auswirken. Hierdurch wird auch die Erwartung von Folgezahlungen
miterfasst, da der Staat nun auch anderen Banken die Unterstützung nicht ohne weiteres verweigern
kann.
Die Ergebnisse unterstützen auch die zweite in Kapitel 3 aufgestellte Hypothese. Die Ergebnisse
zeigen einen negativen und hochsignifikanten Einfluss des Wirtschaftswachstums auf die CDSSpreads der Länder. Ein Anstieg des Wirtschaftswachstums um einen Prozentpunkt führt ceteris
paribus zu einer Verminderung der CDS-Spreads des Landes um etwa 3 Basispunkte. Es wird also
bestätigt, dass das Ansteigen der CDS-Spreads der Länder während der Finanzkrise nicht nur durch
die finanziellen Hilfen für den Finanzsektor, sondern auch durch die sinkende Wirtschaftsleistung
getrieben wurde.
Die Schuldenquote hat gemäß unseren Ergebnissen keinen Einfluss auf die CDS-Spreads der Länder.
Dieses Ergebnis widerspricht unseren Erwartungen. Der Grund für die Insignifikanz dieser Variable
könnte darin begründet sein, dass die Schuldenquote quartalsmäßig angegeben ist und sich demnach
nur alle drei Monate ändert. Somit zeigt diese Variable zu wenig Variation, um einen signifikanten
Einfluss zu besitzen. Darüber hinaus würden wir vor dem Hintergrund der vorangegangenen
deskriptiven Analyse erst während der Schuldenkrise Ende 2009 bis 2010 einen Zusammenhang
zwischen der Schuldenquote und den CDS-Spreads der Länder erwarten. Der Schätzzeitraum beginnt
jedoch bereits im Juli 2007. Eine modifizierte Schätzung dieser Spezifikation, bei der der
Seite 25
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Schätzzeitraum auf den Zeitraum der Schuldenkrise eingegrenzt wurde, unterstützt diese
Argumentation, da die Schuldenquote hier einen zumindest schwach signifikanten Einfluss aufweist.33
Weiterhin belegen die Ergebnisse, dass eine Ratingabstufung des Staates wie erwartet einen deutlichen
Effekt auf den CDS-Spread des Staates hat. Einer Abstufung um eine Stufe folgt demnach im Mittel
ceteris paribus ein Anstieg der CDS-Spreads um 38 Basispunkte. Die Variation dieser Variable und
folglich das Ergebnis werden vermutlich durch die Ratingabstufungen Griechenlands getrieben, da die
meisten anderen Staaten im Schätzzeitraum nicht abgestuft wurden.
Tabelle 1 – Ergebnisse Schätzung 1
Abhängige Variable:
CDS-Spread Land
Spezifikationen:
(1)
(2)
Bailoutdummy
16,915***
(4,896)
14,554***
(5,007)
Bailoutratio
(3)
10,107*
(5,543)
0,074**
(0,029)
0,336***
Bailoutratio exklusive Irland
(0.110)
Bailoutratio Irland
0,053***
(0,019)
-3,239***
(0,734)
-3,118***
(0,749)
-3,212***
-0,949
(0,659)
-0,973
(0,660)
-0,912
37,976***
(8,560)
37,939***
(8,547)
37,828***
4,292***
( 0,967)
4,234***
(0,967)
4,115***
Anzahl der Beobachtungen
504
504
504
Korrigiertes R²
0,146
0,146
0,147
BIP-Wachstum
Schuldenquote
Länderrating
Konstante
(0,756)
(0,665)
(8,426)
(0,961)
Schätzzeitraum Juni 2007 bis Juni 2010, mit Monatsdaten. *** (**, *) stehen für ein Signifikanzniveau
von 1% (5%, 10%). In Klammern sind die robusten Standardfehler angegeben. Die Schätzung erfolgt in
ersten Differenzen. Der Bailoutdummy steigt in dem Monat auf 1, in dem die jeweilige Regierung
beschlossen hat, den inländischen Finanzsektor mit einem Rettungspaket zu unterstützen. Die
Bailoutratio setzt die gesamte Unterstützung eines Staates an den inländischen Finanzsektor ins
Verhältnis zum BIP. In die Schätzung sind folgende Länder eingeschlossen: Belgien, Deutschland,
Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal, Slowakei,
Slowenien, Spanien, Zypern.
33
Diese Regressionsergebnisse werden in der Tabelle nicht gezeigt.
Seite 26
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Die zweite Spezifikation kontrolliert neben dem Bailoutdummy auch für die Größe der
Rettungspakete. Die Ergebnisse zeigen, dass die Bailoutratio einen positiven und signifikanten
Einfluss auf die CDS-Spreads der Länder aufweist. Somit steigt die Risikoeinschätzung eines Staates
mit steigender Höhe der finanziellen Unterstützung an den Finanzsektor an. Ein Staat, der eine hohe
Summe an Finanzhilfen bereitgestellt hat, wird also risikoreicher eingeschätzt als ein Staat mit einer
geringeren Bereitstellung an Hilfen. Eine nachträgliche Aufstockung der bereitgestellten Summen, die
es in einem Großteil der eingeschlossenen Länder gegeben hat, hat somit ebenfalls einen Einfluss auf
die CDS-Spreads des Staates. Zu beachten ist, dass der Bailoutdummy weiter signifikant bleibt. Die
Effekte zwischen dem Bailoutdummy und dem Volumen sind also voneinander zu trennen. Der
Bailoutdummy misst die grundsätzliche Bereitschaft zur finanziellen Unterstützung des Finanzsektors
und die Bailoutratio die konkrete finanzielle Belastung des Staates durch die Hilfe an den
Finanzsektor. Die Einflüsse der weiteren eingeschlossenen Variablen, also der Schuldenquote, des
Wirtschaftswachstums und des Ratings, ändern sich im Vergleich zur ersten Spezifikation nicht.
In einer dritten Spezifikation untersuchen wir, ob der Einfluss der Bailoutratio nur durch die extrem
hohen Summen in Irland getrieben wird. Dies können wir verwerfen. Das Volumen der
Rettungspakete an den Finanzsektor hat sowohl in Irland als auch in den anderen europäischen Staaten
einen hochsignifikanten Einfluss auf die CDS-Spreads der Staaten. Der Effekt des Volumens in den
anderen europäischen Ländern übersteigt sogar den Effekt des Volumens in Irland signifikant, wie ein
Test auf Gleichheit der Koeffizienten auf dem Ein-Prozent-Niveau bestätigt. Es lässt sich also ein
genereller Effekt des Volumens der Rettungsmaßnahmen auf die Höhe der CDS-Spreads der Länder
zeigen. Die Ergebnisse bezüglich der weiteren eingeschlossenen Variablen ändern sich gegenüber den
vorherigen Spezifikationen auch hier nicht.
Zusammenfassend zeigt diese Schätzung also, dass die finanzielle Unterstützung für den Finanzsektor
durch die Staaten zu einer erhöhten Risikoeinschätzung der Staaten geführt hat. Neben der
grundsätzlichen Bereitschaft, den Finanzsektor zu unterstützen, hatte hierbei auch die Höhe der
Rettungspakete, relativ zum BIP des jeweiligen Landes, einen Einfluss. Diese Ergebnisse unterstützen
die in Kapitel 3 aufgestellte Hypothese 1, dass das Bankenrisiko während der Finanzkrise auf die
Staaten überging. Darüber hinaus konnten wir einen deutlichen Einfluss der wirtschaftlichen
Entwicklung auf die CDS-Spreads der Staaten belegen und somit die zweite Hypothese des dritten
Kapitels ebenfalls bestätigen.
4.2 Schätzung 2: Der Einfluss von Schuldenkrisen auf Bankenkrisen
In der zweiten Schätzung untersuchen wir nun den Einfluss des Ausfallrisikos des Staates auf die
Einschätzung des Ausfallsrisikos der europäischen Banken. Wir betrachten wiederum zunächst das
empirische Modell und die Daten, bevor wir die Regressionsergebnisse beschreiben und interpretieren.
4.2.1 Empirisches Modell
In der ersten Schätzung haben wir gezeigt, dass die Bankenkrise zu einer Erhöhung des Ausfallrisikos
der Länder geführt hat. Die zweite Schätzung untersucht nun, ob es einen Rückkopplungseffekt von
der erhöhten Risikoeinschätzung der Staaten auf die Banken gegeben hat. In diesem Fall verwenden
Seite 27
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
wir einen Paneldatensatz von CDS-Spreads europäischer Banken und untersuchen, ob diese Spreads
vom Risiko der Länder abhängen. Den Schätzungen liegen wiederum CDS-Kontrakte in Euro mit
einer Laufzeit von fünf Jahren zugrunde (Kreditereignis „modified modified restructuring“), deren
Spreads wie zuvor der Markit-Datenbank entstammen. Die deskriptiven Statistiken zur Schätzung
finden sich in Anhang 5.
Wir verwenden das folgende Regressionsmodell:
Zur Überprüfung von Hypothese 3 orientieren wir uns an der Arbeit von Acharya et al. (2010). Diese
benutzen die im Rahmen des CEBS-Stresstests veröffentlichten Forderungen von 91 europäischen
Banken gegenüber 28 europäischen Staaten, um die Bankrisiken aus Forderungen gegenüber Staaten
zu erfassen. Die Forderungen jeder Bank gegenüber einem Land (unter Auslassung des Heimatlandes)
werden dabei mit dem CDS-Spread des jeweiligen Landes multipliziert, und die Ergebnisse werden
für jede Bank und jeden Zeitpunkt aufaddiert. So entsteht ein Maß für das Ausfallrisiko aus dem
Halten ausländischer Staatsanleihen (im Folgenden „Exposure“). Acharya et al. (2010) regressieren
den logarithmierten CDS-Spread der jeweiligen Bank auf das logarithmierte Exposure und finden
einen positiven und signifikanten Zusammenhang zwischen den CDS-Spreads der Bank und dem
Risiko aus ihren Forderungen gegenüber europäischen Staaten. Acharya et al. (2010) schließen das
Exposure gegenüber dem Heimatland nicht ein, obwohl sie selbst anmerken, dass dieses betragsmäßig
besonders bedeutend ist. Als Grund für den Ausschluss des Exposures gegenüber dem Heimatland
nennen sie das Endogenitätsproblem, das darin besteht, dass die Spreads der Banken (die abhängige
Variable) selbst einen Einfluss auf das eigene Länderrisiko (mit dem das Exposure gegenüber dem
Heimatland gewichtet werden müsste) besitzt. Ein Auslassen dieser zentralen Variable stellt unseres
Erachtens allerdings keine zufriedenstellende Lösung des Endogenitätsproblems dar.34 Daher
generieren wir aufbauend auf Acharya et al. (2010) zwei Exposurevariablen. Die erste erfasst die
Forderungen gegenüber dem Heimatland der Bank (Exposure Inland) und die zweite (analog zu
Acharya et al.) die Forderungen gegenüber den restlichen Ländern (Exposure Ausland):
Die Daten über die Forderungen stammen aus den Bankenstresstests des Committee of European
Banking Supervisors (CEBS). Hier waren 91 Banken aus 20 europäischen Ländern angehalten, ihr
Kredit- und Anleihenexposure gegenüber 28 europäischen Staaten zu benennen. Die Angaben
34
Weiter unten präsentieren wir eine Instrumentvariablenschätzung, die versucht, das Endogenitätsproblem zu
beheben.
Seite 28
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
beziehen sich auf den Stichtag 31. März 2010. Das Tier-1-Kapital ist das Kernkapital einer Bank. Es
wird hier genutzt, um die Risikotragfähigkeit einer Bank zu messen. Wir verwenden das am
31.12.2009 von den Banken gehaltene Kernkapital, das ebenfalls im Rahmen der Ergebnisse des
Bankenstresstests des CEBS veröffentlicht wurde.
Die beiden Exposure-Variablen sollen den Effekt der erhöhten Ausfallwahrscheinlichkeit von
Staatsverbindlichkeiten auf die Risikoeinschätzung von Banken messen. Ein positiver Zusammenhang
wäre in Kombination mit den Ergebnisse der ersten Schätzung ein Hinweis auf einen Teufelskreis von
Banken- und Schuldenkrisen, da in diesem Fall das von den Staaten durch Rettungsmaßnahmen
übernommene Risiko letztendlich durch die gesunkene Solvenz der Staaten auf die Bankbilanzen
zurückfällt und die Banken zu Abschreibungen zwingt. Von den 91 in den Stresstests partizipierenden
Banken finden sich für 51 Banken CDS-Spreads. Aufgrund der unvollständigen Verfügbarkeit anderer
Kontrollvariablen besteht das in den Schätzungen verwendete Panel aus 38 Banken, die in zehn
verschiedenen EWU-Ländern beheimatet sind. Der Zeitraum der Untersuchung umfasst den Zeitraum
30. Oktober 2009 bis 19. August 2010. Da die Bankforderungen gegenüber Staaten nur für einen
einzigen Zeitpunkt bekannt sind, sollte der Schätzzeitraum nicht zu groß gewählt werden. Über den
hier betrachteten Zeitraum (fünf Monate vor und nach dem Stichtag) scheint die Annahme vertretbar,
dass die Forderungen gegenüber Staaten näherungsweise konstant geblieben sind. 35 Durch die
Normierung der CDS-gewichteten Forderungen mit dem Kernkapital der Bank wird den
unterschiedlichen Bilanzstrukturen der Banken Rechnung getragen. Je höher das Kernkapital der
Bank, desto größer ist die Risikoabsorptionsfähigkeit einer Bank. Gemäß Hypothese 3 sollten beide
Exposure-Variablen einen positiven und signifikanten Einfluss auf die CDS-Spreads der Banken
haben. Da die beiden Exposure-Variablen aufgrund des Einflusses der Länder-CDS-Spreads eine
tägliche Variation aufweisen, können wir hier – anders als in Schätzung 1 – tägliche Daten verwenden.
Verwerfungen am CDS-Markt für Staaten sollten sich schnell in den CDS-Spreads der Banken
niederschlagen. Da sich das Risiko des Exposures der Banken täglich ändert, ist es also sinnvoll, die
täglichen Reaktionen der Bank-CDS-Spreads zu betrachten.
Im Gegensatz zu Acharya et al. (2010) schließen wir weitere Kontrollvariablen ein. Auf Staatenebene
sind dies das BIP-Wachstum des Quartals im Vergleich zum Vorjahresquartal und die Schuldenquote
des Landes im jeweiligen Quartal. Diese sollen für die fiskalische und ökonomische Situation im Land
kontrollieren. Sie erfassen damit auch Unterschiede in der Wahrscheinlichkeit der Zusage von
zusätzlichen Staatshilfen für Banken, da sie die Schuldentragfähigkeit eines Landes bestimmen. Ein
höheres Wirtschaftswachstum führt zu höheren Steuereinnahmen, und ein niedrigerer Schuldenstand
lässt mehr Spielraum beim zusätzlichen Aufnehmen von Schulden. Beides induziert eine höhere
Solvenz des Staates. Gemäß Hypothese 4 sollte daher das BIP-Wachstum einen negativen und die
Schuldenquote einen positiven Einfluss auf die CDS-Spreads der Banken besitzen. Gleichzeitig könnte
eine Schuldenkrise (oder die Erwartung einer Schuldenkrise) die Konjunktur schwächen und so auch
das Bankensystem belasten. Dies ist die Vorhersage von Hypothese 5. Auch hier würden wir einen
35
Streng genommen reicht es, wenn es über Banken hinweg und – bei den ausländischen Forderungen – über
Länder hinweg zu keinen erheblichen relativen Veränderungen gekommen ist.
Seite 29
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
negativen Effekt des BIP-Wachstums und einen positiven Effekt des Schuldenstands erwarten.
Empirisch lassen sich Hypothese 4 und 5 nur schwer trennen.
Eine weitere Kontrollvariable auf Bankebene ist das Rating der Bank. Wie in der ersten Schätzung soll
mit Hilfe des Ratings für den Effekt unvorhergesehener Ratingänderungen, die zur Umschichtung von
Investitionen in Banken führen können, kontrolliert werden. Den Bankenratings liegt das sogenannte
Bank Financial Strength Rating der Ratingagentur Moody’s zugrunde. Dieses Rating bewertet die
intrinsische Stabilität einer Bank, ungeachtet eventueller externer Unterstützungsmaßnahmen (z. B.
einer Rettung durch den Staat). Bailouts sollen in unserer Schätzung über die anderen erklärenden
Variablen erfasst werden. Das Rating wird auf Basis bankspezifischer Faktoren festgelegt, jedoch
finden auch die generelle Struktur und Leistungsfähigkeit des Finanzsystems und der Wirtschaft
Beachtung.36
Da im Unterschied zur ersten Regression nun Tagesdaten verwendet werden, schließen wir zusätzlich
den absoluten Bid-Ask-Spread der CDS-Kontrakte ein, um für die Liquidität im CDS-Markt zu
kontrollieren. Der Bid-Ask-Spread der CDS ist der Unterschied zwischen dem besten Verkaufsgebot
(Best Ask) und dem besten Kaufgebot (Best Bid). Da der Preis eines CDS durch die jährlich gezahlten
Prämien, angegeben in Basispunkten des zu versichernden Betrags, definiert ist, wird der absolute
Bid-Ask-Spread demnach ebenso in Basispunkten ausgedrückt. Je größer der Spread, desto illiquider
ist der Markt für das gehandelte Papier. Dies beruht auf der Argumentation, dass ein Käufer in einem
Markt, in dem Handel und Preise nicht oft zustande kommen, (der also illiquide ist) schon beim Kauf
des CDS höhere Verkaufskosten antizipiert und dies einpreist. Die Zeitreihen für Best Bid und Best
Ask stammen aus der Datenbank Datastream. 37
Eine weitere erklärende Variable ist die Bilanzsumme, die logarithmiert in die Schätzung eingeht. Sie
soll für Größeneffekte bei der Risikoeinschätzung von Banken kontrollieren. Außerdem lassen sich
über die Variable auch „Too–big-to-fail“-Effekte erfassen. Die verwendeten Bilanzsummen sind die in
der Datenbank Bankscope für den 31.12.2009 angegebenen „Total Assets“.
Die letzte Kontrollvariable ist eine Dummy-Variable für die Rettung Griechenlands durch EU und
IWF am 12. April 201038 (zu diesem Zeitpunkt springt die Variable auf den Wert eins). Diese geht für
Griechenland und die restlichen Länder getrennt ein, um die Effekte auf griechische Banken und auf
die restlichen Banken zu unterscheiden, da für beide Gruppen unterschiedlich Effekte vorhanden sein
sollten. Während das Rettungspaket bei griechischen Banken negative Effekte haben könnte (aufgrund
der Konditionalität der Rettungspakete und aufgrund des Signaleffekts bezüglich der Schwere der
Krise), sollten die restlichen Banken von einer Absicherung ihrer Forderungen und einer gestiegenen
Wahrscheinlichkeit weiterer Bailouts profitieren.
36
Um das Rating als Regressor in die Schätzungen einfügen zu können, wurde wiederum eine numerische
Entsprechung der von Moody’s herausgegebenen Noten definiert. Das beste Rating „A“ entspricht hier dem
Wert 1, das schlechteste Rating „E“ entspricht dem Wert 13. Man beachte, dass Moody’s Skala bei diesen
Ratings von der bei den Länderratings abweicht (siehe Anhang 1).
37
Gemäß einer Arbeit von Martins, Pereira und Pires (2010) sind in CDS-Schätzungen die absoluten Bid-AskSpreads den relativen Spreads vorzuziehen.
38
Dies ist der erste Börsentag nach der Ankündigung der Eurogruppe am 11. April 2010, Hilfen für
Griechenland bereitzustellen.
Seite 30
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Da sämtliche CDS-Spreads der Banken nicht-stationär sind, ist eine konsistente Schätzung der oben
genannten Gleichung in Niveaus nicht möglich. Um dieses Problem zu lösen, wird auch diese
Gleichung in ersten Differenzen geschätzt. Die Differenzen sämtlicher Banken-Spreads sind auf dem
Ein-Prozent-Niveau stationär. Fixe Effekte in der Niveaugleichung entfallen durch die
Differenzenbildung. Fixe Effekte in ersten Differenzen sind nicht zu erwarten. Daher schätzen wir die
oben gegebene, einfach differenzierte Schätzgleichung zunächst mit Pooled OLS. Dabei verwenden
wir robuste Standardfehler.39
Die beschriebene Basisspezifikation (Spezifikation 1) wird im nächsten Schritt um quadratische
Terme für die Exposure-Variablen erweitert, um nicht-lineare Effekte des Exposures zuzulassen. Um
einen Vergleich der Ergebnisse mit der Arbeit von Acharya et al. (2010) zu ermöglichen, verwenden
wir in Spezifikation 3 logarithmierte Bank-CDS-Spreads und Exposure-Variablen.
4.2.2 Regressionsergebnisse von Schätzung 2 (Pooled OLS)
Tabelle 2 zeigt die Schätzergebnisse der drei Spezifikationen. Die erste Spezifikation zeigt einen
positiven und hochsignifikanten Einfluss des Exposures gegenüber dem inländischen Staat (gewichtet
mit dem CDS-Spread des Staates und berechnet als Anteil am Kernkapital der Bank). Wir können
demnach bestätigen, dass die CDS-Spreads von Banken über die von der Bank gehaltenen
Staatsanleihen vom Risiko ihres jeweiligen Heimatlandes abhängen. Der Effekt ist umso größer, je
mehr die jeweilige Bank in Staatsanleihen investiert hat.40 Die Schuldenkrise der europäischen Staaten
hatte folglich Einfluss auf die inländischen Banken, so dass von einem Rückkopplungseffekt von den
Staaten auf die inländischen Banken über Bilanzeffekte gesprochen werden kann. Hypothese 3 kann
also bestätigt werden. Unterstützt wird dieses Ergebnis auch durch die Resultate der zweiten
Spezifikation, in der ein quadratischer Einfluss der Exposure-Variable zugelassen wird. Der
quadratische Term der Variable ist negativ und (ebenso wie der lineare Term) hochsignifikant. Bei
einem hohen Ausgangsniveau des Exposures hat ein weiterer Anstieg einen geringeren Einfluss auf
das Risiko der Bank als bei einem niedrigen Ausgangsniveau. Der marginale Effekt bleibt jedoch stets
positiv.41 Das inländische Exposure einer Bank hat also einen signifikant positiven, aber abnehmenden
Effekt auf die CDS-Spreads der Banken.
Auch das Exposure gegenüber dem Ausland hat einen hochsignifikanten Einfluss. Banken werden als
risikoreicher eingestuft, wenn sich das Ausfallrisiko der von ihnen gehaltenen Staatsanleihen
ausländischer Staaten erhöht.42 Auffällig ist, dass der Effekt des Exposures gegenüber dem Ausland
den Effekt des Exposures gegenüber dem Inland deutlich übersteigt, wie Tests auf Gleichheit der
beiden Koeffizienten auf dem Ein-Prozent-Niveau bestätigen. Dieses Ergebnis könnte davon
beeinflusst sein, dass Griechenland, Irland, Portugal und Spanien im Gegensatz zu den anderen
39
Auf Länderebene geclusterte Standardfehler sind nicht zu empfehlen, da die Anzahl der Cluster auf
Länderebene lediglich 10 beträgt. Laut Cameron, Gelbach und Miller (2006) sind geclusterte Standardfehler für
weniger als 50 Cluster verzerrt.
40
Es ist zu beachten, dass die Höhe der gehaltenen Staatsanleihen einer Bank über den Schätzungszeitraum nicht
variiert, sondern nur über Banken hinweg.
41
Dies kann man zeigen, indem man den marginalen Effekt für die höchste Ausprägung von Exposure Inland in
unserer Stichprobe berechnet.
42
Dies entspricht dem Ergebnis von Acharya et al. (2010).
Seite 31
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
europäischen Staaten extrem risikoreich eingeschätzt wurden und die größten Bewegungen in ihren
CDS-Spreads aufweisen. Diese starke Variation der CDS-Spreads ist maßgeblich für die Variation der
Exposure-Variablen verantwortlich und ist für den Großteil der in der Schätzung eingeschlossenen
Banken in der ausländischen Exposure-Variable enthalten. Hingegen ist die Anzahl der Banken aus
diesen vier Ländern im Datensatz relativ gering, so dass der Effekt des inländischen Exposures durch
weniger stark von der Schuldenkrise betroffene Länder dominiert wird. Die Resultate für das
ausländische Exposure in der zweiten Spezifikation ähneln denen für das inländische Exposure. Auch
hier findet sich ein konkaver Zusammenhang zwischen dem Exposure und den Bank-CDS-Spreads.
Bei einem hohen Ausgangsniveau des ausländischen Exposures wirkt sich ein weiterer Anstieg des
Risikos des ausländischen Staates weniger stark auf das Risiko der Bank aus als bei einem niedrigen
Ausgangsniveau. Der Effekt bleibt dabei auch hier stets positiv. Der marginale Effekt des
Auslandsexposures ist fast überall größer als der des inländischen Exposures. Nur bei sehr hohen
Ausgangsniveaus kann die Differenz der Effekte negativ werden. Zusammenfassend hat demnach
auch das Exposure gegenüber dem Ausland einen positiven und hochsignifikanten, aber abnehmenden
Einfluss auf die CDS-Spreads von Banken. Wir sehen hier also einen Spillover-Effekt des
Ausfallrisikos von Staaten auf Banken anderer Länder, sofern diese Banken ausländische
Staatsanleihen halten. Dieser Aspekt ist aus wirtschaftspolitischer Sicht sehr bedeutsam. Auch diese
Ergebnisse sind konsistent mit Hypothese 3.
Die Ergebnisse aller drei Spezifikationen zeigen außerdem, dass das Wirtschaftswachstum eines
Landes einen negativen, hochsignifikanten Einfluss auf die CDS-Spreads der Banken aufweist.
Wachstum wirkt sich positiv auf die Ertragsmöglichkeiten der Banken und negativ auf die Zahl der
Insolvenzen aus, was zu einem geringeren Abschreibungsbedarf bei den Banken führt. Zudem erhöht
sich die Wahrscheinlichkeit von finanzieller Unterstützung der Bank durch den Staat bei steigender
Wirtschaftsleistung und Solvenz des Staates. Die Schätzung belegt somit einen Effekt des
makroökonomischen Umfelds der Banken auf deren Risikoeinschätzung. Die Schätzung ist also
konsistent mit Hypothese 4 und 5. Allerdings ist dieses Ergebnis zu unspezifisch, um den genauen
Wirkungskanal identifizieren zu können.
Im Gegensatz zum Wirtschaftswachstum ist der Koeffizient der Schuldenquote des Landes nicht
signifikant von Null verschieden. Hier hatten wir einen signifikant positiven Einfluss auf die CDSSpreads der inländischen Banken erwartet. Hypothese 4 und 5 können in diesem Punkt also nicht
bestätigt werden. Das Problem der geringen Frequenz der Schuldenquote fällt hier naturgemäß noch
stärker ins Gewicht als in der Schätzung auf Basis von Monatsdaten. Für die vierteljährlich erhobene
Schuldenquote liegen im Schätzzeitraum gerade einmal drei Beobachtungen vor, die zudem kaum
variieren. Lediglich in Spezifikation 3 findet sich ein zumindest schwach signifikanter, positiver
Effekt der Schuldenquote. Dennoch bleibt insgesamt festzuhalten, dass sich auf Basis dieser
Schätzung nur gemischte Evidenz für Hypothese 4 und 5 finden lassen.
Seite 32
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Tabelle 2 – Ergebnisse Schätzung 2 (Pooled OLS)
Abhängige Variable:
logarithmierter
CDS-Spread Bank
CDS-Spread Bank
Spezifikationen:
(1)
Exposure Inland
0,211***
(0,019)
(2)
(3)
0,31***
(0,04)
-0,00005***
(Exposure Inland)²
(0,00002)
ln(Exposure Inland)
Exposure Ausland
0,164***
(0,021)
0,369***
(0,04)
(Exposure Ausland)²
1,077***
(0,121)
-0,001***
(0,0002)
ln(Exposure Ausland)
0,377***
(0,026)
BIP-Wachstum
-0,478***
(0,225)
-0,533**
(0,225)
-0,003***
(0,001)
Schuldenquote
0,100
(0,191)
0,144
(0,189)
0,001*
(0,0004)
Bank Financial Strength Rating
-0,489
(1,776)
-0,406
(1,859)
0,006
(0,004)
Bid-Ask-Spreads der BankCDS
0,233***
(0,075)
0,197***
(0,072)
0,001***
(0,0002)
ln(Bilanzsumme)
-0,313***
(0,111)
-0,319***
(0,107)
-0,001**
(0,0004)
Dummy Griechenlandrettung
griechische Banken
13,464
16,882
0,023
(13,332)
(13,355)
(0,033)
Dummy Griechenlandrettung
ausländische Banken
-1,878***
(0,509)
-0,515
(0,628)
-0,007**
(0,003)
Konstante
4,185***
(1,466)
4,118***
(1,415)
0,010**
(0,005)
Anzahl der Beobachtungen
7555
7555
7555
Korrigiertes R²
0,262
0,315
0,389
Schätzzeitraum 30. Oktober 2009 bis 19. August 2010, mit Tagesdaten. *** (**, *) stehen für ein Signifikanzniveau
von 1% (5%, 10%). In Klammern sind die robusten Standardfehler der Koeffizienten angegeben. Alle Variablen außer
der logarithmierte Bilanzsumme wurden in ersten Differenzen in die Schätzung eingeschlossen. Die Variable
"Exposure Inland" ergibt sich durch die Multiplikation des CDS-Spreads des Heimatlandes mit den Forderungen der
jeweiligen Bank gegenüber seinem Heimatland geteilt durch das Tier-1-Kapital der Bank. Zur Generierung der Variable
"Exposure Ausland" wurde zuerst die Forderung der jeweiligen Bank gegenüber einem ausländischen Land mit dem
CDS-Spread dieses ausländischen Landes multipliziert und anschließend all diese Werte für eine Bank aufaddiert und
durch das Tier-1-Kapital der Bank geteilt. Der Dummy "Griechenlandrettung griechische Banken" und der "Dummy
Griechenlandrettung ausländische Banken" nimmt am 12. April 2010 den Wert 1 für die jeweilige Bankengruppe an.
Folgende Länder wurden in die Regression eingeschlossen: Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland,
Italien, Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien.
Seite 33
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Das Bank Financial Strength Rating der Bank zeigt in keiner der drei Spezifikationen einen
signifikanten Einfluss, obwohl man einen positiven Effekt vermutet hätte. Für das Rating ergibt sich
jedoch das gleiche Problem wie bei der Schuldenquote des Staates. Das Rating der Banken verändert
sich während des Schätzzeitraums nur bei wenigen Banken. Der Grund der Insignifikanz könnte somit
in einer zu geringen Variation des Regressors liegen.
Der Bid-Ask-Spread der Bank-CDS zeigt in allen Spezifikationen – wie erwartet – einen positiven,
hochsignifikanten Einfluss auf die CDS-Spreads der Banken. Der Koeffizient der logarithmierten
Bilanzsumme ist stets negativ und hochsignifikant. Größere Banken werden bei sonst gleichen
Bedingungen risikoärmer eingeschätzt als kleine Banken. Dies könnte als Beleg für die „Too-big-tofail“-These
genommen
werden,
die
besagt,
dass
die
Wahrscheinlichkeit
für
staatliche
Rettungsmaßnahmen bei größeren Banken höher ist, da sie als systemrelevant eingestuft werden.
Schließlich betrachten wir noch die Auswirkung der Rettung Griechenlands auf griechische und
andere europäische Banken. Die Entscheidung für eine Rettung des griechischen Staates durch die
anderen Länder der Eurozone am 12. April 2010 zeigt in keiner Spezifikation einen signifikanten
Einfluss auf die Risikoeinschätzung der griechischen Banken. Dies könnte das Ergebnis gegenläufiger
Effekte sein. Die Rettung des Staates sollte auf der einen Seite eine risikoärmere Umgebung für die
griechischen Banken schaffen. Andererseits wird es für Griechenland nach der Rettung schwieriger,
inländische Banken zu unterstützen, da die strengen Auflagen des Rettungspaketes den griechischen
Staat dazu verpflichten, Sparmaßnahmen durchzuführen. Weiterhin signalisiert die Rettung des
griechischen Staates die Schwere der Krise in Griechenland. Möglicherweise haben sich diese
gegenläufigen Effekte gerade neutralisiert. Die Rettung Griechenlands zeigt hingegen zumindest in der
ersten und dritten Spezifikation einen negativen und signifikanten Einfluss auf die CDS-Spreads der
anderen europäischen Banken. Laut Spezifikation 1 sanken die CDS-Spreads der nicht-griechischen
Banken im Mittel um etwa 2 Basispunkte nach der Rettung Griechenlands. Die Unterstützung
Griechenlands senkte das Ausfallrisiko des griechischen Staates. Dies reduzierte auch die
Verunsicherung auf den internationalen Finanzmärkten, was sich (über den Exposure-Effekt hinaus)
begünstigend auf die CDS-Spreads der ausländischen Banken auswirkte. Weiterhin erzeugte die
Rettung Griechenlands die Erwartung, dass andere europäische Staaten ebenfalls Hilfen erhalten
würden. Dieser Erwartungseffekt sollte das Risiko ausländischer Banken ebenfalls senken. Die
angesprochenen Effekte übersteigen offensichtlich den Effekt, dass die anderen europäischen Länder
durch die finanzielle Unterstützung des griechischen Staates finanzielle Verpflichtungen eingingen. In
der zweiten Spezifikation wird der Koeffizient allerdings insignifikant.
4.2.3 Regressionsergebnisse von Schätzung 2 (Instrumentvariablenschätzung)
Die zuvor präsentierten Ergebnisse könnten aufgrund des oben beschriebenen Endogenitätsproblems
verzerrt sein, das sich durch den Einschluss der CDS-Spreads des Heimatlandes auf der rechten Seite
der Schätzung ergeben könnte. Wie in Schätzung 1 in Kapitel 4.1 gezeigt wurde, hat die Situation der
inländischen Banken einen Effekt auf die CDS-Spreads des entsprechenden Landes. Eine Veränderung
der CDS-Spreads der Banken kann somit zu einer Veränderung der CDS-Spreads des Landes führen,
und es ist von einer wechselseitigen Beziehung zwischen den CDS-Spreads eines Landes und denen
Seite 34
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
der inländischen Banken auszugehen. Acharya et al. (2010) weisen ebenfalls auf diese simultane
Kausalität der CDS-Spreads der Banken und der CDS-Spreads der Länder hin, finden jedoch keine
zufriedenstellende Lösung. Ohne Berücksichtigung des Endogenitätsproblems könnten die Schätzer
verzerrt und inkonsistent sein. Zur Lösung dieser Problematik verwenden wir im Folgenden eine
Instrumentvariablenschätzung.
Tabelle 3 – Ergebnisse Schätzung 2 (Instrumentvariablenschätzung)
Abhängige Variable:
CDS-Spread Bank
Spezifikationen:
(1)
(2)
(3)
Exposure Inland
0,229***
(0,074)
0,215***
(0,073)
0,409***
(0,099)
Exposure Ausland
0,357***
(0,060)
0,366***
(0,060)
0,239***
(0,071)
BIP-Wachstum
-0,487**
(0,228)
-0,480**
(0,227)
-0,570**
(0,244)
Schuldenquote
0,113
(0,200)
0,102
(0,198)
0,245
(0,231)
Bank-financial-strength Rating
0,756
(2,110)
-0,544
(2,060)
-3,400
(3,046)
Bid-Ask-Spreads der Bank-CDS
0,232***
(0,075)
-0,303**
0,233***
(0,075)
-0,310***
0,224***
(0,079)
-0,204
(0,119)
(0,119)
(0,133)
Dummy Griechenlandrettung
griechische Banken
15,021
(14,519)
13,785
(14,656)
30,42**
(14,006)
Dummy Griechenlandrettung
ausländische Banken
-1,900***
(0,510)
-1,882***
(0,513)
-2,114***
(0,494)
Konstante
4,049***
(1,581)
4,157***
(1,573)
2,712
(1,782)
Instrumentierte Variable
Exposure Inland
Exposure Inland
Exposure Inland
Instrumente
Exposure Inland (BidAsk)
Exposure Inland (BidAsk), Bid-Ask-Spread
des Landes, nominales
Exposure / Tier1
Bid-Ask Spread des
Landes
F-Wert des Tests auf Relevanz der
Instrumente
22,48 (relevant)
14,23 (relevant)
33,5 (relevant)
Anzahl der Beobachtungen
7555
7555
7555
ln (Bilanzsumme)
*Schätzzeitraum 30. Oktober 2009 bis 19. August 2010, mit Tagesdaten. *** (**, *) stehen für ein Signifikanzniveau von 1% (5%, 10%).
In Klammern sind die robusten Standardfehler angegeben. Alle Variablen (inklusive der Instrumentvariablen) außer der logarithmierten
Bilanzsumme wurden in ersten Differenzen in die Schätzung eingeschlossen. Die Variable "Exposure Inland" ergibt sich durch die
Multiplikation des CDS-Spread des Heimatlandes mit den Forderungen der jeweiligen Bank gegenüber ihrem Heimatland geteilt durch
das Tier-1-Kapital der Bank. Zur Generierung der Variable "Exposure Ausland" wurde zuerst die Forderung der jeweilgen Bank
gegenüber einem ausländischen Land und dem CDS-Spread dieses ausländischen Landes multipliziert und anschließend all diese
Werte für eine Bank aufaddiert und durch das Tier1-.Kapital der Bank geteilt. Der Dummy "Griechenlandrettung griechische Banken"
und der "Dummy Griechenlandrettung ausländische Banken" nimmt am 12. April 2010 den Wert 1 für die jeweilige Bankengruppe an.
Die Variable "Exposure Inland (Bid-Ask)" beinhaltet den CDS-Spread des Heimatlandes multipliziert mit dem Bid-Ask-Spread des
Heimatlandes und geteilt durch das Tier-1-Kapital der Bank. Ab einem F-Wert größer 10 gelten Instrumente bei einer Schätzung mit
einer endogenen Variable als relevant (Staiger und Stock, 2007). Folgende Länder wurden in die Regression eingeschlossen: Belgien,
Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien.
Seite 35
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Allen verwendeten Instrumentvariablen liegen die absoluten Bid-Ask-Spreads der CDS der Staaten
zugrunde. Diese Bid-Ask-Spreads messen die Liquidität der CDS-Kontrakte und sollten daher mit den
CDS-Spreads der Länder korreliert sein. 43 Die Korrelation der Länder-CDS-Spreads und der Bid-AskSpreads der Länder-CDS beträgt in unserem Datensatz 69 Prozent. Der Bid-Ask-Spread hängt unter
anderem von dem gehandelten Volumen und der Volatilität ab. Es ist plausibel, dass kein
Zusammenhang zwischen der Liquidität der Länder-CDS und dem Risiko der Banken dieses Landes
besteht. Es gibt hierfür auch keine Anhaltspunkte in der Literatur. Da der CDS-Spread des Landes in
einen Interaktionsterm (die inländische Exposurevariable) eingeht, verwenden wir in der ersten
Spezifikation als Instrumentvariable einen Interaktionsterm, der das Exposure der Bank gegenüber
dem Heimatland mit den Bid-Ask-Spreads der Staats-CDS (statt den CDS-Spreads selbst) gewichtet
und durch das Kernkapital der Bank teilt. Die Korrelation zwischen dem risikogewichteten ExposureTerm, der CDS-Spreads verwendet, und dem Term, der die Bid-Ask-Spreads einschließt, beträgt 89
Prozent. Auch die Instrumentvariablen gehen in ersten Differenzen ein.
Die Ergebnisse der Instrumentvariablenschätzung sind in Tabelle 3 angegeben. 44 Es zeigen sich nur
geringe Abweichungen zu den vorherigen Schätzungen. Das risikogewichtete Exposure gegenüber
dem Heimatland sowie gegenüber dem Ausland ist weiterhin positiv und hochsignifikant. Ein F-Test
auf Gleichheit der beiden Koeffizienten zeigt jedoch, dass nicht verworfen werden kann, dass die
Höhe der Einflüsse identisch ist. Das Ergebnis eines höheren Einflusses des ausländischen Exposures
ist also nicht vollständig robust. Die Einflüsse der weiteren eingeschlossenen erklärenden Variablen –
Wirtschaftswachstum, Schuldenquote, Bid-Ask-Spreads der Bank-CDS, Rating der Bank und
logarithmierte Bilanzsumme – ändern sich im Vergleich zu den vorherigen Schätzungen nicht. Ein FTest auf Relevanz des Instruments gemäß Staiger und Stock (1997) in der ersten Stufe der
Instrumentvariablenschätzung bestätigt die Relevanz (siehe letzte Zeile der Regressionstabelle). 45
Die
zweite
Spezifikation
in
Tabelle
3
beinhaltet
die
Ergebnisse
einer
weiteren
Instrumentvariablenschätzung, in der drei Instrumente eingeschlossen wurden. Neben dem bereits in
Spezifikation 1 verwendeten Instrument werden hier als weitere Instrumente das mit dem Kernkapital
gewichtete Exposure gegenüber dem Heimatland und die absoluten Bid-Ask-Spreads der CDS des
Heimatlandes eingeschlossen. Ein F-Test nach der ersten Stufe der Instrumentvariablenschätzung
ergibt auch hier, dass alle Instrumente gemeinsam relevant sind. Die Schätzkoeffizienten dieser
zweiten Spezifikation zeigen keine Veränderungen zur ersten Instrumentvariablenschätzung. Durch
die Überidentifizierung in der zweiten Instrumentvariablenschätzung ist es hier möglich, die
Exogenität der überschüssigen Instrumente zu testen. Ein J-Test nach Hansen ergibt allerdings, dass
die Instrumente nicht exogen sind. Ein möglicher Grund für dieses Ergebnis ist die fehlende
Exogenität des nominalen Exposures gegenüber dem Inland. Um dieses Problem zu umgehen, wird in
einer dritten Spezifikation nur der Bid-Ask-Spread der Staats-CDS als Instrumentvariable benutzt. Ein
Test der Relevanz dieses Instrumentes zeigt mit einem Wert von 33,5 ein bestätigendes Ergebnis. Die
Exogenität dieses Instruments wurde oben bereits begründet. Diese Spezifikation liefert wiederum
43
Dies ist empirisch gut belegt (siehe z. B. Deutsche Bundesbank, 2010b).
Der Schätzzeitraum geht wiederum vom 30. Oktober 2009 bis zum 19. August 2010.
45
Der F-Wert liegt weit oberhalb des kritischen Wertes von 10, der von Staiger und Stock angegeben wird.
44
Seite 36
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
keine abweichenden Ergebnisse im Vergleich zu den vorangegangenen Schätzungen. 46 Die zentralen
Ergebnisse der Pooled-OLS-Schätzung werden also durch die Instrumentvariablenschätzung bestätigt.
Es ergeben sich lediglich zwei kleine Veränderungen. Die Bilanzsumme scheint gemäß dieser
Spezifikation keinen Einfluss auf die CDS-Spreads einer Bank zu haben. Es zeigen sich außerdem
Veränderungen des Effekts der Rettung Griechenlands. Der Effekt auf griechische Banken ist nun
signifikant positiv und sehr hoch. Die Unterstützung des griechischen Staates hat einen
durchschnittlichen Anstieg der CDS-Spreads der griechischen Banken von 30 Basispunkten zur Folge.
Die Rettung des griechischen Staates wirkt sich folglich verstärkend auf die Risikoeinschätzung
griechischer Banken aus.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die dritte Hypothese aus Kapitel 3 durch unsere
ökonometrischen Ergebnisse deutlich bestätigen lässt. Bei Hypothese 4 und 5 ist dies hingegen nur
eingeschränkt der Fall. Die Schätzergebnisse belegen eine Übertragung des Ausfallrisikos eines
Staates auf inländische und ausländische Banken über das Halten von Staatsanleihen. In Kombination
mit den Ergebnissen von Schätzung 1 konnte also eine wechselseitige Beziehung zwischen dem
Bankenrisiko und dem Länderrisiko in Europa gezeigt werden. Es scheint also tatsächlich ein
Teufelskreis zwischen Banken- und Schuldenkrisen zu bestehen. Auch das Wirtschaftswachstum hat
einen deutlichen Effekt auf das Bankenrisiko. Eine eindeutige Zuordnung zu Hypothese 4 oder 5 ist
aber nicht möglich. Zusätzlich wurde abschließend gezeigt, dass die Rettung Griechenlands
möglicherweise sogar einen Anstieg des Risikos von griechischen Banken auslöste und abschwächend
auf das Risiko nicht-griechischer europäischer Banken wirkte.
Die empirische Analyse in diesem gesamten Kapitel kam also zu dem folgenden Ergebnis: Es gab eine
doppelte Risikoübertragung zwischen Staaten und Banken während der Banken- und Schuldenkrise.
Zunächst übernahmen die Staaten das Risiko der Banken, indem sie das Finanzsystem stützten und vor
dem Zusammenbruch retteten. Die zusätzlichen Belastungen setzten die Haushalte einiger
europäischer Staaten massiv unter Druck. Hierdurch kam es zu Rückkopplungseffekten in den
Bankensektor, weil die Banken über ihre Staatsanleihenbestände unmittelbar von den Länderrisiken
betroffen wurden. So entstand ein Teufelskreis zwischen der Solvenz von Banken und Staaten,
wodurch schließlich sogar die europäische Gemeinschaftwährung, der Euro, in einen Abwärtstrend
geriet. Unsere Analyse hat somit eine wichtige wirtschaftspolitische Implikation: Um den Fortbestand
der Währungsunion zu sichern, muss dieser Teufelskreis durchbrochen werden.
46
Ein F-Test belegt auch hier keinen signifikanten Unterschied der Einflüsse der beiden Exposure-Variablen.
Seite 37
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
5
Implikationen für die Wirtschaftspolitik und die private Geldanlage
In diesem Kapitel diskutieren wir, wie sich der Teufelskreis zwischen Banken- und Schuldenkrisen
durch wirtschaftspolitische und regulatorische Maßnahmen durchbrechen lässt, um so letztendlich
auch die Währung zu stabilisieren. Die Maßnahmen können auf zwei Ebenen ansetzen: zum einen auf
der Bankenebene, die zuerst diskutiert werden soll, zum anderen auf der Staatenebene, die
anschließend betrachtet wird. Schließlich analysieren wir im dritten Abschnitt, welche Implikationen
sich für die private Geldanlage ergeben.
5.1 Reformen auf Bankenebene
In einem ersten Schritt zeigen wir Wege auf, um die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems zu
stärken und die Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung zu reduzieren. Dies trägt dazu bei, die in
Hypothese 1 beschriebene und Schätzung 1 empirisch belegte Risikoübernahme von den Banken auf
den Staat zu vermindern. Gleichzeitig wird durch eine Stärkung des Bankensektors auch die Wirkung
von Finanzakzeleratoren abgeschwächt (Hypothese 2).
Vorschlag 1: Bail-in statt Bail-out
Eine wichtige Bestimmungsgröße in den ökonometrischen Analysen in Kapitel 4 stellen staatliche
Rettungsmaßnahmen dar. Sie spielen eine zentrale Rolle im aufgezeigten Risikotransfer, der, wie das
Beispiels Irlands eindrucksvoll zeigt, den Teufelskreis zwischen Banken- und Schuldenkrisen in Gang
setzen kann. Um diese Negativspirale zu durchbrechen, schlagen wir Folgendes vor: Die Erwartung
von Bankenrettungen muss weitestgehend reduziert werden, unvermeidliche Rettungsmaßnahmen
sollen möglichst aus Mitteln der Banken finanziert werden.
Die
Schwierigkeit
der
Umsetzung
dieses
Vorschlags
beruht
auf
dem
existierenden
Zeitinkonsistenzproblem: Aufgrund der enormen Kosten einer systemischen Finanzkrise hat der Staat
den Anreiz, Banken in einer Notlage zu stützen, um Dominoeffekte zu vermeiden. Die Erwartung
einer staatlichen Rettung führt bei den Banken wiederum zu einem Moral-hazard-Problem, das zu
einer übermäßigen Risikoübernahme führt. Auch die Gläubiger der Banken haben aufgrund der
Erwartung einer staatlichen Rettung keinen Anreiz, Kosten aufzuwenden, um das Risikoverhalten der
Banken zu kontrollieren. Die Marktdisziplin ist außer Kraft gesetzt.
Aus staatlicher Sicht ist die Notwendigkeit der Rettung einer Bank dann besonders groß, wenn die
Bank „systemisch“ ist, weil sie z. B. sehr groß oder stark vernetzt ist. 47 In einem solchen Fall sind die
Kosten eines Bankenzusammenbruchs aus gesellschaftlicher Sicht besonders groß. Dies bedeutet aber
auch, dass Banken letztlich einen Anreiz haben, die negativen Auswirkungen ihres Scheiterns zu
maximieren,
da
sie
so
die
Wahrscheinlichkeit
staatlicher
Hilfen
erhöhen
und
ihre
Refinanzierungskosten senken können (Haldane, 2010).
Durch die aktuelle Krise wurde dieses Problem noch deutlich verschärft. In der Krise wurden selbst
kleine Banken wie die IKB als systemisch betrachtet und gerettet. Die dramatischen Effekte der Nicht47
Eine ausführliche Beschreibung des „Too-big-to-fail“-Problems findet sich bei Stern und Feldman (2004).
Seite 38
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Rettung von Lehman Brothers dürften die Überzeugung noch verstärkt haben, dass eine Nicht-Rettung
von Banken verheerende Auswirkungen haben kann und daher gerade in Krisenzeiten nicht zu
empfehlen ist. Daher befinden wir uns nun in einer Situation, in der quasi das gesamte Bankensystem
einer impliziten staatlichen Rettungsgarantie unterliegt – mit entsprechenden Folgen für die
Staatsverschuldung und die Währung im Falle einer Krise.
Die wichtigste Herausforderung besteht daher darin, die Erwartungen staatlicher Rettungsmaßnahmen
zurückzuschrauben.
Der
Sachverständigenrat
zur Begutachtung der
Gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung hat zu diesem Thema ein vielbeachtetes Arbeitspapier veröffentlich, auf dem unsere
Vorschläge bezüglich systemisch relevanter Finanzinstitute beruhen (Doluca, Klüh, Wagner und
Weder di Mauro, 2010). Die erste Säule des Vorschlags sieht eine Lenkungssteuer auf systemische
Risiken vor. Hierzu muss das systemische Risiko eines Instituts quantifiziert werden, wofür es zurzeit
allerdings noch kein allgemein anerkanntes Verfahren gibt. 48 Um den Refinanzierungsvorteil
systemisch relevanter Finanzinstitute zu neutralisieren, müsste der Steuersatz diesen Vorteil gerade
ausgleichen. Schätzungen des Sachverständigenrats (Doluca et al., 2010) und von Haldane (2010)
gehen davon aus, dass der Steuersatz sich in der Größenordnung von 50 Basispunkten bewegen
müsste. Als Bemessungsgrundlage dienen die unversicherten Verbindlichkeiten, da diese potentiell zu
Ansteckungseffekten führen. Bei richtiger Adjustierung des Steuersatzes bestünde für Banken kein
Anreiz mehr, systemrelevant zu werden. 49 Die empirische Evidenz über relativ geringe Skalenerträge
im Finanzsystem (Laeven und Levine, 2005; Kosmidou, Pasiouras, Doumpos und Zopounidis, 2006;
Goisis, Giorgetti, Parravicini, Salsano und Tagliabue, 2009) und die beträchtliche Höhe des
Finanzierungsvorteils systemrelevanter Institute (Baker und McArthur, 2009; Haldane 2010) lässt
darauf schließen, dass nach einer Internalisierung des Refinanzierungsvorteils weniger Banken
existieren würden, die als „too big to fail“ (oder „too systemic to fail“) angesehen werden müssten.
Die Verringerung des systemischen Risikos im Finanzsektor ist ein wesentlicher Bestandteil unserer
Vorschläge zum Durchbrechen der Negativspirale von Banken- und Schuldenkrisen. Für den Fall
einer Schieflage müssen jedoch zusätzliche Vorkehrungen getroffen werden, um das Moral-HazardProblem im Bankensektor abzumildern. Dies führt uns zur zweiten Säule unseres Vorschlags (siehe
Doluca et al., 2010). Die Steuereinnahmen der Lenkungssteuer sollen verwendet werden, um einen
Systemrisiken-Fonds mit Überwachungs-, Interventions- und Abwicklungsrechten zu finanzieren. Da
auch im Finanzsystem Prävention günstiger ist als Reaktion, sollte dem Fonds das Recht auf eine
„Prompt Corrective Action“ eingeräumt werden, um identifizierte Probleme frühzeitig und
kostengünstig zu beheben. Dabei nimmt der Fonds Einfluss auf das Geschäft der betroffenen Bank
und schreibt Maßnahmen vor, wie die Schieflage beseitigt werden kann. Für den Fall, dass eine
Rettung nicht mehr möglich erscheint, muss der Fonds das Recht haben, eine Art Insolvenzverwalter
48
Als Grundlage können statistische Methoden wie der vielbeachtete CoVaR-Ansatz von Adrian und
Brunnermeier (2009), Netzwerkmodelle (Dagli und Kamo, 2009) oder Scoring-Modelle mit deskriptiven
Indikatoren (Doluca et al., 2010) verwendet werden. Letztere haben aufgrund ihrer Einfachheit den Vorteil, dass
sie weniger Interpretations- und Manipulationsspielraum bieten. Zudem sind die für kompliziertere Methoden
benötigten tagesaktuellen Statistiken derzeit noch nicht verfügbar.
49
Die in Deutschland eingeführte Bankensteuer erfüllt diese Forderungen nur in beschränktem Maße, da ihre
Höhe sich nur unzureichend an den systemischen Risiken orientiert.
Seite 39
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
einzusetzen, um die Bank abzuwickeln. Nur wenn eine geregelte Insolvenz auch systemischer
Finanzinstitute ermöglicht wird, kann die Marktdisziplin wiederhergestellt werden und die Übernahme
übermäßiger Risiken im Finanzsystem verhindert werden. Das Risiko tragen in diesem Fall die
Eigenkapitalgeber und die Kreditoren der nachrangigen Verbindlichkeiten (Bail-In). Dies stärkt die
Marktdisziplin, da letztere nun risikoabhängige Zinsaufschläge verlangen werden. Verbindlichkeiten
höherer Senioritäten werden so weitgehend geschützt und das Risiko eines Dominoeffekts verringert.
Die
Einrichtung
eines
Fonds
hat
zudem
den
Vorteil,
dass
Rettungsmaßnahmen
und
Restrukturierungsmaßnahmen zumindest teilweise aus Geldern des Bankensektors finanziert werden
und somit im Krisenfall nicht zu Lasten des Staates gehen. Auch dies leistet einen Beitrag zur
Durchbrechung des Teufelskreises.
Idealerweise würde ein derartiger Vorschlag auf internationaler Ebene implementiert, um
Regulierungsarbitrage zu vermeiden. Auf kurze Sicht erscheint dies jedoch kaum realisierbar, daher
sollte zunächst eine Implementierung auf europäischer Ebene angestrebt werden. Dies würde bereits
einen wesentlichen Beitrag zur langfristigen Stabilisierung der Währung leisten.
Vorschlag 2: Antizyklische Eigenkapitalpuffer einführen
In Kapitel 3 wurden der Mechanismus des Finanzakzelerators und die damit verbundene Prozyklizität
der Kreditvergabe ausführlich beschrieben. In Kapitel 4 wurden diese theoretischen Erkenntnisse
durch die Signifikanz der BIP-Wachstumsvariable beim Erklären der CDS-Spreads bestätigt. Um
diese prozyklischen Effekte abzumildern, sprechen wir uns für die Implementierung antizyklischer
Eigenkapitalpuffer aus. Die Grundidee antizyklischer Kapitalpuffer besteht darin, in Phasen drohender
Überhitzung durch zusätzliche Kapitalanforderungen eine weitere Kreditexpansion zu verhindern und
in Abschwüngen durch reduzierte Kapitalanforderungen Kreditklemmen zu vermeiden. 50
Da die Entscheidung über die Anpassung des antizyklischen Kapitalpuffers nicht auf Ex-post-Daten
(wie z. B. der tatsächlichen Abweichung vom Potentialwachstum) beruhen kann, empfiehlt sich die
Verwendung der Neukreditvergabe an den privaten Sektor, um zu bestimmen, ob sich die Wirtschaft
in einer Aufschwung-, Normal- oder Abschwungphase befindet. Dies ist die gängigste Kennziffer, um
den Verlauf des Konjunkturzyklus zu schätzen, da sie stark vorlaufend ist (Borio und Drehmann,
2009).
Zentral bei der Implementierung eines antizyklischen Puffers ist die ständige Neubewertung der
gegenwärtigen
Kreditsituation
einer
Volkswirtschaft.
Ob
Kreditmengenausweitungen
auf
Produktivitätsfortschritte, Innovationen oder Strukturreformen zurückzuführen sind oder aber erste
Anzeichen einer Überhitzung sind, ist in der Praxis meist nicht mit letzter Sicherheit festzustellen. Es
muss daher eine ständige Neubewertung der makroökonomischen Umgebung stattfinden, die versucht,
permanente und temporäre Schocks zu unterscheiden. Nur so kann sichergestellt werden, dass ein
antizyklischer Kapitalpuffer weder eine Kreditrationierung profitabler Projekte herbeiführt, noch zu
viel Spielraum für das Aufbauen neuer Vermögensblasen lässt.
50
Zum Problem der Prozyklizität der Bankenregulierung siehe Blum und Hellwig (1995) sowie Kashyap und
Stein (2004). Ein aktueller Reformvorschlag findet sich bei Repullo, Saurina und Trucharte (2010).
Seite 40
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Die Notwendigkeit einer antizyklischen Kreditvergabe ist inzwischen allgemein anerkannt. So sehen
auch die neuen Basel-III-Richtlinien einen antizyklischen Eigenkapitalpuffer vor (Bank für
Internationalen Zahlungsausgleich, 2010). Dessen Bandbreite soll 0 bis 2,5% zusätzliches hartes
Kernkapital betragen. Zur Beurteilung eines solchen Puffers hat der Basler Ausschuss für
Bankenaufsicht eine Simulation durchgeführt. Diese zeigt, dass in der gegenwärtigen Finanzkrise
Schweizer Banken frühzeitig verpflichtet worden wären, rund 1,5% mehr hartes Kernkapital zu halten
(Neue Zürcher Zeitung, 2011). Diese Puffer hätten die Kreditexpansion vor der Krise durch stärkere
Unterlegung abgemildert, die durch die Finanzkrise ausgelöste Kontraktion durch eine höhere
Kreditvergabe gedämpft und durch größere interne Eigenkapitalpuffer die Verlusttragfähigkeit der
Institute erhöht. Dies hätte die Krise zwar nicht verhindern können, es hätte die benötigten staatlichen
Stützungsmaßnahmen jedoch infolge größerer interner Puffer deutlich verringert. Der antizyklische
Kapitalpuffer hätte somit dazu beigetragen, den Kreislauf zwischen Banken- und Schuldenkrisen zu
durchbrechen. 51
Daher begrüßen wir die Implementierung antizyklischer Eigenkapitalpuffer im Basel-III-Regelwerk.
Das vorgeschlagene Reformtempo ist jedoch nicht ausreichend. Der Einführungszeitpunkt des
antizyklischen Puffers wird 2016 mit maximal 0,625% zusätzlichem harten Kernkapital erwartet, erst
2019 soll der Maximalwert von 2,5% gelten (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, 2010). Wir
plädieren für eine schnellere Anpassung der Kapitalanforderungen, um den Aufbau neuer Blasen nach
der Finanzkrise zu verhindern, sowie eine Überprüfung der Bandbreite des Puffers, um eine
hinreichende Wirkung zu gewährleisten.
Vorschlag 3: Staatsanleihen stärker mit Eigenkapital unterlegen
In unserer zweiten Schätzung haben wir aufgezeigt, dass Länderrisiken Rückkopplungseffekte auf den
Finanzsektor haben. Um die Anfälligkeit von Banken gegenüber Länderrisiken zu vermindern,
empfehlen wir eine stärkere Unterlegung von Staatsanleihen mit hartem Kernkapital.
Unter Basel II richtet sich die Risikogewichtung der Staatsanleihen nach ihrem Rating. Anleihen
höchster Güte müssen gar nicht mit Eigenkapital unterlegt werden, Staatsanleihen mit schlechterem
Rating nur in relativ geringem Maße.52 Diese im Vergleich zu anderen Aktiva geringe Unterlegung
wird durch das relativ geringe statistische Ausfallrisiko gerechtfertigt. Hier stellt sich zunächst die
Frage, ob diese Einschätzung angesichts der aktuellen Ereignisse aufrechterhalten werden kann. Dies
wird natürlich auch davon abhängen, in welchem Maße zukünftig Umschuldungen von Staatsanleihen
möglich sein werden. 53 Außerdem könnte die Existenz des beschriebenen Teufelskreises zusätzliche
Eigenkapitalpuffer rechtfertigen. Durch die implizite Verteuerung der Staatsanleihen aus Sicht der
Banken würde es für diese unattraktiver, Staatsanleihen zu halten, wodurch dieser Wirkungskanal von
Schulden- zu Bankenkrisen abgeschwächt würde.
51
Nach Berechnungen der Bundesbank kann die Aufstockung der Kapitalpuffer weitestgehend durch
einbehaltene Gewinne geschehen (Deutsche Bundesbank, 2010c).
52
Die Risikogewichtungen können der Solvabilitätsverordnung (Fassung vom 5. Oktober 2010) entnommen
werden.
53
Vergleiche hierzu Vorschlag 6.
Seite 41
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Vorschlag 4: Risikoungewichtete Mindesteigenkapitalanforderungen vorsehen
Manche Beobachter sehen eine fein kalibrierte Eigenkapitalregulierung inzwischen kritisch (siehe
Admati, DeMarzo, Hellwig und Pfleiderer, 2010; Wissenschaftlicher Beirat, 2010). Die aktuelle Krise
lässt den Schluss zu, dass ein solches Regulierungsmodell es den Finanzinstituten ermöglicht hat, die
faktischen Eigenkapitalanforderungen zu reduzieren. Daher ist in Basel III mit der „Leverage Ratio“
eine
Kennzahl
vorgesehen,
die
sehr
viel
weniger
Interpretationsspielraum
und
Manipulationsmöglichkeiten lässt als das bisherige Regulierungssystem (Bank für Internationalen
Zahlungsausgleich, 2010). Die Leverage Ratio bezeichnet das Verhältnis von hartem Kernkapital zur
Bilanzsumme einer Institution, sie ist also ein risikoungewichtetes Maß.
Wir begrüßen auch diese Maßnahme aus dem Katalog der Basel-III-Maßnahmen, da sie einen
Mindestkapitalpuffer gewährleistet und so wesentlich zur Stabilisierung des Finanzsystems beitragen
kann. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die geplante Größenordnung der Leverage Ratio von 3%
effektiv die Stabilität des Finanzsystems erhöhen kann. Einige Wissenschaftler fordern inzwischen
eine deutliche Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen von Banken, um die Anreize im
Bankensystem zu verbessern und die Puffer zu vergrößern (Wissenschaftlicher Beirat, 2010; Admati
et al., 2010). Vor allem aus dem Finanzsektor hört man jedoch kritische Stimmen gegenüber
verstärkten Kapitalanforderungen, weil diese die Kreditversorgung der Wirtschaft in Frage stellen
würden. Wir teilen diese Befürchtungen nicht und schließen uns weitgehend der Sichtweise von
Admati et al. (2010) an, dass ein Rückgang der Kreditversorgung keineswegs zwingend ist und dass
die Nutzen höherer Eigenkapitalquoten deren Kosten mit großer Wahrscheinlichkeit übersteigen.
Durch die höheren Eigenkapitalanforderungen wird der Umfang erforderlicher staatlicher
Rettungsmaßnahmen geschmälert, weil die bankinternen Puffer erhöht werden, wodurch einer der
Kanäle von Banken- zu Schuldenkrisen abgeschwächt wird. Gleichzeitig verringert sich die
Prozyklizität der Kreditvergabe durch erhöhte Eigenkapitalanforderungen, da eine Reduzierung des
Bankkapitals in einer Rezession dann eine geringere Bilanzverkürzung erzwingt (siehe hierzu
Wissenschaftlicher Beirat, 2010; Meh und Moran, 2010). Also wird auch der zweite Kanal
(Rezession) entschärft.
Die vier genannten Maßnahmen im Bankensystem würden also bereits erheblich dazu beitragen, den
Teufelskreis zwischen Banken- und Schuldenkrisen zu durchbrechen. Wir wollen nun diskutieren,
welche zusätzlichen Maßnahmen auf Staatenebene erforderlich sind.
5.2 Reformen auf Staatenebene
Die nun folgenden Vorschläge zielen darauf ab, die Staaten zu stabilisieren und so die in Schätzung 2
aufgezeigten Rückkopplungen von Länderrisiken in den Finanzsektor zu unterbinden. Die
Stabilisierung der Staatsfinanzen impliziert hierbei gleichzeitig eine Stabilisierung der Europäischen
Gemeinschaftswährung.
Vorschlag 5: Verbindliche Schuldenbremsen im gesamten Euroraum einführen
Unser erster Vorschlag sieht vor, verbindliche Schuldenbremsen in den Verfassungen aller
Mitgliedsstaaten zu verankern. Bereits vor den staatlichen Rettungsmaßnahmen in der Finanzkrise
Seite 42
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
litten viele Mitgliedsstaaten der Europäischen Währungsunion trotz der Vorgaben des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes unter einer hohen Schuldenlast. In den letzten beiden Jahren ist diese Last jedoch
nochmals erheblich angestiegen und engt durch die damit verbundenen Zinszahlungen die
Handlungsspielräume der Regierungen immer weiter ein. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass in den
nächsten Monaten weitere Rettungsaktionen im Finanzsektor erforderlich sein werden. Das Resultat
sind immer weiter steigende Schuldenberge, die den Teufelskreis aus Schulden- und Bankenkrisen
verschärfen. Wie unsere Analyse zeigt, ist dies nicht nur aus nationaler Perspektive ein Problem. Das
Beispiel Griechenlands illustriert, dass es über Ländergrenzen hinweg zu einer Verschärfung des
Teufelskreises gekommen ist. Darüber hinaus schürt die mit den steigenden Schulden einhergehende
Angst vor mittel- und langfristiger Inflationierung der Schulden durch die Europäischen Zentralbank
Sorgen um die mittel- und langfristige Stabilität der Gemeinschaftswährung.
Hier setzt unser erster Vorschlag der Einführung verbindlicher Schuldenbremsen an. Die wesentlichen
Vorteile einer Schuldenbremse bestehen in einer Automatisierung der Prozesse und einer
Einschränkung der diskretionären Spielräume der Regierung. Gleichzeitig hilft eine Schuldenbremse,
die Haushaltsziele innenpolitisch durchzusetzen (Wissenschaftlicher Beirat, 2011). Bei der
Ausgestaltung der Schuldenbremsen sollte sich die Europäische Gemeinschaft an den in Deutschland
bereits beschlossenen und bis 2016 implementierten Richtlinien orientieren. Die deutsche
Schuldenbremse besteht aus zwei Modulen. Das erste Modul orientiert sich an der Goldenen Regel der
Fiskalpolitik. Hiernach sollen die staatlichen Kredite über konjunkturell bedingte Schwankungen
hinaus die öffentlichen Investitionen nicht übersteigen. Das zweite Modul ist eine Ausgabenregel, die
je nach konjunkturellem Umfeld fiskalpolitische Spielräume einräumt. Ein weiteres wichtiges Element
ist ein Ausgleichskonto, das Fehler in der vergangenen Steuerschätzung abfedert und im jeweils
nächsten Haushalt berücksichtigt.
Ein drittes Modul, vorgeschlagen vom Sachverständigenrat, jedoch nicht umgesetzt von der
Bundesregierung,
sind
automatische
Sanktionen.
Das
Hauptproblem
des
momentanen
Sanktionierungsregimes des Maastrichtvertrags ist, dass die potentiellen Strafen Geldzahlungen sind.
Diese verschärfen das Problem unausgeglichener Staatsfinanzen jedoch noch weiter. Somit wären
zielführende Sanktionen wie eine automatische Umsatzsteuer- oder Lohnsteueranpassung sinnvoller.
Bei der Sanktionierung ist außerdem zu beachten, dass sie idealerweise automatisch geschieht. Bei
Verstößen gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt ist derzeit nach einer sog. „Frühwarnung“ ein
„Verfahren wegen übermäßigen Defizits“ vorgesehen. Damit dieses jedoch tatsächlich zu einer
Sanktionierung führt, bedarf es der qualifizierten Mehrheit im Ministerrat.54
Ein kritischer Einwand gegen verbindliche Schuldenbremsen ist die mangelnde Flexibilität in
Krisenzeiten. Zwar versuchen die im ersten Teil vorgeschlagenen Maßnahmen, das Risiko einer
Finanzkrise zu minimieren. Dennoch werden sich Krisen nicht vollständig vermeiden lassen, so dass
staatliche Rettungsmaßnahmen auch in Zukunft erforderlich sein werden. Das Nichteingreifen des
Staates kann in solchen Situationen zu weit höheren Kosten führen als gezielt eingesetzte
54
Trotz zahlreicher Verstöße kam es daher bisher noch nie zu einer Sanktionierung im Rahmen des Stabilitätsund Wachstumspakts, wodurch das Defizitverfahren seine Wirksamkeit einbüßt.
Seite 43
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Rettungsmaßnahmen. Der Teufelskreis zwischen Banken- und Schuldenkrisen würde durch ein
Nichteingreifen des Staates also möglicherweise noch verschärft, weil zwar der erste Kanal
ausgeschaltet würde, der zweite hingegen umso stärker wirken würde. Um für derartige Maßnahmen
Spielräume zu haben, muss die Ausnahme erlaubt sein, in Krisen unter bestimmten strengen
Bedingungen ein höheres Haushaltsdefizit zuzulassen. Momentan sind solche „außergewöhnlichen
Notsituationen“ in der deutschen Schuldenbremse vor allem für Naturkatastrophen vorgesehen. Um im
Notfall einer drohenden Finanzkrise ausreichend Spielraum für staatliche Hilfe zu haben, plädieren
wir für eine Erweiterung dieser außergewöhnlichen Notsituationen um den Fall einer systemischen
Finanzkrise. Um mit solchen Ausnahmeregelungen nicht doch ausufernden Defiziten Tür und Tor zu
öffnen, müssen Regularien geschaffen werden, die einen Missbrauch dieser Klausel verhindern. 55
Vorschlag 6: Implementierung eines Insolvenzrechts für Staaten der Eurozone
Eine Schuldenschranke könnte mittel- und langfristig die Schuldenlast der europäischen Haushalte
reduzieren. In einigen Ländern sind die Schuldenlast und die damit verbundenen Zinsen aber bereits
jetzt so erdrückend, dass selbst bei Durchführung langer schmerzhafter Sparmaßnahmen eine
Konsolidierung fraglich erscheint.
Mögliche Reaktionen auf unhaltbar hohe Schuldenstände bewegen sich zwischen den beiden Extrema
der vollständigen Solidarität und der vollständigen Souveränität. Stark solidarisch geprägte
Vorschläge sehen direkte zwischenstaatliche Finanzhilfen, die Emission sogenannter „Eurobonds“, für
die sämtliche Mitgliedsstaaten gemeinsam haften, oder das Aufkaufen von Staatspapieren durch die
Europäische Zentralbank vor. Das Hauptproblem dieser Maßnahmen besteht in den schlechten
Anreizwirkungen für die betroffenen Länder, vor allem hinsichtlich ihrer Haushaltsdisziplin.
Regierungen mit einer eher laxen Haushaltsdisziplin haben keinen Anreiz, Defizite zurückzuführen, da
ein höherer Schuldenstand nur mit minimal höheren Zinsen einherginge und die Länder die Kosten der
mangelnden Haushaltsdisziplin somit nicht internalisiert hätten. Zweitens besteht bei stark solidarisch
geprägten Lösungen eine Inflationsgefahr, da beispielsweise durch den Aufkauf von Staatsanleihen
bedrohter Schuldnerländer der Anreiz der Zentralbank steigt, diese Schulden zu inflationieren.
Aus diesen Gründen plädieren wir für eine stärker souverän geprägte Lösung übermäßiger
Staatsverschuldung. Ein geordnetes Insolvenzverfahren ist integraler Bestandteil einer solchen
Lösung. Ein zentrales Ziel ist – ähnlich wie beim Bail-in der Bankgläubiger – eine Wiedereinführung
der Marktdisziplin. Allein die Existenz einer Insolvenzordnung sendet das Signal aus, dass eine
Unterstützung eines Landes durch die EU keineswegs gesichert ist (siehe Wissenschaftlicher Beirat,
2011). Die Gläubiger von Staatsanleihen werden somit Risikoprämien verlangen, die von der
Haushaltsdisziplin des Landes abhängen. Dies setzt bei den Regierungen Anreize zu einer soliden
Haushaltsführung.
Ein vielversprechender erster Schritt in diese Richtung ist die von der Eurogruppe vorgeschlagene
Einführung standardisierter und identischer Umschuldungsklauseln („collective action clauses“) in alle
55
Außerplanmäßige Ausgaben bedingt durch außergewöhnliche Notsituationen müssen im deutschen Haushalt
durch eine qualifizierte Mehrheit im Bundestag genehmigt werden (Kommission von Bundestag und Bundesrat
zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, 2009).
Seite 44
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
neu emittierten Anleihen der Mitgliedsländer ab 2013 (Wissenschaftlicher Beirat, 2011). Derartige
Klauseln regeln die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Verhandlungen zwischen dem Land
und seinen Gläubigern. So können beispielsweise eine Verschleppung der Insolvenz (verbunden mit
einem „gambling for resurrection“) oder das Ausnutzen einer Vetoposition durch einen Gläubiger
verhindert werden. Die neuen Regeln könnten von den Investoren bei der Preisbildung der Anleihen
berücksichtigt werden. Auch die Banken könnten das damit verbundene Risiko bei ihren
Anlageentscheidungen berücksichtigen.
Derartige Klauseln sind in den bereits emittierten Staatsanleihen nicht enthalten. Eine Umschuldung
der Anleihen von Griechenland scheint angesichts der erdrückenden Schuldenlast jedoch nahezu
unausweichlich. Die hohen Renditen auf griechische Staatsanleihen machen deutlich, dass dies auch
vom Markt so gesehen wird. Gleichzeitig besteht angesichts des von uns beschriebenen Teufelskreises
die Gefahr, dass eine Umschuldung Griechenlands (und möglicherweise weiterer Länder) die Stabilität
des europäischen Bankensystems erneut gefährden könnte. Daher besteht die Notwendigkeit eines
Übergangsregimes, das die Ziele einer Rückführung der Schulden der betroffenen Länder auf ein
nachhaltiges Niveau und der Vermeidung einer Destabilisierung des Bankensystems angemessen
berücksichtigt (siehe Weder di Mauro und Zettelmeyer, 2010). Dies bedeutet aber auch, dass eine
Umschuldung der existierenden Schulden nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden kann.
5.3 Implikationen für die private Geldanlage
Durch die aufgezeigten Zusammenhänge zwischen der aktuellen Finanzkrise, den Schuldenkrisen
einiger europäischer Länder und deren Auswirkungen auf die Gemeinschaftswährung ergeben sich
weitreichende Konsequenzen für die private Geldanlage deutscher Haushalte. Die Sparquote der
Deutschen hat sich im Verlauf der Krise kaum verändert, die Anlagebedingungen jedoch enorm
(Deutsche Bundesbank, 2011a).
Unsere erste Implikation für die private Geldanlage betrifft die Vermögensdiversifikation. Mangelnde
Diversifikation in privaten Portfolios ist ein weltweites Phänomen, und auch Deutschland bildet hier
keine Ausnahme (siehe hier und im Folgenden Deutsche Bundesbank, 2011b). Einerseits beschränken
sich viele Anleger auf einige wenige Vermögensklassen, und auch innerhalb dieser Vermögensklassen
ist die Diversifikation gering. Bei einer Befragung privater Anleger durch das Sozioökonomische
Panel im Jahr 2006 stellte sich heraus, dass 46% der Haushalte ausschließlich in zwei bis drei
verschiedene Anlageprodukte investiert hatten, jeder fünfte Haushalt hielt gar nur ein einziges
Anlageprodukt. Dies steht im Gegensatz zur klassischen Finanzmarkttheorie, in der rationale Anleger
das gesamte Marktportfolio halten und gemäß ihrer Risikopräferenz mit einem risikolosen Wertpapier
mischen (Capital Asset Pricing Model, Sharpe, 1964).
Viele Portfolios sind zudem zu wenig diversifiziert, da sie überwiegend Wertpapiere aus ihrem
Heimatmarkt halten. Dieser sogenannte „Home Bias“ kann durch höhere Informations- und
Transaktionskosten begründet werden. Empirische Untersuchungen weisen jedoch eindeutig darauf
hin, dass das Ausmaß des Home Bias nicht rational durch derartige vermeintliche Vorteile begründet
Seite 45
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
werden kann (Kilka, 1998).56 Interessanterweise weisen die deskriptiven Statistiken zu den
Anleihebeständen der Banken im Euroraum in Kapitel 4 darauf hin, dass selbst die Banken einem
Home Bias unterliegen, da über die Hälfte der Staatsanleihen gegenüber dem Heimatland gehalten
werden.
Hieraus ergibt sich unsere erste wesentliche Implikation für die private Geldanlage. Gerade in Zeiten
einer erhöhten Unsicherheit über die Risiken verschiedener Anlageformen ist eine breite
Diversifikation des Portfolios wichtig. Dies gilt sowohl für verschiedene Wertpapierklassen wie
Staatsanleihen, Aktien und Fonds als auch – vor allem vor dem Hintergrund der Eurokrise – für
verschiedene Währungen. Durch eine Diversifikation kann das Risiko des Portfolios gesenkt werden,
ohne dadurch zwangsläufig die erwartete Rendite zu reduzieren. Anders ausgedrückt können Anleger
keine zusätzliche Rendite erwarten, wenn sie diversifizierbare Risiken übernehmen.
Die zweite Implikation betrifft das Exposure der deutschen Anleger gegenüber Banken- und
Länderrisiken. Bei den deutschen Anlegern sind vor allem als relativ risikoarm angesehene
Vermögensanlagen wie Sparbücher, Lebensversicherungen und Bausparverträge beliebt; der Großteil
der deutschen Anleger hält keine Aktien oder festverzinslichen Wertpapiere (Deutsche Bundesbank,
2011b, 2011c). Aufgrund der großen Bedeutung von Bankprodukten im Anlegerportfolio sind die
deutschen Anleger in erheblichem Maße Bankrisiken ausgesetzt. Allerdings werden diese weitgehend
durch die Einlagensicherung abgedeckt. Dennoch sollten Einleger sich genau überlegen, bei welcher
Bank sie ihr Geld anlegen, da auch eine Absicherung über die Einlagensicherung nicht zwangsläufig
bedeutet, dass sie ihr Geld jederzeit und in beliebiger Höhe zurückerhalten. Tatsächlich kann die
Entschädigung sich über mehrere Wochen hinziehen.
Im Gegensatz zu den Bankenrisiken scheinen die deutschen Haushalte von Länderrisiken auf den
ersten Blick in weitaus geringerem Maße betroffen zu sein. Aus den oben genannten Zahlen zu den
Beständen an festverzinslichen Wertpapieren kann geschlossen werden, dass die meisten Anleger dem
gestiegenen Länderrisiko im Euroraum nicht unmittelbar ausgesetzt sind. Allerdings müssen auch die
indirekten Beteiligungen beachtet werden, um die tatsächliche Risikostruktur der deutschen Portfolios
zu erkennen. Ein indirekter Effekt besteht über den Kanal der Banken: Wenn die Banken durch
Länderrisiken betroffen werden, schlägt das auch auf die Gläubiger der Banken durch (hier schützt
wiederum teilweise die Einlagensicherung). Auch durch Lebensversicherungen, die traditionell in
erheblichem Maße in Staatsanleihen investieren, steigt das wahre Exposure der deutschen Anleger
gegenüber Länderrisiken weit über das, was ihre primären Bestände an Staatsanleihen vermuten
lassen. Traditionell gelten Staatsanleihen, vor allem solche aus Deutschland, als quasi risikolose
Wertpapiere. Durch die von uns aufgezeigten Kreisläufe zwischen Finanz- und Schuldenkrisen und
der momentanen Entwicklung im Euroraum dürfen jedoch auch Staatsanleihen nicht mehr als
56
In Deutschland ist der Anteil der Aktienbeteiligungen an deutschen Unternehmen an den gesamten
Aktienbeteiligungen zwischen 1991 und 2007 allerdings beträchtlich von 84% auf 59% gesunken, bei
Schuldverschreibungen sank der Anteil von 91% auf 58% (Deutsche Bundesbank, 2011b).
Seite 46
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
ausfallsicher angesehen werden. Neben den Privatanlegern müssen sich auch die institutionellen
Anleger auf die geänderte Situation einstellen. 57
Unsere letzte Implikation für die private Geldanlage betrifft den Einfluss der Inflation. Die Flutung der
Geldmärkte mit Zentralbankliquidität in der aktuellen Krise stellt ein nicht zu unterschätzendes
Inflationsrisiko dar. Auch die staatlichen Rettungsmaßnahmen im Finanzsystem und der resultierende
Schuldenanstieg in vielen Ländern erhöht die mittel- bis langfristige Inflationserwartung.
Unkonventionelle Maßnahmen der Zentralbank wie der Aufkauf von Staatsanleihen verstärken solche
Erwartungen. Tatsächlich mehren sich in jüngerer Zeit die Anzeichen eines verstärkten
Inflationsdrucks. Auch wenn sich die Europäische Zentralbank in den letzten Jahren als Hüterin der
Preisstabilität bewährt hat, muss sie noch zeigen, dass sie den Ausstieg aus der krisenbedingten
geldpolitischen Strategie meistert.
Doch gerade die in Deutschland relativ beliebten festverzinslichen Anlageprodukte sind kein gutes
Instrument, um sich gegen einen Kaufkraftverlust abzusichern. Sie weisen hier massive Nachteile
beispielsweise gegenüber Aktien auf. Die Aktienakzeptanz ist seit dem Platzen der Dotcom-Blase
Anfang des Jahrtausends quasi stetig gesunken, auch im zweiten Halbjahr 2010 setzte sich dieser
Trend fort (Deutsches Aktieninstitut, 2011). So hielten Anfang 2011 lediglich 8,2 Millionen Deutsche
Anteile an Aktien und Aktienfonds. In Hinblick auf diese Entwicklungen raten wir zu einer stärkeren
Berücksichtigung des Inflationsaspektes bei der Geldanlage durch die Beimischung von weniger
inflationsanfälligen Anlageprodukten (z. B. Aktien, Immobilien).
Wachsender Beliebtheit erfreuen sich derzeit auch inflationsgeschützte Anleihen („inflation-linked
bonds“). Diese meist an einen Verbraucherpreisindex gekoppelten Anleihen können verwendet
werden, um sich gegen das Inflationsrisiko abzusichern. Variabel verzinsliche Anleihen, wie z. B.
Floating Rate Notes, stehen den deutschen Anlegern bereits länger zur Verfügung. Sie werden jedoch
den privaten Portfolios nur in sehr geringem Ausmaß beigemischt. Inflation-linked bonds sind zurzeit
jedoch noch mit Vorsicht zu genießen. Empirische Evidenz aus den USA (Lehnert, Andonov und
Bardong, 2009) deutet auf erhebliche Marktineffizienzen hin. Außerdem sind diese Papiere weniger
liquide als nicht-indexierte Anleihen, was gerade in Krisenzeiten von großer Bedeutung sein kann.
Weiterhin würden inflationsindexierte Anleihen in einem durchaus denkbaren Szenario einer Deflation
in der kurzen und mittleren Frist zu einem Kaufkraftverlust der Inhaber führen (Lehnert et al., 2009).
Eine verstärkte Anlage in solchen Anleihen können wir daher nicht empfehlen.
Zusammenfassend lassen sich unsere aus den vergangenen Kapiteln abgeleiteten Implikationen in drei
Bereiche einteilen. Erstens plädieren wir für stabilitätsfördernde Reformen des Finanzsystems, um die
Notwendigkeit von staatlicher Unterstützung zu verringern und prozyklische Effekte einzudämmen.
Diese Reformen umfassen ein Reduzieren der systemischen Relevanz von Banken, die Einführung
antizyklischer Kapitalpuffer, eine stärkere Unterlegung von Staatsanleihen mit regulatorischem
Eigenkapital und die Ergänzung der risikogewichteten Eigenkapitalregulierung durch eine
substantielle risikoungewichtete Leverage ratio. Zweitens plädieren wir für strukturelle Reformen auf
57
Auch im Versicherungsbereich sind möglicherweise regulatorische Änderungen bezüglich der Behandlung
von Staatsanleihen angezeigt.
Seite 47
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
staatlicher Ebene, um die ausufernde Staatsverschuldung zu reduzieren und somit Rückkopplungen
auf das Finanzsystem zu verhindern. Diese Reformen umfassen verbindliche Schuldenbremsen und
die Implementierung eines Insolvenzrechts für Mitgliedsstaaten der europäischen Währungsunion.
Drittens ergeben sich auch für die private Geldanlage weitreichende Konsequenzen im Hinblick auf
den beschriebenen Kreislauf aus Finanz- und Schuldenkrisen. Konkret empfehlen wir eine breite
Diversifikation über verschiedene Anlageklassen, Regionen und Währungen, eine Schärfung des
Bewusstseins für Banken- und Länderrisiken sowie eine stärkere Berücksichtigung des
Inflationsaspektes bei der Anlageentscheidung durch eine Beimischung weniger inflationsanfälliger
Anlageprodukte.
6
Fazit
In dieser Arbeit haben wir gezeigt, dass in der aktuellen Krise im Euroraum ein Teufelskreis zwischen
Banken- und Schuldenkrisen bestand, der wesentlich für die Probleme der Gemeinschaftswährung
verantwortlich ist.
Wir haben fünf Kanäle aufgezeigt, über die Banken- und Schuldenkrisen sich gegenseitig verstärken
können. Zum einen führen staatliche Rettungsmaßnahmen im Finanzsystem zu einem Risikotransfer
von den Banken zum Staat, wodurch sich das Länderrisiko erhöht (Kanal 1). Über
Finanzakzeleratoren wirken sich Probleme im Bankensystem auf die reale Wirtschaft aus und
beeinflussen auch auf diesem Wege das Länderrisiko, da eine Rezession mit fallenden
Steuereinnahmen und steigenden Staatsausgaben (z. B. aufgrund von Konjunkturpaketen) verbunden
ist (Kanal 2). Die gestiegenen Länderrisiken können jedoch auf die Banken zurückfallen. Dies kann
zum einen über Bilanzeffekte erfolgen, wenn Banken in großem Maße Staatsanleihen in ihrem
Portfolio halten (Kanal 3). Zum anderen kann ein erhöhter Schuldenstand die Glaubwürdigkeit
staatlicher Garantien gegenüber dem Bankensystem verringern (Kanal 4). Schließlich sind auch
Schuldenkrisen mit realen Kosten (z. B. in Form einer Rezession) verbunden, die wiederum auf den
Bankensektor zurückwirken (Kanal 5).
Anhand einer Darstellung der Krisenereignisse der vergangenen Jahre haben wir einige dieser Kanäle
bereits illustrieren können. Außerdem haben wir gezeigt, dass die Stabilität des Euro maßgeblich
durch die Finanz- und Schuldenkrisen in Europa beeinflusst wurde.
Im Hauptteil der Arbeit haben wir den Zusammenhang zwischen den Banken- und Schuldenkrisen im
Euroraum ökonometrisch untersucht und getestet, welche der fünf Hypothesen sich bestätigen lassen.
Die Regressionen beruhten auf den CDS-Spreads von Ländern bzw. Banken, die auf verschiedene
makroökonomische und bankspezifische Variablen regressiert wurden.
Die ersten drei Hypothesen (Kanal 1 bis 3) konnten deutlich bestätigt werden. Wir finden einen
signifikanten Einfluss der staatlichen Rettungsprogramme und des Wirtschaftswachstums auf die
CDS-Spreads von Staaten und damit auf das Länderrisiko. Zudem können wir zeigen, dass Banken
aufgrund ihres Exposures gegenüber Staaten risikoreicher eingeschätzt werden, wenn das
Seite 48
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Ausfallrisiko dieser Staaten steigt. Ebenso haben das Wirtschaftswachstum des Landes und die
Rettung Griechenlands einen signifikanten Einfluss auf das Risiko von Banken, was mit der vierten
und fünften Hypothese konsistent ist. Dennoch ist die Evidenz für diese beiden Hypothesen schwächer
als für die ersten drei. Wir können also eine Vielzahl von Kanälen empirisch belegen, die für die
gegenseitige Verstärkung von Banken- und Währungskrisen verantwortlich sind. Das bestehende
Endogenitätsproblem
aufgrund
der
wechselseitigen
Beziehungen
lösen
wir
durch
eine
Instrumentvariablenschätzung und zeigen so, dass unsere Ergebnisse robust sind. Somit können wir
die postulierte fatale Wechselwirkung zwischen den Banken- und Schuldenkrisen in Europa
überzeugend belegen.
Um den Euro zu stabilisieren, muss also dieser Teufelskreis durchbrochen werden. Aus dieser
Erkenntnis leiten wir umfangreiche Regulierungsvorschläge ab, die ein Auseinanderbrechen der
europäischen Währungsgemeinschaft verhindern können. In einem ersten Schritt plädieren wir für eine
Stärkung des Finanzsystems, um dessen Belastungsfähigkeit zu erhöhen. Unsere Vorschläge sehen
eine Reduzierung
des
systemischen Risikos,
ein
Abwicklungsregime
für
angeschlagene
Finanzinstitute, antizyklische Eigenkapitalpuffer, eine stärkere Risikogewichtung von Staatsanleihen
und die Implementierung einer substantiellen, risikoungewichteten Leverage Ratio vor. Die
Implikationen unserer Ergebnisse bleiben jedoch nicht auf die Finanzmarktregulierung beschränkt.
Um die Schuldenproblematik der europäischen Staatshaushalte anzugehen, die den beschriebenen
Teufelskreis weiter angefeuert hat, plädieren wir für die Einführung verbindlicher Schuldenbremsen
im Euroraum und für eine Insolvenzordnung für Mitgliedsstaaten der Europäischen Währungsunion.
Aus unserer Analyse lassen sich einige wichtige Implikationen für die private Geldanlage ableiten.
Wir schlagen insbesondere eine breite Diversifikation über verschiedene Anlageklassen, Regionen und
Währungen, eine stärkere Berücksichtigung von Banken- und Länderrisiken, auch über indirekte
Kanäle, sowie eine Umschichtung der Portfolios hin zu weniger inflationsanfälligen Anlageprodukten
vor.
Der Teufelskreis von Banken- und Schuldenkrisen kann erklären, warum sich die anfängliche
Bankenkrise fast zu einer „Drillingskrise“ – der Kombination einer Banken-, Schulden- und
Währungskrise – ausgewachsen hat. Bislang hat der Euro seine Stabilität bewahren können, und zu
einer echten Währungskrise ist es noch nicht gekommen. Auch wenn sich ein internationaler Konsens
nicht finden lassen sollte, sollten wir unsere europäischen Institutionen reformieren, um auch in
Zukunft von einer stabilen Währung profitieren zu können.
Seite 49
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Literaturverzeichnis
Acharya, V., I. Drechsler und P. Schnabl (2010): „A Pyrrhic Victory? Bank Bailouts and Sovereign
Credit Risk“, Working Paper, Stern School of Business, New York University.
Admati, A.R., P.M. DeMarzo, M.F. Hellwig und P. Pfleiderer (2010): „Fallacies, Irrelevant Facts, and
Myths in the Discussion of Capital Regulation: Why Bank Equity is not Expensive“, Stanford GSB
Research Paper #2063.
Adrian, T. und M. Brunnermeier (2009): „CoVaR“, Federal Reserve Bank of New York Staff Report,
348.
Arghyrou, M.G. und A. Kontonikas (2010): „The EMU Sovereign-Debt Crisis: Fundamentals,
Expectations and Contagion“, Cardiff Economics Working Paper #E2010/9.
Arghyrou, M.G. und J.D. Tsoukalas (2011): „The Greek Debt Crisis: Likely Causes, Mechanics and
Outcomes“, World Economy, 34(2), 173-191.
Arteta, C. und G. Hale (2008): „Sovereign Debt Crises and Credit to the Private Sector“, Journal of
International Economics, 74, 53–69.
Attinasi, M., C. Checherita und C. Nickel (2009): „What Explains the Surge in Euro Area Sovereign
Spreads during the Financial Crisis of 2007-09“, European Central Bank Working Paper #1131.
Avdjiev, S., C. Upper und N. Vause (2010): „Trends im internationalen Bankgeschäft und an den
internationalen Finanzmärkten“, Bank for International Settlements Quarterly Review, Juni 2010.
Baker, D. und T. McArthur (2009): „The Value of the ‛Too Big to Fail’ Big Bank Subsidy“, Center for
Economic and Policy Research, Issue Brief, September 2009.
Banco de Portugal (2010): Financial Stability Report. Lissabon, November 2010.
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (2010): „Basel III: A Global Regulatory Framework for
more Resilient Banks and Banking Systems“, Basel Committee on Banking Supervision.
Bernanke, B. (1983): „Non-Monetary Effects of the Financial Crisis in the Propagation of the Great
Depression“, American Economic Review, 73(3), 257-276.
Bernanke, B. (2007): „The Financial Accelerator and the Credit Channel“, Speech at „The Credit
Channel of Monetary Policy in the Twenty-first Century“ Conference, Federal Reserve Bank of
Atlanta,
Georgia.
Zugriff
am
16.01.2011
unter
http://www.federalreserve.gov/newsevents/
speech/bernanke20070615a.htm.
Bernanke, B. (2008): „Reducing systemic risk“, Speech at the Federal Reserve Bank of Kansas City´s
Annual
Economic
Symposium,
22.08.2008.
Zugriff
am
25.01.2011
unter
http://www.federalreserve.gov/newsevents/speech/bernanke20080822a.htm.
Seite 50
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Bernanke, B. und M. Gertler (1989): „Agency Costs, Net Worth, and Business Fluctuations“,
American Economic Review, 79(1), 14-31.
Bernanke, B. und M. Gertler (1990): „Financial Fragility and Economic Performance“, Quarterly
Journal of Economics, 87-114.
Blum, J. und M. Hellwig (1995): „The Macroeconomic Implications of Capital Adequacy
Requirements for Banks“, European Economic Review, 39(3-4), 739-749.
Bondt, G., A. Maddaloni, J. Peydro und S. Scopel (2010): „The Euro Area Bank Lending Survey
Matters – Empirical Evidence for Credit and Output Growth“, European Central Bank Working Paper
#1160.
Borensztein, E. und U. Panizza (2008): „The Costs of Sovereign Default“, International Monetary
Fund Working Paper #08/238.
Borio, C. und Drehmann, M. (2009): „Assessing the Risk of Banking Crises - Revisited“, Bank for
International Settlements Quarterly Review, März 2009, 29-46.
Brunnermeier, M.K. (2009): „Deciphering the Liquidity and Credit Crunch 2007–2008“, Journal of
Economic Perspectives, 23(1), 77-100.
Buldorini, L., S. Makrydakis und C. Thimann (2002): „The Effective Exchange Rates of the Euro“,
European Central Bank Occasional Paper #2.
Bulow, J. und K. Rogoff (1989a): „Sovereign Debt: Is to Forgive to Forget?“, American Economic
Review, 79, 43-50.
Bulow, J. und K. Rogoff (1989b): „A Constant Recontracting Model of Sovereign Debt“, Journal of
Political Economy, 97(1), 155-178.
Bundesanstalt für Finanzaufsicht (2010): „BaFin stellt klar: Bislang keine Anhaltspunkte für massive
Spekulation
gegen
griechische
Anleihen“.
Zugriff
am
04.02.2011
unter
http://www.bafin.de/SharedDocs/Mitteilungen/DE/Service/PM__2010/pm__100308__
cds__spekulationen.html.
Cameron, C.A., J. Gelbach und D.L. Miller (2006): „Bootstrap-Based Improvements for Inference
with Clustered Errors“, Review of Economics and Statistics, 90(3), 414-427.
Caner, M., T. Grennes und F. Koehler-Geib (2010): „Finding the Tipping Point - When Sovereign
Debt Turns Bad“, Policy Research Working Paper #5391, World Bank.
Chang, R. und A. Velasco (2000): „Financial Fragility and the Exchange Rate Regime“, Journal of
Economic Theory, 92(1), 1-34.
Seite 51
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Checherita, C. und P. Rother (2010): „The Impact of High and Growing Government Debt on
Economic Growth: An Empirical Investigation for the Euro Area“, European Central Bank Working
Paper #1237.
Ciccarelli, M., A. Maddaloni und J. Peydro (2010): „Trusting the Bankers – A New Look at the Credit
Channel of Monetary Policy“, European Central Bank Working Paper #1228.
Dagli, C. und T. Kamo (2009): „Hybrid approach to the Japanese candlestick method for financial
forecasting“, Expert Systems with Applications: An International Journal, 36(3), 5023-5030.
Das, U.S., M.G. Papaionannou und C. Trebesch (2010): „Sovereign Default Risk and Private Sector
Access to Capital in Emerging Markets“, International Monetary Fund Working Paper #10/10.
Deutsche
Bundesbank
(2004):
„Credit
Default
Swaps
–
Funktionen,
Bedeutung
und
Informationsgehalt“, Monatsbericht Dezember 2004, 43-58. Frankfurt am Main.
Deutsche Bundesbank (2009): „Chronik der Finanzkrise“, Finanzstabilitätsbericht 2009, 107-111.
Frankfurt am Main.
Deutsche Bundesbank (2010a): „Deutschland in der Finanz- und Wirtschaftskrise“, Monatsbericht
Oktober 2010, 15-47. Frankfurt am Main.
Deutsche Bundesbank (2010b): „Entwicklung, Aussagekraft und Regulierung des Marktes für
Kreditausfall-Swaps“, Monatsbericht Dezember 2010, 47-64. Frankfurt am Main.
Deutsche Bundesbank (2010c): „Basel III wichtigster Baustein für robustere Finanzinstitute“,
Finanzstabilitätsbericht 2010, 108-121. Frankfurt am Main.
Deutsche Bundesbank (2011a): Saisonbereinigte Wirtschaftszahlen. Zugriff am 13.02.2011 unter
http://www.bundesbank.de/download/statistik/saisonbwirt/i422.pdf.
Deutsche Bundesbank (2011b): „Anlegerverhalten in Theorie und Praxis“, Monatsbericht Januar,
45-58. Frankfurt am Main.
Deutsche Bundesbank (2011c): Geldvermögen und Verbindlichkeiten privater Haushalte. Zugriff am
28.01.2011
unter
http://www.bundesbank.de/download/statistik/finanzierungsrechnung/
geldvermoegen_1991_2009.xls
Deutsches Aktieninstitut (2011): „Deutlich weniger Aktienbesitzer in 2010“, DAI-Kurzstudie
#1/2011.
Diaz-Alejandro, C. (1985): „Goodbye Financial Repression, Hello Financial Crash“, Journal of
Development Economics, 19(1-2), 1-24.
Seite 52
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Doluca, H., U. Klüh, M. Wagner und B. Weder di Mauro (2010): „Reducing Systemic Relevance: A
Proposal“, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Working
Paper #4/2010.
Eaton, J. und M. Gersovitz (1981): „Debt with Potential Repudiation: Theoretical and Empirical
Analysis“, Review of Economic Studies, 48(2), 289–309.
Eichengreen, B. und A. Rose (1999): „The Empirics of Currency and Banking Crises“, National
Bureau of Economic Research Reporter, Winter 1999.
Ejsing, J.W. und W. Lemke (2009): „The Janus-Headed Salvation – Sovereign and Bank Credit Risk
Premia during 2008-09“, European Central Bank Working Paper #1127.
Europäische Kommission (2010): „Report on Greek Government Deficit and Debt Statistics“, Januar
2010. Brüssel.
Europäische Zentralbank (2009): „Internationale Themen“, Jahresbericht 2008, 196-199. Frankfurt am
Main.
Europäische Zentralbank (2010a): „Economic Situation of the Government Sector“, Financial Stability
Review, Dezember 2010, 53-62. Frankfurt am Main.
Europäische Zentralbank (2010b): „The Euro Area Banking Sector“, Financial Stability Review, June
2010, 83-109. Frankfurt am Main.
Europäische Zentralbank (2011): Daily Nominal Effective Exchange Rate of the Euro. Zugriff am
25.01.2011 unter http://www.ecb.europa.eu/stats/exchange/effective/ html/index.en.html.
Europäischer Rat (2010): Pressemitteilung am 9./10. Mai 2010. Zugriff am 10.01.2011 unter
http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/en/ecofin/114324.pdf.
European Central Bank Statistical Data Warehouse (2011): EXR Effective Exchange Rates. Zugriff
am 30.01.2011 unter http://sdw.ecb.europa.eu/browseExplanation.do?node=2018795
Financial Times Deutschland (2010): „Griechenland begeistert mit Super-Rendite“, 25.01.2010.
Flood, R. und P. Garber (1984): „Collapsing Exchange Rate Regimes: Some Linear Examples“,
Journal of International Economics, 17, 1–13.
Frankfurter Allgemeine Zeitung (2010a): „So spekuliert man gegen Griechenland“, 08.03.2010.
Frankfurter Allgemeine Zeitung (2010b): „Keltische Tiger in Not“, 23.02.2010.
Frydl, E.J. (1999): „The Length and Costs of Banking Crises“, International Monetary Fund Working
Paper #99/30.
Seite 53
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Goisis, G., M. Giorgetti, P. Parravicini, F. Salsano und G. Tagliabue (2009): „Economies of scale and
scope in the European banking sector“, International Review of Economics, 56(3), 227-242.
Görgens, E., K. Ruckriegel und F. Seitz (2008): Europäische Geldpolitik – Theorie, Empirie, Praxis, 5.
Auflage. Stuttgart: Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft.
Guillén, M.F. (2009): „The Global Economic & Financial Crisis: A Timeline“, The Lauder Institute University of Pennsylvania. Zugriff am 20.01.2011 unter http://lauder.wharton.upenn.edu/pages/pdf/
Chronology_Economic_Financial_Crisis.pdf
Haldane, A. (2010): „The $100 Billion Question“, Speech at the Institution of Regulation & Risk.
Zugriff am 10.02.2011 unter http : //www.bis.org/review/r100406d.pdf.
Hellwig M. (2009): „Systemic Risk in the Financial Sector: An Analysis of the Subprime-Mortgage
Financial Crisis“, De Economist, 157(2), 129-207.
Honohan, P. (2009): „Resolving Ireland´s Banking Crisis“, Economic and Social Review, 40, 207231.
Honohan, P., D. Donovan, P. Gorecki und R. Mottiar (2010): „The Irish Banking Crisis: Regulatory
and Financial Stability Policy“,MPRA Paper #24896, Central Bank of Ireland.
Honohan, P. und D. Klingebiel (2000): „Controlling the Fiscal Costs of Banking Crises“, Policy
Research Working Paper #2441, World Bank.
Internationaler Währungsfonds (2009): „How Did Things Get So Bad, So Fast?“, World Economic
Outlook, Update April 2009. Washington, D.C.
Internationaler Währungsfonds (2010a): „Navigating the Fiscal Challenges Ahead“, Fiscal Monitor,
Mai 2010. Washington, D.C.
Internationaler Währungsfonds (2010b): „Meeting New Challenges to Stability and Building a Safer
System“, Global Financial Stability Report, April 2010. Washington, D.C.
Issing, O. (1999): „Der Euro und seine Stabilität – Konsequenzen für die Finanzpolitik“, Rede
anlässlich des Finanzpolitischen Kongresses am 24.03.1999 in Frankfurt/Main, Deutsche Bundesbank,
Auszüge aus Presseartikeln, 19, 10-16.
Kaminsky, G.L. und C.M. Reinhart (1999): „The Causes of Banking and Balance-Of-Payments
Problems“, American Economic Review, 89(3), 473-500.
Kashyap, A. und J. Stein (2004): „Cyclical Implications of Basel II Capital Standards“, Federal
Reserve Bank of Chicago, Economic Perspectives, 1st Quarter, 18-31.
Seite 54
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Kilka,
M.
(1998):
„Internationale Diversifikation
von
Aktienportfolios:
Home
Bias
in
Kurserwartungen und Präferenzen“, in Europäische Hochschulschriften, Reihe 5: Volks- und
Betriebswirtschaft, Bd. 2323. Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag.
Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen
(2009): „Beschlüsse der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der BundLänder-Finanzbeziehungen“. Zugriff am 10.02.2011 unter http://www.cio.bund.de/SharedDocs/
Publikationen/DE/Ueber_uns/it_planungsrat_beschlüsse_download.pdf?__blob=publicationFile.
Kosmidou, K., F. Pasiouras, M. Doumpos und C. Zopounidis (2006): „Assessing Performance Factors
in the UK Banking Sector: A Multicriteria Methodology“, Springer Central European Journal of
Operations Research, 14(1), 25-44.
Krugman, P. (1979): „A Model of Balance of Payments Crises“, Journal of Money, Credit and
Banking, 11, 311-325.
Krugman, P. (1999): „Balance Sheets, the Transfer Problem, and Financial Crises“, International Tax
and Public Finance, 6(4), 459-472.
Kumar, M.S. und J. Wo (2010): „Public Debt and Growth“, International Monetary Fund Working
Paper #10/174.
Laeven, L. und R. Levine (2005): „Is there a Diversification Discount in Financial Conglomerates?“,
Journal of Financial Economics, 85, 331-367.
Laeven, L. und F. Valencia (2010): „Resolution of Banking Crises: The Good, the Bad, and the Ugly“,
International Monetary Fund Working Paper #10/146.
Lehnert T., A. Andonov und F. Bardong (2009): „TIPS, Inflation Expectations and the Financial
Crisis“, Luxembourg School of Finance Research Working Paper #09-09.
Martins, L., J. Pereira und P. Pires (2010): „The Complete Picture of Credit Default Swap Spreads - a
Quantile Regression Approach“, Working Paper, verfügbar bei SSRN unter http://ssrn.com/
abstract=1125265.
Mayordomo, S., J. Pena und E. Schwartz (2010): „Are all Credit Default Swap Databases equal?“,
National Bureau of Economic Research Working Paper #16590.
Meh, C. und K. Moran (2010): „The Role of Bank Capital in the Propagation of Shocks“, Journal of
Economic Dynamics and Control, 34(3), 555-576.
Mock, M. und R. Kappius (2009): „Verlauf der Finanzkrise – Entstehungsgründe, Verlauf und
Gegenmaßnahmen“, Deutscher Bundestag/wissenschaftliche Dienste. Zugriff am 20.01.2011 unter
http://www.ags-hamburg-mitte.de/pdf/Wirtschafts_und_Finanzkrise.pdf.
Seite 55
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Mody, A. (2009): „From Bear Stearns to Anglo Irish: How Eurozone Sovereign Spreads Related to
Financial Sector Vulnerability“, International Monetary Fund Working Paper #09/108.
Neue Zürcher Zeitung (2011): „Regulatoren wollen antizyklische Puffer zur Krisenprävention“,
22.02.2011.
O'Kane, D. und S. Turnbull (2003): „Valuation of Credit Default Swaps“, Fixed Income Quantitative
Credit Research, April 2003, Lehman Brothers.
Reinhart, C.M. (2002): „Default, Currency Crises, and Sovereign Credit Ratings“, World Bank
Economic Review, 16(2), 151-170.
Reinhart, C.M. und K.S. Rogoff (2009a): This Time Is Different: Eight Centuries of Financial Folly.
Princeton University Press: New Jersey.
Reinhart, C.M. und K.S. Rogoff (2009b): „The Aftermath of Financial Crises“, American Economic
Review: Papers & Proceedings, 99(2), 466-472.
Reinhart, C.M. und K.S. Rogoff (2010a): „From Financial Crash to Debt Crisis“, National Bureau of
Economic Research Working Paper #15795.
Reinhart, C.M. und K.S. Rogoff (2010b): „Growth in the time of debt“, American Economic Review:
Papers & Proceedings, 100(2), 573-578.
Repullo, R., J. Saurina und C. Trucharte (2010): „Mitigating the Pro-Cyclicality of Basel II“,
Economic Policy, 25, 659-702.
Schneider, M. und A. Tornell, (2004): „Balance Sheet Effects, Bailout Guarantees and Financial
Crises“, Review of Economic Studies, 71, 883-913.
Sgherri, S. und E. Zoli (2009): „Euro Area Sovereign Risk During the Crisis“, International Monetary
Fund Working Paper #09/222.
Sharpe, W. (1964): „Capital Asset Prices: A Theory of Market Equilibrium under Conditions of Risk“,
Journal of Finance, 19(3), 425-442.
Solvabilitätsverordnung: „Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten,
Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen“, Fassung vom 05.10.2010.
Staiger, D. und J.H. Stock (1997): „Instrumental Variables Regressions with Weak Instruments“,
Econometrica, 65(3), 557–586.
Stern, G.H. und R.J. Feldman (2004): Too Big to Fail. The Hazards of Bank Bail-Outs. Washington,
D.C.: The Brookings Institution.
Seite 56
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Tagesschau.de (2011): „Die Chronologie der Krise - Von Bear Stearns bis zum Rettungsschirm“.
Zugriff am 24.01.2011 unter: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/chronologiefinanzmarktkrise
100.html.
Tieman, A.F. und A.M. Maechler (2010): „The Real Effects of Financial Sector Risk“, International
Monetary Fund Working Paper #09/198.
Velasco, A. (1987): „Financial Crises and Balance of Payment Crises: A Simple Model of the
Southern Cone Experience“, Journal of Development Economics, 27(1-2), 263-283.
Wall Street Journal (2010): „Portugal Faces Investor Scrutiny“, 15.11.2010.
Weder di Mauro, B. und J. Zettelmeyer (2011): „Ein wirksamer europäischer Krisenmechanismus“,
Neue Zürcher Zeitung, 15.12.2010.
Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2010): Reform
von Bankenregulierung und Bankenaufsicht nach der Finanzkrise. Gutachten 03/10, Berlin.
Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2011):
Überschuldung und Staatsinsolvenz in der Europäischen Union. Gutachten 01/11, Berlin.
Seite 57
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Anhang
Anhang 1: Umrechnung der Ratings in numerische Werte
"Long term issuer Rating"
(Rating des Staates)
Long term issuer
Rating
Umrechnung
Aaa
Aa1
Aa2
Aa3
A1
A2
A3
Baa1
Baa2
Baa3
Ba1
Ba2
Ba3
B1
B2
B3
Caa1
Caa2
Caa3
Ca
C
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
"Bank financial strength Rating"
(Bankenratings)
Bank financial
strength Rating
Umrechnung
A
AB+
B
BC+
C
CD+
D
DE+
E
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
Quelle der Ratings: Moody's (www.moodys.com)
Seite I
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Anhang 2: Datenquellen und Datenbeschreibung
Seite II
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Anhang 3: Bailoutvolumina
Land
Datum
Kumuliertes Volumen
(in Millarden Euro)
Belgien
29.09.2008
05.10.2008
12.11.2008
19.11.2008
27.11.2008
4,7
8,7
158,7
251,5
255,2
Deutschland
30.09.2008
14.10.2008
14.12.2008
17.12.2008
19.12.2008
02.04.2009
22.04.2009
29.04.2009
13.10.2009
11.11.2009
39,0
515,0
529,8
534,8
545,2
565,2
575,2
588,2
591,2
592,2
Finnland
11.11.2008
29.05.2009
50,0
54,0
Frankreich
28.10.2008
19.11.2008
03.12.2008
19.01.2008
21.01.2008
13.04.2009
265,0
320,3
341,3
341,8
343,5
346,0
Griechenland
07.11.2008
06.05.2010
18.06.2010
22.07.2010
28,0
43,0
68,0
78,0
Irland
13.10.2008
08.01.2009
11.02.2009
10.03.2009
12.06.2009
15.06.2009
31.03.2010
10.08.2010
376,0
377,5
381,0
384,5
696,1
700,1
713,3
723,3
Italien
18.12.2008
20,0
Niederlande
29.09.2008
21.10.2008
22.10.2008
12.11.2008
25.11.2008
15.03.2009
17.07.2009
14.01.2010
05.02.2010
4,0
204,0
214,0
217,0
217,8
240,5
243,8
248,2
334,3
Österreich
06.11.2008
07.04.2009
19.11.2009
17.12.2009
90,0
90,1
91,1
91,7
Portugal
12.10.2008
05.12.2008
20,0
20,5
Slovakei
01.07.2009
3,5
Slovenien
16.12.2008
12,0
Spanien
13.10.2008
19.01.2010
250,0
334,3
Zypern
09.09.2009
3,0
Das kumulierte Volumen erhöht sich mit jeder weiteren Anmeldung von finanziellen Unterstützungen eines Staates an den inländischen Finanzsektor bei der
Europäischen Kommission. Die Daten stammen aus der "State Aid Control" der Europäischen Union (http://ec.europa.eu/competition/state_aid/register/). Die jeweiligen
Volumina der finanziellen Unterstützungen entsprechen den in den Dokumenten zu dem jeweilgen Fall angegebenen Summen. Eine Aufstellung der Europäischen Union
zeigt teilweise geringe Abweichungen zu diesen Zahlen (http://ec.europa.eu/competition/state_aid/studies_reports/expenditure.html#3), da in unserer Schätzung nur
Volumina verwendet wurden, die anhand des Anzeigers der "State Aid Control" einem Datum zugeordnet werden konnten.
Seite III
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Anhang 4: Deskriptive Statistiken der ersten Schätzung
Variable
N
Mittelwert
Std.abw.
Minimum
Maximum
Einheit
CDS-Spread Land
518
63,20
76,83
1,32
818,86
Bp
Bailoutdummy
518
0,52
0,50
0
1
-
Bailoutratio
518
32,30
86,44
0
528,74
Prozent
Bailoutratio exkl. Irland
518
15,71
22,83
0
93,41
Prozent
Bailoutratio Irland
518
17,49
87,63
0
528,74
Prozent
BIP-Wachstum
518
-0,14
4,01
-9,67
13,13
Prozent
Schuldenquote
518
63,91
27,35
22,50
132,90
Prozent
Länderrating
518
2,35
1,57
1
11
-
BIP des Quartals
518
135.741
165.645
3.064
576.881
Mio. €
BIP (annualisiert)
518
544.064
663.060
12.516
2.287.725
Mio. €
Bailoutvolumen
518
99.108
175.579
0
713.256
Mio. €
Deskriptive Statistiken für den Zeitraum Juni 2007 bis Juni 2010 und die 14 in der Schätzung enthaltenen
Euroländer. CDS-Spread Staat ist der Monatsmittelwert, die Schuldenquote und die BIP-Variablen sind
Quartalsdaten, die Variable BIP (annualisiert) ist die Summe der letzten vier Quartals-BIP. BIP-Wachstum ist das
Wachstum des Quartals-BIP im Vergleich zum Vorjahresquartal. Bailoutdummy, -volumen und das Rating sind
der Modus des jeweiligen Monats.
Seite IV
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Anhang 5: Deskriptive Statistiken der zweiten Schätzung
Variablen
N
Mittelwert Std.abw. Minimum
Maximum
Einheit
CDS-Spread Bank
7558
190,73
156,30
49,08
1.040,08
Bp
Exposure Inland
7561
165,87
266,53
3,08
2.549,42
-
Exposure Ausland
7561
95,60
93,20
0,53
485,27
-
BIP-Wachstum
7561
0,68
2,53
-6,10
4,30
Prozent
Schuldenquote
7561
81,47
23,47
53,20
140,10
Prozent
Bank Financial Strength Rating
7561
7,60
2,04
3
12
-
Bid-Ask-Spread der Bank-CDS
7561
14,47
11,85
1
100
Bp
Bilanzsumme
7561
434.985
478.929
32.325
Griechenlandrettung gr. Banken
7561
0,04
0,19
0
1
-
Griechenlandrettung ausl. Banken 7561
0,41
0,49
0
1
-
Bid-Ask-Spread der Staats-CDS
7561
5,93
5,94
1,30
49,72
Bp
Nominalexposure ggü. Inland
7561
18.269
17.802
953
64.029
Mio. €
Nominalexposure ggü. Ausland
7561
13.289
16.641
38
77.489
Mio. €
Tier-1-Kapital der Bank
7561
17.185
16.291
1.974
62.910
Mio. €
CDS-Spread Staat
7561
128,80
145,63
19,51
979,45
Bp
2.057.698 Mio. €
Deskriptive Statistiken für den Zeitraum 30.10.2009 - 19.8.2010 und die 38 in die Schätzung einbezogenen Banken.
Das BIP-Wachstum bezieht sich auf das Vorjahresquartal. Die Exposures datieren auf den 31.3.2010. Das Tier-1Kapital und die Bilanzsumme wurden am 31.12.2009 gemessen. Die Variablen Exposure Inland und Exposure
Ausland bestehen aus Nominalexposure gegenüber dem Staat * CDS-Spread Staat / Tier-1-Kapital, wobei das
Exposure Ausland aus den aufsummierten gewichteten Nominalexposures der ausländischen Staaten / Tier-1Kapital besteht.
Seite V
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011
Anhang 6: Nominaler effektiver Wechselkurs
Der nominale effektive Wechselkurs (nominal effective exchange rate, NEER) ist definiert als der
durchschnittliche Wechselkurs der Inlandswährung gegenüber einem Korb von ausgewählten Fremdwährungen.
Er gibt somit den Außenwert einer Währung an, und ist gegen Schwankungen von einzelnen Wechselkursen
robuster als rein bilaterale Wechselkurse (European Central Bank Statistical Data Warehouse, 2011a). Wird der
nominale effektive Wechselkurs mit geeigneten Preis- und Kostenindizes deflationiert, ist er als Maß für die
preisliche Wettbewerbsfähigkeit eines Landes (einer Währungsunion) geeignet (Buldorini, Markydakis und
Thimann, 2002, S. 7).
In unserem Falle Daten handelt es sich um den nominalen effektiven Wechselkurs der Währungen der 12
wichtigsten Handelspartner der EU gegenüber dem Euro, auf Basis der 17 Euroländer (entnommen aus dem
Statistical Data Warehouse der Europäischen Zentralbank). Die 12 wichtigsten Handelspartner (Australien,
Kanada, Dänemark, Hongkong, Japan, Norwegen, Singapur, Südkorea, Schweden, Schweiz, Großbritannien
und die Vereinigten Staaten von Amerika) machen über 60% der Exporte und Importe der Europäischen Union
aus (Buldorini et al., 2002, S. 10).
Die einzelnen Wechselkurse, die in die Berechnung des NEER eingehen, sind mengennotiert (Fremdwährung
pro Euro), und werden im NEER geometrisch gewichtet. Die Gewichtung erfolgt anhand des Gesamthandels,
und berücksichtigt somit sowohl die Anteile des jeweiligen Landes am europäischen Import, als auch am
europäischen Export, wobei für Drittmarkteffekte (=Weiterverkauf der Exporte) korrigiert wird (Buldorini et al.,
2002, S. 12-13). Zur Berechnung ergibt sich daher folgende Formel:
N
NEER 
 e
i , euro

wi
i 1
mit N = Anzahl der Fremdwährungen im Index, e = mengennotierter Wechselkurs gegenüber dem Euro und w =
Gewichtung des jeweiligen Wechselkurses im Index.
Der Index ist zur besseren Lesbarkeit standardisiert. Das erste Quartal 1999 dient als Basisperiode. Dies hat
institutionelle Gründe, da zu diesem Zeitpunkt der Euro als Gemeinschaftswährung eingeführt wurde.
Der so definierte nominale effektive Wechselkurs kann in zweierlei Weise interpretiert werden. Zum einen
können Aussagen über die Stärke der Währung gemacht werden. Wenn der Index steigt, kann für einen Euro
(durchschnittlich) mehr Fremdwährung erworben werden (ein „starker“ Euro“). Zugleich bedeutet dies auch,
dass es für ausländische Investoren im Durchschnitt teurer wird, Euros im Tausch für ihre Währung zu erhalten
(Europäische Zentralbank, 2011b). Zum anderen kann der effektive Wechselkurs als Indikator für die Preis- und
Kostenwettbewerbsfähigkeit der Eurozone interpretiert werden. Werden die entsprechenden Preis- und
Kostenindizes zur Deflationierung als konstant angenommen, so entspricht ein steigender Index einer
schwächeren Wettbewerbsfähigkeit (Buldorini et al., 2002, S. 23).
Seite VI
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011