Heft 31 - Münchner Stadtmuseum
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Heft 31 - Münchner Stadtmuseum
2016 | Heft 31 münchen Stummfilmtage Romy Schneider Fox @ MoMA Kino-Lectures 70 Jahre DEFA Underdox Film und Psychoanalyse Werner-Herzog-Preis Rumänisches Filmfestival Ettore Scola Christian Rischert Sohrab Shahid Saless Wackersdorf Kino wie noch nie Friedrich Wilhelm Murnau Kino und Malerei FilmWeltWirtschaft Eintrittspreise 4 € (3 € für MFZ-Mitglieder). Ab 120 Minuten Filmlänge oder mit Gästen: 1 € Aufschlag. Ab 180 Minuten, mit Live-Musik oder bei 3D: 2 € Aufschlag. Die Kasse öffnet jeweils 60 Minuten vor und schließt 30 Minuten nach Beginn der Vorstellung. Bei allen öffentlichen Veranstaltungen verbleibt ein Kartenkontingent für den freien Verkauf an der Abendkasse. Kartenreservierung Kartenreservierungen sind bis zu vier Wochen im voraus möglich und können unter der Telefonnummer 089 / 233 96450 auf Band gesprochen werden. Vorbestellte Karten müssen bis 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn an der Kasse abgeholt worden sein, ansonsten verfällt die Reservierung. Kartenvorverkauf Karten können bis zu vier Wochen im voraus gekauft werden. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass unmittelbar vor Vorstellungsbeginn bei starkem Besucherandrang kein Kartenvorverkauf erfolgt. Karten behalten ihre Gültigkeit nur bis Vorstellungsbeginn. An der Abendkasse können vorverkaufte Karten bis 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn gegen Kostenerstattung wieder zurückgegeben werden. Programmabonnement Das Kinoprogrammheft und unseren Newsletter können Sie unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film kostenlos abonnieren. Das Programmheft wird an Mitglieder des MFZ auf Wunsch kostenlos versandt. Ansonsten bitten wir um die Zusendung eines adres- sierten und mit 1,45 € frankierten DIN A5-Briefumschlages an die Adresse des Filmmuseums. Den täglich aktualisierten Spielplan finden Sie auch auf Twitter: @filmmuseummuc. Mitgliedschaft Wer sich für die Arbeit des Filmmuseums interessiert, kann Mitglied im Verein der Freunde des Filmmuseums München, dem Münchner Filmzentrum e.V. (MFZ) werden. Mitgliedsanträge sind an der Kinokasse erhältlich. Der Jahresbeitrag beträgt 20 € und berechtigt zum ermäßigten Eintritt ins Filmmuseum sowie zur Teilnahme an den Mitgliederversammlungen des MFZ, in denen die Programmplanungen des Filmmuseums diskutiert und Projekte entwickelt werden. Weitere Informationen erhalten Sie unter Tel. 089 / 271 33 54 und www.muenchner-filmzentrum.de. Rollstuhlfahrer / Hörgeschädigte Der Kinosaal im Untergeschoss ist über einen Aufzug für Rollstuhlfahrer zugänglich. Die Behindertentoilette befindet sich im Untergeschoss neben dem Kinoeingang. Das Kino ist mit einer Induktionsschleife für Hörgerätebesitzer ausgestattet. Saalmikrofon Das Kino verfügt über ein Saalmikrofon zur Kontrolle des Kinotons durch die Filmvorführer. Verkehrsverbindung Sie erreichen das Filmmuseum in 5 Gehminuten vom U/S-Bahnhof Marienplatz oder in 7 Gehminuten vom U-Bahnhof und der Trambahnhaltestelle Sendlinger Tor. Mitgliederversammlungen des Münchner Filmzentrums e.V. (MFZ) Die für alle Interessierten öffentlichen Mitgliederversammlungen des Fördervereins des Filmmuseums finden einmal im Monat montags um 19 Uhr im Gotischen Zimmer des Ignaz-Günther-Hauses (St.-Jakobs-Platz 20, 80331 München, 1. Stock) statt. Termine: 12. September 2016, 10. Oktober 2016, 14. November 2016, 12. Dezember 2016, 16. Januar 2017 und 13. Februar 2017. Informationen: [email protected]. »Open Scene« am Donnerstag Die Termine am Donnerstag sind teilweise für aktuelle Sonderveranstaltungen reserviert. Das Programm wird etwa acht Tage vorher festgelegt und in den Schaukästen an der Kinokasse, im E-Mail-Newsletter, unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film/open-scene.html, auf Facebook, auf Twitter und durch Ankündigungen in der Tagespresse bekannt gegeben. Impressum Landeshauptstadt München. Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München, 089/233 20538, E-Mail: [email protected] · Redaktion: Stefan Drößler, Claudia Engelhardt, Christoph Michel, Klaus Volkmer · Gestaltung: Heiner Gassen, München · Druck: BluePrint AG, München Lebendige Filmgeschichte, Rekonstruktionen, Preise Das neue Programm präsentiert in gewohnter Form wieder Filmreihen, Festivals und Retrospektiven, Vorträge, Filmanalysen und Diskussionen, Sonderveranstaltungen mit Gästen und Stummfilme mit Live-Musikbegleitungen. Weniger im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht eine weitere Arbeit des Filmmuseums: die Rekonstruktion von Filmen. In den 1970er Jahren begann der damalige Leiter, Enno Patalas, Filmkopien von Klassikern zu vergleichen, die in unterschiedlich vollständigen Fassungen erhalten geblieben waren. Im Abgleich mit Zensurakten und Drehbüchern gelang es so, den ursprünglichen Fassungen der Filme wieder nahe zu kommen. Das Filmmuseum München verfügte lange Jahre über die vollständigsten Versionen der Filme von Fritz Lang, Ernst Lubitsch, Friedrich Wilhelm Murnau und Georg Wilhelm Pabst, die ihre Runde durch die Filmfestivals, Filmmuseen und Kinematheken der Welt machten. Heute ist das »Restaurieren« von Filmen ein einträgliches Geschäft geworden: Firmen, Filmarchive und sogar Rechtsinhaber, die sich vorher wenig um ihre Filme gekümmert haben, nutzen staatliche Förderprogramme, um vor allem in der Bildqualität verbesserte digitale Kopien herzustellen. Bei der Auswahl der Projekte wird auf eine »Bestenliste« des deutschen Films zurückgegriffen, die von Experten erstellt wird und sich an Festivaleinladungen und Auszeichnungen orientiert. Die Gefahr bei diesem Vorgehen liegt auf der Hand: Die Filmgeschichte wird kanonisiert und reduziert auf das Bekannte und Anerkannte. Für das Filmmuseum ist es jedoch unerlässlich, Filmgeschichte lebendig zu halten, offen für Neubewertungen zu sein und Neugier zu wecken auf die Entdeckung von Unbekanntem. So präsentiert dieses Programm zahlreiche eigene Restaurierungen: Bei den Stummfilmtagen läuft DIE WEISSE WÜSTE aus der legendären John-Hagenbeck-Raubtierfilmserie, die Romy-Schneider-Retrospektive eröffnet mit den Kino-Erstaufführungen der Rob-Houwer-Produktion ROMY von Hans Jürgen Syberberg und eines 8mm-Films von Joe Hembus, in den Kino-Lectures wird eine Rekonstruktion von Max Ophüls’ LIEBELEI gezeigt, zur Murnau-Retrospektive ist DER GANG IN DIE NACHT in einer vom Kameranegativ ausgehenden Neubearbeitung zu sehen. Ohne die Umkopierungen des Filmmuseums wäre keine Retrospektive von Sohrab Shahid Saless möglich. Im Dezember wird Stefan Drößler in den Kino-Lectures über die Rekonstruktion verschollener Filme und den Umgang mit Fragmenten sprechen. Die Rekonstruktionen des Filmmuseums laufen auf Festivals in aller Welt. Die Mostra Internazionale d’Arte Cinematografica di Venezia eröffnete 2015 mit der rekonstruierten Shakespeare-Adaption THE MERCHANT OF VENICE von Orson Welles. Beim Nitrate Film Festival in Belgrad wurde das Filmmuseum für seine Verdienste um die Filmkunst ausgezeichnet. Il Cinema Ritrovato 2016 in Bologna prämierte zum wiederholten Male die DVDs der Edition Filmmuseum für ihre »contribution to film history«. Und die ehrwürdige New York Times, die schon über HOMUNCULUS ausführlich berichtete, nannte jüngst HELENA. DER UNTERGANG TROJAS »beautifully restored« und »a rediscovered chunk of European film history«. Wir hoffen, auch Sie schätzen unsere Arbeit und bekommen beim Lesen des Programmhefts Lust auf spannende Kinoabende. Ihr Filmmuseum 2 Rückblick . . . 3 Stummfilmtage . . . 7 Romy Schneider . . . 18 Fox @ MoMA . . . 25 Kino-Lectures . . . 29 70 Jahre DEFA . . . 38 Underdox . . . 39 Film und Psychoanalyse . . . 41 Werner-Herzog-Preis . . . 42 Rumänisches Filmfestival . . . 47 Ettore Scola . . . 50 Christian Rischert . . . 54 Zuschauerkino . . . 55 Sohrab Shahid Saless . . . 63 Wackersdorf . . . 65 Kino wie noch nie . . . 72 Friedrich Wilhelm Murnau . . . 78 Kino und Malerei . . . 81 FilmWeltWirtschaft . . . 82 Kalenderübersicht . . . R = Regie · B = Drehbuch · K = Kamera · M = Musik · S = Schnitt · T = Ton · D = Darsteller · P = Produktion · OF = Originalfassung · OmU = Originalfassung mit deutschen Untertiteln · OmeU = Originalfassung mit englischen Untertiteln · OmfU = Originalfassung mit französischen Untertiteln · OmÜ = Originalfassung mit deutscher Übersetzung · dtF = deutsche Synchronfassung · \ = Live-Musikbegleitung · 2 = Einführung · / = Zu Gast Rückblick 6. März 2016: Der Autor Andreas Steinhöfel signiert vor der Vorführung seinen roman »rico, Oskar und die Tieferschatten«, dessen Filmadaption im rahmen der »Bücherschau Junior« läuft. 13. März 2016: Der Benshi Kataoka Ichirō aus Tokyo begleitet die Vorführung von Yasujirō Ozus TOKYO NO GASSHO (Der cHOr VON TOKYO) in der Tradition der japanischen Kinoerzähler. 12. April 2016: Die Filmhistorikerin und Kuratorin Barbara Wurm aus Berlin eröffnet mit ihrem Vortrag »Vernetzte räume – Verletzte Träume« die Filmreihe »Slawische Metropolen«. 30. Mai 2016: Ulla Weßler, langjährige Geschäftsführerin des Vereins »Filmstadt München«, wird im Filmmuseum von Günther Anfang, dem Vorsitzenden des Vereins, verabschiedet. 2. Juni 2016: Die Künstlerin corinna Schnitt präsentiert ihre preisgekrönten Kurzfilme im Filmmuseum auf einladung der UnderdoxFestivalmacher Dunja Bialas und Bernd Brehmer. 9. Juni 2016: Barbara Gsaenger und der iranische Filmregisseur Parviz Kimiavi, der bei allen Vorstellungen der retrospektive seiner Filme zur Diskussion mit dem Publikum anwesend war. Stummfilmtage Internationale Stummfilmtage PArIS qUI DOrT – DAS ScHlAFeNDe PArIS 3 Das Filmmuseum München beginnt sein neues Programm traditionsgemäß mit einer Auswahl von seltenen und neu rekonstruierten Stummfilmen aus dem Programm der »Bonner Stummfilmtage«, des größten deutschen Stummfilmfestivals. Zur Aufführung gelangen die besten Kopien der jeweiligen Filme, oft wertvolle Unikate, für die namhafte Stummfilmmusiker neue Musikbegleitungen ausarbeiten und live einspielen. Die einzelnen Filme werden ausführlicher auf der Website der Bonner Veranstaltung (www.internationalestummfilmtage.de) und in einem Programmheft vorgestellt, das an der Kinokasse ausliegt. Die Auswahl für das Programm des Filmmuseums konzentriert sich auf Raritäten, die in München lange nicht mehr oder noch nicht zu sehen waren. Es sind sehr unterschiedliche Filme aus verschiedenen Ländern und Kontinenten, die die Vielfalt und hohe Qualität des Stummfilmschaffens dokumentieren. Die meisten Filmkopien sind das Ergebnis aufwändiger Restaurierungsarbeiten der Filmarchive, die in der Fédération Internationale des Archives du Film (FIAF) zusammengeschlossen sind. Stefan Drößler Paris qui dort (Das schlafende Paris) | Frankreich 1925 | R+B: René Clair | K: Maurice Desfassiaux | M: Jean Wiener | D: Henri Rollan, Madeleine Rodrigue, Albert Préjean, Marcel Vallée | 67 min | OmU | viragiert | Die rekonstruierte Urfassung von René Clairs ScienceFiction-Märchen spielt mit den Grundprinzipien des Kinos: Bewegung, Geschwindigkeit und Stillstand. Ein Professor versetzt die Stadt Paris in einen Tiefschlaf, dem nur eine Handvoll Menschen entkommen, die sich gerade auf dem Eiffelturm befinden. – Hands Up! (Hände hoch!) | USA 1926 | R: Clarence G. Badger | B: Monte Brice, Lloyd Corrigan, Reginald Morris | K: H. Kinley Martin | D: Raymond Griffith, Virginia Lee Corbin, Charles K. French, Marian Nixon | 63 min | OF | Das Hauptwerk des Komikers Raymond Griffith, der als eleganter Gentleman alle Situationen scheinbar emotionslos mit Nonchalance meistert. Im amerikanischen Bürgerkrieg entkommt er als Südstaaten-Spion mit Witz und Chuzpe sowohl der Gefangenschaft durch wilde Indianer als auch seiner Exekution durch die Nordstaatler. ▶ Donnerstag, 1. September 2016, 19.00 Uhr | Live- Musik: Günter A. Buchwald | Einführung: Stefan Drößler Stummfilmtage 4 Mantrap (Der Weiberfeind) | USA 1926 | R: Victor Fleming | B: Adelaide Heilbron, Ethel Doherty, nach dem Roman von Sinclair Lewis | K: James Wong Howe | D: Clara Bow, Percy Marmont, Ernest Torrence, Eugene Pallette, Tom Kennedy | 74 min | OF | Clara Bow verkörperte in den 1920er Jahren zusammen mit Colleen Moore und Louise Brooks den Flapper, junge Mädchen mit kurzem Haarschnitt und kurzen Röcken, die sich über gesellschaftliche Konventionen hinwegsetzten, das Leben genossen, Jazz-Musik hörten, rauchten und Alkohol tranken. MANTRAP ist einer der wichtigsten Filme Clara Bows: Als Ehefrau des Händlers Joe Easter, mit dem sie in die Wildnis zieht, langweilt sich die lebenslustige Alverna schon bald und flirtet mit einem anderen Mann. »Eigentlich ist der Film nur ein Programmfüller, gut inszeniert und fotografiert. Er wäre nicht weiter beachtet worden, wäre da nicht Clara Bow, die der Geschichte von Lewis ihre Würze verleiht. Mr. Lewis sollte ihr eine Schachtel mit Pralinen oder etwas anderem, das sie mag, schicken, weil sie seiner Geschichte den Kassenschlager-Glamour verliehen hat, und die Produzenten des Films sollten ihr – auf die Schulter klopfen.« (The Spokesman) ▶ Freitag, 2. September 2016, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz | Einführung: Stefan Drößler Mest’ kinematografičeskogo operatora (Die Rache des Kameramanns) | Russland 1912 | R+B: Vladislav Starevič | 13 min | OmU | Vladislav Starevič ist der Pionier des Puppentrickfilms. In seinen frühen Filmen verwendete er gerne animierte Insekten, die in liebevoll ausgearbeiteten Minikulissen agieren. Erzählt wird die Eifersuchtsgeschichte zwischen einem verheirateten Käfer und einer Heuschrecke im Ringen um die Gunst einer Libelle. – Dva druga, model’ i podruga (Zwei Freunde, eine Kiste und eine Freundin) | Sowjetunion 1928 | R: Aleksej Popov | B: Michail Karostin, Aleksei Popov | K: Aleksandr Grinberg, Gleb Trojanskij | D: Aleksei Popov, Sergej Lavrent’ev, Ol’ga Tret’jakova, Sergej Jablokov, Aleksej Popov | 71 min | OmU | Popovs Absicht, eine sowjetische Komödie über das Alltagsleben zu schaffen, führte zu diesem sehr unterhaltsamen Roadmovie, das zu weiten Teilen auf einem Schiff spielt. Zwei Erfinder begeben sich mit dem Modell einer Maschine zum automatisierten Zusammenbau von Kisten auf eine lange Reise in die Provinzhauptstadt, um sie den zuständigen Behörden vorzustellen. Eine junge Frau begleitet sie, während ein Widersacher sie verfolgt und ihren Erfolg zu sabotieren versucht. ▶ Freitag, 2. September 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald | Einführung: Stefan Drößler Takový je zivot (So ist das Leben!) | Tschechoslowakei 1930 | R+B: Carl Junghans | K: László Schäffer | D: Vera Baranovskaja, Theodor Pištěk, Máňa Ženíšková, Wolfgang Zilzer | 75 min | OmeU | Ein Meisterwerk des realistischen Films, das an Originalschauplätzen in Prag gedreht wurde, in restaurierter Fassung: Eine Prager Waschfrau bemüht sich verzweifelt, die Familie über Wasser zu halten, nachdem ihr Ehemann seine Arbeit in einer Kohlenhandlung verloren hat und ihre Tochter ein Kind erwartet. Ohne klassenkämpferisches Pathos beschreibt der Film in beeindruckenden Bildern und Szenen die Realitäten der damaligen Zeit. In Deutschland lief der Film seinerzeit ganz ohne Zwischentitel: »Hier ist das Ziel der Filmkunst erreicht, deren Sinn ja darin besteht, das Wort durch die Gebärde zu ersetzen und die epische Beschreibung in die bildliche Zustandsbeschreibung umzuformen. Junghans ist weder ein politischer Pamphletist, noch ein Reporter. Er ist ein Dichter, kein anklägerischer, sondern ein gestaltender Dichter. Aber Dinge, die man gestaltet, klagen stärker an.« (Vossische Zeitung) ▶ Samstag, 3. September 2016, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz | Einführung: Stefan Drößler The Airship Destroyer (Der Luftkrieg der Zukunft) | Großbritannien 1909 | R: Walter R. Booth | 7 min | dtF | viragiert | Wenige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg beschwört der britische Science-Fiction-Film die Bedrohung, die von einem Angriff mit Luftschiffen ausgehen kann. Regisseur Walter R. Booth war ein Zauberkünstler, der – ähnlich wie Georges Méliès in Frankreich – das neue Medium Film entdeckte, um fantastische Trickfilme herzustellen, die sehr erfolgreich waren. – Die weiße Wüste | Deutschland 1922 | R+B: Ernst Wendt | K: Mutz Greenbaum | D: Carl de Vogt, Eduard von Winterstein, Nora Swinburne, Dorinea Shirley, Carl Balta | 100 min | viragiert | Neurekonstruktion eines vergessenen Klassikers durch das Filmmuseum München: Der »Winterfilm« der John-Hagenbeck-Raubtier-Filmserie spielt im hohen Norden, in dem die Überlebenden eines Schiffsuntergangs sich gegen Kälte, Wind, wilde Tiere und unzivilisierte Einheimische behaupten müssen. Ernst Wendt war ein versierter Regisseur, der seine Geschichte spannend zu erzählen wusste, Kameramann Mutz Greenbaum fing beeindruckende Bilder ein. ▶ Samstag, 3. September 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald | Einführung: Stefan Drößler Yinhe shuangxing (Zwei Sterne in der Milchstraße) | China 1931 | R: Tomsie Sze | B: Chu Shih Ling, nach dem Roman von Chang Hen Shui | K: Ke Chow | D: Vio- ▶ Sonntag, 4. September 2016, 18.30 Uhr | Live-Musik: Richard Siedhoff, Günter A. Buchwald | Einführung: Stefan Drößler Stummfilmtage The Haunted House (Nacht des Inferno) | USA 1921 | R: Buster Keaton | B: Buster Keaton, Edward F. Cline | K: Elgin Lessley | D: Buster Keaton, Virginia Fox, Joe Keaton, Joe Roberts, Edward F. Cline | 21 min | OF | viragiert | Ein Bankangestellter wird unfreiwillig in die Machenschaften einer Geldfälscherbande verwickelt und landet in einer Geistervilla. Einer der schönsten Kurzfilme Buster Keatons mit unvergesslichen Gags und visuellen Ideen. – When the Clouds Roll By (Fairbanks ist verrückt) | USA 1919 | R: Victor Fleming | B: Thomas Geraghty, Douglas Fairbanks | K: Harry Thorpe, William McGann | D: Douglas Fairbanks, Kathleen Clifford, Frank Campeau, Ralph Lewis, Herbert Grimwood | 85 min | OF | viragiert | Ein Psychiater möchte in einem Experiment an einem lebenden Objekt beweisen, dass er einen geistig gesunden Mann mit subtilem Psychoterror in den Wahnsinn treiben kann. Ein bizarres Meisterwerk surrealen Humors und absurder Gags, in dem Douglas Fairbanks als tollkühner Held mit beeindruckender physischer Fitness alle Situationen meistert. Die neue Rekonstruktion enthält die ursprünglichen Einfärbungen der einzelnen Szenen. 5 ▶ Sonntag, 4. September 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz | Einführung: Stefan Drößler YINHe SHUANGxING – ZWeI STerNe IN Der MIlcHSTrASSe let Wong, Raymond King, Kao Chien Fei, Yeh Chuen Chuen, V.K. Chung, Chen Yen Yen, Liu Chi Chuen | 86 min | OmeU | Ein Mädchen vom Land wird vom Film entdeckt und steigt zum Star auf. Doch ihre Beziehung zu einem berühmten Schauspieler endet tragisch. Der Film gewährt einen einzigartigen Blick hinter die Kulissen der äußerst lebendigen und außerhalb Chinas wenig bekannten Filmszene von Shanghai, die das Zentrum für die Entwicklung des chinesischen Kinos bildete. Doch da die Infrastruktur für die Verbreitung chinesischer Filme nur unzureichend entwickelt war, hinkten die Produktionen den technischen Entwicklungen hinterher: Während in den Kinos von Shanghai schon Tonfilme aus dem Westen liefen, wurde YINHE SHUANGXING noch stumm gedreht, aber mit einer MusikTonspur versehen, die auch den – nicht synchron aufgenommenen – Gesang der Hauptdarstellerin beinhaltete. Genau diese Produktionsweise der Stummfilme an der Schwelle zum Tonfilm wird auch in der Handlung des Films thematisiert. Leider sind die Schallplatten mit der Musikspur nicht mehr erhalten. Stummfilmtage 6 Maldone | Frankreich 1928 | R: Jean Grémillon | B: Alexandre Arnoux | K: Georges Périnal, Christian Matras | D: Charles Dullin, Roger Karl, Génica Athanasiou, Annabella, Daniel Lecourtois | 83 min | OmU | Der erste Spielfilm von Jean Grémillon existiert heute nur noch in einer um ein Drittel seiner ursprünglichen Länge gekürzten Fassung, ohne dass seine Qualitäten verloren gegangen sind. Olivier Maldone, der mit seinem Pferd Lastkähne durch die französischen Kanäle zieht, verliebt sich in die ungebundene Zigeunerin Zita. Doch als sein jüngerer Bruder stirbt, kehrt er nach Hause auf den Familiensitz zurück – wo ihn die Sehnsucht nach einem anderen Leben nicht loslässt . »Was MALDONE von fast allen anderen Filmen seiner Zeit unterscheidet, ist der Versuch, seine Geschichte aus einer einzigen Perspektive zu erzählen. Aufnahmen von Originalschauplätzen sowie atemberaubende subjektive und ungewöhnliche Kameraperspektiven geben dem Film eine unmittelbare Authentizität, die sowohl den Neorealismus wie auch den poetischen Realismus der folgenden Dekade ankündigt, aber dennoch erstaunlich eigenständig bleibt. MALDONE ist wahrscheinlich Grémillons erfolgreichster Versuch, die Grundlagen des Impressionismus auf bewegte Bilder zu übertragen.« (James Travers) ▶ Dienstag, 6. September 2016, 18.30 Uhr | Live-Musik: Richard Siedhoff | Einführung: Stefan Drößler He Done His Best (Charly tut was er kann) | USA 1928 | R: Charles Bowers, Harold L. Muller | B: Charles Bowers, Harold L. Muller, Ted Sears | D: Charles Bowers | 23 min | OF | Charles Bowers, einer der zu Unrecht vergessenen Stummfilmkomiker und Tricktechniker, baut ein voll automatisiertes Restaurant, das von einer Person über eine große Schalttafel gesteuert werden kann. Nur klappt dann in der Praxis doch nicht alles so wie geplant. – The Bat (Das Rätsel der Fledermaus) | USA 1926 | R: Roland West | B: Roland West, Julien Josephson | K: Arthur Edeson, Gregg Toland | D: George Beranger, Arthur Housman, Tullio Carminati, Emily Fitzroy, Jewel Carmen | 86 min | OF | Ein gewissenloser Verbrecher im Fledermauskostüm verbreitet unter den Bewohnern eines einsam gelegenen Hauses Angst und Schrecken, um an die versteckte Beute aus einem früheren Bankraub zu gelangen. Die Filmadaption eines erfolgreichen Broadway-Stücks besticht durch ihre stimmungsvollen Sets, für die William Cameron Menzies verantwortlich zeichnete, und ihr bedrohliches Spiel mit Licht und Schatten. ▶ Dienstag, 6. September 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz | Einführung: Stefan Drößler Taki no shiraito (Zauberin des Wassers) | Japan 1933 | R: Kenji Mizoguchi | B: Yasunaga Higashibojo, nach dem Roman von Kyoka Izumi | K: Minoru Miki | D: Takako Irie, Tokihiko Okada, Ichirô Sugai, Kôju Murata | 100 min | OmeU | Die Künstlerin einer fahrenden Jahrmarktstruppe in Japan, die in einer spektakulären Nummer Wasserfontänen tanzen lässt, verliebt sich in einen armen Kutscher und versucht, ihm ein Jurastudium im fernen Tokyo zu finanzieren. »Die Geschichte entstammt einem Roman von Izumi Kyoka aus dem 19. Jahrhundert und wurde für die Bühne adaptiert als shinpa, eine melodramatische Form des Theaters, deren Stücke im Gegensatz zum traditionellen kabuki in der Gegenwart spielten und Umgangssprache verwandten. 1933 war shinpa schon wieder außer Mode, doch Mizoguchi gelang es hervorragend, den Stil durch den Realismus seines Dekors und den Ideenreichtum seiner Regie wiederzubeleben. Gleichzeitig intensivierte er die Themen von shinpa, indem er die Geschichte der Aufopferung einer starken Frau für einen schwachen Mann mit außergewöhnlicher emotionaler Kraft und starken feministischen Untertönen auflud.« (Alexander Jacoby) ▶ Mittwoch, 7. September 2016, 18.30 Uhr | Live-Musik: Masako Ohta | Einführung: Stefan Drößler Cartoon Factory (Kokos Zeichentrickfabrik) | USA 1924 | R+K: David Fleischer | B+D: Max Fleischer | 8 min | OF | In der populären Serie OUT OF THE INKWELL liefern sich der gezeichnete Clown Koko und sein realer Schöpfer Max Fleischer absurde Duelle, in denen die Grenzen von Real- und Zeichentrickfilm aufgehoben werden. In CARTOON FACTORY benutzt Fleischer eine elektrische Zeichenmaschine und quält Koko mit Stromstößen. Doch dieser bemächtigt sich der Maschine und produziert nun seinerseits synthetische Kopien des realen Max Fleischer. – Flickorna Gyurkovics (Die sieben Töchter der Frau Gyurkovics) | Schweden 1926 | R: Ragnar Hyltén-Cavallius | B: Ragnar Hyltén-Cavallius, Paul Merzbach | K: Carl Hoffmann | M: Werner Richard Heymann | D: Willy Fritsch, Betty Balfour, Lydia Potechina, Anna Lisa Ryding | 102 min | OmU | Eine höchst vergnügliche Verwechslungskomödie über einen Frauenhelden, der unter falscher Identität aufs Land zur Tante seines besten Freundes fährt, um dort mit einer ihrer Töchter verheiratet zu werden. Eine gelungene schwedisch-deutsche Koproduktion, gedreht in Berlin und in Ungarn mit britischen, deutschen, russischen und schwedischen Schauspielern. ▶ Mittwoch, 7. September 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik: Richard Siedhoff | Einführung: Stefan Drößler Jacques Deray, Alain Delon und romy Schneider bei den Dreharbeiten zu lA PIScINe Romy Schneider Retrospektive Romy Schneider 7 »Ich kann nichts im Leben, aber alles auf der Leinwand« Dass Romy Schneider zum unsterblichen Mythos geworden ist, liegt auch an ihrem viel zu frühen Tod, über den die Presse seinerzeit heftige Spekulationen anstellte, bis hin zum Verdacht auf Selbstmord. Ganz ähnlich wie etwa im Fall von Marilyn Monroe oder James Dean, von Elvis Presley oder Lady Di wurde ihr Tod mystifiziert. Von einem Mythos geht Faszination aus, die Faszination des Unerreichbaren, die Faszination des Singulären. Und Romy Schneider war, ist singulär. Singulär in ihrem zerrissenen ambivalenten Wesen, singulär in ihren existenziellen Darstellungen, und ebenso singulär in der bedingungslosen Ausschließlichkeit, mit der sie ihr Leben lebte. In den Köpfen der Menschen lebt sie weiter. Ende 2006 wurde sie in einer ZDF-Sendung bei der Wahl der 50 deutschen Lieblingsschauspieler vom Fernsehpublikum nach Heinz Rühmann und Mario Adorf als erste Frau auf Rang drei gewählt. Zu Weihnachten werden alljährlich die drei SISSI-Filme wiederholt, die sie zu Beginn ihrer Karriere in den Jahren 1955 bis 1957 drehte. Für das große Publikum war Romy Schneider – »unsere Romy« – auch immer diese Sissi. Doch die Schauspielerin selbst sah das vollkommen anders: »Ich hasse dieses Sissi-Image. Was gebe ich den Menschen schon, außer immer wieder Sissi. Sissi? Ich bin doch längst nicht mehr Sissi, ich war das auch nie. Ich bin eine unglückliche Frau von 42 Jahren und heiße Romy Schneider.« Das sagte sie 1981, nur ein Jahr vor ihrem Tod. Sie selbst schrieb einmal auf einem ihrer unzähligen Zettel eine Liste jener Filme auf, die vor ihr selbst Bestand haben, die sie überhaupt respektabel und vorzeigbar empfand. Es sollen genau zehn Arbeiten gewesen sein, mehr nicht. Darunter sind vor allem jene unter der Regie von Claude Sautet, Orson Welles und Luchino Visconti entstandenen Filme. Zehn Filme, das entspricht lediglich einem Sechstel ihres Lebenswerks – auch hierin mögen sich ihre stete Selbstkritik und ihre Selbstzweifel spiegeln. Als Mutter Magda Schneider im Sommer 1953 in München die weibliche Hauptrolle in Hans Deppes Wiesbaden-Film WENN DER WEISSE FLIEDER WIEDER BLÜHT angeboten bekommt, fehlt noch immer die Besetzung Götz George und romy Schneider in WeNN Der WeISSe FlIeDer WIeDer BlüHT Romy Schneider 8 für Magdas Filmtochter Evchen. Magda fällt ihre eigene Tochter ein: Romy, warum eigentlich nicht Romy?! Nach ersten Probeaufnahmen und etwas Wartezeit bekommt die Vierzehnjährige schließlich die Rolle des Evchen, ohne jemals Schauspielunterricht gehabt zu haben. Die Dreharbeiten finden ab September überwiegend in Wiesbaden sowie in München und Berlin statt, Romy wird in den Vorspanntiteln noch als Romy Schneider-Albach geführt, bereits als Dritte, direkt hinter Willy Fritsch und Magda Schneider. Insgesamt acht Filme werden es einmal sein, in denen Mutter und Tochter Schneider Seite an Seite zusammen spielen, Rolf Thieles DIE HALBZARTE (1958) wird schließlich ihre letzte gemeinsame Arbeit sein. Für die Tochter soll die ununterbrochene Nähe und Obhut der Mutter, die zusehends über deren Handeln und Tun, über Verträge und Projekte wacht und entscheidet, Segen und Fluch gleichermaßen sein. Protektion und Gefängnis in Einem. Mit dem Jahr 1958 wird sich das Leben von Romy Schneider nachhaltig verändern: Der Part der Pensionatsschülerin Manuela von Meinhardis in MÄDCHEN IN UNIFORM ist ihre erste veritable ernste Charakterrolle. Ihr Zusammenspiel mit Lilli Palmer ist bezwingend. CHRISTINE wiederum, das Remake von Max Ophüls’ LIEBELEI (1933), ist Romys erster französischer Film, jener Film, in dem sie nun die Rolle spielt, die seinerzeit ihre Mutter Magda spielte, und jener Film vor allem, bei dem sie Alain Delon begegnet. Das Angebot aus Frankreich nimmt Romy sofort an, gedreht wird in Wien und in Paris-Boulogne. Als es an die Vorbereitungen zu dem Film geht, fliegt sie nach Paris und wird dort von Alain Delon noch auf dem Rollfeld am Flughafen in Empfang genommen. Es ist die allererste Begegnung der beiden, die später zu den Liebespaaren der internationalen Filmszene gehören werden. Delon ist im Gegensatz zu Romy noch nahezu unbekannt. Lediglich zwei Filme hat er vor CHRISTINE gedreht, QUAND LA FEMME S’EN MÊLE (DIE KILLER LASSEN BITTEN, 1957) und SOIS BELLE ET TAIS-TOI! (SEI SCHÖN UND HALT DEN MUND, 1958), während es für Romy ihr vierzehnter ist. Sie ist in der Heimat ein Star, er ein noname. Diese Verhältnismäßigkeit soll sich alsbald umkehren: Delon feiert mit René Clements Patricia Highsmith-Adaption PLEIN SOLEIL (NUR DIE SONNE WAR ZEUGE, 1960) und Luchino Viscontis ROCCO E I SUOI FRATELLI (ROCCO UND SEINE BRÜDER,1960) nun große Erfolge, während man Romy Schneider in Deutschland den Gang nach Frankreich verübelt: »In Deutschland war ich abgeschrieben, in Frankreich war ich noch nicht ›angeschrieben‹.« 1960 findet die erste Begegnung Romy Schneiders mit Luchino Visconti in Rom statt, in Viscontis Villa in der Via Salaria. Alain Delon führt Romy in die Kreise um den italienischen Regisseur ein. Visconti, der Romy nach anfänglichen beidseitigen Berührungsängsten und Befindlichkeiten bald fortan »Romina« nennt, wird für sie einer der wenigen wichtigen Einflüsse werden, ein Lehrmeister, wie später nur noch Claude Sautet: »Mein Leben lang werde ich nicht vergessen, wie ich Luchino kennenlernte. Dieser Mann hat mehr für mich getan als irgendein anderer nach der sauren Zeit.« Visconti inszeniert am Théâtre de Paris mit Alain Delon als Partner das Stück »Dommage qu’elle soit une putain« (Schade, dass sie eine Dirne ist). Es wird ein großer Erfolg für Romy Schneider. Im Sommer 1961 dreht Luchino Visconti in den Theaterferien die Episode IL LAVORO (DER JOB) für den Episodenfilm BOCCACCIO ’70. Romy spielt »Pupé«, eine dekadent-anmutigerotische Gräfin. Ihre Kostüme sind von Coco Chanel, ihre Frisur wird vom Pariser Coiffeur Alexandre gerichtet, alles ganz im Stil des Pariser Chic. Et voilà: der neue Romy-Schneider-Stil ist kreiert. Vergessen ist alle kaiserlich-königliche Süßlichkeit aus ihrer ungeliebten SISSI-Zeit. Im März 1962 steht sie in Orson Welles’ unorthodoxer, in atmosphärischem Schwarzweiß gehaltener Kafka-Verfilmung THE TRIAL vor der Kamera. Von der Columbia erhält Romy einen Mehrjahresvertrag. Bevor sie vorübergehend in die USA geht, sich in Hollywood, in Beverly Hills, eine Luxusvilla mit mehreren Angestellten mietet, dreht Romy Schneider unter der Das eigentliche Leben von Romy Schneider neben der pausenlosen Filmerei verläuft weniger glücklich: Sie trennt sich 1973 von Harry Meyen, den sie 1966 geheiratet hat. 1975 werden sie offiziell geschieden, im selben Jahr heiratet sie ihren Privatsekretär Daniel Biasini. Romy Schneider greift zunehmend zu Alkohol und Tabletten. Von dem schicksalhaften Jahr 1981 soll sie sich schließlich nicht mehr erholen: Wegen eines gutartigen Tumors muss ihr eine Niere entfernt werden, sie reicht die Scheidung von Daniel Biasini ein, ihr erst vierzehnjähriger Sohn David stirbt durch einen tragischen Unfall. In einem Interview sagt sie: »Man kann einen Augenblick lang nachdenken, aber dann muss man weitermachen. Stehenbleiben ist für mich nicht möglich. Man stürzt sich in die Arbeit, weil man es tun muss – und es hilft auch ein wenig zu vergessen.« Claude Millers GARDE À VUE (DAS VERHÖR, 1981), ein in einer Silvesternacht auf einer Polizeistation angesiedeltes düsteres Kammerspiel, ist innerhalb ihrer späteren Schaffensphase Romy Schneiders eindringlichste, zarteste, verletzlichste Darstellung. Die Introspektion einer Seele. Sie initiiert noch das Projekt LA PASSANTE DE SANS-SOUCI (DIE SPAZIERGÄNGERIN VON SANSSOUCI, 1982), das zu ihrem filmischen Vermächtnis wird. Der Film setzt eine Reihe in ihrem Spätwerk fort, zu der auch LE TRAIN (NUR EIN HAUCH VON GLÜCK, 1973), LE VIEUX FUSIL (ABSCHIED IN DER NACHT, 1975) und die Heinrich-Böll-Adaption GRUPPENBILD MIT DAME (1977) gehören: Filme, angesiedelt zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, in denen die im Wien der NaziZeit geborene Romy Schneider Frauen spielt, die »auf der anderen Seite« stehen, die Opfer sind. Sie wählt diese Rollen sehr bewusst aus und erklärt, sie habe insbesondere mit der im Herbst 1976 in Berlin gedrehten deutschen Produktion GRUPPENBILD MIT DAME »alles wieder gutmachen wollen«. Gewissermaßen anonym, so wie sie es bestimmt hat, liegt Romy Schneider unter ihrem bürgerlichen Namen Rosemarie Albach auf dem Friedhof des kleinen Dorfes Boissy-sans-Avoir, 50 Kilometer westlich von Paris. Das sagt viel über diese scheue und ängstliche, hochverletzliche und empfindsame, dabei so anmutig schöne und auch humorvolle und lebensfrohe Frau aus, die vielleicht zu gutgläubig blieb, um dem Druck standzuhalten, der ihr Leben lang auf sie ausgeübt wurde. Thilo Wydra Dreharbeiten in Paris | BRD 1957 | R+B+K: Joe Hembus | Mit Romy Schneider, Horst Buchholz, Helmut Käutner, Bernhard Wicki | 29 min – Romy – Portrait eines Gesichts | BRD 1967 | R+B: Hans Jürgen Syber- Romy Schneider Regie von Otto Preminger im Frühjahr 1963 das Dreistunden-Epos THE CARDINAL. Die Dreharbeiten der in Breitwand-Panavision gehaltenen Großproduktion führen sie nach Boston und Stanford, nach Rom und schließlich ins vertraute Wien. Ihr Vater wirkt in einer kleinen Nebenrolle mit – es ist das einzige Mal überhaupt, dass Wolf Albach-Retty und seine Tochter Romy gemeinsam in einem Film spielen. »Und dann begann das scheußlichste Jahr meines Lebens, das Jahr zwischen Herbst 1963 und Herbst 1964 …« Alain Delon verlässt Romy Schneider. Legenden ranken sich auch um dieses Ereignis. Er trennt sich mit einem Strauß roter Rosen und einigen geschriebenen Zeilen von ihr, die sie vorfindet, als sie aus den USA nach Paris zurückkehrt: »Bin mit Nathalie nach Mexiko. Alles Gute. Alain«. Als er sie in Rom, wo sie THE CARDINAL drehte, zum Flieger gen Hollywood brachte, gab es bereits Nathalie Barthélemy. Nach genau vier Jahren, acht Monaten und 24 Tagen, wie die Boulevardpresse nachrechnet, ist die Verbindung des prominenten Paares beendet. Im August und September 1968 bringen die Dreharbeiten zu Jacques Derays LA PISCINE (DER SWIMMINGPOOL) Romy Schneider und Alain Delon wieder zusammen vor die Kamera. Er hat sie angerufen, gefragt, ob sie wieder drehen wolle, mit ihm, unten an der Côte d’Azur. Und sie hat ja gesagt. Am 31. Januar 1969 hat der Film Premiere in Paris. Das lichtdurchflutete Kammerspiel, ein düsterer Film Noir unter südfranzösischer Sonne, wird ein großer Erfolg. Es ist letztlich das lang ersehnte Comeback für Romy Schneider nach einer Phase wenig erfolgreicher Filme und des nach langer Vorbereitung und drei Wochen Drehzeit abgebrochenen Projekts L’ENFER von Henri-Georges Clouzot. LES CHOSES DE LA VIE (DIE DINGE DES LEBENS), die erste von insgesamt fünf gemeinsamen Arbeiten mit Claude Sautet, wird im Mai 1970 auf den Filmfestspielen in Cannes gefeiert. Es ist wohl ihr bester Film, Sautets Meisterstück. Fortan dreht Romy Scheider, einmal mehr, nonstop, Film auf Film. In MAX ET LES FERRAILLEURS (DAS MÄDCHEN UND DER KOMMISSAR, 1971) ist Michel Piccoli Max, der Kommissar, und Romy spielt Lily, die Prostituierte. Er wird sie für seine Zwecke benutzen, um endlich eine Bande kleiner Gauner bei ihrem Coup, einem Bankraub, auf frischer Tat zu ertappen. Ein dichtes Polizeidrama, ein hoffnungsloses Liebesdrama, ein kühl und artifiziell angelegter Genrefilm, der moralisch und amoralisch zugleich ist. Claude Sautet macht Romy Schneider in ihrer Wahlheimat Frankreich zum Star, zu »La Schneider«, die den Typus der modernen, emanzipierten Frau verkörpert. 9 Romy Schneider 10 berg | K: Kurt Lorenz, Klaus König | Mit Romy Schneider, Michel Piccoli, Jean Chapot, Peter Fleischmann | 59 min – Premiere der digitalen Restaurierungen von zwei ungewöhnlichen Dokumentarfilmen: In dem von Rob Houwer für den Bayerischen Rundfunk produzierten Film ROMY sehen wir Romy Schneider bei den Dreharbeiten im Ruhrgebiet zu LA VOLEUSE und beim Skiurlaub in Kitzbühel, wo sie abends am Kamin in sehr persönlichen Gesprächen mit Hans Jürgen Syberberg über ihr Leben und ihre Karriere reflektiert. Joe Hembus beobachtete die Dreharbeiten in Paris zu Helmut Käutners MONPTI mit seiner 8mm-Kamera und kam den Mitwirkenden dabei erstaunlich nahe. Das in Schwarzweiß und Agfacolor aufgenommene Material schnitt er selber zu einem kleinen Film zusammen, der nie öffentlich aufgeführt wurde. ▶ Donnerstag, 8. September 2016, 19.00 Uhr | Einfüh- rung: Benjamin Hembus Wenn der weiße Flieder wieder blüht | BRD 1953 | R: Hans Deppe | B: Eberhard Keindorff, Johanna Sibelius, nach der Novelle von Fritz Rotter | K: Kurt Schulz | M: Franz Doelle | D: Magda Schneider, Willy Fritsch, Romy Schneider, Hertha Feiler, Paul Klinger, Götz George | 100 min | »Dass ein berühmter Schlagersänger in seine Heimatstadt Wiesbaden zurückkehrt, dort die einst von ihm geschiedene Frau wiederfindet und trotz neu ausbrechender Liebe auf sie verzichtet, wird zum Anlass einer merkwürdigen Mischung von Gefühlsduselei und aufgetragener Lustigkeit. Hin und wieder bricht dann die falsche Volkstümlichkeit ein, und es bleibt lediglich das Vergnügen an dem unbefangenen Spiel einer reizenden Fünfzehnjährigen. Ob Romy Albach-Schneider eine Schauspielerin ist, lässt sich noch nicht übersehen. Hier ist sie eben reizend, ganz besonders reizend.« (Fritz Fabius) ▶ Freitag, 9. September 2016, 18.30 Uhr Sissi | Österreich 1955 | R+B: Ernst Marischka | K: Bruno Mondi | M: Anton Profes | D: Romy Schneider, Karlheinz Böhm, Magda Schneider, Gustav Knuth, Uta Franz | 106 min | »Sissi erzählt die Liebesgeschichte zwischen der Prinzessin Elisabeth von Bayern und dem österreichischen Kaiser Franz Joseph. Der Film kombiniert Erzählkonventionen und Darstellungsmodi verschiedener Genres, des Heimat- und Familienfilms sowie des Operetten- und Kostümfilms. Damit rücken die realen historischen Begebenheiten in den Hintergrund. Die Inszenierung ist gänzlich auf die Schauwerte des Films hin angelegt. Eine prunkvolle Ausstattung, idealisierte Naturlandschaften und prachtvolle Kostüme intensivieren die romantischen Liebesphantasien, die hier evoziert werden.« (Günther Krenn) »Für mein Streben nach Rollen, die meiner Person gleichstanden, waren diese Filme wie eine Ohrfeige. Ich war plötzlich nicht mehr Romy, sondern nur noch Sissi, die jungfräuliche Königin des deutschen Films.« (Romy Schneider) ▶ Samstag, 10. September 2016, 18.30 Uhr Monpti | BRD 1957 | R+B: Helmut Käutner, nach dem Roman von Gabor von Vaszary | K: Heinz Pehlke | M: Bernhard Eichhorn | D: Romy Schneider, Horst Buchholz, Mara Lane, Boy Gobert, Olive Moorefield | 100 min | Durch Zufall lernen sich ein ungarischer Student und die Näherin Anne-Claire in Paris kennen. Sie nennt ihn neckisch »Monpti« – eine Kurzform von »Mon Petit« (»Mein Kleiner«). Die beiden verlieben sich ineinander. Erzählt wird die melancholische Liebesgeschichte von einem allwissenden Bistro-Besucher, den Helmut Käutner mit ironischem Schalk selber spielt. »Eine bittersüße Liebesgeschichte nach dem Roman von Gabor von Vaszary. Kein Stoff für Experimente – ein Film, der nur unterhalten soll.« (Helmut Käutner) – Dreharbeiten in Paris | BRD 1957 | R+B+K: Joe Hembus | Mit Romy Schneider, Horst Buchholz, Helmut Käutner, Bernhard Wicki | 29 min ▶ Sonntag, 11. September 2016, 18.30 Uhr Mädchen in Uniform | BRD 1958 | R: Géza von Radványi | B: Franz Höllering, Friedrich Damman, nach einem Stück von Christa Winsloe | K: Werner Krien | M: Peter Sandloff | D: Lilli Palmer, Romy Schneider, Therese Giehse, Blandine Ebinger, Sabine Sinjen, Christine Kaufmann | 95 min | »Positiv zu werten in diesem Film sind zwei schauspielerische Leistungen: Lilli Palmer als angeschwärmte Lehrerin und Romy Schneider als das Mädchen, das sich nach dem Tod der Mutter in ihrem verwaisten Liebesbedürfnis dieser Erzieherin zuwendet und im Überschwang der Gefühle fast eine Katastrophe herbeiführt. Frau Palmer entwickelt wiederum ein wirklich nobles kultiviertes Spiel, und Romy Schneider überrascht hier (nach den vielen Rollen, in denen sie kindlich-süßen Charme entwickeln musste) mit einer imponierenden darstellerischen Eindringlichkeit. Sie wirkt echt in ihrer anfänglichen Scheu und ihrer seelischen Verklemmung, aber auch in ihren späteren Gefühlsausbrüchen.« (Der Tag) ▶ Mittwoch, 14. September 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Frei- tag, 16. September 2016, 18.30 Uhr Christine | Frankreich 1958 | R: Pierre Gaspard-Huit | B: Charles Spaak, George Neveux, nach dem Stück Romy Schneider MONPTI 11 »Liebelei« von Arthur Schnitzler | K: Christian Matras | M: Georges Auric | D: Romy Schneider, Alain Delon, Jean-Claude Brialy, Sophie Grimaldi, Jean Galland, Micheline Presle | 100 min | OmeU | »Pierre GaspardHuit zelebriert in stolzer Kinotrauer in einem lackierten Gemüts-Wien Arthur Schnitzlers ›Liebelei‹: die Mär vom keuschen Bürgerkind, das sich backfischschwärmend in einen k.u.k.-Leutnant verliebt. ›Mit leisem Zauberschlag erscheint eine schmerzlich-süße Welt, voll traurig-schalkhafter Grazie, voll ironischer Melancholie, voll leiser, lächelnder Innigkeit‹, formulierte 1896 Berlins Kritikerpapst Alfred Kerr. Der französische Farbfilm dagegen degradiert das Schnitzler-Opus zum Rührstück, und von Alfred Kerr lässt sich nur die Vokabel ›schmerzlich-süß‹ übernehmen. Die brav-artige Romy Schneider, letzthin versuchsweise entsüßlicht, rutscht als Christine wieder in die Bereiche ihres Sissi-Gemüts zurück.« (Der Spiegel) Magda Schneider, Josef Meinrad, Gertraud Jesserer | 90 min | »Zuerst denkt man: Ei, ei, diese Filmleute mit ihrem Sinn für Pikanterie bringen es fertig, die Romy, dieses Idol vieler Mütter und vieler Töchter, diese artige, fröhliche Sissi in eine frech-verwegene, vorlaute und verruchte Nicole zu verwandeln, die mit 16 Jahren ein Erfolgstück schrieb, das vor Unmoral nur so dampft. Doch es stellt sich schnell heraus, die ›frivole‹ Handlung ist bar jeder Frivolität. Und die paar Verworfenheiten, die Romy Schneider hier zierlich äußert und die durch ein paar wilde Haarsträhnen und etwas Schminke erreichte wilde Verkommenheit im Gesicht sind mehr ein Trick, um die rosenfarbene Tugend um so mehr leuchten zu lassen. Bele Bachem sei gedankt, dass sie mit Phantasie und Koketterie, vor allem im Vorspann, aber auch in Kostümen und Szenenbildern, einiges getan hat, um die schwüle Erotik mit Raffinement zu verfremden.« (Die Zeit) ▶ Samstag, 17. September 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Dienstag, 20. September, 21.00 Uhr ▶ Sonntag, 18. September 2016, 18.30 Uhr Die Halbzarte | Österreich 1959 | R: Rolf Thiele | B: Hans Jacoby | K: Klaus von Rautenfeld | M: Hans-Martin Majewski | D: Romy Schneider, Carlos Thompson, Lysistrata in München | DDR 1961 | R: Herbert Gätcke | 2 min | Bericht der »Aktuellen Kamera« über die Kinopremiere in München. – Die Sendung der Lysistrata | BRD 1961 | R+B: Fritz Kortner, nach dem Romy Schneider 12 Stück »Lysistrata« von Aristophanes | K: Wolfgang Zeh, Frank A. Banuscher | M: Herbert Brün | D: Barbara Rütting, Romy Schneider, Karin Kernke, Ruth-Maria Kubitschek, Karl Lieffen, Wolfgang Kieling | 97 min | Kortners Fernsehspiel nach der altgriechischen Komödie von Aristophanes über den Sexstreik der Athener Frauen, die ihre kriegslüsternen Männer zur Räson bringen, war zur Zeit der Debatte über die atomare Aufrüstung der Bundesrepublik heftig umstritten. Der Bayerische Rundfunk klinkte sich aus dem Programm der ARD aus, so dass der Film in Bayern nur im Kino zu sehen war. Die Mitwirkung von Romy Schneider, die dem deutschen Kino der 1950er Jahre den Rücken gekehrt hatte, sorgte für zusätzlichen Aufruhr: »Das von anzüglicher Thematik bestimmte Werk bedingt, dass etwa die Darstellerin Romy Schneider in der Rolle der Lysistrata-Gefährtin Myrrhine Verse deklamieren muss, die der einstigen Sissi-Interpretin seltsam anstehen.« (Der Spiegel) ▶ Freitag, 23. September 2016, 18.30 Uhr Le combat dans l’île (Der Kampf auf der Insel) | Frankreich 1962 | R: Alain Cavalier | B: Alain Cavalier, Jean-Paul Rappeneau | K: Pierre Lhomme | M: Serge Nigg | D: Romy Schneider, Jean-Louis Trintignant, Henri Serre, Pierre Asso, Diane Lepvrier | 103 min | OmU | Leicht verklausuliert schildert der Film die Bestrebungen der Untergrundbewegung OAS (Organisation de l’Armée Secrète), die für den Verbleib Algeriens bei Frankreich kämpfte. Nachdem sein Attentat auf einen linken Politiker missglückt ist, flüchtet ein Aktivist in die Normandie und lässt seine Freundin bei einem überzeugten Pazifisten zurück. Die beiden verlieben sich und ziehen nach Paris. »Die Klarheit der von Rappeneau geschriebenen Dialoge, die simple Schönheit der Bilder und die unkonventionelle Montage machen LE COMBAT DANS L’ÎLE zu einem unvergesslichen Stück cinéma vérité. Schlichte Alltäglichkeiten, wie zum Beispiel der Gang Romy Schneiders in eine Apotheke oder die Autofahrt aufs Land, haben hier eine Magie, die einen an Godards À BOUT DE SOUFFLE denken lässt.« (André Schneider) ▶ Mittwoch, 21. September 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Sams- tag, 24. September 2016, 18.30 Uhr The Trial (Der Prozeß) | Frankreich 1962 | R: Orson Welles | B: Orson Welles, Antoine Tudal, nach dem Roman von Franz Kafka | K: Edmond Richard | M: Jean Ledrut, Tommaso Albinoni | D: Anthony Perkins, Orson Welles, Jeanne Moreau, Romy Schneider, Elsa Martinelli | 119 min | engl. OmU | In expressionistischem Schwarzweiß entwirft Orson Welles den düsteren Alptraum einer gespenstischen Bedrohung: Ein schuldiger Unschuldiger fällt in einer entindividualisierten Welt einer nichtgreifbaren Willkür zum Opfer. »Als Regisseur machte Orson Welles aus mir wieder etwas ganz Neues. Ich spielte völlig ungeschminkt, oft hässlich. Bei einer Großaufnahme habe ich mich in der Vorführung zum ersten Mal auf der Leinwand nicht erkannt – und das war für mich als Schauspielerin eine enorme Befriedigung und Bestätigung. Ich fand mich plötzlich auf einer neuen Stufe, die man mich in Deutschland nicht betreten lassen wollte.« (Romy Schneider) ▶ Freitag, 30. September 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Dienstag, 4. Oktober 2016, 21.00 Uhr The Cardinal (Der Kardinal) | USA 1963 | R: Otto Preminger | B: Robert Dozier, nach dem Roman von Henry Morton Robinson | K: Leon Shamroy | M: Jerome Moross | D: Tom Tryon, Romy Schneider, Carol Lynley, John Huston, Burgess Meredith | 185 min | OmU | »Während er die Kardinals-Insignien empfängt, erinnert sich Stephen Fermoyle seines wechselvollen Aufstiegs vom Bostoner Tramschaffnersohn zu einem der höchsten katholischen Würdenträger – die Panavision-Erfolgsstory eines Henry Ford in der Soutane. Selbst der Versuchung durch eine Europäerin (Romy Schneider – halb Sissi, halb Emanzipierte) widersteht der Mann Gottes; am Ende verkündet er die Identität von Christentum und US-Demokratie. Regisseur Otto Preminger insze- ▶ Sonntag, 25. September 2016, 18.30 Uhr What’s New Pussycat? (Was gibt’s Neues, Pussy?) | USA 1965 | R: Clive Donner | B: Woody Allen | K: Jean Badal | M: Burt Bacharach | D: Peter O’Toole, Peter Sellers, Romy Schneider, Woody Allen, Capucine, Ursula Andress | 108 min | OF | »Romy Schneider an der Seite Woody Allens, der hier seinen ersten Filmauftritt hat. Verlobt ist sie allerdings mit einem von Peter O’Toole verkörperten manischen Frauenhelden und deshalb immer wieder genötigt, sich von ihrem besten Freund Victor, dem zappeligen Woody Allen, trösten zu lassen, der natürlich heimlich in sie verliebt ist. Alle Beziehungen stehen unter der Überwachung eines Psychoanalytikers (Peter Sellers), der den Womanizer kurieren soll, ihm aber stattdessen völlig erfolglos nacheifert. Bunt, schrill und klamaukig ist diese von Clive Donner inszenierte Komödie, in der, verschwiemelt wie in den 1960ern üblich, Polygamie, Partnertausch und Sex vor der Ehe verhandelt werden.« (Daniela Sannwald) Romolo Valli, Paolo Stoppa, Amedeo Girard | 55 min | OmeU | Luchino Viscontis Beitrag zu dem Episodenfilm BOCCACCIO ’70: Romy Schneider als eine frivole Comtesse, die sich ihrem untreuen Ehemann als LuxusPlaygirl käuflich anbietet. »Die wachsame und bewegliche Kamera verfolgt jede Bewegung des neuen von Chanel und Visconti geformten Erotiksymbols. Romy vibriert vor Leben, ist lebendiger und intensiver denn je.« (Pierre J.-B. Benichon / Sylviane Pommier) – Romy – Portrait eines Gesichts | BRD 1967 | R+B: Hans Jürgen Syberberg | K: Kurt Lorenz, Klaus König | Mit Romy Schneider, Michel Piccoli, Jean Chapot | 59 min ▶ Freitag, 14. Oktober 2016, 18.30 Uhr La voleuse (Schornstein Nr. 4) | Frankreich 1966 | R: Jean Chapot | B: Jean Chapot, Marguerite Duras | K: Jean Penzer | M: Antoine Duhamel | D: Romy Schneider, Michel Piccoli, Hans-Christian Blech, Sonja Schwarz, ▶ Samstag, 1. Oktober 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Mittwoch, 5. Oktober 2016, 21.00 Uhr L’enfer d’Henri-Georges Clouzot (Die Hölle von Henri-Georges Clouzot) | Frankreich 2009 | R: Serge Bromberg, Ruxandra Medrea Annonier | B: Serge Bromberg | K: Irina Lubtchansky, Jérôme Krumenacker | M: Bruno Alexiu | Mit Romy Schneider, Bérénice Bejo, Jacques Gamblin, Catherine Allégret, Henri-Georges Clouzot | 96 min | OmeU | 1964 machte sich HenriGeorges Clouzot daran, ein großes, ambitioniertes, mit visionären Bildersequenzen ausgestattetes Eifersuchtsdrama mit Romy Schneider und Serge Reggiani in Szene zu setzen. Schon die Vorbereitungen waren von Misshelligkeiten überschattet, uferten endlos aus. Schließlich erlitt Clouzot einen Herzinfarkt, die Dreharbeiten wurden gestoppt, das Projekt ad acta gelegt. Der Filmhistoriker Serge Bromberg konstruierte aus dem nie verwendeten Rohmaterial Clouzots einen preisgekrönten Dokumentarfilm über die tragische Verlaufsgeschichte des gescheiterten Projekts. ▶ Sonntag, 2. Oktober 2016, 18.30 Uhr Il lavoro (Der Job) | Italien 1962 | R: Luchino Visconti | B: Luchino Visconti, Suso Cecchi d’Amico, nach einer Novelle von Guy de Maupassant | K: Giuseppe Rotunno | M: Nino Rota | D: Romy Schneider, Thomas Milian, Mario Huth | 88 min | Franscope | OmeU | »Eine aufregende Wiederentdeckung ist LA VOLEUSE, ein ästhetisch ambitionierter Schwarzweiß-Film. In diesem an spektakulären Schauplätzen im Ruhrgebiet gedrehten Drama verkörpert sie eine Mutter und Ehefrau, die ein eigenes, vor Jahren unehelich geborenes und in Pflege gegebenes Kind entführt. Mit obsessiver Energie verfolgt sie ihren Plan, schwankt zwischen tiefster Depression und Euphorie und begreift nicht, dass sie nicht nur Romy Schneider nierte Nachtklub-Episode, Priesterweihe und NS-Pogrom mit derselben Lust an spektakulären Effekten; randalierende Nazis, die eben noch ›Sieg Heil!‹ brüllten, weichen vor Mozarts Alleluja zurück.« (Der Spiegel) 13 ihr eigenes Leben zerstört, sondern auch ihren Mann und die Pflegeeltern unglücklich macht.« (Daniela Sannwald) ▶ Mittwoch, 12. Oktober 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Samstag, Romy Schneider 15. Oktober 2016, 18.30 Uhr 14 La piscine (Der Swimmingpool) | Frankreich 1969 | R: Jacques Deray | B: Jean-Claude Carrière | K: JeanJacques Tarbès | M: Michel Legrand | D: Alain Delon, Romy Schneider, Maurice Ronet, Jane Birkin, Paul Crauchet | 123 min | OmU | Ein Liebespaar verbringt seine Ferien in einer Villa in der Nähe von St. Tropez. Als ein gemeinsamer Freund mit seiner 18-jährigen Tochter zu Besuch kommt, entsteht eine zunehmend beklemmende Atmosphäre von Rivalität, Hass und Eifersucht. Für Romy Schneiders Image als internationaler Star ist der Film von großer Bedeutung. »Alle wichtigen Merkmale sind hier zu finden: eine kühle, fast herbe Erotik, die Rolle der modernen, in gewisser Weise freien und unabhängigen Frau in einem Film, der sich vor allem auf die psychischen Befindlichkeiten der Figuren konzentriert.« (Stephen Lowry / Helmut Korte) ▶ Dienstag, 18. Oktober 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Freitag, 21. Oktober 2016, 18.30 Uhr Les choses de la vie (Die Dinge des Lebens) | Frankreich 1970 | R: Claude Sautet | B: Claude Sautet, Paul Guimard, nach dessen Roman | K: Jean Boffety | M: Philippe Sarde | D: Michel Piccoli, Romy Schneider, Léa Massari, Gérard Lartigau | 89 min | OmeU | Ein erfolgreicher Architekt in den Vierzigern verunglückt mit seinem Alfa Romeo auf einer französischen Landstraße. Während er schwerverletzt im Gras liegt, zieht sein Leben an ihm vorbei: Begegnungen mit seiner Lebensgefährtin Hélène (Romy Schneider), der getrennt lebenden Frau Catherine, seinem Vater und seinem Sohn Gérard. Die Bilder des aus einer Vielzahl an Perspektiven gefilmten Unfalls sind ins kollektive Gedächtnis der französischen Filmgeschichte eingegangen. »LES CHOSES DE LA VIE ist einer meiner liebsten Filme, er berührt mich immer wieder, ohne in seiner Wirkung nachzulassen – weil er nicht veralten kann.« (Romy Schneider) ▶ Mittwoch, 19. Oktober 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Samstag, 22. Oktober 2016, 18.30 Uhr Max et les ferrailleurs (Das Mädchen und der Kommissar) | Frankreich 1971 | R: Claude Sautet | B: Claude Sautet, Jean-Loup Dabadie, Claude Néron, nach dessen Roman | K: René Mathelin | M: Philippe Sarde | D: Romy Schneider, Michel Piccoli, Bernard Fresson, François Périer, Georges Wilson | 108 min | OmeU | »Exakt gebaute Psycho-Falle mit BumerangEffekt – als Köder eine Ladung Gehirntücke, seidenweich und neurosentrüb. Ein aufregender, minutiös auskalkulierter Polizistenreißer – nicht mehr und nicht weniger. Der Regisseur enthält sich optischer Zirkustricks – er projiziert das Fängerdrama ganz in das Gesicht Michel Piccolis, auf die kalte Glut einer fixen Idee. Und Romy Schneiders Nutte Lilly ist ein Bravourstück schauspielerischer Disziplin: Balanceakt zwischen angetünchter Gossenkühle und verkapptem Gefühl. Fazit: Brillantes Zwielicht-Kino über die Psyche eines Jägers.« (Ponkie) ▶ Sonntag, 23. Oktober 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Dienstag, 25. Oktober 2016, 21.00 Uhr The Assassination of Trotsky (Das Mädchen und der Mörder) | Großbritannien 1971 | R: Joseph Losey | B: Nicholas Mosley, Masolino D’Amico | K: Pasqualino de Santis | M: Egisto Macchi | D: Richard Burton, Alain Delon, Romy Schneider, Valentina Cortese, Enrico Maria Salerno | 102 min | OmU | »Am 20. August 1940 wurde Leo Trotzki in seinem Exil in einem Vorort von Mexico City ermordet; der Täter, ein Agent von Stalins Geheimpolizei, hatte sich mit Hilfe einer ahnungslosen Mitarbeiterin Trotzkis den Zugang zu dessen Haus verschafft, das wie eine Festung bewacht wurde. Romy Schneider als Werkzeug des Mörders: ein strenges, herbes Fräulein mit glatt zurückgekämmten Haaren und kantigen Bewegungen, fanatisch für Trotzki begeistert, manchmal wie erstaunt über das eigene erotische Feuer, weil sie die große Liebe nie erwartet hatte; sie spielt diese Hörigkeit und zugleich den uneingestandenen Selbstbetrug, wenn sie die aufkeimenden Zweifel und Skrupel an ihrem rätselhaften Geliebten erstickt. Ein großartig gelungenes Porträt.« (Wolf Donner) ▶ Freitag, 28. Oktober 2016, 18.30 Uhr César et Rosalie (Cesar und Rosalie) | Frankreich 1972 | R: Claude Sautet | B: Jean-Loup Dabadie, Claude Sautet | K: Jean Boffety | M: Philippe Sarde | D: Yves Montand, Romy Schneider, Sami Frey, Umberto Orsini, Eva Maria Meineke | 110 min | OmeU | »Im jüngsten Salon-Stück des Franzosen Claude Sautet heißt Herr Montand Cesar und spielt einen SchrottGrossisten, der Romy Schneider liebt und sich ihrer Gegenliebe erfreut. Romy Schneider wird diesmal Rosalie genannt. Sie ist nicht ganz so versatil wie ihr Partner, sieht jedoch weit hübscher aus – ein Umstand, den Regisseur Sautet klug zu unterstreichen wusste: Rosalie wechselt fast 20 mal die Garderobe und kehrt auch einmal gänzlich unbedeckt den schönen Rücken zur Romy Schneider lUDWIG 15 Kamera. ›Du verwirrst mich aber‹, spricht darauf ihr Kollege Sami Frey, der sich im Film David nennt, Comics zeichnet und von Rosalie ebenfalls geliebt wird. Sie kann sich freilich nicht zwischen Cesar und ihm entscheiden.« (Der Spiegel) ▶ Mittwoch, 26. Oktober 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Samstag, 29. Oktober 2016, 18.30 Uhr Ludwig (Ludwig II) | Italien 1973 | R+B: Luchino Visconti | K: Armando Nannuzzi | D: Helmut Berger, Romy Schneider, Trevor Howard, Silvana Mangano, Gert Fröbe | 238 min | OmU | CinemaScope | Die Lebensgeschichte des bayerischen Königs Ludwig II., in deren Mittelpunkt seine schwärmerische Verehrung für den Komponisten Richard Wagner und seine geistige Wahlverwandte Kaiserin Elisabeth von Österreich steht. 15 Jahre nach der Sissi-Trilogie spielte Romy Schneider noch einmal die Rolle der österreichischen Kaiserin: »Frei, als etwas Lebendiges und mehr als nur ästhetisch Ansprechendes wirkt in Viscontis Diktatur des Formalen und Schönen allein Romy Schneider als Elisabeth von Österreich, was nicht nur von der realistischen, widerspenstigen Verfassung dieser Rolle herrührt, sondern ganz entscheidend von der schauspielerischen Bravour und Souveränität Romy Schneiders.« (Siegfried Schober) ▶ Sonntag, 30. Oktober 2016, 18.30 Uhr Le train (Nur ein Hauch von Glück) | Frankreich 1973 | R: Pierre Granier-Deferre | B: Pierre Granier-Deferre, Pascal Jardin, nach dem Roman von Georges Simenon | K: Walter Wottitz | M: Philippe Sarde | D: Jean-Louis Trintignant, Romy Schneider, Maurice Biraud, Paul Amiot, Anne Wiazemsky | 101 min | OmU | »1940; ein Zug voller Flüchtlinge fährt quer durch Frankreich von Sedan nach La Rochelle. Dreißig Menschen in einem Waggon, verzweifelte Lustigkeit, Egoismus, Angst, Sinnlichkeit. In dieser absurden Atmosphäre lieben sich ein scheuer, linkischer Techniker und eine deutsche Jüdin. Romy Schneider und Jean-Louis Trintignant spielen wunderschön; die schrecklichen, skurrilen, idyllischen Randszenen dieser Reise durch den Krieg, mit Dokumentarszenen ergänzt, sind genau und dicht. Den etwas larmoyanten, melodramatischen Einschlag, den der deutsche Titel noch unterstreicht, hat bereits die Vorlage von Georges Simenon.« (Wolf Donner) ▶ Mittwoch, 2. November 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Freitag, 4. November 2016, 18.30 Uhr Le mouton enragé (Das wilde Schaf) | Frankreich 1974 | R: Michel Deville | B: Christopher Frank, nach dem Roman von Roger Blondel | K: Claude Lecomte | M: José Berghmans | D: Romy Schneider, Jean-Louis Trintignant, Jean-Pierre Cassel, Jane Birkin, Florinda Bolkan | 105 min | OmU | »Michel Deville erzählt mit sanftem Zynismus die Geschichte eines linkischen Bankangestellten (Jean-Louis Trintignant), der unter Anleitung eines Kaffeehaus-Poeten (Jean-Pierre Cassel) zum Finanz-Tycoon aufsteigt. Deville, der schon immer hübsche Nichtigkeiten elegant zu verpacken wußte, erweist sich wiederum als konsequent eskapistisches Boulevard-Talent. Auch ist DAS WILDE SCHAF ein ansehnliches Stück spielerisch bunten Seifenblasen-Kinos, das mitsamt seinen augenzwinkernden Niedlichkeiten und halbherzigen Ironisierungen einen leicht faden Nachgeschmack hinterlässt. (Hans C. Blumenberg) ▶ Samstag, 5. November 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Dienstag, 8. November 2016, 21.00 Uhr Le trio infernal (Trio Infernal) | Frankreich 1974 | R+B: Francis Girod | K: Andréas Winding | M: Ennio Romy Schneider 16 ▶ Sonntag, 6. November 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Mittwoch, Gruppenbild mit Dame | BRD 1977 | R: Aleksandar Petrović | B: Aleksandar Petrović, Jürgen Kolbe, nach dem Roman von Heinrich Böll | K: Pierre-William Glenn | D: Romy Schneider, Brad Dourif, Richard Münch, Irmgard Först, Vitus Zeplichal | 108 min | Die Geschichte von Leni Gruyten im Nachkriegsdeutschland. »Romy Schneiders Begeisterung für die Rolle war groß. Sie bereitete sich intensiv vor und suchte ein Gefühl für das Kriegserleben zu erarbeiten. So gelang es ihr glaubwürdig, diese Leni als kluge, vorausblickende und humane Frau darzustellen, die aber als Opfer des Krieges durch das entstandene Leiden verstummt, nie über sich und ihre Ängste spricht, sondern agiert und gegebenenfalls ihre Handlungen erklärt. Bölls Leni – und auch Petrović hält sich daran – reflektiert nicht über sich. Sie wird über äußerliche Wahrnehmungen erkennbar, sie präsentiert sich allein durch ihr Handeln.« (Julia Danielczyk) 9. November 2016, 21.00 Uhr ▶ Samstag, 12. November 2016, 18.30 Uhr L’important c’est d’aimer (Nachtblende) | Frankreich 1975 | R+B: Andrzej Żuławski | K: Ricardo Aronovich | M: Georges Delerue | D: Romy Schneider, Fabio Testi, Jacques Dutronc, Claude Dauphin, Klaus Kinski | 108 min | OmeU | »Dieser erste ›große‹ Publikumsfilm Une histoire simple (Eine einfache Geschichte) | Frankreich 1978 | R: Claude Sautet | B: Claude Sautet, Jean-Loup Dabadie | K: Jean Boffety | M: Philippe Sarde | D: Romy Schneider, Claude Brasseur, Bruno Cremer, Arlette Bonnard, Roger Pigaut | 110 min | OmU | »Mit UNE HISTOIRE SIMPLE wollte Sautet erstmals ein Frauenleben nicht aus dem Blickwinkel eines Mannes, sondern aus der Sicht einer Frau erzählen. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen der Schauspielerin und dem Regisseur entstand ein Drehbuch, das genau auf Romy Schneider zugeschnitten war. Die Rolle der Marie spiegelt Schneider zufolge all ihre eigenen Probleme und Vorstellungen wider. 1979 wurde sie für ihre schauspielerische Leistung in UNE HISTOIRE SIMPLE mit einem César ausgezeichnet. Sautet, Dabadie und nicht zuletzt Romy Schneider schaffen eine emanzipierte Frau, die sich nicht um Konventionen zu kümmern scheint. Besonders im Umgang mit ihren Liebhabern ist sie sehr offen und versucht, ihre Unabhängigkeit zu bewahren.« (Anna Wirnsberger) Morricone | D: Michel Piccoli, Romy Schneider, Mascha Gonska, Monica Fiorentini, Philippe Brizard, Andréa Ferréol | 108 min | OmU | »Michel Piccoli erschießt Andréa Ferréol durchs Küchenfenster und schleppt mit Romy Schneider und Mascha Gonska die Leiche nach oben; sie zerstückeln sie, weichen die Teile mittels Säure in der Badewanne auf, schleppen die Brühe eimerweise in den Garten … Das dauert eine gute halbe Stunde, im Kino beginnt es förmlich zu stinken. Die authentische Geschichte von einem Notar und zwei deutschen Schwestern, die in den dreißiger Jahren in Südfrankreich durch barbarische Morde Versicherungen betrogen, hat Girod in seinem Erstling knallig, gallig und makaber inszeniert. Fröhliche Horrorschocks, ironisierte Unmoral, schwarzer Humor, ästhetisierter Unflat – eine Provokation in Aspik.« (Wolf Donner) des in Paris arbeitenden Wajda-Schülers Żuławski ist ein Werk der aufgewühlten, schrillen und schwülen Exaltationen. Hier wird nur im Superlativ gefühlt und agiert. Ein schöner, hartgesottener Fotoreporter steigt in vergammelten Villen, Pornoateliers und Schmierenbühnen der selbstverständlich ebenfalls schönen, aber beruflich und privat verderbten Schauspielerin Nadine (Romy Schneider) nach, ermöglicht ihr einen erfolglosen Bühnenauftritt in ›Richard III.‹ und Klaus Kinski, bei dieser Gelegenheit sein ganzes outriertes Selbst zu mimen. Ein Bubble-Gum, der so tut, als käme er direkt aus Fausts Laboratorium.« (Dieter E. Zimmer) ▶ Freitag, 11. November 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Mittwoch, 23. November 2015, 21.00 Uhr ▶ Sonntag, 13. November 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Diens- tag, 29. November 2016, 21.00 Uhr Death Watch (Der gekaufte Tod) | Frankreich 1980 | R: Bertrand Tavernier | B: David Rayfiel, Bertrand Tavernier | K: Pierre William Glenn | M: Antone Duhamel | D: Romy Schneider, Harvey Keitel, Harry Dean Stanton, Thérèse Liotard | 130 min | engl. OF | »In einer zeitnahen Zukunft, einer totalen TV-Gesellschaft, ist ›Death Watch‹ das populärste Fernsehprogramm: Sterben live, der beobachtete Tod als nicht mehr zu überbietender Akt des Voyeurismus. Der nächste Star dieser Serie ist Romy Schneider UNe HISTOIre SIMPle – eINe eINFAcHe GeScHIcHTe 17 eine angeblich todkranke Bestsellerautorin von Computer-Romanen, die ohne ihr Wissen von einem Reporter mit eingepflanzter Mini-Kamera im Auge beobachtet wird. Als böser Blick auf die Macht der Medien und die Kommerzialisierung des Todes mag Taverniers Film, der im letzten Drittel so unvermutet wie unverschämt in eine lyrische Liebesgeschichte mündet, vielleicht sehr verwirrend wirken. Er ist mit seiner irritierenden Mischung aus Thriller, Utopie und Romanze eine raffiniert verschlüsselte Reflexion über die Ausbeutung der Gefühle.« (Helmut W. Banz) ▶ Mittwoch, 7. Dezember 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Freitag, 16. Dezember 2016, 18.30 Uhr Garde à vue (Das Verhör) | Frankreich 1981 | R: Claude Miller | B: Claude Miller, nach dem Roman »Brain Wash« von John Wainwright | K: Bruno Nuytten | M: Georges Delerue | D: Lino Ventura, Michel Serrault, Romy Schneider, Guy Marchand, Elsa Lunghini | 84 min | OmU | »Lino Ventura, im gegerbten Gesicht Zweckrationalität und Staunen, und der weiche, blasse Michel Serrault reden eine Nacht lang über Hunde, Regenmäntel, Nebelhörner, das heißt über Indizien. Keine Frage, wer der Bulle ist und wer der Verdächtige. Dynamik entsteht in der bekannt sterilen Atmosphäre französischer Film-Polizeibüros durch das Wechselspiel zwischen Verhör und intimer Analysesituation. Das auslösende Schreckliche wird herbeizitiert: in Tatort-Tableaus die Sexualverbrechen an zwei kleinen Mädchen, in die der sarkastische Notar verwickelt zu sein scheint; in der verbalen und visuellen Metapher vom Flur, in dem ihn seine Frau (Romy Schneider) zehn Ehejahre lang frustrierend stehenließ.« (Claudia Lenssen) ▶ Dienstag, 13. Dezember 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Samstag, 17. Dezember 2016, 18.30 Uhr La passante du Sans-Souci (Die Spaziergängerin von Sans-Souci) | Frankreich 1982 | R: Jacques Rouffio | B: Jacques Rouffio, Jacques Kirsner, nach dem Roman von Joseph Kessel | K: Jean Penzer | M: Georges Delerue | D: Romy Schneider, Michel Piccoli, Helmut Griem, Dominique Labourier, Gérard Klein | 110 min | OmU | »Wenn Romy Schneider wie gehetzt und mit suchenden, unruhigen Augen durch die Halle des Pariser Flughafens läuft, wenn sie den Mann (Michel Piccoli), der sie dort erwartet, umarmt und wenn sie lächelt, denkt man unwillkürlich an andere RomySchneider-Filme, zum Beispiel von Claude Sautet. Und man erwartet: eine einfache Geschichte, die von den Dingen des Lebens erzählt. Jacques Rouffio, Regisseur dieses letzten Romy-Schneider-Films, erzählt von diesen Dingen: von Liebe und Hingabe, von Traurigkeit und Sehnsucht. Die Geschichte, die auch eine Geschichte der Selbstjustiz ist, mag man vergessen, an das schöne Gesicht der Romy Schneider wird man sich noch lange erinnern.« (Anne Frederiksen) ▶ Mittwoch, 14. Dezember 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Sonntag, 18. Dezember 2016, 18.30 Uhr Fox @ MoMA Fox @ MoMA: The Studio as Auteur ZOO IN BUDAPeST 18 Als am 16. Mai 1929 im Rahmen eines Banketts mit 270 geladenen Gästen im Hollywood Roosevelt Hotel in Los Angeles zum ersten Mal die Academy Awards verliehen wurden, gingen fünf von 12 der vergebenen Oscars an Produktionen der Fox Film Corporation: Beste künstlerische Produktion (Fox Film Corporation für SUNRISE), beste Hauptdarstellerin (Janet Gaynor für SUNRISE, 7TH HEAVEN, STREET ANGEL), beste Regie (Frank Borzage für 7TH HEAVEN), bestes adaptiertes Drehbuch (Benjamin Glazer für 7TH HEAVEN) und beste Kamera (Charles Rosher und Karl Struss für SUNRISE). William Fox war auf der Höhe seines Erfolgs: Der Besitzer von Nickelodeons und Kinos war 1914 in die Produktion von Filmen eingestiegen und hatte seine Fox Film Corporation in den 1920er Jahren zu einer der führenden amerikanischen Filmfirmen ausgebaut. Stets aufgeschlossen für technische Innovationen, hatte er sich Mitte der 1920er Jahre Patente für das Lichttonsystem gesichert, das sich in den 1930er Jahren durchsetzen sollte, experimentierte als einer der ersten mit Breitwandsystemen und frühen Formen des Merchandising und Cross-Marketing. Stärker als alle anderen Studios konzentrierte sich die Fox Film auf künstlerisch interessante Regisseure, etablierte die Namen von Raoul Walsh, John Ford, Frank Borzage, Howard Hawks und gab Erfolgsregisseuren aus Deutschland wie F. W. Murnau oder Erik Charell die Chance, ihren ersten amerikanischen Film zu drehen. Die besten Fox-Filme verbanden künstlerischen Anspruch mit kommerziellem Erfolg und gingen in die Filmgeschichte ein. Als William Fox Ende der 1920er Jahre zu seinem größten wirtschaftlichen Coup ausholte und MGM seiner Firma einverleiben wollte, scheiterte er an den AntiTrust-Gesetzen. Der Börsencrash von 1929 und ein schwerer Autounfall, der ihn für mehrere Monate außer Gefecht setzte, trugen dazu bei, dass er 1930 seine Anteile verkaufen musste und die Banken seine Firma übernahmen. Der Niedergang von William Fox wurde 1933 von Upton Sinclair ausführlich in seinem Buch »Upton Sinclair Presents William Fox« beschrieben. Die Fox Film Corporation produzierte weiterhin erfolgreiche Filme, blühte jedoch erst wieder auf, als sie 1935 mit der Firma Twentieth Century Pictures fusionierte und Dream Team: Gaynor & Farrell 7th Heaven (Im siebenten Himmel) | USA 1927 | R: Frank Borzage | B: Benjamin Glazer, nach dem Stück von Austin Strong | K: Ernest Palmer, Joseph A. Valentine | M: William P. Perry, Ernö Rapée | D: Janet Gaynor, Charles Farrell, Ben Bard, David Butler, Albert Gran | 118 min | OF | Movietone | Eine Geschichte unter, in und über Paris zu Beginn des Ersten Weltkriegs: Der Kanalarbeiter Chico nimmt die verwahrloste Diane in seiner Dachwohnung im 7. Stock auf. Die Mobilmachung trennt die beiden, doch im Universum von Frank Borzage, dem Meister des Melodrams, kann die Liebe wirklich alles bezwingen. Borzage ging ein großes Wagnis ein, als er mit Janet Gaynor und Charles Farrell zwei Unbekannte besetzte; er schuf so eines der größten Leinwandpaare, das bis 1934 in zwölf Filmen gemeinsam auftrat. Bei den ersten Academy Awards wurde Janet Gaynor für SUNRISE, 7TH HEAVEN und STREET ANGEL als beste Darstellerin ausgezeichnet. Die aufwändigen Sets erlaubten unvergleichliche Bilder, besonders der Kameraaufzug, mit dem der Aufstieg in den 7. Stock gefilmt wurde, und die Miniaturlandschaften, durch die die »Taxis de la Marne« fuhren. Berühmt wurde der Titelsong »Diane«, der auf der originalen Movietone-Tonspur des Stummfilms zu hören ist. ▶ Freitag, 9. September 2016, 21.00 Uhr Street Angel (Engel der Straße) | USA 1928 | R: Frank Borzage | B: Marion Orth, nach der Erzählung »Cristilinda« von Monckton Hoffe | K: Ernest Palmer | M: Ernö Rapée | D: Janet Gaynor, Charles Farrell, Natalie Kingston, Henry Armetta, Guido Trento | 102 min | OF | Movietone | Die Neapolitanerin Angela findet nach einem halbherzigen Versuch, als Prostituierte Geld zu verdienen, Zuflucht in einem Wanderzirkus. Dort wird sie als Artistin zur Hauptattraktion. Sie lernt den Maler Gino kennen und inspiriert ihn zu einem idealisierten Porträt. Fox Films bot dem Regisseur an, STREET ANGEL in Neapel zu drehen, das Borzage gut kannte. Doch er entschied sich dafür, alle Ressourcen des Studios in einem gewaltigen runden Set zu nutzen, in dem die Kamera fliegend, schwebend, gleitend verschiedenste Handlungselemente zusammenführte. Die Tonspur verwendet keinen Dialog; Musik, gesungene und gepfiffene Lieder verbinden die Liebenden, auch wenn sie getrennt sind. Der erste Texttitel in STREET ANGEL könnte über Borzages Gesamtwerk stehen: »Everywhere, in every town, in every street, we pass, unknowing, human souls made great through love and adversity«. ▶ Samstag, 10. September 2016, 21.00 Uhr Fox @ MoMA Darryl Zanuck die Leitung übernahm. Die 20th Century Fox existiert noch heute, zu ihren Erfolgsfilmen der letzten Jahrzehnte gehören STAR WARS (1977), ALIENS (1979), INDEPENDENCE DAY (1996), TITANIC (1997), XMEN (2000), ICE AGE (2002), AVATAR (2009) und THE MARTIAN (2015). 1935 verkündete das Museum of Modern Art in New York die Akquisition einer Gruppe von Filmen aus der Produktion der Fox Film Corporation und verbreitete eine Erklärung von Sidney R. Kent, der als Präsident der 20th Century Fox fungierte: »Ich habe mir die Aktivitäten des Museums für die Gründung einer Filmsammlung zur Erhaltung von Filmen verschiedener Produzenten angeschaut, die von bleibendem Wert für zukünftige Studien und Weiterentwicklungen der Filmkunst sind. Ich finde, dass dieses uneingeschränkte Unterstützung verdient, und es freut mich sehr, Filme der 20th Century-Fox Film Corporation dem Museum für seine Arbeit zur Verfügung zu stellen.« So gelangten wichtige Stummfilme und frühe Tonfilme in die Sammlung des Museum of Modern Art, die seinerzeit nur noch einen geringen kommerziellen Wert hatten. Dort wurden die wertvollen Nitromaterialien unter guten Bedingungen aufbewahrt und für Vorführungen in Archivkinos restauriert und umkopiert. Nachdem das Filmmuseum schon mehrere seiner eigenen Restaurierungen im Programm des Museum of Modern Art präsentiert hat, so 2012 eine vollständige Retrospektive der Filme von Werner Schroeter und 2015 unvollendete Filme aus dem Nachlass von Orson Welles, präsentiert das MoMA nun zum ersten Mal ein ganzes Programm mit restaurierten 35mm-Filmkopien aus seinem Bestand im Filmmuseum. Zu entdecken sind neben Erfolgsfilmen von Frank Borzage, die im Filmmuseum schon einige Male gezeigt wurden, vor allem unbekannte Werke, die zum größten Teil in Deutschland noch nicht zu sehen waren. Filme aus einer Phase der Filmgeschichte, die geprägt war von der Erfahrung des Ersten Weltkriegs, von Börsencrash und Depression, von Eskapismus, Musicals und märchenhaften Melodramen, aber auch von sozialen Dramen, ungewöhnlichen Genrefilmen und den Freiheiten der Pre-Code-Ära. Dave Kehr, Adjunct Curator des MoMA Department of Film, und David Stenn, Mitglied des MoMA Film Committee und Biograf von Clara Bow, werden nach München kommen und einige Filme einführen. Wir danken der 20th Century Fox und Hollywood Classics, die diese Präsentation unterstützen, und allen Mitarbeitern des Museum of Modern Art Department of Film für die gute Zusammenarbeit. Stefan Drößler / Filmtexte: Christoph Michel 19 Fox @ MoMA 20 Sunny Side Up (Hab’ Sonne im Herzen) | USA 1929 | R: David Butler | B: Buddy DeSylva | K: Ernest Palmer, John Schmitz | M: Buddy DeSylva, Lew Brown, Ray Henderson | D: Janet Gaynor, Charles Farrell, Marjorie White, El Brendel, Sharon Lynn | 123 min | OF | Der reiche John Cromwell ist darüber unglücklich, dass seine Verlobte Jane sich etliche Verehrer hält. Er bittet die Kaufhausangestellte Molly um Hilfe: Sie soll Jane eifersüchtig machen. Der erste gemeinsame Tonfilm für Gaynor&Farrell, ihre vierte Zusammenarbeit, braucht nur einen Hauch von Plot als Vorwand für ein bahnbrechendes Musical. Die Werbung versprach vollmundig: »The screen’s first original all talking, singing, dancing musical comedy.« Auch die ehrgeizigen Special Effects stehen ganz selbstverständlich im Dienste der Songs, wie in der epochalen Eskimonummer »Turn On the Heat«. Mit weiteren mitreißenden Songs wie »You Find the Time, I’ll Find the Place« und brillanten Choreografien, die in aberwitzigen Sets für die Kamera arrangiert sind wie später bei Busby Berkeley, nimmt SUNNY SIDE UP bereits die Entwicklungen der Musicals der 1930er Jahre vorweg. ▶ Sonntag, 11. September 2016, 21.00 Uhr A Director’s Medium: Raoul Walsh The Yellow Ticket | R: USA 1931 | Raoul Walsh | B: Jules Furthman, nach dem Stück von Michael Morton | K: James Wong Howe | M: Carli Elinor | D: Elissa Landi, Lionel Barrymore, Laurence Olivier, Walter Byron, Mi- Journalisten kennen und verschafft ihm illegal Informationen über die Abgründe im vorrevolutionären Russland. Das bringt beide in Lebensgefahr. Raoul Walshs Inszenierung in reichem Chiaroscuro betont immer wieder gerade die Dinge, die wir nicht sehen, während James Wong Howes ständig gleitende, schwebende Kamera uns tiefer und tiefer in die Geschichte hineinzieht. Anders als im Theatererfolg von 1914 (und in den drei früheren Verfilmungen) steht bei Walsh der Gelbe Schein nicht allein für die zaristische Unterdrückung der Juden; Walshs Thema ist die männliche Unterdrückung der Frauen. Einen der Männer, die die Heldin bedrängen, spielt Boris Karloff (ungenannt). ▶ Freitag, 16. September 2016, 21.00 Uhr Wild Girl | USA 1932 | R: Raoul Walsh | B: Doris Anderson, nach der Erzählung »Salomy Jane’s Kiss« von Bret Harte | K: Norbert Brodine | M: J. S. Zamecnik | D: Charles Farrell, Joan Bennett, Ralph Bellamy, Eugene Pallette, Irving Pichel | 80 min | OF | Salomy Jane lebt mit ihrem Vater in einer Kleinstadt in der Sierra Nevada. Die Männer im Ort stellen ihr nach, gegen ihren schlimmsten Verfolger Phineas Baldwin muss sie sich mit Gewalt wehren. Dann taucht ein Fremder auf, der mit Baldwin eine Rechnung offen hat. Walsh unterzieht den oft verfilmten Stoff einer tiefgreifenden Stilisierung. Er präsentiert die handelnden Personen als sprechende Porträts in einem Fotoalbum, die aufgeblättert werden und sich selber vorstellen: »I’m Salomy Jane. I like trees better’n men, they’re straight«. Auch der Fortschritt der Handlung wird »weitergeblättert«. Wiederholt taucht der Postkutscher auf und berichtet wie ein griechischer Bote von neuen, nicht gezeigten Ereignissen. Über allem ruhen die traumhaft schönen SequoiaBäume. »In diesem verwunschenen Wald finden Salomy Jane und der Fremde die Freiheit und den Frieden, den Humphrey Bogart als Roy Earle in Walshs späterem HIGH SIERRA vergebens sucht.« (Robert Regan) ▶ Samstag, 17. September 2016, 21.00 Uhr scha Auer | 84 min | OF | Russland 1913: Marya Kalish erfährt, dass ihr Vater im Gefängnis in Sankt Petersburg dem Tode nahe ist. Doch sie kann nicht zu ihm, denn als Jüdin ist ihr das Reisen untersagt. So besorgt sie sich einen »Gelben Schein«, ein Reisepapier für Prostituierte. Unterwegs lernt sie einen englischen Under Pressure (Giganten der Unterwelt) | USA 1935 | R: Raoul Walsh | B: Borden Chase, nach seinem Roman »Sand Hog« | K: Hal Mohr, L.W. O’Connell | D: Edmund Lowe, Victor McLaglen, Florence Rice, Marjorie Rambeau, Charles Bickford | 70 min | OF | Die Journalistin Pat berichtet vom Bau eines U-BahnTunnels unter dem East River und hofft, dann nicht mehr für die Klatschspalte schreiben zu müssen. Jumbo und Shocker leiten einen Trupp Tunnelarbeiter, ein konkurrierender Trupp gräbt ihnen von Manhattan aus entgegen – wer weiter kommt, hat auch künftig ▶ Sonntag, 18. September 2016, 21.00 Uhr ohne ihr Wissen zu helfen, damit sie ein von der Vergangenheit unbelastetes Leben beginnen kann. Der Film ist reich an düsterer und makabrer Atmosphäre: Im Keller der Untergrund-Kneipe »Casque d’Or« steht ein gewaltiger Backofen, der auch grausigen Zwecken dient. WHILE PARIS SLEEPS zählt zu den Filmen der Fox, in denen F. W. Murnaus stilistischer Einfluss klar erkennbar ist, Costauds Flucht durch den nebligen Dschungel erinnert deutlich an SUNRISE. Der Regisseur Allan Dwan setzt Dialoge knapp und gezielt ein und »ist wie immer besonders denjenigen Figuren zugeneigt, deren Schicksal durch tragische oder bemitleidenswerte Wendepunkte geprägt wurde« (Jacques Lourcelles). ▶ Samstag, 24. September 2016, 21.00 Uhr Paris lies on the Fox lot. Munich too. Riley the Cop | USA 1928 | R: John Ford | B: Fred Stanley, James Gruen | K: Charles G. Clarke | D: J. Farrell MacDonald, Louise Fazenda, Nancy Drexel, David Rollins, Harry Schultz | 66 min | OF | Movietone | Gleich zu Beginn erklärt Riley: »You can tell a good cop by the arrests he doesn’t make«. In 20 Jahren bei der New Yorker Polizei musste er nie jemanden verhaften, er wird in seinem Viertel respektiert und gilt als Vaterfigur. Jetzt schickt man ihn nach Europa, um von dort einen Verdächtigen heimzuholen. Bei seinen Ermittlungen in Paris und München (»Why couldn’t the lad be arrested in Ireland?«) verändert sich bald seine Sicht auf den Gesuchten, und eine temperamentvolle junge Münchnerin stellt Rileys Welt vollends auf den Kopf. Eine fantasievolle, warmherzige und temporeiche KulturschockKomödie, die ganz von den Figuren lebt und fast ohne Handlung auskommt, mit Musik und Toneffekten auf der originalen Movietone-Spur. »RILEY THE COP ist der Stummfilm von Ford, der einem nicht den Eindruck vermittelt, dass er die Zwischentitel nur illustrieren und eigentlich ein Tonfilm sein möchte. RILEY THE COP ist echtes Kino.« (Tag Gallagher) ▶ Freitag, 23. September 2016, 21.00 Uhr While Paris Sleeps (Nacht über Paris) | USA 1932 | R: Allan Dwan | B: Basil Woon | K: Glen MacWilliams | D: Victor McLaglen, Helen Mack, William Bakewell, Jack La Rue, Rita La Roy | 63 min | OF | Der Sträfling Jacques Costaud flieht von der Teufelsinsel und kehrt in die Pariser Unterwelt zurück, um seine Tochter Manon zu finden und sie vor einem Zuhälterring zu schützen. Manon wuchs in der Überzeugung auf, ihr Vater sei 15 Jahre zuvor bei Verdun gefallen. Daher gibt er vor, ein Freund ihres Vaters zu sein und versucht ihr The »It« Girl: Clara Bow Call Her Savage | USA 1932 | R: John Francis Dillon | B: Edwin J. Burke, nach dem Roman von Tiffany Thayer | K: Lee Garmes | M: Peter Brunelli, Arthur Lange | D: Clara Bow, Gilbert Roland, Thelma Todd, Monroe Owsley, Estelle Taylor | 90 min | OF | Launisch, gewaltbereit, herrisch und unberechenbar – schon als Teenager tyrannisiert Nasa Springer ihre Eltern und ihre Umgebung, sie ringt mit ihrer Dogge und peitscht einen Vorarbeiter aus. Ihr Vater, ein aufstrebender Unternehmer, schickt sie auf die Schule nach Chicago, wo sie sich bald einen Namen als Playgirl macht und die schrecklichsten Schicksalsschläge erleidet – »enough melodrama for three movies« (David Stenn). Das weltberühmte »It« Girl Clara Bow war in den 1920er Jahren das Symbol für die sexuell befreite Frau schlechthin: lebendig, unabhängig, nicht unterzukriegen und unwiderstehlich. Bow überstand den Wechsel zum Tonfilm gut, doch ein Nervenzusammenbruch mit Klinikaufenthalt unterbrach 1931 jäh ihre Karriere. Unter mehreren Angeboten wählte sie einen neuen Vertrag mit der Fox Film Corporation über zwei Filme, die ihre letzten wurden. Ihr vorletzter Film CALL HER SAVAGE türmt Klischees auf Sensationen, vermengt Tabubruch und Sittenfilm. Dienstag, 27. September 2016, 21.00 Uhr | Einführung: David Stenn Hoopla | USA 1933 | R: Frank Lloyd | B: Bradley King, nach dem Stück »The Barker« von Kenyon Nicholson | K: Ernest Palmer | D: Clara Bow, Preston Foster, Richard Cromwell, Herbert Mundin, James Gleason | 80 min | OF | Lou ist als Bauchtänzerin die große Attraktion einer Jahrmarktsschau: »Watch her, folks, Fatima, Fox @ MoMA Arbeit. Angesichts der wachsenden Rivalität zwischen den Männern und des ständigen Unfallrisikos ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis eine Katastrophe eintritt, ob Einsturz, Explosion, Brand, Wassereinbruch oder Druckverlust. »Timely, thrilling drama of heroes who toil and triumph under tons of treacherous river«, lautete die Ankündigung. Ein Film ohne einen überflüssigen Moment. Walsh setzt sämtliche Mittel ein, um das symbolisch aufgeladene Arbeiten unter Hochdruck für das Publikum spürbar zu machen: Die klaustrophobischen Sets, das virtuose Sound Design und die aufwändigen, brillanten Effekte sind unvergesslich. 21 Fox @ MoMA 22 fresh from the sultan’s harem. She’s young, folks. But, boy, does she know her men! Hoop-la!« Angestiftet durch die abgelegte Freundin ihres Chefs Nifty macht Lou sich daran, Niftys naiven Sohn Chris zu verführen. Aus Spiel wird Ernst, Lou und Chris heiraten und gehen nach Chicago, was zum Bruch zwischen Vater und Sohn führt. Mit 28 Jahren spielt Clara Bow eine »reife Frau«, ihre aufrichtige, ungekünstelte Darstellung rettet den Film vor Schund und Sentimentalität. Nach ihren zwei Rollen bei Fox Film zog sie sich endgültig ins Privatleben zurück. Sie sagte: »A sex symbol is a heavy load to carry when one is tired, hurt and bewildered.« Die Verführungssequenz am Teich wurde auf Betreiben des Hays Office gekürzt und umgeschnitten, um den Eindruck zu erwecken, dass dem Paar unmöglich Zeit für Sex geblieben sein könne. ▶ Mittwoch, 28. September 2016, 21.00 Uhr | Einfüh- rung: David Stenn To Rediscover: William K. Howard The Trial of Vivienne Ware | USA 1932 | R: William K. Howard | B: Philip Klein, nach dem Roman von Kenneth M. Ellis | K: Ernest Palmer | M: R.H. Bassett, Hugo Friedhofer | D: Joan Bennett, Donald Cook, Richard ›Skeets‹ Gallagher, ZaSu Pitts, Lilian Bond | 55 min | OF | Als die wohlhabende Vivienne Ware den Heiratsantrag des Geschwindigkeit und Ökonomie erzählt. Die präzise angelegte Rückblendenstruktur, der hintergründige Dialogwitz des Drehbuchs und die innovativen, experimentellen Stilmittel der Regie kulminieren im wohl temporeichsten Prozess der Filmgeschichte. Reißschwenks verbinden Schnitte, so dass es wirkt, als wäre der hemmungslose Schlagabtausch zwischen Anklage und Verteidigung in einem einzigen Take gedreht. ▶ Donnerstag, 29. September 2016, 19.00 Uhr | Einfüh- rung: Dave Kehr Don’t Bet on Women | USA 1931 | R: William K. Howard | B: William Anthony McGuire | K: Lucien Andriot | D: Edmund Lowe, Jeanette MacDonald, Roland Young, J.M. Kerrigan, Una Merkel | 71 min | OF | Fünf Jahre nach seiner Scheidung behauptet Roger Fallon auf einer Party, dass ihm jede Frau nach spätestens 48 Stunden in den Armen liegt, und wettet mit seinem Freund Herbert um 10.000 $, dass das auch für die nächste Frau gilt, die die Schwelle übertritt. Die nächste ist aber Herberts Ehefrau Jeanne. William K. Howard inszeniert mit leichter Hand und exaktem Timing, ganz unaufgeregt und entspannt. Das Drehbuch ist gespickt mit Doppeldeutigkeiten. Neben der Lubitsch-erfahrenen Jeanette MacDonald als die zu kompromittierende Gattin ragt besonders Una Merkel heraus. »Merkel stammte aus Covington, Kentucky, und hatte einen natürlichen breiten Südstaaten-Akzent. Als Tallulah Hope ist sie überdreht, geradeheraus, zugleich naiv und abgeklärt. Der Film enthält alle Elemente, denen der Motion Picture Production Code einen Riegel vorschieben wollte: anzügliches Verhalten, freizügige Kleidung, zweideutige Situationen und ungehemmten Alkoholkonsum.« (Anne Morra) ▶ Donnerstag, 29. September 2016, 19.00 Uhr | Einfüh- rung: Dave Kehr Three Faces of Music zwielichtigen Architekten Damon Fenwick annimmt, ist der Anwalt John Sutherland, der sie liebt, am Boden zerstört. Kurz darauf erkennt sie, dass Fenwick sie hintergeht. Noch am selben Abend wird Fenwick ermordet, und Vivienne Ware ist die Hauptverdächtige. Sutherland übernimmt die Verteidigung, doch selbst er beginnt an ihrer Unschuld zu zweifeln. Der Mordprozess wird ein Medienereignis mit Live-Berichterstattung. THE TRIAL OF VIVIENNE WARE ist von Anfang an mit unglaublicher Caravan | USA 1934 | R: Erik Charell | B: Melchior Lengyel, nach seiner Erzählung »Gypsy Melody« | K: Ernest Palmer, Theodor Sparkuhl | M: Werner Richard Heymann | D: Charles Boyer, Loretta Young, Jean Parker, Phillips Holmes, Louise Fazenda | 103 min | OF | Prinzessin Wilma soll zur Heirat gezwungen werden und flüchtet in die Arme eines feschen fremden Leutnants, doch die Lage verkompliziert sich durch ihren herrischen Onkel, ihre Gouvernante, einen fahrenden Musikanten, einen »Zigeunerkönig«, einen Winkeladvokaten und eine Reihe weiterer Gestalten. Die wirbelnde Ge- ▶ Freitag, 30. September 2016, 21.00 Uhr | Einführung: Dave Kehr Hearts in Dixie | USA 1929 | R: Paul Sloane | B: Walter Weems | K: Glen MacWilliams | M: Howard Jackson, Walter Weems | D: Clarence Muse, Eugene Jackson, Stepin Fetchit, Bernice Pilot, Clifford Ingram | 72 min | OF | Hollywoods erster Film mit (nahezu) rein schwarzer Besetzung ist ein Musical über das Leben in den Südstaaten – keine Sklavengeschichte, sondern eine Szenenfolge über Menschen, die ihr Leben in die Hand nehmen, dabei zugleich eine Tanzrevue und eine Feier der afroamerikanischen Musik: »The Screen’s First Singing, Dancing, Talking Comedy of the Old South«. HEARTS IN DIXIE war nach dem Ersteinsatz über 40 Jahre lang nicht zu sehen, ehe er im MoMA für eine Reihe über die Ursprünge des amerikanischen Filmmusicals wiederentdeckt wurde. Er ist eine weiße Fantasie über schwarzes Leben, eine Mischung aus teils progressiven, teils hoch problematischen Elementen. Die Gestalt des Faulenzers und Drückebergers Gummy beispielsweise wirkt heute mehr als befremdlich, doch gibt es Kritiker, die in der krass überzeichneten Darstellung durch Stepin Fetchit (bekannt aus vielen Filmen von John Ford) eine Satire sehen. ▶ Samstag, 1. Oktober 2016, 21.00 Uhr I Am Suzanne! (Ich bin Susanne) | USA 1933 | R: Rowland V. Lee | B: Rowland V. Lee, Edwin Justus Mayer | K: Lee Garmes | M: Louis De Francesco, Friedrich Hollaender, Forman Brown | D: Lilian Harvey, Gene Raymond, Leslie Banks, Georgia Caine, Halliwell Hobbes | 100 min | OF | viragiert | Dem Pariser Marionettenspieler Tony läuft das Publikum davon; der Grund dafür ist die Tänzerin Suzanne, der Star der großen Revue de Paris im benachbarten Theater. Fasziniert bittet er sie darum, eine Puppe nach ihr fertigen zu dürfen. Eifersüchtig droht Suzannes Entdecker, der ›Baron‹, sie Fox @ MoMA schichte in einem Wolkenkuckucks-Ungarn stammt von Melchior Lengyel, der später die Storys zu Ernst Lubitschs NINOTCHKA (1939) und TO BE OR NOT TO BE (1942) beisteuerte. Erik Charell war berühmt für seine Bühnenrevuen am Großen Schauspielhaus in Berlin, 1931 drehte er mit DER KONGRESS TANZT einen der großen Klassiker des frühen deutschen Tonfilms. Durch seinen zweiten Film CARAVAN, der kurz nach dem Inkrafttreten des Production Code in die Kinos kam, weht noch ein letzter Hauch von Pre-Code, die Figuren sind noch nicht entsexualisiert. Der aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbare Misserfolg bei Kritik und Publikum setzte Charells Filmkarriere ein jähes Ende. 23 auf die Straße zu setzen. In I AM SUZANNE! ist die zentrale Metapher der Puppenexistenz auf allen Ebenen präsent, der Film verwischt zusehends die Grenze zwischen der Menschen- und der Marionettenwelt. Geführt von den Händen der Yale Puppeteers wirken die Puppen lebendig – im Gegenzug sehen wir eine Traumsequenz, in der die Menschen als Puppen agieren. Der Baron manipuliert Suzanne wie eine Puppe, und die Rehabilitation nach ihrem Unfall ist eine Form des Marionettenspiels. Die Filmkopie enthält das originale und für einen Tonfilm äußerst ungewöhnliche Farbschema, nach dem die einzelnen Szenen monochrom eingefärbt wurden. ▶ Sonntag, 2. Oktober 2016, 21.00 Uhr Fox in Love: Romances Bad Girl | USA 1931 | R: Frank Borzage | B: Edwin J. Burke, nach dem Roman von Viña Delmar | K: Chester Lyons | D: James Dunn, Sally Eilers, Minna Gombell, William Pawley, George Irving | 90 min | OF | Dot und Eddie sind ein junges arbeitendes Paar in Brooklyn, ihre Beziehung leidet jedoch unter dem wirtschaftlichen Druck der Great Depression. Als Dot schwanger wird, ist sie davon überzeugt, dass er das Kind nicht will, und er glaubt dasselbe von ihr. BAD GIRL widerlegt Kent Jones’ These, Borzage habe »nie auch nur das geringste Interesse am Alltagsleben gezeigt«, denn Dot und Eddie sind kein transzendentes Liebespaar, sondern stets anrührend erdverbunden. Der Filmbeginn, das illusionslose Kennenlernen des Paares, die Szenen in der Mietskaserne erfassen unmittelbar das Leben in der Wirtschaftskrise, in Eddies Worten: »Born on the second floor, probably died on the fifth. Two lives spent climbing three flights of stairs«. Die Vorlage zu BAD GIRL war ein kalkuliertes Skandalbuch, in dem aber gerade die stärksten Passagen der Filmhandlung nicht vorkommen. Borzage erzählt schlichter, nüchterner, beiläufiger als je zuvor von Bindungsfähigkeit und Reife, bei ihm gibt es keine Schurken außer der Armut. Zoo in Budapest (Revolte im Zoo) | USA 1933 | R: Rowland V. Lee | B: Dan Totheroh, Louise Long, Rowland V. Lee | K: Lee Garmes | D: Loretta Young, Gene Raymond, O. P. Heggie, Wally Albright, Paul Fix | 83 min | OF | viragiert | Bei einem Zoobesuch lernt das Waisenmädchen Eve den jungen Zani kennen, der im Zoo aufgewachsen ist und nur Tiere seine Freunde nennt. Sie flieht aus dem strengen Regime des Waisenhauses zu ihm. Der Zoo wirkt zunächst wie ein feindseliger Dschungel, wandelt sich jedoch nach und nach zu einem Garten Eden. ZOO IN BUDAPEST ist einer der poetischsten Filme von Rowland V. Lee und in seinen vielfach aufgeladenen Bildern nie auf nur eine Aussage festzulegen. Neben vielen anderen Dingen ist er auch ein ökologisches Manifest und ein Tierschutzpamphlet. Ein absolut einmaliger Film von ekstatischer Schönheit mit atemberaubenden Bildern, die an Josef von Sternbergs Filme erinnern – Lee Garmes war Sternbergs bevorzugter Kameramann. Die Filmkopie weist die originale Färbung auf, die für die traumhafte Wirkung des Films unverzichtbar ist. 6 Hours to Live! | USA 1932 | R: William Dieterle | B: Bradley King, nach der Erzählung »Auf Wiedersehen« von Morton Barteaux und Gordon Morris | K: John F. Seitz | M: R.H. Bassett, Peter Brunelli | D: Warner Baxter, Miriam Jordan, John Boles, George Marion Sr., Halliwell Hobbes | 78 min | OF | »Während einer internationalen Konferenz in Genf wird ein Diplomat ermordet. Dank einer sensationellen Erfindung erhält er einen sechsstündigen Lebensaufschub, der ihm erlaubt, seine politischen Feinde bloßzustellen und zur Völkerverständigung aufzurufen.« Dieterles Film enthüllt »die beiden Grundzüge von Dieterles Filmarbeit, nämlich einerseits seine Vorliebe für das Fantastische, Überspannte, und andererseits ein humanistisches, progressives Credo.« (Hervé Dumont) Während die Universal Studios zu Beginn der 1930er mit stilvollem Horror und Science Fiction gewaltige Erfolge feierten, wagte die Fox sich kaum aufs Terrain der Fantastik. Die wenigen Ausnahmen gerieten dafür umso eindrucksvoller, weil keine Studiovorgaben für die Handlung, die Figurenzeichnung oder den visuellen Stil zu befolgen waren. 6 HOURS TO LIVE! vereint Rachemotive aus Western und Thriller mit Elementen des Mysterienspiels, das Dieterle so liebte, und der Passionsgeschichte. ▶ Samstag, 15. Oktober 2016, 21.00 Uhr ▶ Freitag, 28. Oktober 2016, 21.00 Uhr Adorable | USA 1933 | R: William Dieterle | B: George Marion Jr., Jane Storm | K: John Seitz | M: Werner Richard Heymann | D: Janet Gaynor, Henry Garat, C. Aubrey Smith, Herbert Mundin, Blanche Friderici | 88 min | OF | »On the map of Central Europe, midway between Munich and Vienna, there is no such place as HipsburgLegstadt. Therefore, in this secluded little Kingdom, we begin.« Prinzessin Mitzi geht inkognito tanzen und schon verliert sie ihr Herz. Aber was wird sein, wenn der Liebste erfährt, dass sie eine Prinzessin ist und keine Maniküre? Was, wenn sie erfährt, dass er kein Gemüsehändler ist, sondern Offizier? ADORABLE ist voller visueller Einfälle und virtuoser Effekte, nach dem Ball tanzen Mitzis Schuhe weiter, ihr Bett wiegt sich zur Musik und die Kamera erforscht die weitläufigen Zuckerbäckersets des Palastes. Das Musical ist ein recht eigenständiges Remake des deutschen Operettenfilms IHRE HOHEIT BEFIEHLT (1931), Werner Richard Heymanns Kompositionen wurden direkt übernommen. Gaynor und Garat singen voller Überzeugung herrlich alberne Texte: »You’re so completely adorable / Is the way to your heart explorable?« Trick for Trick | USA 1933 | R: Hamilton MacFadden | B: Howard J. Green | K: L. W. O’Connell | D: Ralph Morgan, Victor Jory, Sally Blane, Tom Dugan, Luis Alberni | 70 min | OF | Sechs Monate sind vergangen, seit die Assistentin des Illusionisten Azrah tot aufgefunden wurde. Sein Rivale La Tour arrangiert eine Séance, bei der er Azrah des Mordes überführen will. Doch es kommt zu einem tödlichen Missgeschick. »Nach TRICK FOR TRICK wieder ans heiße Tageslicht zu stolpern, ist kein gewöhnliches Abenteuer. Der neue Film handelt von Zauberei, und er versetzt den leichtgläubigen Zuschauer in Windeseile in ein Reich, in dem praktisch alles geschehen kann.« (New York Times) Regisseur Hamilton MacFadden war ein Spezialist für atmosphärisch dichte, ausgefeilte whodunits, er schuf einige der schönsten Charlie-Chan-Filme. McFadden konnte die spannende Geschichte voller unerwarteter Wendungen mit einer Idealbesetzung realisieren. Ein besonderer Genuss bei diesem Duell zweier Zauberkünstler ist das unglaubliche Arsenal verblüffender Special Effects aus dem unerschöpflichen Ideenreichtum von William Cameron Menzies. ▶ Sonntag, 16. Oktober 2016, 21.00 Uhr ▶ Samstag, 29. Oktober 2016, 21.00 Uhr Fox @ MoMA ▶ Freitag, 14. Oktober 2016, 21.00 Uhr 24 Outside the box: Fantasies Die Auseinandersetzung mit Kino und Filmgeschichte bestimmt das Programm des Filmmuseums. Dabei droht neben großen Retrospektiven und thematischen Programmen die analytische Auseinandersetzung mit einzelnen Werken und mit filmtheoretischen Aspekten zu kurz zu kommen. Die Filmreihe »Kino-Lectures« versammelt einerseits essayistische Filme, die Gestaltungsmittel des Films erläutern und analysieren, und lädt andererseits Referenten ein, einzelne Aspekte der Filmgeschichte und Diskurse über die Werke von Filmemachern zu präsentieren. Dabei werden auch Filmausschnitte herangezogen, um Vergleiche zu ermöglichen, Zusammenhänge herzustellen und Gesamtwerke von Filmautoren zu durchleuchten. Als eine Art Konstante ziehen sich durch das Programm fünf aufeinander aufbauende Abende mit dem ehemaligen Filmreferenten des Kulturreferats der Landeshauptstadt München, Andreas Rost, der sich Ingmar Bergman als Filmautor ausgewählt hat. Rost betrachtet Bergmans Werk als »Mindscreen«, wobei er sich auf Bruce F. Kawins gleichnamiges Buch und die kognitiven Filmtheorien von Noël Carroll und David Bordwell beruft. »Die kleine Auswahl von fünf Filmen Bergmans aus einer Zeitspanne von 20 Jahren will den Versuch wagen, dem Werk des großen schwedischen Filmautors aus einem Abstand von vielen Jahrzehnten neu zu begegnen und nachzuforschen, inwieweit seine damals doch so verfänglichen Filme heute noch einen ›Zauber‹ spüren lassen, der die Zeiten überdauert hat. So viel besser scheint die Welt nicht geworden zu sein, als dass die Dämonen eines Bergman, der sich als Grenzgänger zwischen Angstträumen und einer beängstigenden Welt bewegte, verschwunden wären und wir uns im Lichte einer vernünftigen Wirklichkeit oder der Verwirklichung von Vernunft – wie es Hegel für seine Zeit postulierte – bei der Einrichtung und den Zuständen unserer Lebenswelt zufrieden geben könnten.« (Andreas Rost) Zwischen den Bildern. Zur Geschichte der Filmmontage | BRD 1983 | R+B: Heide Breitel, Klaus Feddermann, Helmut Herbst, Hans Helmut Prinzler | K: Jody Saslow, Gregory von Berblinger, Carlos Bustamante, Helmut Herbst | M: Joachim Bärenz | 185 min | Der erste Teil des dreiteiligen Filmessays handelt von der MONTAGE IM ERZÄHLKINO. Weil das Erzählkino vor allem amerikanisches Kino ist, behandelt dieser Teil die Montage des Westerns: in Konfrontationen, wo Gut und Böse durch Schnitte getrennt werden. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der MONTAGE IM DOKUMENTARISCHEN FILM. Vor allem in deutschen Dokumentarfilmen. Da gibt es eine Gegenüberstellung von symphonisch, harmonisch, nach formalen Prinzipien geschnittenen Filmen mit Filmen, in denen Menschen zu sehen sind, die nicht den Schnitten und dem Rhythmus der Schnitte untergeordnet werden. Im dritten Teil ÜBER DIE TRÄGHEIT DER WAHRNEHMUNG reflektieren experimentell arbeitende Filmemacher wie Jean-Luc Godard, Werner Nekes, Danièle Huillet und Jean-Marie Straub, Alexander Kluge und Klaus Wyborny ihr Verhältnis zum Schnitt, zur Montage und damit zur Geschichte des Films. ▶ Dienstag, 13. September 2016, 19.00 Uhr Martina Müller: Max Ophüls | 30 min – Liebelei | Deutschland 1933 | R: Max Ophüls | B: Hans Wilhelm, Curt Alexander, nach dem Stück von Arthur Schnitzler | K: Franz Planer | M: Theo Mackeben | D: Magda Schneider, Wolfgang Liebeneiner, Gustaf Gründgens, Olga Tschechowa, Luise Ullrich | 82 min | Die ungewöhnlich dichte Verfilmung von Arthur Schnitzlers Drama über schicksalshafte Liebschaften im Wien der k.u.k.-Monarchie gilt als einer der schönsten deutschen Filme. Max Ophüls schrieb: »Über LIEBELEI lag ein Glücksstern. Glückssterne scheinen besonders hell am Poetenhimmel, und ich glaube, Arthur Schnitzler ist ein großer Poet.« LIEBELEI war der letzte Film, den Ophüls in Deutschland drehen konnte, bevor er emigrieren musste. Die Namen der jüdischen Mitwirkenden wurden aus dem Vorspann des Films herausgeschnitten, das Originalnegativ gilt als verloren. Ausgehend von den besten erhaltenen Materialien wurde LIEBELEI vom Filmmuseum digital restauriert und erlebt in dieser Kino-Lectures Kino-Lectures 25 Form seine Premiere. In der Neuverfilmung CHRISTINE, die im Anschluss läuft, spielt Romy Schneider die Rolle, die Ophüls in LIEBELEI mit ihrer Mutter besetzt hatte. Kino-Lectures ▶ Dienstag, 20. September 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Martina Müller 26 Andreas Rost: Ingmar Bergman I | 30 min – Fängelse (Gefängnis) | Schweden 1949 | R+B: Ingmar Bergman | K: Göran Strindberg | M: Erland von Koch | D: Doris Svedlund, Birger Malmsten, Eva Henning, Hasse Ekman, Stig Olin | 79 min | OmeU | Wie Peter Cowie in seinem Bergman-Buch bemerkt, reiht sich der Film mit seiner düsteren Weltsicht in die allgemeinen literarischen Tendenzen der 1940er Jahre ein. Kritiker haben zudem auf Verbindungen zum Existentialismus und Sartre verwiesen. Bergmans Geschichte einer Prostituierten ist noch von der überbordenden Symbolik der Zeit geprägt. Selbstkritisch zieht Bergman im Interview 1968 ein anderes Beispiel heran: »Bressons MOUCHETTE. Das ist der Film, den ich damals hätte machen wollen, den ich aber nicht machen konnte und nicht verstand. Da ist das Motiv klar ausgesprochen und vollkommen gereinigt. Das Mädchen in MOUCHETTE und das Mädchen in FÄNGELSE sind Geschwister, Schwestern in zwei ähnlichen Welten.« ▶ Dienstag, 27. Steptember 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Andreas Rost Claudia Engelhardt: British Social Realism | 30 min – Riff-Raff | GB 1991 | R: Ken Loach | B: Bill Jesse | K: Barry Ackroyd | M: Stewart Copeland | D: Robert Carlyle, Emer McCourt, Jim R. Coleman, George Moss, Ricky Tomlinson | 95 min | OmU | Ken Loach drehte zu Beginn der Thatcher-Ära diese Tragikomödie über den desolaten Zustand der Gesellschaft. Stevie, ein Ex-Häftling aus Glasgow, arbeitet mit anderen Ungelernten unter prekären Umständen auf einer Baustelle in London. Unterschlupf und Zuwendung findet er bei der Esoterikerin Susan, die davon träumt, Sängerin zu werden. Doch als Ausbeutung, Menschenverachtung und Druck auf dem Bau unerträglich werden, setzt er ein anarchisches Zeichen. Loach schafft mit Schauspielern und Laien sowie teilweise improvisierten Dialogen ein überzeugendes Porträt der Arbeiterklasse, das von großer Sympathie für seine Protagonisten getragen ist. Der vielfach mit Preisen ausgezeichnete Loach steht klar in der Tradition des British Social Realism, hat aber mit seinen Filmen, die nahezu dokumentarischen Charakter haben, ein eigenes Genre begründet. ▶ Dienstag, 4. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Claudia Engelhardt Ross Lipman: Notfilm (Nichtfilm) | USA 2015 | R+B: Ross Lipman | 130 min | OmU | 1965 kam es zu einer denkwürdigen Zusammenarbeit zwischen dem Dramatiker Samuel Beckett und dem Stummfilmkomiker Buster Keaton. Der russische Theaterregisseur Alan Schneider inszenierte Becketts Drehbuch FILM, Keaton spielte die Hauptrolle. Filmemacher Ross Lipman hat die Entstehungsgeschichte des Projekts minutiös recherchiert und fördert viele unbekannte Materialien zu Tage. Dazu gehören bisher nicht veröffentliche Tonaufnahmen, die Barney Rosset, Becketts amerikanischer Herausgeber, bei den Produktionstreffen heimlich aufgezeichnet hat. »Den selten auf Band aufgezeichneten Beckett in seinem höchst lyrischen irischen Tonfall sprechen zu hören, ist einer der besonderen Reize von NOTFILM.« (Kenneth Turan) – Film | USA 1965 | R: Alan Schneider | B: Samuel Beckett | K: Boris Kaufman | D: Buster Keaton | 25 min | OF (ohne Dialog) | »Der Film bedeutet nach meiner Ansicht, dass ein Mensch sich vor jedem verstecken, nicht aber vor sich selbst entkommen kann.« (Buster Keaton) ▶ Dienstag, 11. Oktober 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast: Ross Lipman Andreas Rost: Ingmar Bergman II | 30 min – Smultronstället (Wilde Erdbeeren) | Schweden 1957 | R+B: Ingmar Bergman | K: Gunnar Fischer | M: Erik Nordgren | D: Victor Sjöström, Bibi Andersson, Ingrid Thulin, Gunnar Björnstrand, Jullan Kindahl | 91 min | OmU | Wie Bergman schon in FÄNGELSE seine Reverenz an die Geschichte des Kinos mit einer eingebauten Stummfilmfarce erwies, so ist es hier die Besetzung mit Victor Sjöström – Regisseur von Klassikern wie INGEBORG HOLM (1913) oder THE WIND (1928) mit Lillian Gish – als misanthropischem Prof. Isak Borg, der auf dem Weg zur Verleihung des Dr. h.c. in Lund zugleich eine Reise in seine Vergangenheit antritt. Ein ▶ Dienstag, 18. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Andreas Rost Christoph Michel: Hollywoods Blacklist | 20 min – Trumbo | USA 2015 | R: Jay Roach | B: John McNamara, nach dem Buch von Bruce Cook | K: Jim Denault | M: Theodore Shapiro | D: Bryan Cranston, Michael Stuhlbarg, David Maldonado, Diane Lane, Helen Mirren | 124 min | OmU | »TRUMBO beruht auf der sorgfältig recherchierten Monografie von Bruce Cook, die John McNamara so frei adaptiert hat, dass es ein paradoxes Maß an Nostalgie zulässt. Trumbos Leben ist eine vertrackte Erfolgsgeschichte. Er war der bestbezahlte Autor des Studiosystems und später der bestbezahlte, der auf der Schwarzen Liste stand. Und er gewann einen Kampf, der aussichtslos erschien. Trumbo, den Bryan Cranston demütig und hochtrabend zugleich spielt, bannt die Geister, die Hollywood mehr als ein Jahrzehnt heimsuchten. Als er 1970 von der Drehbuchautorengilde für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird, bedankt er sich mit einer Rede, die einen Heilungspro- zess besiegeln soll: Es habe in dieser dunklen Zeit keine Helden oder Schurken, sondern nur Opfer gegeben.« (Gerhard Midding) ▶ Dienstag, 25. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Christoph Michel Christian Wagner: Erfahrungen und Faszination bei der 4K-Digitalisierung eines 35mm-Films | 30 min – Wallers letzter Gang | BRD 1988 | R+B: Christian Wagner, frei nach Motiven des Romans »Die Strecke« von Gerhard Köpf | K: Thomas Mauch | M: Florian Ernst Müller | D: Rolf Illig, Herbert Knaup, Crescentia Dünßer, Sibylle Canonica, Volker Prechtel, Irm Hermann, Tilo Prückner | 100 min | »Dieser Streckengang, der im Niemandsland endet, fasziniert durch die nahezu traumsichere, traumversunkene Erzählweise des jungen Regisseurs, der mühelos und souverän zwischen (farbiger) Gegenwart und den (schwarz-weiß gedrehten) Vergangenheiten des als Eigensinniger aus dem Zweiten Weltkrieg heimgekehrten Waller hin- und herwechselt. Ein ganz unpathetischer großer Innerer Monolog ist das: im Zentrum des Films, der aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Ein Film von lange bei uns nicht mehr gesehener epischer Intensität und erzählerischer Dichte.« (Wolfram Schütte) – Zug | Deutschland 1990 | R+B: Thomas Mauch, Christian Wagner | K: Thomas Mauch | M: Christoph Oliver | 9 min | Langzeitbeobachtung der Demontage einer Allgäuer Eisenbahnstrecke, gefilmt und vorgeführt auf 35mm-Film. ▶ Dienstag, 1. November 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast: Christian Wagner Andreas Rost: Ingmar Bergman III | 30 min – Tystnaden (Das Schweigen) | Schweden 1962 | R+B: Ingmar Bergman | K: Sven Nykvist | M: Ivan Renliden | D: Ingrid Thulin, Gunnel Lindblom, Birger Malmsten, Håkan Jahnberg, Jörgen Lindström | 96 min | OmeU | Die Geschichte zweier Schwestern, die auf ihrer Zugfahrt wegen der Krankheit Esters in einer Stadt in einem unbekannten Land mit unbekannter Sprache gestrandet sind, wo die jüngere Schwester Anna hemmungslos ihren sexuellen Bedürfnissen nachgeht und schließlich mit ihrem Sohn Johan alleine weiterfährt. Wie in anderen Filmen Bergmans sind die Figuren auch hier als zwei gegensätzliche Pole einer Persönlichkeit denkbar. In Esters heftiger Abneigung gegen Annas sexuelle Freizügigkeit bekämpft sie an ihrer Schwester, was sie selbst unterdrückt. Der Film sei »einer der ersten Filme der Nachkriegszeit, der einer weiblichen Hauptfigur zugesteht, Sex zu begehren…« (Thomas Koebner). Der Skandalerfolg von DAS SCHWEIGEN brachte Bergman Morddrohungen ein und löste anhaltende Diskussionen über Filmzensur aus. ▶ Dienstag, 8. November 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Andreas Rost Lea Wohl von Haselberg: Die Darstellung von Juden im deutschen Film nach 1945 | 30 min – Schwarzer Kies | BRD 1961 | R: Helmut Käutner | B: Kino-Lectures Angsttraum zu Beginn des Films, der den nahenden Tod evoziert, veranlasst Borg dazu, das am Wegrand seines Lebens Versäumte aufzusuchen. Dieses erscheint sowohl als Traum oder Tagtraum, wie im Falle seiner Jugendliebe Sara, als auch realiter durch Begegnung mit seiner Mutter, seiner Schwiegertochter und seinem Sohn. Laut Thomas Koebner ist der Film »bis heute eine ergreifende Elegie über missglückte Existenz.« 27 Kino-Lectures 28 Helmut Käutner, Walter Ulbrich | K: Heinz Pehlke | D: Helmut Wildt, Ingmar Zeisberg, Hans Cossy, Wolfgang Büttner, Anita Höfer | 113 min | Im Hunsrück werden auf einem Militärflugplatz der Amerikaner neue Pisten für Düsenjäger gebaut. »Ich mag den SCHWARZEN KIES besonders gerne und bedaure es sehr, dass der so gar kein Erfolg gewesen ist. Die direkten aktuellen Probleme waren die Amerikaner mit ihrem moralischen Anspruch in den unmoralischen Dörfern in der Eifel und im Hunsrück. Der Film wurde falsch verstanden.« (Helmut Käutner) In einer Nebenhandlung wird ein jüdischer Barbesitzer, ehemaliger KZ-Häftling, als »Saujude« beschimpft. Anlässlich der Filmpremiere kommt es zum Skandal. Der Zentralrat der Juden protestiert, reicht Strafantrag ein, Käutner wehrt sich, der Film kommt nur in einer überarbeiteten Fassung in den Verleih. Erst kürzlich wurde im Bundesarchiv eine Filmkopie mit den gekürzten Szenen wieder aufgefunden, die im Rahmen des Einführungsvortrags gezeigt werden. ▶ Dienstag, 22. November 2016, 19.00 Uhr | Einführung: Lea Wohl von Haselberg Andreas Rost: Ingmar Bergman IV | 30 min – Persona | Schweden 1966 | R+B: Ingmar Bergman | K: Sven Nykvist | M: Lars Johan Werle | D: Bibi Andersson, Liv Ullmann, Margarethe Krook, Gunnar Björnstrand, Jörgen Lindström | 85 min | OmU | Nachdem die Schauspielerin Elisabet Vogler auf der Bühne in der Rolle der Electra verstummte, wird sie, die beharrlich weiter schweigt, in Begleitung der Krankenschwester Alma zur Genesung ans Meer geschickt, wo Elisabets Sprachverlust im Umgang mit Alma geheilt werden soll. »Ich dachte mir, man könnte gut irgendetwas über zwei Leute schreiben, die ihre Identitäten aneinander verlieren und die auch ein gewisse Ähnlichkeit haben.« (Ingmar Bergman) Kaum ein Film Bergmans hat so viel an Theorie und Analyse – insbesondere auch unter Gender-Gesichtspunkten, feministischen und psychoanalytischen Ansätzen (von C. G. Jung bis zu Jacques Lacan) – hervorgebracht wie dieses Werk, das aufgrund seiner Selbstreflexivität und seiner gleitenden Übergänge von Realitäts- zu Traumebenen als das avantgardistischste des Regisseurs gelten kann. »PERSONA ist der geheimnisvollste und verblüffendste aller Bergman-Filme.« (Peter Cowie) ▶ Dienstag, 29. November 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Andreas Rost Stefan Drößler: Rekonstruktion verlorener Filme und Umgang mit Fragmenten | 120 min | Anhand von Fallbeispielen aus der Praxis der Restaurierungs- arbeit des Filmmuseums München wird gezeigt, wie seltsam, schwierig und manchmal zufällig die Überlieferung wichtiger Werke der Filmgeschichte ist und wie abenteuerlich die Suche nach ihnen sein kann. Wo werden vermeintlich verlorene Filme gefunden? Warum werden manche Filme gerettet und andere nicht? Welche Quellen sind für Rechercheure relevant und wie wägt man verschiedene Informationen gegeneinander ab? Mit welchen Ideen und Techniken kann man unterschiedliche Materialien zusammenfügen und Fehlstellen überbrücken? Mehr oder weniger vollständige Filme von Ernst Lubitsch, Paul Wegener, F. W. Murnau, John Hagenbeck, Orson Welles und anderen werden in Ausschnitten, Bildern und Dokumenten vorgestellt. – Orson’s Bag: London | 1968-71 | R+B: Orson Welles | K: Giorgio Tonti, Tomislav Pinter, Ivica Rajkovic, Gary Graver| D: Orson Welles, Charles Gray, Jonathan Lynn | 30 min | OF | Das 1999 vom Filmmuseum erstmals rekonstruierte Fragment aus dem Nachlass von Orson Welles konnte dank eines kürzlich aufgefundenen Scripts in der Orson Welles Collection der University of Michigan erneut überabeitet und ergänzt werden. ▶ Dienstag, 6. Dezember 2016, 19.00 Uhr | Einführung: Stefan Drößler Andreas Rost: Ingmar Bergman V | 30 min – Vargtimmen (Die Stunde des Wolfs) | Schweden 1968 | R+B: Ingmar Bergman | K: Sven Nykvist | M: Lars Johan Werle | D: Max von Sydow, Liv Ullmann, Gertrud Fridh, Erland Josephson, Ingrid Thulin | 90 min | OmeU | Der Vorspann des Films klärt uns über das Verschwinden des Malers Johan Borg auf, dessen Tagebuch und zurückgebliebene Ehefrau Alma Zeugnis von den mysteriösen Heimsuchungen des Verschwundenen geben. Wie in PERSONA steht auch hier ein Künstler im Zentrum, der sich vergeblich gegen Dämonen und Wahnvorstellungen zu behaupten versucht. Im felsigen Hovs Hallar und auf Fårö gedreht, erscheinen deren unwirtliche Landschaften in gleißendem Sonnenlicht und auf überbelichtetem Schwarzweißfilm wie ein Zustand der Seele in der Zerreißprobe: Den Maler zieht es unwiederbringlich in eine andere, von Spukgestalten bevölkerte Welt. Neben der (Schauer-)Romantik E.T.A. Hoffmanns, die Bergman selbst als Einflussquelle des Films benennt, und Anleihen aus Mozarts »Die Zauberflöte« schimmert laut Peter Cowie auch Bergmans Begeisterung für DRACULA in der Version mit Bela Lugosi durch, die sich in Vogel- und Fledermaus-Motiven niederschlage und in der schrillen Filmmusik ihr Echo finde. ▶ Dienstag, 13. Dezember 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Andreas Rost 70 Jahre DEFA Weltfirma DeFA: links der langjährige DeFA-Direktor Albert Wilkening, rechts regisseur Slatan Dudow Gut und teuer: 70 Jahre DEFA 29 Als am 17. Mai 1946 in den Babelsberger AlthoffAteliers die DEFA (Deutsche Film-A.G.) als erste große deutsche Filmgesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde, war das weit mehr als nur ein lokales Ereignis. Grußbotschaften kamen aus allen Ecken und Enden Deutschlands. So telegrafierte der Schauspieler und Kabarettist Werner Finck aus München: »Ein ferner Wink / von Werner Finck / damit das Ding / Euch wohl geling!« Erich Kästner, Hans Reimann und Robert A. Stemmle sandten Glückwunschtelegramme. Helmut Käutner reichte seine Filmskizze »In jenen Tagen« ein. Zu den Gästen der Festveranstaltung gehörten Hans Söhnker und Peter van Eyck, letzterer noch in Uniform der US-Armee. Kurt Maetzig, einer der Gründungsdirektoren, erinnerte sich: »Wir hätten auch Aurora heißen können.« Der von der sowjetischen Besatzungsmacht ins Gründungsgremium entsandte Schauspieler Hans Klering interpretierte das Kürzel DEFA auf seine eigene Weise: »Diene ehrlich friedlichem Aufbau.« Schon im Februar 1946 hatte die »DEFA in Gründung« ihr erstes anspruchsvolles Spielfilmprogramm vorge- legt, mit insgesamt einem Dutzend Positionen, darunter ein Film namens »Kolonne Strupp« über »das Aufbauwerk der Berliner Verkehrsgesellschaft« (Regie: Friedrich Wolf), eine Adaption des russischen Klassikers »Der Revisor«, die Kurt-Tucholsky-Novelle »Rheinsberg« (Regieinteresse: Boleslaw Barlog) und die JacquesOffenbach-Operette »Die schöne Helena«, als deren Regisseur sich der umtriebige Geza von Cziffra anbot und für die laut Auskunft von Zeitzeugen nach geeigneten Hauptdarstellern »in ganz Europa« gesucht wurde, wenn auch vergebens. Überhaupt konnten nur einige der zwölf Ur-Titel auch realisiert werden – aber es kamen schnell neue Projekte hinzu, so wie der erste deutsche Nachkriegsfilm DIE MÖRDER SIND UNTER UNS (1946), der im Programmentwurf noch nicht einmal erwähnt worden war. Dass in Babelsberg nach dem Ende der NS-Diktatur ein neues deutsches Kino aus der Taufe gehoben wurde, sprach sich in Windeseile herum. Die DEFA-Dramaturgie unter Leitung von Georg C. Klaren, aber vor allem der Produktionschef für Spielfilme, Alfred Lindemann, 70 Jahre DEFA 30 streckten ihre Fühler sogar weit über die Landesgrenzen hinaus aus. So reiste zum Beispiel Wilhelm Dieterle aus Hollywood an, der im Oktober 1946 in einer Rede vor Kulturschaffenden im Ost-Berliner Clubhaus in der Jägerstraße mit seinem Erstaunen nicht hinterm Berg hielt: »Ich bin zu erschüttert, um viel zu sprechen – erschüttert vom Gesicht des zertrümmerten Berlins, von den verhärmten Gesichtern der Menschen. Aber ich stehe wie vor einem Wunder vor der Leistung der Männer, die die DEFA geschaffen haben.« Und er versprach: »Die Freunde, die mit Spannung in Amerika auf meine Rückkehr warten, die werden mit offenen Ohren und Augen von den Dingen hören und staunen über das, was ich ihnen mit ganz besonderer Freude zu berichten habe.« Dieterle selbst drehte dann leider nie bei der DEFA. Auch andere Versuche, Remigranten aus den USA wieder zurück zu holen, gelangen nicht: Weder Fritz Lang, mit dem, wie die Legende besagt, kurzzeitig Kontakte aufgenommen worden sein sollen, ließ sich in den DEFA-Ateliers blicken noch Max Ophüls, mit dem es 1955 sehr konkrete Gespräche über eine deutschdeutsche Koproduktion nach dem Thomas-MannRoman »Die Buddenbrooks« gab. Dass ein sowjetischer Kulturoffizier um 1949 eine kurze Zeit lang darüber nachdachte, Erich von Stroheim als Regisseur des UNTERTAN zur DEFA zu verpflichten, ist zwar in einem Direktionsprotokoll nachgewiesen, aber eine solche Anfrage in Richtung Los Angeles wurde vermutlich nie gestartet. Allein die Idee, dass es den Exzentriker und Individualisten Stroheim zur DEFA verschlagen hätte, öffnet Raum für die schönsten Phantasien: Der Zusammenprall zwischen einem frei denkenden Genius und den ostdeutschen Parteisoldaten Stalins – das hätte wohl Traum und Alptraum zugleich bedeutet! Über die Finanzierung der frühen DEFA-Filme gab der erste Wirtschaftsdirektor Karl Hans Bergmann zu Protokoll: »Wir waren vom kapitalistischen wieder ins vorkapitalistische Zeitalter zurück katapultiert worden. Das Geld, das wir für eine Produktion benötigten, kam als Kredit von Sovexport, dem sowjetischen Filmverleih in der Sowjetischen Besatzungszone. Sovexport wiederum bekam von uns die fertigen Filme. Die Produktionskosten wurden mit den Einspielgeldern verrechnet. Wir erhielten einen Bonus von zwanzig, später fünfzig Prozent.« Immerhin verzeichnen die Geschäftsbücher des Verleihs gerade in den ersten DEFA-Jahren, als die Bevölkerung nach Kino aller Art ausgehungert war, ziemlich hohe Einspielergebnisse: DIE MÖRDER SIND UNTER UNS brachte rund 5,4 Millionen Mark ein, EHE IM SCHATTEN (1947) sogar 10,8 Millionen, der in Ber- lin spielende Kriminalfilm RAZZIA (1947) 7,4 Millionen und der heiter-melancholische Zirkusfilm 1-2-3-CORONA (1948) 7 Millionen Mark. Später, als die DEFA zum Volkseigenen Betrieb umfunktioniert und der DDR-Staatspartei SED unterstellt wurde, war ihr Budget fest im Staatshaushaltsplan der DDR verankert. Für jeweils rund fünfzehn Kinofilme, die alljährlich auf der Agenda standen, wurden etwa 30 Millionen Mark veranschlagt und bereitgestellt – also etwa zwei Millionen pro Film, wobei teurere Produktionen ausgeglichen werden mussten, indem gleichzeitig auch preiswertere Arbeiten ins Atelier gingen. Das Prinzip Sparsamkeit galt im Grunde immer; so plädierte der langjährige Produktionsdirektor Albert Wilkening in den 1950er-Jahren für einen rationalen Umgang mit Schauplätzen und Schauspielern: »Je weniger Schauplätze – umso konzentriertere, dramatisch starke Handlung. Dramaturgisch überflüssige Schauplätze mindern auch die künstlerische Wirkung. Ökonomisch gerechtfertigt ist der Aufwand, der dramaturgisch notwendig ist. Jeder Aufwand, der über dramaturgische Notwendigkeiten hinausgeht, bedeutet nutzlose Verschwendung.« Und: »Das Typische eines Charakters ist in einer Rolle, in einer Figur zu verdichten und nicht auf eine Vielzahl zu verteilen …« Manchmal gab es Sonderzuschüsse für politisch wichtige Filmprojekte, aber durchaus nicht immer war der Staat bereit, teure Prestigeunternehmen der DEFA auch gebührend auszustatten. Weder zu Kurt Maetzigs um 1964 geplanter zweiteiliger 70mm-Verfilmung von Heinrich Manns »Henri Quatre« mit Armin Mueller-Stahl und Claudia Cardinale in den Hauptrollen konnte sich die DDR-Kulturbürokratie durchringen – die kalkulierten 15 Millionen Mark waren einfach viel zu viel – noch zu Heiner Carows und Franz Fühmanns »Simplicius Simplicissimus«, für den sogar schon die Szenenbilder und Kostüme entworfen worden waren und den Carow Anfang der 1980er-Jahre drehen wollte. Und doch gab es auch in der Geschichte des DDR-Kinofilms immer wieder Projekte, die aus dem Rahmen des gewöhnlichen und für die DEFA durchaus prägenden »kleinen Alltagsrealismus« herausragten. Von der mehr oder weniger authentischen, atmosphärischen Gegenwartsbeobachtung, die das DEFA-Kino über weite Strecken ausmachte, führte in solchen Fällen der Weg zur großen Show, zu opulenten Genrefilmen und durchaus weltläufigen Besetzungen. Das amerikanische Breitwandsystem »CinemaScope« wurde als »Totalvision« adaptiert. Beim Blick auf die teuersten Filme aus über vierzig Jahren DEFA-Geschichte fällt eine Mixtur aus politischen Prestigeprojekten auf der einen Seite und 70 Jahre DEFA Dreharbeiten zu DIe eleNDeN Dreharbeiten zu MIr NAcH, cANAIlleN! Dreharbeiten zu HeISSer SOMMer Dreharbeiten zu TecUMSeH Literaturadaptionen, Musicals, Science-fiction-Filmen und Western auf der anderen Seite auf. Unangefochten an der Spitze der Liste von Filmen mit hohen Budgets steht Konrad Wolfs 70mm-Projekt GOYA (1970) nach dem gleichnamigen Roman von Lion Feuchtwanger, den der Regisseur gern als Co-Produktion zwischen Frankreich und der DDR realisiert hätte, mit Anthony Quinn in der Titelrolle. Als die Franzosen jedoch nicht zur Verfügung standen und der Hollywood-Star erst recht nicht, sprang das Lenfilmstudio als Partner ein; zur Besetzung gehörten dann deutsche Schauspieler wie der Sänger Ernst Busch, Russen, Polen, Ungarn, Georgier, eine Spanierin, der litauische Star Donatas Banionis als Maler Goya und der zeitweise aus der Bundesrepublik in die DDR übergesiedelte Wolfgang Kieling als umtriebiger Minister Godoy. GOYA kostete insgesamt 7,6 Millionen Mark. Weit über das Durchschnittsbudget von DEFA-Filmen ragten Arbeiten wie Rainer Simons TILL EULENSPIEGEL (1975) mit 4,2 Millionen Mark, das Weltraumabenteuer DER SCHWEIGENDE STERN (1960) mit 3,7 Millionen, die Thomas-Mann-Verfilmung LOTTE IN WEIMAR (1975) mit 3,5 Millionen oder die Opernadaption DER FLIEGENDE HOLLÄNDER (1964) mit 3,3 Millionen hinaus. Die meisten dieser hoch dotierten Produktionen spielten den Einsatz zum Glück auch wieder ein, obwohl es in der DDR-Planwirtschaft durchaus kein Fiasko bedeutete, wenn die Zuschauer auch mal ausblieben. Zum ökonomisch erfolgreichsten DEFA-Film avancierte die zweiteilige deutsch-französische Co-Produktion DIE ELENDEN (1958) von Jean-Paul Le Chanois, bei dem sich das finanzielle Plus im Verhältnis von Kosten und Erlös auf 4,2 Millionen Mark belief. Höchst erfolgreich war auch der Revuefilm MEINE FRAU MACHT MUSIK (1958), der 2,9 Millionen Mark mehr einspielte als er gekostet hatte. Das größte finanzielle Minus im Verhältnis von Kosten und Erlös verzeichnete übrigens Günter Reischs Biografie über den Arbeiterführer Karl Liebknecht, SOLANGE LEBEN IN MIR IST (1965), der ein sattes Minus von 4,2 Millionen Mark einfuhr. Viele der üppig ausgestatteten DEFA-Filme konnten auch deshalb beim Publikum punkten, weil sie mit Schauspielern aufwarteten, die zu den Favoriten der DDR-Kinozuschauer zählten. Das betraf nicht nur »einheimische« Stars wie Erwin Geschonneck (DAS KALTE HERZ, DER HAUPTMANN VON KÖLN), Manfred Krug (MIR NACH, CANAILLEN!), Angelica Domröse (DIE LEGENDE VON PAUL UND PAULA) oder den aus Jugoslawien importierten Sportlehrer Gojko Mitic, der als »Chefindianer« in nahezu allen DEFA-Western zu begeistern vermochte. Gleichsam zum Kultfilm avancierte 31 70 Jahre DEFA 32 HEISSER SOMMER (1968), der die beiden Schlagerstars Frank Schöbel und Chris Doerk auf die Leinwand holte und für den der Operetten- und Chansonkomponist Gerd Natschinski und dessen Sohn Thomas zündende Melodien verfassten. Hin und wieder gelang es der DEFA auch, Stars aus dem Westen zu »importieren«, gern mit Hilfe westdeutscher Produzenten wie Erich Mehl oder Manfred Durniok, die die Valuta-Gagen übernahmen und sich dafür Vorführrechte in der Bundesrepublik und im westlichen Ausland sicherten. In der langen Liste der DEFA-Schauspieler finden sich so auch Henny Porten, Götz George, Peter Pasetti, Gertrud Kückelmann, Rudolf Forster, Evelyn Künneke, Hannelore Elsner, Judy Winter, Otto Sander, Gian Maria Volonté, Lilli Palmer, sogar Audrey Landers und Zsa Zsa Gabor. Eine besondere Nähe baute die DEFA in der Mitte der 1950er-Jahre zu französischen Schauspielern, Regisseuren und Produzenten auf. Den Weg hatte Joris Ivens geebnet, der legendäre holländische Weltenfilmer und Dokumentarist, der für die DEFA unter anderem den Episodenfilm DIE WINDROSE mit Simone Signoret und Yves Montand realisierte. Ivens war auch maßgeblich an der Entstehung von DIE ABENTEUER DES TILL ULENSPIEGEL (1956) mit Hauptdarsteller und Regisseur Gérard Philipe beteiligt. Etwa zur selben Zeit trat Michel Piccoli als junger Pariser Kommunist in ERNST THÄLMANN – FÜHRER SEINER KLASSE (1955) auf, Signoret und Montand spielten in DIE HEXEN VON SALEM (1956) nach dem Bühnenstück »Hexenjagd« von Arthur Miller und dem Drehbuch von Jean-Paul Sartre sowie Jean Gabin, Bourvil und Bernard Blier in DIE ELENDEN. Mit keinem anderen westlichen Land kooperierte die DEFA enger als mit Frankreich, auch nicht mit der Bundesrepublik. Denn obwohl sowohl die DEFA als auch westdeutsche Produzenten gern gemeinsame Filme gedreht hätten: Die Bonner Regierung schob sehr lange einen Riegel vor, aus Angst vor der »Infiltration durch kommunistisches Gedankengut«. Was es allerdings, wenn auch selten und zögerlich gab, waren Auftragsproduktionen, die von westdeutschen Produzenten zur praktischen Ausführung an die DEFA vermittelt wurden. Zu den bekanntesten zählten Filme von Bernhard Wicki (DIE GRÜNSTEIN-VARIANTE, 1984) und Peter Schamoni (FRÜHLINGSSINFONIE, 1982). Die erste offizielle Co-Produktion zwischen beiden deutschen Staaten, DIE BESTEIGUNG DES CHIMBORAZO (1989) über die Expedition Alexander von Humboldts nach Ecuador, entstand erst kurz vor dem Mauerfall. Für den Hauptdarsteller Jan Josef Liefers bedeutete dieser Film den Beginn einer grandiosen Kino- und Fernsehkarriere, für die DEFA stand er fast am Ende ihrer rund 45-jährigen Geschichte. Ralf Schenk Das kalte Herz | DDR 1950 | R: Paul Verhoeven | B: Paul Verhoeven, Wolff von Gordon, nach dem Märchen von Wilhelm Hauff | K: Bruno Mondi | M: Herbert Trantow | D: Lutz Moik, Hanna Rucker, Paul Bildt, Erwin Geschonneck, Paul Esser, Lotte Loebinger | 105 min | Die farbenprächtige Adaption des romantischen Kunstmärchens von Wilhelm Hauff war der erste Farbfilm der DEFA: Eine Parabel auf den Verlust der Humanität und die Chance, nach der bösen Tat seine Seele wieder zu reinigen. Hauptfigur ist ein junger Köhler, der sein Herz gegen einen kalten Stein eintauscht, um reich zu werden. Der Schwarzwald wurde in Dörfern des Thüringer Waldes imaginiert. Animationsfilmspezialist Ernst Kunstmann schöpfte mit aufwändigen Spiegel- und anderen Tricks aus dem Vollen. DDR-Kritiker bezeichneten den Film als dekadent und nannten ihn eine »blutrünstige Folterkammergeschichte«. Weil das Budget mit rund 3,7 Millionen Mark weit überzogen wurde, durfte der langjährige Ufa-Produktionsleiter Fritz Klotzsch nie wieder für die DEFA arbeiten. Auch für den Münchner Gastregisseur Paul Verhoeven blieb DAS KALTE HERZ der einzige DEFA-Film. ▶ Mittwoch, 14. September 2016, 18.30 Uhr Der Untertan | DDR 1951 | R: Wolfgang Staudte | B: Wolfgang Staudte, Fritz Staudte, nach dem Roman von Heinrich Mann | K: Robert Baberske | M: Horst Hanns Sieber | D: Werner Peters, Paul Esser, Blandine Ebinger, Eduard von Winterstein, Raimund Schelcher | 109 min | Im wilhelminischen Deutschland wird Diederich Heßling schon als Kind durch Erziehung und Umwelt zum autoritätshörigen, preußisch-deutschen Untertan, der nach oben buckelt und nach unten tritt. Heinrich Manns Roman wurde kongenial adaptiert: ein politischer und ästhetischer Höhepunkt der frühen DEFA-Jahre, der durch den Einsatz vielfältiger filmischer Mittel wie »extreme Handlungsraffung, satirische Stilisierung und Verwendung einer raffiniert symbolträchtigen Überblendungstechnik« (Ulrich Gregor) auch international überzeugte. In der Bundesrepublik durfte der 2,1 Millionen Mark teure Film sechs Jahre nicht öffentlich gezeigt werden und kam schließlich nur gekürzt in die Kinos. Es fehlte die Schlussszene, die einen Bogen von der Einweihung des Kaiserdenkmals bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg schlägt, in der Trümmerfrauen die Ruinen einer verhängnisvollen Politik beiseite räumen. ▶ Mittwoch, 21. September 2016, 18.30 Uhr ▶ Mittwoch, 28. September 2016, 18.30 Uhr Spielbank-Affäre | DDR/Schweden 1957 | R+B: Artur Pohl, nach einem Tatsachenbericht von Hans von Oettingen | K: Joachim Hasler | M: Martin Böttcher | D: Gertrud Kückelmann, Peter Pasetti, Jan Hendriks, Rudolf Forster, Willy A. Kleinau | 90 min | Totalvision | Frei nach authentischen Ereignissen skizziert der Film die Machenschaften in einer bundesdeutschen Spielbank der 1950er-Jahre: Lüge und Betrug als Basis von Wohlstandsgesellschaft und Wirtschaftswunder. Der Münchner Produzent Erich Mehl steuerte mit Hilfe einer schwedischen Firma Gelder für westdeutsche und österreichische Schauspieler bei; gedreht wurde unter anderem am Lago Maggiore. Doch das 3 Millionen Mark teure Prestigeprojekt, mit dem die DEFA auf den westeuropäischen Markt zu gelangen hoffte, scheiterte an Einsprüchen der DDR-Kulturpolitik. Der Film sei nicht parteilich, es gäbe keine positive Gegenkraft und der Westen erscheine in viel zu schönem, sattem Licht. Obwohl in Totalvision und Farbe gedreht, durfte SPIELBANK-AFFÄRE in der DDR nur in verwaschenen Schwarzweißkopien im Normalformat gezeigt werden. Der in West-Berlin lebende Regisseur zog daraufhin seinen Namen zurück, die West-Schauspieler erschienen nicht zur Ost-Berliner Premiere. Gezeigt wird die restaurierte Farbfassung im Breitwandformat. Die Windrose | DDR 1957 | Künstlerische Oberleitung: Joris Ivens | R: Alberto Cavalcanti, Alex Viany, Sergej Gerasimov, Yannick Bellon, Gillo Pontecorvo, Wu KuoYin | B: Maximilian Scheer, Jorge Amado, Sergej Gerasimov, Henry Magnan, Franco Solinas, Lin Jen | K: Joop Huisken, Robert Menegoz, Henry E. Fowle | M: Wolfgang Hohensee, Anatolij Novikov, Mario Zafred, Chi Min | D: Vanja Orico, Zinaida Kirienko, Simone Signoret, Yves Montand, Clara Pozzi, Yen Mei-yi | 104 min | DIE WINDROSE ist ein internationalistisches Projekt unter der künstlerischen Oberleitung des niederländischen »Weltenfilmers« Joris Ivens, in dem auch Stilistiken des internationalen Kinos – des italienischen Neorealismus oder des brasilianischen Cinema Novo – zusammenfließen. Sechs Episoden über starke Frauen aus verschiedenen Kontinenten. Ana aus Brasilien bricht vom Land auf, um in der Stadt Arbeit zu suchen. Nadežda aus der Sowjetunion will aufs Neuland, doch ihr Geliebter verweigert sich. Die französische Lehrerin Jeanine steht den Bewohnern ihrer Stadt zur Seite, die aus ihren Wohnungen vertrieben werden sollen. Die Italienerin Giovanna nimmt gegen den Willen ihres Mannes an einem Streik teil. Und Hsiu Hua rettet in einer chinesischen Dorfgenossenschaft die Ernte vor einem aufkommenden Sturm. Meine Frau macht Musik | DDR 1958 | R: Hans Heinrich | B: Walter Niklaus | K: Eugen Klagemann | M: Gerd Natschinski | D: Lore Frisch, Günther Simon, Maly Delschaft, Evelyn Künneke, Kurt Schmidtchen | 92 min | Nach zehn Jahren glücklicher Ehe und durchaus gelungener Kindererziehung will Gerda Wagner ihren alten Traum verwirklichen und wagt eine Karriere als Schlagersängerin. Doch ihr Mann, der als Leiter der Schallplattenabteilung eines Warenhauses eher die ernste als die heitere Muse bevorzugt, ist strikt dagegen. Eifersüchtig auf den italienischen Sängerkollegen Fabiani ergibt er sich dem Alkohol und poltert während des ersten großen Auftritts seiner Frau über die Bühne. Der erste DEFA-Revuefilm, angereichert mit musikalischen Tableaus à la Hollywood sowie West-Stars wie Evelyn Künneke, die als sündige Verführerin der männlichen Hauptfigur zur DEFA eingeladen wurde. Dogmatische Kulturfunktionäre tadelten, dass der Film ein »sozialistisches Lebensgefühl« vermissen lasse, und legten ihn für Monate auf Eis. Das Publikum aber jubelte und stürmte die Kinos, als ob Caterina Valente mit von der Partie gewesen wäre. ▶ Mittwoch, 5. Oktober 2016, 18.30 Uhr ▶ Mittwoch, 19. Oktober 2016, 18.30 Uhr ▶ Mittwoch, 12. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Ralf Schenk 70 Jahre DEFA Der Hauptmann von Köln | DDR 1956 | R: Slatan Dudow | B: Henryk Keisch, Michael Tschesno-Hell, Slatan Dudow | K: Werner Bergmann, Helmut Bergmann | M: Wilhelm Neef | D: Rolf Ludwig, Christel Bodenstein, Erwin Geschonneck, Else Wolz, Manfred Borges | 118 min | Der stellungslose Kellner Albert Hauptmann gerät im Köln der Adenauerzeit in ein Treffen ehemaliger Wehrmachtsangehöriger und wird für den nach dem Zweiten Weltkrieg lange abgetauchten Kriegsverbrecher Hauptmann Albert gehalten. Das gesellschaftliche Klima bringt es mit sich, dass der Kellner schnurstracks Karriere macht: Er steigt auf zum Direktor der Montan AG und wird Mitglied des Bundestags. Er könnte sogar Schwiegersohn eines millionenschweren Rhein-Ruhr-Industriellen werden. Nachdem er im Bundestag ein Amnestiegesetz eingebracht hat, taucht der echte Hauptmann auf und verlangt sein Recht. Slatan Dudow, der sich mit seinem Debütfilm KUHLE WAMPE oder WEM GEHÖRT DIE WELT? (1932) in die Filmgeschichte eingeschrieben hat, entwirft eine vorwiegend bissige, teilweise aber auch melancholische Satire über die Wiederkehr alter Nazi-Eliten in der Bundesrepublik. 33 DIe eleNDeN 70 Jahre DEFA 34 Die Elenden | DDR/Frankreich 1958 | R: Jean-Paul Le Chanois | B: René Barjavel, Jean-Paul Le Chanois, nach dem Roman von Victor Hugo | K: Jacques Natteau | M: Georges van Parys | D: Jean Gabin, Bernard Blier, Daniele Delorme, Serge Reggiani, Bourvil, Elfriede Florin, Gerhard Bienert | 207 min | dtF | Totalvision | Nach seiner Entlassung taucht der wegen geringfügiger Vergehen zu 19 Jahren Bagnohaft und dem Verlust der Bürgerrechte verurteilte Jean Valjean unter fremdem Namen in einer Kleinstadt auf und avanciert zum angesehenen Bürger. Doch sein alter Widersacher, der Polizeiinspektor Javert, ist ihm auf der Spur. Ihre Wege kreuzen sich während der Juli-Revolution 1830, die für beide zum existentiellen Erlebnis wird. Die aufwändigste von vier Co-Produktionen, die zwischen 1955 und 1958 zwischen der DEFA und französischen Produzenten realisiert wurden, solllte dazu beitragen, dem DDR-Kino internationale Reputation zu verschaffen. Doch im westlichen Ausland liefen DIE ELENDEN meist als rein französische Produktion, in der Bundesrepublik noch dazu in einer um 25 Minuten gekürzten Fassung. Die DDR-Zensur bemängelte, dass die revolutionäre Note des Stoffes zu kurz käme, dafür aber religiöse Motive einen zu breiten Raum einnähmen. Zu sehen ist die zweiteilige DDR-Version. ▶ Mittwoch, 21. Dezember 2016, 19.00 Uhr Der schweigende Stern | DDR/Polen 1960 | R: Kurt Maetzig | B: Jan Fethke, Günther Rücker, Wolfgang Kohlhaase, Günter Reisch, Alexander Graf StenbockFermor, Kurt Maetzig nach dem Roman »Planet des Todes« von Stanislaw Łem | K: Joachim Hasler | M: Andrzej Markowski | D: Yoko Tani, Oldrich Lukes, Günther Simon, Ruth-Maria Kubitschek, Eduard von Winterstein, Eva-Maria Hagen | 94 min | Totalvision | Ein inter- national besetztes Raumschiff startet 1970 zur Venus. Auf dem fernen Planeten gelandet, entdeckt die Mannschaft, dass dort vor vielen Jahrzehnten eine gigantische nukleare Vernichtungsmaschinerie außer Kontrolle geraten sein muss. Alle Venusbewohner sind tot, übrig blieben nur technische Anlagen und eine atomare Strahlung, die sich nun auch gegen die Abgesandten des Planeten Erde richtet. Der erste »utopische Film« der DEFA sollte zunächst mit schwedischen Partnern und Ulla Jacobsson in der Hauptrolle gedreht werden, entstand dann aber als Co-Produktion mit Polen. Mit rund 3,7 Millionen Mark Budget war DER SCHWEIGENDE STERN einer der teuersten Filme aus der Frühzeit der DEFA und enthielt spektakuläre Trickaufnahmen. Die damals noch in der DDR lebenden Ruth-Maria Kubitschek spielt die Ehefrau des Kosmonauten Brinkmann. ▶ Mittwoch, 26. Oktober 2016, 18.30 Uhr Mir nach, Canaillen! | DDR 1964 | R: Ralf Kirsten | B: Joachim Kupsch, Ulrich Plenzdorf, nach dem Roman »Eine Sommerabenddreistigkeit« von Joachim Kupsch | K: Hans Heinrich | M: André Asriel | D: Manfred Krug, Monika Woytowicz, Erik S. Klein, Fred Düren, Helga Göring | 108 min | Totalvision | Mit MIR NACH, CANAILLEN! setzte die DEFA alles daran, dem großen, auch in der DDR viel umjubelten französischen Kinoabenteuer FANFAN LA TULIPE (FANFAN, DER HUSAR, 1952) nachzueifern. Ralf Kirsten inszenierte einen Mantel-undDegen-Film, in dem Manfred Krug, ähnlich seinem Vorbild Gérard Philipe, jungenhaft und lässig fechten und reiten durfte, ein »ebenso tollkühner wie tolldreister Fürchtenichts, der alle Heldentaten treu und brav absolviert, die für einen historischen Filmhelden obligatorisch sind« (Helmut Ulrich). Krug spielt den Hirten Ale- ▶ Mittwoch, 2. November 2016, 18.30 Uhr Der fliegende Holländer | DDR 1964 | R: Joachim Herz | B: Joachim Herz, Harald Horn, nach der Oper von Richard Wagner | K: Erich Gusko | M: Richard Wagner | D: Fred Düren, Anna Prucnal, Gerd Ehlers, Mathilde Danegger, Hans-Peter Reinecke | 101 min | Totalvision | Der Opernregisseur Joachim Herz (1924–2010) inszenierte seinen einzigen Spielfilm DER FLIEGENDE HOLLÄNDER in CinemaScope und 4-Kanal-Magnetton, mit dem er exzellente Raumwirkungen erzielte. Nach der Premiere lobten Kritiker die »konsequente Umgestaltung einer Oper in einen Film« und die »gesunde Respektlosigkeit gegenüber der Vorlage, mit dem Willen, ihr im höheren Sinne treu zu bleiben«. Die romantische Liebesgeschichte zwischen Senta, der Tochter des norwegischen Seefahrers Daland, und dem fliegenden Holländer wurde dabei einer realistischen Deutung unterzogen. Joachim Herz schwebte kein mystisches Märchen vor, sondern ein Wechselspiel zwischen Tag und Traum. Auch die Filmgeschichte wurde nach Vorbildern durchforstet: Wenn die Mannschaft des Holländers, eine Ansammlung von Schattenwesen, das Geisterschiff verlässt, erinnert das an Murnaus NOSFERATU. Insgesamt kostete der Opernfilm 3,3 Millionen Mark. ▶ Mittwoch, 9. November 2016, 18.30 Uhr Solange Leben in mir ist | DDR 1965 | R: Günter Reisch | B: Michael Tschesno-Hell, Günter Reisch, Hermann Herlinghaus | K: Horst E. Brandt | M: Ernst Hermann Meyer | D: Horst Schulze, Ljudmilla Kasjanowa, Michail Uljanow, Albert Hetterle, Jutta Hoffmann | 114 min | Totalvision | Episoden aus dem Leben des SPD-Parlamentariers und Mitbegründers der Kommunistischen Partei, Karl Liebknecht. Der Film konzentriert sich auf die Jahre 1914–16, auf Liebknechts Haltung zu den Kriegsanleihen, seine Zusammenstöße mit nationalistischen und rechten Politikern, auch in der eigenen Partei. Während er gezwungen wird, als Soldat an die Front zu ziehen, setzt er seine Aufklärungsarbeit fort. Er tritt illegal bei einer Großkundgebung am Vorabend des 1. Mai in Jena sowie am Maifeiertag selbst in Berlin auf. Neben staatstragend statuarischen Mo- menten überzeugt der 6 Millionen Mark teure Film, dessen Drehbuch von höheren Parteifunktionären abgenommen wurde, durch einer Reihe intimer, kammerspielartiger Sequenzen und vor allem durch groß angelegte Massenszenen, für die das Ost-Berliner Stadtzentrum rund um Staatsoper und Museum für Deutsche Geschichte tagelang abgesperrt wurde. ▶ Mittwoch, 23. November 2016, 18.30 Uhr Heißer Sommer | DDR 1968 | R: Joachim Hasler | B: Maurycy Janowski, Joachim Hasler | K: Joachim Hasler, Roland Dressel | M: Gerd und Thomas Natschinski | D: Frank Schöbel, Chris Doerk, Hanns-Michael Schmidt, Regine Albrecht, Madeleine Lierck | 97 min | Totalvision | Flower-Power an der Ostsee: Zwei Gruppen von Oberschülern, elf Mädchen aus Leipzig und zehn Jungen aus Chemnitz (das damals vorübergehend Karl-MarxStadt hieß), trampen in den Sommerferien ans Meer. Nach anfänglichen Reibereien trifft man sich beim gemeinsamen Lagerfeuer am Strand, flirtet und streitet sich und findet vielleicht sogar einen Partner fürs Leben. DEFA-Kultfilm der späten 1960er-Jahre, der mit sichtlichem Vergnügen Anleihen bei den Kinomusicals von Jacques Demy (LES PARAPLUIES DE CHERBOURG – DIE REGENSCHIRME VON CHERBOURG) nimmt und seine Hauptdarsteller, das Schlagerpaar Frank Schöbel und Chris Doerk, durch knallbunte Kulissen tollen lässt. Ein Schlagerfilm, »der Augen und Ohren über weite Passagen hin Vergnügen bereitet«, wie die Ost-Berliner Publikumszeitschrift »Filmspiegel« schrieb, obwohl er auf eine psychologisch vertiefte Handlung weitgehend verzichtet. ▶ Mittwoch, 30. November 2016, 18.30 Uhr Goya | DDR 1971 | R: Konrad Wolf | B: Angel Wagenstein, nach dem Roman von Lion Feuchtwanger | K: Werner Bergmann, Konstantin Ryšov | M: Kara und Faradj Karajev | D: Donatas Banionis, Olivera Katarina, Fred Düren, Rolf Hoppe, Ernst Busch, Wolfgang Kieling | 134 min | Totalvision | Konrad Wolf nutzte die Lebensgeschichte des spanischen Malers und Grafikers Francisco de Goya, um über das Verhältnis von Kunst und Macht nachzudenken: Wie tief darf sich ein Künstler mit den Mächtigen einlassen? Wie kann er Kraft und Kreativität bewahren? Und wie lassen sich die Ketten der politischen Gefangenschaft abstreifen? So wurde GOYA nicht nur ein historischer Film über das 18. Jahrhundert, sondern auch über die Gegenwart, über die Inquisition der Kirche und des Stalinismus. Für den in 70mm gedrehten Film, der sich zwischen Psychodrama und Kostümspektakel bewegt, stellte die DEFA 70 Jahre DEFA xander, der im Jahr 1730 von einem preußischen Leutnant zum Armeedienst gepresst werden soll, sich aber allem Zwang zu widersetzen versteht und schließlich am Hof des Sachsenkönigs August des Starken auch noch die Frau fürs Leben findet. Ein großer Kinoerfolg für Manfred Krug und der Beginn einer nicht enden wollenden Liebe zwischen dem Schauspieler und seinem Publikum. 35 7,6 Millionen Mark zur Verfügung: so viel wie für keinen anderen DEFA-Film. Eine Zeitlang träumte die DEFA sogar davon, Anthony Quinn in der Hauptrolle besetzen zu können. Das gelang nicht, doch mit dem litauischen Schauspieler Donatas Banionis fand sie viel mehr als nur einen Ersatzkandidaten. 70 Jahre DEFA ▶ Mittwoch, 7. Dezember 2016, 18.30 Uhr 36 Tecumseh | DDR 1973 | R: Hans Kratzert | B: Rolf Römer, Wolfgang Ebeling | K: Wolfgang Braumann | M: Günther Fischer | D: Gojko Mitic, Annekathrin Bürger, Rolf Römer, Leon Niemczyk, Milan Beli | 109 min | Totalvision | Seit im Frühjahr 1966 der erste DEFA-Indianerfilm DIE SÖHNE DER GROSSEN BÄRIN ein Millionenpublikum begeistert hatte, wurde das Westerngenre in Babelsberg über ein Jahrzehnt lang konstant gepflegt: Auch der siebente DEFA-Indianerfilm TECUMSEH, für den das Studio ein Budget von 3,7 Millionen Mark bereitstellte, erreichte auf Anhieb mehrere Millionen Zuschauer. Am Drehbuch schrieb der Schauspieler Rolf Römer mit, den die historisch belegte Figur des Tecumseh fesselte: »Er war kein üblicher Stammeshäuptling, sondern eine ausgeprägte Führungspersönlichkeit. Ihm schwebte ein eigener Indianerstaat vor, ein ›Bund der Indianervölker‹. So entstand die ›Heilige Stadt‹ Tippecanoe, in der Tecumseh begann, die Besten der Stämme zu schulen, seine fortschrittlichen Ideen zu verbreiten und die Waffen besser zu beherrschen.« Freilich überwiegen in TECUMSEH nicht die heroischen, sondern die nachdenklichen, ja schwermütigen Töne des Abschieds vor untergehender Sonne. ▶ Mittwoch, 14. Dezember 2016, 18.30 Uhr Die Legende von Paul und Paula | DDR 1973 | R: Heiner Carow | B: Ulrich Plenzdorf | K: Jürgen Brauer | M: Peter Gotthardt | D: Angelica Domröse, Winfried Glatzeder, Heidemarie Wenzel, Christian Steyer, Fred Delmare, Rolf Ludwig | 106 min | Eine junge, ledige Verkäuferin kämpft allein mit zwei Kindern um ihr Glück. Sie bringt einen verheirateten, saturierten DDR-Staatsangestellten dazu, endlich gegen jene halben Lügen und kleinen Lösungen aufzubegehren, die bisher sein Leben ausmachten. Ultimativer Kultfilm der DEFA, den bis zum Ende der DDR rund acht Millionen Zuschauer sahen. Während das Publikum vom rigorosen Lebensanspruch der Heldin fasziniert war und sich vom teils romantischen, teils kabarettistischen Umgang der Filmemacher mit der DDR-Wirklichkeit begeistern und zu Tränen rühren ließ, stieß der Film bei dogmatischen Funktionären der Staatspartei SED auf wenig Gegenliebe. Kurz nach der Premiere erging die Weisung an die Presse, ihn keinesfalls mehr zu würdigen. Verrissen wurde DIE LEGENDE VON PAUL UND PAULA aber auch von der westdeutschen feministischen Zeitschrift »Frauen und Film«, die ihn auf ihrer Titelseite als »frauenverachtendes Machwerk aus der DDR« anprangerte. ▶ Mittwoch, 11. Januar 2017, 18.30 Uhr Till Eulenspiegel | DDR 1975 | R+B: Rainer Simon, nach dem Volksbuch und der Filmerzählung von Christa und Gerhard Wolf | K: Claus Neumann | M: Friedrich Goldmann | D: Winfried Glatzeder, Franciczek Pieczka, Cox Habbema, Eberhard Esche, Jürgen Gosch, Michael Gwisdek | 104 min | Am Vorabend des Bauernkrieges zieht Till Eulenspiegel durch die Lande, ein Schelm und Provokateur, der die gesellschaftlichen Missstände geißelt. Mit einem Budget von 4,2 Millionen Mark drehte Rainer Simon einen drastisch-derben Film, der das überlieferte Bild des »ulkigen Spaßmachers« korrigiert und stattdessen ein Gleichnis auf den Widerspruch zwischen Kunst und Macht, Freiheit und Gewalt wagt. »Ein episodenhafter Film, der manchmal fast in die Nähe von Pasolinis CANTERBURY TALES und DECAMERONE rückt« (Heinz Kersten). Ein Informeller Mitarbeiter der Staatssicherheit vermerkte: »Das historische Thema ist Tarnkappe für Anspielungen auf unsere sozialistische Gegenwart. Es ist mehr als eine Frechheit, dass sich Simon so etwas traut und vielleicht sogar die Hoffnung hegt, dass wir es nicht merken würden, dass er uns wahrscheinlich für Idioten hält.« Mittwoch, 18. Januar 2017, 18.30 Uhr Lotte in Weimar | DDR 1975 | R+B: Egon Günther, nach dem Roman von Thomas Mann | K: Erich Gusko | M: Gustav Mahler | D: Lilli Palmer, Martin Hellberg, Rolf Ludwig, Jutta Hoffmann, Katharina Thalbach | 125 min | Die Legende besagt, dass Bundespräsident Walter Scheel durch eine Zeitungsnotiz von der Absicht der DEFA erfuhr, Thomas Manns Roman »Lotte in Weimar« schauer sahen, lief denn auch prompt im Wettbewerb der Berlinale. zu verfilmen, und er dies der Schauspielerin Lilli Palmer mitteilte. Daraufhin bewarb sich die Palmer in Ost-Berlin um die Rolle – und erhielt sie auch. Für die Figur des Goethe liebäugelte Regisseur Egon Günther sowohl mit Vittorio de Sica als auch mit Max von Sydow. Schließlich entschied er sich für den ehemaligen DEFA-Regisseur Martin Hellberg, der sich so in die Figur hineinsteigerte, dass er auch jenseits der Dreharbeiten in Kostüm und Maske durch Weimar spazierte und GoetheTexte memorierte. LOTTE IN WEIMAR ist ein Film, der Thomas Manns Text, dessen Verteidigung der Poesie gegen die Barbarei, ernst nimmt und ihn zugleich mit großem Spaß zelebriert. Zu besichtigen ist hier nicht das Denkmal Goethe, sondern ein Mensch mit all seinen Verdiensten und Eitelkeiten, Marotten und Schwächen. Mittwoch, 25. Januar 2017, 18.30 Uhr | Einführung: Ralf Schenk Ärztinnen | DDR 1984 | R+B+M: Horst Seemann, nach dem Schauspiel von Rolf Hochhuth | K: Otto Hanisch | D: Judy Winter, Inge Keller, Walther Reyer, Rolf Hoppe, Michael Gwisdek, Ellen Schwiers, Käthe Reichel | 103 min | Rolf Hochhuths Drama über skandalöse Vorgänge innerhalb der Pharmaindustrie und der mit ihr verfilzten Ärzteschaft wurde von der DEFA genutzt, um »einen teuren Streifen, eine sehenswerte Farb-Schmonzette aus der Glitzerwelt des Westens zu drehen. Das Ambiente ist à la DALLAS ausstaffiert, an nichts wird gespart, schon gar nicht an Sex and Crime« (Der Spiegel). Zur Finanzierung der 2,6 Millionen Mark teuren Dreharbeiten bediente sich das Babelsberger Studio seines zuverlässigen West-Berliner Verbindungsmanns, des Produzenten Manfred Durniok. Um die Verwertungschancen des Films im Westen zu vergrößern, besorgte der gleich auch die Hauptdarstellerin und ein paar weitere Gaststars von »drüben«: Judy Winter, Ellen Schwiers, Walther Reyer. ÄRZTINNEN, den in der DDR innerhalb weniger Wochen mehr als eine Million Zu- Die Grünstein-Variante | BRD/DDR 1984 | R: Bernhard Wicki | B: Bernhard Wicki, Wolfgang Kohlhaase, nach dem Hörspiel von Wolfgang Kohlhaase | K: Edward Klosinski | M: Günther Fischer | D: Fred Düren, Klaus Schwarzkopf, Jörg Gudzuhn, Rolf Ludwig, Rolf Hoppe | 101 min | Eines der seltenen Beispiele, bei denen das DEFA-Studio für Spielfilme Auftragsproduktionen für westdeutsche Produzenten und Fernsehanstalten übernahm. Nach einem Hörspiel von Wolfgang Kohlhaase beschreibt das Kammerspiel ein zufälliges Zusammentreffen dreier unterschiedlicher Männer im Sommer 1939 in einem Pariser Gefängnis. Ein deutscher Seemann, ein Jude und ein Grieche kommen sich unter anderem durch ein selbstgefertigtes Schachspiel näher. Dabei nutzt der jüdische Mithäftling einen genialen Schachzug, den er selbst erfand. Kritiker in Ost und West zeigten sich angerührt von der »Trauer um die vielen Grünsteins, um die mit ihnen dahin geschwundenen ›Varianten‹ des Lebens und der Kunst« (Fred Gehler). Wicki gelang großes Kino auf engstem Raum, in dem die Kamera immer wieder neue Standorte und Blickwinkel einnimmt, die Gesichter der Figuren abtastet, dabei Biografien, Hoffnungen und Ängste sichtbar werden lässt. ▶ Mittwoch, 8. Februar 2017, 18.30 Uhr Der Bruch | DDR 1989 | R: Frank Beyer | B: Wolfgang Kohlhaase | K: Peter Ziesche | M: Günther Fischer | D: Götz George, Rolf Hoppe, Otto Sander, Ulrike Krumbiegel, Volker Ranisch, Hermann Beyer | 118 min | Eine witzige und unsentimentale Kriminalkomödie über einen Bankeinbruch in der Berliner Nachkriegszeit, mit satirischen und zeitkritischen Tönen – und mit den West-Berliner Gaststars Götz George, der sich in der Rolle des kleinbürgerlich herausgeputzten Ganoven und Kleinstadtcasanovas wohlig aalt, und Otto Sander. Frank Beyer und sein Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase bebildern die Welt der kleinen Schieber und Ganoven, das Milieu von Schwarzmärkten und halbseidenen Etablissements, die Arbeit von Polizisten, die entweder lange aufs Abstellgleis gestellt waren oder gerade erst neu in Dienst genommen wurden. Mit lakonischen Dialogen und eleganten Pointen, die lange nachklingen: »Wie verhält sich der Marxismus zum deutschen Weihnachtslied?«, fragte der eine Kripobeamte den anderen. Antwort: »Abwartend.« ▶ Mittwoch, 15. Februar 2017, 18.30 Uhr 70 Jahre DEFA ▶ Mittwoch, 1. Februar 2017, 18.30 Uhr 37 Underdox 11. Underdox Filmfestival SIxTY SIx 38 Trans-Atlantik: experimental, expositional Das internationale Filmfestival Underdox widmet sich in seiner 11. Ausgabe der verborgenen Kinematographie Nordamerikas. Fernab der gängigen Polarität von independent und mainstream blickt es auf das experimentelle und künstlerische Filmschaffen jenseits des Atlantiks. Québec und Toronto sind die experimentierenden Epizentren der agilen Avantgarde-Szene des französisch- und englischsprachigen Kanada. »Die Experimentalfilmer in Québec-Kanada sind um die 30 Jahre alt«, schreibt Sylvain l’Espérance, »niemals war die Szene, die sich erst ab den 80er Jahren formierte, so dynamisch wie heute.« Rund um das in Montréal beheimatete Double Negative Collective versammeln sich international bekannte Größen wie Daïchi Saïto, Karl Lemieux, Malena Szlam und der mit der internationalen Musikszene vernetzte Charles-André Coderre. Félix Dufour-Laperrière, dessen Werk im Kontext von Galerien und Museen angesiedelt ist, gab mit seinem experimentellen Langfilmdebüt TRANSATLANTIQUE (2014) die Inspiration für den Titel des diesjährigen Länderschwerpunkts. Das englischsprachige Kanada blickt auf eine lange Experimentalfilmtradition bis in die 1940er Jahre zurück. Sie vereint die legendären Namen Michael Snow, Arthur Lipsett, Norman McLaren, David Rimmer, Bruce Elder, und die jüngeren Mike Hoolboom, Philip Hoffman, Steve Sanguedolce. In zwei Programmen zeigt Under- dox eine Auswahl aktueller und historischer Positionen des kanadischen Experimentalfilmschaffens. Underdox ist das Festival für filmische Werke im Zwischenbereich des Experimentellen und Dokumentarischen, Fiktionalen und Künstlerischen. In einer Zeit, in der das bewegte Bild Leitkultur geworden ist, befindet sich der geschützte Kino-Projektionsraum mehr und mehr in Konkurrenz mit alternativen Ausstellungsdispositiven. Filmemacher übersiedeln in den Ausstellungsraum von Museen und Galerien und treffen dort auf ein neues, künstlerisch gebildetes und am allgegenwärtigen bewegten Bild geschultes Publikum. »Ausstellen« ist eine zentrale kinematographische Geste im Werk des 1956 geborenen US-amerikanischen Künstlers und Filmemachers Lewis Klahr. Underdox eröffnet die diesjährige Ausgabe mit seinem gefeierten und im New Yorker Museum of Modern Art uraufgeführten Kompilationswerk SIXTY SIX (2002–2015). Sein hypnotischer »dreamscape« der Popgeschichte der 1960er und 1970er Jahre legt in Collagen- und Cut-up-Technik archäologische Schichten des amerikanischen Unterbewussten frei. In zwölf Kapiteln entfaltet sich ein visueller und musikalischer Trip durch eine legendäre Ära und entlang der berühmten den nordamerikanischen Kontinent durchquerenden Route 66. Dunja Bialas, www.underdox-festival.de ▶ Donnerstag, 6. Oktober 2016 bis Sonntag, 9. Oktober 2016 | Zu Gast: Lewis Klahr u. a. Film und Psychoanalyse – Verwandlungen The Fly (Die Fliege) | Kanada 1986 | R: David Cronenberg | B: David Cronenberg, Charles Edward Pogue, nach der Erzählung von George Langelaan | K: Mark Irwin | M: Howard Shore | D: Jeff Goldblum, Geena Davis, John Getz, Joy Boushel, Leslie Carlson | 96 min | OmU | Im Remake des gleichnamigen Filmklassikers aus den 1950er Jahren spielt der junge Jeff Goldblum einen Wissenschaftler, dem im kühnen Eigenversuch erstmalig eine Teleportation gelingt. Dabei wird jedoch Film und Psychoanalyse durch einen Computeralgorithmus sein Chromosomensatz mit dem einer Fliege fusioniert, die unbemerkt in die Maschine hineingeriet. Eine Unachtsamkeit mit katastrophalen Folgen. Seine langsame mentale und physische Verwandlung in ein monströses Hybrid aus Mensch und Fliege ist filmisch spektakulär und emotional bewegend. Der Zuschauer gerät in ein Gefühlschaos aus Abscheu und Mitleid und erlebt in den Visionen des Regisseurs, was »Fatalität« bedeutet. Der wahre Horror, bekannte Cronenberg, sei der tägliche Blick in den Spiegel, da er den Alterungsprozess und damit die unaufhaltsame Verwandlung zum Tode hin zeige. Und: »Jede Kunst ist im Grunde eine Untersuchung der conditio humana«. ▶ Sonntag, 16. Oktober 2016, 17.30 Uhr | Einführung: Salek Kutschinski Black Swan | USA 2010 | R: Darren Aronofsky | B: Andres Heinz, Mark Heyman | K: Matthew Libatique | M: Clint Mansell | D: Natalie Portman, Vincent Cassel, Mila Kunis, Barbara Hershey, Wynona Ryder | 108 min | OmU | Nina Sayers ist Primaballerina einer New Yorker Ballett-Company. Sie hat die große Chance, bei einer Neuinszenierung von »Schwanensee« die Doppelrolle des weißen und schwarzen Schwans tanzen zu dürfen. Nina lebt mit ihrer verbissen-ehrgeizigen Mutter zusammen, einer ehemaligen Tänzerin. Die klaustrophobischenge Welt der beiden, in der das Leben dem Ballett bis hin zur Selbstaufgabe unterworfen ist, wird bedroht, als Nina, mit der Interpretation des sinnlich-leidenschaftlichen schwarzen Schwans kämpfend, ihrer »verbotenen« dunklen Seite begegnet, der eigenen Triebhaftigkeit und Sexualität. Immer mehr gerät die junge Frau in 39 BlAcK SWAN Vom ersten Schrei bis zum letzten Seufzer bestimmt Verwandlung unser Leben. In der Kindheit noch triumphal erlebt, wird sie in der Jugend zum drohenden Identitätsverlust, der Urängste und Horrorgefühle freisetzt, aber auch das Hochgefühl der Erneuerung. Im Alter gerinnt sie zur Angst vor der ultimativen Verwandlung des Individuums, dem Tod. Auf dem langen Weg dahin stellen wir allerlei innere und (nicht nur erfreuliche) äußere Wandlungen an uns fest. Von Ovids Metamorphosen über Kafkas Käfer bis zu Frankensteins Monster und den Transformers haben sich Literatur, Film und Medien immer wieder mit dem Faszinosum der Verwandlung auseinandergesetzt. Die ausgewählten Filme der Staffel, die nicht zufällig mehrfach dem fantastischen Genre angehören, zeigen die Wandlung des Verwandlungsthemas in den letzten Jahrzehnten, sowohl in Form und Inhalt als auch in Bezug auf gesellschaftliche Veränderungen, die die künstlerische Vision inspirieren. Eine filmpsychoanalytische Interpretation wird dabei herauszuarbeiten suchen: Welche Verwandlung(en) suchen wir in der Dunkelkammer des Kinos, in der wir eine Zeit lang ein anderer sein dürfen? Salek Kutschinski eine Identitätsverwirrung, die von ihrem provozierenderregenden Lehrer ebenso geschürt wird wie von der lasziven Tänzerin Lily. Aronofsky führt den Zuschauer zunehmend vom äußeren Geschehen des Balletts in die Psyche Ninas, in der die Grenzen der Realität zu verschwimmen beginnen. ▶ Sonntag, 20. November 2016, 17.30 Uhr | Einführung: Film und Psychoanalyse Eva Friedrich, Irmgard Nagel In einem Jahr mit 13 Monden | BRD 1978 | R+B+K: Rainer Werner Fassbinder | M: Peer Raben | D: Volker Spengler, Ingrid Caven, Gottfried John, Elisabeth Trissenaar, Eva Mattes, Günther Kaufmann | 124 min | Der Film, einer der persönlichsten und radikalsten von Fassbinder, erzählt die letzten Tage im Leben von Erwin/Elvira (gespielt von Volker Spengler), einem Transsexuellen, der weder mit sich zurechtkommt, noch mit denen, 40 The Tenant (Der Mieter) | Frankreich 1976 | R: Roman Polanski | B: Gérard Brach, Roman Polanski, nach dem Roman von Roland Topor | K: Sven Nykvist | M: Philippe Sarde | D: Roman Polanski, Isabelle Adjani, Melvyn Douglas, Jo Van Fleet, Shelley Winters | 125 min | engl. OF | Das Thema Verwandlung hat seine berühmteste literarische Vollendung in der gleichnamigen Erzählung von Franz Kafka gefunden. Der Eindruck des Kafkaesken, des Klaustrophobischen, der Unentrinnbarkeit, der kontrollierenden Blicke, ist eine zentrale Erfahrung, die der Zuschauer beim Sehen von Polanskis Film macht. Der vom Regisseur selbst gespielte Protagonist geht als Mieter einer Wohnung in einem heruntergekommenen Pariser Innenhof unaufhaltsam einem Suizid entgegen – so wie die Vormieterin. Im Versuch, die rigide Hausordnung zunächst zu umgehen, dann ihren Sinn zu verstehen, um sich ihr schließlich zu unterwerfen, erinnert er an Josef K. in Kafkas »Der Prozess«. Handelt es sich hier nur um die Darstellung des schleichenden Beginns und Verlaufs einer Psychose? Oder unternimmt der Film, in dem die Grenzen von Innen und Außen, von Projektion und Realität verschwimmen, nicht auch die Bebilderung eines Zustands, in dem wir uns als Zuschauer selbst wiederfinden können? ▶ Sonntag, 15. Januar 2017, 17.30 Uhr | Einführung: Katharina Leube-Sonnleitner, Corinna Wernz von denen er geliebt werden möchte. Auch die ultimative Verwandlung seines Körpers vom Mann zur Frau bringt nicht die ersehnte Liebes-Rettung. Die Verwandlung des Körpers des Protagonisten, aber auch die der Atmosphäre der »Müll-Tod-Stadt Frankfurt« in den 1970er Jahren, Anpassungssucht und Verachtung der Figuren, Grausamkeit und Ausbeutung des »Systems« ergeben im Film ein Panoptikum, in dem die künstliche Verwandlung als Metapher des Scheiterns subjektiver Inszenierungen gezeigt wird. Cat People (Katzenmenschen) | USA 1982 | R: Paul Schrader | B: Alan Ormsby | K: John Bailey | M: Giorgio Moroder | D: Nastassja Kinski, Malcolm McDowell, John Heard, Annette O’Toole, Ruby Dee | 118 min | OmU | Nach vielen Jahren hat Paul seine getrennt von ihm aufgewachsene jüngere Schwester Irena ausfindig gemacht und zu sich nach New Orleans geholt. Er weiht sie in das Familiengeheimnis ein: Irena sei wie er ein Katzenmensch und könne nur im von ihm drängend geforderten Inzest gefahrlos Sex haben. Sonst würde sie sich nach dem Akt in einen schwarzen Panther verwandeln und ihre Menschengestalt erst wieder zurückgewinnen, wenn sie getötet habe. Der oft düstere, mit vielen monochromen und traumartigen Nachtaufnahmen durchsetzte Film ist ein Remake von Jaques Tourneurs gleichnamigem Klassiker, die auch dort handlungsbestimmende sexuelle Fantasie wurde um das Inzestthema erweitert. Die im Remake heraufbeschworene Verbindung von erwachender weiblicher Sexualität und mörderischer Gefahr wurde als konservativer filmischer Abwehrreflex gegen die damals erstarkende Frauenbewegung kritisiert. ▶ Sonntag, 11. Dezember 2016, 17.30 Uhr | Einführung: Mathias Lohmer ▶ Sonntag, 19. Februar 2017, 17.30 Uhr | Einführung: Matthias Baumgart Werner-Herzog-Preis Werner Herzog vor dem Vulkan Sinabung im Norden von Sumatra bei den Dreharbeiten zu seinem neuen Dokumentarfilm INTO THe INFerNO Werner-Herzog-Preis 41 Einmal im Jahr kommt Werner Herzog für ein paar Tage ins Filmmuseum München, Sitz der Werner Herzog Stiftung: »Wir wollen jedes Jahr einen Werner-HerzogPreis verleihen. Dafür sucht eine Jury weltweit Kandidaten aus – Kriterium ist, dass ein Filmemacher etwas Innovatives gemacht hat. Das Preisgeld von 5.000 Euro stammt momentan noch aus meinen Privateinkünften. Wir hoffen aber, dass in absehbarer Zeit Sponsoren dazukommen. Außerdem soll es über die Stiftung einmal im Jahr eine Masterclass mit mir geben. Ich zeige zum Beispiel Ausschnitte aus einem Projekt, das ich gerade in Arbeit habe, diskutiere mit dem Publikum darüber.« (Werner Herzog) Am Freitag, dem 21. Oktober 2016, wird der WernerHerzog-Preis zum ersten Mal vergeben werden. Bei Drucklegung dieses Programmhefts stand der Preisträger noch nicht fest. Werner Herzog wird die Laudatio halten, anschließend wird ein Film des Preisträgers gezeigt werden. Am Sonntag, dem 23. Oktober, wird Werner Herzog dann im Filmmuseum über seine Arbeit und seine aktuellen Projekte berichten, von denen Ausschnitte gezeigt werden. Ein separates Programm wird rechtzeitig über die Veranstaltungen informieren. ▶ Freitag, 21. Oktober 2016 bis Sonntag, 23. Oktober 2016, jeweils 21.00 Uhr | Zu Gast: Werner Herzog 42 DOUă lOZUrI – ZWeI lOSe Rumänisches Filmfestival Rumänisches Filmfestival Worum geht es im Leben? Einer berühmten Definition zufolge um das »Streben nach Glück«. Ein Staat muss die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Menschen in ihrem Streben nach Glück nicht behindert werden. Den Rest müssen die Menschen selbst in die Hand nehmen. Zum Beispiel, indem sie ein Lotterielos kaufen, oder sich unternehmerisch betätigen, oder ein Erbe gewinnbringend verwerten. Das sind nur einige Beispiele für den »pursuit of happiness«, die sich in aktuellen Filmen des rumänischen Kinos finden. Die drei Männer, die in Paul Negoescus ZWEI LOSE für ein Los zusammenlegen, auf das dann tatsächlich der Hauptgewinn entfällt, haben davor alle nicht gerade gut abgeschnitten in der Lotterie des Lebens. Der eine reagiert darauf mit Verschwörungstheorien, der andere will mit Sportwetten das Glück erzwingen, der dritte versucht es mit Rechtschaffenheit, muss aber akzeptieren, dass die Frau, die er liebt, in Italien arbeitet, und zwar bei einem Mann, dem nicht so richtig zu trauen ist. ZWEI LOSE beruht auf einer Erzählung von Ion Luca Caragiale aus dem Jahr 1901, einem rumänischen Klassiker par excellence. Es gab zuvor auch schon andere Verfilmungen. Im Grunde könnte man alle zehn Jahre eine neue Version davon erstellen, und dabei schauen, was sich in der rumänischen Gesellschaft so verändert hat. Die Besonderheit des Erzählkinos, ab und zu Remakes von alten Filmen oder alten Geschichten zu produzieren, ergibt oft tatsächlich so etwas wie einen historischen Index. Ähnlich wie bei ZWEI LOSE verhält es sich bei Marian Crișans HORIZONT, der auf der Erzählung »Die Glücksmühle« (1881) von Ioan Slavici beruht, die 1955 von Victor Iliu unter dem Originaltitel schon einmal verfilmt wurde. Hier sucht ein Mann das Glück, indem er mit der Familie eine Schänke in einer entlegenen Gegend übernimmt. Bei Crișan ist es ein Gasthaus in den Bergwäldern. Das Geschäft läuft gut, die Leute kommen zum Essen, Feiern und Tanzen, aber schon bald zeigt sich, dass es in der Gegend schwer zu durchschauende Machtverhältnisse gibt. Ein einflussreicher Mann, der zahlreiche Gerichtsverfahren am Hals hat, setzt den Gastwirt unter Druck und macht dessen Frau schöne Augen. Nicht das Glück selbst, aber das Streben nach Glück ist von Regeln abhängig, und diese Regeln (die Herrschaft des Rechts) sind im rumänischen Kino mehr denn je ein Generalthema. Besonders deutlich wird dies im Eröffnungsfilm, Bogdan Miricăs HUNDE. Ein junger Mann kommt in die ausgedörrte Landschaft des Donaudeltas, um sein Erbe anzutreten: ein Haus mit großen Ländereien. Er könnte eine beträchtliche Summe erlösen, allerdings gibt es ein Problem, denn ein lokaler Gangsterboss wickelt in dieser Gegend seine Geschäfte ab. Schmuggelrouten verlaufen über das Grundstück, ähnlich wie in HORIZONT geht es um eine informelle Ökonomie, von der offiziell niemand etwas wissen soll. Die Protagonisten finden sich mit ihren Lebensprojekten zwischen den Fronten einer Auseinan- Cristi Puiu und Cristian Mungiu haben mit ihren Filmen inzwischen einen Status im Weltkino erlangt, der sie aus dem engeren Kontext des rumänischen Kinos zwar nicht vollständig heraushebt (das würde sie auch ihres Repräsentationsanspruchs berauben), der sie aber doch in anderen Dimensionen spielen lässt. Ihre aktuellen Filme können wir (noch) nicht zeigen – diese schmerzlichen Lücken im Programm sind den Capricen der französischen Weltvertriebe so kurz nach Cannes geschuldet. Beide sind aber doch (zumindest indirekt) präsent: Wir zeigen Puius WARE UND GELD – im Double Feature mit ZWEI LOSE (die Beziehungen zwischen beiden Filmen sind erstaunlich vielfältig und auch rasend komisch). BACALAUREAT bleibt jedoch momentan eine »Leerstelle« zwischen den Rollen, die Adrian Titieni, aber auch der großartige Vlad Ivanov (in BACALAUREAT der Polizeichef, in HUNDE ein dämonischer Gangster), an anderer Stelle spielen. Die Netzwerke des Castings, die im Lauf der Zeit auch so etwas wie Jahresringe und historische Verlaufskurven ergeben, reichen noch weiter: Alexandru Papadopol, der in WARE UND GELD und in ZWEI LOSE dabei ist, hat die Hauptrolle in Andrei Cohns ZUHAUSE BEI VATER. Auch Ioana Flora, die wie ihre beiden »CoStars« Papadopol und Bucur in WARE UND GELD ihre erste Rolle hatte, sehen wir in ZUHAUSE BEI VATER wieder. Und immer wieder gibt es auch in anderen Filmen »bekannte Gesichter«. Cătălin Mitulescus Emigrantendrama JENSEITS DER GLEISE handelt von der Fernbeziehung zwischen Rumänien und Italien, in einer melancholischen Nachtgeschichte, in der sich eine Hochzeit mit einer Trennung verbindet. Man kann davon ausgehen, dass Alexandru Potocean, der virile Hauptdarsteller, demnächst im Starsystem bedeutend an Gewicht gewinnen wird. In Florin Șerbans Klassendrama BOX wiederum taucht Cătălin Mitulescu als Darsteller auf. Er spielt einen Theaterdirektor, während die Hauptrolle, ein junger Boxer aus der Bevölkerungsminderheit der Roma, von einem Debütanten gespielt wird. Mit dieser Besetzung der Rolle eines ehrgeizigen Sportlers mit einem »Laien« verbinden sich zwei Motive, die das »Streben nach Glück« im Kino betreffen: es als Darsteller zu etwas zu bringen, und mit einer Figur den Energien eine Bahn zu verschaffen, von denen das Leben in der Gesellschaft abhängt – und deren Spannungen es auch ausgesetzt ist. BOX führt diese beiden Bereiche (den Sport von unten, das Theater als Repräsentationssystem von oben) so zusammen, dass daraus dieses prinzipielle Interesse an den Funktionsweisen des Zusammenlebens erkennbar wird, das seit Rumänisches Filmfestival dersetzung um Recht und Ordnung. Oder um, wie es ein berühmter Filmtitel des Neuen Rumänischen Kinos nannte: WARE UND GELD. So heißt der erste Film (2001) von Cristi Puiu. ZWEI LOSE nimmt ausdrücklich auf ihn Bezug: Grund genug, an diesen »Gründungsmoment« vor 15 Jahren zu erinnern. Der immer noch junge Mann, der in HUNDE die Hauptrolle spielt, war schon damals dabei: Dragoș Bucur ist einer der großen Stars in Rumänien, er spielt auch in ZWEI LOSE mit. In allen drei Filmen ist er ein Sympathieträger in undurchsichtigen oder komischen Situationen. Die Entwicklung eines tragfähigen Starsystems ist in der Regel ein Hinweis darauf, dass kinematografische Erneuerungsbewegungen nicht einfach verpuffen, sondern sich konsolidieren und einwurzeln. Nicht nur in dieser Hinsicht deutet der aktuelle Kino-Jahrgang in Rumänien darauf hin, dass sich Verbindungen zwischen cinephilen und populären Formen entwickeln. Das Starsystem profitiert dabei auch davon, dass zwei der wichtigsten Vertreter der Neuen Rumänischen Welle in diesem Jahr mit großen Ensemblefilmen hervorgetreten sind: Cristi Puiu mit SIERANEVADA und Cristian Mungiu mit BACALAUREAT – beide liefen im Wettbewerb in Cannes. Bei Puiu sind die Darsteller der Großfamilie, die er drei Stunden lang ausschließlich in den engen Räumen einer Wohnung zeigt, selbst fast so etwas wie eine künstlerische Familie. Wie immer geht Puiu mit einem konzeptuell reduzierten Setting analytisch auf das Ganze der Gesellschaft ein. BACALAUREAT spannt sein Netzwerk an Beziehungen und Andeutungen ganz ähnlich auf, wenn auch räumlich nicht so radikal beschränkt. Rund um die Abschlussprüfungen eines Mädchens, das auf ein Stipendium nach England hofft, zeigt Mungiu die Verfahrensweisen einer Gesellschaft, in der immer noch manchen Dingen nachgeholfen werden kann, ohne dass dies notwendigerweise zu einem guten Ausgang führen muss. Die Hauptrolle spielt Adrian Titieni, der auch in Adrian Sitarus UNGESETZLICH im Mittelpunkt steht, und so etwas wie die Vaterfigur des rumänischen Kinos ist – ein Jedermann mit einer untergründigen Attraktivität (in fast allen seinen Rollen haben die Figuren nicht nur Beziehungen, sondern auch Verhältnisse). UNGESETZLICH ist eine kleinere Variante des Familiendramas, das Puiu personell deutlich umfänglicher anlegt – in beiden Fällen wird aber der kleine Zusammenhang der Verwandtschaft zu einem Echoraum für die nationale Geschichte mit ihren nach wie vor bestimmenden Themen der Nachwirkungen der kommunistischen Ära und der Defizite der gewonnenen Freiheit. 43 câINI – HUNDe Rumänisches Filmfestival 44 dem Beginn der Erneuerungsbewegung nach 2000 den gemeinsamen Nenner fast aller wesentlichen Filme aus Rumänien bildet. Das Land ist, als junges Mitglied der Europäischen Union wie als große, wenngleich fragile Demokratie an derem südöstlichem Rand, nach wie vor »aufkommend« – die nationale Kinematografie ist da schon einen Schritt weiter und zeigt sich 2016 in einer Phase von Reife und Komplexität, die in Europa nur wenig Vergleiche zulässt. Bert Rebhandl Ein Programm in Kooperation mit der Gesellschaft zur Förderung der Rumänischen Kultur und Tradition e.V., München und dem Centrul Naţional al Cinematografiei România, Bukarest. Câini (Hunde) | Rumänien 2016 | R+B: Bogdan Mirică | K: Andrei Butică | M: Codrin Lazăr, Sorin Romanescu | D: Dragoș Bucur, Gheorghe Visu, Vlad Ivanov, Emilian Oprea, Teodor Corban | 104 min | OmeU | CinemaScope | Ein junger Mann aus Bukarest erbt ein Haus mit Grundstück im nordöstlichen Winkel von Rumänien, in einem ausgedörrten Niemandsland. Mit der Selbstgewissheit eines modernen Städters macht er sich an die bürokratische Abwicklung des Verkaufs. Doch muss er bald feststellen, dass die lokalen Verhältnisse nicht leicht zu durchschauen sind. Ein Gangsterboss stellt sich vor, ein Freund verschwindet spurlos, ein von Krankheit schwer gezeichneter Polizist ermittelt in alle Richtungen. Ein knochentrockener Thriller im Licht einer immerzu untergehenden Sonne. ▶ Donnerstag, 24. November 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast: Marcela Ursu, Dragoș Bucur | Einführung: Mihai Fulger Marfa și banii (Ware und Geld) | Rumänien 2001 | R: Cristi Puiu | B: Cristi Puiu, Răzvan Rădulescu | K: Silviu Stavila, Marius Panduru | D: Alexandru Papadopol, Dra- goș Bucur, Ioana Flora, Răzvan Vasilescu, Luminiţa Gheorghiu | 90 min | OmeU | Ein junger Mann wacht spät am Morgen auf und bekommt einen Auftrag: Er soll eine Lieferung mit »Medikamenten« von Constanţa nach Bukarest bringen. Das Honorar ist auffällig hoch, doch er stellt keine Fragen. Der Freund, der mitfährt, bringt gegen die ausdrückliche Anweisung des Auftraggebers seine Freundin mit. Zu dritt machen sie sich auf den Weg. Ein mysteriöses Roadmovie, in dem sich (vergleichbar Steven Spielbergs DUEL (1971), aber deutlicher verwurzelt in den sozialen Verhältnissen des Landes) die Rumänische Neue Welle zum ersten Mal selbstbewusst manifestierte. ▶ Freitag, 25. November 2016, 18.30 Uhr | Zu Gast: Dragoș Bucur | Einführung: Mihai Fulger Două lozuri (Zwei Lose) | Rumänien 2016 | R+B: Paul Negoescu, nach der Erzählung von Ion Luca Caragiale | K: Ana Drăghici | D: Dorian Boguţă, Dragoș Bucur, Alexandru Papadopol, Andi Vasluianu, Şerban Pavlu | 86 min | OmeU | Ein Mann kommt von der Arbeit nach Hause. Am Briefkasten trifft er auf zwei unangenehme Gesellen, die ihm seine Gürteltasche abnehmen. Dinel ist einer von der Sorte, die solch alltäglicher Gewalt nichts entgegenzusetzen haben. Dass sich in der Tasche auch ein Los befindet, wird erst bedeutsam, als sich herausstellt, dass es einen Millionengewinn bringen würde. Mit den zwei Verlierern, die zum Loserwerb beigesteuert haben, macht sich Dinel auf die Suche nach den Räubern: eine herrlich absurde, schmerzlich realistische Odyssee, die ihre erste Station bei einer Wahrsagerin hat, und die am Ende eine Art Readymade des (Un-)Glücks präsentiert. ▶ Freitag, 25. November 2016, 21.00 Uhr | Zu Gast: Paul Negoescu, Dragoș Bucur | Einführung: Bert Rebhandl Anti-Sitcom enthüllt dann ein noch »illegitimeres« Geheimnis: Inzest. ▶ Samstag, 26. November 2016, 21.00 Uhr | Einführung: Mihai Fulger La moara cu noroc (Die Glücksmühle) | Rumänien 1955 | R: Victor Iliu | B: A. Struţeanu, T. Popovici, nach der Erzählung von Ioan Slavici | K: Ovidiu Gologan | M: Paul Constantinescu | D: Constantin Codrescu, Ioana Bulca-Diaconescu, Geo Barton, Colea Rautu | 110 min | OmeU – Ein Mann übernimmt mit seiner Familie eine Schänke in ländlicher Gegend. Das Geschäft läuft prächtig, doch bald wird erkennbar, dass ein lokaler Potentat bei allen Vorgängen die Finger im Spiel hat. Zwischen ihm und dem Wirt steigt die Spannung mit jeder neuen Demütigung, auch die Frau des Wirts wird in die Auseinandersetzung um Rechtschaffenheit und Gewalt mit hineingezogen. Die klassische Verfilmung der Erzählung von Ioan Slavici spielt in der feudalen Periode Rumäniens, die wir jüngst in AFERIM! zu sehen bekamen. ▶ Sonntag, 27. November 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Mihai Fulger einem Geist, der stets verneint: Authentizität ist Pose; je länger die Plansequenz, desto größer der Schwindel; je schweigsamer die Figuren, desto größer ihre Gewalt. ▶ Samstag, 26. November 2016, 18.30 Uhr | Zu Gast: Ion Indolean | Einführung: Bert Rebhandl O faptă bună (Eine gute Tat) | Rumänien 2015 | R+B: Andrei Gruzsniczki | K: Radu Aldea | D: Adrian Titieni, Medeea Marinescu | 28 min | OmeU | Was ist ein Hundeleben wert? Und was ein toter Hund? – Ilegitim (Ungesetzlich) | Rumänien 2016 | R: Adrian Sitaru | B: Adrian Sitaru, Alina Grigore | K: Adrian Silișteanu, Alexandru Lorian Timoșca | D: Adrian Titieni, Alina Grigore, Robi Urs, Bogdan Albulescu, Cristina Olteanu | 90 min | OmeU | CinemaScope | Einer der für das rumänische Kino so typischen, schwer zu enträtselnden Familienverbände steht im Mittelpunkt: Gespräche beim Essen, auf dem Bett, in der Küche. Es ist ein Skandal: Der Vater hat während des Kommunismus die drakonische Anti-Abtreibungs-Politik des Regimes vertreten. Schlimmer noch: Er hält bis heute an seiner moralisch, nicht politisch begründeten Position fest. Die wie eine Reality Show von John Cassavetes wirkende Orizont (Horizont) | Rumänien 2016 | R+B: Marian Crișan, nach der Erzählung »Moara cu noroc« von Ioan Slavici | K: Oleg Mutu | M: Cristian Lolea | D: András Hatházi, Rodica Lazăr, Maria Seleș, Bogdan Zsolt, Valeriu Andriuţă | 94 min | OmeU | CinemaScope | Während Victor Ilius GLÜCKSMÜHLE in einer archaisierenden Landschaft spielte, verlegt Marian Crișan die Geschichte in die dichten Bergwälder außerhalb von Cluj. Vater, Mutter, Sohn und Großmutter starten als Pächter des Hotels »Horizont« ein neues Leben. Der erste Riss im Gewebe der Legalität ist winzig: Die Bergpolizisten müssen ihr Essen nicht bezahlen. Dann taucht ein Mann mit ungarischem Namen und zwielichtigen Handlangern auf. Deutlicher als in der Vorlage geht es Crișan um einen Thriller, in dem das Recht als Ganzes auf dem Spiel steht, weil sich die nackte Gewalt durchzusetzen droht. ▶ Sonntag, 27. November 2016, 21.00 Uhr | Einführung: Bert Rebhandl Afacerea Est (Eastern Business) | Rumänien 2016 | R+B: Igor Cobileanski | K: Feliksas Abrukauskas | M: Liviu Elekes | D: Constantin Pușcașu, Ion Sapdaru, Daniel Busuioc, Anne Marie Chertic, Valeriu Andriuţă | 84 min | OmeU | CinemaScope | Das Prinzip des verlorenen Loses in einer etwas anderen Variante. Marian, ein gutmütiger Kerl, sieht die Möglichkeit zu einem gro- Rumänisches Filmfestival Şapte luni mai târziu (Sieben Monate später) | Rumänien 2016 | R+B: Andrei Creţulescu | K: Andrei Butică | D: Şerban Pavlu, Rodica Lazăr, Dorian Boguţă | 24 min | OmeU | Eine perfekte Ehe. Ein perfekter Sonntagmorgen. Ein Dritter kommt dazu. – Discordia (Zwietracht) | Rumänien 2016 | R+B: Ion Indolean | K: Marius M. Bogdan | M: Adrian Enescu | D: Ilinca Hărnuţ, Rareș Hanţiu | 72 min | OmeU | Zwei junge Leute in einer großbürgerlichen Wohnung in Cluj. Eher Bruder und Schwester als Geliebter und Geliebte? Plakate an den Wänden verweisen auf eine ausgeprägte Nähe zum Kino. Die Tage gehen einher mit Routinen: ein Bad nehmen, im Garten sitzen, Badminton spielen. Sie empfängt gelegentlich jemanden für eine Therapiestunde, er schreibt einen Text. Filmkritische Debatten über Iñárritus BIRDMAN (2014) brechen das lastende Schweigen. Eine formal radikale Studie in Cinephilie, aus 45 ßen Geschäft. Er braucht dazu nur noch ein bisschen Kapital. Also verkauft er sein rotes Motorrad, das fortan wie ein schlecht startender, aber gut funktionierender Gag durch die Geschichte geistert. Der Käufer ist ein vierschrötiger Typ namens Pietro, den man bei keinem Business als Gegner (geschweige denn als Partner) haben möchte. Eine Ladung Hufeisen in einem Waggon aus Russland – damit gehen die Probleme los. Absurde Komödie mit viel Unverwüstlichkeit. Rumänisches Filmfestival ▶ Mittwoch, 30. November 2016, 21.00 Uhr 46 Dincolo de calea ferată (Jenseits der Gleise) | Rumänien 2016 | R+B: Cătălin Mitulescu | K: Liviu Mărghidan | M: Jean-Paul Wall | D: Alexandru Potocean, Ada Condeescu, Claudiu Trandafir, Luminiţa Erga, Radu Romaniuc | 88 min | OmeU | CinemaScope | Eine Woche bekommt Radu von seiner italienischen Chefin, um seine Verhältnisse in Rumänien zu klären. Er kommt mit dem Bus nach Hause, mitten in der Nacht, seine Frau trägt ein schönes Kleid, empfängt ihn aber distanziert. Im Verlauf des allmählich dämmernden Morgens entwickelt Cătălin Mitulescu eine Geschichte mit vielen kleinen Überraschungen, in der eine der wichtigsten Tatsachen der rumänischen Gegenwart niemals zu deutlich in den Vordergrund gerückt wird, dabei aber alles prägt: die Entfremdung, die durch die Arbeitsmigration in das Leben der Menschen kommt. ▶ Freitag, 2. Dezember 2016, 21.00 Uhr O noapte în Tokoriki (Eine Nacht in Tokoriki) | Rumänien 2016 | R: Roxana Stroe | B: Roxana Stroe, AnaMaria Gheorghe | K: Laurenţiu Răducanu | D: Cristian Priboi, Cristian Bota, Iulia Ciochină | 18 min | OmeU – Ninel | Rumänien 2016 | R: Constantin Popescu | B: Alina Apostu | K: Liviu Mărghidan | D: Florentina Tilea, Pali Vecsei | 26 min | OmeU – Te mai uiţi şi la om (Schau den Menschen an) | Rumänien 2016 | R+B: Ana-Maria Comănescu | K: Tudor Platon | D: Diana Cavallioti, Bogdan Nechifor, Andrei Ciopec | 23 min | OmeU – Mesagerul (Der Bote) | Rumänien 2015 | R+B: Radu Potcoavă | K: Andrei Butică | D: Emilian Oprea, Alfred Wegeman | 12 min | OmeU – 4:15 PM – Sfârşitul lumii (16.15 Uhr – Das Ende der Welt) | Rumänien 2016 | R+B: Gabi Virginia Şargă, Cătălin Rotaru | K: Tudor Platon | D: Alexandru Suciu, Elias Ferkin | 15 min | OmeU – Von einer orgiastischen Geburtstagsfeier in einer Diskothek auf dem Land mit überraschendem Ausgang bis hin zum Ende der Welt – ein immer schneller abwärts rasender, unaufhaltsamer Höllensturz. ▶ Samstag, 3. Dezember 2016, 21.00 Uhr Acasă la tata (Zuhause bei Vater) | Rumänien 2015 | R: Andrei Cohn | B: Mimi Brănescu | K: Andrei Butică | M: Emy Drăgol | D: Alexandru Papadopol, Andi Vasluianu, Ioana Flora, Mirela Oprișor, Florin Zamfirescu | 90 min | OmeU | Aus heiterem Himmel taucht Petrica bei seinem Vater auf – die Rückkehr eines schon fast verloren geglaubten Sohns in eine Hafenstadt im Südosten Rumäniens. Was hat Petrica wohl in der Tasche? Die ersten Gespräche zwischen Vater und Sohn könnten giftiger kaum sein, doch allmählich beginnt Petrica, der in Bukarest als Dichter lebt und vom dem schon etwas in der Zeitung stand, sich auf die lokalen Verhältnisse einzulassen. Ein leiser Film, der seine Spannung nicht nur Genreformeln abgewinnt, sondern der das Vergehen der Zeit fast schmerzhaft spürbar macht. ▶ Sonntag, 4. Dezember 2016, 21.00 Uhr Box | Rumänien 2015 | R+B: Florin Șerban | K: Marius Panduru | D: Hilda Péter, Rafael Florea, Sorin Leoveanu, Nicolae Motrogan, Narcis Romulus Dobrin | 94 min | OmeU | CinemaScope | Zwei Welten in der westrumänischen Stadt Sibiu. Ein junger Mann aus der Minderheit der Roma soll seinen Weg als Boxer machen, läuft aber Gefahr, in den Manipulationen dieses dubiosen Sports verheizt zu werden. Seine Obsession gilt Cristina, einer Schauspielerin mittleren Alters, die am lokalen Theater Čechov probt und den Verehrer aus einem ganz anderen Milieu als dem ihren allmählich an sich heran lässt. Eine Studie über unwahrscheinliche Verbindungslinien in einer Gesellschaft, die alte Hierarchien zumeist blind reproduziert. ▶ Freitag, 9. Dezember 2016, 21.00 Uhr Miracolul din Tekir (Das Wunder von Tekir) | Rumänien 2016 | R: Ruxandra Zenide | B: Ruxandra Zenide, Alex Iordachescu | K: Hélène Louvart | M: Aïsha Devi | D: Dorotheea Petre, Elina Löwensohn, Bogdan Dumitrache, Mirela Oprișor, George Piștereanu | 98 min | OmeU | Ein Solitär. Ruxandra Zenide, eine in der Schweiz lebende Rumänin, erzählt eine mythisch getönte Geschichte von einer jungen Frau in einem Fischerdorf, die von ihrer Mutter die Kraft und das Wissen einer Heilerin geerbt hat. Für die Bewohner des Dorfes aber ist sie eine Hexe, und als der Fischfang zurückgeht, steht sogar die Möglichkeit eines Menschenopfers im Raum. Es ist der umsichtige Pfarrer, der Mara wegbringen lässt, an jenen Ort, an dem sich das Wunder von Tekir ereignet: ein aus der Zeit gefallenes Hotel, in dem Kuren der besonderen Art angewandt werden. ▶ Sonntag, 11. Dezember 2016, 21.00 Uhr | Zu Gast: Ruxandra Zenide Ettore Scola ettore Scola bei den Dreharbeiten zu lA PIù BellA SerATA DellA MIA VITA (1972) Ettore Scola, Humanist des italienischen Kinos 47 Ettore Scola (1931–2016) ist einer der großen Meister des italienischen Films. Er gilt als legitimer Erbe von Roberto Rossellini, Vittorio de Sica und Federico Fellini und als wichtiger Impulsgeber für die nächste Generation. In Deutschland ist er jedoch bis heute weitgehend unbekannt geblieben. Obwohl Ettore Scola ein juristisches Studium absolviert hat, faszinierte ihn früh die Kinowelt. Bevor er eigene Filme drehte, verfasste er mehr als fünfzig Drehbücher für Regisseure wie Luigi Zampa, Nanni Loy oder Mario Monicelli. Den Durchbruch als Regisseur mit einer sehr persönlichen Filmsprache und einer Vorliebe für sozialkritische Themen gelang ihm in den 1970er Jahren. Über sein Konzept sagte Scola: »Mein Kino war nie ein Kino der Phantasie, sondern immer eines der Beobachtung«. Und: »Filme können Denkanstöße geben und die Menschen dazu bewegen, Dinge in Frage zu stellen, die sie niemals in Frage gestellt hätten, und Dinge anzuzweifeln, an denen sie nie gezweifelt hätten«. Ein Filmkritiker bezeichnete ihn als »ironischen Anthropologen des damaligen Italien, der Democrazia Cristiana und des Booms, mit Biss und einem gewissen Zynismus«. Von zentraler Bedeutung für Scolas Filme sind die Schauspieler. In mehreren Filmen arbeitete er mit Nino Manfredi, Vittorio Gassmann, Stefania Sandrelli, Alberto Sordi und Marcello Mastroianni. Sie verkörpern italienische Charaktertypen mit ihren typischen Merkmalen: Der Kunst, sich in jeder Situation zu behelfen (arte di arrangiarsi) sowie markanten Kontrasten zwischen Schein (Selbstsicherheit, Geltungsdrang, Hochmut) und Sein (Schüchternheit, Engstirnigkeit, Opportunismus, Feigheit). Ein menschliches Panoptikum aus gescheiterten Angestellten, komplexbeladenen Strebern, Schnorrern, Schmarotzern, Träumern und Emanzen, die sich in der neu entstehenden Welt der Freizeitangebote, der freieren Sitten, des Wohlstands und des Konsums bewegen – eine bunte comédie humaine, geprägt durch das anekdotische, fragmentarische Erzählen und das Zusammenspiel von dramatischen und grotesken Elementen. In seinen späteren Filmen schlug Scola einen bittereren, pessimistischeren Ton an. Sein Glaube an das Kino als Mittel für die Reifung und Demokratisierung des Landes schwand. Als wiederkehrende Motive traten jetzt Verzicht, Anpassung, Resignation in den Vordergrund. Scola drehte aufwändige Produktionen mit internationalen Schauspielstars in Frankreich, die auch in die deutschen Kinos gelangten. 2011 erklärte der 80jährige Ettore Scola seinen Rückzug vom Kino. Doch Ettore Scola dies hielt ihn nicht davon ab, zwei Jahre später beim Festival in Venedig einen außergewöhnlichen Dokumentarfilm über seinen »Bruder im Geiste« Federico Fellini zu präsentieren: CHE STRANO CHIAMARSI FEDERICO (WIE MERKWÜRDIG, FEDERICO ZU HEISSEN). Kurz vor seinem Tod am 19. Januar 2016 wirkte er noch in einem ähnlichen Dokumentarfilm über sein eigenes Leben und Werk mit, das seine Töchter Paola und Silvia inszenierten: RIDENDO E SCHERZANDO, lachend und scherzend. Der Tod traf Scola nicht unvorbereitet. Sein Leben lebte er immer voll und ganz. Ilaria Furno Weise (Circolo Cento Fiori) 48 Ridendo e scherzando. Ritratto di un regista all’italiana (Ettore Scola – Porträt eines italienischen Regisseurs) | Italien 2015 | R+B: Paola Scola, Silvia Scola | K: Davide Manca | M: Claudio Chiossi | Mit Ettore Scola, Pierfrancesco Diliberto | 81 min | OmeU | Ettore Scolas Töchter Paola und Silvia – beide selbst Drehbuchautorinnen – zeichnen ein liebevolles und bisweilen nostalgisches Porträt ihres Vaters. Nur wenige Monate vor seinem Tod traf Ettore Scola den italienischen Regisseur Pierfrancesco Diliberto, genannt Pif, zu einem längeren Interview in einem kleinen Kino. Klug, geduldig und humorvoll lässt Ettore Scola sein Leben und sein Werk Revue passieren, flankiert von Filmausschnitten aus seinen Filmen, Super-8-Aufnahmen, Ausschnitten aus Fernsehinterviews, Familienfotos oder Karikaturen, die sich die beiden gemeinsam auf der Leinwand ansehen. ▶ Donnerstag, 3. November 2016, 19.00 Uhr C’eravamo tanto amati (Wir hatten uns so geliebt) | Italien 1974 | R: Ettore Scola | B: Ettore Scola, Agenore Incrocci, Furio Scarpelli | K: Claudio Cirillo | M: Armando Trovajoli | D: Stefania Sandrelli, Vittorio Gassman, Nino Manfredi, Stefano Satta Flores, Giovanna Ralli, Aldo Fabrizi, Federico Fellini | 124 min | OmeU | Der Krieg endet, die Nachkriegszeit beginnt und die Wege von Antonio, Gianni und Nicola, dreier ehemaliger Partisanen voller Ideen und Tatendrang, die während des Widerstands Freunde geworden sind, trennen sich: Nicola fährt zurück in die Provinz Salerno, wird Lehrer in einem humanistischen Gymnasium und ein begeisterter Kinogänger; Antonio kehrt zurück nach Rom und arbeitet wieder als Krankenpfleger; Gianni will in Pavia sein Jurastudium abschließen. Ein Film über die unvollkommene Liebe und unerreichbare politische Ideale – und über dreißig Jahre italienische (Film-)Geschichte. ▶ Freitag, 4. November 2016, 21.00 Uhr Una giornata particolare (Ein besonderer Tag) | Italien 1977 | R: Ettore Scola | B: Ruggero Maccari, Ettore Scola, Maurizio Costanzo | K: Pasqualino De Santis | M: Armando Trovajoli | D: Sophia Loren, Marcello Mastroianni, John Vernon | 105 min | OmeU | Rom, 8. Mai 1938: Als ihr Mann und ihre sechs Kinder an einer zu Ehren Mussolinis und Hitlers veranstalteten Parade teilnehmen, lernt die zu Hause gebliebene Antonietta ihren Nachbarn Gabriele kennen. Während im Radio martialische Reden und Parolen übertragen werden, entwickelt sich zwischen Antonietta und Gabriele eine leise, außergewöhnliche Beziehung, die in kurzer Zeit alle Höhen und Tiefen durchläuft und beide stark berührt. UNA GIORNATA PARTICOLARE beleuchtet den Einfluss eines totalitären Regimes auf das Leben der Menschen und zeichnet dabei ein bitteres Bild der Gesellschaft. ▶ Samstag, 5. November 2016, 21.00 Uhr La nuit de Varennes (Flucht nach Varennes) | Frankreich 1982 | R: Ettore Scola | B: Sergio Amidei, Ettore Scola, nach einem Roman von Catherine Rihoit | K: Armando Nannuzzi | M: Armando Trovajoli | D: Jean-Louis Barrault, Marcello Mastroianni, Hanna Schygulla, Harvey Keitel, Jean-Claude Brialy, Jean-Louis Trintignant, Daniel Gélin, Laura Betti, Andrea Ferréol | 122 min | OmeU | Paris 1791, während der Französischen Revolution: In der Nacht vom 20. auf den 21. Juni fliehen König Ludwig XVI und seine Frau Marie-Antoinette nach Varennes. In einer anderen Kutsche treffen bunt zusammengewürfelte Passagiere aus allen Gesellschaftsschichten aufeinander: der Schriftsteller Restif de la Bretonne, der amerikanische Politiker Thomas Paine, der vergreiste Casanova, die italienische Opernsängerin Comtesse de la Borde, ein revolutionärer Student und eine reiche Witwe. ▶ Sonntag, 6. November 2016, 21.00 Uhr Le Bal (Der Tanzpalast) | Frankreich 1983 | R: Ettore Scola | B: Ettore Scola, Ruggero Maccari, Jean-Claude Penchenat | K: Ricardo Aronovich | M: Vladimir Cosma | D: Monica Scattini, Francesco De Rosa, Rossana Di Lorenzo, Jean-Claude Penchenat, Genevieve Rey-Penchenat | 111 min | OF (ohne Dialog) | In einem Pariser Tanzcafé begegnen sich 1936, 1940, 1944, 1946, 1956, 1968 und schließlich 1983 zwanzig verschiedene Menschen – Kleinbürger, Verkäuferinnen und Arbeiter –, gespielt von der immer gleichen Schauspielergruppe ohne ein einziges gesprochenes Wort. Mode, Frisuren, Tanz- und Musikstile ändern sich mit der Zeit – die Wünsche und Sehnsüchte der Figuren aber bleiben stets die gleichen: Sie wollen beim Tanzen ihre Ein- Ettore Scola SPleNDOr samkeit vergessen, dem Grau des Alltags entfliehen, träumen – und lieben. ▶ Freitag, 11. November 2016, 21.00 Uhr La famiglia (Die Familie) | Italien 1987 | R: Ettore Scola | B: Ruggero Maccari, Furio Scarpelli, Ettore Scola | K: Ricardo Aronovich | M: Armando Trovajoli | D: Vittorio Gassman, Stefania Sandrelli, Fanny Ardant, Andrea Occhipinti, Ottavia Piccolo, Philippe Noiret | 126 min | OmU | Ettore Scola zeichnet das Porträt einer bürgerlichen italienischen Großfamilie über einen Zeitraum von 80 Jahren, von 1906 bis 1986. Der Film spielt ausschließlich im Innern einer Wohnung im römischen Viertel Prati. Jede der Figuren wird durch eine lange Kamerafahrt über den Flur des eleganten Familien-Appartements eingeführt, begleitet von der meisterhaften Musik von Armando Trovajoli. Eine Reflexion über eine sich unerbittlich verändernde Gesellschaft. ▶ Samstag, 12. November 2016, 21.00 Uhr Che ora è? (Wie spät ist es?) | Italien 1989 | R: Ettore Scola | B: Beatrice Ravaglioli, Ettore Scola, Silvia Scola | K: Luciano Tovoli | M: Armando Trovajoli | D: Marcello Mastroianni, Massimo Troisi, Anne Parillaud, Renato Moretti, Lou Castel | 97 min | OmU | Der 60-jährige vermögende römische Anwalt Marcello fährt mit dem Taxi nach Civitavecchia, um seinen Sohn Michele zu besu- chen, der dort seinen Militärdienst absolviert. Die Begegnung der beiden ist geprägt von Konflikten, die aus der häufigen Abwesenheit des Vaters, der charakterlichen Verschiedenheit der beiden, ihren unterschiedlichen Weltanschauungen und dem Unvermögen, miteinander zu kommunizieren, resultieren. Die Zeiger der Uhr strukturieren das Treffen, das eine Annäherung mit sich bringen soll – doch der Generationskonflikt zwischen Vater und Sohn scheint unauflösbar. ▶ Sonntag, 13. November 2016, 21.00 Uhr Splendor | Italien 1989 | R+B: Ettore Scola | K: Luciano Tovoli | M: Armando Trovajoli | D: Marcello Mastroianni, Massimo Troisi, Marina Vlady, Paolo Panelli, Pamela Villoresi | 105 min | OmU | Das Provinzkino »Splendor« hat seine besten Tage hinter sich: Es häuft Schulden an und ist im Begriff zu verfallen. Schweren Herzens entscheidet sich sein Besitzer Jordan, der das Kino von seinem Vater geerbt hat, es zu verkaufen. Nach Ende der letzten Vorstellung erinnert er sich noch einmal an die Glanzzeiten des Kinos in den 1930er und 1950er Jahren, als es noch der kulturelle Mittelpunkt der Kleinstadt war. Ettore Scolas wehmütiger Abgesang auf das Kino als soziale Einrichtung, als Stätte der Begegnung, als Hort der Träume und als Exil, das Schutz vor dem grauen Alltag bietet. Nur ein Wunder kann helfen. ▶ Sonntag, 20. November 2016, 21.00 Uhr 49 Christian Rischert Der TOD DeS FIScHerS MArc leBlANc Zum 80. Geburtstag von Christian Rischert 50 Auf der Retrospektive der Internationalen Filmfestspiele Berlin wurde 2016 KOPFSTAND, MADAME! wieder entdeckt, Christian Rischerts erster Spielfilm, der 1967 in der ersten Welle von Filmen erschien, die den Beginn des Jungen Deutschen Films markieren. Vier Jahre zuvor war im Oberhausener Manifest der Startschuss zu dieser Bewegung gegeben worden: »Wir erklären unseren Anspruch, den neuen deutschen Spielfilm zu schaffen. Dieser Film braucht neue Freiheiten. Freiheit von den branchenüblichen Konventionen. Freiheit von der Beeinflussung durch kommerzielle Partner. Freiheit von der Beeinflussung durch Interessengruppen. Der alte Film ist tot, wir glauben an den neuen.« Rischert gehörte zwar nicht zu den Unterzeichnern des Manifests, sieht dies aber als biografischen Zufall: Er war Mitglied der informellen Münchner Gruppe, aus deren bisheriger Filmarbeit in nächtlichen Diskussionen das Bedürfnis nach einem Aufbruch in eine neue Praxis des Filmemachens erwachsen war, das sich in dem Manifest Ausdruck verschaffte. Wie die anderen jungen Filmemacher, die sich aus den verkrusteten Strukturen von »Papas Kino« ausgeschlos- sen sahen und an der Fortsetzung des Bisherigen auch kein Interesse hatten, hatte Rischert sein Handwerk bei der Herstellung von Werbefilmen gelernt und sich mit Kurzfilmen einen Namen gemacht, die, wie es im Manifest hieß »eine neue Sprache des Films sprechen«. In IT’S A WONDERFUL LIFE (1965) ist zu sehen, wie ein junges Mädchen und ein »reifer Mann« mit den Rollenerwartungen kämpfen, die ein glückliches Zusammentreffen der Geschlechter eher unmöglich erscheinen lassen. Exquisit komponierte Schwarzweißbilder, kommentierende Zwischentitel und eine elliptische Montage treiben hier zwölf Minuten Erkenntnisgewinn in einem Film hervor, der ebenso vergnüglich anzusehen wie ernst zu nehmen ist. In FRIEDLICHE ZEITEN (1965) erleben wir ein opulentes Mittagsgelage deutscher Touristen in einer arkadischen italienischen Sommerlandschaft. Ihre belanglose Unterhaltung nimmt plötzlich einen bedrohlichen Verlauf, als einer der Teilnehmer von einer Kriegserinnerung überwältigt eine Messerattacke auf einen jungen Mann startet, der sich zuvor in der Konversation auffallend zurückgehalten hatte. Im Opfer dieses Angriffs kann man unschwer das Selbst- das Leben ist, aber die Regel. Die Anfänge ähnelten den Entdeckungen, die auch andere Filmemacher in der Bundesrepublik der 1960er Jahre mit der neuen, beweglichen 16mm-Technik in der Realität machen konnten. PLATZ 219 (1970, wieder zusammen mit Christian Geissler) beobachtet den Alltag einer proletarischen Familie, die es aus Norddeutschland in die Fließbandfertigung einer süddeutschen Elektronikfirma verschlagen hat. Sie verdienen gutes Geld, können sich ein Auto leisten und fühlen dennoch, dass aus Arbeit und Wohlstand allein keine Sinnstiftung entsteht, die ein Leben lang trägt. Mit diesem unguten Gefühl endet der Film, Rischert berichtet jedoch, wie die Filmarbeit in diesem Fall die Realität zu Besserem wendete: Nach dem Anschauen des Films machte sich das Paar daran, sein Leben zu verändern, verließ die Fabrik und ergriff neue Berufe – eben jene, die im Film nur als unerreichbare Träumereien im Gespräch erschienen waren. Nach einigen weiteren Filmen in dieser, noch dem direct cinema verpflichteten Arbeitsweise eroberte sich Rischert neue Territorien und erkundete Lebensweisen in anderen Ländern und unter neuen Blickwinkeln. Nun standen Themenfelder wie gesundes Essen und Trinken, ökologisch verträgliche landwirtschaftliche Produktionsweisen, Stadtentwicklung und aussterbendes Handwerk im Mittelpunkt, die in einer fast unüberschaubaren Fülle von Filmen untersucht wurden, die meist für das bayrische Fernsehen entstanden. Einige dieser Filme wurden auch Kinoerfolge, wie zum Beispiel VENEDIG – DIE INSEL DER GLÜCKSELIGEN AM RANDES DES UNTERGANGS (1978) und DER TOD DES FISCHERS MARC LEBLANC (1976). Rischerts Zugriff auf die Realität veränderte sich in dieser Zeit deutlich und ging nun über die bisherige, beobachtende Haltung weit hinaus. Immer machte sich Rischert als das Subjekt kenntlich, das sich bisher unbekannte Landstriche und Lebensweisen durch die Kamera erschließt. Oft sehen wir ihn auf diesen Reisen als Forschenden und Handelnden im Bild, und stets werden wir im Ton mit seinen Erkenntnissen und Assoziationen bekannt gemacht. Venedig (ein Sehnsuchtsort, zu dem Rischert in zahlreichen weiteren Filmen immer wieder zurückkehrte) wird in seinem Film in einem Kaleidoskop von Vignetten des venezianischen Lebens gezeigt, das sich zu einer Elegie auf eine untergehende Stadt verdichtet, die Rischert als trauernder Zeuge des Verfalls durchstreift. Neben der Pracht der architektonischen Zeugnisse vergangener Herrlichkeit, hinter deren Kulissen uns der Film immer wieder führt, rückt die ökologische Bedrohung durch die Verseuchung der Lagune ins Bild. Ein ähnlich tragischer Ton durchzieht auch den Film Christian Rischert porträt Rischerts erkennen, der die Bombennächte des Zweiten Weltkriegs als Kind in München erlebte und dessen Aufwachsen in der Nachkriegszeit vom Schweigen der Älteren über das Geschehene ebenso bestimmt war wie von dem unguten Gefühl, das hinter der Fassade des Wiederaufbaus und neuer Prosperität Abgründe lagen, ohne deren Erkundung keine Zukunft gelingen konnte. Nach über 300 Werbe-, Industrie- und Lehrfilmen konnte Rischert mit KOPFSTAND, MADAME! endlich seinen ersten Spielfilm realisieren. »Einen Film drehen«, sagte er der Stuttgarter Zeitung damals, »bedeutet für mich, unserer Realität um einiges näher zu kommen, sie möglicherweise besser zu erfassen und begreifen zu können.« Bezeichnend für seine Arbeitsweise ist daher, dass die Realität unmittelbar in die Dreharbeiten eingriff. Das Drehbuch (von Christian Geissler mit Alfred Neven DuMont und Rischert gemeinsam verfasst) veränderte sich während der Arbeit am Film durch das, was die Schauspieler an eigenen Erfahrungen mitbrachten. »Als ich anfing zu drehen, war die Frau sehr mutig, sehr entschlossen. Jetzt ist sie mittlerweile langsam immer verzweifelter geworden.« 50 Jahre später sieht man mit Erstaunen, mit welch hoher Genauigkeit und klarem Blick für die Unhaltbarkeit von überkommenen Rollenbildern das Zusammenleben der Geschlechter hier beschrieben wird, das nach Regeln verläuft, die damals noch Gesetz waren. Heute kaum noch vorstellbar, konnten Frauen ohne Erlaubnis ihres Ehemanns keine Arbeit annehmen, kein Konto eröffnen, kein selbstbestimmtes Leben führen. Rischerts zweiter Spielfilm erschien erst vierzehn Jahre später, 1980: LENA RAIS. Dieser Film hatte großen Erfolg im Kino, wurde mit einem Bundesfilmpreis belohnt und lief im Wettbewerb der Filmfestspiele in Venedig. Auch in LENA RAIS wird beschrieben, wie eine Frau aus einem unbefriedigenden und unterdrückten Eheleben einen Ausweg sucht, und diesmal auch findet. Wie Rischert zu diesem Stoff kam, beschrieb er damals im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung: »Ganz sicher ist das Filmemachen für mich identisch mit der Suche nach dem, was Leben ist. Meine langjährige dokumentarische Filmarbeit war für mich Anschauungsunterricht in Sachen Leben, war meine Universität. Durch das Filmemachen wurde das, was ich erfahren habe – über mich und andere – zum dialektischen Prozess von authentischer Wirklichkeit und filmischer Authentizität. Wir müssen Geschichten erzählen, die etwas mit unserem Land zu tun haben, mit unserem Leben hier.« In Rischerts Filmschaffen ist der Spielfilm die Ausnahme, die dokumentarische Annäherung an das, was 51 Christian Rischert 52 DER TOD DES FISCHERS MARC LEBLANC. Leblanc, ein Fischer an der Küste der Normandie, an der Rischert über die harten Arbeitsbedingungen der dort arbeitenden Fischer recherchiert hatte, war zu einem Freund geworden und sollte die Hauptfigur eines Film werden. Am ersten Drehtag erfuhr Rischert vom Selbstmord Leblancs und entschloss sich dennoch, den Film nicht abzubrechen, sondern ihn nun der Recherche nach den Ursachen dieser Katastrophe zu widmen. Auch dieser Film geriet, neben der letztlich erfolglosen Suche nach einer Erklärung für Leblancs Tat, zu einer eindringlichen Beschreibung der Lebensbedingungen der letzten unabhängigen Fischer, deren Existenz sowohl unter ökologischen wie ökonomischen Aspekten von Herausforderungen bedroht ist, denen sie absehbar nicht standhalten können. Abseits der großen Leinwand ist Rischert ein Meister der kleinen dokumentarischen Form. Immer wieder gelang es ihm erfolgreich, im Gewand von äußerlich harmlosen TV-Rubriken wie DIE WEINMACHER oder À LA CARTE seine Stimme zu erheben und statt der erwarteten Kochsendung sorgfältig komponierte Porträts von bedrohten Landschaften, aussterbenden Produktionsweisen oder faszinierenden Menschen abzuliefern, die selbstverständlich in ihren überkommenen Traditionen leben und damit in Widerspruch zur ökonomisch optimierten Lebensweise geraten, die laut Rischert die Vielfalt des Lebens und des Lebensgenusses bedroht, der uns allen offen stehen sollte. Es gibt vielleicht keinen anderen deutschen Filmemacher, der sich selbst so oft ins Bild gesetzt und aus dem eigenen Herzen gesprochen, sich dadurch aber auch kenntlich und angreifbar gemacht hat. Martin Koerber Die Retrospektive findet in Zusammenarbeit mit der Deutschen Kinemathek Berlin statt, in der Christian Rischerts Filme bewahrt werden. Platz 219 | BRD 1970 | R+B: Christian Rischert, Christian Geissler | 43 min | Ein junges Paar arbeitet im Fernsehwerk von Metz im Akkord. Die Versprechungen des Wirtschaftswunders scheinen einzutreffen: ein Auto wird angeschafft, das Kind soll (und wird) es einmal besser haben. Jedoch sind die Opfer dafür groß. – Kopfstand, Madame! | BRD 1967 | R: Christian Rischert | B: Christian Geissler, Christian Rischert, Alfred Neven DuMont | K: Fritz Schwennicke | M: Carlos Diernhammer, Manfred Niehaus, Otto Weiss | D: Miriam Spoerri, Herbert Fleischmann, Heinz Bennent, Helga Toelle, Lutz Berks | 81 min | »Christian Rischert fotografiert die Geschichte der Bewusstwerdung einer Frau in kargen, sorgfältig ausgewählten Einstellungen. Emotionen sind fast ausgeschaltet, Reflexionen sind nur in Ansätzen erkennbar. Die Erkenntnis der Frau, dass sie in der Ehe gefangen ist, wird gleichsam als ein Hautgefühl vermittelt. Ein Ehe-Drama, das sich in ausformulierten Dialogen und beiläufigen Bildsymbolen ausdrückt.« (Werner Kließ) ▶ Donnerstag, 1. Dezember 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast: Christian Rischert It’s a Wonderful Life | BRD 1965 | R+B: Christian Rischert | K: Wolfgang Fischer | D: Iris Gras, Alex Regnier | 12 min | Vorbereitungen einer jungen Frau und eines älteren Herrn auf ein erstes gemeinsames Treffen. – Der Tod des Fischers Marc Leblanc | BRD 1976 | R+B: Christian Rischert | K: Kurt Lorenz, Lothar Elias Stickelbrucks | Mit Vania Vilers, Christian Rischert | 97 min | »Die Vorbereitungen zu einer Reportage über Leben und Arbeit der Fischer an der französischen Nordseeküste wurden durch den Selbstmord des Fischers Leblanc jäh unterbrochen. Doch der tragische Zwischenfall wird für Christian Rischert zum Ausgangspunkt, die Beweggründe für diese Tat verstehen zu wollen. Der so entstandene Dokumentarfilm kreist fragend um diese Leerstelle, den abwesenden Hauptprotagonisten. Nach und nach entsteht das Bild eines hart arbeitenden Menschen, der zerrieben wird zwischen unausgesprochenen Erwartungen.« (Anke Hahn) ▶ Freitag, 2. Dezember 2016, 18.30 Uhr Friedliche Zeiten | BRD 1966 | R+B: Christian Rischert | K: Maxim Wrotzlawski | D: Vlado Kristl, H. Wittler | 12 min | Ein sommerliches Mittagessen unter Freunden in bukolischer Landschaft nimmt einen unerwarteten Verlauf. – Der Trüffelsucher | BRD 1973 | R+B: Christian Rischert | K: Kurt Lorenz | 43 min | Im Piemont gibt es den weißen Trüffel, den speziell abgerichtete Hunde zwischen Oktober und März an geheim gehaltenen Orten aufspüren. Die seltene Spezialität wird in einem familiengeführten Bahnhofsrestaurant serviert, der Handel mit den Trüffeln sichert der Familie den Lebensunterhalt. – Das Kloster von Vedana | BRD 1976 | R+B: Christian Rischert | K: Wolfgang-Peter Hassenstein | K: 43 min | Christian Rischert begleitet und interviewt einige der Mönche der Kartause von Vedana und ist damit einer der ersten, denen überhaupt Einblick in das äußerst asketische, der Kontemplation verschriebenen Klosterleben gewährt wird. ▶ Samstag, 3. Dezember 2016, 18.30 Uhr Lena Rais | BRD 1980 | R: Christian Rischert | B: Manfred Grunert | K: Gerard Vandenberg | M: Eberhard Schoener | D: Krista Stadler, Tilo Prückner, Nikolaus Pa- Schaaf | 105 min | Von seiner Frau verlassen, verliert der Regisseur Feldmann den Boden unter den Füßen. Die Lebenskrise geht mit einer künstlerischen einher und verändert den Blick auf die fremd gewordene Umwelt: Kriegserinnerung, Nazi-Vergangenheit und der städtische Raum in seiner Geschichtlichkeit werden Teil einer existenziellen Trauerarbeit. Feldmann, gespielt von Horst Buchholz, ist unschwer als Alter Ego des Regisseurs zu erkennen, der in diesem Film eigene Lebenserfahrungen verarbeitet. Nebenbei ist WENN ICH MICH FÜRCHTE auch ein schöner München-Film. ryla, Kai Fischer, Manfred Lehmann | 121 min | Eine Frau bricht aus ihrer Ehe aus. »Thematisch an KOPFSTAND, MADAME! anknüpfend, zeigt LENA RAIS jedoch beschädigtere Figuren und fragilere Beziehungen, die eine Emanzipation aus den bedrückenden (Geschlechter-)Verhältnissen schwerer erscheinen lassen als 13 Jahre zuvor.« (Anke Hahn) »Buch und Regie haben für ihr höchst unterhaltsames Lehrstück eine kluge Form einer realistischen Erzählweise entwickelt. Und vor allem herrscht da auch ein energischer Wille zu einem aufklärerischen Humor: Am Ende ist man weder ergriffen über ein tragisches Schicksal, noch wird man bequem versöhnt mit emanzipatorischen Happy-EndParolen. Privates Scheitern wird als etwas Vorläufiges begriffen; das heißt, der Film unterhält und macht Mut zu Lösungsversuchen, auch zu unbequemen und schmerzhaften.« (Hans-Günther Pflaum) ▶ Sonntag, 4. Dezember 2016, 18.30 Uhr Der Traum | BRD 1964 | R+B+K: Christian Rischert | M: Russell Garcia, Joe Viera | 12 min | Die Kamera erkundet die abweisende Betonarchitektur eines Fußballstadions, das als fremder und bedrohlicher Ort erscheint. – Wenn ich mich fürchte | BRD 1984 | R+B: Christian Rischert | K: Xaver Schwarzenberger | M: Eberhard Schoener | D: Horst Buchholz, Franziska Bronnen, Constanze Engelbrecht, Herta Schwarz, Johannes Venedig – Die Insel der Glückseligen am Rande des Untergangs | BRD 1978 | R+B: Christian Rischert | K: Michael Ballhaus | 100 min | »Viele sagen, wenn Venedig stirbt, verlieren wir nicht nur einen Kunstschatz von unermesslichem Wert, sondern auch eine Hoffnung. Die Hoffnung, neben der umweltbedrohenden, gigantischen Technisierung der Welt eine Heimat für den Menschen zu erhalten. Als Stadt ohne Autos ist Venedig Modell für einen Urbanismus, der zukunftsweisend sein kann. Der Film schildert die komplizierten Widersprüche der Stadt, hinter denen sich die Frage nach dem Glück verbirgt. Es werden nicht Kunstwerke oder Venedig als Kunstwerk an sich abgefilmt, sondern es werden die Menschen, die an diesem Kunstwerk arbeiten, gezeigt. So ergibt sich eine Sicht, die natürlich immer noch die Perspektive eines neugierigen Gastes ist in dieser Stadt, aber alle folkloristischen Perspektiven und Aspekte vermeidet.« (Christian Rischert) ▶ Samstag, 10. Dezember 2016, 18.30 Uhr Inseln hinter dem Meer | BRD 1985 | R+B: Christian Rischert | K: Wolfgang-Peter Hassenstein | 98 min | Sieben Jahre nach seinem ersten Venedig-Film DIE INSEL DER GLÜCKSELIGEN AM RANDE DES UNTERGANGS kehrt Christian Rischert an seinen Sehnsuchtsort zurück. Doch diesmal erkundet er die Rückseite der Stadt: Die Toteninsel San Michele, die Glasbläserinsel Murano, die Inseln Giudecca, Burano und Torcello. Unglückliche und glückliche Einzelgänger kommen zu Wort. Auf den Inseln Lazzaretto Vecchio, San Servolo und San Clemente wurden über Jahrhunderte Kranke und Verrückte mehr isoliert als behandelt. Ihr Besuch führt zur Reflexion über das Wesen von Inseln als Orte selbstgewählter oder gesellschaftlich forcierter Isolation. Venedig erscheint nun als Symbol einer Kultur, die als Kehrseite ihres wirtschaftlichen und geistigen Reichtums Armut, Krankheit und Wahnsinn ausgelagert hat. ▶ Samstag, 10. Dezember 2016, 21.00 Uhr Christian Rischert ▶ Freitag, 9. Dezember 2016, 18.30 Uhr 53 Zuschauerkino – Kurzfilmabend des MFZ 54 Beim Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums e.V. (MFZ) können Amateure, Enthusiasten und Profis zweimal im Jahr ihre Filme auf der Leinwand des Filmmuseums einem interessierten Publikum präsentieren und sich mit anderen Filmemachern vernetzen. Vor jedem Film erzählen Beteiligte von Hintergründen, Entstehungsgeschichte oder Besonderheiten ihres Werks. Im Anschluss an die Vorführung bietet das MFZ eine Begegnungsmöglichkeit, damit alle Anwesenden miteinander ins Gespräch kommen und sich austauschen können (für Erfrischungen ist gesorgt). Filme einreichen können alle, die einen Kurzfilm gedreht haben, unabhängig von Inhalt oder Format des Films, ob Spielfilm oder Dokumentation, Real-, Kunstoder Animationsfilm. Das MFZ wählt unter den eingereichten Filmen aus und stellt ein etwa anderthalbstündiges Programm zusammen. Die Filme müssen bis Donnerstag, den 24. November 2016 im Filmmuseum vorliegen. Möglich sind die Formate 35mm, 16mm, DigiBeta, BetaSP, DVD-Video, Bluray und DCP. Dateien wie mov, mp4 etc. müssen auf USB-Stick oder Festplatte vorliegen. Zugelassen werden nur Filme bis zu 12 Minuten Länge. Alle Einreichenden, deren Filme im Programm gezeigt werden, können an der Kasse bis zu fünf Freikarten für den Zuschauerkino-Filmabend erhalten. Darüber hinaus bestehen keine weiteren Verpflichtungen des Filmmuseums. Es wird vorausgesetzt, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen über die Rechte an ihren Filmen verfügen und diese am Abend vor der Projektion kurz vorstellen. Katja rupé, richard Westermaier, christoph Michel Zuschauerkino ? Kontakt: Filmmuseum München, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München, [email protected], Telefon: 089-233 27718. ▶ Donnerstag, 8. Dezember 2016, 19.00 Uhr | Die Filme- macher und Filmemacherinnen sind anwesend Wie mit weggeschnittenen Augenlidern Die Frage, warum Herr S. Amok lief, ist nicht ohne weiteres zu beantworten. Ein Versuch: Ein kleiner Junge starrt – wie eine Generation früher Jean-Pierre Léaud als Antoine Doinel – mit viel zu großen Augen in die Welt. Er weiß nicht, wie ihm geschieht, er weiß bloß, dass er laufen muss. EIN EINFACHES EREIGNIS (1973) war der erste Spielfilm von Sohrab Shahid Saless. Zu Hause in Teheran wurde er ausgezeichnet, dann auf die Berlinale eingeladen. Dort demonstrierten die Exil-Perser um Bahman Niroumand, weil der Film nichts von den wirklichen Verhältnissen im Iran zeige. Kein SchahSchah-Mörder-Schah, sondern ein kleiner Junge, der nicht zum Leben kommt. Der in die Schule geht, und nicht versteht, was der Lehrer vorsagt, der längst in den Wirtschaftskreislauf seiner Vorfahren eingespannt ist. Nur einmal, am Grab seiner Mutter, stehen Vater und Sohn zusammen. Aber was hilft es, das Leben muss weitergehen. Das Leben ist Fische fangen, Fische verkaufen, und die Schule eine Qual. Aber es passiert doch nichts? Nein, es passiert nichts. Der Junge läuft, läuft um sein Leben. Die Zeit vergeht, die Zeit bleibt stehen. Gibt es Schlimmeres? In STILLEBEN, ein Jahr später, hört man den Wecker schnackern. Die Zeit wird streng zerteilt von der Uhr und vom Zug. Der Bahnwärter senkt die Schranke, wenn ein Fernzug durchfährt oder nur der Schienenbus mit dem Kurier. Die Sonne geht auf, die Sonne geht unter, der Bahnwärter erfüllt seine Pflicht. Seine Frau knüpft an einem Teppich und macht den Tee heiß, wenn der Bahnwärter nach Hause kommt. Kein Drama, kein Bahnwärter Thiel, keine bête humaine. Der Sohn ist Soldat und kommt kurz zu Besuch, aber auch dann geht das Leben weiter wie zuvor. Ein Brief aus der Hauptstadt, aber der Bahnwärter versteht ihn nicht, muss sich den Brief vorlesen lassen. Der Wecker schnackert weiter, die Schranke geht hoch und fährt wieder nieder, aber für den Bahnwärter ist die Zeit abgelaufen. Er soll in Pension gehen. Am Ende sieht man den Bahnwärter, sein bärtiges, tagundnachtgleiches Gesicht, jetzt in Rente. Er zieht aus und nimmt zuletzt sein Bild von der Wand, den Spiegel. Früher einmal wäre Saless Maler geworden, hätte bei Rembrandt gelernt. So machte er die letzten Stummfilme. Sohrab Shahid Saless Sohrab S. Saless in San Francisco. »Ich bin verzweifelt all die Tage bis zum Grabe.« © Herbert Achternbusch Retrospektive Sohrab Shahid Saless 55 Sohrab Shahib Saless 56 1962, mit 18, ging Saless von Teheran nach Wien und wollte Film studieren. Er lernte Mitteleuropa kennen, lernte, dass man bei einer Einladung sagt: »Das Essen war ein Gedicht.« Saless erkrankt an Tbc, zieht weiter nach Paris, dreht in Teheran Dokumentarfilme über tanzende Derwische, macht im Auftrag des Kulturministeriums Werbung für den technischen Fortschritt, der mit der »Weißen Revolution« des Schahs auch nach Persien kam. Dann gab es Ärger mit den Behörden, Saless verließ seine Heimat ein weiteres Mal. Nicht noch einen Film über das Gastarbeiter-Dasein habe er drehen wollen, sagt Saless im Vorspann des dritten Films IN DER FREMDE (1975), sondern einen über das Elend. »urbedeutung dieses schönen, vom heimweh eingegebnen wortes ist das wohnen im ausland, in der fremde«, heißt es im Grimmschen Wörterbuch. Der Türke Husseyin verbringt seine Tage zwischen der Stanzmaschine und einer heruntergewirtschafteten Wohnung, wo er mit anderen Türken zusammenlebt. Er versteht kaum Deutsch, kann sich Frauen nur mit eingelernten Phrasen nähern und versteckt, da er doch allein ist, sein Geld in der Unterhose. Als ihn eine böse Nachbarin zum Kaffee hereinbittet, kommt es zur einzigen komischen Szene in Saless’ Filmen: Die alte Frau zeigt Hussein ein Foto ihres Sohnes. Hussein lobt, wie er’s gelernt hat, während sich die Alte über die Erbschleicherei ihres Sohnes beklagt. Sie werden sich nie verstehen. Unverwandt schaut Saless auf diese Fremden in dem Kreuzberger Loch, betont ihre Heimatlosigkeit noch durch das Poster von Ben Cartwright, das Tee-Ritual, die Gespräche über Deutschland draußen vor der Tür. Er muss immer schauen, muss starren wie der kleine Junge im EINFACHEN EREIGNIS. Den Blick lenkt Ramin Reza Molai, der fast alle Saless-Filme gedreht hat. Die Einstellungen dehnen sich unendlich, die Zeit steht still, die Zeit pocht, aber man kann ebenso wenig wegschauen wie der Regisseur, es ist, wie Kleist und Brentano einmal geschrieben haben, »als ob einem die Augenlider weggeschnitten wären«. Im Club Arena geht es ums Geschäft. Die fünf Frauen lassen Geschlechtsverkehr mit sich machen und reden in den Pausen dazwischen über Urlaub und ferne Kinder. Das Geschäft gehört Heinz, sie arbeiten also für Heinz, sie liefern das Geld ab bei Heinz, sie fürchten Heinz. Manchmal kommt Heinz zum »Bumsen« vorbei, dann schlägt er wieder zu und verschwindet in seinem Zimmer. Dort betreibt er ein Büro mit Kontorbuch, Telefon und Revolver. Saless drehte DAS CABINET DES DR. CALIGARI nochmal neu für die Bundesrepublik. Fünf Jahre musste er das Drehbuch für UTOPIA (1983) herumbieten, niemand wollte es haben. Verständlich: eine Geschichte aus dem Puff, aber ohne Sex, ohne Stöhnen, ohne Strapse, das nackte Grauen. Auch UTOPIA ist kein politischer Film, sondern viel schlimmer, die reine Wahrheit, also eine Tortur. Selbst Rosi, die einmal davonläuft, kehrt wieder zurück. Eine andere schneidet sich die Pulsadern auf, aber auch sie weiß sich nichts anderes als die Arbeit fürs Geschäft. Wie ein antiker Chor umstehen die fünf Frauen ihren Tyrannen, hören sich sein Gebell an, seine Befehle, lassen sich demütigen und schlagen und reihum beschlafen. Auch eine Vernichtung durch Arbeit. Schließlich gelingt Renate die befreiende Tat, der Tyrannenmord. Mit der Schere sticht sie Heinz zweimal in die Brust. Heinz beschimpft sie noch alle, aber er verblutet. Die Frauen prügeln auf den Toten ein, und zuletzt erschießt ihn Renate noch. Die Frauen reinigen den Club und sind endlich frei. Frei? »Ab an die Arbeit, meine Damen!«, kommandiert jetzt Renate, als es wieder an der Tür klingelt. Die Liebe höret nimmer auf, die Arbeit geht immer weiter. Warum lief Herr S. Amok? Herbert Achternbusch erkannte den Bruder, »dem es fast noch schwerer fällt als mir, Geld für seine Filme aufzutreiben, für seine strengen Filme, die so schön sind, dass andere Filme als neckische Unterwäsche erscheinen«. Lotte Eisner verwendet sich für Saless, die Kritiker rühmen ihn in Frankreich und England und, ja, sogar in Deutschland. Er hatte es doch gut. Warum musste Herr S. Amok laufen? Zweimal drohte ihm die Abschiebung, die »Aufenthaltserlaubnis ersetzt nicht die Arbeitserlaubnis« wurde in seinen Pass gestempelt, und das Kreisverwaltungsreferat der Stadt München verfügte handschriftlich einen demokratischen Gnadenakt – »mit Ausnahme der Tätigkeit als freischaffender Filmregisseur und Drehbuchautor«. Sein Freund Farschid Ali Zahedi hat in Oldenburg (ausgerechnet!) Material für ein Saless-Archiv zusammengetragen. Briefwechsel mit Produzenten, Redakteuren, Jurys. Recherche-Material, Abrechnungen und Dispos. Vier Umzugskartons voller Drehbücher und Treatments stehen da, an die hundert sollen es sein. Wenn er nicht trank, schrieb Saless, und wenn er trank, schrieb er offenbar noch mehr. Er bestürmte Redakteure, jetzt aber ohne Erfolg. Saless schrieb Drehbücher, fiel den Fernsehleuten lästig, feilschte mit Produzenten um Tantiemen und stellte wieder einen Preis neben die anderen. In den Siebzigern hat wahrscheinlich kein deutscher Regisseur so viele Preise bei so vielen Festivals abgeräumt wie der Sohrab Shahid Saless gene Rechnung HOCHZEIT IM EXIL; Zahedi besitzt eine Rohkopie des Films, den Saless Anfang der Achtziger im sowjetisch besetzten Afghanistan drehte und der nie gezeigt wurde. ROSEN FÜR AFRIKA, der letzte Film, den Saless machen konnte, lief Pfingsten 1992 im ZDF, drei Stunden Überforderung des Zuschauers. Dabei ist er regelrecht nützlich: Zeigte man ihn auf dem Standesamt, allen Heiratslustigen verginge noch rechtzeitig der Spaß an der Ehe. Karola und Paul lieben sich so sehr, dass sie sich schlagen müssen. »Ist es schon zu Ende?« fragt Karola. Aber nein, sie sind doch verheiratet. Wieder das Leben als rasender Stillstand, als tödlicher Lauf. Einen Telestar gab man ihm doch dafür, aber für einen neuen Auftrag reicht es nicht. Warum also lief Herr S. Amok? In Wim Wenders’ Film FALSCHE BEWEGUNG (1975, Drehbuch: Peter Handke) spricht ein Industrieller über das moderne Deutschland. »Die Angst gilt hier als Eitelkeit oder Schande. Deswegen ist die Einsamkeit in Deutschland maskiert mit all diesen verräterischen entseelten Gesichtern, die durch die Supermärkte, Fußgängerzonen und Fitnesszentren geistern. Die toten Seelen von Deutschland.« Saless hat die Geschichte dieser toten Seelen erzählt. Das hätte er besser nicht 57 IN Der FreMDe iranische Staatsbürger. Er hatte bloß kein Geld für seinen nächsten Film. Drehte Dokumentationen zwischendurch, ging weiter hausieren und bekam wieder Preise. Nur wird davon keiner fett. »Morgen gehe ich zum Arzt«, schreibt er 1982 an seine Freundin, »und lasse mir das Blut aus der Ader holen, um festzustellen, wie weit es mit mir ist.« Noch nicht weit genug. Mit dem rasenden Dichter Christian Dietrich Grabbe verstand er sich, aber der war schon 1836 gestorben, zerrüttet, kaputtgesoffen. Und Bruder Čechov. Saless drehte einen Film über den melancholischen Anton Čechov und verfilmte eine Erzählung, »Der Weidenbaum«. Aber auch Čechov war schon lange tot. Nach dem Erfolg und Misserfolg von UTOPIA wanderte Saless wieder aus, in die Tschechoslowakei ging er, überstand eine Krebsoperation, kaufte sich sogar ein Haus, drehte weiter. HANS – EIN JUNGE IN DEUTSCHLAND (1985) entsteht da, und wieder tockt die Uhr. Das »Dritte Reich« geht zäh zu Ende, die Nachbarn vertreiben sich die Zeit mit Schmähbriefen, die sie der »Judenhure« unter der Tür durchschieben. Ihr Sohn Hans verbrennt sie im Gasfeuer. Saless distanziert sich von seinem Film. In Italien und Deutschland dreht er auf ei- Sohrab Shahib Saless getan. Als er sie erzählt hatte, wanderte er aus. Nach Chicago und jetzt zum letzten Mal. Was immer er sich von Amerika erwartet hatte, dort fand er erst recht keinen Geldgeber. Die Mutter hat die Familie früh verlassen, dafür hasste er alle Frauen und wurde wieder geliebt von ihnen. Die Mutter stirbt schon im ersten Spielfilm. »Was hatte deine Mutter?«, fragt der Lehrer den Sohn. »Sie hatte Magenschmerzen.« Saless folgte ihr nach. Das Ende? Kam, als er die Tür nicht mehr öffnen konnte. Hinter der verschlossenen Tür brach er zusammen, verblutete, lief aus. Endlich war es soweit. Ein einfaches Ereignis. Warum also lief Herr S. Amok? Seine Filme zeigen es. Sehen Sie selbst. Willi Winkler Siah-o sefid (Schwarz und weiß) | Iran 1972 | R+B: Sohrab Shahid Saless | K: Mehrdad Fakhimi | 4 min | ohne Dialog | Ein Stop-Motion-Animationsfilm in einer Einstellung, gedreht an einem Tag als Auftragsarbeit für das Center for the Intellectual Development of Children and Young Adults. – Yek ettefagh-e sadeh (Ein einfaches Ereignis) | Iran 1973 | R+B: Sohrab Shahid Saless | K: Naghi Massumi | D: Mohammad Zamani, Ane Mohammad Tarikhi, Habibollah Safarian, Hedayatollah Nawid | 82 min | OmeU | Der Alltag Mohammads, eines zehnjährigen Jungen in einer Hafenstadt am Kaspischen Meer. Die Mutter ist krank, der Vater lebt vom Schwarzhandel mit Fischen und trinkt. Der Junge geht zur Schule, ist aber kein guter Schüler. In der Schule nichts romantisiert oder verdeckt, sondern voller Staunen steht vor dem alltäglichen Ringen um die eigene Würde.« (Fabian Tietke) ▶ Freitag, 16. Dezember 2016, 21.00 Uhr Tabi’at-e bijān (Stilleben) | Iran 1974 | R+B: Sohrab Shahid Saless | K: Hushang Bahariu | D: Zadour Bonyadi, Zahra Yazdani, Habibollah Safarian | 95 min | OmeU | »Still Life, stillgestellte Zeit. Aber auch: rhythmisierte, komponierte Zeit. Ein alter Bahnwärter verbringt seine Tage vor allem damit, auf einen Zug zu warten. Wenn denn einmal einer kommt, ist seine Arbeit nach zwei Handgriffen auch schon wieder erledigt. Zu Hause sitzt die Ehefrau und knüpft Teppiche. Irgendwann kommt ein Brief an, der alles verändert. Wieder erzählt Saless von Menschen, die den Routinen ihres Alltags ebenso ausgeliefert sind wie den Brüchen, mit denen sie das Leben konfrontiert.« (Lukas Foerster) »Das Wichtigste ist, dass man das menschliche Leben und die menschlichen Verhältnisse richtig beobachtet und betrachtet. Das setzt großen Respekt voraus. Dieser Respekt ist das Wichtigste. Aber er ist eine Seltenheit. Schau Dir doch bloß ein paar neuere Filme an. Wo bleibt da der Respekt vor dem Leben, vor der Liebe, vor dem Menschen! Wenn Du meine Filme gut anschaust, dann findest Du, wie dieser Respekt durch die Beobachtung der alltäglichsten und gewöhnlichsten Begebenheiten zum Ausdruck kommt, denen man sonst gar keine Bedeutung schenkt.« (Saless) ▶ Samstag, 17. Dezember 2016, 21.00 Uhr 58 herrscht ein militaristisches System, in dem die Persönlichkeit kein Existenzrecht hat. Man muss sich daran gewöhnen, »niemand« zu sein. Eine Geschichte ohne Anfang und Ende. Ein Stück Leben ohne jedes Abenteuer. »Die Last der Welt auf den schmalen Schultern eines Jungen: Schon in seinem ersten Langfilm vollbringt Saless das kleine Wunder, dieses Elend in filmischer Schönheit zu porträtieren; einer Schönheit, die In der Fremde | BRD 1975 | R: Sohrab Shahid Saless | B: Sohrab Shadid Saless, Helga Houzer | K: Ramin Reza Molai | D: Parviz Sayyad, Anasal Cihan, Muhammet Temizkan, Hüsamettin Kaya, Ursula Kessler, Ute Bokelmann | 91 min | OmU | »Noch einen Gastarbeiter-Film – das wollte ich nicht, sondern einen Film über das Wort Elend, das ursprünglich einfach Im anderen Land leben bedeutete, dann In der Fremde hieß und einen immer schlechteren Klang bekam.« (Saless) Husseyin ist Arbeiter in West-Berlin. Zusammen mit türkischen Kollegen und Leidensgenossen wohnt er in einer kahlen Wohnung in Kreuzberg. Genau wie seine Freunde hat Husseyin nur einen Gedanken: Er will Geld verdienen, um sich in der Heimat eine neue Existenz aufbauen zu können. »Man bewegt sich im Kreisgang, in Schleifen, in einem dauernden Hin und Zurück: Von der Maschine in die Wohnung, wieder an die Maschine, wieder in die U-Bahn, wieder in die Wohnung. Wie in einer Zentrifuge kreisen Husseyin und seine Kollegen um die Zentren, mal mit passiver Gleichgültigkeit, mal aktiv aggressiv. ▶ Sonntag, 18. Dezember 2016, 21.00 Uhr Reifezeit | BRD 1976 | R: Sohrab Shahid Saless | B: Sohrab Shahid Saless, Helga Houzer | K: Ramin Reza Molai | D: Mike Hennig, Eva Mannhardt, Eva Lissa, Charles H. Vogt, Heinz Lieven | 107 min | Die Geschichte des neunjährigen Michael, den die Existenz seiner Mutter als Prostituierte in einen eintönigen Alltag zwingt. »Bilder, die in ihrer Wiederholung, in Kreisbewegungen Zwänge, Ängste, Verkümmerungen nach und nach einsichtig machen; Bilder, die nichts beschönigen und auf faszinierende Weise schön sind. Saless poetisiert den trostlosen Alltag nicht, verelendet ihn nicht, er registriert unnachsichtig und liebevoll. REIFEZEIT ist Anton Čechov gewidmet. Durch einen Satz in dessen Stück ›Schwanengesang‹ wurde Saless zu diesem Film angeregt: ›Ich bin allein wie der Wind auf den Feldern.‹ Saless will eine Gesellschaft zeigen, ›die schon längst vergessen ist, eine Gesellschaft, die trotz ihrer scheinbaren Existenz eigentlich nicht mehr existiert. Menschen, die von Anfang an kapitulieren, weil es ihnen vorgeschrieben ist.‹ Er will niemanden anklagen, allein wichtig und fraglich wäre es, so meint er, was aus Michael werden soll, ›welche Wirkungen einst von ihm ausgehen werden. Denn nichts ist bedeutungslos, und es geht auch nichts unwiderruflich zu Ende.‹« (Thomas Thieringer) ▶ Dienstag, 20. Dezember 2016, 18.30 Uhr Tagebuch eines Liebenden | BRD 1976 | R: Sohrab Shahid Saless | B: Sohrab Shahid Saless, Helga Houzer | K: Mansur Yazdi | M: Rolf Bauer | D: Klaus Salge, Eva Mannhardt, Edith Hildebrand, Ingeborg Ziemendorf, Robert Dietl, Inge Sievers | 91 min | »Sohrab Shahid Saless braucht für seine Filme traurige Landschaften, melancholische Außenräume, die dem Seelen- und Gemütszustand ihrer Personen adäquat sind. Den neuen Film TAGEBUCH EINES LIEBENDEN versteht er als den dritten Teil einer Trilogie, deren Mittelteil noch aussteht, und deren Anfang REIFEZEIT ist. Die Hauptperson dieses dritten Teils könnte, sagt Saless, Michael aus REIFEZEIT sein, inzwischen erwachsen geworden. Er wohnt jetzt in einer leblosen Neubauwohnung. Der Film beschreibt den Alltag eines Schizophrenen, fünf Tage aus seinem Leben, nachdem ihn seine Freundin verlassen hat.« (Norbert Jochum) »Hinter jedem Fenster einer Fassade leben Menschen, die geduldig auf ›Utopia‹ warten. Michael Bauer, der Fleischer, ist einer dieser Menschen. Für mich ist aber sein Leben nicht deswegen öde und trostlos, weil er einsam und vergessen lebt, sondern weil er das Produkt einer Gesellschaft ist, in der er schon längst sein Gleichgewicht verloren hat.« (Saless) ▶ Dienstag, 20. Dezember 2016, 21.00 Uhr Die langen Ferien der Lotte H. Eisner | BRD 1979 | R+B: Sohrab Shahid Saless | K: Ramin Reza Molai | Mit Lotte Eisner, Gene Moskowitz, David Overbey, Howard Vernon | 60 min | »Lotte H. Eisner, gebürtige Berlinerin, verließ vor mehr als 40 Jahren Deutschland. Sie ist Jüdin. Zwölf Jahre lang wird sie von Deutschen und später auch von Franzosen verfolgt. Sie muss häufig ihren Wohnort wechseln und lebt zeitweise unter falschem Namen. Dieses unruhige Leben wird ihr zur Gewohnheit. Heute lebt sie in Paris. Ihre Wohnung ist ein Treffpunkt für Journalisten, Kritiker, Regisseure, Filmhistoriker. Sie erzählt, wie sie heute arbeitet, wie sie lebt, und was sie durch alle diese Jahre hinweg erlebt hat. Lotte H. Eisner ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen Kultur. Anton Čechov sagte einmal über Lev Tolstoj: Es gibt Menschen, die Angst haben, etwas Böses zu tun, aus dem einzigen Grunde, weil Tolstoj noch am Leben ist.« (Saless) »Ich bin immer neugierig, Filme von Saless zu sehen, weil er so menschlich ist. Ich muss von einem Film gefangen sein, dass es mich zur Leinwand zieht. Und das ist der Fall bei Saless-Filmen.« (Lotte H. Eisner) – Zuvor stellt Farschid Ali Zahedi, Leiter der Dokumentationsstelle »Sohrab Shahid Saless« (Werkstattfilm Oldenburg), die Arbeit des Archivs vor und präsentiert Unveröffentlichtes aus dem Nachlass. ▶ Dienstag, 10. Januar 2017, 18.30 Uhr | Zu Gast: Far- schid Ali Zahedi Ordnung | BRD 1980 | R: Sohrab Shahid Saless | B: Sohrab Shahid Saless, Dieter Reifarth, Bert Schmidt | K: Ramin Reza Molai | M: Rolf Bauer | D: Heinz Lieven, Dorothea Moritz, Ingrid Domann, Peter Schütze, Dagmar Hessenland | 103 min | Ein arbeitsloser Ingenieur wird durch eine verständnislose und stupide Umwelt immer tiefer in völlige Apathie getrieben. Zu Beginn des Films schreit er am Sonntagmorgen in der menschenleeren Straße »Aufstehen!«. Später, in der Nervenklinik, schreit er »Auschwitz!«. »Es gibt Dinge im Leben, die man gern machen würde, wenn sie gestattet wären! Der Mensch als zweibeiniges Tier wird auf die Welt gesetzt, und sobald er die Kraft zum Heulen in sich entwickelt hat, wird ihm ›Shut up!‹ beigebracht. Da gibt es die Möglichkeit, mit einem Bonbon den Protest zu lösen oder aber Sohrab Shahid Saless Deutschland und die deutsche Gesellschaft bleiben eine nicht betretbare Mitte, so wie der Schacht eines Treppenhauses, um den herum sich die Stufen krümmen.« (Lukas Stern) 59 durch Prügel. Sobald wir da sind, haben wir uns anständig zu benehmen. Das Kleine Fernsehspiel hat mir die Möglichkeit gegeben, ›Aufstehen!‹ zu schreien. Wird mein Film schlecht, so trage ich allein die Verantwortung. Wird er gut, dann haben wir es geschafft. Ich habe nichts zu verlieren und werde auch keine Angst haben.« (Saless) Sohrab Shahib Saless ▶ Dienstag, 10. Januar 2017, 21.00 Uhr 60 Grabbes letzter Sommer | BRD 1980 | R: Sohrab Shahid Saless | B: Sohrab Shahid Saless, Thomas Valentin | K: Rolf Romberg | D: Wilfried Grimpe, Renate Schroeter, Sonja Karzau, Ulrich von Bock, Uwe Meister, Martha Holler, Alexander Radszun | 204 min | »Beobachtet wird hier das Ende des wilden, trunksüchtigen, erfolglosen Christian Dietrich Grabbe: zurückgekehrt nach dem missglückten Versuch, als Dichter zu leben, in seine Heimatstadt, ins enge, biedermeierliche Detmold. Völlige Stille umgibt ihn, seine letzten Ausbrüche, seine Schreie – eine Welt unter einer Glasglocke. Ab und zu das Rattern eines Kutschenrades auf dem Pflaster, das Pochen der Hufe, das Rascheln eines Vorhangs. Es gibt keine Musik ins Saless’ Filmen. Alles ist in Stille eingeschnürt. Manchmal bäumen sich die Menschen noch auf, wie Grabbe, wenn er unter dem Gelächter der Detmolder Honoratioren im Gasthof aus seiner ›Hermannsschlacht‹ phantasiert, wenn er sich mit seiner Frau kreischend um Geld streitet – doch dann verstummt auch er, dreht sich in seinem Bett nur noch von der einen Seite auf die andere. Saless zeigt das weiße Bett, die weiße Wand und das kleine, mit kaltem Schweiß bedeckte Gesicht des Sterbenden.« (Benedikt Erenz) ▶ Dienstag, 17. Januar 2017, 19.00 Uhr Anton Pavlovič Čechov – Ein Leben | BRD 1981 | R: Sohrab Shahid Saless | B: Sohrab Shahid Saless, Peter Urban | K: Ramin Reza Molai | 97 min | »Čechov ist mein Lieblingsautor. Ich habe alle seine Werke in Deutsch gelesen und wieder gelesen. Wenn ich das tue, kommt es mir vor, als wären sie gestern geschrieben worden. Was er über die Armut schreibt, die sozialen Probleme, die Stellung der Aristokratie usw. – wie aktuell das ist! Ein großartiger Mensch und Künstler, bei dem die sozialen und politischen Fragen und Probleme mit seinem Menschsein und mit seiner Kunst zu einer Einheit verschmolzen sind. Was hat er letztlich anderes getan, als die Geschichte seines Volkes, diejenige seines Lebens und seines Leidens, mitzuvollziehen und künstlerisch zum Ausdruck zu bringen. So etwas schwebt mir vor.« (Saless) »Die intime Kenntnis von Čechovs Werk und Leben, die bis zur Identifikation reichende Sympathie mit ihm, stellen gewiss eine der Grundbedingungen für die Qualität von Saless’ Dokumentation dar. Aber nicht allein profunde Kenntnisse zeichnen diese Dokumentation aus, sondern eine Struktur der Vermittlung von geschichtlichen Zusammenhängen, Gestalten und ihren literarischen Werken, die Modellcharakter für dieses Genre hat.« (Irmela Schneider) ▶ Dienstag, 24. Januar 2017, 18.30 Uhr Der Weidenbaum | BRD 1984 | R+B: Sohrab Shahid Saless, nach der Erzählung von Anton Čechov | Mitarbeit: Bert Schmidt | K: Ramin Reza Molai | D: Josef Stehlík, Peter Staník, Milan Drotár, Marian Sotník, Vladimír Zimmer | 97 min | Der alte Müller Archip beobachtet, wie ein Postkutscher einen Geldpostboten erschlägt und die Geldtasche in einem hohlen Weidenbaum versteckt. Archip nimmt die Geldtasche an sich und begibt sich damit in die Stadt, um den Mord anzuzeigen. »Nachdem ich 1981 als erster Filmemacher in der Welt einen Film über Čechov auch an Originalschauplätzen seines Lebens gemacht habe, verfilme ich jetzt eine Erzählung des Maestros, in der weder von Sex noch von Abenteuer die Rede ist. Für die Produzentenwelt heißt dies: ein Essen ohne Salz und Pfeffer. Also leben wir ein letztes Mal Diät!« (Saless) »Saless ist nichts gleichgültig, aber alles gleich gültig. Und so weicht das Bild einer Tasche voller Geld den mühsamen Bewegungen eines alten Knechts durch die Stadt. Kennt sich hier nicht aus, kann nicht lesen. Aber bei Saless muss sich der Knecht nicht der Stadt angleichen, sondern die Stadt dem Knecht, dem analphabetisierten Rhythmus dieses Films. Der Raum wird ein anderer durch die Modellierung von Zeit.« (Till Kadritzke) ▶ Dienstag, 24. Januar 2017, 21.00 Uhr | Zu Gast: Bert Schmidt mehr an öffentliche Diskurse anschlussfähig wären.« (Romuald Karmakar) ▶ Dienstag, 31. Januar 2017, 19.00 Uhr | Zu Gast: Man- fred Zapatka Sohrab Shahid Saless Empfänger unbekannt | BRD 1983 | R+B: Sohrab Shahid Saless | K: Ramin Reza Molai | M: Wolfgang Heinze | D: Manfred Zapatka, Iris von Reppert-Bismarck, Umran Ertok, Dieter Schaad | 81 min | Eine Frau verlässt ihre Familie und lernt einen arbeitslosen türkischen Architekten kennen, durch den sie mit Lebensrealitäten konfrontiert wird, die ihr in ihrem großbürgerlichen Milieu verborgen geblieben waren. In Briefen an ihren Mann versucht die Frau, die Ursachen von Ausländerhass und Rassismus zu begreifen. »Der Film will provozieren, er muss zum Denken anregen. Er muss auf die Gründe einer durch Wohlstand gescheiterten Gesellschaft deuten. Menschen würden sich nie gegenseitig zerfetzen und sogar zerfressen, wenn sie nicht durch Not und Existenzangst ihre menschlichen Gefühle in Konservendosen in einem Schrank verstecken müssten. Ich möchte nicht durch unseren Film die Rührseligkeit zu Hilfe rufen, damit man sagt: Um Gotteswillen, die sollen und müssen bei uns bleiben. Das 61 Der WeIDeNBAUM Utopia | BRD 1983 | R: Sohrab Shahid Saless | B: Sohrab Shahid Saless, Manfred Grunert | K: Ramin Reza Molai | M: Rolf Bauer | D: Manfred Zapatka, Imke Barnstedt, Gundula Petrovska, Gabriele Fischer, Johanna Sophia, Birgit Anders | 198 min | »Saless-Filme sind Gegenmodelle der Zerstreuung. Niemand wird verschont, man kriegt nichts geschenkt, doch wird man am Ende reichlich belohnt. Keine billigen Tricks, keine falschen Gefühle, reines, modernes Kino. Manfred Zapatka spielt den Zuhälter Heinz wie einen Geschäftsmann. Er solle schön, elegant und knallhart sein, habe ihm Saless beim Dreh erklärt. Und da diese Eigenschaften nicht so einfach zu vereinen seien, solle er sich fühlen wie ein Samurai. Das hat Saless nicht einfach so gesagt. Als er mit 18 Jahren in Paris lebte, er wollte an der IDHEC Film studieren, jobbte er mal für Jean-Pierre Melville. Die Begegnung mit dem französischen Meister soll in einem Fiasko geendet sein, doch ist nicht zu übersehen, wie UTOPIA auch eine Hommage an LE SAMOURAÏ (1967) und seinen Hauptdarsteller Alain Delon geworden ist. Inhaltlich war UTOPIA seiner Zeit voraus. In knappen, harten Dialogen erzählt der Film von bis heute gültigen Abhängigkeitsverhältnissen zwischen Mann und Frau, die allerdings heute nicht ist für den Film nicht maßgebend. Maßgebend ist, wenn Gastgeber und Gäste sich bewusst aus dem Weg gehen und nichts miteinander anzufangen wissen, dass wir es für sie tun. Dass ein Gespräch stattfindet und ein Menschenbild sowohl der Deutschen als auch der Fremden in den Köpfen eingeprägt bleibt.« (Saless) Sohrab Shahib Saless ▶ Dienstag, 7. Februar 2017, 18.30 Uhr 62 Wechselbalg | BRD 1987 | R: Sohrab Shahid Saless | B: Jürgen Breest, nach seinem Roman | K: Michael Faust | M: Wolfgang Heinze | D: Friederike Brüheim, Henning Gissel, Katharina Baccarelli, Erika Wackernagel, Helga Jeske | 133 min | »Den Deutschen hat er schon oft scharf ins Gesicht und ins Gemüt geblickt, hat vorgezeigt, ganz ohne Denunziation, was sich hinter unseren Wohlstandsfassaden verbirgt. Sohrab Shahid Saless – ein Unerbittlicher, der nirgendwo zu Hause ist. Das ist ein schmerzhaft ruhiger Film. Die Kamera beobachtet drei Menschen: ein Ehepaar und ihr angenommenes Kind. Saless dramatisiert nichts, er schaut nur genau hin, analysiert die Tragödie einer ganz gewöhnlichen Familie (die ja immer erst durch Kinder eine wird) mit der Unerbittlichkeit eines Chirurgen. Aber er analysiert eben, spürt den Ursachen nach, stellt fest, wo die ›Fehler‹ zu suchen sind. Aus einer scheinbar alltäglichen kleinen Geschichte wird ein großes psychologisches Drama: Unter der Haut brennt es, hinter den glatten Fassaden rumort es. Keine Anklage wird erhoben. Nur die: ›Da schaut her, so ist es im Leben, so sehen wir aus.‹« (Thomas Thieringer) ▶ Dienstag, 7. Februar 2017, 21.00 Uhr Hans – Ein Junge in Deutschland | BRD 1985 | R: Sohrab Shahid Saless | Mitarbeit: Bert Schmidt | B: Sohrab Shahid Saless, Hans Frick, nach dessen Roman »Blaue Stunde« | K: Ramin Reza Molai | D: Martin Paško, Imke Barnstedt, Yane Bitlová, Ulrich von Bock, Jiřina Barášová, Hans Zander | 149 min | »Hans lebt im Jahr 1944 das Leben eines ewig Geprügelten. Die kleineren und größeren Nazis in der Nachbarschaft terrorisieren ihn, den jungen Halbjuden ebenso wie seine ›Judenhure‹ geschimpfte Mutter. Im Angesicht der längst feststehenden Niederlage schlägt das Kleinbürgertum umso hemmungsloser auf die Entmächtigten ein. Irgendwie überleben beide die in kunstvoll arrangierten, beklemmenden Schwarz-Weiß-Tableaus arrangierten Demütigungen, irgendwann kommen die Amerikaner und die Demokratie. Geändert hat sich alles und doch wieder nichts. Dies ist ein quintessentieller Saless-Film auch deshalb, weil er die Reflexion von Außenseiterschaft direkt mit einer Intervention in deutsche Erinne- rungspolitik verbindet, die in ihrer Radikalität höchstens mit Rossellinis DEUTSCHLAND IM JAHRE NULL vergleichbar ist. Wobei Hans das Jahr 1945 eben gerade nicht als eine ›Stunde Null‹ erlebt.« (Lukas Foerster) ▶ Dienstag, 14. Februar 2017, 19.00 Uhr | Zu Gast: Bert Schmidt Rosen für Afrika | BRD 1992 | R+B: Sohrab Shahid Saless, nach dem Roman von Ludwig Fels | K: Eberhard Scheu | D: Silvan-Pierre Leirich, Ursula Rosenberger, Jan Biczycki, Enzi Fuchs, Manfred Zapatka | 183 min | »Der Film erzählt vom richtigen Leben, von einem, der am Rande der Gesellschaft lebt. Der dreißigjährige Paul Valla träumt von (einer Reise nach) Afrika, aber in seinem unregelmäßigen Gelegenheit-macht-DiebeLeben schlittert er immer weiter von der Realisierung dieses Traums weg und will ihn doch, bis zum tödlichen Ende, erzwingen. Das Grundthema dieser Geschichte ist wie in den meisten von Saless’ Filmen: ›Die Suche nach Liebe‹. Zunächst scheint Paul Glück zu haben: Er lernt eine junge, wohlhabende Frau kennen und heiratet sie. Doch schnell wird ihm das familiäre Netz zu eng: Er sucht, sich mit Gewalt daraus zu befreien. Saless erzählt von Paul Vallas Aufstieg und Scheitern mit der ihm eigenen akribischen Bedachtsamkeit. Das ist, gegen die schnellen Oberflächenreizungen gesetzt, als Provokation zu verstehen; Saless will ›Fragen auslösen, Verzweiflung; alles bis zum letzten Kern in Frage stellen und Hoffnung wecken.‹« (Thomas Thieringer) ▶ Dienstag, 21. Februar 2017, 19.00 Uhr List z Kábul (Ein Brief aus Kabul) | Tschechoslowakei 1987 | R+B: Sohrab Shahid Saless | K: Stanislav Doršic | 41 min | OmU | Auftragsproduktion für das slowakische Fernsehen. Der neunjährige Mahmud schreibt einen Brief an seine »Freunde in fernen Ländern« und berichtet vom Leben in Kabul in den Jahren der afghanischen Revolution und Konter-Revolution. Der Sender wollte Kürzungen, Saless protestierte, und so wurde der Film nie ausgestrahlt. – Iran Sima Talkshow | USA 1998 | 12 min | OmU | Ausschnitte aus zwei Talkshows des exil-iranischen Fernsehsenders Iran Sima in Hollywood. Saless erzählt von einem Projekt mit Denzel Washington, von seinem Umgang mit Preisen, und von seinen Drohungen gegenüber deutschen Fernsehsendern bezüglich Kürzungen. – Saless Far From Home | USA 1998 | R+B+K: Mehrnaz Saeed-Vafa | 16 min | OmeU | Interviews, die die Filmemacherin 1997 und 1998 mit Saless geführt hat, sowie sehr persönliche Kommentare zu einigen seiner Filme. ▶ Mittwoch, 22. Februar 2017, 18.30 Uhr Die Geschichte der Atomindustrie in Deutschland lässt sich auch als eine Geschichte des Widerstands beschreiben – als eine Geschichte, in der Menschen, die bislang kaum etwas mit Politik zu tun hatten, ihr Herz in beide Hände nahmen und auf die Straße gingen. Wyhl, Kalkar, Gorleben und vor allem Wackersdorf gehören zu den symbolbesetzten Orten, an denen Atomindustrie und Politiker versucht haben, Atomanlagen gegen die Menschen vor Ort durchzusetzen. Am 4. Februar 1985 entschied sich die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) für Wackersdorf als Standort für eine Wiederaufarbeitungsanlage (WAA). Bereits zwei Wochen später gingen 40.000 Menschen im nahe gelegenen Schwandorf auf die Straße. Mütter, Hausfrauen, Beamtinnen stritten dafür, ihre Heimat als lebenswerte Region zu erhalten. Bislang staatstreue Männer solidarisierten sich mit sogenannten »Chaoten«, die in den Augen der Bayerischen Staatsregierung nur angereist waren, um »Randale« zu machen. Hans Schuierer, von 1972 bis 1996 Landrat in Schwandorf, wurde zur Symbolfigur dieses Widerstands. Jahrelang widersetzte er sich – als einziger Landrat in Bayern – einer Weisung der bayerischen Staatsregierung und seines obersten Dienst- herrn Franz-Josef Strauß, die Pläne zum Bau der WAA zu unterzeichnen. Die Staatsregierung änderte sogar Gesetze, um den renitenten Landrat mit der sogenannten »Lex Schuierer« auszuhebeln und mit dem Bau beginnen zu können. Am Widerstand der Oberpfälzer änderte dies nichts. Franz Josef Strauß, der die WAA kaum gefährlicher als eine »Fahrradspeichen-Fabrik« einstufte, bekam in der Region keinen Rückhalt. Stattdessen Großdemonstrationen, ein Anti-WAAhnsinns-Musikfestival mit 100.000 Besuchern, ein Hüttendorf und jahrelanger Widerstand. Dagegen zigtausend Polizisten, Wasserwerfer, Reizgas, Gummischrotgeschosse und ein mehrere Kilometer langer stählerner Bauzaun. Bürgerkriegsähnliche Zustände waren das Ergebnis. Die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl bestärkte die Gegner in ihrer Haltung, die WAA verhindern zu müssen. Die Dokumentarfilmer Claus Strigel und Bertram Verhaag haben diese Zeit in ihrem 1987 fertig gestellten Film SPALTPROZESSE eingefangen. Die Atomindustrie hat 1989 schließlich entschieden, dass es angesichts des nicht enden wollenden Widerstands besser sei, den Atommüll in die französische WAA La Hague zu bringen, und gab Wackersdorf als Wackersdorf HAlBWerTSZeITeN 30 Jahre Wackersdorf 63 Wackersdorf Standort auf. Die bereits investierten 2,5 Milliarden DM waren buchstäblich in den Sand gesetzt. Genauso wie die 6,5 Milliarden, die der Schnelle Brüter in Kalkar verschlungen hat, der still gelegt wurde, ohne einen Tag am Netz zu sein. Zwei Jahrzehnte später hat sich Claus Strigel als Produzent des 2006 fertig gestellten Dokumentarfilms HALBWERTSZEITEN (Regie: Irina Kosean) dem Thema erneut genähert und dabei gefragt, was die Kontrahenten von damals inzwischen bewegt. Die Sprechchöre waren verstummt, die Inschriften auf den Transparenten verblasst, die Region war zur Ruhe gekommen. Die Atomtechnik beschäftigt uns dennoch weiterhin. Da ist zunächst die Energiewende. 2022 sollen die letzten Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden. Aber wie soll das gehen? Drei der derzeit noch acht aktiven Meiler stehen in Bayern (Gundremmingen 1 und 2, Isar 2). Gemeinsam mit dem 2015 still gelegten Grafenrheinfeld haben sie nach Angaben des Bayerischen Landesamts für Statistik dafür gesorgt, dass Kernenergie in Bayern 2015 einen Anteil von 62,1 % an der Stromerzeugung hatte. Woher soll der Strom kommen, wenn diese drei Meiler auch noch vom Netz gehen? Mit dem Mitte 2016 novellierten EEG bremst die Bundesregierung den zügigen Ausbau der Erneuerbaren Energien aus. Bayern geht mit der sogenannten 10-H-Regelung noch einen Schritt weiter, der zufolge Windräder 64 nur noch dann aufgestellt werden dürfen, wenn sie zehnmal so weit von Wohnhäusern entfernt wie sie hoch sind. »Aktuell erleben wir einen massiven Einbruch bei Genehmigungen und Genehmigungsanträgen«, beklagt Raimund Kamm, Landesvorsitzender des Bundesverbands Windenergie Bayern. Die Stromtrassen wiederum kommen ebenfalls nicht voran: Die sogenannte Südlink-Trasse, mit der Windstrom aus dem Norden nach Bayern und weiter nach Baden-Württemberg geleitet werden soll, werde nach einem Bericht der Bundesnetzagentur erst 2025 fertig – drei Jahre später als bislang geplant. Man muss kein Hellseher sein, um vorhersagen zu können, dass die letzten AKW vielleicht doch noch ein paar Jahre länger laufen müssen. Höhere Gewalt sozusagen. Horst Hamm Spaltprozesse | BRD 1987 | R: Claus Strigel, Bertram Verhaag | B: Bertram Verhaag | K: Claus Strigel, Waldemar Hauschild, Thomas Schwan | M: Rio Reiser, Konstantin Wecker, Wolfgang Neumann | 99 min | Der Film eröffnet einen tiefen Einblick in landschaftliche, ökologische Zerstörung, schildert die mit dem Bau einer WAA verknüpften atompolitischen Absichten, verdeutlicht die Gefährdung der Bevölkerung durch radioaktive Schadstoffemissionen. Dabei stehen die bedrohten Menschen der Region im Vordergrund. Ehemals staatsgläubige Bürger wandeln sich in zaghafte Radikale. Beamtinnen, Hausfrauen und Mütter zeigen ein politisches und gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein, das über ihre anfängliche reine Empörung weit hinausreicht. ▶ Freitag, 6. Januar 2017, 18.30 Uhr | Zu Gast: Bertram SPAlTPrOZeSSe Verhaag, Claus Strigel, Zeitzeugen Halbwertszeiten | Deutschland 2007 | R: Irina Kosean | B: Irina Kosean, Burkhard Althoff | K: Martin Noweck | M: Wolfgang Neumann | 80 min | Irina Kosean beginnt ihren Film als Ich-Erzählung mit Super8-Aufnahmen aus ihrer frühen Kindheit, jener Zeit, als ihr Vater jedes Wochenende in Wackersdorf verbrachte. Im Herbst 2005 ist Kosean dann selber hingefahren, hat einstige Widerständler getroffen, den damaligen bayerischen Innenminister Karl Hillermeier zuhause besucht, mit Gert Wölfel, dem einstmals designierten Chef der WAA, gesprochen und hat schließlich eigene Altersgenossen aus einem Jugendzentrum für politische Arbeit zur heutigen Lage von Jugend und Widerstand befragt. ▶ Samstag, 7. Januar 2017, 18.30 Uhr | Zu Gast: Irina Kosean, Claus Strigel, Zeitzeugen »Kino wie noch nie« ist ein beliebter Slogan, mit dem die Traumfabrik seit jeher wirbt: Alles soll größer, schöner, bunter, lauter werden, die eskapistischen Illusionen der Traumfabrik Hollywood wollen den Zuschauer überwältigen. Filmgeschichte ist auch eine Geschichte technischer Innovationen, die Wettbewerbern zumindest zeitweise einen Vorteil bringen können. So dauerte es viele Jahre, bis Normen für das Filmformat 35mm-Film verbindlich definiert wurden, bis sich das Lichttonverfahren durchsetzte, bis die Charakteristika der verschiedenen Farbsysteme durch das digitale Kino eliminiert wurden. Die Filmreihe »Kino wie noch nie« konzentriert sich auf eine Phase des Hollywood-Kinos, in der im Kampf gegen die Konkurrenz des aufkommenden Fernsehens alle Register gezogen wurden, das Kinoerlebnis zu intensivieren, es »bigger than life« zu machen. Zwischen 1952 und 1956 sah sich das Publikum mit neuen Begriffen wie Cinerama, 3D, Vierkanalton, CinemaScope, VistaVision, SuperScope, CinemaScope55 und Todd-AO konfrontiert, die das Kinoerlebnis veränderten. Selbst die Kritiker blickten nicht mehr durch: In den zeitgenössischen deutschen Filmzeitschriften wurden prompt alle Filme, die eines der neuen Formate aufwiesen, als 3D-Filme ausgewiesen. Filme auf gekrümmter Leinwand wurden selbst in Hollywood als »3D ohne Brille« beworben. Als am 30. September 1952 THIS IS CINERAMA im umgebauten New York Broadway Theatre anlief, schrieb die New York Post auf ihrer Titelseite, ein neues Zeitalter des Films sei eingeläutet worden. Die Vorführung eines Films auf einer riesigen gekrümmten Leinwand, die fast das gesamte Blickfeld abdeckte, war so überwältigend, dass das Publikum die deutlich sichtbaren Nahtstellen zwischen den von drei Projektoren nebeneinander projizierten Bildern und eine Pause bei jeder Filmvorführung hinnahm, die für den Rollenwechsel notwendig war. Die enormen Investitionskosten für die Herstellung und Vorführung des Films THIS IS CINE- Kino wie noch nie Werbefoto für die 3D-Fassung von KISS Me KATe Kino wie noch nie: Hollywood 1952–1956 65 Kino wie noch nie 66 RAMA, die fünf Personen im Vorführraum für die Steuerung der drei synchron laufenden Projektoren mit einem zusätzlichen Bandplayer für den 6-Kanal-Magnetton benötigte, waren schnell amortisiert, der Film lief zwei Jahre lang vor ausverkauftem Haus im Broadway Theatre. Bis 1954 wurden ein Dutzend weiterer Kinos für Cinerama umgebaut, ab 1960 entstanden die ersten Cinerama-Kinos, die auf die Spezifikationen des Systems hin eigens gebaut wurden. Dennoch: Cinerama kam über das »Kino der Attraktionen« kaum hinaus, es bot in den 1950er Jahren ausschließlich Bilder von den Schönheiten der Welt und Achterbahnfahrten oder noch nie gesehene Flugaufnahmen. Am 26. November 1952 lud Radio-Showman Arch Oboler in das Paramount Theater in Hollywood zur Präsentation seines Safari-Films BWANA DEVIL ein, des ersten amerikanischen Spielfilms in 3D. Die Bilder vom Premierenpublikum mit 3D-Brillen gingen um die Welt. Obwohl BWANA DEVIL beileibe kein Meilenstein der Filmkunst war, veranlasste der enorme Erfolg der Billigproduktion alle Major-Studios, umgehend eigene 3D- Systeme zu entwickeln. Schließlich war die Technik für jedes herkömmliche Kino mit im Vergleich zum Cinerama moderaten Kosten adaptierbar. Im April 1953 brachte Warner Brothers den ersten großen 3D-Studiofilm HOUSE OF WAX heraus. Der Raumeffekt des Bildes wurde vom Raumeffekt des Tons untermalt. Drei der vier Magnettonspuren liefen auf einem separat mit den beiden Projektoren verkoppelten Bandplayer. Da die beiden 35mm-Projektoren, mit denen die Kinos standardmäßig für den Überblendbetrieb ausgerüstet waren, bei 3D-Projektionen gleichzeitig im Einsatz waren, gab es wie beim Cinerama in der Mitte jedes Films eine Pause zum Rollenwechsel. Der große Erfolg von HOUSE OF WAX wurde von keinem der nachfolgenden 3D-Filme wieder erreicht. Schon im Sommer 1953 häuften sich die Berichte über Pannen bei der Vorführung, Kopfschmerzen bei den Besuchern und eine grundsätzliche Ablehnung der Brillen. Neue Titel wurden daraufhin nicht mehr exklusiv in 3D herausgebracht, sondern liefen parallel auch in 2D-Kopien. Je mehr die Filmemacher lernten, 3D in ihren Filmen dramaturgisch sinnvoll einzusetzen und auf billige Pop-out-Effekte zu verzichten, umso häufiger wurde die Frage gestellt, warum man 3D überhaupt brauche. Auch die 20th Century Fox produzierte zwei der insgesamt 49 3D-Spielfilme, die zwischen Frühjahr 1953 und Frühjahr 1954 gedreht wurden: INFERNO und MURDER IN THE RUE MORGUE. Parallel entwickelte sie aber ein System, das 3D ablösen sollte: CinemaScope. Ein CinemaScope-Film konnte wie jeder andere 35mmFilm über die normale Projektionsanlage ohne Pause vorgeführt werden. Durch eine anamorphotische Verzerrung wurde das Bild bei der Aufnahme gestaucht und in der Projektion auf nahezu doppelte Breite entzerrt sowie auf eine gekrümmte Leinwand geworfen. Durch die Verkleinerung der Perforationslöcher fanden auf dem Filmstreifen vier Magnettonspuren Platz, so dass kein separater Bandplayer für Mehrkanalton gebraucht wurde. Als erster CinemaScope-Film mit dem Seitenverhältnis von 1:2,55 wurde das biblische Spektakel THE ROBE am 16. September 1953 im Roxy Theatre in New York präsentiert, sechs Wochen später, am 4. November 1953, folgte mit der Komödie HOW TO auf 2K, 4K und 8K hochgetrieben. Als konsequenteste Umsetzung der Idee, den Zuschauer zu überwältigen und in neue Welten eintauchen zu lassen, wird momentan Virtual Reality angepriesen. Dank eines mit dem Computer verbundenen Sehgeräts, das wie eine Brille aufgesetzt wird und das Blickfeld vollständig abdeckt, kann sich der Nutzer in einer simulierten Welt frei bewegen und alle Blickrichtungen selber bestimmen. Was für Pilotenschulungen, militärische Drohnensteuerungen, Architekturplanungen und medizinische Operationen bereits genutzt wird, hat mit Kino nur noch wenig zu tun: Der Nutzer verfolgt nicht mehr mit anderen Zuschauern gemeinsam eine vorgegebene Geschichte, sondern macht seine eigenen Erfahrungen. Die Digitalisierung von klassischen Filmen erlaubt es heute, die verschiedenen Tonsysteme, Bildformate und Farbverfahren authentischer wiederzugeben als es aufgrund ausgeblichener Filmkopien, veränderter Leinwände, Ton- und Projektionsanlagen dem analogen Kino in den letzten Jahrzehnten möglich war. Die Reihe des Filmmuseums lädt ein zu Wiederbegegnungen mit digital rekonstruierten Klassikern, von denen jahrzehntelang nur verstümmelte, beschnittene und oft schlecht kopierte Fassungen zu sehen waren. Doch während sich der Look der Filme mehr oder weniger gut simulieren lässt, ist dies in Bezug auf die Vorführsituation heute nicht mehr möglich: Filmpaläste mit luxuriösem Ambiente, gekrümmter Großleinwand und mehr als 1000 Plätzen, in denen die Filme dieser Reihe ihre Premieren feierten, gehören schon lange der Vergangenheit an. Stefan Drößler Cinerama Adventure | USA 2002 | R+B: David Strohmaier | K: Gerald Saldo | M: William Stromberg, John Morgan | Mit Debbie Reynolds, Carroll Baker, Eli Wallach, Russ Tamblyn, Lowell Thomas Jr., Mike Todd Jr., Leonard Maltin, Joe Dante, Kevin Brownlow, John Belton | 93 min | OmU | Der spannende und unterhaltsame Dokumentarfilm erzählt, wie ausgehend von Flugsimulationen mit Mehrfachprojektionen für die Pilotenausbildung im Zweiten Weltkrieg das bis heute größte Filmformat Cinerama entwickelt wurde. Mittels vieler Filmausschnitte, Archivaufnahmen und Interviews mit Filmemachern, Historikern und Zeitzeugen macht der Film das außergewöhnliche Erlebnis von Cinerama nachvollziehbar und beschreibt die technische Entwicklung der verschiedenen Breitwandverfahren, die politischen Implikationen im Kalten Krieg der 1950er Jahre und den Einfluss von Cinerama auf das heutige Kino. ▶ Freitag, 6. Januar 2017, 21.00 Uhr | Zu Gast: David Strohmaier Kino wie noch nie MARRY A MILLIONAIRE der nächste Blockbuster. Rasch stellten die anderen Studios schon vor der Premiere von THE ROBE ihre Produktionen vom bis dahin gebräuchlichen Normalfilmformat 1:1,33 auf Breitwand um, wobei unterschiedliche Seitenverhältnisse genutzt wurden: 1:1,5, 1:1,66, 1:1,75, 1:1,85, 1:2. Beim System SuperScope, das am 25. Dezember 1954 im Film VERA CRUZ zum ersten Mal Verwendung fand, wurde der Bildstreifen aus dem Normalformatnegativ anamorphotisch gestaucht auf einen Positivfilm kopiert. Aufgrund der nur partiellen Ausnutzung des Bildkaders im Negativfilm und der anamorphotischen Stauchung und Entstauchung durch entsprechende Optiken litt die Bildqualität. Diese zu verbessern versuchten Systeme, die auf eine bessere Auflösung des Negativbildes setzten. Paramount nutzte für das VistaVision-Negativbild zwei Kader eines horizontal laufenden 35mm-Films, kopierte das Bild für die Kinoprojektion allerdings auf herkömmliche, vertikal laufende 35mm-Positive herunter. Dennoch wirkte es deutlich feinkörniger und schärfer. Michael Todd, der Cinerama mitentwickelt hatte, und die American Optical Company gingen einen Schritt weiter: Sie brachten das System Todd-AO auf den Markt, das einen 65mm-Negativfilm nutzte, das Bild zusammen mit sechs Magnettonspuren auf einem 70mm-Positivfilm unterbrachte und die Bildfrequenz von 24 Bildern auf 30 Bilder pro Sekunde erhöhte. Der erste in diesem Format gedrehte Film war das Musical OKLAHOMA!, das am 11. Oktober 1955 seine glanzvolle Premiere im New Yorker Rivoli Theatre feierte. Für die Vorführung von 70mm-Filmen, die später wieder auf die herkömmliche Bildfrequenz zurückgingen, mussten Kinos spezielle Projektoren und Tonanlagen anschaffen. Diese hohen Investitionen leisteten sich mehr Kinos als das aufwändige Cinerama-System, so dass sich 70mm langfristig als Spezialformat durchsetzte. Filme in anderen Systemen wie das von der 20th Century Fox entwickelte CinemaScope55 oder die beiden einzigen 1962 im dreistreifigen Cinerama-Format in Koproduktion mit MGM gedrehten Spielfilme HOW THE WEST WAS WON und THE WONDERFUL WORLD OF THE BROTHERS GRIMM wurden auf 70mm umkopiert. Es ist erstaunlich, wie dieselben Ideen von Anfang der 1950er Jahre im digitalen »Home Entertainment« wieder durchgespielt werden: Als Standard für digitale Fernseher wurde das breitere Seitenverhältnis von 1:1,78 eingeführt, 3D-fähige Fernseher wurden von großformatigen, gekrümmten und hochauflösenden UHD-Bildschirmen abgelöst, die Anzahl der Tonkanäle wächst, die Auflösung von digitalen Filmen wird von HD 67 This is Cinerama (Das ist Cinerama) | USA 1952 | R: Merian C. Cooper | B: Robert L. Bendick, Merian C. Cooper, Lowell Thomas, Michael Todd | K: Harry Squire | M: Louis Forbes | D: Lowell Thomas | 127 min | OF | Cinerama | Ausgehend von prähistorischen Höhlenmalereien und Leonardo da Vinci erzählt ein Prolog die Geschichte der menschlichen Versuche, Raum, Tiefe und Bewegung darzustellen. Dann öffnet sich die Leinwand und wir erfahren die überwältigenden Vorzüge des Cinerama-Verfahrens: Aufnahmen aus einer Achterbahn, eine Ballettaufführung in der Mailänder Scala, Aufnahmen aus den Kanälen in Venedig, vom Stierkampf in Spanien, ein Auftritt der Wiener Sängerknaben, Kamerafahrten durch den Grand Canyon. Der ursprünglich mit drei Projektoren auf eine gekrümmte Lamellen-Leinwand projizierte Film wird im SmileboxVerfahren vorgeführt, das den räumlichen Eindruck des damaligen Filmerlebnisses zu vermitteln versucht. Kino wie noch nie ▶ Samstag, 7. Januar 2017, 21.00 Uhr | Einführung: David Strohmaier 68 House of Wax (Das Kabinett des Professor Bondi) | USA 1953 | R: André de Toth | B: Crane Wilbur, Charles Belden | K: Bert Glennon, Peverell Marley | M: David Buttolph | D: Vincent Price, Frank Lovejoy, Phyllis Kirk, Carolyn Jones, Charles Bronson | 88 min | OF | 3D | Der erfolgreichste 3D-Film der 1950er Jahre spielt im viktorianischen London, das von mysteriösen Morden heimgesucht wird. André de Toth nutzt die neue Technologie geschickt für Schauereffekte und andere Gimmicks. Berühmt wurde die Sequenz, in der ein Rummelplatzanimateur einen Paddle-Ball immer wieder ins Publikum schlägt. Von den ursprünglich vier Magnettonspuren waren die drei Frontkanäle auf einem eigenen Filmstreifen untergebracht, der synchron mit den beiden Bildstreifen mitlief. Dieser ist heute verloren. Nur die Monomischung sowie der Effektkanal, die jeweils auf einem der beiden Bildstreifen angebracht waren, haben sich erhalten. ▶ Sonntag, 8. Januar 2017, 21.00 Uhr The Robe (Das Gewand) | USA 1953 | R: Henry Koster | B: Philippe Dunne, nach dem Roman von Lloyd C. Douglas | K: Leon Shamroy | M: Alfred Newman | D: Richard Burton, Jean Simmons, Victor Mature, Michael Rennie, Jay Robinson | 135 min | OF | CinemaScope | Der erste Film in CinemaScope und 4-Kanal-Magnetton wurde mit riesigem Aufwand produziert und beworben. Seinem weltweiten Erfolg ist es zu verdanken, dass sich das CinemaScope-System letztendlich gegen andere Systeme durchsetzen konnte. Der mit zwei Oscars für die beste Ausstattung und die besten Kostüme ausgezeichnete Film erzählt eine Geschichte im alten Rom zur Zeit der Christenverfolgung. »Der neue Effekt des hier erstmals angewandten CinemaScopeVerfahrens liegt in einer Steigerung des dekorativen und dramatischen Stils. Die geistig-künstlerische Ausdrucksform kommt jedoch dabei zu Schaden. Für das religiöse Empfinden deutscher Christen zu monströs.« (Katholischer Filmdienst) ▶ Freitag, 13. Januar 2017, 21.00 Uhr Kiss Me Kate (Küss mich, Kätchen) | USA 1953 | R: George Sidney | B: Dorothy Kingsley, nach dem Musical von Samuel & Bella Spewack und Cole Porter unter Verwendung von William Shakespeares Stück »The Taming of the Shrew« | K: Charles Rosher | M: Cole Porter | D: Kathryn Grayson, Howard Keel, Ann Miller, Keenan Wynn, Bobby Van | 109 min | OF | 3D | Die Anfangseuphorie über das 3D-Format war schon verflogen, als gegen Ende des Jahres 1953 die ersten 3D-Großfilme mit Starbesetzung fertiggestellt waren. MGM brachte KISS ME KATE vorsichtshalber parallel in einer 2D- und in einer 3D-Fassung heraus und befragte das Publikum – das der 3D-Version eindeutig den Vorzug gab. Das Backstage-Musical spielt tatsächlich geschickt mit dem ständigen Wechsel zwischen realem Raum und Bühnengeschehen, der in 3D besonders intensiv erlebbar wird. Zudem ist es einer der ganz wenigen 3DFilme, deren vierkanaliger Raumton erhalten ist. ▶ Samstag, 14. Januar 2017, 21.00 Uhr How to Marry a Millionaire (Wie angelt man sich einen Millionär?) | USA 1953 | R: Jean Negulesco | B: Nunnally Johnson | K: Joe MacDonald | M: Cyril Mockridge | D: Lauren Bacall, Marilyn Monroe, Betty Grable, William Powell, Cameron Mitchell, David Wayne, Rory Calhoun | 91 min | OmU | CinemaScope | Drei New Yorker Models kratzen ihr letztes Geld zusammen, mieten ein teures Appartement und schwören einander, nicht mehr ihrem Herzen zu folgen, sondern Millionäre zum Heiraten zu finden. Es kommt, wie es kommen muss. Jean Negulescos eleganter und großzügig ausgestatteter Film war die erste Komödie in CinemaScope und bietet eine Fülle von Schauwerten in den Studio- wie in den Außenaufnahmen. Der Vorspann des Films nutzt bereits das neue Filmformat: Das bei Großfilmen der 1950er Jahre übliche ausführliche Orchestervorspiel läuft nicht als Ouvertüre im Dunkeln, sondern die Musiker werden in Farbe und Breitwand auf der Leinwand präsentiert. ▶ Sonntag, 15. Januar 2017, 21.00 Uhr ▶ Freitag, 27. Januar 2017, 21.00 Uhr A Star Is Born (Ein neuer Stern am Himmel) | USA 1954 | R: George Cukor | B: Moss Hart | K: Sam Leavitt | M: Ray Heindorf | D: Judy Garland, James Mason, Jack Carson, Charles Bickford, Tom Noonan | 176 min | OF | CinemaScope | Aufwändig produziertes Remake eines Klassikers aus den 1930er Jahren über einen alternden und alkoholabhängigen Schauspieler, der eine aufsteigende Sängerin unterstützt und schließlich von ihr überflügelt wird. Judy Garland, deren Alkoholabhängigkeit immer wieder Unterbrechungen der Dreharbeiten nötig machte, trug dazu bei, dass die Produktionskosten in die Höhe schnellten. George Cukor setzte sich konsequent über die von Experten aufgestellten Regeln für technische Beschränkungen beim Einsatz der CinemaScope-Technik hinweg. Nach der Premiere wurde der Film stark gekürzt. Erst 1983 konnte die Premierenfassung wieder rekonstruiert werden. Da nur der Soundtrack vollständig überlebte, wurden fehlende Bildsequenzen durch Standfotos ersetzt. ▶ Samstag, 28. Januar 2017, 21.00 Uhr Dial M for Murder (Bei Anruf Mord) | USA 1954 | R: Alfred Hitchcock | B: Frederick Knott, nach seinem Theaterstück | K: Robert Burks | M: Dimitri Tiomkin | D: Ray Milland, Grace Kelly, Robert Cummings, John Williams, Anthony Dawson | 105 min | OF | 3D | Das Kammerspiel, das größtenteils in einer einzigen Wohnung spielt, ist klar zweigeteilt, was durch die im 1950erJahre-Kino notwendige Pause im 3D-Film betont wird: Im ersten Teil ist der Ehemann von Grace Kellys Figur die Hauptperson, im zweiten Teil ist es der Polizeikommissar. Geschickt lässt Hitchcock die Kamera kreisen und in Unter- oder Obersicht durch den Raum fahren. Es entsteht eine Choreographie, die die Figuren und Dinge, die für die Handlung von entscheidender Bedeutung sind, in Beziehung setzt. Dieser hintergründige Einsatz des 3D wurde seinerzeit nicht erkannt: Das Premierenkino zeigte den Film nach wenigen Tagen nur noch in 2D, Hitchcocks Meisterwerk besiegelte das endgültige Aus der ersten 3D-Welle des amerikanischen Kinos. ▶ Sonntag, 29. Januar 2017, 21.00 Uhr White Christmas (Weiße Weihnachten) | USA 1954 | R: Michael Curtiz | B: Norman Krasna, Norman Panama, Melvin Frank | K: Loyal Griggs | M: Irving Berlin | D: Bing Crosby, Danny Kaye, Vera-Ellen, Rosemary Clooney, Dean Jagger | 120 min | OF | VistaVision | Der Ruhm des ersten Films im von der Paramount entwickelten VistaVision-Verfahren wird heute vom enormen Erfolg des titelgebenden Bing-Crosby-Songs überlagert, der aber bereits zwölf Jahre vorher veröffentlicht wurde und bis heute ein Welthit geblieben ist. Dabei war der Song im Film nicht in Stereo zu hören, weil die Kino wie noch nie Pardon My Backfire | USA 1953 | R: Jules White | B: Felix Adler | K: Henry Freulich | M: Mischa Bakaleinikoff | D: Shemp Howard, Larry Fine, Moe Howard, Benny Rubin, Frank Sully | 16 min | OF | 3D – Creature from the Black Lagoon (Der Schrecken vom Amazonas) | USA 1954 | R: Jack Arnold | B: Harry Essex, Arthur Ross | K: William E. Snyder | M: Joseph Gershenson | D: Richard Carlson, Julie Adams, Richard Denning, Antonio Moreno, Whit Bissell, Nestor Paiva | 79 min | OF | 3D | Billig produzierte B-Pictures waren die erfolgreichsten 3D-Filme der 1950er Jahre. Die Komödie mit »The Three Stooges« und der erfolgreiche Monsterfilm um einen prähistorischen Kiemen-Menschen zeigen, wie effektvoll und unterhaltsam 3D-Kino sein kann. Interessant sind die sexuellen Subtexte, die in beiden Filmen zu Tage treten. Beide Filme laufen nicht im minderwertigen rot-grünen Anaglyphenverfahren, in das die Schwarzweiß-Filme erst in den 1970er Jahren für Fernsehausstrahlungen umkopiert wurden, sondern im originalen Polarisationsverfahren. 69 cINerAMA HOlIDAY Paramount ihre VistaVision-Filme nur mit Lichtton ausstattete. Das Perspecta-Tonverfahren konnte zwar aus dem Mono-Ton Geräusche herauslesen, die, auf die drei Lautsprecher-Frontkanäle verteilt, einen räumlichen Eindruck vermitteln konnten, aber Sprache und Musik blieben stets Mono. Die Geschichte des Musicals dreht sich um Bühnenstars, die einen Gasthof im verschneiten Vermont vor der Pleite bewahren wollen. Kino wie noch nie ▶ Freitag, 3. Februar 2017, 21.00 Uhr 70 Vera Cruz | USA 1954 | R: Robert Aldrich | B: Roland Kibbee, James R. Webb | K: Ernest Laszlo | M: Hugo Friedhofer | D: Gary Cooper, Burt Lancaster, Denise Darcel, Cesar Romero, Ernest Borgnine | 94 min | OmU | SuperScope | Burt Lancaster selbst koproduzierte diesen Film, der außerhalb der großen Studios entstand und ein billiges Verfahren benutzte, das aus einem Normalformatnegativ einen mittleren Bildstreifen im 1:2Format herauskopierte und anamorphotisch verzerrt auf den Positivfilm brachte. Das Ergebnis ist entsprechend grobkörnig, und deshalb war SuperScope kein langes Leben beschieden. VERA CRUZ, der erste Film in diesem Verfahren, ist heute ein Klassiker: das großartige Duell zwischen zwei Leinwandstars, Gary Cooper als ehemaligem Südstaaten-Major und Burt Lancaster mit zähnebleckendem Lächeln als Draufgänger. Gemeinsam schlagen sie sich durch die mexikanische Revolution, immer auf der Seite dessen, der am besten zahlt. ▶ Samstag, 4. Februar 2017, 21.00 Uhr Cinerama Holiday | USA 1955 | R: Robert L. Bendick, Philippe De Lacy | B: Otis Carney, Louis de Rochemont III | K: Harry Squire, Joseph Brun | M: Morton Gould | Mit Martin Weldon, John Marsh, Betty Marsh, Beatrice Troller, Fred Troller | 129 min | OF | Cinerama | Ein junges Schweizer Paar besucht Amerika, ein frisch verheiratetes Paar aus Kansas City reist nach Europa. Der Film breitet die Sehenswürdigkeiten in überwältigenden Cinerama-Bildern mit gewaltigem Mehrkanalton aus: Die Schweizer Alpen, ein Nachtclub in Paris, St. Louis, New Orleans, Las Vegas, San Francisco. Am Ende treffen sich die beiden Paare in New York und gehen gemeinsam ins Kino – um sich den Film anzuschauen, dessen Protagonisten sie sind. Höhepunkt des ersten Teils ist eine rasante Skifahrt in den Alpen, das Finale zeigt die – mit subjektiver Kamera gefilmte – Landung eines Düsenjets auf einem Flugzeugträger. ▶ Sonntag, 5. Februar 2017, 21.00 Uhr Oklahoma! (Oklahoma) | USA 1955 | R: Fred Zinnemann | B: Sonya Levien, William Ludwig, nach dem Musical von Oscar Hammerstein II und Richard Rodgers | K: Robert Surtees | M: Richard Rodgers | D: Gordon MacRae, Gloria Grahame, Gene Nelson, Charlotte Greenwood, Eddie Albert, Rod Steiger | 145 min | OF | Todd-AO | Der erste Film im 70mm-Format mit 6-Kanal-Ton wurde mit einer höheren Bildfrequenz (30 Bilder pro Sekunde) aufgenommen. Dies trug alles zu einem Kinoerlebnis ganz neuer Qualität bei. Regisseur Fred Zinnemann kostet die visuelle Brillanz bei den Aufnahmen on location in Arizona in langen Einstellungen aus. Das als »amerikanische Volksoper« konzipierte Musical, das eine Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der Rivalität zwischen Farmern und Ranchern ▶ Freitag, 10. Februar 2017, 21.00 Uhr Violent Saturday (Sensation am Sonnabend) | USA 1955 | R: Richard Fleischer | B: Sydney Boehm, nach dem Roman von William L. Heath | K: Charles G. Clarke | M: Hugo Friedhofer | D: Victor Mature, Richard Egan, Lee Marvin, Sylvia Sydney, Ernest Borgnine | 92 min | OF | CinemaScope | Richard Fleischer war einer der großen CinemaScope-Regisseure, der mit split screen und dem Format bis in die 1980er Jahre hinein experimentierte. VIOLENT SATURDAY, sein zweiter CinemaScope-Film, nutzt das Format für ein brillant inszeniertes heist movie, in dem es um einen Banküberfall in einer wüstennahen Kleinstadt geht. Die in langen Einstellungen gleitende Kamera hält die Fäden der Parallelhandlungen zusammen, die Bilder beschreiben wie nebenbei präzise die Atmosphäre im amerikanischen Südwesten. ▶ Samstag, 11. Februar 2017, 21.00 Uhr To Catch a Thief (Über den Dächern von Nizza) | USA 1955 | R: Alfred Hitchcock | B: John Michael Hayes | K: Robert Burks | M: Lyn Murray | D: Cary Grant, Grace Kelly, Jessie Royce Landis, John Williams, Charles Vanel | 106 min | OmU | VistaVision | Nach dem Ausflug in die 3D-Technik mit DIAL M FOR MURDER, über die er sich im Nachhinein in Interviews wegen ihres Misserfolgs nur verächtlich äußerte, drehte Hitchcock in den 1950er Jahren seine Filme bevorzugt in VistaVision, wobei er großen Wert auf die technische Qualität des Bildes legte. Die romantische Gaunerkomödie TO CATCH A THIEF entstand zu großen Teilen an der Côte d’Azur und schwelgt in leuchtenden Farben und eleganter Bildgestaltung. »VistaVision kam Hitchcocks Neigung zur ›inneren Montage‹ entgegen, zu weiten Bildwinkeln, langen Fahrten- und Schwenkaufnahmen und gestaffelten, in langsamer Bewegung sich erschließenden Räumen.« (Enno Patalas) ▶ Sonntag, 12. Februar 2017, 21.00 Uhr The Searchers (Der schwarze Falke) | USA 1956 | R: John Ford | B: Frank S. Nugent, nach dem Roman von Alan LeMay | K: Winton C. Hoch | M: Max Steiner | D: John Wayne, Jeffrey Hunter, Vera Miles, Ward Bond, Natalie Wood, Hank Worden | 119 min | OmU | VistaVision | Schon der Beginn des Films zeigt die Vorzüge des VistaVision-Verfahrens mit seinen gestochen schar- fen Bildern: Eine Tür geht auf, und über die Schultern einer Frau erfasst die Kamera einen aus der Tiefe des Raumes kommenden Reiter. Innerhalb weniger Minuten hat Ford sein relativ komplexes Personengeflecht eingeführt. »THE SEARCHERS beschreibt die Suche nach dem von den Indianern entführten Mädchen Debbie und ist eine Reise ins Herz der Finsternis. John Wayne verkörpert in diesem Film die Abgründe der amerikanischen Seele: ein offener Rassist, skrupellos, sozial nicht sonderlich kompatibel.« (Rudolf Worschech) ▶ Freitag, 17. Februar 2017, 21.00 Uhr The King and I (Der König von Siam) | USA 1956 | R: Walter Lang | B: Ernest Lehman, nach dem Musical von Oscar Hammerstein II und Richard Rodgers, basierend auf einem Roman von Margaret London | K: Leon Shamroy | M: Richard Rodgers | D: Deborah Kerr, Yul Brynner, Rita Moreno, Martin Benson, Terry Saunders, Rex Thompson | 133 min | OF | CinemaScope 55 | Durch ein vergrößertes Negativ versuchte die Fox, ihren CinemaScope-Filmen unter Beibehaltung des Formats 1:2,55 dieselbe brillante Bildqualität zu verleihen, die VistaVision erreichte. THE KING AND I nutzte alle Vorzüge des Systems, wurde mit fünf Oscars ausgezeichnet und machte Yul Brynner zum Star. Er verkörpert den König in einem farbenprächtigen Hollywood-Siam, der eine englische Witwe als Hauslehrerin für seine Kinder engagiert. Das Musical besticht durch fantasievolle Dekors und Kostüme, stimmige Songs, witzige Dialoge und eine exquisite Bildgestaltung. ▶ Samstag, 18. Februar 2017, 21.00 Uhr The Girl Can’t Help It (Schlagerpiraten) | USA 1956 | R: Frank Tashlin | B: Frank Tashlin, Herbert Baker | K: Leon Shamroy | D: Tom Ewell, Jayne Mansfield, Edmond O’Brien, Ray Anthony, Little Richard, Gene Vincent, Eddie Cochran, Fats Domino, The Platters | 99 min | OF | CinemaScope | Zu Beginn spricht Tom Ewell zum Publikum, lässt die Begrenzungen des schwarzweißen Normalformat-Bilds zur Seite schieben, bis es die Ausmaße des CinemaScope erreicht hat und fordert den Einsatz der Farbe von DeLuxe. Dann setzt in knallbunten Farben ein furioses Rock’n’Roll-Spektakel mit surrealen Gags im Comic-Strip-Stil ein, in dem sich die Herkunft von Frank Tashlin widerspiegelt: Er begann seine Karriere als Regisseur von Zeichentrickfilmen mit Porky Pig, Daffy Duck und Bugs Bunny. Wenn Jayne Mansfield als talentlose Sängerin die Hüften schwingt, platzen dem Milchmann die Flaschen, zerspringen Passanten die Brillengläser und schmelzen Eisblöcke. ▶ Sonntag, 19. Februar 2017, 21.00 Uhr Kino wie noch nie in Oklahoma erzählt, markiert in der Geschichte des Musicals einen Meilenstein, da es als eines der ersten die Songs und Tanznummern nicht als Einlagen nutzte, sondern für die Weiterführung der Handlung. 71 Friedrich Wilhelm Murnau 72 Murnau – das war sein Künstlername. Eigentlich hieß er Friedrich Wilhelm Plumpe, kam 1888 in Bielefeld zur Welt, machte in Kassel sein Abitur, studierte in Berlin und Heidelberg Kunstgeschichte und Literatur und engagierte sich früh im Studententheater. Ab 1913 gehörte er zum Ensemble der Reinhardt-Bühnen in Berlin. Da nannte er sich bereits Murnau – nach dem Künstlerort in Oberbayern, der ihm bei einem Besuch offenbar gut gefallen hatte. Den Ersten Weltkrieg überlebte er als Kriegsfreiwilliger, am Ende im Range eines Leutnants, interniert in der Schweiz. Er kehrte nach Berlin zurück und drehte 1919 seinen ersten Film – DER KNABE IN BLAU – dem in schneller Folge fünf weitere folgten. Leider sind diese ersten Filme von Murnau nicht erhalten, wir können uns nur aus der zeitgenössischen Kritik ein Bild von ihnen machen. Zu Murnaus Darstellern gehörten damals schon Conrad Veidt, Fritz Kortner und Eugen Klöpfer. Im Gegensatz zu seinen Regie-Kollegen Fritz Lang und Ernst Lubitsch lebte Murnau eher zurückgezogen; er verbarg sein Privatleben wohl auch, weil er homosexuell war. Er galt als distanziert, sein Wirkungsfeld waren die Filmstudios. An gesellschaftlichen Ereignissen nahm er selten teil. Als Fotograf hat er in Berlin, später auch in Amerika und in der Südsee, gern Aktaufnahmen junger Männer gemacht. In dem Band »Friedrich Wilhelm Murnau. Die privaten Fotografien 1926-1931« ist 2013 eine Auswahl bei Schirmer/Mosel publiziert worden. DER GANG IN DIE NACHT, das Melodram eines Augenarztes, einer Tänzerin und eines blinden Malers, ist der älteste erhaltene Murnau-Film, er wurde im Januar 1921 in Berlin uraufgeführt. Wie so oft bei diesem Regisseur standen große Darsteller im Mittelpunkt; hier waren es Olaf Fönss, Erna Morena und Conrad Veidt. Willy Haas, der als Filmkritiker früh die Bedeutung Murnaus erkannte, schrieb im Film-Kurier: »Es ist das Wunderbarste, dessen unser Herz überhaupt fähig ist: eine neue Musik schlägt leise in uns die Augen auf.« Dreharbeiten zu FAUST: emil Jannings, Friedrich Wilhelm Murnau Retrospektive Friedrich Wilhelm Murnau Mit NOSFERATU. EINE SYMPHONIE DES GRAUENS schuf Murnau sein erstes klassisch gewordenes Werk, das Urbild aller Vampir-Filme, gedreht nach Bram Stokers Roman »Dracula«. Es hat Tom Tykwer bis in seine Träume verfolgt: »Das war heimliches Fernsehgucken. Ich weiß, dass der Film schon angefangen hatte und dass ich ’ne halbe Stunde geschafft habe. Ich hab’ mich derartig gegruselt, dass ich irgendwann abgeschaltet habe, was ein Riesenfehler war, weil ich noch nicht einmal die Konklusion mitbekommen habe, dass der Vampir wenigstens stirbt. Ich habe jahrelang den Film nicht sehen können, weil ich mich wirklich so gefürchtet habe davor. (…) Dass man den Film nicht vergessen kann, liegt an dieser Entschlossenheit der Bildgestaltung, an der stillen ikonografischen Geste, die der Film hat, und an der Masse an eindrucksvollen Gemälden, die irgendwo im Unterbewusstsein mitschwimmen und die gesamte Filmgeschichte mitgeprägt haben.« (in: AUGE IN AUGE, 2008). Für Murnaus folgende Filme, DER BRENNENDE ACKER, PHANTOM, DIE AUSTREIBUNG und DIE FINANZEN DES GROSSHERZOGS (1921-24), schrieb Thea von Harbou, die damals mit Fritz Lang liiert war, die Drehbücher. Zeitgleich entstanden dessen Filme DR. MABUSE, DER SPIELER und DIE NIBELUNGEN. Für Verbindungen zwi- Friedrich Wilhelm Murnau dreht und galt als Regisseur von Weltrang. An jenem Märztag war Charles Chaplin gerade in Berlin zu Besuch. Am Abend hörte er während einer VarietéVorstellung von Murnaus Tod. Überliefert ist sein Kommentar: »Er war einer der besten Männer, die Deutschland nach Hollywood entsandt hat. Ich kann das Schreckliche noch gar nicht fassen.« Am 19. März fand eine kleine Trauerfeier in Hollywood statt. Dann wurde Murnaus Leichnam nach Deutschland überführt und am 11. April 1931 auf dem Stahnsdorfer Waldfriedhof zu Grabe getragen. Fritz Lang sprach damals Gedenkworte am Sarg: »Er trat – stets guter Laune und verbindlich lächelnd – mit weit ausgreifenden Schritten ins Atelier und verbreitete schon durch seine bloße Anwesenheit Arbeitslust und Elan. Wirkend wie ein gutsituierter Herr aus großem Hause, der sich aus bloßer Neugier mit der Materie ›Film‹ wie zur Zerstreuung befasst, war er im Gegenteil ein zäher und intensiver Arbeiter; denn hinter seinem saloppen Charme stand verbissene Energie, die er aber nie merken ließ. Wenn einmal Jahrzehnte vergangen sein werden, dann wird man wissen, dass hier ein Pionier mitten aus dem Schaffen abtrat, dem der Film die eigentliche Basis verdankt, sowohl in künstlerischer wie in technischer Beziehung. Er erkannte, dass der Film weit mehr als die Bühne das Leben als Gleichnis darzustellen berufen ist – denn alle seine Werke waren eigentlich in Bildform vorgetragene Balladen. Mit dem Wunsch und der Mahnung, der Hingeschiedene möge als Beispiel für alle ernsthaft Schaffenden weiter fortwirken, mit dem Begrüßungswort der Südseeinsulaner ›Alo ha’Oe Murnau‹.« (zitiert nach Robert Herlth und Lotte H. Eisner). Dreharbeiten zu FAUST: Gösta ekman, Friedrich Wilhelm Murnau (mit Hut) schen Lang und Murnau sorgte der Produzent Erich Pommer. Und: es waren die Inflationsjahre – die deutsche Filmkunst florierte mehr als die Wirtschaft. Emil Jannings war der Hauptdarsteller in drei MurnauFilmen Mitte der 1920er Jahre: DER LETZTE MANN, TARTÜFF und FAUST. Die Tragikomödie um einen alternden Hotelportier, der zum Toilettenmann degradiert wird, gilt als Murnaus Meisterwerk. Willy Haas schrieb nach der Premiere enthusiasmiert und Goethe variierend: »Kinder, von hier und heute beginnt eine neue Epoche in der Geschichte der Kinematographie.« Der Film war auch in Amerika erfolgreich. Die MolièreKomödie vom Erbschleicher Tartüff erweiterte Murnaus Drehbuchautor Carl Mayer um eine Rahmenhandlung aus dem Filmmilieu, die Haupthandlung verlegte er ins Preußen des Alten Fritz. »Eine deutsche Volkssage« war der Untertitel zum FAUST-Film mit Gösta Ekman als Titelfigur, Jannings als Mephisto und Camilla Horn als Gretchen. Ein Lichtspiel und ein Schattenspiel. Eric Rohmer hat darüber seine Dissertation geschrieben. Als FAUST im August 1926 in Berlin uraufgeführt wurde, war Murnau schon in Amerika. Dorthin hatte ihn William Fox, der Chef des großen Fox-Studios, mit einem Vierjahres-Vertrag gelockt. Nur seinen ersten Film, SUNRISE, nach der Erzählung »Die Reise nach Tilsit« von Hermann Sudermann, konnte Murnau ohne Eingriffe des Studios drehen, dann wurden ihm die kommerziellen Erwartungen der Produzenten und der rasche Wechsel vom Stummfilm zum Tonfilm zum Verhängnis. Man nahm ihm bei THE FOUR DEVILS (der Film ist leider nicht erhalten) und bei CITY GIRL (Drehbuch: Berthold Viertel) die Fertigstellung aus der Hand. Es wirkt wie eine Flucht aus der Realität, dass Murnau dann ein Projekt auf einer Südseeinsel realisierte: TABU, begonnen mit dem Dokumentaristen Robert Flaherty, nach einem Streit mit dem Co-Regisseur allein zu Ende geführt. Diese Liebeserklärung an eine ferne Kultur war für Frieda Grafe »eine Kosmogonie des Kinos: die Entstehung seiner Formen aus gleißenden, glitzernden Wasseroberflächen.« Die Premiere von TABU hat Murnau nicht mehr erlebt. Am 11. März 1931 starb er nach einem Autounfall in Santa Barbara, Kalifornien. Er war 42 Jahre alt, hatte 21 Filme ge- 73 Friedrich Wilhelm Murnau 74 Im Murnau-Buch der Deutschen Kinemathek zur Retrospektive 2003 schrieb Thomas Koebner im Schlussabsatz seines Essays: »Im Kern war der ›romantische Preuße‹ Murnau ein Elegiker: ein Erzähler vom verlorenen Paradies, vom verlorenen Glück, dessen Wiederkehr oder schwache Spiegelung – wenn es überhaupt dazu kommen sollte – er selbst ironisch brach (DER LETZTE MANN) oder nur nach einer Beinahe-Katastrophe gewährte (SUNRISE). Außenseitern gehörte seine Sympathie und seine Einfühlung: den Verlierern und Angeprangerten, den Einfältigen und den Mutigen, auch den Schönen (gerade in seinem Spätwerk), die offensichtlich den Neid der Götter erregen. Wer sich auf seine Filme einlässt, erspürt alsbald eine unvergleichliche Stimmung von leiser, dennoch nachhaltiger Innigkeit und diskreter Trauer, von Lebhaftigkeit und Bedauern, von unaufdringlichem Mitleid für seine Figuren, versetzt mit kleinen Blitzen eines weichen Humors, einer milden gelassenen Heiterkeit.« (Friedrich Wilhelm Murnau. Ein Melancholiker des Films. Berlin 2003) Er war einer der Großen des deutschen Films, beeinflusst von Malerei, Literatur und Schauspiel. Sein Beitrag zur Entwicklung einer spezifischen Filmsprache ist früh erkannt worden. Er arbeitete mit den besten Kameraleuten seiner Zeit zusammen: Fritz Arno Wagner, Karl Freund, Carl Hoffmann, Charles Rosher, Ernest Palmer, Floyd Crosby. Die prominentesten Schauspieler drängte es in seine Filme. Und für viele Nachgeborene in Europa, zum Beispiel für François Truffaut, Eric Rohmer, Jacques Rivette und Jean-Luc Godard, für Werner Herzog, Ulrike Ottinger und Wim Wenders, war er die Inkarnation deutscher Filmgeschichte. Murnaus Filme sind beredt und voller Zwischentöne, auch wenn es in ihnen noch keine gesprochenen Dialoge, keine originalen Geräusche, keine synchronen Töne gibt. »Stummfilm« – das klingt weit entfernt. Aber wenn wir uns in den Bildern, zwischen melancholischen Träumen und melodramatischen Gefühlen bewegen, dann kann es eine Nähe geben, die das Damals mit dem Heute verbindet. Murnau entdecken! In einer Ausstellung im Lenbachhaus, in einer Retrospektive des Münchner Filmmuseums. Hans Helmut Prinzler Eine Filmreihe des Filmmuseums München zur Ausstellung »Friedrich Wilhelm Murnau. Eine Hommage« im Lenbachhaus (25. Oktober 2016 bis 26. Februar 2017). Der Gang in die Nacht | Deutschland 1920 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Carl Mayer, nach dem Filmszenario »Sejren« (Der Sieger) von Harriet Bloch | K: Max Lutze | D: Olaf Fönss, Gudrun Bruun-Steffensen, Conrad Veidt, Erna Morena, Clementine Plessner | 81 min | viragiert | Der Augenarzt Eigil Börne verlässt seine Verlobte für die Varieté-Tänzerin Lily. Doch Lily fühlt sich zu einem Maler hingezogen, den Börne von seiner Blindheit geheilt hat. »Murnaus Variante von Sternbergs Verfilmung des ›Professor Unrat‹, das Ganze ins Mythologische überhöht und mit Elementen des Zombiefilms gekreuzt. Wenn man den Film genauer ansieht, lehrt er in seinen großen Momenten nicht die abgedroschenen Weisheiten eines filmhistorischen Kanons, sondern etwas ganz anderes: Dann sieht man auch, dass in den Abgründen der düsteren Filmgenres zumeist ein tieferes Wissen über die menschliche Psyche haust.« (Dominik Graf) Gezeigt wird erstmals eine neu rekonstruierte Version des Filmmuseums München, ausgehend vom Originalnegativ. ▶ Sonntag, 8. Januar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Richard Siedhoff Schloss Vogelöd | Deutschland 1921 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Carl Mayer, nach dem Roman von Rudolf Stratz | K: Fritz Arno Wagner, László Schäffer | D: Arnold Korff, Lulu Kyser-Korff, Lothar Mehnert, Olga Tschechowa, Julius Falkenstein | 81 min | viragiert | Zu einer Gesellschaft auf Schloss Vogelöd trifft ungeladen Graf Johann Oetsch ein, der im Verdacht steht, vor drei Jahren seinen Bruder ermordet zu haben. »Bezwingend der Raum, in dem die Baronin und Safferstätt nach der Tat vor Schuld gekrümmt verharren: ein hohes, wie leergeräumtes Zimmer mit zwei erleuchteten Türöffnungen, Augenschlitze eines Raubtiers, im Hintergrund; reines, abstraktes Bühnenbild, mehr Leichenhalle und entseelter Tempel als Wohnraum. Unentrinnbare Einsamkeit, unüberwindliches Verhängnis – sagt dieser Raum. Im ganzen übrigen Film gibt es kein Bild, das diesem gleicht. Man könnte es als eine ästhetische Erzwingung lesen.« (Hanns Zischler) ▶ Freitag, 13. Januar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Sabrina Zimmermann, Mark Pogolski ▶ Samstag, 14. Januar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Sabrina Zimmermann, Mark Pogolski Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens | Deutschland 1922 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Henrik Galeen, nach dem Roman »Dracula« von Bram Stoker | K: Fritz Arno Wagner | D: Max Schreck, Alexander Granach, Gustav von Wangenheim, Greta Schröder, Georg Heinrich Schnell | 93 min | viragiert | Im Auftrag des Maklers Knock reist der junge Hutter in die Karpaten, um dem Grafen Orlok ein Haus zu verkaufen. Doch seine Reise wird von unheimlichen Vorzeichen begleitet. »Der Film, der Mythos, die Legende, ach wie schön und schrecklich und doch so wahr. Bei so viel Blut und Sterben denke ich unwillkürlich an die große Seuche Aids. Wie hätte der schwule Murnau heute den großen Aids-Film gemacht, wie hätte er mit seiner großen Kunst uns auf dem Höhepunkt der Krankheit Hoffnung auf ein Happy-End gemacht und uns Trost gespendet? Wäre es die Unschuld vom Lande wie in NOSFERATU? Vielleicht der schöne Knabe aus TABU, der uns rechtzeitig gewarnt, unser Blut gereinigt hätte, oder hätten wir mit ihm, wie Murnau selbst beim Orgasmus, das Zeitliche gesegnet, ohne lange Qual, ohne Abschied?« (Rosa von Praunheim) ▶ Freitag, 27. Januar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald Phantom | Deutschland 1922 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Thea von Harbou, nach dem Roman von Gerhart Hauptmann | K: Axel Graatkjær, Theophan Ouchakoff | D: Alfred Abel, Frida Richard, Aud Egede Nissen, Hans Heinrich von Twardowski, Lil Dagover | 134 min | viragiert | Der verträumte Ratsschreiber Lorenz Lubota stürzt sich in eine verzweifelte Liebe. »Erst jetzt, im Nachhinein, als Phantombild sozusagen, erahne ich allmählich den Film, den Murnau machen wollte. Der allerdings hat mich gerissen. Auch wenn es ihn nicht gibt, besser: nicht geben konnte, noch nicht geben konnte, sehe ich ihn in Umrissen vor mir. Am deutlichsten im existierenden PHANTOM wird dieser unsichtbare Murnau-Film immer dann, wenn es um nichts geht, wenn keine Geschichte bedient werden muss, wenn der arme Lorenz Lubota zum Beispiel einfach durch die Gassen seiner Schreckensstadt nach Hause schleicht. Immer, wenn sich die Geschichte in den Vordergrund drängt, verbleicht der Film, den Murnau hätte machen können. Er war seiner Zeit einfach Lichtjahre voraus.« (Wim Wenders) ▶ Samstag 28. Januar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald Die Finanzen des Großherzogs | Deutschland 1924 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Thea von Harbou, nach dem Roman von Frank Heller | K: Karl Freund, Franz Planer | D: Harry Liedtke, Mady Christians, Robert Scholz, Alfred Abel, Hermann Vallentin | 85 min | viragiert | Komödie um ein bankrottes Großherzogtum, das sich sowohl ein Erpresser als auch ein Industrieller, eine Großfürstin und eine Gruppe von Revolutionären unter den Nagel reißen möchten. »Ein sekundäres Werk, das dennoch der Beachtung wert ist, weil es aus der Hand eines Meisters kommt. Die Meisterschaft Murnaus zeigt sich darin, wie flüssig und leicht er diese Geschichten in Filmbilder umsetzt, wie schwerelos sich die Szenen abspielen und verknüpfen, wie zärtlich – kein anderes Wort will mir einfallen – die winzigsten Details und Gesten gesehen sind, und wie musikalisch Friedrich Wilhelm Murnau Der brennende Acker | Deutschland 1922 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Thea von Harbou, Willy Haas, Arthur Rosen | K: Fritz Arno Wagner, Karl Freund | D: Werner Krauß, Eugen Klöpfer, Wladimir Gaidarow, Eduard von Winterstein, Lya de Putti, Alfred Abel | 100 min | viragiert | Der als Sekretär eines Grafen arbeitende Bauernsohn Johannes erfährt von einer Petroleumquelle unter dem so genannten »Teufelsacker«, der seinem Arbeitgeber gehört. Als der Graf stirbt, heiratet Johannes aus Berechnung dessen Witwe. »Die Auseinandersetzung mit Filmen wie diesem ist gewinnbringend, weil – Jahrzehnte entfernt – der selbstbewusste Murnau ein Spiel mit allen Mitteln und gegen alle Umstände angezettelt hat. Die Selbstdisziplinierung in der Chiffrierung – eine souveräne Reaktion auf Markt und Mode. Treue statt Promiskuität – Authentizität in der Kunst statt gedankenlose Karikatur. Ermutigung für die eigene Arbeit geht von einem solchen Melodram aus – Ermutigung zur Expressivität und ausgespielten Leidenschaft.« (Horst Königstein) 75 sich das alles zusammenfügt, kurz und gut: wie schön das ist und wie gern man dem ganzen Kuddelmuddel deshalb zusieht. Dieser Film macht nicht die leiseste Anstrengung, den düsteren Tatsachen der Welt vor der Kinotür etwas anderes entgegenzusetzen als ein bisschen Schaumgebäck.« (Helma Sanders-Brahms) ▶ Sonntag, 29. Januar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald Friedrich Wilhelm Murnau Der letzte Mann | Deutschland 1924 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Carl Mayer | K: Karl Freund | D: Emil Jannings, Maly Delschaft, Max Hiller, Emilie Kurz, Hans Unterkircher | 88 min | Kammerspiel-Melodram um einen alternden Hotelportier, der zum Toilettenwärter degradiert wird. »Ein beeindruckender Stummfilm in dem Sinn, dass er ganz und gar auf eine Bilderzählung abgestimmt ist und zu keinem Zeitpunkt die Sprache 76 oder Zwischentitel benötigt, oder man gar den Eindruck hat, dem Film würde eine Dimension fehlen. In diesem Film begreift man, warum in Deutschland die Entwicklung des Tonfilms nicht schneller vorangetrieben, der Ton sogar als störend empfunden wurde und die Filmschaffenden in ihrer Kreativität einschränkte. In diesem Film wäre jedes Wort zu viel, und die Inszenierung, die Schauspieler, die Kamera wären alle Knechte von Dialogen geworden.« (Kai Wessel) ▶ Freitag, 3. Februar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz Herr Tartüff | Deutschland 1926 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Carl Mayer, nach der Komödie »Le Tartuffe ou l’imposteur« von Molière | K: Karl Freund | D: Emil Jannings, Werner Krauß, Lil Dagover, André Mattoni, Lucie Höflich | 84 min | viragiert | »Das vollkommen Überzeugende, Frappierende beim Filmregisseur Murnau ist, dass er Heuchelei und Manipulation allgemeiner als nur theologisch auffasst. Ihn interessieren nicht die Ursachen des Fanatismus, sondern die darstellbaren Auswirkungen. Natürlich, da die Geschichte die eines Heuchlers und seines Opfers erzählt, wo der Heuchler eben nicht fromm sein kann, sein Opfer nur mit seiner Gestalt, nicht mit seinem Glauben beeindruckt, ist der Blick von Murnau auf dieses Stück (heute, nach so vielen Interpretationen) zwingend. Eine auf verbaler Vermittlung beruhende Handlung ins Stumme zu übersetzen, brachte den Regisseur auf das Wesentliche der Heuchelei: Alles, was man mit rollenden, nach oben blickenden Augen, alles, was man überhaupt über die Lüge, die Ohnmacht, das Entsetzen durch den Körper ausdrücken kann, die Geilheit mit den Zähnen und Lippen, die Leidenschaft mit dem Rücken.« (Luc Bondy) ▶ Samstag, 4. Februar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz Faust – Eine deutsche Volkssage | Deutschland 1926 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Hans Kyser | K: Carl Hoffmann | D: Gösta Ekman, Emil Jannings, Camilla Horn, Frida Richard, Wilhelm Dieterle | 108 min | »Der Film ist ein Abenteuertrip. Er ist eine Reise in eine phantastische Welt, die wir, eine Friedensgeneration, überhaupt nicht mehr kennen. Man macht sich plötzlich über Geschichte Gedanken. In Deutschland hat Geschichte durch die banale Tatsache der völligen Zerstörung von Städten und Architektur jede Sinnlichkeit verloren. Mit ihr ist unsere Kultur versunken und hat einer Unkultur Platz gemacht, einer primitiven Form augenzwinkernder, gesichts- und geschichtsloser Unterhaltung. Die wenigen Bausteine, die wir hervorholen können, um uns unsere Kultur bewusst zu machen, sind eben solche Schlüsselwerke wie Murnaus FAUST – und wenn man ihn sieht, bekommt man auch eine sinnliche Erkenntnis unserer Geschichte und eine Sehnsucht danach, in ihr zu forschen und ihren geheimen Klang wieder zu hören.« (Oskar Roehler) ▶ Freitag, 5. Februar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz Sunrise – A Song of Two Humans (Sonnenaufgang – Ein Lied von zwei Menschen) | USA 1927 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Carl Mayer, nach der Erzählung »Die Reise nach Tilsit« von Hermann Sudermann | K: Charles Rosher, Karl Struss | M: Hugo Riesenfeld | D: Janet Gaynor, George O’Brien, Margaret Livingston, Bodil Rosing, J. Farrell MacDonald | 95 min | OF | Movietone | »Es wird (in dieser Reihenfolge:) begehrt, verraten, bereut, vergeben, geliebt, verloren, getrauert und wiedervereint. Viel mehr Existentielles passt in kein ▶ Freitag, 10. Februar 2017, 18.30 Uhr City Girl (Die Frau aus Chicago) | USA 1930 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Berthold Viertel, H.H. Caldwell, nach dem Stück »The Mud Turtle« von Elliott Lester | K: Ernest Palmer | D: Charles Farrell, David Torrence, Mary Duncan, Dick Alexander, Edith Yorke | 89 min | OF | »Wenn Lem staunend wie ein kleiner Junge vom Land in die Großstadt Chicago kommt, ist er umgeben von einem Heer von Statisten, die äußerst bewegt den Bildhintergrund bevölkern. Der Regisseur muss eine Unzahl von Assistenten beschäftigt haben, um die Komparsenmassen derart virtuos zu dirigieren. Wo im Tonfilm der Lärm der Großstadt zu hören wäre, lässt uns Murnau in CITY GIRL, einem der letzten Stummfilme Hollywoods, die Geräusche der Stadt förmlich sehen. Aber auch die Emotionen der Figuren offenbaren sich nicht nur durch die Schauspielkunst ihrer Darsteller, sondern immer wieder in der filmischen Bewegung. Murnau sprach einmal von der ›fließenden Architektur durchbluteter Körper im bewegten Raum‹. Was er damit gemeint hat, ist in CITY GIRL auf faszinierende Weise zu sehen.« (Stefan Lukschy) ▶ Samstag, 11. Februar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Richard Siedhoff Die zwölfte Stunde … eine Nacht des Grauens | Deutschland 1930 | Künstlerische Bearbeitung: Waldemar Roger | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Henrik Galeen, nach dem Roman »Dracula« von Bram Stoker | K: Fritz Arno Wagner, Günther Krampf | D: Max Schreck, Alexander Granach, Gustav von Wangenheim, Greta Schröder, Ruth Landshoff | 65 min | Eine nachsynchronisierte Tonfilm-Bearbeitung von NOSFERATU. EINE SYMPHONIE DES GRAUENS (1921), bei der Waldemar Roger alle Rollenbezeichnungen änderte und von ihm selbst nachgedrehte Szenen sowie von Murnau ausgesondertes Material hinzufügte. So schaffte er es, den Film mit einem Happy-End zu versehen. Die Tonspur bestand aus einer nicht mehr erhaltenen Musik von Georg Fliebiger, die auf Schallplatten synchron zum Film abgespielt wurde. Murnau war an dieser Umarbeitung seines Films nicht beteiligt. ▶ Sonntag, 12. Februar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Richard Siedhoff Phantombilder | BRD 1988 | R+B: Frieda Grafe, Enno Patalas | M: Takemitsu Toru | 44 min – Satanas | Deutschland 1919 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Robert Wiene | K: Karl Freund | D: Fritz Kortner, Sadjah Gezza, Ernst Hofmann, Margit Barnay, Conrad Veidt | 5 min | viragiert | Fragmente – Marizza, genannt die Schmuggler-Madonna | Deutschland 1922 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Hans Janowitz | K: Karl Freund | D: Tzwetta Tzatschewa, Adele Sandrock, Harry Frank, Hans Heinrich von Twardowski | 14 min | viragiert | Fragment – Murnaus’s 4 Devils – Traces of a Lost Film (Murnaus Vier Teufel: Spuren eines verlorenenen Films) | USA 2003 | R+B: Janet Bergstrom | 40 min | OF | Eine filmkundliche Fernsehsendung über Friedrich Wilhelm Murnau und seine Filme, Fragmente verlorener Filme aus der Frühphase seiner deutschen Filme und eine filmwissenschaftliche Spurensuche nach seinem zweiten Hollywoodfilm 4 DEVILS, 1928, mit Janet Gaynor, Mary Duncan, Charles Morton, Barry Norton und Nancy Dressel, von dem sich nur Fotos, ein Script und Dokumente erhalten haben. ▶ Freitag, 17. Februar 2017, 18.30 Uhr Tabu: A Story of the South Seas (Tabu) | USA 1931 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Friedrich Wilhelm Murnau, Robert J. Flaherty | K: Floyd Crosby, Robert J. Flaherty | M: Hugo Riesenfeld | D: Reri, Matahi, Hitu, Jean, Ah Fong | 86 min | OF | Movietone | »Mitte der 1960er Jahre habe ich als junger Filmkritiker der Süddeutschen Zeitung TABU zum ersten Mal gesehen. Der Film war für mich ein Mythos. Ich kam aus dem Kino mit Tränen in den Augen. TABU war von diesem Moment an für mich der schönste Film aller Zeiten. Ich war auf der Stelle verliebt in Reri, und die Szene, in der Reri und Matahi zusammen tanzen, war die schönste Liebesszene, die ich je gesehen hatte. Mit entwaffnender Einfachheit erzählt Murnau diese erschütternde Geschichte einer unmöglichen Liebe. Das scheint auf den ersten Blick ein europäisches Motiv zu sein. Die Südsee ist ein Traum in den Köpfen der Europäer, aber die Wirklichkeit der Südsee ist alles andere als eine Traumwelt. Das Leben dort ist so traurig wie das Leben hier. Meistens noch trauriger.« (Rudolf Thome) ▶ Samstag, 18. Februar 2017, 18.30 Uhr Friedrich Wilhelm Murnau Melodram. Aber das wirklich Substantielle versteckt sich hier im Detail: Scheinbares Ornament birgt die Essenz dieses Films. Das Kino ist eine Wundermaschine, und SUNRISE will dies beweisen, jede Sekunde, jeden Augenblick. Ein Film, der nie nachlässt, alles zu wollen, seiner Geschichte alles abzuverlangen, seinen Figuren, seinen Bildern, seiner Stimmung, seinen Gefühlen. Und der sich dabei bevorzugt der freieren, assoziativen Sprache eines Traums bedient. Wie nah steht das Kino dem Traum? SUNRISE antwortet: Das Kino ist ein Traum. Die geträumte Erzählung einer Geschichte aus der sogenannten Wirklichkeit.« (Tom Tykwer) 77 Kino und Malerei MłYN I KrZYź – DIe MüHle UND DAS KreUZ Kino und Malerei 78 Kino und Malerei – Unerwiderte Liebe oder Verwandtschaft im Scheitern? Der wegen seiner behutsamen Lichtsetzung zurecht ausgezeichnete Kameramann Eduardo Serra, ein diplomierter Kunstgeschichtler, dessen Arbeit auf den Spuren Vermeers in GIRL WITH A PEARL EARRING (2003) von Peter Webber unvergesslich bleibt, erklärte einmal, wie die Filmindustrie bis Ende der 1970er Jahre brauchte, um ausreichend starke Lampen zu entwickeln, die auch nur annähernd das diffuse Naturlicht der Sonne mithilfe einer einzigen Lichtquelle nachahmen konnten. Sinnbild für die Unterlegenheit der Technologie im Wettkampf mit der künstlerischen Vision? Oder schlicht Metapher für den prätentiösen Ehrgeiz des Kinos, Malerei nachzuäffen? »Kino verdirbt das Natürliche«, behauptet der spanische Regisseur Victor Erice, der dem Kino abspricht, Wirklichkeit abbilden zu können. Aber Malerei? Kann sie festhalten, was das menschliche Auge als natürlich registriert, zum Beispiel das Licht – wie die Impressionisten, allen voran Claude Monet – es versuchten? Erice tendiert zum Nein, und laut Eduardo Serra ist das Nachstellen von berühmten Gemälden durch Filmregisseure oft nichts weiter als Bluff, Unvermögen, ein prätentiöses Missverständnis. Ein hartes Urteil, hat sich doch das Kino in dramatischen Biopics wie Vincente Minnellis LUST FOR LIFE (1956) oder inszenierten Dokumentarfilmen wie Henri-Georges Clouzots LE MYSTÈRE PICASSO (1956) immer wieder aufrichtig am Geheimnis malerischer Schöpfung gerieben. Und ist trotzdem gescheitert. Andere, weniger bekannte und geglücktere Beispiele sind experimentelle Annäherungen wie Straub/ Huillets Cézanne-Filme (1990/2004). Ungezählt dagegen die missglückten Versuche, den romantischen Mythos des einsam malenden – und leidenden – heroischen Künstlers in mehr oder weniger konventionelle Erzählschablonen zu pressen, sprich künstlerische Rezepte durch das Private zu vertuschen, von Klaus-Maria Brandauer als finanzkrisengebeuteltem Rembrandt bis Anthony Hopkins als an den Frauen verzweifelndem Picasso. In all diesen Versuchen steht die Person des Künstlers, mehr oder weniger dramatisch inszeniert, im Vordergrund. Mal wird der Malakt vollständig ausgeblendet, wie in VAN GOGH (1991) von Maurice Pialat, mal in Zeitlupe ironisiert, etwa von Martin Scorsese in seinem virtuosen Beitrag zum Episodenfilm NEW YORK STORIES (1989). Doch fast alle diese Filme bleiben Versuche, Annäherungen, einseitige Liebeserklärungen – Malerei, diese umworbene Diva, sie bleibt ungerührt. Filmaufnahmen des Fotografen Hans Namuth, er begeisterte sich auch so sehr für die vor seiner eigenen Kamera entstandenen Bilder, dass er im Kielwasser des erfolgreichen Films nicht vor Ausstellungen zurückschreckte. Anmaßung oder Missverständnis, Vereinnahmung oder Reverenz? Alle drei Filme bedienen, auf unterschiedliche Art und Weise, den Mythos vom Künstler als heroischem Einzelgänger. Kein Wunder, dass es sich bei allen drei Porträtierten um gestandene Machos handelt. Einen anderen Ansatz verfolgt der 1983 in Mexiko entstandene FRIDA, NATURALEZA VIVA des mexikanischen Regisseurs und Filmkritikers Paul Leduc, der eine emotionale Annährung an Frida Kahlo in den Vordergrund stellt. Der Film erzählt in Rückblenden vom Sterbebett Kahlos Erinnerungen und stilisiert diese durch eigenwillige Filmsprache. Im Gegensatz zur späteren operettenhaften FRIDA-Verfilmung durch Julie Taymor mit Salma Hayek in der Hauptrolle (und als Produzentin), einer kunterbunten Ausstattungsorgie mit als Diego Rivera oder Leon Trotzki verkleideten Schauspielstars, verzichtet der in Mexiko gedrehte Film ganz auf Farbfilmklischees und schnellen Schnitt. Aber wird er dadurch authentischer? Einen ganz anderen Ansatz zeigen die übrigen Filme unserer Reihe. MŁYN I KRZYź (DIE MÜHLE UND DAS KREUZ, 2011) des Polen Lech Majewski kombiniert originelle Animation und Schauspieler zu mittelalterlichen Bildern, die der Malerei Pieter Breughel des Älteren und dessen Gräuelvisionen nachempfunden sind. Im legendären Dokumentarfilm EL SOL DEL MEMBRILLO (DAS LICHT DES QUITTENBAUMS, 1992) des spanischen Regisseurs Victor Erice, 1993 beim Filmfestival von Cannes mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet, beobachtet Erice den Maler Antonio Lopez bei seinen schlussendlich vergeblichen Bemühungen, das herbstliche Sonnenlicht im Blattwerk eines Quittenbaums malerisch festzuhalten. Es geht um die Wiedergabe der Wirklichkeit, und der Filmemacher zeigt sich ebenso obsessiv wie der Maler: Nach einer anfänglichen ersten Kamerafahrt hält Erice die Außenwelt auf Abstand und fokussiert immer enger in ruhigen, sorgfältig kadrierten Einstellungen die Magie des Malaktes, das mit der Zeit faulende Obst, die Flüchtigkeit des Lichts. Auch in Klaus Wybornys experimentellem Dokumentarfilm IM IMAGINÄREN MUSEUM – STUDIEN ZU MONET (2014) geht es um Wiedergabe, den analytischen Vergleich von Maschinenblick und Malerblick. Im Zentrum steht ein besonders spektakulärer Streifen normannischer Steilküste um den Ort Pourville-sur-Mer. Claude Monet malte wiederholt dieses Küstenstück, das Wy- Kino und Malerei Obwohl nicht wenige berühmte Kinoregisseure ihr im Stillen frönen, nach Michelangelo Antonioni heute Peter Greenaway bis Jerzy Skolimowski oder Steven Soderbergh, von originären Malern wie Julian Schnabel ganz zu schweigen. Eine lange und intensive Annäherung also, mit einer aber nur bescheidenen künstlerischen Trefferquote: In diesem Kontext ist die Reihe »Kino und Malerei« anzusiedeln, die das Filmmuseum und Kino der Kunst Anfang des Jahres 2017 gemeinsam anbieten. Sehr persönlich eingeführt von Kunsthistorikern, Künstlern oder Filmemachern werden ganz unterschiedliche Beispiele gezeigt, wie Kino Malerei zu greifen und begreifen versucht. Von der fiktiven bis zur dokumentarischen Behandlung des Malakts, von originellen Varianten des Biopic bis zum analytischen Essay. Insgesamt wurden sieben filmische Beispiele ausgewählt, die teils legendär sind, wie Derek Jarmans CARAVAGGIO (1986), teils vom großen Publikum längst vergessene, wie die fiktive Biographie FRIDA, NATURALEZA VIVA (1983) von Paul Leduc. Bei allen ausgewählten Filmen ist das Risiko der Auseinandersetzung mit Malerei präsent, das Scheitern ist eingeplant. Genau darum soll es auch in der Einführungen gehen. Was ist überhaupt möglich, was wurde versucht, was gemeistert? Im temperamentvollen LOVE IS THE DEVIL (1998) wagt John Maybury das Risiko, Francis Bacons malerische Verfremdungseffekte von Freunden und Liebhabern mit experimentellen optischen Verzerrungen nachzustellen. Ist das angemessen oder kitschig? Malerei war für Bacon Lebenssinn und Schlüssel zum Verständnis der Welt, eher visualisierter Alptraum als Traum. Wie kann das filmisch übersetzt werden? Derek Jarman, selbst bildender Künstler und nebenbei Bühnenbildner, etwa für den wunderbaren Exzentriker Ken Russell, zitiert in jedem seiner in warmes Braun getauchten filmischen Tableaus die dramatische Lichtsetzung des exzentrischen Barockmalers Caravaggio. Er ahmt Caravaggios Ästhetik mit den Mitteln des Kinos nach und erzählt so ein von Gewalt, Exzess, Verfolgung geprägtes Leben als theatralische Kette in mit der Kamera gemalten Aktionen, durchgehend stilisiert und frei von jedem Realismus. Die Geschichte von Leben und Tod des amerikanischen Informellen Jackson Pollock bereichert Hollywoodstar Ed Harris in seinem POLLOCK (2000) durch die minutiöse Nachstellung des action painting, des malerischen Gewaltaktes. Als sein eigener Hauptdarsteller lernte Harris nicht nur die Pollock’sche Technik des dripping mithilfe der berühmten dokumentarischen 79 borny mit seiner Handkamera filmte, um anschließend die Filmbilder mit Monets Gemälden halbtransparent zu überlagern. Thema ist Landschaft in Malerei und im Film, und Wyborny bereichert seinen Film einerseits mit Bildbeispielen von Théodore Géricault oder Marcel Duchamp, andererseits durch ein in Kreisbewegung gefilmtes Interview mit dem kanadischen Künstler Michael Snow, dessen legendärer Experimentalfilm LA RÉGION CENTRALE (1971) dank einer selbstgebauten Kameramaschine maschinell die Landschaft Quebecs in Bewegungen von 360 Grad einfing. Experimentalfilm und malerische Avantgarde als vergleichbare Medien zur Wiedergabe von Wirklichkeit – eine Verwandschaft im Scheitern? Heinz Peter Schwerfel Eine Filmreihe in Zusammenarbeit mit dem Festival »Kino der Kunst«, das vom 19. bis 23. April 2017 in München stattfindet. Młyn i krzyź (Die Mühle und das Kreuz) | Polen 2011 | R: Lech Majewski | B: Lech Majewski, Michael Francis Gibson, nach dessen Roman | K: Lech Majewski, Adam Sikora | M: Lech Majewski, Jozef Skrzek | D: Rutger Hauer, Michael York, Charlotte Rampling, Joanna Litwin, Dorota Lis | 95 min | OmU | Geglückte filmische Interpretation des Gemäldes »Die Kreuztragung Christi« von Pieter Bruegel dem Älteren aus dem Jahr 1564, das die Passionsgeschichte Jesu vor dem Hintergrund der spanischen Besetzung Flanderns zeigt. Im Zentrum des Geschehens stehen der Maler Bruegel, sein Freund Nicholas Jonghelinck und die Jungfrau Maria. ▶ Mittwoch, 11. Januar 2017, 21.00 Uhr | Einführung: Kino und Malerei Bernhard Maaz (Bayerische Staatsgemäldesammlungen) 80 Im imaginären Museum – Studien zu Monet | Deutschland 2014 | R+B+K: Klaus Wyborny | 103 min | Was haben der malende und der filmende Blick gemein, wie versuchen die Avantgarden von bildender und filmender Kunst, Landschaft wiederzugeben? Was verbindet den Franzosen Claude Monet, Miterfinder des Impressionismus, mit dem kanadischen Experimentalfilmer Michael Snow, der für seinen legendären Film LA RÉGION CENTRALE eigens eine spezielle Maschine baute, um Landschaft zu filmen? ▶ Mittwoch, 18. Januar 2017, 21.00 Uhr | Zu Gast: Klaus Wyborny Caravaggio | GB 1986 | R+B: Derek Jarman | K: Gabriel Beristain | M: Simon Fisher Turner | D: Nigel Terry, Sean Bean, Garry Cooper, Dexter Fletcher, Tilda Swinton | 93 min | OmU | Zwischen sorgfältig ausgeleuchteten Posen für berühmte Bilder Caravaggios erzählt Jar- man dessen fiktive Dreiecksgeschichte mit dem Diebespaar Lena und Ranuccio. Zeitgenössische Sprache und Objekte weisen auf den Postpunk der 1980er Jahre. ▶ Mittwoch, 25. Januar 2017, 21.00 Uhr | Einführung: Ulrich Pfisterer (Zentralinstitut für Kunstgeschichte) Love is the Devil: Study for a Portrait of Francis Bacon | GB 1998 | R+B: John Maybury | K: John Mathieson | M: Ryûichi Sakamoto | D: Derek Jacobi, Daniel Craig, Tilda Swinton, Anne Lambton, Annabel Brooks | 90 min | OmU | Eines Nachts fällt ein Einbrecher durch ein Glasdach in das Atelier des Malers Francis Bacon. Der selbstdestruktive junge Mann gerät in die Fänge des egozentrischen Malermonsters. ▶ Mittwoch, 1. Februar 2017, 21.00 Uhr | Einführung: M+M (Künstlerduo) Frida, naturaleza viva (Frida Kahlo – Es lebe das Leben) | Mexiko 1983 | R: Paul Leduc | B: José Joaquín Blanco, Paul Leduc | K: Angel Goded, José Luis Esparza | D: Ofelia Medina, Juan José Gurrola, Salvador Sánchez, Max Kerlow, Claudio Brook | 108 min | OmU | Erzählt wird, als Puzzle ohne jede chronologische Reihenfolge, Frida Kahlos tragisches Leben in einem opulenten, die Klischees konventioneller Biopics vermeidenden Bilderbogen. ▶ Mittwoch, 8. Februar 2017, 21.00 Uhr | Einführung: Heinz Peter Schwerfel (Kino der Kunst) El Sol del Membrillo (Das Licht des Quittenbaums) | Spanien 1992 | R: Viktor Erice | B: Antonio López, Viktor Erice | K: Javier Aguirresarobe, Ángel Luis Fernández, José Luis López-Linares | M: Pascal Gaigne | Mit Antonio López, María Moreno, Enrique Gran, María López, Carmen López | 133 min | OmeU | Dokumentarfilm, Essay, Fiktion und philosophische Betrachtung in einem: Der spanische Maler Antonio López versucht, das Licht im Astwerk eines Quittenbaums einzufangen. ▶ Mittwoch, 15. Februar 2017, 21.00 Uhr | Einführung: Franziska Stöhr (Pinakothek der Moderne) Pollock | USA 2000 | R: Ed Harris | B: Barbara Turner, Susan J. Emshwiller | K: Lisa Rinzler | M: Jeff Beal, Tom Waits | D: Ed Harris, Marcia Gay Harden, Tom Bower, Jennifer Connelly, Bud Cort | 122 min | OF | Leben und Karriere, Erfolg, Zweifel und Selbstzerstörungsdrang des ersten Künstlerstars US-Amerikas. Harris geht es neben Pollocks existenziellen Problemen vor allem um eines: die Intensität des Malaktes. ▶ Mittwoch, 22. Februar 2017, 21.00 Uhr | Einführung: Carsten Fock (Künstler) »Wenn Daten das neue Öl sind, dann ist Datenschutz der neue Umweltschutz« lautet das Credo des Dokumentarfilms DEMOCRACY – IM RAUSCH DER DATEN von David Bernet. Der Film folgt dem jungen Europaabgeordneten Jan Philip Albrecht, der in der Kommission in Brüssel sein mühseliges Tagwerk verrichtet und mit seinem Team für ein europäisches Datenschutzgesetz kämpft. Der seltene Blick hinter die Kulissen des Verwaltungsapparates zeigt, wie wichtig es ist, dass Fachwissen gegen Lobbyismus und Verbraucherschutz gegen wirtschaftliche Interessen der Großunternehmen bestehen muss. Eher unfreiwillig ist der Film nach dem angekündigten Brexit zudem zu einem Plädoyer für gemeinsame Ziele und eine Stärkung der EU geworden. Grenzenlose Möglichkeiten der Information und Auswertung für den einen bedeuten für den anderen eine gravierende Einschränkung des Persönlichkeitsrechts, ein Sinnbild für den »gläsernen Bürger«, der um des praktischen Nutzens willen auf den Schutz seiner Daten verzichtet. Um »Freiheit versus Kontrolle« und den freiwilligen Zwang zur Selbstoptimierung soll es in dieser 12. Ausgabe der Reihe FilmWeltWirtschaft gehen. In MÜDIGKEITSGESELLSCHAFT porträtiert die Künstlerin Isabella Gresser den südkoreanischen Philosophen Byung-Chul Han, der eine profunde Müdigkeit nicht nur in der koreanischen Gesellschaft, sondern generell in den westlich geprägten Industriestaaten feststellt und da- rüber in Gesprächen und auf Spaziergängen durch Berlin und Seoul reflektiert. Das Smartphone quasi als Körperteil, ohne den viele Menschen nicht mehr auszukommen glauben, und die willige Fütterung seiner Besitzer mit (für andere) kostbaren Daten trägt dabei zum selbstgemachten Druck zur permanenten Erreichbarkeit bei. GROW OR GO von Marc Bauder stammt bereits aus dem Jahr 2003, zeigt aber sehr zeitgemäß vier ehrgeizige AbsolventInnen der European Business School mit Ambitionen zur Unternehmensberatung. Nach dem Motto »Stillstand ist Rückschritt« sind die jungen Aufsteiger ständig unterwegs, um sich weiterzuentwickeln, wobei sie die Arbeit dem »Leben« vorziehen (müssen). Die satirische Version dieser Global Workers ist im österreichischen Spielfilm WINWIN von Daniel Hoesl zu sehen: Darin versuchen vier Hochstapler-Investoren, ihre Deals zwischen illegalen Methoden und naiven Vertragspartnern durchzuziehen – und das visuell sehr stilisiert und exaltiert. Wie immer werden die Filmvorführungen von Einführungen und Diskussionen mit Experten begleitet. Kurzfilme ergänzen das Programm. Die genauen Titel und Termine werden Anfang Januar 2017 in einem Flyer sowie auf Facebook bekanntgegeben wie auch unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film. Claudia Engelhardt ▶ Donnerstag, 19. Januar bis Sonntag, 22. Januar 2017 FilmWeltWirtschaft MüDIGKeITSGeSellScHAFT FilmWeltWirtschaft – Selbstoptimierung 81 f münchen Donnerstag, 1. September 2016 19.00 Stummfilmtage Paris qui dort (Das schlafende Paris) Seite 3 F 1925 | René Clair | 67 min | OmU | viragiert Hands up! (Hände hoch!) USA 1926 | Clarence G. Badger | 63 min | OF | \ Günter A. Buchwald | 2 Stefan Drößler Freitag, 2. September 2016 18.30 Stummfilmtage Mantrap (Der Weiberfeind) USA 1926 | Victor Fleming | 74 min | OF | \ Joachim Bärenz | 2 Stefan Drößler 21.00 Stummfilmtage Mest’ kinematografičeskogo operatora (Die Rache des Kameramanns) Seite 4 RU 1912 | Vladislav Starevič | 13 min | OmU Dva druga, model’ i podruga (Zwei Freunde, eine Kiste und eine Freundin) SU 1928 | Aleksej Popov | 71 min | OmU | \ Günter A. Buchwald | 2 Stefan Drößler Seite 4 Samstag, 3. September 2016 18.30 Stummfilmtage Takový je zivot (So ist das Leben!) Seite 4 ČSR 1930 | Carl Junghans | 75 min | OmeU | \ Joachim Bärenz | 2 Stefan Drößler 21.00 Stummfilmtage The Airship Destroyer (Der Luftkrieg der Zukunft) Seite 4 GB 1909 | Walter R. Booth | 7 min | dtF | viragiert Die weiße Wüste D 1922 | Ernst Wendt | 100 min | viragiert | \ Günter A. Buchwald | 2 Stefan Drößler Sonntag, 4. September 2016 18.30 Stummfilmtage Yinhe shuangxing (Zwei Sterne in der Milchstraße) Seite 4 China 1931 | Tomsie Sze | 86 min | OmeU | \ Richard Siedhoff & Günter Buchwald 21.00 Stummfilmtage The Haunted House (Nacht des Inferno) Seite 5 USA 1921 | Buster Keaton | 21 min | OF | viragiert When the Clouds Roll By (Fairbanks ist verrückt) USA 1919 | Victor Fleming | 85 min | OF | viragiert | \ Joachim Bärenz | 2 Stefan Drößler Kalenderübersicht Dienstag, 6. September 2016 18.30 Stummfilmtage Maldone F 1928 | Jean Grémillon | 83 min | OmU | \ Richard Siedhoff | 2 Stefan Drößler Seite 6 21.00 Stummfilmtage He Done His Best (Charly tut was er kann) USA 1928 | Charles Bowers | 23 min | OF The Bat (Das Rätsel der Fledermaus) USA 1926 | Roland West | 86 min | OF | \ Joachim Bärenz | 2 Stefan Drößler Seite 6 18.30 Stummfilmtage Taki no Shiraito (Zauberin des Wassers) JP 1933 | Kenji Mizoguchi | 100 min | OmeU | \ Masako Ohta | 2 Stefan Drößler Seite 6 21.00 Stummfilmtage Cartoon Factory (Kokos Zeichentrickfabrik) Seite 6 USA 1924 | Dave Fleischer | 8 min | OF Flickorna Gyurkovics (Die sieben Töchter der Frau Gyurkovics) S 1926 | Ragnar Hyltén-Cavallius | 102 min | OmU | \ Richard Siedhoff | 2 Stefan Drößler Mittwoch, 7. September 2016 82 Donnerstag, 8. September 2016 19.00 Romy Schneider Dreharbeiten in Paris BRD 1957 | Joe Hembus | 29 min | 2 Benjamin Hembus Romy – Portrait eines Gesichts BRD 1967 | Hans Jürgen Syberberg | 59 min Seite 9 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Freitag, 9. September 2016 18.30 Romy Schneider Wenn der weiße Flieder wieder blüht BRD 1953 | Hans Deppe | 100 min Seite 10 21.00 Fox @ MoMA 7th Heaven (Im siebenten Himmel) USA 1927 | Frank Borzage | 118 min | OF | Movietone Seite 19 18.30 Romy Schneider Sissi Österreich 1955 | Ernst Marischka | 106 min Seite 10 21.00 Fox @ MoMA Street Angel (Engel der Straße) USA 1928 | Frank Borzage | 102 min | OF | Movietone Seite 19 18.30 Romy Schneider Monpti BRD 1957 | Helmut Käutner | 100 min Dreharbeiten in Paris BRD 1957 | Joe Hembus | 29 min Seite 10 21.00 Fox @ MoMA Sunny Side Up (Hab’ Sonne im Herzen) USA 1929 | David Butler | 123 min | OF Seite 20 Samstag, 10. September 2016 Sonntag, 11. September 2016 Dienstag, 13. September 2016 19.00 Kino-Lectures Zwischen den Bildern. Zur Geschichte der Filmmontage Seite 25 BRD 1983 | Heide Breitel, Klaus Feddermann, Hans Helmut Prinzler, Helmut Herbst | 185 min Mittwoch, 14. September 2016 18.30 70 Jahre DEFA Das kalte Herz DDR 1950 | Paul Verhoeven | 104 min Seite 32 21.00 Romy Schneider Mädchen in Uniform BRD 1958 | Géza von Radványi | 95 min Seite 10 Donnerstag, 15. September 2016 19.00 Open Scene 18.30 Romy Schneider Mädchen in Uniform BRD 1958 | Géza von Radványi | 95 min Seite 10 21.00 Fox @ MoMA The Yellow Ticket USA 1931 | Raoul Walsh | 84 min | OF Seite 20 18.30 Romy Schneider Christine F 1958 | Pierre Gaspard-Huit | 100 min | OmeU Seite 10 21.00 Fox @ MoMA Wild Girl USA 1932 | Raoul Walsh | 80 min | OF Seite 20 18.30 Romy Schneider Die Halbzarte Österreich 1959 | Rolf Thiele | 90 min Seite 11 21.00 Fox @ MoMA Under Pressure (Giganten der Unterwelt) USA 1935 | Raoul Walsh | 70 min | OF Seite 20 Samstag, 17. September 2016 Sonntag, 18. September 2016 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht Freitag, 16. September 2016 83 f münchen Dienstag, 20. September 2016 18.30 Kino-Lectures Liebelei D 1933 | Max Ophüls | 82 min | 2 Martina Müller Seite 25 21.00 Romy Schneider Christine F 1958 | Pierre Gaspard-Huit | 100 min | OmeU Seite 10 18.30 70 Jahre DEFA Der Untertan DDR 1951 | Wolfgang Staudte | 109 min Seite 32 21.00 Romy Schneider Le combat dans l’île (Der Kampf auf der Insel) F 1962 | Alain Cavalier | 103 min | OmU Seite 12 Mittwoch, 21. September 2016 Donnerstag, 22. September 2016 19.00 Open Scene Freitag, 23. September 2016 18.30 Romy Schneider Lysistrata in München DDR 1961 | Herbert Gätcke | 2 min Die Sendung der Lysistrata BRD 1961 | Fritz Kortner | 108 min Seite 11 21.00 Fox @ MoMA Riley the Cop USA 1928 | John Ford | 66 min | OF | Movietone Seite 21 18.30 Romy Schneider Le combat dans l’île (Der Kampf auf der Insel) F 1962 | Alain Cavalier | 103 min | OmU Seite 12 21.00 Fox @ MoMA While Paris Sleeps (Nacht über Paris) USA 1932 | Allan Dwan | 63 min | OF Seite 21 The Cardinal (Der Kardinal) USA 1963 | Otto Preminger | 185 min | OmU Seite 12 18.30 Kino-Lectures Fängelse (Gefängnis) S 1949 | Ingmar Bergman | 79 min | OmeU | 2 Andreas Rost Seite 26 21.00 Fox @ MoMA Call Her Savage USA 1932 | John Francis Dillon | 90 min | OF | 2 David Stenn Seite 21 Samstag, 24. September 2016 Sonntag, 25. September 2016 18.30 Romy Schneider Kalenderübersicht Dienstag, 27. September 2016 84 Mittwoch, 28. September 2016 18.30 70 Jahre DEFA Der Hauptmann von Köln DDR 1956 | Slatan Dudow | 118 min Seite 33 21.00 Fox @ MoMA Hoopla USA 1933 | Frank Lloyd | 80 min | OF | 2 David Stenn Seite 21 Donnerstag, 29. September 2016 19.00 Fox @ MoMA The Trial of Vivienne Ware USA 1932 | William K. Howard | 55 min | OF Don’t Bet on Women USA 1931 | William K. Howard | 71 min | OF | 2 Dave Kehr Seite 22 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Freitag, 30. September 2016 18.30 Romy Schneider The Trial (Der Prozeß) F 1962 | Orson Welles | 119 min | engl. OmU Seite 12 21.00 Fox @ MoMA Caravan USA 1934 | Erik Charell | 103 min | OF | 2 Dave Kehr Seite 22 18.30 Romy Schneider What’s New Pussycat? (Was gibt’s Neues, Pussy?) USA 1965 | Clive Donner | 108 min | OF Seite 13 21.00 Fox @ MoMA Hearts in Dixie USA 1929 | Paul Sloane | 72 min | OF Seite 23 18.30 Romy Schneider L’enfer d’Henri-Georges Clouzot (Die Hölle von Henri-Georges Clouzot) F 2009 | Serge Bromberg, Ruxandra Medrea Annonier | 96 min | OmeU Seite 13 21.00 Fox @ MoMA I Am Suzanne! (Ich bin Susanne) USA 1933 | Rowland V. Lee | 100 min | OF | viragiert Seite 23 18.30 Kino-Lectures Riff-Raff GB 1991 | Ken Loach | 95 min | OmU | 2 Claudia Engelhardt Seite 26 21.00 Romy Schneider The Trial (Der Prozeß) F 1962 | Orson Welles | 119 min | engl. OmU Seite 12 Samstag, 1. Oktober 2016 Sonntag, 2. Oktober 2016 Dienstag, 4. Oktober 2016 Mittwoch, 5. Oktober 2016 18.30 70 Jahre DEFA Die Windrose Seite 33 DDR 1957 | Joris Ivens, Yannick Bellon, Wu Kuo-Yin, Gillo Pontecorvo, Alex Viany, Sergej Gerasimov, Alberto Cavalcanti | 104 min 21.00 Romy Schneider What’s New Pussycat? (Was gibt’s Neues, Pussy?) USA 1965 | Clive Donner | 108 min | OF Seite 13 Underdox Festival für Dokument und Experiment Seite 38 Notfilm (Nichtfilm) USA 2015 | Ross Lipman | 130 min | OmU Film USA 1965 | Alan Schneider | 25 min | OF (ohne Dialog) | 2 Ross Lipman Seite 26 18.30 70 Jahre DEFA Spielbank-Affäre DDR 1957 | Arthur Pohl | 90 min | Totalvision | 2 Ralf Schenk Seite 33 21.00 Romy Schneider La voleuse (Schornstein Nr. 4) F 1966 | Jean Chapot | 88 min | OmeU | CinemaScope Seite 13 Dienstag, 11. Oktober 2016 19.00 Kino-Lectures Mittwoch, 12. Oktober 2016 Donnerstag, 13. Oktober 2016 19.00 Open Scene Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht Donnerstag, 6. Oktober bis Sonntag, 9. Oktober 2016 85 f münchen Freitag, 14. Oktober 2016 18.30 Romy Schneider Il Lavoro (Der Job) I 1962 | Luchino Visconti | 55 min | OmeU Romy – Portrait eines Gesichts BRD 1965 | Hans Jürgen Syberberg | 59 min Seite 13 21.00 Fox @ MoMA Bad Girl USA 1931 | Frank Borzage | 90 min | OF Seite 23 18.30 Romy Schneider La voleuse (Schornstein Nr. 4) F 1966 | Jean Chapot | 88 min | OmeU | Franscope Seite 13 21.00 Fox @ MoMA Zoo in Budapest (Revolte im Zoo) USA 1933 | Rowland V. Lee | 83 min | OF | viragiert Seite 24 17.30 Film und Psychoanalyse The Fly (Die Fliege) Kanada 1986 | David Cronenberg | 96 min | OmU | 2 Salek Kutschinski Seite 39 21.00 Fox @ MoMA Adorable USA 1933 | William Dieterle | 88 min | OF Seite 24 18.30 Kino-Lectures Smultronstället (Wilde Erdbeeren) S 1957 | Ingmar Bergman | 91 min | OmU | 2 Andreas Rost Seite 26 21.00 Romy Schneider La piscine (Der Swimmingpool) F 1969 | Jacques Deray | 123 min | OmU Seite 14 18.30 70 Jahre DEFA Meine Frau macht Musik DDR 1958 | Hans Heinrich | 92 min Seite 33 21.00 Romy Schneider Les choses de la vie (Die Dinge des Lebens) F 1970 | Claude Sautet | 89 min | OmeU Seite 14 18.30 Romy Schneider La piscine (Der Swimmingpool) F 1969 | Jacques Deray | 123 min | OmU Seite 14 21.00 Werner-Herzog-Preis Werner-Herzog-Preis Preisverleihung | 2 Werner Herzog Seite 41 18.30 Romy Schneider Les choses de la vie (Die Dinge des Lebens) F 1970 | Claude Sautet | 89 min | OmeU Seite 14 21.00 Werner-Herzog-Preis Werner-Herzog-Preis Seite 41 18.30 Romy Schneider Max et les ferrailleurs (Das Mädchen und der Kommissar) F 1971 | Claude Sautet | 108 min | OmeU Seite 14 21.00 Werner-Herzog-Preis Werner-Herzog-Preis Seite 41 Samstag, 15. Oktober 2016 Sonntag, 16. Oktober 2016 Dienstag, 18. Oktober 2016 Mittwoch, 19. Oktober 2016 Donnerstag, 20. Oktober 2016 Kalenderübersicht 19.00 Open Scene 86 Freitag, 21. Oktober 2016 Samstag, 22. Oktober 2016 Sonntag, 23. Oktober 2016 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Dienstag, 25. Oktober 2016 18.30 Kino-Lectures Trumbo USA 2015 | Jay Roach | 124 min | OmU | 2 Christoph Michel Seite 27 21.00 Romy Schneider Max et les ferrailleurs (Das Mädchen und der Kommissar) F 1971 | Claude Sautet | 108 min | OmeU Seite 14 18.30 70 Jahre DEFA Der schweigende Stern DDR 1960 | Kurt Maetzig | 94 min | Totalvision Seite 34 21.00 Romy Schneider César et Rosalie (Cesar und Rosalie) F 1972 | Claude Sautet | 110 min | OmeU Seite 14 18.30 Romy Schneider The Assassination of Trotsky (Das Mädchen und der Mörder) GB 1972 | Joseph Losey | 102 min | OmU Seite 14 21.00 Fox @ MoMA 6 Hours to Live! USA 1932 | William Dieterle | 78 min | OF Seite 24 18.30 Romy Schneider César et Rosalie (Cesar und Rosalie) F 1972 | Claude Sautet | 110 min | OmeU Seite 14 21.00 Fox @ MoMA Trick for Trick USA 1933 | Hamilton MacFadden | 70 min | OF Seite 24 Ludwig (Ludwig II) Italien 1973 | Luchino Visconti | 238 min | OmU | CinemaScope Seite 15 Wallers letzter Gang BRD 1988 | Christian Wagner | 100 min Zug D 1990 | Thomas Mauch, Christian Wagner | 9 min | 2 Christian Wagner Seite 27 18.30 70 Jahre DEFA Mir nach, Canaillen! DDR 1964 | Ralf Kirsten | 108 min | Totalvision Seite 34 21.00 Romy Schneider Le train (Nur ein Hauch von Glück) F 1973 | Pierre Granier-Deferre | 101 min | OmU Seite 15 Mittwoch, 26. Oktober 2016 Donnerstag, 27. Oktober 2016 19.00 Open Scene Freitag, 28. Oktober 2016 Samstag, 29. Oktober 2016 Sonntag, 30. Oktober 2016 18.30 Romy Schneider 19.00 Kino-Lectures Mittwoch, 2. November 2016 Donnerstag, 3. November 2016 19.00 Ettore Scola Ridendo e scherzando. Ritratto di un regista all’italiana (Ettore Scola – Porträt eines italienischen Regisseurs) Italien 2015 | Paola & Silvia Scola | 81 min | OmeU Seite 48 Le train (Nur ein Hauch von Glück) F 1973 | Pierre Granier-Deferre | 101 min | OmU Seite 15 Freitag, 4. November 2016 18.30 Romy Schneider Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht Dienstag, 1. November 2016 87 f münchen Freitag, 4. November 2016 C’eravamo tanto amati (Wir hatten uns so geliebt) Italien 1974 | Ettore Scola | 124 min | OmeU Seite 48 18.30 Romy Schneider Le mouton enragé (Das wilde Schaf) F 1974 | Michel Deville | 105 min | OmU Seite 15 21.00 Ettore Scola Una giornata particolare (Ein besonderer Tag) Italien 1977 | Ettore Scola | 105 min | OmeU Seite 48 18.30 Romy Schneider Le trio infernal (Trio Infernal) F 1974 | Francis Girod | 108 min | OmU Seite 15 21.00 Ettore Scola La nuit de Varennes (Flucht nach Varennes) F 1982 | Ettore Scola | 122 min | OmeU Seite 48 18.30 Kino-Lectures Tystnaden (Das Schweigen) S 1962 | Ingmar Bergman | 96 min | OmeU | 2 Andreas Rost Seite 27 21.00 Romy Schneider Le mouton enragé (Das wilde Schaf) F 1974 | Michel Deville | 105 min | OmU Seite 15 18.30 70 Jahre DEFA Der fliegende Holländer DDR 1964 | Joachim Herz | 101 min | Totalvision Seite 35 21.00 Romy Schneider Le trio infernal (Trio Infernal) F 1974 | Francis Girod | 108 min | OmU Seite 15 21.00 Ettore Scola Samstag, 5. November 2016 Sonntag, 6. November 2016 Dienstag, 8. November 2016 Mittwoch, 9. November 2016 Donnerstag, 10. November 2016 19.00 Open Scene Kalenderübersicht Freitag, 11. November 2016 88 18.30 Romy Schneider L’important c’est d’aimer (Nachtblende) F 1975 | Andrzej Żuławski | 108 min | OmeU Seite 16 21.00 Ettore Scola Le Bal (Der Tanzpalast) F 1983 | Ettore Scola | 111 min | OF (ohne Dialog) Seite 48 18.30 Romy Schneider Gruppenbild mit Dame BRD 1977 | Aleksandar Petrovic | 108 min Seite 16 21.00 Ettore Scola La famiglia (Die Familie) Italien 1987 | Ettore Scola | 126 min | OmU Seite 49 18.30 Romy Schneider Une histoire simple (Eine einfache Geschichte) F 1978 | Claude Sautet | 110 min | OmU Seite 16 21.00 Ettore Scola Che ora è? (Wie spät ist es?) Italien 1989 | Ettore Scola | 97 min | OmU Seite 49 Samstag, 12. November 2016 Sonntag, 13. November 2016 Montag 14. bis Samstag 19. November 2016 Filmschoolfest Munich Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Sonntag, 20. November 2016 17.30 Film und Psychoanalyse Black Swan Seite 39 USA 2010 | Darren Aronofsky | 106 min | | OmU | 2 Eva Friedrich, Irmgard Nagel 21.00 Ettore Scola Splendor Italien 1989 | Ettore Scola | 105 min | OmU Seite 49 Schwarzer Kies BRD 1961 | Helmut Käutner | 113 min | 2 Lea Wohl von Haselberg Seite 28 18.30 70 Jahre DEFA Solange Leben in mir ist DDR 1965 | Günther Reisch | 114 min | Totalvision Seite 35 21.00 Romy Schneider L’important c’est d’aimer (Nachtblende) F 1975 | Andrzej Żuławski | 108 min | OmeU Seite 16 Dienstag, 22. November 2016 19.00 Kino-Lectures Mittwoch, 23. November 2016 Donnerstag, 24. November 2016 Câini (Hunde) RO 2016 | Bogdan Mirica | 104 min | OmeU | CinemaScope / Marcela Ursu, Dragoș Bucur | 2 Mihai Fulger Seite 44 18.30 Rumänisches Filmfestival Marfa si banii (Ware und Geld) RO 2001 | Cristi Puiu | 90 min | OmeU / Dragoș Bucur | 2 Mihai Fulger Seite 44 21.00 Rumänisches Filmfestival Două lozuri (Zwei Lose) RO 2016 | Paul Negoescu | 86 min | OmeU / Paul Negoescu, Dragoș Bucur | 2 Bert Rebhandl Seite 44 18.30 Rumänisches Filmfestival Şapte luni mai târziu (Sieben Monate später) RO 2016 | Andrei Creţulescu | 24 min | OmeU Discordia (Zwietracht) RO 2016 | Ion Indolean | 72 min | OmeU | / Ion Indolean | 2 Bert Rebhandl Seite 44 21.00 Rumänisches Filmfestival O faptă bună (Eine gute Tat) RO 2015 | Andrei Gruzsniczki | 28 min | OmeU Ilegitim (Ungesetzlich) RO 2016 | Adrian Sitaru | 90 Min | OmeU | CinemaScope | 2 Mihai Fulger Seite 45 18.30 Rumänisches Filmfestival La moara cu noroc (Die Glücksmühle) RO 1955 | Victor Iliu | 110 min | OmeU | 2 Mihai Fulger Seite 45 21.00 Rumänisches Filmfestival Orizont (Horizont) RO 2016 | Marian Crișan | 94 min | OmeU | CinemaScope | 2 Bert Rebhandl Seite 45 18.30 Kino-Lectures Persona S 1966 | Ingmar Bergman | 85 min | OmU | 2 Andreas Rost Seite 28 21.00 Romy Schneider Une histoire simple (Eine einfache Geschichte) F 1978 | Claude Sautet | 110 min | OmU Seite 16 19.00 Rumänisches Filmfestival Freitag, 25. November 2016 Sonntag, 27. November 2016 Dienstag, 29. November 2016 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht Samstag, 26. November 2016 89 f münchen Mittwoch, 30. November 2016 18.30 70 Jahre DEFA Heißer Sommer DDR 1968 | Joachim Hasler | 98 min | Totalvision Seite 35 21.00 Rumänisches Filmfestival Afacerea Est (Eastern Business) 2016 | Igor Cobileanski | 84 min | OmeU | CinemaScope Seite 45 Platz 219 BRD 1970 | Christian Rischert, Christian Geissler | 43 min Kopfstand, Madame! BRD 1967 | Christian Rischert | 81 min | / Christian Rischert Seite 52 18.30 Christian Rischert It’s a Wonderful Life BRD 1965 | Christian Rischert | 12 min Der Tod des Fischers Marcel Leblanc BRD 1976 | Christian Rischert | 97 min Seite 52 21.00 Rumänisches Filmfestival Dincolo de calea ferată (Jenseits der Gleise) RO 2016 | Cătălin Mitulescu | 88 min | OmeU | CinemaScope Seite 46 18.30 Christian Rischert Friedliche Zeiten BRD 1966 | Christian Rischert | 12 min Der Trüffelsucher BRD 1973 | Christian Rischert | 43 min Das Kloster von Vedana BRD 1976 | Christian Rischert | 43 min Seite 52 21.00 Rumänisches Filmfestival O noapte în Tokoriki (Eine Nacht in Tokoriki) | Ninel | Te mai uiţi şi la om (Schau den Menschen an) | Mesagerul (Der Bote) | 4:15 PM – Sfârşitul lumii (16.15 Uhr – Das Ende der Welt) RO 2015–2016 | Roxana Stroe, Constantin Popescu, Ana-Maria Comănescu, Radu Potcoavă, Gabi Virginia Şargă & Cătălin Rotaru | 94 min | OmeU Seite 46 18.30 Christian Rischert Lena Rais BRD 1980 | Christian Rischert | 121 min Seite 52 21.00 Rumänisches Filmfestival Acasă la tata (Zuhause bei Vater) RO 2015 | Andrei Cohn | 90 min | OmeU Seite 46 Rekonstruktion verlorener Filme und Umgang mit Filmfragmenten Vortrag mit Fallbeispielen von Stefan Drößler | 120 min Orson’s Bag: London 1968–71 | Orson Welles | 30 min | OF Seite 28 18.30 70 Jahre DEFA Goya DDR 1971 | Konrad Wolf | 134 min | Totalvision Seite 35 21.00 Romy Schneider Death Watch (Der gekaufte Tod) F 1980 | Bertrand Tavernier | 130 min | engl.OF Seite 16 Donnerstag, 1. Dezember 2016 19.00 Christian Rischert Freitag, 2. Dezember 2016 Samstag, 3. Dezember 2016 Kalenderübersicht Sonntag, 4. Dezember 2016 Dienstag, 6. Dezember 2016 19.00 Kino-Lectures 90 Mittwoch, 7. Dezember 2016 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Zuschauerkino Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums / Die Filmemacher sind anwesend. Seite 54 18.30 Christian Rischert Der Traum BRD 1964 | Christian Rischert | 12 min Wenn ich mich fürchte BRD 1984 | Christian Rischert | 105 min Seite 53 21.00 Rumänisches Filmfestival Box RO 2015 | Florin Șerban | 94 min | OmeU | CinemaScope Seite 46 18.30 Christian Rischert Venedig – Die Insel der Glückseligen am Rande des Untergangs BRD 1978 | Christian Rischert | 100 min Seite 53 21.00 Christian Rischert Inseln hinter dem Meer BRD 1985 | Christian Rischert | 98 min Seite 53 17.30 Film und Psychoanalyse In einem Jahr mit 13 Monden BRD 1978 | Rainer Werner Fassbinder | 124 min | 2 Mathias Lohmer Seite 40 21.00 Rumänisches Filmfestival Miracolul din Tekir (Das Wunder von Tekir) RO 2016 | Ruxandra Zenide | 98 min | OmeU | / Ruxandra Zenide Seite 46 18.30 Kino-Lectures Vargtimmen (Die Stunde des Wolfs) S 1968 | Ingmar Bergman | 90 min | OmeU | 2 Andreas Rost Seite 28 21.00 Romy Schneider Garde à vue (Das Verhör) F 1981 | Claude Miller | 84 min | OmU Seite 17 18.30 70 Jahre DEFA Tecumseh DDR 1972 | Hans Kratzert | 109 min | Totalvision Seite 36 21.00 Romy Schneider La passante de Sans-Souci (Die Spaziergängerin von Sans-Souci) F 1982 | Jacques Rouffio | 110 min | OmU Seite 17 Kalenderübersicht Donnerstag, 8. Dezember 2016 Seite 16 91 19.00 Open Scene Freitag, 9. Dezember 2016 Samstag, 10. Dezember 2016 Sonntag, 11. Dezember 2016 Dienstag, 13. Dezember 2016 Mittwoch, 14. Dezember 2016 Donnerstag, 15. Dezember 2016 19.00 Open Scene Freitag, 16. Dezember 2016 18.30 Romy Schneider Death Watch (Der gekaufte Tod) F 1980 | Bertrand Tavernier | 130 min | engl.OF 21.00 Sohrab Shahid Saless Siah-o sefid (Schwarz und weiß) Iran 1972 | Sohrab Shahid Saless | 4 min | ohne Dialog Yek ettefagh-e sadeh (Ein einfaches Ereignis) Iran 1973 | Sohrab Shahid Saless | 82 min | OmeU Seite 58 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Samstag, 17. Dezember 2016 18.30 Romy Schneider Garde à vue (Das Verhör) F 1981 | Claude Miller | 84 min | OmU 21.00 Sohrab Shahid Saless Tabi’at-e bijān (Stilleben) Iran 1974 | Sohrab Shahid Saless | 95 min | OmeU Seite 17 Seite 58 Sonntag, 18. Dezember 2016 18.30 Romy Schneider La passante de Sans-Souci (Die Spaziergängerin von Sans-Souci) F 1982 | Jacques Rouffio | 110 min | OmU 21.00 Sohrab Shahid Saless In der Fremde BRD 1975 | Sohrab Shahid Saless | 91 min | OmU Seite 17 Seite 58 Dienstag, 20. Dezember 2016 18.30 Sohrab Shahid Saless Reifezeit BRD 1976 | Sohrab Shahid Saless | 111 min Seite 59 21.00 Sohrab Shahid Saless Tagebuch eines Liebenden BRD 1976 | Sohrab Shahid Saless | 91 min Seite 59 Mittwoch, 21. Dezember 2016 19.00 70 Jahre DEFA Die Elenden DDR/F 1959 | Jean-Paul Le Chanois | 207 min | dfF | Totalvision Seite 34 Donnerstag, 22. Dezember 2016 bis Donnerstag, 5. Januar 2017 Weihnachtspause Freitag, 6. Januar 2017 18.30 Wackersdorf Spaltprozesse BRD 1987 | Claus Strigel, Bertram Verhaag | 99 min / Bertram Verhaag, Claus Strigel, Zeitzeugen Seite 64 21.00 Kino wie noch nie Cinerama Adventure USA 2002 | David Strohmaier | 93 min | OmU | / David Strohmaier Seite 67 Kalenderübersicht Samstag, 7. Januar 2017 92 18.30 Wackersdorf Halbwertszeiten Seite 64 Deutschland 2007 | Irina Kosean | 80 min | / Irina Kosean, Claus Strigel, Zeitzeugen 21.00 Kino wie noch nie This Is Cinerama (Das ist Cinerama) USA 1952 | Merian C. Cooper | 127 min | OF | Cinerama | 2 David Strohmaier Seite 68 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau Der Gang in die Nacht D 1920 | Friedrich Wilhelm Murnau | 81 min | viragiert | \ Richard Siedhoff Seite 74 21.00 Kino wie noch nie House of Wax (Das Kabinett des Professor Bondi) USA 1953 | André de Toth | 88 min | OF | 3D Seite 68 Sonntag, 8. Januar 2017 Dienstag, 10. Januar 2017 18.30 Sohrab Shahid Saless Die langen Ferien der Lotte H. Eisner BRD 1979 | Sohrab Shahid Saless | 60 min | 2 Farschid Ali Zahedi Seite 59 21.00 Sohrab Shahid Saless Ordnung BRD 1980 | Sohrab Shahid Saless | 103 min Seite 59 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Mittwoch, 11. Januar 2017 18.30 70 Jahre DEFA Die Legende von Paul und Paula DDR 1973 | Heiner Carow | 109 min Seite 36 21.00 Kino und Malerei Młyn i krzyź (Die Mühle und das Kreuz) Polen 2011 | Lech Majewski | 95 min | OmU 2 Bernhard Maaz ( Bayerische Staatsgemäldesammlungen) Seite 80 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau Schloß Vogelöd D 1921 | Friedrich Wilhelm Murnau | 81 min | viragiert \ Sabrina Zimmermann, Mark Pogolski Seite 74 21.00 Kino wie noch nie The Robe (Das Gewand) USA 1953 | Henry Koster | 135 min | OF | CinemaScope Seite 68 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau Der brennende Acker D 1922 | Friedrich Wilhelm Murnau | 100 min | viragiert \ Sabrina Zimmermann, Mark Pogolski Seite 75 21.00 Kino wie noch nie Kiss Me Kate (Küss mich, Kätchen) USA 1953 | George Sidney | 109 min | OF | 3D Seite 68 17.30 Film und Psychoanalyse The Tenant (Der Mieter) F 1976 | Roman Polanski | 125 min | engl. OF 2 Corinna Wernz, Katharina Leube-Sonnleitner Seite 40 21.00 Kino wie noch nie How To Marry a Millionaire (Wie angelt man sich einen Millionär?) USA 1953 | Jean Negulesco | 91 min | OmU | CinemaScope Seite 68 Donnerstag, 12. Januar 2017 19.00 Open Scene Freitag, 13. Januar 2017 Samstag, 14. Januar 2017 Sonntag, 15. Januar 2017 Dienstag, 17. Januar 2017 Seite 60 Mittwoch, 18. Januar 2017 18.30 70 Jahre DEFA Till Eulenspiegel DDR 1975 | Rainer Simon | 104 min Seite 36 21.00 Kino und Malerei Im imaginären Museum – Studien zu Monet D 2014 | Klaus Wyborny | 103 min | / Klaus Wyborny Seite 80 Donnerstag, 19. Januar 2017, bis Sonntag, 22. Januar 2017 FilmWeltWirtschaft Seite 81 Dienstag, 24. Januar 2017 18.30 Sohrab Shahid Saless Anton Pavlovič Čechov – Ein Leben BRD 1981 | Sohrab Shahid Saless | 97 min Seite 60 21.00 Sohrab Shahid Saless Der Weidenbaum BRD 1984 | Sohrab Shahid Saless | 97 min | / Bert Schmidt Seite 60 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht 19.00 Sohrab Shahid Saless Grabbes letzter Sommer BRD 1980 | Sohrab Shahid Saless | 204 min 93 f münchen Mittwoch, 25. Januar 2017 18.30 70 Jahre DEFA Lotte in Weimar DDR 1975 | Egon Günther | 125 min | 2 Ralf Schenk Seite 36 21.00 Kino und Malerei Caravaggio GB 1986 | Derek Jarman | 93 min | OmU 2 Ulrich Pfisterer (Zentralinstitut für Kunstgeschichte) Seite 80 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau Nosferatu. Eine Symphonie des Grauens D 1922 | Friedrich Wilhelm Murnau | 93 min | viragiert | \ Günter A. Buchwald Seite 75 21.00 Kino wie noch nie Pardon My Backfire USA 1953 | Jules White | 16 min | OF | 3D Creature from the Black Lagoon (Der Schrecken vom Amazonas) USA 1954 | Jack Arnold | 79 min | OF | 3D Seite 69 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau Phantom D 1922 | Friedrich Wilhelm Murnau | 134 min | viragiert | \ Günter A. Buchwald Seite 75 21.00 Kino wie noch nie A Star Is Born (Ein neuer Stern am Himmel) USA 1954 | George Cukor | 176 min | OF | CinemaScope Seite 69 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau Die Finanzen des Großherzogs D 1924 | Friedrich Wilhelm Murnau | 85 min | viragiert | \ Günter A. Buchwald Seite 75 21.00 Kino wie noch nie Dial M for Murder (Bei Anruf Mord) USA 1954 | Alfred Hitchcock | 105 min | OF | 3D Seite 69 Donnerstag, 26. Januar 2017 19.00 Open Scene Freitag, 27. Januar 2017 Samstag, 28. Januar 2017 Sonntag, 29. Januar 2017 Dienstag, 31. Januar 2017 19.00 Sohrab Shahid Saless Utopia BRD 1983 | Sohrab Shahid Saless | 198 min | / Manfred Zapatka Seite 61 Kalenderübersicht Mittwoch, 1. Februar 2017 94 18.30 70 Jahre DEFA Ärztinnen DDR 1984 | Horst Seemann | 102 min Seite 37 21.00 Kino und Malerei Love is the Devil: Study for a Portrait of Francis Bacon GB 1998 | John Maybury | 90 min | OmU | 2 M+M (Künstlerduo) Seite 80 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau Der letzte Mann D 1924 | Friedrich Wilhelm Murnau | 88 min | \ Joachim Bärenz Seite 76 21.00 Kino wie noch nie White Christmas (Weiße Weihnachten) USA 1954 | Michael Curtiz | 120 min | OF | VistaVision Seite 69 Donnerstag, 2. Februar 2017 19.00 Open Scene Freitag, 3. Februar 2017 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Samstag, 4. Februar 2017 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau Herr Tartüff D 1926 | Friedrich Wilhelm Murnau | 84 min | \ Joachim Bärenz Seite 76 21.00 Kino wie noch nie Vera Cruz USA 1954 | Robert Aldrich | 94 min | OmU | SuperScope Seite 70 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau Faust – Eine deutsche Volkssage D 1926 | Friedrich Wilhelm Murnau | 108 min | \ Joachim Bärenz Seite 76 21.00 Kino wie noch nie Cinerama Holiday USA 1955 | Robert L. Bendick, Philippe De Lacy | 129 min | OF | Cinerama Seite 70 Sonntag, 5. Februar 2017 Dienstag, 7. Februar 2017 18.30 Sohrab Shahid Saless Empfänger unbekannt BRD 1983 | Sohrab Shahid Saless | 81 min Seite 61 21.00 Sohrab Shahid Saless Wechselbalg BRD 1987 | Sohrab Shahid Saless | 133 min Seite 62 Mittwoch, 8. Februar 2017 18.30 70 Jahre DEFA Die Grünstein-Variante DDR 1984 | Bernhard Wicki | 101 min 21.00 Kino und Malerei Frida, naturaleza viva (Frida Kahlo – Es lebe das Leben) Seite 80 Mexiko 1983 | Paul Leduc | 108 min | OmU | 2 Heinz Peter Schwerfel (Kino der Kunst) Seite 37 Donnerstag, 9. Februar 2017 19.00 Open Scene 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau Sunrise – A Song of Two Humans (Sonnenaufgang – Ein Lied von zwei Menschen) USA 1927 | Friedrich Wilhelm Murnau | 95 min | OF | Movietone Seite 76 21.00 Kino wie noch nie Oklahoma! (Oklahoma) USA 1955 | Fred Zinnemann | 145 min | OF | Todd-AO Seite 70 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau City Girl (Die Frau aus Chicago) USA 1930 | Friedrich Wilhelm Murnau | 89 min | OF | \ Richard Siedhoff Seite 77 21.00 Kino wie noch nie Violent Saturday (Sensation am Sonnabend) USA 1955 | Richard Fleischer | 92 min | OF | CinemaScope Seite 71 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau Die zwölfte Stunde … eine Nacht des Grauens D 1930 | Waldemar Roger | 65 min | \ Richard Siedhoff Seite 77 21.00 Kino wie noch nie To Catch a Thief (Über den Dächern von Nizza) USA 1955 | Alfred Hitchcock | 106 min | OmU | VistaVision Seite 71 Samstag, 11. Februar 2017 Sonntag, 12. Februar 2017 Dienstag, 14. Februar 2017 19.00 Sohrab Shahid Saless Hans – Ein Junge in Deutschland BRD 1985 | Sohrab Shahid Saless | 145 min | / Bert Schmidt Seite 62 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht Freitag, 10. Februar 2017 95 f münchen Mittwoch, 15. Februar 2017 18.30 70 Jahre DEFA Der Bruch DDR 1989 | Frank Beyer | 118 min Seite 37 21.00 Kino und Malerei El Sol del Membrillo (Das Licht des Quittenbaums) Spanien 1992 | Viktor Erice | 133 min | OmeU 2 Franziska Stöhr (Pinakothek der Moderne) Seite 80 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau Phantombilder BRD 1988 | Frieda Grafe & Enno Patalas | 44 min Satanas D 1919 | Friedrich Wilhelm Murnau | 5 min (Fragmente) Marizza, genannt die Schmuggler-Madonna D 1922 | Friedrich Wilhelm Murnau | 14 min (Fragment) Murnau’s 4 Devils – Traces of a Lost Film USA 2003 | Janet Bergstrom | 40 min | OF Seite 77 21.00 Kino wie noch nie The Searchers (Der schwarze Falke) USA 1956 | John Ford | 119 min | OmU | VistaVision Seite 71 18.30 Friedrich Wilhelm Murnau Tabu: A Story of the South Seas (Tabu) USA 1931 | 86 min | OF | Movietone Seite 77 21.00 Kino wie noch nie The King and I (Der König von Siam) USA 1956 | Walter Lang | 133 min | OF | CinemaScope55 Seite 71 17.30 Film und Psychoanalyse Cat People (Katzenmenschen) USA 1982 | Paul Schrader | 118 min | OmU | 2 Matthias Baumgart Seite 40 21.00 Kino wie noch nie The Girl Can’t Help It (Schlagerpiraten) USA 1956 | Frank Tashlin | 99 min | OF | CinemaScope Seite 71 Donnerstag, 16. Februar 2017 19.00 Open Scene Freitag, 17. Februar 2017 Samstag, 18. Februar 2017 Sonntag, 19. Februar 2017 Kalenderübersicht Dienstag, 21. Februar 2017 96 19.00 Sohrab Shahid Saless Rosen für Afrika BRD 1992 | Sohrab Shahid Saless | 183 min Seite 62 Mittwoch, 22. Februar 2017 18.30 Sohrab Shahid Saless List z Kabul (Ein Brief aus Kabul) ČSSR 1987 | Sohrab Shahid Saless | 41 min | OmU Iran Sima Talkshow USA 1998 | 12 min | OmU Saless Far From Home USA 1998 | Mehrnaz Saeed-Vafa | 16 min | OmeU 21.00 Kino und Malerei Pollock USA 2000 | Ed Harris | 122 min | OF | 2 Carsten Fock (Künstler) Seite 62 Seite 80 Donnerstag, 23. Februar 2017 19.00 Open Scene Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Für Unterstützung und Kooperation bei der Realisierung unseres Programms danken wir: Stummfilmtage · Archives françaises de film – CNC, Bois d’Arcy (Sophie Le Tétour) · Bonner Kinemathek (Franziska Kremser-Klinkertz, Sigrid Limprecht, Bernhard Gugsch) · Bundesarchiv – Filmarchiv, Berlin (Ute Klawitter) · China Film Archive, Peking (Lan Zhang) · Cinémathèque Française, Paris (Samantha Leroy, Emilie Cauquy) · Deutsche Kinemathek, Berlin (Diana Kluge) · Gosfilmofond, Moskau (Peter Bagrov, Oleg Bočkov) · Library of Congress, Washington (Lynanne Schweighofer, Mike Mashon) · Museum of Modern Art, New York (Katie Trainor) · Lobster Film, Paris (Serge Bromberg, Maria Chiba) · Národní filmový archiv, Prag (Tomáš Žůrek, Martina Nalevanková, Michal Bregant) · National Film Center, Tokyo (Akira Tochigi) · Svenska Filminstitutet, Stockholm (Jon Wengström, Magnus Rosborn) · UCLA Film&Television Archive, Los Angeles (Steven K. Hill, Todd Wiener) · David Stenn, New York Romy Schneider · Bundesarchiv, Berlin (Jutta Albert) · Cinémathèque Royale de Belgique, Brüssel (Pauline Thiry) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) · Französische Botschaft, Berlin (Anne Vassevière) · FriedrichWilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden (Carmen Prokopiak) · Institut Français, Paris (Christine Houard) · Institut Français, München (Julien Thorel) · Benjamin Hembus, Berlin · Donald Houwer, Berlin Fox @ MoMA · Hollywood Classics, London (Melanie Tebb) · Museum of Modern Art, New York (Dave Kehr, David Stenn, Katie Trainor, James Layton) · 20th Century Fox, Los Angeles (Schawn Belston, Caitlin Robertson) Kino-Lectures · Bundesarchiv, Berlin (Undine Beier) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) · FriedrichWilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden (Carmen Prokopiak) · Svenska Filminstitutet, Stockholm (Jon Wengström) · Martina Müller, Köln · Christian Wagner, Immenstadt 70 Jahre DEFA · DEFA-Stiftung, Berlin (Ralf Schenk, Sabine Söhner) · Deutsche Kinemathek, Berlin (Mirko Wiermann, Diana Kluge) Film und Psychoanalyse · Akademie für Psychoanalyse und Psychotherapie, München (Matthias Baumgart, Eva Friedrich, Andreas Hamburger, Vivian Pramataroff-Hamburger, Salek Kutschinski, Mathias Lohmer, Katharina Leube-Sonnleitner, Corinna Wernz) Rumänisches Filmfestival · 42 KM Film, Bukarest (Marcela Ursu) · Actorie de Film, Bukarest (Dragoș Bucur, Codrina Patru) · Arhiva Naţională de Filme – Cinemateca Română, Bukarest (Mihai Fulger) · Bac Films, Paris (Franka Schwabe) · Centrul Naţional al Cinematografiei România, Bukarest (Anca Mitran, Alina Sălcudeanu) · Filmallee, München (David Lindner) · Generalkonsulat von Rumänien, München · Gesellschaft zur Förderung der Rumänischen Kultur und Tradition, München · Hola Media, Cluj (Horaţiu Curuţiu, Ion Indolean) · Kinosseur Productions, Bukarest (Codruţa Creţulescu) · Kulturreferat der LH München (Christoph Schwarz) · Mandragora, Bukarest (Raluca Paduraru) · Rumänisches Kulturinstitut »Titu Maiorescu«, Berlin · Triarte International, München/Bukarest (Brigitte Drodtloff) · Paul Negoescu, Bukarest · Bert Rebhandl, Berlin Ettore Scola · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) · Circolo Cento Fiori, München (Ambra Sorrentino Becker, Ilaria Furno Weise) · Filmstadt München e.V. (Monika Haas) Christian Rischert · Deutsche Kinemathek, Berlin (Martin Koerber, Anke Hahn) · Christian Rischert, Murnau Sohrab Shahid Saless · Dokumentationsstelle »Sohrab Shahid Saless« - Werkstattfilm, Oldenburg (Farschid Ali Zahedi) · National Film Archive of Iran, Teheran (Parham Vafaee) · Strandfilm, Frankfurt (Bert Schmidt, Dieter Reifarth) · Deutsches Historisches Museum – Zeughauskino, Berlin (Vivien Kristin Buchhorn, Lukas Foerster, Jörg Frieß) · Michael Farin, München · Mehrnaz Saeed-Vafa, Chicago · Willi Winkler, Hamburg Kino wie noch nie · Udo Heimansberg, Düsseldorf · Anders M. Olsson, Lund · David Strohmaier, Los Angeles Friedrich Wilhelm Murnau · Cineteca Nazionale, Rom (Laura Argento, Irela Nunez) · Filmoteca Española, Madrid (Catherine Gautier, Mercedes de la Fuente) · Filmoteca de Zaragoza (Ana Marquesán) · Friedrich-Wilhelm-MurnauStiftung, Wiesbaden (Michaela Seim) · National Film Center – Museum of Modern Art, Tokyo (Akira Tochigi, Hisashi Okajima) Kino und Malerei · Arsenal Distribution, Berlin (Carsten Zimmer) · Kino der Kunst, München (Heinz Peter Schwerfel, Isabel Kienemann) · Koch Media, München (Moritz Peters) · Bernd Brehmer, München · Carsten Fock, München · Bernhard Maaz, München · Ulrich Pfisterer, München · M+M, München · Franziska Stöhr, München · Klaus Wyborny, Hamburg Das Kino ist mit einer Induktionsschleife für Hörgerätebesitzer ausgestattet. Fotonachweis Cinémathèque Suisse, Lausanne (Carina Carballo) · ©DEFA-Stiftung (S. 29 Titelbild) · ©DEFA-Stiftung/Roger Corbeau (S. 31 Die Elenden) · ©DEFA-Stiftung/Horst Blümel (S. 31 Mir nach, Canaillen!) · ©DEFA-Stiftung/Detlef Hertel, Herbert Kroiss (S. 31 Heißer Sommer) · ©DEFA-Stiftung/Eckardt Hartkopf, Joachim Zillmer (S. 31 Tecumseh) · ©DEFA-Stiftung/Manfred Damm, Herbert Kroiss (S. 36 Die Legende von Paul und Paula) · ©DEFA-Stiftung/Wolfgang Ebert, Ingo Raatzke (S. 37 Lotte in Weimar) · DENKmal-Film, München (Agnes Mandoki) · Dokumentationsstelle »Sohrab Shahid Saless« – Werkstattfilm, Oldenburg (Farschid Ali Zahedi) · Filmmuseum München (Anna-Maria Babin, Stefan Drößler, Claudia Engelhardt, Gerhard Ullmann) · Iconothèque de la Cinémathèque française, Paris · Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin (Julia Riedel) · Herbert Achternbusch, München Das Kino der Stadt Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München Tel 089/233 96450 · Fax 089/233 23931 · www.muenchner-stadtmuseum.de/film