Heft 31 - Münchner Stadtmuseum

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Heft 31 - Münchner Stadtmuseum
2016 | Heft 31
münchen
Stummfilmtage
Romy Schneider
Fox @ MoMA
Kino-Lectures
70 Jahre DEFA
Underdox
Film und Psychoanalyse
Werner-Herzog-Preis
Rumänisches Filmfestival
Ettore Scola
Christian Rischert
Sohrab Shahid Saless
Wackersdorf
Kino wie noch nie
Friedrich Wilhelm Murnau
Kino und Malerei
FilmWeltWirtschaft
Eintrittspreise
4 € (3 € für MFZ-Mitglieder). Ab 120 Minuten Filmlänge oder mit Gästen: 1 € Aufschlag. Ab 180 Minuten,
mit Live-Musik oder bei 3D: 2 € Aufschlag. Die Kasse
öffnet jeweils 60 Minuten vor und schließt 30 Minuten
nach Beginn der Vorstellung. Bei allen öffentlichen
Veranstaltungen verbleibt ein Kartenkontingent für den
freien Verkauf an der Abendkasse.
Kartenreservierung
Kartenreservierungen sind bis zu vier Wochen im voraus möglich und können unter der Telefonnummer
089 / 233 96450 auf Band gesprochen werden. Vorbestellte Karten müssen bis 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn an der Kasse abgeholt worden sein, ansonsten
verfällt die Reservierung.
Kartenvorverkauf
Karten können bis zu vier Wochen im voraus gekauft
werden. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass unmittelbar vor Vorstellungsbeginn bei starkem Besucherandrang kein Kartenvorverkauf erfolgt. Karten behalten
ihre Gültigkeit nur bis Vorstellungsbeginn. An der
Abendkasse können vorverkaufte Karten bis 20 Minuten
vor Vorstellungsbeginn gegen Kostenerstattung wieder
zurückgegeben werden.
Programmabonnement
Das Kinoprogrammheft und unseren Newsletter können Sie unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film
kostenlos abonnieren. Das Programmheft wird an
Mitglieder des MFZ auf Wunsch kostenlos versandt.
Ansonsten bitten wir um die Zusendung eines adres-
sierten und mit 1,45 € frankierten DIN A5-Briefumschlages an die Adresse des Filmmuseums. Den
täglich aktualisierten Spielplan finden Sie auch auf
Twitter: @filmmuseummuc.
Mitgliedschaft
Wer sich für die Arbeit des Filmmuseums interessiert,
kann Mitglied im Verein der Freunde des Filmmuseums
München, dem Münchner Filmzentrum e.V. (MFZ) werden. Mitgliedsanträge sind an der Kinokasse erhältlich.
Der Jahresbeitrag beträgt 20 € und berechtigt zum
ermäßigten Eintritt ins Filmmuseum sowie zur Teilnahme an den Mitgliederversammlungen des MFZ, in
denen die Programmplanungen des Filmmuseums diskutiert und Projekte entwickelt werden. Weitere
Informationen erhalten Sie unter Tel. 089 / 271 33 54
und www.muenchner-filmzentrum.de.
Rollstuhlfahrer / Hörgeschädigte
Der Kinosaal im Untergeschoss ist über einen Aufzug
für Rollstuhlfahrer zugänglich. Die Behindertentoilette
befindet sich im Untergeschoss neben dem Kinoeingang. Das Kino ist mit einer Induktionsschleife für Hörgerätebesitzer ausgestattet.
Saalmikrofon
Das Kino verfügt über ein Saalmikrofon zur Kontrolle
des Kinotons durch die Filmvorführer.
Verkehrsverbindung
Sie erreichen das Filmmuseum in 5 Gehminuten vom
U/S-Bahnhof Marienplatz oder in 7 Gehminuten vom
U-Bahnhof und der Trambahnhaltestelle Sendlinger Tor.
Mitgliederversammlungen des Münchner Filmzentrums e.V. (MFZ)
Die für alle Interessierten öffentlichen Mitgliederversammlungen des Fördervereins des Filmmuseums finden
einmal im Monat montags um 19 Uhr im Gotischen Zimmer des Ignaz-Günther-Hauses (St.-Jakobs-Platz 20,
80331 München, 1. Stock) statt. Termine: 12. September 2016, 10. Oktober 2016, 14. November 2016,
12. Dezember 2016, 16. Januar 2017 und 13. Februar 2017. Informationen: [email protected].
»Open Scene« am Donnerstag
Die Termine am Donnerstag sind teilweise für aktuelle Sonderveranstaltungen reserviert. Das Programm wird etwa acht Tage vorher festgelegt und in den Schaukästen an der Kinokasse, im E-Mail-Newsletter, unter
www.muenchner-stadtmuseum.de/film/open-scene.html, auf Facebook, auf Twitter und durch Ankündigungen in
der Tagespresse bekannt gegeben.
Impressum
Landeshauptstadt München. Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München,
089/233 20538, E-Mail: [email protected] · Redaktion: Stefan Drößler, Claudia Engelhardt, Christoph
Michel, Klaus Volkmer · Gestaltung: Heiner Gassen, München · Druck: BluePrint AG, München
Lebendige Filmgeschichte, Rekonstruktionen, Preise
Das neue Programm präsentiert in gewohnter Form wieder Filmreihen, Festivals und Retrospektiven, Vorträge, Filmanalysen und Diskussionen, Sonderveranstaltungen mit Gästen und Stummfilme mit Live-Musikbegleitungen.
Weniger im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht eine weitere Arbeit des Filmmuseums: die Rekonstruktion von Filmen. In den 1970er Jahren begann der
damalige Leiter, Enno Patalas, Filmkopien von Klassikern zu vergleichen, die
in unterschiedlich vollständigen Fassungen erhalten geblieben waren. Im
Abgleich mit Zensurakten und Drehbüchern gelang es so, den ursprünglichen Fassungen der Filme wieder nahe zu kommen. Das Filmmuseum
München verfügte lange Jahre über die vollständigsten Versionen der Filme
von Fritz Lang, Ernst Lubitsch, Friedrich Wilhelm Murnau und Georg Wilhelm Pabst, die ihre Runde durch die Filmfestivals, Filmmuseen und Kinematheken der Welt machten. Heute ist das »Restaurieren« von Filmen ein einträgliches Geschäft geworden: Firmen, Filmarchive und sogar Rechtsinhaber,
die sich vorher wenig um ihre Filme gekümmert haben, nutzen staatliche
Förderprogramme, um vor allem in der Bildqualität verbesserte digitale Kopien herzustellen. Bei der Auswahl der Projekte wird auf eine »Bestenliste«
des deutschen Films zurückgegriffen, die von Experten erstellt wird und sich
an Festivaleinladungen und Auszeichnungen orientiert.
Die Gefahr bei diesem Vorgehen liegt auf der Hand: Die Filmgeschichte wird
kanonisiert und reduziert auf das Bekannte und Anerkannte. Für das Filmmuseum ist es jedoch unerlässlich, Filmgeschichte lebendig zu halten, offen für
Neubewertungen zu sein und Neugier zu wecken auf die Entdeckung von Unbekanntem. So präsentiert dieses Programm zahlreiche eigene Restaurierungen: Bei den Stummfilmtagen läuft DIE WEISSE WÜSTE aus der legendären John-Hagenbeck-Raubtierfilmserie, die Romy-Schneider-Retrospektive
eröffnet mit den Kino-Erstaufführungen der Rob-Houwer-Produktion ROMY
von Hans Jürgen Syberberg und eines 8mm-Films von Joe Hembus, in den
Kino-Lectures wird eine Rekonstruktion von Max Ophüls’ LIEBELEI gezeigt,
zur Murnau-Retrospektive ist DER GANG IN DIE NACHT in einer vom Kameranegativ ausgehenden Neubearbeitung zu sehen. Ohne die Umkopierungen
des Filmmuseums wäre keine Retrospektive von Sohrab Shahid Saless möglich. Im Dezember wird Stefan Drößler in den Kino-Lectures über die Rekonstruktion verschollener Filme und den Umgang mit Fragmenten sprechen.
Die Rekonstruktionen des Filmmuseums laufen auf Festivals in aller Welt.
Die Mostra Internazionale d’Arte Cinematografica di Venezia eröffnete 2015
mit der rekonstruierten Shakespeare-Adaption THE MERCHANT OF VENICE
von Orson Welles. Beim Nitrate Film Festival in Belgrad wurde das Filmmuseum für seine Verdienste um die Filmkunst ausgezeichnet. Il Cinema Ritrovato 2016 in Bologna prämierte zum wiederholten Male die DVDs der Edition
Filmmuseum für ihre »contribution to film history«. Und die ehrwürdige New
York Times, die schon über HOMUNCULUS ausführlich berichtete, nannte
jüngst HELENA. DER UNTERGANG TROJAS »beautifully restored« und »a rediscovered chunk of European film history«.
Wir hoffen, auch Sie schätzen unsere Arbeit und bekommen beim Lesen des
Programmhefts Lust auf spannende Kinoabende.
Ihr Filmmuseum
2 Rückblick . . .
3 Stummfilmtage . . .
7 Romy Schneider . . .
18 Fox @ MoMA . . .
25 Kino-Lectures . . .
29 70 Jahre DEFA . . .
38 Underdox . . .
39 Film und Psychoanalyse . . .
41 Werner-Herzog-Preis . . .
42 Rumänisches Filmfestival . . .
47 Ettore Scola . . .
50 Christian Rischert . . .
54 Zuschauerkino . . .
55 Sohrab Shahid Saless . . .
63 Wackersdorf . . .
65 Kino wie noch nie . . .
72 Friedrich Wilhelm Murnau . . .
78 Kino und Malerei . . .
81 FilmWeltWirtschaft . . .
82 Kalenderübersicht . . .
R = Regie · B = Drehbuch · K = Kamera · M = Musik · S = Schnitt · T =
Ton · D = Darsteller · P = Produktion ·
OF = Originalfassung · OmU = Originalfassung mit deutschen Untertiteln
· OmeU = Originalfassung mit englischen Untertiteln · OmfU = Originalfassung mit französischen Untertiteln ·
OmÜ = Originalfassung mit deutscher
Übersetzung · dtF = deutsche Synchronfassung · \ = Live-Musikbegleitung · 2 = Einführung · / = Zu Gast
Rückblick
6. März 2016: Der Autor Andreas Steinhöfel signiert vor der Vorführung seinen roman »rico, Oskar und die Tieferschatten«, dessen Filmadaption im rahmen der »Bücherschau Junior« läuft.
13. März 2016: Der Benshi Kataoka Ichirō aus Tokyo begleitet die
Vorführung von Yasujirō Ozus TOKYO NO GASSHO (Der cHOr
VON TOKYO) in der Tradition der japanischen Kinoerzähler.
12. April 2016: Die Filmhistorikerin und Kuratorin Barbara Wurm
aus Berlin eröffnet mit ihrem Vortrag »Vernetzte räume – Verletzte
Träume« die Filmreihe »Slawische Metropolen«.
30. Mai 2016: Ulla Weßler, langjährige Geschäftsführerin des
Vereins »Filmstadt München«, wird im Filmmuseum von Günther
Anfang, dem Vorsitzenden des Vereins, verabschiedet.
2. Juni 2016: Die Künstlerin corinna Schnitt präsentiert ihre preisgekrönten Kurzfilme im Filmmuseum auf einladung der UnderdoxFestivalmacher Dunja Bialas und Bernd Brehmer.
9. Juni 2016: Barbara Gsaenger und der iranische Filmregisseur
Parviz Kimiavi, der bei allen Vorstellungen der retrospektive seiner
Filme zur Diskussion mit dem Publikum anwesend war.
Stummfilmtage
Internationale Stummfilmtage
PArIS qUI DOrT – DAS ScHlAFeNDe PArIS
3
Das Filmmuseum München beginnt sein neues Programm traditionsgemäß mit einer Auswahl von seltenen und neu rekonstruierten Stummfilmen aus dem
Programm der »Bonner Stummfilmtage«, des größten
deutschen Stummfilmfestivals. Zur Aufführung gelangen die besten Kopien der jeweiligen Filme, oft wertvolle Unikate, für die namhafte Stummfilmmusiker
neue Musikbegleitungen ausarbeiten und live einspielen. Die einzelnen Filme werden ausführlicher auf der
Website der Bonner Veranstaltung (www.internationalestummfilmtage.de) und in einem Programmheft vorgestellt, das an der Kinokasse ausliegt.
Die Auswahl für das Programm des Filmmuseums konzentriert sich auf Raritäten, die in München lange nicht
mehr oder noch nicht zu sehen waren. Es sind sehr unterschiedliche Filme aus verschiedenen Ländern und
Kontinenten, die die Vielfalt und hohe Qualität des
Stummfilmschaffens dokumentieren. Die meisten Filmkopien sind das Ergebnis aufwändiger Restaurierungsarbeiten der Filmarchive, die in der Fédération Internationale des Archives du Film (FIAF) zusammengeschlossen sind.
Stefan Drößler
Paris qui dort (Das schlafende Paris) | Frankreich
1925 | R+B: René Clair | K: Maurice Desfassiaux | M:
Jean Wiener | D: Henri Rollan, Madeleine Rodrigue,
Albert Préjean, Marcel Vallée | 67 min | OmU | viragiert
| Die rekonstruierte Urfassung von René Clairs ScienceFiction-Märchen spielt mit den Grundprinzipien des
Kinos: Bewegung, Geschwindigkeit und Stillstand. Ein
Professor versetzt die Stadt Paris in einen Tiefschlaf,
dem nur eine Handvoll Menschen entkommen, die sich
gerade auf dem Eiffelturm befinden. – Hands Up!
(Hände hoch!) | USA 1926 | R: Clarence G. Badger | B:
Monte Brice, Lloyd Corrigan, Reginald Morris | K: H. Kinley Martin | D: Raymond Griffith, Virginia Lee Corbin,
Charles K. French, Marian Nixon | 63 min | OF | Das
Hauptwerk des Komikers Raymond Griffith, der als eleganter Gentleman alle Situationen scheinbar emotionslos mit Nonchalance meistert. Im amerikanischen Bürgerkrieg entkommt er als Südstaaten-Spion mit Witz
und Chuzpe sowohl der Gefangenschaft durch wilde Indianer als auch seiner Exekution durch die Nordstaatler.
▶ Donnerstag, 1. September 2016, 19.00 Uhr | Live-
Musik: Günter A. Buchwald | Einführung: Stefan Drößler
Stummfilmtage
4
Mantrap (Der Weiberfeind) | USA 1926 | R: Victor Fleming | B: Adelaide Heilbron, Ethel Doherty, nach dem
Roman von Sinclair Lewis | K: James Wong Howe | D:
Clara Bow, Percy Marmont, Ernest Torrence, Eugene
Pallette, Tom Kennedy | 74 min | OF | Clara Bow verkörperte in den 1920er Jahren zusammen mit Colleen
Moore und Louise Brooks den Flapper, junge Mädchen
mit kurzem Haarschnitt und kurzen Röcken, die sich
über gesellschaftliche Konventionen hinwegsetzten,
das Leben genossen, Jazz-Musik hörten, rauchten und
Alkohol tranken. MANTRAP ist einer der wichtigsten
Filme Clara Bows: Als Ehefrau des Händlers Joe Easter,
mit dem sie in die Wildnis zieht, langweilt sich die lebenslustige Alverna schon bald und flirtet mit einem anderen Mann. »Eigentlich ist der Film nur ein Programmfüller, gut inszeniert und fotografiert. Er wäre nicht weiter beachtet worden, wäre da nicht Clara Bow, die der
Geschichte von Lewis ihre Würze verleiht. Mr. Lewis
sollte ihr eine Schachtel mit Pralinen oder etwas anderem, das sie mag, schicken, weil sie seiner Geschichte
den Kassenschlager-Glamour verliehen hat, und die
Produzenten des Films sollten ihr – auf die Schulter
klopfen.« (The Spokesman)
▶ Freitag, 2. September 2016, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Joachim Bärenz | Einführung: Stefan Drößler
Mest’ kinematografičeskogo operatora (Die Rache
des Kameramanns) | Russland 1912 | R+B: Vladislav
Starevič | 13 min | OmU | Vladislav Starevič ist der Pionier des Puppentrickfilms. In seinen frühen Filmen verwendete er gerne animierte Insekten, die in liebevoll
ausgearbeiteten Minikulissen agieren. Erzählt wird die
Eifersuchtsgeschichte zwischen einem verheirateten
Käfer und einer Heuschrecke im Ringen um die Gunst
einer Libelle. – Dva druga, model’ i podruga (Zwei
Freunde, eine Kiste und eine Freundin) | Sowjetunion 1928 | R: Aleksej Popov | B: Michail Karostin,
Aleksei Popov | K: Aleksandr Grinberg, Gleb Trojanskij |
D: Aleksei Popov, Sergej Lavrent’ev, Ol’ga Tret’jakova,
Sergej Jablokov, Aleksej Popov | 71 min | OmU | Popovs
Absicht, eine sowjetische Komödie über das Alltagsleben zu schaffen, führte zu diesem sehr unterhaltsamen Roadmovie, das zu weiten Teilen auf einem
Schiff spielt. Zwei Erfinder begeben sich mit dem Modell einer Maschine zum automatisierten Zusammenbau von Kisten auf eine lange Reise in die Provinzhauptstadt, um sie den zuständigen Behörden vorzustellen.
Eine junge Frau begleitet sie, während ein Widersacher
sie verfolgt und ihren Erfolg zu sabotieren versucht.
▶ Freitag, 2. September 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik:
Günter A. Buchwald | Einführung: Stefan Drößler
Takový je zivot (So ist das Leben!) | Tschechoslowakei 1930 | R+B: Carl Junghans | K: László Schäffer | D:
Vera Baranovskaja, Theodor Pištěk, Máňa Ženíšková,
Wolfgang Zilzer | 75 min | OmeU | Ein Meisterwerk des
realistischen Films, das an Originalschauplätzen in
Prag gedreht wurde, in restaurierter Fassung: Eine Prager Waschfrau bemüht sich verzweifelt, die Familie
über Wasser zu halten, nachdem ihr Ehemann seine
Arbeit in einer Kohlenhandlung verloren hat und ihre
Tochter ein Kind erwartet. Ohne klassenkämpferisches
Pathos beschreibt der Film in beeindruckenden Bildern
und Szenen die Realitäten der damaligen Zeit. In
Deutschland lief der Film seinerzeit ganz ohne Zwischentitel: »Hier ist das Ziel der Filmkunst erreicht,
deren Sinn ja darin besteht, das Wort durch die Gebärde zu ersetzen und die epische Beschreibung in die
bildliche Zustandsbeschreibung umzuformen. Junghans ist weder ein politischer Pamphletist, noch ein Reporter. Er ist ein Dichter, kein anklägerischer, sondern
ein gestaltender Dichter. Aber Dinge, die man gestaltet,
klagen stärker an.« (Vossische Zeitung)
▶ Samstag, 3. September 2016, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Joachim Bärenz | Einführung: Stefan Drößler
The Airship Destroyer (Der Luftkrieg der Zukunft) |
Großbritannien 1909 | R: Walter R. Booth | 7 min | dtF |
viragiert | Wenige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg beschwört der britische Science-Fiction-Film die Bedrohung, die von einem Angriff mit Luftschiffen ausgehen
kann. Regisseur Walter R. Booth war ein Zauberkünstler,
der – ähnlich wie Georges Méliès in Frankreich – das
neue Medium Film entdeckte, um fantastische Trickfilme herzustellen, die sehr erfolgreich waren. – Die
weiße Wüste | Deutschland 1922 | R+B: Ernst Wendt
| K: Mutz Greenbaum | D: Carl de Vogt, Eduard von Winterstein, Nora Swinburne, Dorinea Shirley, Carl Balta |
100 min | viragiert | Neurekonstruktion eines vergessenen Klassikers durch das Filmmuseum München: Der
»Winterfilm« der John-Hagenbeck-Raubtier-Filmserie
spielt im hohen Norden, in dem die Überlebenden eines
Schiffsuntergangs sich gegen Kälte, Wind, wilde Tiere
und unzivilisierte Einheimische behaupten müssen.
Ernst Wendt war ein versierter Regisseur, der seine Geschichte spannend zu erzählen wusste, Kameramann
Mutz Greenbaum fing beeindruckende Bilder ein.
▶ Samstag, 3. September 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik:
Günter A. Buchwald | Einführung: Stefan Drößler
Yinhe shuangxing (Zwei Sterne in der Milchstraße)
| China 1931 | R: Tomsie Sze | B: Chu Shih Ling, nach
dem Roman von Chang Hen Shui | K: Ke Chow | D: Vio-
▶ Sonntag, 4. September 2016, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Richard Siedhoff, Günter A. Buchwald | Einführung:
Stefan Drößler
Stummfilmtage
The Haunted House (Nacht des Inferno) | USA 1921
| R: Buster Keaton | B: Buster Keaton, Edward F. Cline |
K: Elgin Lessley | D: Buster Keaton, Virginia Fox, Joe
Keaton, Joe Roberts, Edward F. Cline | 21 min | OF |
viragiert | Ein Bankangestellter wird unfreiwillig in die
Machenschaften einer Geldfälscherbande verwickelt
und landet in einer Geistervilla. Einer der schönsten
Kurzfilme Buster Keatons mit unvergesslichen Gags
und visuellen Ideen. – When the Clouds Roll By (Fairbanks ist verrückt) | USA 1919 | R: Victor Fleming |
B: Thomas Geraghty, Douglas Fairbanks | K: Harry
Thorpe, William McGann | D: Douglas Fairbanks, Kathleen Clifford, Frank Campeau, Ralph Lewis, Herbert
Grimwood | 85 min | OF | viragiert | Ein Psychiater
möchte in einem Experiment an einem lebenden Objekt
beweisen, dass er einen geistig gesunden Mann mit
subtilem Psychoterror in den Wahnsinn treiben kann.
Ein bizarres Meisterwerk surrealen Humors und absurder Gags, in dem Douglas Fairbanks als tollkühner Held
mit beeindruckender physischer Fitness alle Situationen meistert. Die neue Rekonstruktion enthält die ursprünglichen Einfärbungen der einzelnen Szenen.
5
▶ Sonntag, 4. September 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik:
Joachim Bärenz | Einführung: Stefan Drößler
YINHe SHUANGxING – ZWeI STerNe IN Der MIlcHSTrASSe
let Wong, Raymond King, Kao Chien Fei, Yeh Chuen
Chuen, V.K. Chung, Chen Yen Yen, Liu Chi Chuen |
86 min | OmeU | Ein Mädchen vom Land wird vom Film
entdeckt und steigt zum Star auf. Doch ihre Beziehung
zu einem berühmten Schauspieler endet tragisch. Der
Film gewährt einen einzigartigen Blick hinter die Kulissen der äußerst lebendigen und außerhalb Chinas
wenig bekannten Filmszene von Shanghai, die das Zentrum für die Entwicklung des chinesischen Kinos bildete. Doch da die Infrastruktur für die Verbreitung chinesischer Filme nur unzureichend entwickelt war, hinkten die Produktionen den technischen Entwicklungen
hinterher: Während in den Kinos von Shanghai schon
Tonfilme aus dem Westen liefen, wurde YINHE SHUANGXING noch stumm gedreht, aber mit einer MusikTonspur versehen, die auch den – nicht synchron aufgenommenen – Gesang der Hauptdarstellerin beinhaltete. Genau diese Produktionsweise der Stummfilme an
der Schwelle zum Tonfilm wird auch in der Handlung
des Films thematisiert. Leider sind die Schallplatten mit
der Musikspur nicht mehr erhalten.
Stummfilmtage
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Maldone | Frankreich 1928 | R: Jean Grémillon | B: Alexandre Arnoux | K: Georges Périnal, Christian Matras |
D: Charles Dullin, Roger Karl, Génica Athanasiou, Annabella, Daniel Lecourtois | 83 min | OmU | Der erste
Spielfilm von Jean Grémillon existiert heute nur noch in
einer um ein Drittel seiner ursprünglichen Länge gekürzten Fassung, ohne dass seine Qualitäten verloren
gegangen sind. Olivier Maldone, der mit seinem Pferd
Lastkähne durch die französischen Kanäle zieht, verliebt sich in die ungebundene Zigeunerin Zita. Doch als
sein jüngerer Bruder stirbt, kehrt er nach Hause auf
den Familiensitz zurück – wo ihn die Sehnsucht nach
einem anderen Leben nicht loslässt . »Was MALDONE
von fast allen anderen Filmen seiner Zeit unterscheidet,
ist der Versuch, seine Geschichte aus einer einzigen
Perspektive zu erzählen. Aufnahmen von Originalschauplätzen sowie atemberaubende subjektive und ungewöhnliche Kameraperspektiven geben dem Film eine
unmittelbare Authentizität, die sowohl den Neorealismus wie auch den poetischen Realismus der folgenden
Dekade ankündigt, aber dennoch erstaunlich eigenständig bleibt. MALDONE ist wahrscheinlich Grémillons
erfolgreichster Versuch, die Grundlagen des Impressionismus auf bewegte Bilder zu übertragen.« (James
Travers)
▶ Dienstag, 6. September 2016, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Richard Siedhoff | Einführung: Stefan Drößler
He Done His Best (Charly tut was er kann) | USA
1928 | R: Charles Bowers, Harold L. Muller | B: Charles
Bowers, Harold L. Muller, Ted Sears | D: Charles Bowers
| 23 min | OF | Charles Bowers, einer der zu Unrecht
vergessenen Stummfilmkomiker und Tricktechniker,
baut ein voll automatisiertes Restaurant, das von einer
Person über eine große Schalttafel gesteuert werden
kann. Nur klappt dann in der Praxis doch nicht alles so
wie geplant. – The Bat (Das Rätsel der Fledermaus)
| USA 1926 | R: Roland West | B: Roland West, Julien
Josephson | K: Arthur Edeson, Gregg Toland | D: George
Beranger, Arthur Housman, Tullio Carminati, Emily Fitzroy, Jewel Carmen | 86 min | OF | Ein gewissenloser
Verbrecher im Fledermauskostüm verbreitet unter den
Bewohnern eines einsam gelegenen Hauses Angst und
Schrecken, um an die versteckte Beute aus einem früheren Bankraub zu gelangen. Die Filmadaption eines
erfolgreichen Broadway-Stücks besticht durch ihre
stimmungsvollen Sets, für die William Cameron Menzies verantwortlich zeichnete, und ihr bedrohliches
Spiel mit Licht und Schatten.
▶ Dienstag, 6. September 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik:
Joachim Bärenz | Einführung: Stefan Drößler
Taki no shiraito (Zauberin des Wassers) | Japan
1933 | R: Kenji Mizoguchi | B: Yasunaga Higashibojo,
nach dem Roman von Kyoka Izumi | K: Minoru Miki | D:
Takako Irie, Tokihiko Okada, Ichirô Sugai, Kôju Murata |
100 min | OmeU | Die Künstlerin einer fahrenden Jahrmarktstruppe in Japan, die in einer spektakulären Nummer Wasserfontänen tanzen lässt, verliebt sich in einen
armen Kutscher und versucht, ihm ein Jurastudium im
fernen Tokyo zu finanzieren. »Die Geschichte entstammt einem Roman von Izumi Kyoka aus dem
19. Jahrhundert und wurde für die Bühne adaptiert als
shinpa, eine melodramatische Form des Theaters,
deren Stücke im Gegensatz zum traditionellen kabuki
in der Gegenwart spielten und Umgangssprache verwandten. 1933 war shinpa schon wieder außer Mode,
doch Mizoguchi gelang es hervorragend, den Stil durch
den Realismus seines Dekors und den Ideenreichtum
seiner Regie wiederzubeleben. Gleichzeitig intensivierte
er die Themen von shinpa, indem er die Geschichte der
Aufopferung einer starken Frau für einen schwachen
Mann mit außergewöhnlicher emotionaler Kraft und
starken feministischen Untertönen auflud.« (Alexander
Jacoby)
▶ Mittwoch, 7. September 2016, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Masako Ohta | Einführung: Stefan Drößler
Cartoon Factory (Kokos Zeichentrickfabrik) | USA
1924 | R+K: David Fleischer | B+D: Max Fleischer |
8 min | OF | In der populären Serie OUT OF THE INKWELL liefern sich der gezeichnete Clown Koko und sein
realer Schöpfer Max Fleischer absurde Duelle, in denen
die Grenzen von Real- und Zeichentrickfilm aufgehoben werden. In CARTOON FACTORY benutzt Fleischer eine elektrische Zeichenmaschine und quält Koko mit Stromstößen. Doch dieser bemächtigt sich der
Maschine und produziert nun seinerseits synthetische
Kopien des realen Max Fleischer. – Flickorna Gyurkovics (Die sieben Töchter der Frau Gyurkovics) |
Schweden 1926 | R: Ragnar Hyltén-Cavallius | B: Ragnar Hyltén-Cavallius, Paul Merzbach | K: Carl Hoffmann
| M: Werner Richard Heymann | D: Willy Fritsch, Betty
Balfour, Lydia Potechina, Anna Lisa Ryding | 102 min |
OmU | Eine höchst vergnügliche Verwechslungskomödie über einen Frauenhelden, der unter falscher Identität aufs Land zur Tante seines besten Freundes fährt,
um dort mit einer ihrer Töchter verheiratet zu werden.
Eine gelungene schwedisch-deutsche Koproduktion,
gedreht in Berlin und in Ungarn mit britischen, deutschen, russischen und schwedischen Schauspielern.
▶ Mittwoch, 7. September 2016, 21.00 Uhr | Live-Musik:
Richard Siedhoff | Einführung: Stefan Drößler
Jacques Deray, Alain Delon und romy Schneider bei den Dreharbeiten zu lA PIScINe
Romy Schneider
Retrospektive Romy Schneider
7
»Ich kann nichts im Leben,
aber alles auf der Leinwand«
Dass Romy Schneider zum unsterblichen Mythos geworden ist, liegt auch an ihrem viel zu frühen Tod, über
den die Presse seinerzeit heftige Spekulationen anstellte, bis hin zum Verdacht auf Selbstmord. Ganz ähnlich wie etwa im Fall von Marilyn Monroe oder James
Dean, von Elvis Presley oder Lady Di wurde ihr Tod mystifiziert. Von einem Mythos geht Faszination aus, die
Faszination des Unerreichbaren, die Faszination des
Singulären. Und Romy Schneider war, ist singulär. Singulär in ihrem zerrissenen ambivalenten Wesen, singulär in ihren existenziellen Darstellungen, und ebenso
singulär in der bedingungslosen Ausschließlichkeit, mit
der sie ihr Leben lebte. In den Köpfen der Menschen
lebt sie weiter. Ende 2006 wurde sie in einer ZDF-Sendung bei der Wahl der 50 deutschen Lieblingsschauspieler vom Fernsehpublikum nach Heinz Rühmann und
Mario Adorf als erste Frau auf Rang drei gewählt. Zu
Weihnachten werden alljährlich die drei SISSI-Filme
wiederholt, die sie zu Beginn ihrer Karriere in den Jahren 1955 bis 1957 drehte.
Für das große Publikum war Romy Schneider – »unsere Romy« – auch immer diese Sissi. Doch die Schauspielerin selbst sah das vollkommen anders: »Ich hasse
dieses Sissi-Image. Was gebe ich den Menschen
schon, außer immer wieder Sissi. Sissi? Ich bin doch
längst nicht mehr Sissi, ich war das auch nie. Ich bin
eine unglückliche Frau von 42 Jahren und heiße Romy
Schneider.« Das sagte sie 1981, nur ein Jahr vor ihrem
Tod. Sie selbst schrieb einmal auf einem ihrer unzähligen Zettel eine Liste jener Filme auf, die vor ihr selbst
Bestand haben, die sie überhaupt respektabel und vorzeigbar empfand. Es sollen genau zehn Arbeiten gewesen sein, mehr nicht. Darunter sind vor allem jene unter
der Regie von Claude Sautet, Orson Welles und Luchino Visconti entstandenen Filme. Zehn Filme, das entspricht lediglich einem Sechstel ihres Lebenswerks –
auch hierin mögen sich ihre stete Selbstkritik und ihre
Selbstzweifel spiegeln.
Als Mutter Magda Schneider im Sommer 1953 in München die weibliche Hauptrolle in Hans Deppes Wiesbaden-Film WENN DER WEISSE FLIEDER WIEDER BLÜHT
angeboten bekommt, fehlt noch immer die Besetzung
Götz George und romy Schneider in WeNN Der WeISSe FlIeDer WIeDer BlüHT
Romy Schneider
8
für Magdas Filmtochter Evchen. Magda fällt ihre eigene
Tochter ein: Romy, warum eigentlich nicht Romy?!
Nach ersten Probeaufnahmen und etwas Wartezeit
bekommt die Vierzehnjährige schließlich die Rolle des
Evchen, ohne jemals Schauspielunterricht gehabt zu
haben. Die Dreharbeiten finden ab September überwiegend in Wiesbaden sowie in München und Berlin statt,
Romy wird in den Vorspanntiteln noch als Romy Schneider-Albach geführt, bereits als Dritte, direkt hinter Willy
Fritsch und Magda Schneider. Insgesamt acht Filme
werden es einmal sein, in denen Mutter und Tochter
Schneider Seite an Seite zusammen spielen, Rolf Thieles DIE HALBZARTE (1958) wird schließlich ihre letzte
gemeinsame Arbeit sein. Für die Tochter soll die ununterbrochene Nähe und Obhut der Mutter, die zusehends
über deren Handeln und Tun, über Verträge und Projekte wacht und entscheidet, Segen und Fluch gleichermaßen sein. Protektion und Gefängnis in Einem.
Mit dem Jahr 1958 wird sich das Leben von Romy
Schneider nachhaltig verändern: Der Part der Pensionatsschülerin Manuela von Meinhardis in MÄDCHEN IN
UNIFORM ist ihre erste veritable ernste Charakterrolle.
Ihr Zusammenspiel mit Lilli Palmer ist bezwingend.
CHRISTINE wiederum, das Remake von Max Ophüls’
LIEBELEI (1933), ist Romys erster französischer Film,
jener Film, in dem sie nun die Rolle spielt, die seinerzeit
ihre Mutter Magda spielte, und jener Film vor allem,
bei dem sie Alain Delon begegnet. Das Angebot aus
Frankreich nimmt Romy sofort an, gedreht wird in Wien
und in Paris-Boulogne. Als es an die Vorbereitungen zu
dem Film geht, fliegt sie nach Paris und wird dort von
Alain Delon noch auf dem Rollfeld am Flughafen in
Empfang genommen. Es ist die allererste Begegnung
der beiden, die später zu den Liebespaaren der internationalen Filmszene gehören werden. Delon ist im Gegensatz zu Romy noch nahezu unbekannt. Lediglich
zwei Filme hat er vor CHRISTINE gedreht, QUAND LA
FEMME S’EN MÊLE (DIE KILLER LASSEN BITTEN,
1957) und SOIS BELLE ET TAIS-TOI! (SEI SCHÖN UND
HALT DEN MUND, 1958), während es für Romy ihr vierzehnter ist. Sie ist in der Heimat ein Star, er ein noname. Diese Verhältnismäßigkeit soll sich alsbald umkehren: Delon feiert mit René Clements Patricia
Highsmith-Adaption PLEIN SOLEIL (NUR DIE SONNE
WAR ZEUGE, 1960) und Luchino Viscontis ROCCO E I
SUOI FRATELLI (ROCCO UND SEINE BRÜDER,1960)
nun große Erfolge, während man Romy Schneider in
Deutschland den Gang nach Frankreich verübelt: »In
Deutschland war ich abgeschrieben, in Frankreich war
ich noch nicht ›angeschrieben‹.«
1960 findet die erste Begegnung Romy Schneiders mit
Luchino Visconti in Rom statt, in Viscontis Villa in der
Via Salaria. Alain Delon führt Romy in die Kreise um
den italienischen Regisseur ein. Visconti, der Romy
nach anfänglichen beidseitigen Berührungsängsten
und Befindlichkeiten bald fortan »Romina« nennt, wird
für sie einer der wenigen wichtigen Einflüsse werden,
ein Lehrmeister, wie später nur noch Claude Sautet:
»Mein Leben lang werde ich nicht vergessen, wie ich
Luchino kennenlernte. Dieser Mann hat mehr für mich
getan als irgendein anderer nach der sauren Zeit.«
Visconti inszeniert am Théâtre de Paris mit Alain Delon
als Partner das Stück »Dommage qu’elle soit une
putain« (Schade, dass sie eine Dirne ist). Es wird ein
großer Erfolg für Romy Schneider. Im Sommer 1961
dreht Luchino Visconti in den Theaterferien die Episode
IL LAVORO (DER JOB) für den Episodenfilm BOCCACCIO ’70. Romy spielt »Pupé«, eine dekadent-anmutigerotische Gräfin. Ihre Kostüme sind von Coco Chanel,
ihre Frisur wird vom Pariser Coiffeur Alexandre gerichtet, alles ganz im Stil des Pariser Chic. Et voilà: der
neue Romy-Schneider-Stil ist kreiert. Vergessen ist alle
kaiserlich-königliche Süßlichkeit aus ihrer ungeliebten
SISSI-Zeit. Im März 1962 steht sie in Orson Welles’ unorthodoxer, in atmosphärischem Schwarzweiß gehaltener Kafka-Verfilmung THE TRIAL vor der Kamera. Von
der Columbia erhält Romy einen Mehrjahresvertrag.
Bevor sie vorübergehend in die USA geht, sich in Hollywood, in Beverly Hills, eine Luxusvilla mit mehreren
Angestellten mietet, dreht Romy Schneider unter der
Das eigentliche Leben von Romy Schneider neben der
pausenlosen Filmerei verläuft weniger glücklich: Sie
trennt sich 1973 von Harry Meyen, den sie 1966 geheiratet hat. 1975 werden sie offiziell geschieden, im selben Jahr heiratet sie ihren Privatsekretär Daniel Biasini.
Romy Schneider greift zunehmend zu Alkohol und Tabletten. Von dem schicksalhaften Jahr 1981 soll sie
sich schließlich nicht mehr erholen: Wegen eines gutartigen Tumors muss ihr eine Niere entfernt werden, sie
reicht die Scheidung von Daniel Biasini ein, ihr erst vierzehnjähriger Sohn David stirbt durch einen tragischen
Unfall. In einem Interview sagt sie: »Man kann einen
Augenblick lang nachdenken, aber dann muss man
weitermachen. Stehenbleiben ist für mich nicht möglich. Man stürzt sich in die Arbeit, weil man es tun muss
– und es hilft auch ein wenig zu vergessen.«
Claude Millers GARDE À VUE (DAS VERHÖR, 1981), ein
in einer Silvesternacht auf einer Polizeistation angesiedeltes düsteres Kammerspiel, ist innerhalb ihrer späteren Schaffensphase Romy Schneiders eindringlichste,
zarteste, verletzlichste Darstellung. Die Introspektion
einer Seele. Sie initiiert noch das Projekt LA PASSANTE
DE SANS-SOUCI (DIE SPAZIERGÄNGERIN VON SANSSOUCI, 1982), das zu ihrem filmischen Vermächtnis
wird. Der Film setzt eine Reihe in ihrem Spätwerk fort,
zu der auch LE TRAIN (NUR EIN HAUCH VON GLÜCK,
1973), LE VIEUX FUSIL (ABSCHIED IN DER NACHT,
1975) und die Heinrich-Böll-Adaption GRUPPENBILD
MIT DAME (1977) gehören: Filme, angesiedelt zur Zeit
des Zweiten Weltkriegs, in denen die im Wien der NaziZeit geborene Romy Schneider Frauen spielt, die »auf
der anderen Seite« stehen, die Opfer sind. Sie wählt
diese Rollen sehr bewusst aus und erklärt, sie habe insbesondere mit der im Herbst 1976 in Berlin gedrehten
deutschen Produktion GRUPPENBILD MIT DAME »alles
wieder gutmachen wollen«.
Gewissermaßen anonym, so wie sie es bestimmt hat,
liegt Romy Schneider unter ihrem bürgerlichen Namen
Rosemarie Albach auf dem Friedhof des kleinen Dorfes
Boissy-sans-Avoir, 50 Kilometer westlich von Paris.
Das sagt viel über diese scheue und ängstliche, hochverletzliche und empfindsame, dabei so anmutig
schöne und auch humorvolle und lebensfrohe Frau aus,
die vielleicht zu gutgläubig blieb, um dem Druck standzuhalten, der ihr Leben lang auf sie ausgeübt wurde.
Thilo Wydra
Dreharbeiten in Paris | BRD 1957 | R+B+K: Joe Hembus | Mit Romy Schneider, Horst Buchholz, Helmut
Käutner, Bernhard Wicki | 29 min – Romy – Portrait
eines Gesichts | BRD 1967 | R+B: Hans Jürgen Syber-
Romy Schneider
Regie von Otto Preminger im Frühjahr 1963 das Dreistunden-Epos THE CARDINAL. Die Dreharbeiten der in
Breitwand-Panavision gehaltenen Großproduktion führen sie nach Boston und Stanford, nach Rom und
schließlich ins vertraute Wien. Ihr Vater wirkt in einer
kleinen Nebenrolle mit – es ist das einzige Mal überhaupt, dass Wolf Albach-Retty und seine Tochter Romy
gemeinsam in einem Film spielen.
»Und dann begann das scheußlichste Jahr meines Lebens, das Jahr zwischen Herbst 1963 und Herbst
1964 …« Alain Delon verlässt Romy Schneider. Legenden ranken sich auch um dieses Ereignis. Er trennt sich
mit einem Strauß roter Rosen und einigen geschriebenen Zeilen von ihr, die sie vorfindet, als sie aus den USA
nach Paris zurückkehrt: »Bin mit Nathalie nach Mexiko.
Alles Gute. Alain«. Als er sie in Rom, wo sie THE CARDINAL drehte, zum Flieger gen Hollywood brachte, gab es
bereits Nathalie Barthélemy. Nach genau vier Jahren,
acht Monaten und 24 Tagen, wie die Boulevardpresse
nachrechnet, ist die Verbindung des prominenten Paares beendet.
Im August und September 1968 bringen die Dreharbeiten zu Jacques Derays LA PISCINE (DER SWIMMINGPOOL) Romy Schneider und Alain Delon wieder zusammen vor die Kamera. Er hat sie angerufen, gefragt, ob
sie wieder drehen wolle, mit ihm, unten an der Côte
d’Azur. Und sie hat ja gesagt. Am 31. Januar 1969 hat
der Film Premiere in Paris. Das lichtdurchflutete Kammerspiel, ein düsterer Film Noir unter südfranzösischer
Sonne, wird ein großer Erfolg. Es ist letztlich das lang
ersehnte Comeback für Romy Schneider nach einer
Phase wenig erfolgreicher Filme und des nach langer
Vorbereitung und drei Wochen Drehzeit abgebrochenen
Projekts L’ENFER von Henri-Georges Clouzot. LES
CHOSES DE LA VIE (DIE DINGE DES LEBENS), die erste
von insgesamt fünf gemeinsamen Arbeiten mit Claude
Sautet, wird im Mai 1970 auf den Filmfestspielen in
Cannes gefeiert. Es ist wohl ihr bester Film, Sautets
Meisterstück. Fortan dreht Romy Scheider, einmal
mehr, nonstop, Film auf Film. In MAX ET LES FERRAILLEURS (DAS MÄDCHEN UND DER KOMMISSAR, 1971)
ist Michel Piccoli Max, der Kommissar, und Romy spielt
Lily, die Prostituierte. Er wird sie für seine Zwecke benutzen, um endlich eine Bande kleiner Gauner bei
ihrem Coup, einem Bankraub, auf frischer Tat zu ertappen. Ein dichtes Polizeidrama, ein hoffnungsloses Liebesdrama, ein kühl und artifiziell angelegter Genrefilm,
der moralisch und amoralisch zugleich ist. Claude Sautet macht Romy Schneider in ihrer Wahlheimat Frankreich zum Star, zu »La Schneider«, die den Typus der
modernen, emanzipierten Frau verkörpert.
9
Romy Schneider
10
berg | K: Kurt Lorenz, Klaus König | Mit Romy Schneider,
Michel Piccoli, Jean Chapot, Peter Fleischmann |
59 min – Premiere der digitalen Restaurierungen von
zwei ungewöhnlichen Dokumentarfilmen: In dem von
Rob Houwer für den Bayerischen Rundfunk produzierten Film ROMY sehen wir Romy Schneider bei den
Dreharbeiten im Ruhrgebiet zu LA VOLEUSE und beim
Skiurlaub in Kitzbühel, wo sie abends am Kamin in sehr
persönlichen Gesprächen mit Hans Jürgen Syberberg
über ihr Leben und ihre Karriere reflektiert. Joe Hembus beobachtete die Dreharbeiten in Paris zu Helmut
Käutners MONPTI mit seiner 8mm-Kamera und kam
den Mitwirkenden dabei erstaunlich nahe. Das in
Schwarzweiß und Agfacolor aufgenommene Material
schnitt er selber zu einem kleinen Film zusammen, der
nie öffentlich aufgeführt wurde.
▶ Donnerstag, 8. September 2016, 19.00 Uhr | Einfüh-
rung: Benjamin Hembus
Wenn der weiße Flieder wieder blüht | BRD 1953 |
R: Hans Deppe | B: Eberhard Keindorff, Johanna Sibelius, nach der Novelle von Fritz Rotter | K: Kurt Schulz |
M: Franz Doelle | D: Magda Schneider, Willy Fritsch,
Romy Schneider, Hertha Feiler, Paul Klinger, Götz
George | 100 min | »Dass ein berühmter Schlagersänger in seine Heimatstadt Wiesbaden zurückkehrt, dort
die einst von ihm geschiedene Frau wiederfindet und
trotz neu ausbrechender Liebe auf sie verzichtet, wird
zum Anlass einer merkwürdigen Mischung von Gefühlsduselei und aufgetragener Lustigkeit. Hin und wieder
bricht dann die falsche Volkstümlichkeit ein, und es
bleibt lediglich das Vergnügen an dem unbefangenen
Spiel einer reizenden Fünfzehnjährigen. Ob Romy Albach-Schneider eine Schauspielerin ist, lässt sich noch
nicht übersehen. Hier ist sie eben reizend, ganz besonders reizend.« (Fritz Fabius)
▶ Freitag, 9. September 2016, 18.30 Uhr
Sissi | Österreich 1955 | R+B: Ernst Marischka | K:
Bruno Mondi | M: Anton Profes | D: Romy Schneider,
Karlheinz Böhm, Magda Schneider, Gustav Knuth, Uta
Franz | 106 min | »Sissi erzählt die Liebesgeschichte
zwischen der Prinzessin Elisabeth von Bayern und dem
österreichischen Kaiser Franz Joseph. Der Film kombiniert Erzählkonventionen und Darstellungsmodi verschiedener Genres, des Heimat- und Familienfilms
sowie des Operetten- und Kostümfilms. Damit rücken
die realen historischen Begebenheiten in den Hintergrund. Die Inszenierung ist gänzlich auf die Schauwerte
des Films hin angelegt. Eine prunkvolle Ausstattung,
idealisierte Naturlandschaften und prachtvolle Kostüme
intensivieren die romantischen Liebesphantasien, die
hier evoziert werden.« (Günther Krenn) »Für mein Streben nach Rollen, die meiner Person gleichstanden,
waren diese Filme wie eine Ohrfeige. Ich war plötzlich
nicht mehr Romy, sondern nur noch Sissi, die jungfräuliche Königin des deutschen Films.« (Romy Schneider)
▶ Samstag, 10. September 2016, 18.30 Uhr
Monpti | BRD 1957 | R+B: Helmut Käutner, nach dem
Roman von Gabor von Vaszary | K: Heinz Pehlke | M:
Bernhard Eichhorn | D: Romy Schneider, Horst Buchholz, Mara Lane, Boy Gobert, Olive Moorefield |
100 min | Durch Zufall lernen sich ein ungarischer Student und die Näherin Anne-Claire in Paris kennen. Sie
nennt ihn neckisch »Monpti« – eine Kurzform von »Mon
Petit« (»Mein Kleiner«). Die beiden verlieben sich ineinander. Erzählt wird die melancholische Liebesgeschichte von einem allwissenden Bistro-Besucher, den
Helmut Käutner mit ironischem Schalk selber spielt.
»Eine bittersüße Liebesgeschichte nach dem Roman
von Gabor von Vaszary. Kein Stoff für Experimente – ein
Film, der nur unterhalten soll.« (Helmut Käutner) –
Dreharbeiten in Paris | BRD 1957 | R+B+K: Joe Hembus | Mit Romy Schneider, Horst Buchholz, Helmut
Käutner, Bernhard Wicki | 29 min
▶ Sonntag, 11. September 2016, 18.30 Uhr
Mädchen in Uniform | BRD 1958 | R: Géza von Radványi | B: Franz Höllering, Friedrich Damman, nach einem
Stück von Christa Winsloe | K: Werner Krien | M: Peter
Sandloff | D: Lilli Palmer, Romy Schneider, Therese
Giehse, Blandine Ebinger, Sabine Sinjen, Christine Kaufmann | 95 min | »Positiv zu werten in diesem Film sind
zwei schauspielerische Leistungen: Lilli Palmer als
angeschwärmte Lehrerin und Romy Schneider als das
Mädchen, das sich nach dem Tod der Mutter in ihrem
verwaisten Liebesbedürfnis dieser Erzieherin zuwendet
und im Überschwang der Gefühle fast eine Katastrophe
herbeiführt. Frau Palmer entwickelt wiederum ein wirklich nobles kultiviertes Spiel, und Romy Schneider überrascht hier (nach den vielen Rollen, in denen sie kindlich-süßen Charme entwickeln musste) mit einer imponierenden darstellerischen Eindringlichkeit. Sie wirkt
echt in ihrer anfänglichen Scheu und ihrer seelischen
Verklemmung, aber auch in ihren späteren Gefühlsausbrüchen.« (Der Tag)
▶ Mittwoch, 14. September 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Frei-
tag, 16. September 2016, 18.30 Uhr
Christine | Frankreich 1958 | R: Pierre Gaspard-Huit |
B: Charles Spaak, George Neveux, nach dem Stück
Romy Schneider
MONPTI
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»Liebelei« von Arthur Schnitzler | K: Christian Matras |
M: Georges Auric | D: Romy Schneider, Alain Delon,
Jean-Claude Brialy, Sophie Grimaldi, Jean Galland,
Micheline Presle | 100 min | OmeU | »Pierre GaspardHuit zelebriert in stolzer Kinotrauer in einem lackierten
Gemüts-Wien Arthur Schnitzlers ›Liebelei‹: die Mär vom
keuschen Bürgerkind, das sich backfischschwärmend
in einen k.u.k.-Leutnant verliebt. ›Mit leisem Zauberschlag erscheint eine schmerzlich-süße Welt, voll traurig-schalkhafter Grazie, voll ironischer Melancholie, voll
leiser, lächelnder Innigkeit‹, formulierte 1896 Berlins
Kritikerpapst Alfred Kerr. Der französische Farbfilm dagegen degradiert das Schnitzler-Opus zum Rührstück,
und von Alfred Kerr lässt sich nur die Vokabel ›schmerzlich-süß‹ übernehmen. Die brav-artige Romy Schneider,
letzthin versuchsweise entsüßlicht, rutscht als Christine
wieder in die Bereiche ihres Sissi-Gemüts zurück.« (Der
Spiegel)
Magda Schneider, Josef Meinrad, Gertraud Jesserer |
90 min | »Zuerst denkt man: Ei, ei, diese Filmleute mit
ihrem Sinn für Pikanterie bringen es fertig, die Romy,
dieses Idol vieler Mütter und vieler Töchter, diese artige,
fröhliche Sissi in eine frech-verwegene, vorlaute und
verruchte Nicole zu verwandeln, die mit 16 Jahren ein
Erfolgstück schrieb, das vor Unmoral nur so dampft.
Doch es stellt sich schnell heraus, die ›frivole‹ Handlung ist bar jeder Frivolität. Und die paar Verworfenheiten, die Romy Schneider hier zierlich äußert und die
durch ein paar wilde Haarsträhnen und etwas
Schminke erreichte wilde Verkommenheit im Gesicht
sind mehr ein Trick, um die rosenfarbene Tugend um so
mehr leuchten zu lassen. Bele Bachem sei gedankt,
dass sie mit Phantasie und Koketterie, vor allem im Vorspann, aber auch in Kostümen und Szenenbildern, einiges getan hat, um die schwüle Erotik mit Raffinement
zu verfremden.« (Die Zeit)
▶ Samstag, 17. September 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Dienstag, 20. September, 21.00 Uhr
▶ Sonntag, 18. September 2016, 18.30 Uhr
Die Halbzarte | Österreich 1959 | R: Rolf Thiele | B:
Hans Jacoby | K: Klaus von Rautenfeld | M: Hans-Martin Majewski | D: Romy Schneider, Carlos Thompson,
Lysistrata in München | DDR 1961 | R: Herbert Gätcke | 2 min | Bericht der »Aktuellen Kamera« über die
Kinopremiere in München. – Die Sendung der Lysistrata | BRD 1961 | R+B: Fritz Kortner, nach dem
Romy Schneider
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Stück »Lysistrata« von Aristophanes | K: Wolfgang Zeh,
Frank A. Banuscher | M: Herbert Brün | D: Barbara Rütting, Romy Schneider, Karin Kernke, Ruth-Maria Kubitschek, Karl Lieffen, Wolfgang Kieling | 97 min | Kortners
Fernsehspiel nach der altgriechischen Komödie von
Aristophanes über den Sexstreik der Athener Frauen,
die ihre kriegslüsternen Männer zur Räson bringen, war
zur Zeit der Debatte über die atomare Aufrüstung der
Bundesrepublik heftig umstritten. Der Bayerische Rundfunk klinkte sich aus dem Programm der ARD aus, so
dass der Film in Bayern nur im Kino zu sehen war. Die
Mitwirkung von Romy Schneider, die dem deutschen
Kino der 1950er Jahre den Rücken gekehrt hatte,
sorgte für zusätzlichen Aufruhr: »Das von anzüglicher
Thematik bestimmte Werk bedingt, dass etwa die Darstellerin Romy Schneider in der Rolle der Lysistrata-Gefährtin Myrrhine Verse deklamieren muss, die der einstigen Sissi-Interpretin seltsam anstehen.« (Der Spiegel)
▶ Freitag, 23. September 2016, 18.30 Uhr
Le combat dans l’île (Der Kampf auf der Insel) |
Frankreich 1962 | R: Alain Cavalier | B: Alain Cavalier,
Jean-Paul Rappeneau | K: Pierre Lhomme | M: Serge
Nigg | D: Romy Schneider, Jean-Louis Trintignant, Henri
Serre, Pierre Asso, Diane Lepvrier | 103 min | OmU |
Leicht verklausuliert schildert der Film die Bestrebungen der Untergrundbewegung OAS (Organisation de
l’Armée Secrète), die für den Verbleib Algeriens bei
Frankreich kämpfte. Nachdem sein Attentat auf einen
linken Politiker missglückt ist, flüchtet ein Aktivist in die
Normandie und lässt seine Freundin bei einem überzeugten Pazifisten zurück. Die beiden verlieben sich
und ziehen nach Paris. »Die Klarheit der von Rappeneau geschriebenen Dialoge, die simple Schönheit der
Bilder und die unkonventionelle Montage machen LE
COMBAT DANS L’ÎLE zu einem unvergesslichen Stück
cinéma vérité. Schlichte Alltäglichkeiten, wie zum Beispiel der Gang Romy Schneiders in eine Apotheke oder
die Autofahrt aufs Land, haben hier eine Magie, die
einen an Godards À BOUT DE SOUFFLE denken lässt.«
(André Schneider)
▶ Mittwoch, 21. September 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Sams-
tag, 24. September 2016, 18.30 Uhr
The Trial (Der Prozeß) | Frankreich 1962 | R: Orson
Welles | B: Orson Welles, Antoine Tudal, nach dem
Roman von Franz Kafka | K: Edmond Richard | M: Jean
Ledrut, Tommaso Albinoni | D: Anthony Perkins, Orson
Welles, Jeanne Moreau, Romy Schneider, Elsa Martinelli | 119 min | engl. OmU | In expressionistischem
Schwarzweiß entwirft Orson Welles den düsteren Alptraum einer gespenstischen Bedrohung: Ein schuldiger
Unschuldiger fällt in einer entindividualisierten Welt
einer nichtgreifbaren Willkür zum Opfer. »Als Regisseur
machte Orson Welles aus mir wieder etwas ganz
Neues. Ich spielte völlig ungeschminkt, oft hässlich. Bei
einer Großaufnahme habe ich mich in der Vorführung
zum ersten Mal auf der Leinwand nicht erkannt – und
das war für mich als Schauspielerin eine enorme Befriedigung und Bestätigung. Ich fand mich plötzlich auf
einer neuen Stufe, die man mich in Deutschland nicht
betreten lassen wollte.« (Romy Schneider)
▶ Freitag, 30. September 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Dienstag,
4. Oktober 2016, 21.00 Uhr
The Cardinal (Der Kardinal) | USA 1963 | R: Otto Preminger | B: Robert Dozier, nach dem Roman von Henry
Morton Robinson | K: Leon Shamroy | M: Jerome Moross | D: Tom Tryon, Romy Schneider, Carol Lynley, John
Huston, Burgess Meredith | 185 min | OmU | »Während
er die Kardinals-Insignien empfängt, erinnert sich Stephen Fermoyle seines wechselvollen Aufstiegs vom Bostoner Tramschaffnersohn zu einem der höchsten katholischen Würdenträger – die Panavision-Erfolgsstory
eines Henry Ford in der Soutane. Selbst der Versuchung durch eine Europäerin (Romy Schneider – halb
Sissi, halb Emanzipierte) widersteht der Mann Gottes;
am Ende verkündet er die Identität von Christentum
und US-Demokratie. Regisseur Otto Preminger insze-
▶ Sonntag, 25. September 2016, 18.30 Uhr
What’s New Pussycat? (Was gibt’s Neues, Pussy?)
| USA 1965 | R: Clive Donner | B: Woody Allen | K: Jean
Badal | M: Burt Bacharach | D: Peter O’Toole, Peter Sellers, Romy Schneider, Woody Allen, Capucine, Ursula
Andress | 108 min | OF | »Romy Schneider an der Seite
Woody Allens, der hier seinen ersten Filmauftritt hat.
Verlobt ist sie allerdings mit einem von Peter O’Toole
verkörperten manischen Frauenhelden und deshalb
immer wieder genötigt, sich von ihrem besten Freund
Victor, dem zappeligen Woody Allen, trösten zu lassen,
der natürlich heimlich in sie verliebt ist. Alle Beziehungen stehen unter der Überwachung eines Psychoanalytikers (Peter Sellers), der den Womanizer kurieren soll,
ihm aber stattdessen völlig erfolglos nacheifert. Bunt,
schrill und klamaukig ist diese von Clive Donner inszenierte Komödie, in der, verschwiemelt wie in den
1960ern üblich, Polygamie, Partnertausch und Sex vor
der Ehe verhandelt werden.« (Daniela Sannwald)
Romolo Valli, Paolo Stoppa, Amedeo Girard | 55 min |
OmeU | Luchino Viscontis Beitrag zu dem Episodenfilm
BOCCACCIO ’70: Romy Schneider als eine frivole Comtesse, die sich ihrem untreuen Ehemann als LuxusPlaygirl käuflich anbietet. »Die wachsame und bewegliche Kamera verfolgt jede Bewegung des neuen von
Chanel und Visconti geformten Erotiksymbols. Romy
vibriert vor Leben, ist lebendiger und intensiver denn
je.« (Pierre J.-B. Benichon / Sylviane Pommier) – Romy
– Portrait eines Gesichts | BRD 1967 | R+B: Hans Jürgen Syberberg | K: Kurt Lorenz, Klaus König | Mit Romy
Schneider, Michel Piccoli, Jean Chapot | 59 min
▶ Freitag, 14. Oktober 2016, 18.30 Uhr
La voleuse (Schornstein Nr. 4) | Frankreich 1966 | R:
Jean Chapot | B: Jean Chapot, Marguerite Duras | K:
Jean Penzer | M: Antoine Duhamel | D: Romy Schneider,
Michel Piccoli, Hans-Christian Blech, Sonja Schwarz,
▶ Samstag, 1. Oktober 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Mittwoch,
5. Oktober 2016, 21.00 Uhr
L’enfer d’Henri-Georges Clouzot (Die Hölle von
Henri-Georges Clouzot) | Frankreich 2009 | R: Serge
Bromberg, Ruxandra Medrea Annonier | B: Serge Bromberg | K: Irina Lubtchansky, Jérôme Krumenacker | M:
Bruno Alexiu | Mit Romy Schneider, Bérénice Bejo,
Jacques Gamblin, Catherine Allégret, Henri-Georges
Clouzot | 96 min | OmeU | 1964 machte sich HenriGeorges Clouzot daran, ein großes, ambitioniertes, mit
visionären Bildersequenzen ausgestattetes Eifersuchtsdrama mit Romy Schneider und Serge Reggiani in
Szene zu setzen. Schon die Vorbereitungen waren von
Misshelligkeiten überschattet, uferten endlos aus.
Schließlich erlitt Clouzot einen Herzinfarkt, die Dreharbeiten wurden gestoppt, das Projekt ad acta gelegt.
Der Filmhistoriker Serge Bromberg konstruierte aus
dem nie verwendeten Rohmaterial Clouzots einen preisgekrönten Dokumentarfilm über die tragische Verlaufsgeschichte des gescheiterten Projekts.
▶ Sonntag, 2. Oktober 2016, 18.30 Uhr
Il lavoro (Der Job) | Italien 1962 | R: Luchino Visconti |
B: Luchino Visconti, Suso Cecchi d’Amico, nach einer
Novelle von Guy de Maupassant | K: Giuseppe Rotunno
| M: Nino Rota | D: Romy Schneider, Thomas Milian,
Mario Huth | 88 min | Franscope | OmeU | »Eine aufregende Wiederentdeckung ist LA VOLEUSE, ein ästhetisch ambitionierter Schwarzweiß-Film. In diesem an
spektakulären Schauplätzen im Ruhrgebiet gedrehten
Drama verkörpert sie eine Mutter und Ehefrau, die ein
eigenes, vor Jahren unehelich geborenes und in Pflege
gegebenes Kind entführt. Mit obsessiver Energie verfolgt sie ihren Plan, schwankt zwischen tiefster Depression und Euphorie und begreift nicht, dass sie nicht nur
Romy Schneider
nierte Nachtklub-Episode, Priesterweihe und NS-Pogrom mit derselben Lust an spektakulären Effekten;
randalierende Nazis, die eben noch ›Sieg Heil!‹ brüllten,
weichen vor Mozarts Alleluja zurück.« (Der Spiegel)
13
ihr eigenes Leben zerstört, sondern auch ihren Mann
und die Pflegeeltern unglücklich macht.« (Daniela
Sannwald)
▶ Mittwoch, 12. Oktober 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Samstag,
Romy Schneider
15. Oktober 2016, 18.30 Uhr
14
La piscine (Der Swimmingpool) | Frankreich 1969 |
R: Jacques Deray | B: Jean-Claude Carrière | K: JeanJacques Tarbès | M: Michel Legrand | D: Alain Delon,
Romy Schneider, Maurice Ronet, Jane Birkin, Paul
Crauchet | 123 min | OmU | Ein Liebespaar verbringt
seine Ferien in einer Villa in der Nähe von St. Tropez. Als
ein gemeinsamer Freund mit seiner 18-jährigen Tochter zu Besuch kommt, entsteht eine zunehmend beklemmende Atmosphäre von Rivalität, Hass und Eifersucht. Für Romy Schneiders Image als internationaler
Star ist der Film von großer Bedeutung. »Alle wichtigen
Merkmale sind hier zu finden: eine kühle, fast herbe
Erotik, die Rolle der modernen, in gewisser Weise freien
und unabhängigen Frau in einem Film, der sich vor
allem auf die psychischen Befindlichkeiten der Figuren
konzentriert.« (Stephen Lowry / Helmut Korte)
▶ Dienstag, 18. Oktober 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Freitag,
21. Oktober 2016, 18.30 Uhr
Les choses de la vie (Die Dinge des Lebens) | Frankreich 1970 | R: Claude Sautet | B: Claude Sautet, Paul
Guimard, nach dessen Roman | K: Jean Boffety | M:
Philippe Sarde | D: Michel Piccoli, Romy Schneider, Léa
Massari, Gérard Lartigau | 89 min | OmeU | Ein erfolgreicher Architekt in den Vierzigern verunglückt mit seinem Alfa Romeo auf einer französischen Landstraße.
Während er schwerverletzt im Gras liegt, zieht sein Leben an ihm vorbei: Begegnungen mit seiner Lebensgefährtin Hélène (Romy Schneider), der getrennt lebenden Frau Catherine, seinem Vater und seinem Sohn
Gérard. Die Bilder des aus einer Vielzahl an Perspektiven gefilmten Unfalls sind ins kollektive Gedächtnis der
französischen Filmgeschichte eingegangen. »LES CHOSES DE LA VIE ist einer meiner liebsten Filme, er berührt
mich immer wieder, ohne in seiner Wirkung nachzulassen – weil er nicht veralten kann.« (Romy Schneider)
▶ Mittwoch, 19. Oktober 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Samstag,
22. Oktober 2016, 18.30 Uhr
Max et les ferrailleurs (Das Mädchen und der Kommissar) | Frankreich 1971 | R: Claude Sautet | B:
Claude Sautet, Jean-Loup Dabadie, Claude Néron,
nach dessen Roman | K: René Mathelin | M: Philippe
Sarde | D: Romy Schneider, Michel Piccoli, Bernard
Fresson, François Périer, Georges Wilson | 108 min |
OmeU | »Exakt gebaute Psycho-Falle mit BumerangEffekt – als Köder eine Ladung Gehirntücke, seidenweich und neurosentrüb. Ein aufregender, minutiös
auskalkulierter Polizistenreißer – nicht mehr und nicht
weniger. Der Regisseur enthält sich optischer Zirkustricks – er projiziert das Fängerdrama ganz in das Gesicht Michel Piccolis, auf die kalte Glut einer fixen Idee.
Und Romy Schneiders Nutte Lilly ist ein Bravourstück
schauspielerischer Disziplin: Balanceakt zwischen angetünchter Gossenkühle und verkapptem Gefühl. Fazit:
Brillantes Zwielicht-Kino über die Psyche eines Jägers.« (Ponkie)
▶ Sonntag, 23. Oktober 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Dienstag,
25. Oktober 2016, 21.00 Uhr
The Assassination of Trotsky (Das Mädchen und
der Mörder) | Großbritannien 1971 | R: Joseph Losey |
B: Nicholas Mosley, Masolino D’Amico | K: Pasqualino
de Santis | M: Egisto Macchi | D: Richard Burton, Alain
Delon, Romy Schneider, Valentina Cortese, Enrico Maria
Salerno | 102 min | OmU | »Am 20. August 1940 wurde
Leo Trotzki in seinem Exil in einem Vorort von Mexico
City ermordet; der Täter, ein Agent von Stalins Geheimpolizei, hatte sich mit Hilfe einer ahnungslosen Mitarbeiterin Trotzkis den Zugang zu dessen Haus verschafft,
das wie eine Festung bewacht wurde. Romy Schneider
als Werkzeug des Mörders: ein strenges, herbes Fräulein mit glatt zurückgekämmten Haaren und kantigen
Bewegungen, fanatisch für Trotzki begeistert, manchmal wie erstaunt über das eigene erotische Feuer, weil
sie die große Liebe nie erwartet hatte; sie spielt diese
Hörigkeit und zugleich den uneingestandenen Selbstbetrug, wenn sie die aufkeimenden Zweifel und Skrupel
an ihrem rätselhaften Geliebten erstickt. Ein großartig
gelungenes Porträt.« (Wolf Donner)
▶ Freitag, 28. Oktober 2016, 18.30 Uhr
César et Rosalie (Cesar und Rosalie) | Frankreich
1972 | R: Claude Sautet | B: Jean-Loup Dabadie,
Claude Sautet | K: Jean Boffety | M: Philippe Sarde | D:
Yves Montand, Romy Schneider, Sami Frey, Umberto
Orsini, Eva Maria Meineke | 110 min | OmeU | »Im
jüngsten Salon-Stück des Franzosen Claude Sautet
heißt Herr Montand Cesar und spielt einen SchrottGrossisten, der Romy Schneider liebt und sich ihrer Gegenliebe erfreut. Romy Schneider wird diesmal Rosalie
genannt. Sie ist nicht ganz so versatil wie ihr Partner,
sieht jedoch weit hübscher aus – ein Umstand, den
Regisseur Sautet klug zu unterstreichen wusste: Rosalie wechselt fast 20 mal die Garderobe und kehrt auch
einmal gänzlich unbedeckt den schönen Rücken zur
Romy Schneider
lUDWIG
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Kamera. ›Du verwirrst mich aber‹, spricht darauf ihr Kollege Sami Frey, der sich im Film David nennt, Comics
zeichnet und von Rosalie ebenfalls geliebt wird. Sie
kann sich freilich nicht zwischen Cesar und ihm entscheiden.« (Der Spiegel)
▶ Mittwoch, 26. Oktober 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Samstag,
29. Oktober 2016, 18.30 Uhr
Ludwig (Ludwig II) | Italien 1973 | R+B: Luchino Visconti | K: Armando Nannuzzi | D: Helmut Berger, Romy
Schneider, Trevor Howard, Silvana Mangano, Gert
Fröbe | 238 min | OmU | CinemaScope | Die Lebensgeschichte des bayerischen Königs Ludwig II., in deren
Mittelpunkt seine schwärmerische Verehrung für den
Komponisten Richard Wagner und seine geistige Wahlverwandte Kaiserin Elisabeth von Österreich steht.
15 Jahre nach der Sissi-Trilogie spielte Romy Schneider noch einmal die Rolle der österreichischen Kaiserin:
»Frei, als etwas Lebendiges und mehr als nur ästhetisch Ansprechendes wirkt in Viscontis Diktatur des Formalen und Schönen allein Romy Schneider als Elisabeth von Österreich, was nicht nur von der realistischen, widerspenstigen Verfassung dieser Rolle herrührt, sondern ganz entscheidend von der schauspielerischen Bravour und Souveränität Romy Schneiders.«
(Siegfried Schober)
▶ Sonntag, 30. Oktober 2016, 18.30 Uhr
Le train (Nur ein Hauch von Glück) | Frankreich 1973
| R: Pierre Granier-Deferre | B: Pierre Granier-Deferre,
Pascal Jardin, nach dem Roman von Georges Simenon
| K: Walter Wottitz | M: Philippe Sarde | D: Jean-Louis
Trintignant, Romy Schneider, Maurice Biraud, Paul
Amiot, Anne Wiazemsky | 101 min | OmU | »1940; ein
Zug voller Flüchtlinge fährt quer durch Frankreich von
Sedan nach La Rochelle. Dreißig Menschen in einem
Waggon, verzweifelte Lustigkeit, Egoismus, Angst, Sinnlichkeit. In dieser absurden Atmosphäre lieben sich ein
scheuer, linkischer Techniker und eine deutsche Jüdin.
Romy Schneider und Jean-Louis Trintignant spielen
wunderschön; die schrecklichen, skurrilen, idyllischen
Randszenen dieser Reise durch den Krieg, mit Dokumentarszenen ergänzt, sind genau und dicht. Den
etwas larmoyanten, melodramatischen Einschlag, den
der deutsche Titel noch unterstreicht, hat bereits die
Vorlage von Georges Simenon.« (Wolf Donner)
▶ Mittwoch, 2. November 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Freitag,
4. November 2016, 18.30 Uhr
Le mouton enragé (Das wilde Schaf) | Frankreich
1974 | R: Michel Deville | B: Christopher Frank, nach
dem Roman von Roger Blondel | K: Claude Lecomte |
M: José Berghmans | D: Romy Schneider, Jean-Louis
Trintignant, Jean-Pierre Cassel, Jane Birkin, Florinda
Bolkan | 105 min | OmU | »Michel Deville erzählt mit
sanftem Zynismus die Geschichte eines linkischen
Bankangestellten (Jean-Louis Trintignant), der unter
Anleitung eines Kaffeehaus-Poeten (Jean-Pierre Cassel) zum Finanz-Tycoon aufsteigt. Deville, der schon
immer hübsche Nichtigkeiten elegant zu verpacken
wußte, erweist sich wiederum als konsequent eskapistisches Boulevard-Talent. Auch ist DAS WILDE SCHAF
ein ansehnliches Stück spielerisch bunten Seifenblasen-Kinos, das mitsamt seinen augenzwinkernden
Niedlichkeiten und halbherzigen Ironisierungen einen
leicht faden Nachgeschmack hinterlässt. (Hans C. Blumenberg)
▶ Samstag, 5. November 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Dienstag,
8. November 2016, 21.00 Uhr
Le trio infernal (Trio Infernal) | Frankreich 1974 |
R+B: Francis Girod | K: Andréas Winding | M: Ennio
Romy Schneider
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▶ Sonntag, 6. November 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Mittwoch,
Gruppenbild mit Dame | BRD 1977 | R: Aleksandar
Petrović | B: Aleksandar Petrović, Jürgen Kolbe, nach
dem Roman von Heinrich Böll | K: Pierre-William Glenn
| D: Romy Schneider, Brad Dourif, Richard Münch, Irmgard Först, Vitus Zeplichal | 108 min | Die Geschichte
von Leni Gruyten im Nachkriegsdeutschland. »Romy
Schneiders Begeisterung für die Rolle war groß. Sie bereitete sich intensiv vor und suchte ein Gefühl für das
Kriegserleben zu erarbeiten. So gelang es ihr glaubwürdig, diese Leni als kluge, vorausblickende und humane
Frau darzustellen, die aber als Opfer des Krieges durch
das entstandene Leiden verstummt, nie über sich und
ihre Ängste spricht, sondern agiert und gegebenenfalls
ihre Handlungen erklärt. Bölls Leni – und auch Petrović
hält sich daran – reflektiert nicht über sich. Sie wird
über äußerliche Wahrnehmungen erkennbar, sie präsentiert sich allein durch ihr Handeln.« (Julia Danielczyk)
9. November 2016, 21.00 Uhr
▶ Samstag, 12. November 2016, 18.30 Uhr
L’important c’est d’aimer (Nachtblende) | Frankreich 1975 | R+B: Andrzej Żuławski | K: Ricardo Aronovich | M: Georges Delerue | D: Romy Schneider, Fabio
Testi, Jacques Dutronc, Claude Dauphin, Klaus Kinski |
108 min | OmeU | »Dieser erste ›große‹ Publikumsfilm
Une histoire simple (Eine einfache Geschichte) |
Frankreich 1978 | R: Claude Sautet | B: Claude Sautet,
Jean-Loup Dabadie | K: Jean Boffety | M: Philippe
Sarde | D: Romy Schneider, Claude Brasseur, Bruno
Cremer, Arlette Bonnard, Roger Pigaut | 110 min | OmU
| »Mit UNE HISTOIRE SIMPLE wollte Sautet erstmals ein
Frauenleben nicht aus dem Blickwinkel eines Mannes,
sondern aus der Sicht einer Frau erzählen. Durch die
enge Zusammenarbeit zwischen der Schauspielerin
und dem Regisseur entstand ein Drehbuch, das genau
auf Romy Schneider zugeschnitten war. Die Rolle der
Marie spiegelt Schneider zufolge all ihre eigenen Probleme und Vorstellungen wider. 1979 wurde sie für ihre
schauspielerische Leistung in UNE HISTOIRE SIMPLE
mit einem César ausgezeichnet. Sautet, Dabadie und
nicht zuletzt Romy Schneider schaffen eine emanzipierte Frau, die sich nicht um Konventionen zu kümmern scheint. Besonders im Umgang mit ihren Liebhabern ist sie sehr offen und versucht, ihre Unabhängigkeit zu bewahren.« (Anna Wirnsberger)
Morricone | D: Michel Piccoli, Romy Schneider, Mascha
Gonska, Monica Fiorentini, Philippe Brizard, Andréa Ferréol | 108 min | OmU | »Michel Piccoli erschießt Andréa
Ferréol durchs Küchenfenster und schleppt mit Romy
Schneider und Mascha Gonska die Leiche nach oben;
sie zerstückeln sie, weichen die Teile mittels Säure in
der Badewanne auf, schleppen die Brühe eimerweise
in den Garten … Das dauert eine gute halbe Stunde,
im Kino beginnt es förmlich zu stinken. Die authentische Geschichte von einem Notar und zwei deutschen
Schwestern, die in den dreißiger Jahren in Südfrankreich durch barbarische Morde Versicherungen betrogen, hat Girod in seinem Erstling knallig, gallig und makaber inszeniert. Fröhliche Horrorschocks, ironisierte
Unmoral, schwarzer Humor, ästhetisierter Unflat – eine
Provokation in Aspik.« (Wolf Donner)
des in Paris arbeitenden Wajda-Schülers Żuławski ist
ein Werk der aufgewühlten, schrillen und schwülen
Exaltationen. Hier wird nur im Superlativ gefühlt und
agiert. Ein schöner, hartgesottener Fotoreporter steigt
in vergammelten Villen, Pornoateliers und Schmierenbühnen der selbstverständlich ebenfalls schönen, aber
beruflich und privat verderbten Schauspielerin Nadine
(Romy Schneider) nach, ermöglicht ihr einen erfolglosen Bühnenauftritt in ›Richard III.‹ und Klaus Kinski, bei
dieser Gelegenheit sein ganzes outriertes Selbst zu
mimen. Ein Bubble-Gum, der so tut, als käme er direkt
aus Fausts Laboratorium.« (Dieter E. Zimmer)
▶ Freitag, 11. November 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Mittwoch,
23. November 2015, 21.00 Uhr
▶ Sonntag, 13. November 2016, 18.30 Uhr ▶▶ Diens-
tag, 29. November 2016, 21.00 Uhr
Death Watch (Der gekaufte Tod) | Frankreich 1980 |
R: Bertrand Tavernier | B: David Rayfiel, Bertrand Tavernier | K: Pierre William Glenn | M: Antone Duhamel | D:
Romy Schneider, Harvey Keitel, Harry Dean Stanton,
Thérèse Liotard | 130 min | engl. OF | »In einer zeitnahen Zukunft, einer totalen TV-Gesellschaft, ist ›Death
Watch‹ das populärste Fernsehprogramm: Sterben live,
der beobachtete Tod als nicht mehr zu überbietender
Akt des Voyeurismus. Der nächste Star dieser Serie ist
Romy Schneider
UNe HISTOIre SIMPle – eINe eINFAcHe GeScHIcHTe
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eine angeblich todkranke Bestsellerautorin von Computer-Romanen, die ohne ihr Wissen von einem Reporter
mit eingepflanzter Mini-Kamera im Auge beobachtet
wird. Als böser Blick auf die Macht der Medien und die
Kommerzialisierung des Todes mag Taverniers Film, der
im letzten Drittel so unvermutet wie unverschämt in
eine lyrische Liebesgeschichte mündet, vielleicht sehr
verwirrend wirken. Er ist mit seiner irritierenden Mischung aus Thriller, Utopie und Romanze eine raffiniert
verschlüsselte Reflexion über die Ausbeutung der Gefühle.« (Helmut W. Banz)
▶ Mittwoch, 7. Dezember 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Freitag,
16. Dezember 2016, 18.30 Uhr
Garde à vue (Das Verhör) | Frankreich 1981 | R:
Claude Miller | B: Claude Miller, nach dem Roman
»Brain Wash« von John Wainwright | K: Bruno Nuytten |
M: Georges Delerue | D: Lino Ventura, Michel Serrault,
Romy Schneider, Guy Marchand, Elsa Lunghini | 84 min
| OmU | »Lino Ventura, im gegerbten Gesicht Zweckrationalität und Staunen, und der weiche, blasse Michel
Serrault reden eine Nacht lang über Hunde, Regenmäntel, Nebelhörner, das heißt über Indizien. Keine Frage,
wer der Bulle ist und wer der Verdächtige. Dynamik entsteht in der bekannt sterilen Atmosphäre französischer
Film-Polizeibüros durch das Wechselspiel zwischen
Verhör und intimer Analysesituation. Das auslösende
Schreckliche wird herbeizitiert: in Tatort-Tableaus die
Sexualverbrechen an zwei kleinen Mädchen, in die der
sarkastische Notar verwickelt zu sein scheint; in der
verbalen und visuellen Metapher vom Flur, in dem ihn
seine Frau (Romy Schneider) zehn Ehejahre lang frustrierend stehenließ.« (Claudia Lenssen)
▶ Dienstag, 13. Dezember 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Samstag, 17. Dezember 2016, 18.30 Uhr
La passante du Sans-Souci (Die Spaziergängerin
von Sans-Souci) | Frankreich 1982 | R: Jacques Rouffio | B: Jacques Rouffio, Jacques Kirsner, nach dem
Roman von Joseph Kessel | K: Jean Penzer | M:
Georges Delerue | D: Romy Schneider, Michel Piccoli,
Helmut Griem, Dominique Labourier, Gérard Klein |
110 min | OmU | »Wenn Romy Schneider wie gehetzt
und mit suchenden, unruhigen Augen durch die Halle
des Pariser Flughafens läuft, wenn sie den Mann (Michel Piccoli), der sie dort erwartet, umarmt und wenn
sie lächelt, denkt man unwillkürlich an andere RomySchneider-Filme, zum Beispiel von Claude Sautet. Und
man erwartet: eine einfache Geschichte, die von den
Dingen des Lebens erzählt. Jacques Rouffio, Regisseur
dieses letzten Romy-Schneider-Films, erzählt von diesen Dingen: von Liebe und Hingabe, von Traurigkeit und
Sehnsucht. Die Geschichte, die auch eine Geschichte
der Selbstjustiz ist, mag man vergessen, an das schöne
Gesicht der Romy Schneider wird man sich noch lange
erinnern.« (Anne Frederiksen)
▶ Mittwoch, 14. Dezember 2016, 21.00 Uhr ▶▶ Sonntag, 18. Dezember 2016, 18.30 Uhr
Fox @ MoMA
Fox @ MoMA: The Studio as Auteur
ZOO IN BUDAPeST
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Als am 16. Mai 1929 im Rahmen eines Banketts mit
270 geladenen Gästen im Hollywood Roosevelt Hotel
in Los Angeles zum ersten Mal die Academy Awards
verliehen wurden, gingen fünf von 12 der vergebenen
Oscars an Produktionen der Fox Film Corporation:
Beste künstlerische Produktion (Fox Film Corporation
für SUNRISE), beste Hauptdarstellerin (Janet Gaynor für
SUNRISE, 7TH HEAVEN, STREET ANGEL), beste Regie
(Frank Borzage für 7TH HEAVEN), bestes adaptiertes
Drehbuch (Benjamin Glazer für 7TH HEAVEN) und beste
Kamera (Charles Rosher und Karl Struss für SUNRISE).
William Fox war auf der Höhe seines Erfolgs: Der Besitzer von Nickelodeons und Kinos war 1914 in die Produktion von Filmen eingestiegen und hatte seine Fox
Film Corporation in den 1920er Jahren zu einer der
führenden amerikanischen Filmfirmen ausgebaut.
Stets aufgeschlossen für technische Innovationen,
hatte er sich Mitte der 1920er Jahre Patente für das
Lichttonsystem gesichert, das sich in den 1930er Jahren durchsetzen sollte, experimentierte als einer der
ersten mit Breitwandsystemen und frühen Formen des
Merchandising und Cross-Marketing. Stärker als alle
anderen Studios konzentrierte sich die Fox Film auf
künstlerisch interessante Regisseure, etablierte die
Namen von Raoul Walsh, John Ford, Frank Borzage,
Howard Hawks und gab Erfolgsregisseuren aus
Deutschland wie F. W. Murnau oder Erik Charell die
Chance, ihren ersten amerikanischen Film zu drehen.
Die besten Fox-Filme verbanden künstlerischen Anspruch mit kommerziellem Erfolg und gingen in die
Filmgeschichte ein.
Als William Fox Ende der 1920er Jahre zu seinem größten wirtschaftlichen Coup ausholte und MGM seiner
Firma einverleiben wollte, scheiterte er an den AntiTrust-Gesetzen. Der Börsencrash von 1929 und ein
schwerer Autounfall, der ihn für mehrere Monate außer
Gefecht setzte, trugen dazu bei, dass er 1930 seine
Anteile verkaufen musste und die Banken seine Firma
übernahmen. Der Niedergang von William Fox wurde
1933 von Upton Sinclair ausführlich in seinem Buch
»Upton Sinclair Presents William Fox« beschrieben. Die
Fox Film Corporation produzierte weiterhin erfolgreiche
Filme, blühte jedoch erst wieder auf, als sie 1935 mit
der Firma Twentieth Century Pictures fusionierte und
Dream Team: Gaynor & Farrell
7th Heaven (Im siebenten Himmel) | USA 1927 | R:
Frank Borzage | B: Benjamin Glazer, nach dem Stück
von Austin Strong | K: Ernest Palmer, Joseph A. Valentine | M: William P. Perry, Ernö Rapée | D: Janet Gaynor,
Charles Farrell, Ben Bard, David Butler, Albert Gran |
118 min | OF | Movietone | Eine Geschichte unter, in
und über Paris zu Beginn des Ersten Weltkriegs: Der
Kanalarbeiter Chico nimmt die verwahrloste Diane in
seiner Dachwohnung im 7. Stock auf. Die Mobilmachung trennt die beiden, doch im Universum von Frank
Borzage, dem Meister des Melodrams, kann die Liebe
wirklich alles bezwingen. Borzage ging ein großes Wagnis ein, als er mit Janet Gaynor und Charles Farrell zwei
Unbekannte besetzte; er schuf so eines der größten
Leinwandpaare, das bis 1934 in zwölf Filmen gemeinsam auftrat. Bei den ersten Academy Awards wurde
Janet Gaynor für SUNRISE, 7TH HEAVEN und STREET
ANGEL als beste Darstellerin ausgezeichnet. Die aufwändigen Sets erlaubten unvergleichliche Bilder, besonders der Kameraaufzug, mit dem der Aufstieg in
den 7. Stock gefilmt wurde, und die Miniaturlandschaften, durch die die »Taxis de la Marne« fuhren. Berühmt
wurde der Titelsong »Diane«, der auf der originalen Movietone-Tonspur des Stummfilms zu hören ist.
▶ Freitag, 9. September 2016, 21.00 Uhr
Street Angel (Engel der Straße) | USA 1928 | R:
Frank Borzage | B: Marion Orth, nach der Erzählung
»Cristilinda« von Monckton Hoffe | K: Ernest Palmer | M:
Ernö Rapée | D: Janet Gaynor, Charles Farrell, Natalie
Kingston, Henry Armetta, Guido Trento | 102 min | OF |
Movietone | Die Neapolitanerin Angela findet nach
einem halbherzigen Versuch, als Prostituierte Geld zu
verdienen, Zuflucht in einem Wanderzirkus. Dort wird
sie als Artistin zur Hauptattraktion. Sie lernt den Maler
Gino kennen und inspiriert ihn zu einem idealisierten
Porträt. Fox Films bot dem Regisseur an, STREET
ANGEL in Neapel zu drehen, das Borzage gut kannte.
Doch er entschied sich dafür, alle Ressourcen des Studios in einem gewaltigen runden Set zu nutzen, in dem
die Kamera fliegend, schwebend, gleitend verschiedenste Handlungselemente zusammenführte. Die Tonspur verwendet keinen Dialog; Musik, gesungene und
gepfiffene Lieder verbinden die Liebenden, auch wenn
sie getrennt sind. Der erste Texttitel in STREET ANGEL
könnte über Borzages Gesamtwerk stehen: »Everywhere,
in every town, in every street, we pass, unknowing,
human souls made great through love and adversity«.
▶ Samstag, 10. September 2016, 21.00 Uhr
Fox @ MoMA
Darryl Zanuck die Leitung übernahm. Die 20th Century
Fox existiert noch heute, zu ihren Erfolgsfilmen der letzten Jahrzehnte gehören STAR WARS (1977), ALIENS
(1979), INDEPENDENCE DAY (1996), TITANIC (1997), XMEN (2000), ICE AGE (2002), AVATAR (2009) und THE
MARTIAN (2015).
1935 verkündete das Museum of Modern Art in New
York die Akquisition einer Gruppe von Filmen aus der
Produktion der Fox Film Corporation und verbreitete
eine Erklärung von Sidney R. Kent, der als Präsident der
20th Century Fox fungierte: »Ich habe mir die Aktivitäten des Museums für die Gründung einer Filmsammlung zur Erhaltung von Filmen verschiedener Produzenten angeschaut, die von bleibendem Wert für zukünftige Studien und Weiterentwicklungen der Filmkunst
sind. Ich finde, dass dieses uneingeschränkte Unterstützung verdient, und es freut mich sehr, Filme der
20th Century-Fox Film Corporation dem Museum für
seine Arbeit zur Verfügung zu stellen.« So gelangten
wichtige Stummfilme und frühe Tonfilme in die Sammlung des Museum of Modern Art, die seinerzeit nur
noch einen geringen kommerziellen Wert hatten. Dort
wurden die wertvollen Nitromaterialien unter guten
Bedingungen aufbewahrt und für Vorführungen in Archivkinos restauriert und umkopiert.
Nachdem das Filmmuseum schon mehrere seiner eigenen Restaurierungen im Programm des Museum of
Modern Art präsentiert hat, so 2012 eine vollständige
Retrospektive der Filme von Werner Schroeter und
2015 unvollendete Filme aus dem Nachlass von Orson
Welles, präsentiert das MoMA nun zum ersten Mal ein
ganzes Programm mit restaurierten 35mm-Filmkopien
aus seinem Bestand im Filmmuseum. Zu entdecken
sind neben Erfolgsfilmen von Frank Borzage, die im
Filmmuseum schon einige Male gezeigt wurden, vor
allem unbekannte Werke, die zum größten Teil in
Deutschland noch nicht zu sehen waren. Filme aus
einer Phase der Filmgeschichte, die geprägt war von
der Erfahrung des Ersten Weltkriegs, von Börsencrash
und Depression, von Eskapismus, Musicals und märchenhaften Melodramen, aber auch von sozialen Dramen, ungewöhnlichen Genrefilmen und den Freiheiten
der Pre-Code-Ära. Dave Kehr, Adjunct Curator des
MoMA Department of Film, und David Stenn, Mitglied
des MoMA Film Committee und Biograf von Clara Bow,
werden nach München kommen und einige Filme einführen. Wir danken der 20th Century Fox und Hollywood Classics, die diese Präsentation unterstützen,
und allen Mitarbeitern des Museum of Modern Art
Department of Film für die gute Zusammenarbeit.
Stefan Drößler / Filmtexte: Christoph Michel
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Sunny Side Up (Hab’ Sonne im Herzen) | USA 1929
| R: David Butler | B: Buddy DeSylva | K: Ernest Palmer,
John Schmitz | M: Buddy DeSylva, Lew Brown, Ray
Henderson | D: Janet Gaynor, Charles Farrell, Marjorie
White, El Brendel, Sharon Lynn | 123 min | OF | Der reiche John Cromwell ist darüber unglücklich, dass seine
Verlobte Jane sich etliche Verehrer hält. Er bittet die
Kaufhausangestellte Molly um Hilfe: Sie soll Jane eifersüchtig machen. Der erste gemeinsame Tonfilm für
Gaynor&Farrell, ihre vierte Zusammenarbeit, braucht
nur einen Hauch von Plot als Vorwand für ein bahnbrechendes Musical. Die Werbung versprach vollmundig:
»The screen’s first original all talking, singing, dancing
musical comedy.« Auch die ehrgeizigen Special Effects
stehen ganz selbstverständlich im Dienste der Songs,
wie in der epochalen Eskimonummer »Turn On the
Heat«. Mit weiteren mitreißenden Songs wie »You Find
the Time, I’ll Find the Place« und brillanten Choreografien, die in aberwitzigen Sets für die Kamera arrangiert
sind wie später bei Busby Berkeley, nimmt SUNNY SIDE
UP bereits die Entwicklungen der Musicals der 1930er
Jahre vorweg.
▶ Sonntag, 11. September 2016, 21.00 Uhr
A Director’s Medium: Raoul Walsh
The Yellow Ticket | R: USA 1931 | Raoul Walsh | B:
Jules Furthman, nach dem Stück von Michael Morton |
K: James Wong Howe | M: Carli Elinor | D: Elissa Landi,
Lionel Barrymore, Laurence Olivier, Walter Byron, Mi-
Journalisten kennen und verschafft ihm illegal Informationen über die Abgründe im vorrevolutionären Russland. Das bringt beide in Lebensgefahr. Raoul Walshs
Inszenierung in reichem Chiaroscuro betont immer wieder gerade die Dinge, die wir nicht sehen, während
James Wong Howes ständig gleitende, schwebende
Kamera uns tiefer und tiefer in die Geschichte hineinzieht. Anders als im Theatererfolg von 1914 (und in den
drei früheren Verfilmungen) steht bei Walsh der Gelbe
Schein nicht allein für die zaristische Unterdrückung
der Juden; Walshs Thema ist die männliche Unterdrückung der Frauen. Einen der Männer, die die Heldin
bedrängen, spielt Boris Karloff (ungenannt).
▶ Freitag, 16. September 2016, 21.00 Uhr
Wild Girl | USA 1932 | R: Raoul Walsh | B: Doris Anderson, nach der Erzählung »Salomy Jane’s Kiss« von Bret
Harte | K: Norbert Brodine | M: J. S. Zamecnik | D:
Charles Farrell, Joan Bennett, Ralph Bellamy, Eugene
Pallette, Irving Pichel | 80 min | OF | Salomy Jane lebt
mit ihrem Vater in einer Kleinstadt in der Sierra Nevada.
Die Männer im Ort stellen ihr nach, gegen ihren
schlimmsten Verfolger Phineas Baldwin muss sie sich
mit Gewalt wehren. Dann taucht ein Fremder auf, der
mit Baldwin eine Rechnung offen hat. Walsh unterzieht
den oft verfilmten Stoff einer tiefgreifenden Stilisierung.
Er präsentiert die handelnden Personen als sprechende
Porträts in einem Fotoalbum, die aufgeblättert werden
und sich selber vorstellen: »I’m Salomy Jane. I like
trees better’n men, they’re straight«. Auch der Fortschritt der Handlung wird »weitergeblättert«. Wiederholt taucht der Postkutscher auf und berichtet wie ein
griechischer Bote von neuen, nicht gezeigten Ereignissen. Über allem ruhen die traumhaft schönen SequoiaBäume. »In diesem verwunschenen Wald finden Salomy Jane und der Fremde die Freiheit und den Frieden, den Humphrey Bogart als Roy Earle in Walshs späterem HIGH SIERRA vergebens sucht.« (Robert Regan)
▶ Samstag, 17. September 2016, 21.00 Uhr
scha Auer | 84 min | OF | Russland 1913: Marya Kalish
erfährt, dass ihr Vater im Gefängnis in Sankt Petersburg dem Tode nahe ist. Doch sie kann nicht zu ihm,
denn als Jüdin ist ihr das Reisen untersagt. So besorgt
sie sich einen »Gelben Schein«, ein Reisepapier für
Prostituierte. Unterwegs lernt sie einen englischen
Under Pressure (Giganten der Unterwelt) | USA
1935 | R: Raoul Walsh | B: Borden Chase, nach seinem
Roman »Sand Hog« | K: Hal Mohr, L.W. O’Connell |
D: Edmund Lowe, Victor McLaglen, Florence Rice,
Marjorie Rambeau, Charles Bickford | 70 min | OF |
Die Journalistin Pat berichtet vom Bau eines U-BahnTunnels unter dem East River und hofft, dann nicht
mehr für die Klatschspalte schreiben zu müssen.
Jumbo und Shocker leiten einen Trupp Tunnelarbeiter,
ein konkurrierender Trupp gräbt ihnen von Manhattan
aus entgegen – wer weiter kommt, hat auch künftig
▶ Sonntag, 18. September 2016, 21.00 Uhr
ohne ihr Wissen zu helfen, damit sie ein von der Vergangenheit unbelastetes Leben beginnen kann. Der
Film ist reich an düsterer und makabrer Atmosphäre:
Im Keller der Untergrund-Kneipe »Casque d’Or« steht
ein gewaltiger Backofen, der auch grausigen Zwecken
dient. WHILE PARIS SLEEPS zählt zu den Filmen der
Fox, in denen F. W. Murnaus stilistischer Einfluss klar erkennbar ist, Costauds Flucht durch den nebligen
Dschungel erinnert deutlich an SUNRISE. Der Regisseur
Allan Dwan setzt Dialoge knapp und gezielt ein und »ist
wie immer besonders denjenigen Figuren zugeneigt,
deren Schicksal durch tragische oder bemitleidenswerte Wendepunkte geprägt wurde« (Jacques Lourcelles).
▶ Samstag, 24. September 2016, 21.00 Uhr
Paris lies on the Fox lot. Munich too.
Riley the Cop | USA 1928 | R: John Ford | B: Fred Stanley, James Gruen | K: Charles G. Clarke | D: J. Farrell
MacDonald, Louise Fazenda, Nancy Drexel, David Rollins, Harry Schultz | 66 min | OF | Movietone | Gleich zu
Beginn erklärt Riley: »You can tell a good cop by the
arrests he doesn’t make«. In 20 Jahren bei der New
Yorker Polizei musste er nie jemanden verhaften, er
wird in seinem Viertel respektiert und gilt als Vaterfigur.
Jetzt schickt man ihn nach Europa, um von dort einen
Verdächtigen heimzuholen. Bei seinen Ermittlungen in
Paris und München (»Why couldn’t the lad be arrested
in Ireland?«) verändert sich bald seine Sicht auf den Gesuchten, und eine temperamentvolle junge Münchnerin
stellt Rileys Welt vollends auf den Kopf. Eine fantasievolle, warmherzige und temporeiche KulturschockKomödie, die ganz von den Figuren lebt und fast ohne
Handlung auskommt, mit Musik und Toneffekten auf
der originalen Movietone-Spur. »RILEY THE COP ist der
Stummfilm von Ford, der einem nicht den Eindruck
vermittelt, dass er die Zwischentitel nur illustrieren und
eigentlich ein Tonfilm sein möchte. RILEY THE COP ist
echtes Kino.« (Tag Gallagher)
▶ Freitag, 23. September 2016, 21.00 Uhr
While Paris Sleeps (Nacht über Paris) | USA 1932 |
R: Allan Dwan | B: Basil Woon | K: Glen MacWilliams | D:
Victor McLaglen, Helen Mack, William Bakewell, Jack
La Rue, Rita La Roy | 63 min | OF | Der Sträfling
Jacques Costaud flieht von der Teufelsinsel und kehrt
in die Pariser Unterwelt zurück, um seine Tochter
Manon zu finden und sie vor einem Zuhälterring zu
schützen. Manon wuchs in der Überzeugung auf, ihr
Vater sei 15 Jahre zuvor bei Verdun gefallen. Daher gibt
er vor, ein Freund ihres Vaters zu sein und versucht ihr
The »It« Girl: Clara Bow
Call Her Savage | USA 1932 | R: John Francis Dillon |
B: Edwin J. Burke, nach dem Roman von Tiffany Thayer
| K: Lee Garmes | M: Peter Brunelli, Arthur Lange |
D: Clara Bow, Gilbert Roland, Thelma Todd, Monroe
Owsley, Estelle Taylor | 90 min | OF | Launisch, gewaltbereit, herrisch und unberechenbar – schon als Teenager tyrannisiert Nasa Springer ihre Eltern und ihre Umgebung, sie ringt mit ihrer Dogge und peitscht einen
Vorarbeiter aus. Ihr Vater, ein aufstrebender Unternehmer, schickt sie auf die Schule nach Chicago, wo sie
sich bald einen Namen als Playgirl macht und die
schrecklichsten Schicksalsschläge erleidet – »enough
melodrama for three movies« (David Stenn). Das weltberühmte »It« Girl Clara Bow war in den 1920er Jahren
das Symbol für die sexuell befreite Frau schlechthin: lebendig, unabhängig, nicht unterzukriegen und unwiderstehlich. Bow überstand den Wechsel zum Tonfilm gut,
doch ein Nervenzusammenbruch mit Klinikaufenthalt
unterbrach 1931 jäh ihre Karriere. Unter mehreren
Angeboten wählte sie einen neuen Vertrag mit der Fox
Film Corporation über zwei Filme, die ihre letzten
wurden. Ihr vorletzter Film CALL HER SAVAGE türmt
Klischees auf Sensationen, vermengt Tabubruch und
Sittenfilm.
Dienstag, 27. September 2016, 21.00 Uhr | Einführung:
David Stenn
Hoopla | USA 1933 | R: Frank Lloyd | B: Bradley King,
nach dem Stück »The Barker« von Kenyon Nicholson |
K: Ernest Palmer | D: Clara Bow, Preston Foster, Richard Cromwell, Herbert Mundin, James Gleason |
80 min | OF | Lou ist als Bauchtänzerin die große Attraktion einer Jahrmarktsschau: »Watch her, folks, Fatima,
Fox @ MoMA
Arbeit. Angesichts der wachsenden Rivalität zwischen
den Männern und des ständigen Unfallrisikos ist es nur
noch eine Frage der Zeit, bis eine Katastrophe eintritt,
ob Einsturz, Explosion, Brand, Wassereinbruch oder
Druckverlust. »Timely, thrilling drama of heroes who toil
and triumph under tons of treacherous river«, lautete
die Ankündigung. Ein Film ohne einen überflüssigen
Moment. Walsh setzt sämtliche Mittel ein, um das symbolisch aufgeladene Arbeiten unter Hochdruck für das
Publikum spürbar zu machen: Die klaustrophobischen
Sets, das virtuose Sound Design und die aufwändigen,
brillanten Effekte sind unvergesslich.
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fresh from the sultan’s harem. She’s young, folks. But,
boy, does she know her men! Hoop-la!« Angestiftet
durch die abgelegte Freundin ihres Chefs Nifty macht
Lou sich daran, Niftys naiven Sohn Chris zu verführen.
Aus Spiel wird Ernst, Lou und Chris heiraten und gehen
nach Chicago, was zum Bruch zwischen Vater und
Sohn führt. Mit 28 Jahren spielt Clara Bow eine »reife
Frau«, ihre aufrichtige, ungekünstelte Darstellung rettet
den Film vor Schund und Sentimentalität. Nach ihren
zwei Rollen bei Fox Film zog sie sich endgültig ins Privatleben zurück. Sie sagte: »A sex symbol is a heavy
load to carry when one is tired, hurt and bewildered.«
Die Verführungssequenz am Teich wurde auf Betreiben
des Hays Office gekürzt und umgeschnitten, um den
Eindruck zu erwecken, dass dem Paar unmöglich Zeit
für Sex geblieben sein könne.
▶ Mittwoch, 28. September 2016, 21.00 Uhr | Einfüh-
rung: David Stenn
To Rediscover: William K. Howard
The Trial of Vivienne Ware | USA 1932 | R: William K.
Howard | B: Philip Klein, nach dem Roman von Kenneth
M. Ellis | K: Ernest Palmer | M: R.H. Bassett, Hugo Friedhofer | D: Joan Bennett, Donald Cook, Richard ›Skeets‹
Gallagher, ZaSu Pitts, Lilian Bond | 55 min | OF | Als die
wohlhabende Vivienne Ware den Heiratsantrag des
Geschwindigkeit und Ökonomie erzählt. Die präzise angelegte Rückblendenstruktur, der hintergründige Dialogwitz des Drehbuchs und die innovativen, experimentellen Stilmittel der Regie kulminieren im wohl temporeichsten Prozess der Filmgeschichte. Reißschwenks
verbinden Schnitte, so dass es wirkt, als wäre der hemmungslose Schlagabtausch zwischen Anklage und Verteidigung in einem einzigen Take gedreht.
▶ Donnerstag, 29. September 2016, 19.00 Uhr | Einfüh-
rung: Dave Kehr
Don’t Bet on Women | USA 1931 | R: William K. Howard | B: William Anthony McGuire | K: Lucien Andriot |
D: Edmund Lowe, Jeanette MacDonald, Roland Young,
J.M. Kerrigan, Una Merkel | 71 min | OF | Fünf Jahre
nach seiner Scheidung behauptet Roger Fallon auf
einer Party, dass ihm jede Frau nach spätestens
48 Stunden in den Armen liegt, und wettet mit seinem
Freund Herbert um 10.000 $, dass das auch für die
nächste Frau gilt, die die Schwelle übertritt. Die
nächste ist aber Herberts Ehefrau Jeanne. William K.
Howard inszeniert mit leichter Hand und exaktem Timing, ganz unaufgeregt und entspannt. Das Drehbuch
ist gespickt mit Doppeldeutigkeiten. Neben der Lubitsch-erfahrenen Jeanette MacDonald als die zu kompromittierende Gattin ragt besonders Una Merkel heraus. »Merkel stammte aus Covington, Kentucky, und
hatte einen natürlichen breiten Südstaaten-Akzent. Als
Tallulah Hope ist sie überdreht, geradeheraus, zugleich
naiv und abgeklärt. Der Film enthält alle Elemente,
denen der Motion Picture Production Code einen Riegel
vorschieben wollte: anzügliches Verhalten, freizügige
Kleidung, zweideutige Situationen und ungehemmten
Alkoholkonsum.« (Anne Morra)
▶ Donnerstag, 29. September 2016, 19.00 Uhr | Einfüh-
rung: Dave Kehr
Three Faces of Music
zwielichtigen Architekten Damon Fenwick annimmt, ist
der Anwalt John Sutherland, der sie liebt, am Boden
zerstört. Kurz darauf erkennt sie, dass Fenwick sie hintergeht. Noch am selben Abend wird Fenwick ermordet,
und Vivienne Ware ist die Hauptverdächtige. Sutherland
übernimmt die Verteidigung, doch selbst er beginnt an
ihrer Unschuld zu zweifeln. Der Mordprozess wird ein
Medienereignis mit Live-Berichterstattung. THE TRIAL
OF VIVIENNE WARE ist von Anfang an mit unglaublicher
Caravan | USA 1934 | R: Erik Charell | B: Melchior Lengyel, nach seiner Erzählung »Gypsy Melody« | K: Ernest
Palmer, Theodor Sparkuhl | M: Werner Richard Heymann | D: Charles Boyer, Loretta Young, Jean Parker,
Phillips Holmes, Louise Fazenda | 103 min | OF | Prinzessin Wilma soll zur Heirat gezwungen werden und
flüchtet in die Arme eines feschen fremden Leutnants,
doch die Lage verkompliziert sich durch ihren herrischen Onkel, ihre Gouvernante, einen fahrenden Musikanten, einen »Zigeunerkönig«, einen Winkeladvokaten
und eine Reihe weiterer Gestalten. Die wirbelnde Ge-
▶ Freitag, 30. September 2016, 21.00 Uhr | Einführung:
Dave Kehr
Hearts in Dixie | USA 1929 | R: Paul Sloane | B: Walter
Weems | K: Glen MacWilliams | M: Howard Jackson,
Walter Weems | D: Clarence Muse, Eugene Jackson,
Stepin Fetchit, Bernice Pilot, Clifford Ingram | 72 min |
OF | Hollywoods erster Film mit (nahezu) rein schwarzer
Besetzung ist ein Musical über das Leben in den Südstaaten – keine Sklavengeschichte, sondern eine Szenenfolge über Menschen, die ihr Leben in die Hand
nehmen, dabei zugleich eine Tanzrevue und eine Feier
der afroamerikanischen Musik: »The Screen’s First
Singing, Dancing, Talking Comedy of the Old South«.
HEARTS IN DIXIE war nach dem Ersteinsatz über
40 Jahre lang nicht zu sehen, ehe er im MoMA für eine
Reihe über die Ursprünge des amerikanischen Filmmusicals wiederentdeckt wurde. Er ist eine weiße Fantasie über schwarzes Leben, eine Mischung aus teils
progressiven, teils hoch problematischen Elementen.
Die Gestalt des Faulenzers und Drückebergers Gummy
beispielsweise wirkt heute mehr als befremdlich, doch
gibt es Kritiker, die in der krass überzeichneten Darstellung durch Stepin Fetchit (bekannt aus vielen Filmen
von John Ford) eine Satire sehen.
▶ Samstag, 1. Oktober 2016, 21.00 Uhr
I Am Suzanne! (Ich bin Susanne) | USA 1933 | R:
Rowland V. Lee | B: Rowland V. Lee, Edwin Justus
Mayer | K: Lee Garmes | M: Louis De Francesco, Friedrich Hollaender, Forman Brown | D: Lilian Harvey, Gene
Raymond, Leslie Banks, Georgia Caine, Halliwell Hobbes | 100 min | OF | viragiert | Dem Pariser Marionettenspieler Tony läuft das Publikum davon; der Grund
dafür ist die Tänzerin Suzanne, der Star der großen
Revue de Paris im benachbarten Theater. Fasziniert bittet er sie darum, eine Puppe nach ihr fertigen zu dürfen.
Eifersüchtig droht Suzannes Entdecker, der ›Baron‹, sie
Fox @ MoMA
schichte in einem Wolkenkuckucks-Ungarn stammt
von Melchior Lengyel, der später die Storys zu Ernst Lubitschs NINOTCHKA (1939) und TO BE OR NOT TO BE
(1942) beisteuerte. Erik Charell war berühmt für seine
Bühnenrevuen am Großen Schauspielhaus in Berlin,
1931 drehte er mit DER KONGRESS TANZT einen der
großen Klassiker des frühen deutschen Tonfilms. Durch
seinen zweiten Film CARAVAN, der kurz nach dem Inkrafttreten des Production Code in die Kinos kam, weht
noch ein letzter Hauch von Pre-Code, die Figuren sind
noch nicht entsexualisiert. Der aus heutiger Sicht
schwer nachvollziehbare Misserfolg bei Kritik und Publikum setzte Charells Filmkarriere ein jähes Ende.
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auf die Straße zu setzen. In I AM SUZANNE! ist die zentrale Metapher der Puppenexistenz auf allen Ebenen
präsent, der Film verwischt zusehends die Grenze zwischen der Menschen- und der Marionettenwelt. Geführt von den Händen der Yale Puppeteers wirken die
Puppen lebendig – im Gegenzug sehen wir eine Traumsequenz, in der die Menschen als Puppen agieren. Der
Baron manipuliert Suzanne wie eine Puppe, und die Rehabilitation nach ihrem Unfall ist eine Form des Marionettenspiels. Die Filmkopie enthält das originale und für
einen Tonfilm äußerst ungewöhnliche Farbschema,
nach dem die einzelnen Szenen monochrom eingefärbt
wurden.
▶ Sonntag, 2. Oktober 2016, 21.00 Uhr
Fox in Love: Romances
Bad Girl | USA 1931 | R: Frank Borzage | B: Edwin J.
Burke, nach dem Roman von Viña Delmar | K: Chester
Lyons | D: James Dunn, Sally Eilers, Minna Gombell,
William Pawley, George Irving | 90 min | OF | Dot und
Eddie sind ein junges arbeitendes Paar in Brooklyn, ihre
Beziehung leidet jedoch unter dem wirtschaftlichen
Druck der Great Depression. Als Dot schwanger wird,
ist sie davon überzeugt, dass er das Kind nicht will, und
er glaubt dasselbe von ihr. BAD GIRL widerlegt Kent
Jones’ These, Borzage habe »nie auch nur das geringste Interesse am Alltagsleben gezeigt«, denn Dot
und Eddie sind kein transzendentes Liebespaar, sondern stets anrührend erdverbunden. Der Filmbeginn,
das illusionslose Kennenlernen des Paares, die Szenen
in der Mietskaserne erfassen unmittelbar das Leben in
der Wirtschaftskrise, in Eddies Worten: »Born on the second floor, probably died on the fifth. Two lives spent
climbing three flights of stairs«. Die Vorlage zu BAD
GIRL war ein kalkuliertes Skandalbuch, in dem aber gerade die stärksten Passagen der Filmhandlung nicht
vorkommen. Borzage erzählt schlichter, nüchterner, beiläufiger als je zuvor von Bindungsfähigkeit und Reife,
bei ihm gibt es keine Schurken außer der Armut.
Zoo in Budapest (Revolte im Zoo) | USA 1933 | R:
Rowland V. Lee | B: Dan Totheroh, Louise Long, Rowland V. Lee | K: Lee Garmes | D: Loretta Young, Gene
Raymond, O. P. Heggie, Wally Albright, Paul Fix | 83 min
| OF | viragiert | Bei einem Zoobesuch lernt das Waisenmädchen Eve den jungen Zani kennen, der im Zoo aufgewachsen ist und nur Tiere seine Freunde nennt. Sie
flieht aus dem strengen Regime des Waisenhauses zu
ihm. Der Zoo wirkt zunächst wie ein feindseliger
Dschungel, wandelt sich jedoch nach und nach zu
einem Garten Eden. ZOO IN BUDAPEST ist einer der
poetischsten Filme von Rowland V. Lee und in seinen
vielfach aufgeladenen Bildern nie auf nur eine Aussage
festzulegen. Neben vielen anderen Dingen ist er auch
ein ökologisches Manifest und ein Tierschutzpamphlet.
Ein absolut einmaliger Film von ekstatischer Schönheit
mit atemberaubenden Bildern, die an Josef von Sternbergs Filme erinnern – Lee Garmes war Sternbergs
bevorzugter Kameramann. Die Filmkopie weist die originale Färbung auf, die für die traumhafte Wirkung des
Films unverzichtbar ist.
6 Hours to Live! | USA 1932 | R: William Dieterle | B:
Bradley King, nach der Erzählung »Auf Wiedersehen«
von Morton Barteaux und Gordon Morris | K: John F.
Seitz | M: R.H. Bassett, Peter Brunelli | D: Warner
Baxter, Miriam Jordan, John Boles, George Marion Sr.,
Halliwell Hobbes | 78 min | OF | »Während einer internationalen Konferenz in Genf wird ein Diplomat ermordet. Dank einer sensationellen Erfindung erhält er einen
sechsstündigen Lebensaufschub, der ihm erlaubt,
seine politischen Feinde bloßzustellen und zur Völkerverständigung aufzurufen.« Dieterles Film enthüllt »die
beiden Grundzüge von Dieterles Filmarbeit, nämlich
einerseits seine Vorliebe für das Fantastische, Überspannte, und andererseits ein humanistisches, progressives Credo.« (Hervé Dumont) Während die Universal
Studios zu Beginn der 1930er mit stilvollem Horror und
Science Fiction gewaltige Erfolge feierten, wagte die
Fox sich kaum aufs Terrain der Fantastik. Die wenigen
Ausnahmen gerieten dafür umso eindrucksvoller, weil
keine Studiovorgaben für die Handlung, die Figurenzeichnung oder den visuellen Stil zu befolgen waren.
6 HOURS TO LIVE! vereint Rachemotive aus Western
und Thriller mit Elementen des Mysterienspiels, das
Dieterle so liebte, und der Passionsgeschichte.
▶ Samstag, 15. Oktober 2016, 21.00 Uhr
▶ Freitag, 28. Oktober 2016, 21.00 Uhr
Adorable | USA 1933 | R: William Dieterle | B: George
Marion Jr., Jane Storm | K: John Seitz | M: Werner Richard Heymann | D: Janet Gaynor, Henry Garat, C. Aubrey Smith, Herbert Mundin, Blanche Friderici | 88 min
| OF | »On the map of Central Europe, midway between
Munich and Vienna, there is no such place as HipsburgLegstadt. Therefore, in this secluded little Kingdom, we
begin.« Prinzessin Mitzi geht inkognito tanzen und
schon verliert sie ihr Herz. Aber was wird sein, wenn
der Liebste erfährt, dass sie eine Prinzessin ist und
keine Maniküre? Was, wenn sie erfährt, dass er kein
Gemüsehändler ist, sondern Offizier? ADORABLE ist
voller visueller Einfälle und virtuoser Effekte, nach dem
Ball tanzen Mitzis Schuhe weiter, ihr Bett wiegt sich zur
Musik und die Kamera erforscht die weitläufigen Zuckerbäckersets des Palastes. Das Musical ist ein recht
eigenständiges Remake des deutschen Operettenfilms
IHRE HOHEIT BEFIEHLT (1931), Werner Richard Heymanns Kompositionen wurden direkt übernommen.
Gaynor und Garat singen voller Überzeugung herrlich
alberne Texte: »You’re so completely adorable / Is the
way to your heart explorable?«
Trick for Trick | USA 1933 | R: Hamilton MacFadden |
B: Howard J. Green | K: L. W. O’Connell | D: Ralph Morgan, Victor Jory, Sally Blane, Tom Dugan, Luis Alberni |
70 min | OF | Sechs Monate sind vergangen, seit die
Assistentin des Illusionisten Azrah tot aufgefunden
wurde. Sein Rivale La Tour arrangiert eine Séance, bei
der er Azrah des Mordes überführen will. Doch es
kommt zu einem tödlichen Missgeschick. »Nach TRICK
FOR TRICK wieder ans heiße Tageslicht zu stolpern, ist
kein gewöhnliches Abenteuer. Der neue Film handelt
von Zauberei, und er versetzt den leichtgläubigen Zuschauer in Windeseile in ein Reich, in dem praktisch
alles geschehen kann.« (New York Times) Regisseur Hamilton MacFadden war ein Spezialist für atmosphärisch
dichte, ausgefeilte whodunits, er schuf einige der
schönsten Charlie-Chan-Filme. McFadden konnte die
spannende Geschichte voller unerwarteter Wendungen
mit einer Idealbesetzung realisieren. Ein besonderer
Genuss bei diesem Duell zweier Zauberkünstler ist das
unglaubliche Arsenal verblüffender Special Effects aus
dem unerschöpflichen Ideenreichtum von William Cameron Menzies.
▶ Sonntag, 16. Oktober 2016, 21.00 Uhr
▶ Samstag, 29. Oktober 2016, 21.00 Uhr
Fox @ MoMA
▶ Freitag, 14. Oktober 2016, 21.00 Uhr
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Outside the box: Fantasies
Die Auseinandersetzung mit Kino und Filmgeschichte
bestimmt das Programm des Filmmuseums. Dabei
droht neben großen Retrospektiven und thematischen
Programmen die analytische Auseinandersetzung mit
einzelnen Werken und mit filmtheoretischen Aspekten
zu kurz zu kommen. Die Filmreihe »Kino-Lectures« versammelt einerseits essayistische Filme, die Gestaltungsmittel des Films erläutern und analysieren, und
lädt andererseits Referenten ein, einzelne Aspekte der
Filmgeschichte und Diskurse über die Werke von Filmemachern zu präsentieren. Dabei werden auch Filmausschnitte herangezogen, um Vergleiche zu ermöglichen,
Zusammenhänge herzustellen und Gesamtwerke von
Filmautoren zu durchleuchten. Als eine Art Konstante
ziehen sich durch das Programm fünf aufeinander aufbauende Abende mit dem ehemaligen Filmreferenten
des Kulturreferats der Landeshauptstadt München,
Andreas Rost, der sich Ingmar Bergman als Filmautor
ausgewählt hat. Rost betrachtet Bergmans Werk als
»Mindscreen«, wobei er sich auf Bruce F. Kawins gleichnamiges Buch und die kognitiven Filmtheorien von Noël
Carroll und David Bordwell beruft. »Die kleine Auswahl
von fünf Filmen Bergmans aus einer Zeitspanne von
20 Jahren will den Versuch wagen, dem Werk des großen schwedischen Filmautors aus einem Abstand von
vielen Jahrzehnten neu zu begegnen und nachzuforschen, inwieweit seine damals doch so verfänglichen
Filme heute noch einen ›Zauber‹ spüren lassen, der die
Zeiten überdauert hat. So viel besser scheint die Welt
nicht geworden zu sein, als dass die Dämonen eines
Bergman, der sich als Grenzgänger zwischen Angstträumen und einer beängstigenden Welt bewegte, verschwunden wären und wir uns im Lichte einer vernünftigen Wirklichkeit oder der Verwirklichung von Vernunft
– wie es Hegel für seine Zeit postulierte – bei der Einrichtung und den Zuständen unserer Lebenswelt zufrieden geben könnten.« (Andreas Rost)
Zwischen den Bildern. Zur Geschichte der Filmmontage | BRD 1983 | R+B: Heide Breitel, Klaus Feddermann, Helmut Herbst, Hans Helmut Prinzler | K:
Jody Saslow, Gregory von Berblinger, Carlos Bustamante, Helmut Herbst | M: Joachim Bärenz | 185 min |
Der erste Teil des dreiteiligen Filmessays handelt von
der MONTAGE IM ERZÄHLKINO. Weil das Erzählkino vor
allem amerikanisches Kino ist, behandelt dieser Teil die
Montage des Westerns: in Konfrontationen, wo Gut und
Böse durch Schnitte getrennt werden. Der zweite Teil
beschäftigt sich mit der MONTAGE IM DOKUMENTARISCHEN FILM. Vor allem in deutschen Dokumentarfilmen. Da gibt es eine Gegenüberstellung von symphonisch, harmonisch, nach formalen Prinzipien geschnittenen Filmen mit Filmen, in denen Menschen zu sehen
sind, die nicht den Schnitten und dem Rhythmus der
Schnitte untergeordnet werden. Im dritten Teil ÜBER
DIE TRÄGHEIT DER WAHRNEHMUNG reflektieren experimentell arbeitende Filmemacher wie Jean-Luc Godard, Werner Nekes, Danièle Huillet und Jean-Marie
Straub, Alexander Kluge und Klaus Wyborny ihr Verhältnis zum Schnitt, zur Montage und damit zur Geschichte
des Films.
▶ Dienstag, 13. September 2016, 19.00 Uhr
Martina Müller: Max Ophüls | 30 min – Liebelei |
Deutschland 1933 | R: Max Ophüls | B: Hans Wilhelm,
Curt Alexander, nach dem Stück von Arthur Schnitzler |
K: Franz Planer | M: Theo Mackeben | D: Magda Schneider, Wolfgang Liebeneiner, Gustaf Gründgens, Olga
Tschechowa, Luise Ullrich | 82 min | Die ungewöhnlich
dichte Verfilmung von Arthur Schnitzlers Drama über
schicksalshafte Liebschaften im Wien der k.u.k.-Monarchie gilt als einer der schönsten deutschen Filme.
Max Ophüls schrieb: »Über LIEBELEI lag ein Glücksstern. Glückssterne scheinen besonders hell am Poetenhimmel, und ich glaube, Arthur Schnitzler ist ein großer Poet.« LIEBELEI war der letzte Film, den Ophüls in
Deutschland drehen konnte, bevor er emigrieren
musste. Die Namen der jüdischen Mitwirkenden wurden aus dem Vorspann des Films herausgeschnitten,
das Originalnegativ gilt als verloren. Ausgehend von
den besten erhaltenen Materialien wurde LIEBELEI vom
Filmmuseum digital restauriert und erlebt in dieser
Kino-Lectures
Kino-Lectures
25
Form seine Premiere. In der Neuverfilmung CHRISTINE,
die im Anschluss läuft, spielt Romy Schneider die Rolle,
die Ophüls in LIEBELEI mit ihrer Mutter besetzt hatte.
Kino-Lectures
▶ Dienstag, 20. September 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Martina Müller
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Andreas Rost: Ingmar Bergman I | 30 min – Fängelse (Gefängnis) | Schweden 1949 | R+B: Ingmar
Bergman | K: Göran Strindberg | M: Erland von Koch |
D: Doris Svedlund, Birger Malmsten, Eva Henning,
Hasse Ekman, Stig Olin | 79 min | OmeU | Wie Peter
Cowie in seinem Bergman-Buch bemerkt, reiht sich der
Film mit seiner düsteren Weltsicht in die allgemeinen literarischen Tendenzen der 1940er Jahre ein. Kritiker
haben zudem auf Verbindungen zum Existentialismus
und Sartre verwiesen. Bergmans Geschichte einer
Prostituierten ist noch von der überbordenden Symbolik der Zeit geprägt. Selbstkritisch zieht Bergman im Interview 1968 ein anderes Beispiel heran: »Bressons
MOUCHETTE. Das ist der Film, den ich damals hätte
machen wollen, den ich aber nicht machen konnte und
nicht verstand. Da ist das Motiv klar ausgesprochen
und vollkommen gereinigt. Das Mädchen in MOUCHETTE und das Mädchen in FÄNGELSE sind Geschwister, Schwestern in zwei ähnlichen Welten.«
▶ Dienstag, 27. Steptember 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Andreas Rost
Claudia Engelhardt: British Social Realism | 30 min
– Riff-Raff | GB 1991 | R: Ken Loach | B: Bill Jesse | K:
Barry Ackroyd | M: Stewart Copeland | D: Robert Carlyle, Emer McCourt, Jim R. Coleman, George Moss,
Ricky Tomlinson | 95 min | OmU | Ken Loach drehte zu
Beginn der Thatcher-Ära diese Tragikomödie über den
desolaten Zustand der Gesellschaft. Stevie, ein Ex-Häftling aus Glasgow, arbeitet mit anderen Ungelernten
unter prekären Umständen auf einer Baustelle in London. Unterschlupf und Zuwendung findet er bei der
Esoterikerin Susan, die davon träumt, Sängerin zu werden. Doch als Ausbeutung, Menschenverachtung und
Druck auf dem Bau unerträglich werden, setzt er ein
anarchisches Zeichen. Loach schafft mit Schauspielern
und Laien sowie teilweise improvisierten Dialogen ein
überzeugendes Porträt der Arbeiterklasse, das von großer Sympathie für seine Protagonisten getragen ist. Der
vielfach mit Preisen ausgezeichnete Loach steht klar in
der Tradition des British Social Realism, hat aber mit
seinen Filmen, die nahezu dokumentarischen Charakter haben, ein eigenes Genre begründet.
▶ Dienstag, 4. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Claudia Engelhardt
Ross Lipman: Notfilm (Nichtfilm) | USA 2015 | R+B:
Ross Lipman | 130 min | OmU | 1965 kam es zu einer
denkwürdigen Zusammenarbeit zwischen dem Dramatiker Samuel Beckett und dem Stummfilmkomiker Buster Keaton. Der russische Theaterregisseur Alan
Schneider inszenierte Becketts Drehbuch FILM, Keaton
spielte die Hauptrolle. Filmemacher Ross Lipman hat
die Entstehungsgeschichte des Projekts minutiös recherchiert und fördert viele unbekannte Materialien zu
Tage. Dazu gehören bisher nicht veröffentliche Tonaufnahmen, die Barney Rosset, Becketts amerikanischer
Herausgeber, bei den Produktionstreffen heimlich aufgezeichnet hat. »Den selten auf Band aufgezeichneten
Beckett in seinem höchst lyrischen irischen Tonfall
sprechen zu hören, ist einer der besonderen Reize von
NOTFILM.« (Kenneth Turan) – Film | USA 1965 | R:
Alan Schneider | B: Samuel Beckett | K: Boris Kaufman
| D: Buster Keaton | 25 min | OF (ohne Dialog) | »Der
Film bedeutet nach meiner Ansicht, dass ein Mensch
sich vor jedem verstecken, nicht aber vor sich selbst
entkommen kann.« (Buster Keaton)
▶ Dienstag, 11. Oktober 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast: Ross
Lipman
Andreas Rost: Ingmar Bergman II | 30 min – Smultronstället (Wilde Erdbeeren) | Schweden 1957 |
R+B: Ingmar Bergman | K: Gunnar Fischer | M: Erik
Nordgren | D: Victor Sjöström, Bibi Andersson, Ingrid
Thulin, Gunnar Björnstrand, Jullan Kindahl | 91 min |
OmU | Wie Bergman schon in FÄNGELSE seine Reverenz an die Geschichte des Kinos mit einer eingebauten
Stummfilmfarce erwies, so ist es hier die Besetzung mit
Victor Sjöström – Regisseur von Klassikern wie
INGEBORG HOLM (1913) oder THE WIND (1928) mit
Lillian Gish – als misanthropischem Prof. Isak Borg, der
auf dem Weg zur Verleihung des Dr. h.c. in Lund zugleich eine Reise in seine Vergangenheit antritt. Ein
▶ Dienstag, 18. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Andreas Rost
Christoph Michel: Hollywoods Blacklist | 20 min –
Trumbo | USA 2015 | R: Jay Roach | B: John McNamara, nach dem Buch von Bruce Cook | K: Jim Denault
| M: Theodore Shapiro | D: Bryan Cranston, Michael
Stuhlbarg, David Maldonado, Diane Lane, Helen Mirren
| 124 min | OmU | »TRUMBO beruht auf der sorgfältig
recherchierten Monografie von Bruce Cook, die John
McNamara so frei adaptiert hat, dass es ein paradoxes
Maß an Nostalgie zulässt. Trumbos Leben ist eine vertrackte Erfolgsgeschichte. Er war der bestbezahlte
Autor des Studiosystems und später der bestbezahlte,
der auf der Schwarzen Liste stand. Und er gewann
einen Kampf, der aussichtslos erschien. Trumbo, den
Bryan Cranston demütig und hochtrabend zugleich
spielt, bannt die Geister, die Hollywood mehr als ein
Jahrzehnt heimsuchten. Als er 1970 von der Drehbuchautorengilde für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird,
bedankt er sich mit einer Rede, die einen Heilungspro-
zess besiegeln soll: Es habe in dieser dunklen Zeit
keine Helden oder Schurken, sondern nur Opfer gegeben.« (Gerhard Midding)
▶ Dienstag, 25. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Christoph Michel
Christian Wagner: Erfahrungen und Faszination bei
der 4K-Digitalisierung eines 35mm-Films | 30 min –
Wallers letzter Gang | BRD 1988 | R+B: Christian
Wagner, frei nach Motiven des Romans »Die Strecke«
von Gerhard Köpf | K: Thomas Mauch | M: Florian Ernst
Müller | D: Rolf Illig, Herbert Knaup, Crescentia Dünßer,
Sibylle Canonica, Volker Prechtel, Irm Hermann, Tilo
Prückner | 100 min | »Dieser Streckengang, der im Niemandsland endet, fasziniert durch die nahezu traumsichere, traumversunkene Erzählweise des jungen Regisseurs, der mühelos und souverän zwischen (farbiger) Gegenwart und den (schwarz-weiß gedrehten) Vergangenheiten des als Eigensinniger aus dem Zweiten
Weltkrieg heimgekehrten Waller hin- und herwechselt.
Ein ganz unpathetischer großer Innerer Monolog ist
das: im Zentrum des Films, der aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Ein Film von lange bei uns nicht
mehr gesehener epischer Intensität und erzählerischer
Dichte.« (Wolfram Schütte) – Zug | Deutschland 1990 |
R+B: Thomas Mauch, Christian Wagner | K: Thomas
Mauch | M: Christoph Oliver | 9 min | Langzeitbeobachtung der Demontage einer Allgäuer Eisenbahnstrecke,
gefilmt und vorgeführt auf 35mm-Film.
▶ Dienstag, 1. November 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast:
Christian Wagner
Andreas Rost: Ingmar Bergman III | 30 min – Tystnaden (Das Schweigen) | Schweden 1962 | R+B: Ingmar Bergman | K: Sven Nykvist | M: Ivan Renliden | D:
Ingrid Thulin, Gunnel Lindblom, Birger Malmsten,
Håkan Jahnberg, Jörgen Lindström | 96 min | OmeU |
Die Geschichte zweier Schwestern, die auf ihrer Zugfahrt wegen der Krankheit Esters in einer Stadt in
einem unbekannten Land mit unbekannter Sprache gestrandet sind, wo die jüngere Schwester Anna hemmungslos ihren sexuellen Bedürfnissen nachgeht und
schließlich mit ihrem Sohn Johan alleine weiterfährt.
Wie in anderen Filmen Bergmans sind die Figuren auch
hier als zwei gegensätzliche Pole einer Persönlichkeit
denkbar. In Esters heftiger Abneigung gegen Annas sexuelle Freizügigkeit bekämpft sie an ihrer Schwester,
was sie selbst unterdrückt. Der Film sei »einer der ersten Filme der Nachkriegszeit, der einer weiblichen
Hauptfigur zugesteht, Sex zu begehren…« (Thomas
Koebner). Der Skandalerfolg von DAS SCHWEIGEN
brachte Bergman Morddrohungen ein und löste anhaltende Diskussionen über Filmzensur aus.
▶ Dienstag, 8. November 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Andreas Rost
Lea Wohl von Haselberg: Die Darstellung von
Juden im deutschen Film nach 1945 | 30 min –
Schwarzer Kies | BRD 1961 | R: Helmut Käutner | B:
Kino-Lectures
Angsttraum zu Beginn des Films, der den nahenden
Tod evoziert, veranlasst Borg dazu, das am Wegrand
seines Lebens Versäumte aufzusuchen. Dieses erscheint
sowohl als Traum oder Tagtraum, wie im Falle seiner
Jugendliebe Sara, als auch realiter durch Begegnung
mit seiner Mutter, seiner Schwiegertochter und seinem
Sohn. Laut Thomas Koebner ist der Film »bis heute eine
ergreifende Elegie über missglückte Existenz.«
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Kino-Lectures
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Helmut Käutner, Walter Ulbrich | K: Heinz Pehlke | D:
Helmut Wildt, Ingmar Zeisberg, Hans Cossy, Wolfgang
Büttner, Anita Höfer | 113 min | Im Hunsrück werden
auf einem Militärflugplatz der Amerikaner neue Pisten
für Düsenjäger gebaut. »Ich mag den SCHWARZEN
KIES besonders gerne und bedaure es sehr, dass der
so gar kein Erfolg gewesen ist. Die direkten aktuellen
Probleme waren die Amerikaner mit ihrem moralischen
Anspruch in den unmoralischen Dörfern in der Eifel
und im Hunsrück. Der Film wurde falsch verstanden.«
(Helmut Käutner) In einer Nebenhandlung wird ein jüdischer Barbesitzer, ehemaliger KZ-Häftling, als »Saujude« beschimpft. Anlässlich der Filmpremiere kommt
es zum Skandal. Der Zentralrat der Juden protestiert,
reicht Strafantrag ein, Käutner wehrt sich, der Film
kommt nur in einer überarbeiteten Fassung in den
Verleih. Erst kürzlich wurde im Bundesarchiv eine Filmkopie mit den gekürzten Szenen wieder aufgefunden,
die im Rahmen des Einführungsvortrags gezeigt werden.
▶ Dienstag, 22. November 2016, 19.00 Uhr | Einführung:
Lea Wohl von Haselberg
Andreas Rost: Ingmar Bergman IV | 30 min – Persona | Schweden 1966 | R+B: Ingmar Bergman | K:
Sven Nykvist | M: Lars Johan Werle | D: Bibi Andersson,
Liv Ullmann, Margarethe Krook, Gunnar Björnstrand,
Jörgen Lindström | 85 min | OmU | Nachdem die
Schauspielerin Elisabet Vogler auf der Bühne in der
Rolle der Electra verstummte, wird sie, die beharrlich
weiter schweigt, in Begleitung der Krankenschwester
Alma zur Genesung ans Meer geschickt, wo Elisabets
Sprachverlust im Umgang mit Alma geheilt werden soll.
»Ich dachte mir, man könnte gut irgendetwas über zwei
Leute schreiben, die ihre Identitäten aneinander verlieren und die auch ein gewisse Ähnlichkeit haben.« (Ingmar Bergman) Kaum ein Film Bergmans hat so viel an
Theorie und Analyse – insbesondere auch unter Gender-Gesichtspunkten, feministischen und psychoanalytischen Ansätzen (von C. G. Jung bis zu Jacques Lacan)
– hervorgebracht wie dieses Werk, das aufgrund seiner
Selbstreflexivität und seiner gleitenden Übergänge von
Realitäts- zu Traumebenen als das avantgardistischste
des Regisseurs gelten kann. »PERSONA ist der geheimnisvollste und verblüffendste aller Bergman-Filme.«
(Peter Cowie)
▶ Dienstag, 29. November 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Andreas Rost
Stefan Drößler: Rekonstruktion verlorener Filme
und Umgang mit Fragmenten | 120 min | Anhand
von Fallbeispielen aus der Praxis der Restaurierungs-
arbeit des Filmmuseums München wird gezeigt, wie
seltsam, schwierig und manchmal zufällig die Überlieferung wichtiger Werke der Filmgeschichte ist und
wie abenteuerlich die Suche nach ihnen sein kann. Wo
werden vermeintlich verlorene Filme gefunden? Warum
werden manche Filme gerettet und andere nicht?
Welche Quellen sind für Rechercheure relevant und wie
wägt man verschiedene Informationen gegeneinander
ab? Mit welchen Ideen und Techniken kann man unterschiedliche Materialien zusammenfügen und Fehlstellen überbrücken? Mehr oder weniger vollständige
Filme von Ernst Lubitsch, Paul Wegener, F. W. Murnau,
John Hagenbeck, Orson Welles und anderen werden
in Ausschnitten, Bildern und Dokumenten vorgestellt. –
Orson’s Bag: London | 1968-71 | R+B: Orson Welles |
K: Giorgio Tonti, Tomislav Pinter, Ivica Rajkovic, Gary
Graver| D: Orson Welles, Charles Gray, Jonathan Lynn |
30 min | OF | Das 1999 vom Filmmuseum erstmals
rekonstruierte Fragment aus dem Nachlass von Orson
Welles konnte dank eines kürzlich aufgefundenen
Scripts in der Orson Welles Collection der University of
Michigan erneut überabeitet und ergänzt werden.
▶ Dienstag, 6. Dezember 2016, 19.00 Uhr | Einführung:
Stefan Drößler
Andreas Rost: Ingmar Bergman V | 30 min – Vargtimmen (Die Stunde des Wolfs) | Schweden 1968 |
R+B: Ingmar Bergman | K: Sven Nykvist | M: Lars
Johan Werle | D: Max von Sydow, Liv Ullmann, Gertrud
Fridh, Erland Josephson, Ingrid Thulin | 90 min | OmeU
| Der Vorspann des Films klärt uns über das Verschwinden des Malers Johan Borg auf, dessen Tagebuch und
zurückgebliebene Ehefrau Alma Zeugnis von den mysteriösen Heimsuchungen des Verschwundenen geben.
Wie in PERSONA steht auch hier ein Künstler im Zentrum, der sich vergeblich gegen Dämonen und Wahnvorstellungen zu behaupten versucht. Im felsigen Hovs
Hallar und auf Fårö gedreht, erscheinen deren unwirtliche Landschaften in gleißendem Sonnenlicht und auf
überbelichtetem Schwarzweißfilm wie ein Zustand der
Seele in der Zerreißprobe: Den Maler zieht es unwiederbringlich in eine andere, von Spukgestalten bevölkerte
Welt. Neben der (Schauer-)Romantik E.T.A. Hoffmanns,
die Bergman selbst als Einflussquelle des Films benennt, und Anleihen aus Mozarts »Die Zauberflöte«
schimmert laut Peter Cowie auch Bergmans Begeisterung für DRACULA in der Version mit Bela Lugosi durch,
die sich in Vogel- und Fledermaus-Motiven niederschlage und in der schrillen Filmmusik ihr Echo finde.
▶ Dienstag, 13. Dezember 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Andreas Rost
70 Jahre DEFA
Weltfirma DeFA: links der langjährige DeFA-Direktor Albert Wilkening, rechts regisseur Slatan Dudow
Gut und teuer: 70 Jahre DEFA
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Als am 17. Mai 1946 in den Babelsberger AlthoffAteliers die DEFA (Deutsche Film-A.G.) als erste große
deutsche Filmgesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg
gegründet wurde, war das weit mehr als nur ein lokales
Ereignis. Grußbotschaften kamen aus allen Ecken und
Enden Deutschlands. So telegrafierte der Schauspieler
und Kabarettist Werner Finck aus München: »Ein ferner
Wink / von Werner Finck / damit das Ding / Euch wohl
geling!« Erich Kästner, Hans Reimann und Robert A.
Stemmle sandten Glückwunschtelegramme. Helmut
Käutner reichte seine Filmskizze »In jenen Tagen« ein.
Zu den Gästen der Festveranstaltung gehörten Hans
Söhnker und Peter van Eyck, letzterer noch in Uniform
der US-Armee. Kurt Maetzig, einer der Gründungsdirektoren, erinnerte sich: »Wir hätten auch Aurora heißen
können.« Der von der sowjetischen Besatzungsmacht
ins Gründungsgremium entsandte Schauspieler Hans
Klering interpretierte das Kürzel DEFA auf seine eigene
Weise: »Diene ehrlich friedlichem Aufbau.«
Schon im Februar 1946 hatte die »DEFA in Gründung«
ihr erstes anspruchsvolles Spielfilmprogramm vorge-
legt, mit insgesamt einem Dutzend Positionen, darunter
ein Film namens »Kolonne Strupp« über »das Aufbauwerk der Berliner Verkehrsgesellschaft« (Regie: Friedrich Wolf), eine Adaption des russischen Klassikers
»Der Revisor«, die Kurt-Tucholsky-Novelle »Rheinsberg«
(Regieinteresse: Boleslaw Barlog) und die JacquesOffenbach-Operette »Die schöne Helena«, als deren
Regisseur sich der umtriebige Geza von Cziffra anbot
und für die laut Auskunft von Zeitzeugen nach geeigneten Hauptdarstellern »in ganz Europa« gesucht wurde,
wenn auch vergebens. Überhaupt konnten nur einige
der zwölf Ur-Titel auch realisiert werden – aber es
kamen schnell neue Projekte hinzu, so wie der erste
deutsche Nachkriegsfilm DIE MÖRDER SIND UNTER
UNS (1946), der im Programmentwurf noch nicht einmal erwähnt worden war.
Dass in Babelsberg nach dem Ende der NS-Diktatur ein
neues deutsches Kino aus der Taufe gehoben wurde,
sprach sich in Windeseile herum. Die DEFA-Dramaturgie unter Leitung von Georg C. Klaren, aber vor allem
der Produktionschef für Spielfilme, Alfred Lindemann,
70 Jahre DEFA
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streckten ihre Fühler sogar weit über die Landesgrenzen hinaus aus. So reiste zum Beispiel Wilhelm Dieterle
aus Hollywood an, der im Oktober 1946 in einer Rede
vor Kulturschaffenden im Ost-Berliner Clubhaus in der
Jägerstraße mit seinem Erstaunen nicht hinterm Berg
hielt: »Ich bin zu erschüttert, um viel zu sprechen – erschüttert vom Gesicht des zertrümmerten Berlins, von
den verhärmten Gesichtern der Menschen. Aber ich
stehe wie vor einem Wunder vor der Leistung der Männer, die die DEFA geschaffen haben.« Und er versprach:
»Die Freunde, die mit Spannung in Amerika auf meine
Rückkehr warten, die werden mit offenen Ohren und
Augen von den Dingen hören und staunen über das,
was ich ihnen mit ganz besonderer Freude zu berichten
habe.«
Dieterle selbst drehte dann leider nie bei der DEFA.
Auch andere Versuche, Remigranten aus den USA wieder zurück zu holen, gelangen nicht: Weder Fritz Lang,
mit dem, wie die Legende besagt, kurzzeitig Kontakte
aufgenommen worden sein sollen, ließ sich in den
DEFA-Ateliers blicken noch Max Ophüls, mit dem es
1955 sehr konkrete Gespräche über eine deutschdeutsche Koproduktion nach dem Thomas-MannRoman »Die Buddenbrooks« gab. Dass ein sowjetischer
Kulturoffizier um 1949 eine kurze Zeit lang darüber
nachdachte, Erich von Stroheim als Regisseur des
UNTERTAN zur DEFA zu verpflichten, ist zwar in einem
Direktionsprotokoll nachgewiesen, aber eine solche Anfrage in Richtung Los Angeles wurde vermutlich nie gestartet. Allein die Idee, dass es den Exzentriker und Individualisten Stroheim zur DEFA verschlagen hätte, öffnet
Raum für die schönsten Phantasien: Der Zusammenprall zwischen einem frei denkenden Genius und den
ostdeutschen Parteisoldaten Stalins – das hätte wohl
Traum und Alptraum zugleich bedeutet!
Über die Finanzierung der frühen DEFA-Filme gab der
erste Wirtschaftsdirektor Karl Hans Bergmann zu Protokoll: »Wir waren vom kapitalistischen wieder ins vorkapitalistische Zeitalter zurück katapultiert worden. Das
Geld, das wir für eine Produktion benötigten, kam als
Kredit von Sovexport, dem sowjetischen Filmverleih in
der Sowjetischen Besatzungszone. Sovexport wiederum bekam von uns die fertigen Filme. Die Produktionskosten wurden mit den Einspielgeldern verrechnet.
Wir erhielten einen Bonus von zwanzig, später fünfzig
Prozent.« Immerhin verzeichnen die Geschäftsbücher
des Verleihs gerade in den ersten DEFA-Jahren, als die
Bevölkerung nach Kino aller Art ausgehungert war,
ziemlich hohe Einspielergebnisse: DIE MÖRDER SIND
UNTER UNS brachte rund 5,4 Millionen Mark ein, EHE
IM SCHATTEN (1947) sogar 10,8 Millionen, der in Ber-
lin spielende Kriminalfilm RAZZIA (1947) 7,4 Millionen
und der heiter-melancholische Zirkusfilm 1-2-3-CORONA (1948) 7 Millionen Mark.
Später, als die DEFA zum Volkseigenen Betrieb umfunktioniert und der DDR-Staatspartei SED unterstellt
wurde, war ihr Budget fest im Staatshaushaltsplan der
DDR verankert. Für jeweils rund fünfzehn Kinofilme, die
alljährlich auf der Agenda standen, wurden etwa
30 Millionen Mark veranschlagt und bereitgestellt –
also etwa zwei Millionen pro Film, wobei teurere Produktionen ausgeglichen werden mussten, indem
gleichzeitig auch preiswertere Arbeiten ins Atelier gingen. Das Prinzip Sparsamkeit galt im Grunde immer; so
plädierte der langjährige Produktionsdirektor Albert Wilkening in den 1950er-Jahren für einen rationalen Umgang mit Schauplätzen und Schauspielern: »Je weniger
Schauplätze – umso konzentriertere, dramatisch starke
Handlung. Dramaturgisch überflüssige Schauplätze
mindern auch die künstlerische Wirkung. Ökonomisch
gerechtfertigt ist der Aufwand, der dramaturgisch notwendig ist. Jeder Aufwand, der über dramaturgische
Notwendigkeiten hinausgeht, bedeutet nutzlose Verschwendung.« Und: »Das Typische eines Charakters ist
in einer Rolle, in einer Figur zu verdichten und nicht auf
eine Vielzahl zu verteilen …«
Manchmal gab es Sonderzuschüsse für politisch wichtige Filmprojekte, aber durchaus nicht immer war der
Staat bereit, teure Prestigeunternehmen der DEFA auch
gebührend auszustatten. Weder zu Kurt Maetzigs um
1964 geplanter zweiteiliger 70mm-Verfilmung von Heinrich Manns »Henri Quatre« mit Armin Mueller-Stahl und
Claudia Cardinale in den Hauptrollen konnte sich die
DDR-Kulturbürokratie durchringen – die kalkulierten
15 Millionen Mark waren einfach viel zu viel – noch zu
Heiner Carows und Franz Fühmanns »Simplicius Simplicissimus«, für den sogar schon die Szenenbilder und
Kostüme entworfen worden waren und den Carow
Anfang der 1980er-Jahre drehen wollte.
Und doch gab es auch in der Geschichte des DDR-Kinofilms immer wieder Projekte, die aus dem Rahmen des
gewöhnlichen und für die DEFA durchaus prägenden
»kleinen Alltagsrealismus« herausragten. Von der mehr
oder weniger authentischen, atmosphärischen Gegenwartsbeobachtung, die das DEFA-Kino über weite Strecken ausmachte, führte in solchen Fällen der Weg zur
großen Show, zu opulenten Genrefilmen und durchaus
weltläufigen Besetzungen. Das amerikanische Breitwandsystem »CinemaScope« wurde als »Totalvision«
adaptiert. Beim Blick auf die teuersten Filme aus über
vierzig Jahren DEFA-Geschichte fällt eine Mixtur aus
politischen Prestigeprojekten auf der einen Seite und
70 Jahre DEFA
Dreharbeiten zu DIe eleNDeN
Dreharbeiten zu MIr NAcH, cANAIlleN!
Dreharbeiten zu HeISSer SOMMer
Dreharbeiten zu TecUMSeH
Literaturadaptionen, Musicals, Science-fiction-Filmen
und Western auf der anderen Seite auf. Unangefochten
an der Spitze der Liste von Filmen mit hohen Budgets
steht Konrad Wolfs 70mm-Projekt GOYA (1970) nach
dem gleichnamigen Roman von Lion Feuchtwanger,
den der Regisseur gern als Co-Produktion zwischen
Frankreich und der DDR realisiert hätte, mit Anthony
Quinn in der Titelrolle. Als die Franzosen jedoch nicht
zur Verfügung standen und der Hollywood-Star erst
recht nicht, sprang das Lenfilmstudio als Partner ein;
zur Besetzung gehörten dann deutsche Schauspieler
wie der Sänger Ernst Busch, Russen, Polen, Ungarn,
Georgier, eine Spanierin, der litauische Star Donatas
Banionis als Maler Goya und der zeitweise aus der Bundesrepublik in die DDR übergesiedelte Wolfgang Kieling
als umtriebiger Minister Godoy. GOYA kostete insgesamt 7,6 Millionen Mark.
Weit über das Durchschnittsbudget von DEFA-Filmen
ragten Arbeiten wie Rainer Simons TILL EULENSPIEGEL
(1975) mit 4,2 Millionen Mark, das Weltraumabenteuer
DER SCHWEIGENDE STERN (1960) mit 3,7 Millionen,
die Thomas-Mann-Verfilmung LOTTE IN WEIMAR
(1975) mit 3,5 Millionen oder die Opernadaption DER
FLIEGENDE HOLLÄNDER (1964) mit 3,3 Millionen hinaus. Die meisten dieser hoch dotierten Produktionen
spielten den Einsatz zum Glück auch wieder ein, obwohl es in der DDR-Planwirtschaft durchaus kein Fiasko bedeutete, wenn die Zuschauer auch mal ausblieben. Zum ökonomisch erfolgreichsten DEFA-Film avancierte die zweiteilige deutsch-französische Co-Produktion DIE ELENDEN (1958) von Jean-Paul Le Chanois,
bei dem sich das finanzielle Plus im Verhältnis von Kosten und Erlös auf 4,2 Millionen Mark belief. Höchst erfolgreich war auch der Revuefilm MEINE FRAU MACHT
MUSIK (1958), der 2,9 Millionen Mark mehr einspielte
als er gekostet hatte. Das größte finanzielle Minus im
Verhältnis von Kosten und Erlös verzeichnete übrigens
Günter Reischs Biografie über den Arbeiterführer Karl
Liebknecht, SOLANGE LEBEN IN MIR IST (1965), der
ein sattes Minus von 4,2 Millionen Mark einfuhr.
Viele der üppig ausgestatteten DEFA-Filme konnten
auch deshalb beim Publikum punkten, weil sie mit
Schauspielern aufwarteten, die zu den Favoriten der
DDR-Kinozuschauer zählten. Das betraf nicht nur »einheimische« Stars wie Erwin Geschonneck (DAS KALTE
HERZ, DER HAUPTMANN VON KÖLN), Manfred Krug
(MIR NACH, CANAILLEN!), Angelica Domröse (DIE LEGENDE VON PAUL UND PAULA) oder den aus Jugoslawien importierten Sportlehrer Gojko Mitic, der als
»Chefindianer« in nahezu allen DEFA-Western zu begeistern vermochte. Gleichsam zum Kultfilm avancierte
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70 Jahre DEFA
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HEISSER SOMMER (1968), der die beiden Schlagerstars Frank Schöbel und Chris Doerk auf die Leinwand
holte und für den der Operetten- und Chansonkomponist Gerd Natschinski und dessen Sohn Thomas zündende Melodien verfassten. Hin und wieder gelang es
der DEFA auch, Stars aus dem Westen zu »importieren«, gern mit Hilfe westdeutscher Produzenten wie
Erich Mehl oder Manfred Durniok, die die Valuta-Gagen
übernahmen und sich dafür Vorführrechte in der Bundesrepublik und im westlichen Ausland sicherten. In
der langen Liste der DEFA-Schauspieler finden sich so
auch Henny Porten, Götz George, Peter Pasetti, Gertrud
Kückelmann, Rudolf Forster, Evelyn Künneke, Hannelore Elsner, Judy Winter, Otto Sander, Gian Maria Volonté, Lilli Palmer, sogar Audrey Landers und Zsa Zsa
Gabor.
Eine besondere Nähe baute die DEFA in der Mitte der
1950er-Jahre zu französischen Schauspielern, Regisseuren und Produzenten auf. Den Weg hatte Joris Ivens
geebnet, der legendäre holländische Weltenfilmer und
Dokumentarist, der für die DEFA unter anderem den
Episodenfilm DIE WINDROSE mit Simone Signoret und
Yves Montand realisierte. Ivens war auch maßgeblich
an der Entstehung von DIE ABENTEUER DES TILL ULENSPIEGEL (1956) mit Hauptdarsteller und Regisseur Gérard Philipe beteiligt. Etwa zur selben Zeit trat Michel
Piccoli als junger Pariser Kommunist in ERNST THÄLMANN – FÜHRER SEINER KLASSE (1955) auf, Signoret
und Montand spielten in DIE HEXEN VON SALEM
(1956) nach dem Bühnenstück »Hexenjagd« von Arthur
Miller und dem Drehbuch von Jean-Paul Sartre sowie
Jean Gabin, Bourvil und Bernard Blier in DIE ELENDEN.
Mit keinem anderen westlichen Land kooperierte die
DEFA enger als mit Frankreich, auch nicht mit der Bundesrepublik. Denn obwohl sowohl die DEFA als auch
westdeutsche Produzenten gern gemeinsame Filme gedreht hätten: Die Bonner Regierung schob sehr lange
einen Riegel vor, aus Angst vor der »Infiltration durch
kommunistisches Gedankengut«.
Was es allerdings, wenn auch selten und zögerlich gab,
waren Auftragsproduktionen, die von westdeutschen
Produzenten zur praktischen Ausführung an die DEFA
vermittelt wurden. Zu den bekanntesten zählten Filme
von Bernhard Wicki (DIE GRÜNSTEIN-VARIANTE, 1984)
und Peter Schamoni (FRÜHLINGSSINFONIE, 1982). Die
erste offizielle Co-Produktion zwischen beiden deutschen Staaten, DIE BESTEIGUNG DES CHIMBORAZO
(1989) über die Expedition Alexander von Humboldts
nach Ecuador, entstand erst kurz vor dem Mauerfall.
Für den Hauptdarsteller Jan Josef Liefers bedeutete
dieser Film den Beginn einer grandiosen Kino- und
Fernsehkarriere, für die DEFA stand er fast am Ende
ihrer rund 45-jährigen Geschichte.
Ralf Schenk
Das kalte Herz | DDR 1950 | R: Paul Verhoeven | B:
Paul Verhoeven, Wolff von Gordon, nach dem Märchen
von Wilhelm Hauff | K: Bruno Mondi | M: Herbert Trantow | D: Lutz Moik, Hanna Rucker, Paul Bildt, Erwin
Geschonneck, Paul Esser, Lotte Loebinger | 105 min |
Die farbenprächtige Adaption des romantischen Kunstmärchens von Wilhelm Hauff war der erste Farbfilm der
DEFA: Eine Parabel auf den Verlust der Humanität und
die Chance, nach der bösen Tat seine Seele wieder zu
reinigen. Hauptfigur ist ein junger Köhler, der sein Herz
gegen einen kalten Stein eintauscht, um reich zu werden. Der Schwarzwald wurde in Dörfern des Thüringer
Waldes imaginiert. Animationsfilmspezialist Ernst
Kunstmann schöpfte mit aufwändigen Spiegel- und anderen Tricks aus dem Vollen. DDR-Kritiker bezeichneten den Film als dekadent und nannten ihn eine »blutrünstige Folterkammergeschichte«. Weil das Budget
mit rund 3,7 Millionen Mark weit überzogen wurde,
durfte der langjährige Ufa-Produktionsleiter Fritz
Klotzsch nie wieder für die DEFA arbeiten. Auch für den
Münchner Gastregisseur Paul Verhoeven blieb DAS
KALTE HERZ der einzige DEFA-Film.
▶ Mittwoch, 14. September 2016, 18.30 Uhr
Der Untertan | DDR 1951 | R: Wolfgang Staudte | B:
Wolfgang Staudte, Fritz Staudte, nach dem Roman von
Heinrich Mann | K: Robert Baberske | M: Horst Hanns
Sieber | D: Werner Peters, Paul Esser, Blandine Ebinger,
Eduard von Winterstein, Raimund Schelcher | 109 min |
Im wilhelminischen Deutschland wird Diederich Heßling schon als Kind durch Erziehung und Umwelt zum
autoritätshörigen, preußisch-deutschen Untertan, der
nach oben buckelt und nach unten tritt. Heinrich Manns
Roman wurde kongenial adaptiert: ein politischer und
ästhetischer Höhepunkt der frühen DEFA-Jahre, der
durch den Einsatz vielfältiger filmischer Mittel wie
»extreme Handlungsraffung, satirische Stilisierung und
Verwendung einer raffiniert symbolträchtigen Überblendungstechnik« (Ulrich Gregor) auch international überzeugte. In der Bundesrepublik durfte der 2,1 Millionen
Mark teure Film sechs Jahre nicht öffentlich gezeigt
werden und kam schließlich nur gekürzt in die Kinos.
Es fehlte die Schlussszene, die einen Bogen von der Einweihung des Kaiserdenkmals bis in die Zeit nach dem
Zweiten Weltkrieg schlägt, in der Trümmerfrauen die
Ruinen einer verhängnisvollen Politik beiseite räumen.
▶ Mittwoch, 21. September 2016, 18.30 Uhr
▶ Mittwoch, 28. September 2016, 18.30 Uhr
Spielbank-Affäre | DDR/Schweden 1957 | R+B: Artur
Pohl, nach einem Tatsachenbericht von Hans von Oettingen | K: Joachim Hasler | M: Martin Böttcher | D: Gertrud Kückelmann, Peter Pasetti, Jan Hendriks, Rudolf
Forster, Willy A. Kleinau | 90 min | Totalvision | Frei nach
authentischen Ereignissen skizziert der Film die Machenschaften in einer bundesdeutschen Spielbank der
1950er-Jahre: Lüge und Betrug als Basis von Wohlstandsgesellschaft und Wirtschaftswunder. Der Münchner Produzent Erich Mehl steuerte mit Hilfe einer
schwedischen Firma Gelder für westdeutsche und
österreichische Schauspieler bei; gedreht wurde unter
anderem am Lago Maggiore. Doch das 3 Millionen
Mark teure Prestigeprojekt, mit dem die DEFA auf den
westeuropäischen Markt zu gelangen hoffte, scheiterte
an Einsprüchen der DDR-Kulturpolitik. Der Film sei
nicht parteilich, es gäbe keine positive Gegenkraft und
der Westen erscheine in viel zu schönem, sattem
Licht. Obwohl in Totalvision und Farbe gedreht, durfte
SPIELBANK-AFFÄRE in der DDR nur in verwaschenen
Schwarzweißkopien im Normalformat gezeigt werden.
Der in West-Berlin lebende Regisseur zog daraufhin seinen Namen zurück, die West-Schauspieler erschienen
nicht zur Ost-Berliner Premiere. Gezeigt wird die restaurierte Farbfassung im Breitwandformat.
Die Windrose | DDR 1957 | Künstlerische Oberleitung:
Joris Ivens | R: Alberto Cavalcanti, Alex Viany, Sergej
Gerasimov, Yannick Bellon, Gillo Pontecorvo, Wu KuoYin | B: Maximilian Scheer, Jorge Amado, Sergej Gerasimov, Henry Magnan, Franco Solinas, Lin Jen | K: Joop
Huisken, Robert Menegoz, Henry E. Fowle | M: Wolfgang Hohensee, Anatolij Novikov, Mario Zafred, Chi Min
| D: Vanja Orico, Zinaida Kirienko, Simone Signoret,
Yves Montand, Clara Pozzi, Yen Mei-yi | 104 min | DIE
WINDROSE ist ein internationalistisches Projekt unter
der künstlerischen Oberleitung des niederländischen
»Weltenfilmers« Joris Ivens, in dem auch Stilistiken des
internationalen Kinos – des italienischen Neorealismus
oder des brasilianischen Cinema Novo – zusammenfließen. Sechs Episoden über starke Frauen aus verschiedenen Kontinenten. Ana aus Brasilien bricht vom Land
auf, um in der Stadt Arbeit zu suchen. Nadežda aus der
Sowjetunion will aufs Neuland, doch ihr Geliebter verweigert sich. Die französische Lehrerin Jeanine steht
den Bewohnern ihrer Stadt zur Seite, die aus ihren
Wohnungen vertrieben werden sollen. Die Italienerin
Giovanna nimmt gegen den Willen ihres Mannes an
einem Streik teil. Und Hsiu Hua rettet in einer chinesischen Dorfgenossenschaft die Ernte vor einem aufkommenden Sturm.
Meine Frau macht Musik | DDR 1958 | R: Hans Heinrich | B: Walter Niklaus | K: Eugen Klagemann | M: Gerd
Natschinski | D: Lore Frisch, Günther Simon, Maly Delschaft, Evelyn Künneke, Kurt Schmidtchen | 92 min |
Nach zehn Jahren glücklicher Ehe und durchaus gelungener Kindererziehung will Gerda Wagner ihren alten
Traum verwirklichen und wagt eine Karriere als Schlagersängerin. Doch ihr Mann, der als Leiter der Schallplattenabteilung eines Warenhauses eher die ernste als
die heitere Muse bevorzugt, ist strikt dagegen. Eifersüchtig auf den italienischen Sängerkollegen Fabiani
ergibt er sich dem Alkohol und poltert während des ersten großen Auftritts seiner Frau über die Bühne. Der
erste DEFA-Revuefilm, angereichert mit musikalischen
Tableaus à la Hollywood sowie West-Stars wie Evelyn
Künneke, die als sündige Verführerin der männlichen
Hauptfigur zur DEFA eingeladen wurde. Dogmatische
Kulturfunktionäre tadelten, dass der Film ein »sozialistisches Lebensgefühl« vermissen lasse, und legten ihn
für Monate auf Eis. Das Publikum aber jubelte und
stürmte die Kinos, als ob Caterina Valente mit von der
Partie gewesen wäre.
▶ Mittwoch, 5. Oktober 2016, 18.30 Uhr
▶ Mittwoch, 19. Oktober 2016, 18.30 Uhr
▶ Mittwoch, 12. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Ralf Schenk
70 Jahre DEFA
Der Hauptmann von Köln | DDR 1956 | R: Slatan
Dudow | B: Henryk Keisch, Michael Tschesno-Hell, Slatan Dudow | K: Werner Bergmann, Helmut Bergmann |
M: Wilhelm Neef | D: Rolf Ludwig, Christel Bodenstein,
Erwin Geschonneck, Else Wolz, Manfred Borges |
118 min | Der stellungslose Kellner Albert Hauptmann
gerät im Köln der Adenauerzeit in ein Treffen ehemaliger Wehrmachtsangehöriger und wird für den nach
dem Zweiten Weltkrieg lange abgetauchten Kriegsverbrecher Hauptmann Albert gehalten. Das gesellschaftliche Klima bringt es mit sich, dass der Kellner schnurstracks Karriere macht: Er steigt auf zum Direktor der
Montan AG und wird Mitglied des Bundestags. Er
könnte sogar Schwiegersohn eines millionenschweren
Rhein-Ruhr-Industriellen werden. Nachdem er im Bundestag ein Amnestiegesetz eingebracht hat, taucht der
echte Hauptmann auf und verlangt sein Recht. Slatan
Dudow, der sich mit seinem Debütfilm KUHLE WAMPE
oder WEM GEHÖRT DIE WELT? (1932) in die Filmgeschichte eingeschrieben hat, entwirft eine vorwiegend bissige, teilweise aber auch melancholische
Satire über die Wiederkehr alter Nazi-Eliten in der Bundesrepublik.
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DIe eleNDeN
70 Jahre DEFA
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Die Elenden | DDR/Frankreich 1958 | R: Jean-Paul Le
Chanois | B: René Barjavel, Jean-Paul Le Chanois, nach
dem Roman von Victor Hugo | K: Jacques Natteau | M:
Georges van Parys | D: Jean Gabin, Bernard Blier, Daniele Delorme, Serge Reggiani, Bourvil, Elfriede Florin,
Gerhard Bienert | 207 min | dtF | Totalvision | Nach seiner Entlassung taucht der wegen geringfügiger Vergehen zu 19 Jahren Bagnohaft und dem Verlust der Bürgerrechte verurteilte Jean Valjean unter fremdem
Namen in einer Kleinstadt auf und avanciert zum angesehenen Bürger. Doch sein alter Widersacher, der Polizeiinspektor Javert, ist ihm auf der Spur. Ihre Wege
kreuzen sich während der Juli-Revolution 1830, die für
beide zum existentiellen Erlebnis wird. Die aufwändigste von vier Co-Produktionen, die zwischen 1955
und 1958 zwischen der DEFA und französischen Produzenten realisiert wurden, solllte dazu beitragen, dem
DDR-Kino internationale Reputation zu verschaffen.
Doch im westlichen Ausland liefen DIE ELENDEN meist
als rein französische Produktion, in der Bundesrepublik
noch dazu in einer um 25 Minuten gekürzten Fassung.
Die DDR-Zensur bemängelte, dass die revolutionäre
Note des Stoffes zu kurz käme, dafür aber religiöse
Motive einen zu breiten Raum einnähmen. Zu sehen ist
die zweiteilige DDR-Version.
▶ Mittwoch, 21. Dezember 2016, 19.00 Uhr
Der schweigende Stern | DDR/Polen 1960 | R: Kurt
Maetzig | B: Jan Fethke, Günther Rücker, Wolfgang
Kohlhaase, Günter Reisch, Alexander Graf StenbockFermor, Kurt Maetzig nach dem Roman »Planet des
Todes« von Stanislaw Łem | K: Joachim Hasler | M:
Andrzej Markowski | D: Yoko Tani, Oldrich Lukes, Günther Simon, Ruth-Maria Kubitschek, Eduard von Winterstein, Eva-Maria Hagen | 94 min | Totalvision | Ein inter-
national besetztes Raumschiff startet 1970 zur Venus.
Auf dem fernen Planeten gelandet, entdeckt die Mannschaft, dass dort vor vielen Jahrzehnten eine gigantische nukleare Vernichtungsmaschinerie außer Kontrolle geraten sein muss. Alle Venusbewohner sind tot,
übrig blieben nur technische Anlagen und eine atomare
Strahlung, die sich nun auch gegen die Abgesandten
des Planeten Erde richtet. Der erste »utopische Film«
der DEFA sollte zunächst mit schwedischen Partnern
und Ulla Jacobsson in der Hauptrolle gedreht werden,
entstand dann aber als Co-Produktion mit Polen. Mit
rund 3,7 Millionen Mark Budget war DER SCHWEIGENDE STERN einer der teuersten Filme aus der Frühzeit der DEFA und enthielt spektakuläre Trickaufnahmen. Die damals noch in der DDR lebenden Ruth-Maria
Kubitschek spielt die Ehefrau des Kosmonauten Brinkmann.
▶ Mittwoch, 26. Oktober 2016, 18.30 Uhr
Mir nach, Canaillen! | DDR 1964 | R: Ralf Kirsten | B:
Joachim Kupsch, Ulrich Plenzdorf, nach dem Roman
»Eine Sommerabenddreistigkeit« von Joachim Kupsch |
K: Hans Heinrich | M: André Asriel | D: Manfred Krug,
Monika Woytowicz, Erik S. Klein, Fred Düren, Helga
Göring | 108 min | Totalvision | Mit MIR NACH, CANAILLEN! setzte die DEFA alles daran, dem großen, auch in
der DDR viel umjubelten französischen Kinoabenteuer
FANFAN LA TULIPE (FANFAN, DER HUSAR, 1952) nachzueifern. Ralf Kirsten inszenierte einen Mantel-undDegen-Film, in dem Manfred Krug, ähnlich seinem Vorbild Gérard Philipe, jungenhaft und lässig fechten und
reiten durfte, ein »ebenso tollkühner wie tolldreister
Fürchtenichts, der alle Heldentaten treu und brav absolviert, die für einen historischen Filmhelden obligatorisch sind« (Helmut Ulrich). Krug spielt den Hirten Ale-
▶ Mittwoch, 2. November 2016, 18.30 Uhr
Der fliegende Holländer | DDR 1964 | R: Joachim
Herz | B: Joachim Herz, Harald Horn, nach der Oper von
Richard Wagner | K: Erich Gusko | M: Richard Wagner |
D: Fred Düren, Anna Prucnal, Gerd Ehlers, Mathilde
Danegger, Hans-Peter Reinecke | 101 min | Totalvision
| Der Opernregisseur Joachim Herz (1924–2010) inszenierte seinen einzigen Spielfilm DER FLIEGENDE
HOLLÄNDER in CinemaScope und 4-Kanal-Magnetton,
mit dem er exzellente Raumwirkungen erzielte. Nach
der Premiere lobten Kritiker die »konsequente Umgestaltung einer Oper in einen Film« und die »gesunde
Respektlosigkeit gegenüber der Vorlage, mit dem Willen, ihr im höheren Sinne treu zu bleiben«. Die romantische Liebesgeschichte zwischen Senta, der Tochter
des norwegischen Seefahrers Daland, und dem fliegenden Holländer wurde dabei einer realistischen Deutung
unterzogen. Joachim Herz schwebte kein mystisches
Märchen vor, sondern ein Wechselspiel zwischen Tag
und Traum. Auch die Filmgeschichte wurde nach Vorbildern durchforstet: Wenn die Mannschaft des Holländers, eine Ansammlung von Schattenwesen, das Geisterschiff verlässt, erinnert das an Murnaus NOSFERATU. Insgesamt kostete der Opernfilm 3,3 Millionen Mark.
▶ Mittwoch, 9. November 2016, 18.30 Uhr
Solange Leben in mir ist | DDR 1965 | R: Günter
Reisch | B: Michael Tschesno-Hell, Günter Reisch, Hermann Herlinghaus | K: Horst E. Brandt | M: Ernst Hermann Meyer | D: Horst Schulze, Ljudmilla Kasjanowa,
Michail Uljanow, Albert Hetterle, Jutta Hoffmann |
114 min | Totalvision | Episoden aus dem Leben des
SPD-Parlamentariers und Mitbegründers der Kommunistischen Partei, Karl Liebknecht. Der Film konzentriert
sich auf die Jahre 1914–16, auf Liebknechts Haltung
zu den Kriegsanleihen, seine Zusammenstöße mit nationalistischen und rechten Politikern, auch in der eigenen Partei. Während er gezwungen wird, als Soldat an
die Front zu ziehen, setzt er seine Aufklärungsarbeit
fort. Er tritt illegal bei einer Großkundgebung am Vorabend des 1. Mai in Jena sowie am Maifeiertag selbst
in Berlin auf. Neben staatstragend statuarischen Mo-
menten überzeugt der 6 Millionen Mark teure Film, dessen Drehbuch von höheren Parteifunktionären abgenommen wurde, durch einer Reihe intimer, kammerspielartiger Sequenzen und vor allem durch groß angelegte Massenszenen, für die das Ost-Berliner Stadtzentrum rund um Staatsoper und Museum für Deutsche
Geschichte tagelang abgesperrt wurde.
▶ Mittwoch, 23. November 2016, 18.30 Uhr
Heißer Sommer | DDR 1968 | R: Joachim Hasler | B:
Maurycy Janowski, Joachim Hasler | K: Joachim Hasler,
Roland Dressel | M: Gerd und Thomas Natschinski | D:
Frank Schöbel, Chris Doerk, Hanns-Michael Schmidt,
Regine Albrecht, Madeleine Lierck | 97 min | Totalvision
| Flower-Power an der Ostsee: Zwei Gruppen von Oberschülern, elf Mädchen aus Leipzig und zehn Jungen
aus Chemnitz (das damals vorübergehend Karl-MarxStadt hieß), trampen in den Sommerferien ans Meer.
Nach anfänglichen Reibereien trifft man sich beim gemeinsamen Lagerfeuer am Strand, flirtet und streitet
sich und findet vielleicht sogar einen Partner fürs
Leben. DEFA-Kultfilm der späten 1960er-Jahre, der mit
sichtlichem Vergnügen Anleihen bei den Kinomusicals
von Jacques Demy (LES PARAPLUIES DE CHERBOURG
– DIE REGENSCHIRME VON CHERBOURG) nimmt und
seine Hauptdarsteller, das Schlagerpaar Frank Schöbel
und Chris Doerk, durch knallbunte Kulissen tollen lässt.
Ein Schlagerfilm, »der Augen und Ohren über weite
Passagen hin Vergnügen bereitet«, wie die Ost-Berliner
Publikumszeitschrift »Filmspiegel« schrieb, obwohl er
auf eine psychologisch vertiefte Handlung weitgehend
verzichtet.
▶ Mittwoch, 30. November 2016, 18.30 Uhr
Goya | DDR 1971 | R: Konrad Wolf | B: Angel Wagenstein, nach dem Roman von Lion Feuchtwanger | K:
Werner Bergmann, Konstantin Ryšov | M: Kara und
Faradj Karajev | D: Donatas Banionis, Olivera Katarina,
Fred Düren, Rolf Hoppe, Ernst Busch, Wolfgang Kieling
| 134 min | Totalvision | Konrad Wolf nutzte die Lebensgeschichte des spanischen Malers und Grafikers Francisco de Goya, um über das Verhältnis von Kunst und
Macht nachzudenken: Wie tief darf sich ein Künstler
mit den Mächtigen einlassen? Wie kann er Kraft und
Kreativität bewahren? Und wie lassen sich die Ketten
der politischen Gefangenschaft abstreifen? So wurde
GOYA nicht nur ein historischer Film über das 18. Jahrhundert, sondern auch über die Gegenwart, über die Inquisition der Kirche und des Stalinismus. Für den in
70mm gedrehten Film, der sich zwischen Psychodrama und Kostümspektakel bewegt, stellte die DEFA
70 Jahre DEFA
xander, der im Jahr 1730 von einem preußischen Leutnant zum Armeedienst gepresst werden soll, sich aber
allem Zwang zu widersetzen versteht und schließlich
am Hof des Sachsenkönigs August des Starken auch
noch die Frau fürs Leben findet. Ein großer Kinoerfolg
für Manfred Krug und der Beginn einer nicht enden wollenden Liebe zwischen dem Schauspieler und seinem
Publikum.
35
7,6 Millionen Mark zur Verfügung: so viel wie für keinen
anderen DEFA-Film. Eine Zeitlang träumte die DEFA
sogar davon, Anthony Quinn in der Hauptrolle besetzen
zu können. Das gelang nicht, doch mit dem litauischen
Schauspieler Donatas Banionis fand sie viel mehr als
nur einen Ersatzkandidaten.
70 Jahre DEFA
▶ Mittwoch, 7. Dezember 2016, 18.30 Uhr
36
Tecumseh | DDR 1973 | R: Hans Kratzert | B: Rolf
Römer, Wolfgang Ebeling | K: Wolfgang Braumann | M:
Günther Fischer | D: Gojko Mitic, Annekathrin Bürger,
Rolf Römer, Leon Niemczyk, Milan Beli | 109 min | Totalvision | Seit im Frühjahr 1966 der erste DEFA-Indianerfilm DIE SÖHNE DER GROSSEN BÄRIN ein Millionenpublikum begeistert hatte, wurde das Westerngenre in
Babelsberg über ein Jahrzehnt lang konstant gepflegt:
Auch der siebente DEFA-Indianerfilm TECUMSEH, für
den das Studio ein Budget von 3,7 Millionen Mark bereitstellte, erreichte auf Anhieb mehrere Millionen Zuschauer. Am Drehbuch schrieb der Schauspieler Rolf
Römer mit, den die historisch belegte Figur des Tecumseh fesselte: »Er war kein üblicher Stammeshäuptling,
sondern eine ausgeprägte Führungspersönlichkeit. Ihm
schwebte ein eigener Indianerstaat vor, ein ›Bund der
Indianervölker‹. So entstand die ›Heilige Stadt‹ Tippecanoe, in der Tecumseh begann, die Besten der Stämme
zu schulen, seine fortschrittlichen Ideen zu verbreiten
und die Waffen besser zu beherrschen.« Freilich überwiegen in TECUMSEH nicht die heroischen, sondern die
nachdenklichen, ja schwermütigen Töne des Abschieds
vor untergehender Sonne.
▶ Mittwoch, 14. Dezember 2016, 18.30 Uhr
Die Legende von Paul und Paula | DDR 1973 | R: Heiner Carow | B: Ulrich Plenzdorf | K: Jürgen Brauer | M:
Peter Gotthardt | D: Angelica Domröse, Winfried Glatzeder, Heidemarie Wenzel, Christian Steyer, Fred Delmare,
Rolf Ludwig | 106 min | Eine junge, ledige Verkäuferin
kämpft allein mit zwei Kindern um ihr Glück. Sie bringt
einen verheirateten, saturierten DDR-Staatsangestellten dazu, endlich gegen jene halben Lügen und kleinen
Lösungen aufzubegehren, die bisher sein Leben ausmachten. Ultimativer Kultfilm der DEFA, den bis zum
Ende der DDR rund acht Millionen Zuschauer sahen.
Während das Publikum vom rigorosen Lebensanspruch
der Heldin fasziniert war und sich vom teils romantischen, teils kabarettistischen Umgang der Filmemacher mit der DDR-Wirklichkeit begeistern und zu Tränen rühren ließ, stieß der Film bei dogmatischen Funktionären der Staatspartei SED auf wenig Gegenliebe.
Kurz nach der Premiere erging die Weisung an die
Presse, ihn keinesfalls mehr zu würdigen. Verrissen
wurde DIE LEGENDE VON PAUL UND PAULA aber auch
von der westdeutschen feministischen Zeitschrift
»Frauen und Film«, die ihn auf ihrer Titelseite als »frauenverachtendes Machwerk aus der DDR« anprangerte.
▶ Mittwoch, 11. Januar 2017, 18.30 Uhr
Till Eulenspiegel | DDR 1975 | R+B: Rainer Simon,
nach dem Volksbuch und der Filmerzählung von
Christa und Gerhard Wolf | K: Claus Neumann | M:
Friedrich Goldmann | D: Winfried Glatzeder, Franciczek
Pieczka, Cox Habbema, Eberhard Esche, Jürgen Gosch,
Michael Gwisdek | 104 min | Am Vorabend des Bauernkrieges zieht Till Eulenspiegel durch die Lande, ein
Schelm und Provokateur, der die gesellschaftlichen
Missstände geißelt. Mit einem Budget von 4,2 Millionen Mark drehte Rainer Simon einen drastisch-derben
Film, der das überlieferte Bild des »ulkigen Spaßmachers« korrigiert und stattdessen ein Gleichnis auf den
Widerspruch zwischen Kunst und Macht, Freiheit und
Gewalt wagt. »Ein episodenhafter Film, der manchmal
fast in die Nähe von Pasolinis CANTERBURY TALES und
DECAMERONE rückt« (Heinz Kersten). Ein Informeller
Mitarbeiter der Staatssicherheit vermerkte: »Das historische Thema ist Tarnkappe für Anspielungen auf unsere sozialistische Gegenwart. Es ist mehr als eine
Frechheit, dass sich Simon so etwas traut und vielleicht
sogar die Hoffnung hegt, dass wir es nicht merken würden, dass er uns wahrscheinlich für Idioten hält.«
Mittwoch, 18. Januar 2017, 18.30 Uhr
Lotte in Weimar | DDR 1975 | R+B: Egon Günther,
nach dem Roman von Thomas Mann | K: Erich Gusko |
M: Gustav Mahler | D: Lilli Palmer, Martin Hellberg, Rolf
Ludwig, Jutta Hoffmann, Katharina Thalbach | 125 min
| Die Legende besagt, dass Bundespräsident Walter
Scheel durch eine Zeitungsnotiz von der Absicht der
DEFA erfuhr, Thomas Manns Roman »Lotte in Weimar«
schauer sahen, lief denn auch prompt im Wettbewerb
der Berlinale.
zu verfilmen, und er dies der Schauspielerin Lilli Palmer
mitteilte. Daraufhin bewarb sich die Palmer in Ost-Berlin um die Rolle – und erhielt sie auch. Für die Figur des
Goethe liebäugelte Regisseur Egon Günther sowohl mit
Vittorio de Sica als auch mit Max von Sydow. Schließlich entschied er sich für den ehemaligen DEFA-Regisseur Martin Hellberg, der sich so in die Figur hineinsteigerte, dass er auch jenseits der Dreharbeiten in Kostüm und Maske durch Weimar spazierte und GoetheTexte memorierte. LOTTE IN WEIMAR ist ein Film, der
Thomas Manns Text, dessen Verteidigung der Poesie gegen die Barbarei, ernst nimmt und ihn zugleich mit großem Spaß zelebriert. Zu besichtigen ist hier nicht das
Denkmal Goethe, sondern ein Mensch mit all seinen
Verdiensten und Eitelkeiten, Marotten und Schwächen.
Mittwoch, 25. Januar 2017, 18.30 Uhr | Einführung: Ralf
Schenk
Ärztinnen | DDR 1984 | R+B+M: Horst Seemann,
nach dem Schauspiel von Rolf Hochhuth | K: Otto Hanisch | D: Judy Winter, Inge Keller, Walther Reyer, Rolf
Hoppe, Michael Gwisdek, Ellen Schwiers, Käthe Reichel
| 103 min | Rolf Hochhuths Drama über skandalöse Vorgänge innerhalb der Pharmaindustrie und der mit ihr
verfilzten Ärzteschaft wurde von der DEFA genutzt, um
»einen teuren Streifen, eine sehenswerte Farb-Schmonzette aus der Glitzerwelt des Westens zu drehen. Das
Ambiente ist à la DALLAS ausstaffiert, an nichts wird
gespart, schon gar nicht an Sex and Crime« (Der Spiegel). Zur Finanzierung der 2,6 Millionen Mark teuren
Dreharbeiten bediente sich das Babelsberger Studio
seines zuverlässigen West-Berliner Verbindungsmanns,
des Produzenten Manfred Durniok. Um die Verwertungschancen des Films im Westen zu vergrößern, besorgte
der gleich auch die Hauptdarstellerin und ein paar
weitere Gaststars von »drüben«: Judy Winter, Ellen
Schwiers, Walther Reyer. ÄRZTINNEN, den in der DDR
innerhalb weniger Wochen mehr als eine Million Zu-
Die Grünstein-Variante | BRD/DDR 1984 | R: Bernhard Wicki | B: Bernhard Wicki, Wolfgang Kohlhaase,
nach dem Hörspiel von Wolfgang Kohlhaase | K: Edward Klosinski | M: Günther Fischer | D: Fred Düren,
Klaus Schwarzkopf, Jörg Gudzuhn, Rolf Ludwig, Rolf
Hoppe | 101 min | Eines der seltenen Beispiele, bei
denen das DEFA-Studio für Spielfilme Auftragsproduktionen für westdeutsche Produzenten und Fernsehanstalten übernahm. Nach einem Hörspiel von Wolfgang
Kohlhaase beschreibt das Kammerspiel ein zufälliges
Zusammentreffen dreier unterschiedlicher Männer im
Sommer 1939 in einem Pariser Gefängnis. Ein deutscher Seemann, ein Jude und ein Grieche kommen
sich unter anderem durch ein selbstgefertigtes Schachspiel näher. Dabei nutzt der jüdische Mithäftling einen
genialen Schachzug, den er selbst erfand. Kritiker in
Ost und West zeigten sich angerührt von der »Trauer
um die vielen Grünsteins, um die mit ihnen dahin geschwundenen ›Varianten‹ des Lebens und der Kunst«
(Fred Gehler). Wicki gelang großes Kino auf engstem
Raum, in dem die Kamera immer wieder neue Standorte und Blickwinkel einnimmt, die Gesichter der Figuren abtastet, dabei Biografien, Hoffnungen und Ängste
sichtbar werden lässt.
▶ Mittwoch, 8. Februar 2017, 18.30 Uhr
Der Bruch | DDR 1989 | R: Frank Beyer | B: Wolfgang
Kohlhaase | K: Peter Ziesche | M: Günther Fischer | D:
Götz George, Rolf Hoppe, Otto Sander, Ulrike Krumbiegel, Volker Ranisch, Hermann Beyer | 118 min | Eine
witzige und unsentimentale Kriminalkomödie über
einen Bankeinbruch in der Berliner Nachkriegszeit, mit
satirischen und zeitkritischen Tönen – und mit den
West-Berliner Gaststars Götz George, der sich in der
Rolle des kleinbürgerlich herausgeputzten Ganoven
und Kleinstadtcasanovas wohlig aalt, und Otto Sander.
Frank Beyer und sein Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase bebildern die Welt der kleinen Schieber und
Ganoven, das Milieu von Schwarzmärkten und halbseidenen Etablissements, die Arbeit von Polizisten, die entweder lange aufs Abstellgleis gestellt waren oder gerade erst neu in Dienst genommen wurden. Mit lakonischen Dialogen und eleganten Pointen, die lange nachklingen: »Wie verhält sich der Marxismus zum deutschen Weihnachtslied?«, fragte der eine Kripobeamte
den anderen. Antwort: »Abwartend.«
▶ Mittwoch, 15. Februar 2017, 18.30 Uhr
70 Jahre DEFA
▶ Mittwoch, 1. Februar 2017, 18.30 Uhr
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Underdox
11. Underdox Filmfestival
SIxTY SIx
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Trans-Atlantik: experimental, expositional
Das internationale Filmfestival Underdox widmet sich in
seiner 11. Ausgabe der verborgenen Kinematographie
Nordamerikas. Fernab der gängigen Polarität von independent und mainstream blickt es auf das experimentelle und künstlerische Filmschaffen jenseits des Atlantiks. Québec und Toronto sind die experimentierenden
Epizentren der agilen Avantgarde-Szene des französisch- und englischsprachigen Kanada. »Die Experimentalfilmer in Québec-Kanada sind um die 30 Jahre
alt«, schreibt Sylvain l’Espérance, »niemals war die
Szene, die sich erst ab den 80er Jahren formierte, so
dynamisch wie heute.«
Rund um das in Montréal beheimatete Double Negative
Collective versammeln sich international bekannte Größen wie Daïchi Saïto, Karl Lemieux, Malena Szlam und
der mit der internationalen Musikszene vernetzte
Charles-André Coderre. Félix Dufour-Laperrière, dessen Werk im Kontext von Galerien und Museen angesiedelt ist, gab mit seinem experimentellen Langfilmdebüt
TRANSATLANTIQUE (2014) die Inspiration für den Titel
des diesjährigen Länderschwerpunkts.
Das englischsprachige Kanada blickt auf eine lange Experimentalfilmtradition bis in die 1940er Jahre zurück.
Sie vereint die legendären Namen Michael Snow, Arthur Lipsett, Norman McLaren, David Rimmer, Bruce
Elder, und die jüngeren Mike Hoolboom, Philip Hoffman,
Steve Sanguedolce. In zwei Programmen zeigt Under-
dox eine Auswahl aktueller und historischer Positionen
des kanadischen Experimentalfilmschaffens.
Underdox ist das Festival für filmische Werke im Zwischenbereich des Experimentellen und Dokumentarischen, Fiktionalen und Künstlerischen. In einer Zeit, in
der das bewegte Bild Leitkultur geworden ist, befindet
sich der geschützte Kino-Projektionsraum mehr und
mehr in Konkurrenz mit alternativen Ausstellungsdispositiven. Filmemacher übersiedeln in den Ausstellungsraum von Museen und Galerien und treffen dort auf ein
neues, künstlerisch gebildetes und am allgegenwärtigen bewegten Bild geschultes Publikum.
»Ausstellen« ist eine zentrale kinematographische
Geste im Werk des 1956 geborenen US-amerikanischen Künstlers und Filmemachers Lewis Klahr. Underdox eröffnet die diesjährige Ausgabe mit seinem gefeierten und im New Yorker Museum of Modern Art uraufgeführten Kompilationswerk SIXTY SIX (2002–2015).
Sein hypnotischer »dreamscape« der Popgeschichte
der 1960er und 1970er Jahre legt in Collagen- und
Cut-up-Technik archäologische Schichten des amerikanischen Unterbewussten frei. In zwölf Kapiteln entfaltet
sich ein visueller und musikalischer Trip durch eine legendäre Ära und entlang der berühmten den nordamerikanischen Kontinent durchquerenden Route 66.
Dunja Bialas, www.underdox-festival.de
▶ Donnerstag, 6. Oktober 2016 bis Sonntag, 9. Oktober
2016 | Zu Gast: Lewis Klahr u. a.
Film und Psychoanalyse – Verwandlungen
The Fly (Die Fliege) | Kanada 1986 | R: David Cronenberg | B: David Cronenberg, Charles Edward Pogue,
nach der Erzählung von George Langelaan | K: Mark
Irwin | M: Howard Shore | D: Jeff Goldblum, Geena
Davis, John Getz, Joy Boushel, Leslie Carlson | 96 min
| OmU | Im Remake des gleichnamigen Filmklassikers
aus den 1950er Jahren spielt der junge Jeff Goldblum
einen Wissenschaftler, dem im kühnen Eigenversuch
erstmalig eine Teleportation gelingt. Dabei wird jedoch
Film und Psychoanalyse
durch einen Computeralgorithmus sein Chromosomensatz mit dem einer Fliege fusioniert, die unbemerkt in
die Maschine hineingeriet. Eine Unachtsamkeit mit
katastrophalen Folgen. Seine langsame mentale und
physische Verwandlung in ein monströses Hybrid aus
Mensch und Fliege ist filmisch spektakulär und emotional bewegend. Der Zuschauer gerät in ein Gefühlschaos aus Abscheu und Mitleid und erlebt in den Visionen des Regisseurs, was »Fatalität« bedeutet. Der
wahre Horror, bekannte Cronenberg, sei der tägliche
Blick in den Spiegel, da er den Alterungsprozess und
damit die unaufhaltsame Verwandlung zum Tode hin
zeige. Und: »Jede Kunst ist im Grunde eine Untersuchung der conditio humana«.
▶ Sonntag, 16. Oktober 2016, 17.30 Uhr | Einführung:
Salek Kutschinski
Black Swan | USA 2010 | R: Darren Aronofsky | B: Andres Heinz, Mark Heyman | K: Matthew Libatique | M:
Clint Mansell | D: Natalie Portman, Vincent Cassel, Mila
Kunis, Barbara Hershey, Wynona Ryder | 108 min |
OmU | Nina Sayers ist Primaballerina einer New Yorker
Ballett-Company. Sie hat die große Chance, bei einer
Neuinszenierung von »Schwanensee« die Doppelrolle
des weißen und schwarzen Schwans tanzen zu dürfen.
Nina lebt mit ihrer verbissen-ehrgeizigen Mutter zusammen, einer ehemaligen Tänzerin. Die klaustrophobischenge Welt der beiden, in der das Leben dem Ballett bis
hin zur Selbstaufgabe unterworfen ist, wird bedroht, als
Nina, mit der Interpretation des sinnlich-leidenschaftlichen schwarzen Schwans kämpfend, ihrer »verbotenen« dunklen Seite begegnet, der eigenen Triebhaftigkeit und Sexualität. Immer mehr gerät die junge Frau in
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BlAcK SWAN
Vom ersten Schrei bis zum letzten Seufzer bestimmt
Verwandlung unser Leben. In der Kindheit noch triumphal erlebt, wird sie in der Jugend zum drohenden Identitätsverlust, der Urängste und Horrorgefühle freisetzt,
aber auch das Hochgefühl der Erneuerung. Im Alter gerinnt sie zur Angst vor der ultimativen Verwandlung des
Individuums, dem Tod. Auf dem langen Weg dahin stellen wir allerlei innere und (nicht nur erfreuliche) äußere
Wandlungen an uns fest. Von Ovids Metamorphosen
über Kafkas Käfer bis zu Frankensteins Monster und
den Transformers haben sich Literatur, Film und Medien immer wieder mit dem Faszinosum der Verwandlung auseinandergesetzt. Die ausgewählten Filme der
Staffel, die nicht zufällig mehrfach dem fantastischen
Genre angehören, zeigen die Wandlung des Verwandlungsthemas in den letzten Jahrzehnten, sowohl in
Form und Inhalt als auch in Bezug auf gesellschaftliche
Veränderungen, die die künstlerische Vision inspirieren.
Eine filmpsychoanalytische Interpretation wird dabei
herauszuarbeiten suchen: Welche Verwandlung(en) suchen wir in der Dunkelkammer des Kinos, in der wir
eine Zeit lang ein anderer sein dürfen?
Salek Kutschinski
eine Identitätsverwirrung, die von ihrem provozierenderregenden Lehrer ebenso geschürt wird wie von der
lasziven Tänzerin Lily. Aronofsky führt den Zuschauer
zunehmend vom äußeren Geschehen des Balletts in
die Psyche Ninas, in der die Grenzen der Realität zu verschwimmen beginnen.
▶ Sonntag, 20. November 2016, 17.30 Uhr | Einführung:
Film und Psychoanalyse
Eva Friedrich, Irmgard Nagel
In einem Jahr mit 13 Monden | BRD 1978 | R+B+K:
Rainer Werner Fassbinder | M: Peer Raben | D: Volker
Spengler, Ingrid Caven, Gottfried John, Elisabeth Trissenaar, Eva Mattes, Günther Kaufmann | 124 min | Der
Film, einer der persönlichsten und radikalsten von Fassbinder, erzählt die letzten Tage im Leben von Erwin/Elvira (gespielt von Volker Spengler), einem Transsexuellen, der weder mit sich zurechtkommt, noch mit denen,
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The Tenant (Der Mieter) | Frankreich 1976 | R: Roman
Polanski | B: Gérard Brach, Roman Polanski, nach dem
Roman von Roland Topor | K: Sven Nykvist | M: Philippe
Sarde | D: Roman Polanski, Isabelle Adjani, Melvyn Douglas, Jo Van Fleet, Shelley Winters | 125 min | engl. OF
| Das Thema Verwandlung hat seine berühmteste literarische Vollendung in der gleichnamigen Erzählung von
Franz Kafka gefunden. Der Eindruck des Kafkaesken,
des Klaustrophobischen, der Unentrinnbarkeit, der kontrollierenden Blicke, ist eine zentrale Erfahrung, die der
Zuschauer beim Sehen von Polanskis Film macht. Der
vom Regisseur selbst gespielte Protagonist geht als
Mieter einer Wohnung in einem heruntergekommenen
Pariser Innenhof unaufhaltsam einem Suizid entgegen
– so wie die Vormieterin. Im Versuch, die rigide Hausordnung zunächst zu umgehen, dann ihren Sinn zu verstehen, um sich ihr schließlich zu unterwerfen, erinnert
er an Josef K. in Kafkas »Der Prozess«. Handelt es sich
hier nur um die Darstellung des schleichenden Beginns
und Verlaufs einer Psychose? Oder unternimmt der
Film, in dem die Grenzen von Innen und Außen, von
Projektion und Realität verschwimmen, nicht auch die
Bebilderung eines Zustands, in dem wir uns als Zuschauer selbst wiederfinden können?
▶ Sonntag, 15. Januar 2017, 17.30 Uhr | Einführung:
Katharina Leube-Sonnleitner, Corinna Wernz
von denen er geliebt werden möchte. Auch die ultimative Verwandlung seines Körpers vom Mann zur Frau
bringt nicht die ersehnte Liebes-Rettung. Die Verwandlung des Körpers des Protagonisten, aber auch die der
Atmosphäre der »Müll-Tod-Stadt Frankfurt« in den
1970er Jahren, Anpassungssucht und Verachtung der
Figuren, Grausamkeit und Ausbeutung des »Systems«
ergeben im Film ein Panoptikum, in dem die künstliche
Verwandlung als Metapher des Scheiterns subjektiver
Inszenierungen gezeigt wird.
Cat People (Katzenmenschen) | USA 1982 | R: Paul
Schrader | B: Alan Ormsby | K: John Bailey | M: Giorgio
Moroder | D: Nastassja Kinski, Malcolm McDowell,
John Heard, Annette O’Toole, Ruby Dee | 118 min |
OmU | Nach vielen Jahren hat Paul seine getrennt von
ihm aufgewachsene jüngere Schwester Irena ausfindig
gemacht und zu sich nach New Orleans geholt. Er
weiht sie in das Familiengeheimnis ein: Irena sei wie er
ein Katzenmensch und könne nur im von ihm drängend
geforderten Inzest gefahrlos Sex haben. Sonst würde
sie sich nach dem Akt in einen schwarzen Panther verwandeln und ihre Menschengestalt erst wieder zurückgewinnen, wenn sie getötet habe. Der oft düstere, mit
vielen monochromen und traumartigen Nachtaufnahmen durchsetzte Film ist ein Remake von Jaques Tourneurs gleichnamigem Klassiker, die auch dort handlungsbestimmende sexuelle Fantasie wurde um das
Inzestthema erweitert. Die im Remake heraufbeschworene Verbindung von erwachender weiblicher Sexualität und mörderischer Gefahr wurde als konservativer
filmischer Abwehrreflex gegen die damals erstarkende
Frauenbewegung kritisiert.
▶ Sonntag, 11. Dezember 2016, 17.30 Uhr | Einführung:
Mathias Lohmer
▶ Sonntag, 19. Februar 2017, 17.30 Uhr | Einführung:
Matthias Baumgart
Werner-Herzog-Preis
Werner Herzog vor dem Vulkan Sinabung im Norden von Sumatra bei den Dreharbeiten zu seinem neuen Dokumentarfilm INTO THe INFerNO
Werner-Herzog-Preis
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Einmal im Jahr kommt Werner Herzog für ein paar Tage
ins Filmmuseum München, Sitz der Werner Herzog Stiftung: »Wir wollen jedes Jahr einen Werner-HerzogPreis verleihen. Dafür sucht eine Jury weltweit Kandidaten aus – Kriterium ist, dass ein Filmemacher etwas
Innovatives gemacht hat. Das Preisgeld von 5.000 Euro
stammt momentan noch aus meinen Privateinkünften.
Wir hoffen aber, dass in absehbarer Zeit Sponsoren dazukommen. Außerdem soll es über die Stiftung einmal
im Jahr eine Masterclass mit mir geben. Ich zeige zum
Beispiel Ausschnitte aus einem Projekt, das ich gerade
in Arbeit habe, diskutiere mit dem Publikum darüber.«
(Werner Herzog)
Am Freitag, dem 21. Oktober 2016, wird der WernerHerzog-Preis zum ersten Mal vergeben werden. Bei
Drucklegung dieses Programmhefts stand der Preisträger noch nicht fest. Werner Herzog wird die Laudatio
halten, anschließend wird ein Film des Preisträgers
gezeigt werden. Am Sonntag, dem 23. Oktober, wird
Werner Herzog dann im Filmmuseum über seine Arbeit
und seine aktuellen Projekte berichten, von denen Ausschnitte gezeigt werden.
Ein separates Programm wird rechtzeitig über die Veranstaltungen informieren.
▶ Freitag, 21. Oktober 2016 bis Sonntag, 23. Oktober
2016, jeweils 21.00 Uhr | Zu Gast: Werner Herzog
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DOUă lOZUrI – ZWeI lOSe
Rumänisches Filmfestival
Rumänisches Filmfestival
Worum geht es im Leben? Einer berühmten Definition
zufolge um das »Streben nach Glück«. Ein Staat muss
die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Menschen in ihrem Streben nach Glück nicht behindert werden. Den Rest müssen die Menschen selbst in die
Hand nehmen. Zum Beispiel, indem sie ein Lotterielos
kaufen, oder sich unternehmerisch betätigen, oder ein
Erbe gewinnbringend verwerten. Das sind nur einige
Beispiele für den »pursuit of happiness«, die sich in aktuellen Filmen des rumänischen Kinos finden. Die drei
Männer, die in Paul Negoescus ZWEI LOSE für ein Los
zusammenlegen, auf das dann tatsächlich der Hauptgewinn entfällt, haben davor alle nicht gerade gut abgeschnitten in der Lotterie des Lebens. Der eine reagiert
darauf mit Verschwörungstheorien, der andere will mit
Sportwetten das Glück erzwingen, der dritte versucht
es mit Rechtschaffenheit, muss aber akzeptieren, dass
die Frau, die er liebt, in Italien arbeitet, und zwar bei
einem Mann, dem nicht so richtig zu trauen ist.
ZWEI LOSE beruht auf einer Erzählung von Ion Luca
Caragiale aus dem Jahr 1901, einem rumänischen
Klassiker par excellence. Es gab zuvor auch schon andere Verfilmungen. Im Grunde könnte man alle zehn
Jahre eine neue Version davon erstellen, und dabei
schauen, was sich in der rumänischen Gesellschaft so
verändert hat. Die Besonderheit des Erzählkinos, ab
und zu Remakes von alten Filmen oder alten Geschichten zu produzieren, ergibt oft tatsächlich so etwas wie
einen historischen Index.
Ähnlich wie bei ZWEI LOSE verhält es sich bei Marian
Crișans HORIZONT, der auf der Erzählung »Die Glücksmühle« (1881) von Ioan Slavici beruht, die 1955 von
Victor Iliu unter dem Originaltitel schon einmal verfilmt
wurde. Hier sucht ein Mann das Glück, indem er mit
der Familie eine Schänke in einer entlegenen Gegend
übernimmt. Bei Crișan ist es ein Gasthaus in den Bergwäldern. Das Geschäft läuft gut, die Leute kommen
zum Essen, Feiern und Tanzen, aber schon bald zeigt
sich, dass es in der Gegend schwer zu durchschauende Machtverhältnisse gibt. Ein einflussreicher Mann,
der zahlreiche Gerichtsverfahren am Hals hat, setzt den
Gastwirt unter Druck und macht dessen Frau schöne
Augen.
Nicht das Glück selbst, aber das Streben nach Glück ist
von Regeln abhängig, und diese Regeln (die Herrschaft
des Rechts) sind im rumänischen Kino mehr denn je
ein Generalthema. Besonders deutlich wird dies im
Eröffnungsfilm, Bogdan Miricăs HUNDE. Ein junger
Mann kommt in die ausgedörrte Landschaft des Donaudeltas, um sein Erbe anzutreten: ein Haus mit großen
Ländereien. Er könnte eine beträchtliche Summe erlösen, allerdings gibt es ein Problem, denn ein lokaler
Gangsterboss wickelt in dieser Gegend seine Geschäfte ab. Schmuggelrouten verlaufen über das
Grundstück, ähnlich wie in HORIZONT geht es um eine
informelle Ökonomie, von der offiziell niemand etwas
wissen soll. Die Protagonisten finden sich mit ihren
Lebensprojekten zwischen den Fronten einer Auseinan-
Cristi Puiu und Cristian Mungiu haben mit ihren Filmen
inzwischen einen Status im Weltkino erlangt, der sie
aus dem engeren Kontext des rumänischen Kinos zwar
nicht vollständig heraushebt (das würde sie auch ihres
Repräsentationsanspruchs berauben), der sie aber
doch in anderen Dimensionen spielen lässt. Ihre aktuellen Filme können wir (noch) nicht zeigen – diese
schmerzlichen Lücken im Programm sind den Capricen
der französischen Weltvertriebe so kurz nach Cannes
geschuldet. Beide sind aber doch (zumindest indirekt)
präsent: Wir zeigen Puius WARE UND GELD – im Double Feature mit ZWEI LOSE (die Beziehungen zwischen
beiden Filmen sind erstaunlich vielfältig und auch rasend komisch). BACALAUREAT bleibt jedoch momentan eine »Leerstelle« zwischen den Rollen, die Adrian
Titieni, aber auch der großartige Vlad Ivanov (in BACALAUREAT der Polizeichef, in HUNDE ein dämonischer
Gangster), an anderer Stelle spielen.
Die Netzwerke des Castings, die im Lauf der Zeit auch
so etwas wie Jahresringe und historische Verlaufskurven ergeben, reichen noch weiter: Alexandru Papadopol, der in WARE UND GELD und in ZWEI LOSE dabei
ist, hat die Hauptrolle in Andrei Cohns ZUHAUSE BEI
VATER. Auch Ioana Flora, die wie ihre beiden »CoStars« Papadopol und Bucur in WARE UND GELD ihre
erste Rolle hatte, sehen wir in ZUHAUSE BEI VATER wieder. Und immer wieder gibt es auch in anderen Filmen
»bekannte Gesichter«.
Cătălin Mitulescus Emigrantendrama JENSEITS DER
GLEISE handelt von der Fernbeziehung zwischen Rumänien und Italien, in einer melancholischen Nachtgeschichte, in der sich eine Hochzeit mit einer Trennung verbindet. Man kann davon ausgehen, dass Alexandru Potocean, der virile Hauptdarsteller, demnächst
im Starsystem bedeutend an Gewicht gewinnen wird.
In Florin Șerbans Klassendrama BOX wiederum taucht
Cătălin Mitulescu als Darsteller auf. Er spielt einen
Theaterdirektor, während die Hauptrolle, ein junger
Boxer aus der Bevölkerungsminderheit der Roma, von
einem Debütanten gespielt wird.
Mit dieser Besetzung der Rolle eines ehrgeizigen Sportlers mit einem »Laien« verbinden sich zwei Motive, die
das »Streben nach Glück« im Kino betreffen: es als Darsteller zu etwas zu bringen, und mit einer Figur den
Energien eine Bahn zu verschaffen, von denen das
Leben in der Gesellschaft abhängt – und deren Spannungen es auch ausgesetzt ist. BOX führt diese beiden
Bereiche (den Sport von unten, das Theater als Repräsentationssystem von oben) so zusammen, dass daraus dieses prinzipielle Interesse an den Funktionsweisen des Zusammenlebens erkennbar wird, das seit
Rumänisches Filmfestival
dersetzung um Recht und Ordnung. Oder um, wie es
ein berühmter Filmtitel des Neuen Rumänischen Kinos
nannte: WARE UND GELD. So heißt der erste Film
(2001) von Cristi Puiu. ZWEI LOSE nimmt ausdrücklich
auf ihn Bezug: Grund genug, an diesen »Gründungsmoment« vor 15 Jahren zu erinnern.
Der immer noch junge Mann, der in HUNDE die Hauptrolle spielt, war schon damals dabei: Dragoș Bucur ist
einer der großen Stars in Rumänien, er spielt auch in
ZWEI LOSE mit. In allen drei Filmen ist er ein Sympathieträger in undurchsichtigen oder komischen Situationen. Die Entwicklung eines tragfähigen Starsystems ist
in der Regel ein Hinweis darauf, dass kinematografische Erneuerungsbewegungen nicht einfach verpuffen,
sondern sich konsolidieren und einwurzeln. Nicht nur in
dieser Hinsicht deutet der aktuelle Kino-Jahrgang in
Rumänien darauf hin, dass sich Verbindungen zwischen cinephilen und populären Formen entwickeln.
Das Starsystem profitiert dabei auch davon, dass zwei
der wichtigsten Vertreter der Neuen Rumänischen
Welle in diesem Jahr mit großen Ensemblefilmen hervorgetreten sind: Cristi Puiu mit SIERANEVADA und
Cristian Mungiu mit BACALAUREAT – beide liefen im
Wettbewerb in Cannes.
Bei Puiu sind die Darsteller der Großfamilie, die er drei
Stunden lang ausschließlich in den engen Räumen
einer Wohnung zeigt, selbst fast so etwas wie eine
künstlerische Familie. Wie immer geht Puiu mit einem
konzeptuell reduzierten Setting analytisch auf das
Ganze der Gesellschaft ein.
BACALAUREAT spannt sein Netzwerk an Beziehungen
und Andeutungen ganz ähnlich auf, wenn auch räumlich nicht so radikal beschränkt. Rund um die Abschlussprüfungen eines Mädchens, das auf ein Stipendium nach England hofft, zeigt Mungiu die Verfahrensweisen einer Gesellschaft, in der immer noch manchen
Dingen nachgeholfen werden kann, ohne dass dies notwendigerweise zu einem guten Ausgang führen muss.
Die Hauptrolle spielt Adrian Titieni, der auch in Adrian
Sitarus UNGESETZLICH im Mittelpunkt steht, und so
etwas wie die Vaterfigur des rumänischen Kinos ist –
ein Jedermann mit einer untergründigen Attraktivität (in
fast allen seinen Rollen haben die Figuren nicht nur Beziehungen, sondern auch Verhältnisse).
UNGESETZLICH ist eine kleinere Variante des Familiendramas, das Puiu personell deutlich umfänglicher anlegt – in beiden Fällen wird aber der kleine Zusammenhang der Verwandtschaft zu einem Echoraum für die
nationale Geschichte mit ihren nach wie vor bestimmenden Themen der Nachwirkungen der kommunistischen Ära und der Defizite der gewonnenen Freiheit.
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câINI – HUNDe
Rumänisches Filmfestival
44
dem Beginn der Erneuerungsbewegung nach 2000
den gemeinsamen Nenner fast aller wesentlichen
Filme aus Rumänien bildet. Das Land ist, als junges
Mitglied der Europäischen Union wie als große, wenngleich fragile Demokratie an derem südöstlichem Rand,
nach wie vor »aufkommend« – die nationale Kinematografie ist da schon einen Schritt weiter und zeigt sich
2016 in einer Phase von Reife und Komplexität, die in
Europa nur wenig Vergleiche zulässt. Bert Rebhandl
Ein Programm in Kooperation mit der Gesellschaft zur Förderung der Rumänischen Kultur und Tradition e.V., München und
dem Centrul Naţional al Cinematografiei România, Bukarest.
Câini (Hunde) | Rumänien 2016 | R+B: Bogdan Mirică
| K: Andrei Butică | M: Codrin Lazăr, Sorin Romanescu |
D: Dragoș Bucur, Gheorghe Visu, Vlad Ivanov, Emilian
Oprea, Teodor Corban | 104 min | OmeU | CinemaScope | Ein junger Mann aus Bukarest erbt ein Haus
mit Grundstück im nordöstlichen Winkel von Rumänien,
in einem ausgedörrten Niemandsland. Mit der Selbstgewissheit eines modernen Städters macht er sich an
die bürokratische Abwicklung des Verkaufs. Doch muss
er bald feststellen, dass die lokalen Verhältnisse nicht
leicht zu durchschauen sind. Ein Gangsterboss stellt
sich vor, ein Freund verschwindet spurlos, ein von
Krankheit schwer gezeichneter Polizist ermittelt in alle
Richtungen. Ein knochentrockener Thriller im Licht
einer immerzu untergehenden Sonne.
▶ Donnerstag, 24. November 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast:
Marcela Ursu, Dragoș Bucur | Einführung: Mihai Fulger
Marfa și banii (Ware und Geld) | Rumänien 2001 | R:
Cristi Puiu | B: Cristi Puiu, Răzvan Rădulescu | K: Silviu
Stavila, Marius Panduru | D: Alexandru Papadopol, Dra-
goș Bucur, Ioana Flora, Răzvan Vasilescu, Luminiţa Gheorghiu | 90 min | OmeU | Ein junger Mann wacht spät
am Morgen auf und bekommt einen Auftrag: Er soll
eine Lieferung mit »Medikamenten« von Constanţa
nach Bukarest bringen. Das Honorar ist auffällig hoch,
doch er stellt keine Fragen. Der Freund, der mitfährt,
bringt gegen die ausdrückliche Anweisung des Auftraggebers seine Freundin mit. Zu dritt machen sie sich auf
den Weg. Ein mysteriöses Roadmovie, in dem sich (vergleichbar Steven Spielbergs DUEL (1971), aber deutlicher verwurzelt in den sozialen Verhältnissen des Landes) die Rumänische Neue Welle zum ersten Mal
selbstbewusst manifestierte.
▶ Freitag, 25. November 2016, 18.30 Uhr | Zu Gast:
Dragoș Bucur | Einführung: Mihai Fulger
Două lozuri (Zwei Lose) | Rumänien 2016 | R+B: Paul
Negoescu, nach der Erzählung von Ion Luca Caragiale |
K: Ana Drăghici | D: Dorian Boguţă, Dragoș Bucur, Alexandru Papadopol, Andi Vasluianu, Şerban Pavlu |
86 min | OmeU | Ein Mann kommt von der Arbeit nach
Hause. Am Briefkasten trifft er auf zwei unangenehme
Gesellen, die ihm seine Gürteltasche abnehmen. Dinel
ist einer von der Sorte, die solch alltäglicher Gewalt
nichts entgegenzusetzen haben. Dass sich in der Tasche auch ein Los befindet, wird erst bedeutsam, als
sich herausstellt, dass es einen Millionengewinn bringen würde. Mit den zwei Verlierern, die zum Loserwerb
beigesteuert haben, macht sich Dinel auf die Suche
nach den Räubern: eine herrlich absurde, schmerzlich
realistische Odyssee, die ihre erste Station bei einer
Wahrsagerin hat, und die am Ende eine Art Readymade
des (Un-)Glücks präsentiert.
▶ Freitag, 25. November 2016, 21.00 Uhr | Zu Gast: Paul
Negoescu, Dragoș Bucur | Einführung: Bert Rebhandl
Anti-Sitcom enthüllt dann ein noch »illegitimeres« Geheimnis: Inzest.
▶ Samstag, 26. November 2016, 21.00 Uhr | Einführung:
Mihai Fulger
La moara cu noroc (Die Glücksmühle) | Rumänien
1955 | R: Victor Iliu | B: A. Struţeanu, T. Popovici, nach
der Erzählung von Ioan Slavici | K: Ovidiu Gologan | M:
Paul Constantinescu | D: Constantin Codrescu, Ioana
Bulca-Diaconescu, Geo Barton, Colea Rautu | 110 min
| OmeU – Ein Mann übernimmt mit seiner Familie eine
Schänke in ländlicher Gegend. Das Geschäft läuft
prächtig, doch bald wird erkennbar, dass ein lokaler
Potentat bei allen Vorgängen die Finger im Spiel hat.
Zwischen ihm und dem Wirt steigt die Spannung mit
jeder neuen Demütigung, auch die Frau des Wirts wird
in die Auseinandersetzung um Rechtschaffenheit und
Gewalt mit hineingezogen. Die klassische Verfilmung
der Erzählung von Ioan Slavici spielt in der feudalen
Periode Rumäniens, die wir jüngst in AFERIM! zu sehen
bekamen.
▶ Sonntag, 27. November 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Mihai Fulger
einem Geist, der stets verneint: Authentizität ist Pose; je
länger die Plansequenz, desto größer der Schwindel;
je schweigsamer die Figuren, desto größer ihre Gewalt.
▶ Samstag, 26. November 2016, 18.30 Uhr | Zu Gast: Ion
Indolean | Einführung: Bert Rebhandl
O faptă bună (Eine gute Tat) | Rumänien 2015 | R+B:
Andrei Gruzsniczki | K: Radu Aldea | D: Adrian Titieni,
Medeea Marinescu | 28 min | OmeU | Was ist ein
Hundeleben wert? Und was ein toter Hund? – Ilegitim
(Ungesetzlich) | Rumänien 2016 | R: Adrian Sitaru | B:
Adrian Sitaru, Alina Grigore | K: Adrian Silișteanu,
Alexandru Lorian Timoșca | D: Adrian Titieni, Alina Grigore, Robi Urs, Bogdan Albulescu, Cristina Olteanu |
90 min | OmeU | CinemaScope | Einer der für das rumänische Kino so typischen, schwer zu enträtselnden
Familienverbände steht im Mittelpunkt: Gespräche
beim Essen, auf dem Bett, in der Küche. Es ist ein Skandal: Der Vater hat während des Kommunismus die
drakonische Anti-Abtreibungs-Politik des Regimes vertreten. Schlimmer noch: Er hält bis heute an seiner
moralisch, nicht politisch begründeten Position fest. Die
wie eine Reality Show von John Cassavetes wirkende
Orizont (Horizont) | Rumänien 2016 | R+B: Marian
Crișan, nach der Erzählung »Moara cu noroc« von Ioan
Slavici | K: Oleg Mutu | M: Cristian Lolea | D: András
Hatházi, Rodica Lazăr, Maria Seleș, Bogdan Zsolt, Valeriu Andriuţă | 94 min | OmeU | CinemaScope | Während
Victor Ilius GLÜCKSMÜHLE in einer archaisierenden
Landschaft spielte, verlegt Marian Crișan die Geschichte in die dichten Bergwälder außerhalb von Cluj.
Vater, Mutter, Sohn und Großmutter starten als Pächter
des Hotels »Horizont« ein neues Leben. Der erste Riss
im Gewebe der Legalität ist winzig: Die Bergpolizisten
müssen ihr Essen nicht bezahlen. Dann taucht ein
Mann mit ungarischem Namen und zwielichtigen Handlangern auf. Deutlicher als in der Vorlage geht es Crișan
um einen Thriller, in dem das Recht als Ganzes auf dem
Spiel steht, weil sich die nackte Gewalt durchzusetzen
droht.
▶ Sonntag, 27. November 2016, 21.00 Uhr | Einführung:
Bert Rebhandl
Afacerea Est (Eastern Business) | Rumänien 2016 |
R+B: Igor Cobileanski | K: Feliksas Abrukauskas | M:
Liviu Elekes | D: Constantin Pușcașu, Ion Sapdaru,
Daniel Busuioc, Anne Marie Chertic, Valeriu Andriuţă |
84 min | OmeU | CinemaScope | Das Prinzip des verlorenen Loses in einer etwas anderen Variante. Marian,
ein gutmütiger Kerl, sieht die Möglichkeit zu einem gro-
Rumänisches Filmfestival
Şapte luni mai târziu (Sieben Monate später) |
Rumänien 2016 | R+B: Andrei Creţulescu | K: Andrei
Butică | D: Şerban Pavlu, Rodica Lazăr, Dorian Boguţă |
24 min | OmeU | Eine perfekte Ehe. Ein perfekter Sonntagmorgen. Ein Dritter kommt dazu. – Discordia
(Zwietracht) | Rumänien 2016 | R+B: Ion Indolean | K:
Marius M. Bogdan | M: Adrian Enescu | D: Ilinca Hărnuţ,
Rareș Hanţiu | 72 min | OmeU | Zwei junge Leute in
einer großbürgerlichen Wohnung in Cluj. Eher Bruder
und Schwester als Geliebter und Geliebte? Plakate an
den Wänden verweisen auf eine ausgeprägte Nähe
zum Kino. Die Tage gehen einher mit Routinen: ein Bad
nehmen, im Garten sitzen, Badminton spielen. Sie empfängt gelegentlich jemanden für eine Therapiestunde,
er schreibt einen Text. Filmkritische Debatten über Iñárritus BIRDMAN (2014) brechen das lastende Schweigen. Eine formal radikale Studie in Cinephilie, aus
45
ßen Geschäft. Er braucht dazu nur noch ein bisschen
Kapital. Also verkauft er sein rotes Motorrad, das fortan
wie ein schlecht startender, aber gut funktionierender
Gag durch die Geschichte geistert. Der Käufer ist ein
vierschrötiger Typ namens Pietro, den man bei keinem
Business als Gegner (geschweige denn als Partner)
haben möchte. Eine Ladung Hufeisen in einem Waggon
aus Russland – damit gehen die Probleme los. Absurde
Komödie mit viel Unverwüstlichkeit.
Rumänisches Filmfestival
▶ Mittwoch, 30. November 2016, 21.00 Uhr
46
Dincolo de calea ferată (Jenseits der Gleise) |
Rumänien 2016 | R+B: Cătălin Mitulescu | K: Liviu
Mărghidan | M: Jean-Paul Wall | D: Alexandru Potocean, Ada Condeescu, Claudiu Trandafir, Luminiţa Erga,
Radu Romaniuc | 88 min | OmeU | CinemaScope | Eine
Woche bekommt Radu von seiner italienischen Chefin,
um seine Verhältnisse in Rumänien zu klären. Er
kommt mit dem Bus nach Hause, mitten in der Nacht,
seine Frau trägt ein schönes Kleid, empfängt ihn aber
distanziert. Im Verlauf des allmählich dämmernden Morgens entwickelt Cătălin Mitulescu eine Geschichte mit
vielen kleinen Überraschungen, in der eine der wichtigsten Tatsachen der rumänischen Gegenwart niemals
zu deutlich in den Vordergrund gerückt wird, dabei aber
alles prägt: die Entfremdung, die durch die Arbeitsmigration in das Leben der Menschen kommt.
▶ Freitag, 2. Dezember 2016, 21.00 Uhr
O noapte în Tokoriki (Eine Nacht in Tokoriki) | Rumänien 2016 | R: Roxana Stroe | B: Roxana Stroe, AnaMaria Gheorghe | K: Laurenţiu Răducanu | D: Cristian
Priboi, Cristian Bota, Iulia Ciochină | 18 min | OmeU –
Ninel | Rumänien 2016 | R: Constantin Popescu | B:
Alina Apostu | K: Liviu Mărghidan | D: Florentina Tilea,
Pali Vecsei | 26 min | OmeU – Te mai uiţi şi la om
(Schau den Menschen an) | Rumänien 2016 | R+B:
Ana-Maria Comănescu | K: Tudor Platon | D: Diana Cavallioti, Bogdan Nechifor, Andrei Ciopec | 23 min |
OmeU – Mesagerul (Der Bote) | Rumänien 2015 |
R+B: Radu Potcoavă | K: Andrei Butică | D: Emilian
Oprea, Alfred Wegeman | 12 min | OmeU – 4:15 PM –
Sfârşitul lumii (16.15 Uhr – Das Ende der Welt) |
Rumänien 2016 | R+B: Gabi Virginia Şargă, Cătălin
Rotaru | K: Tudor Platon | D: Alexandru Suciu, Elias
Ferkin | 15 min | OmeU – Von einer orgiastischen Geburtstagsfeier in einer Diskothek auf dem Land mit
überraschendem Ausgang bis hin zum Ende der Welt –
ein immer schneller abwärts rasender, unaufhaltsamer
Höllensturz.
▶ Samstag, 3. Dezember 2016, 21.00 Uhr
Acasă la tata (Zuhause bei Vater) | Rumänien 2015 |
R: Andrei Cohn | B: Mimi Brănescu | K: Andrei Butică |
M: Emy Drăgol | D: Alexandru Papadopol, Andi Vasluianu, Ioana Flora, Mirela Oprișor, Florin Zamfirescu |
90 min | OmeU | Aus heiterem Himmel taucht Petrica
bei seinem Vater auf – die Rückkehr eines schon fast
verloren geglaubten Sohns in eine Hafenstadt im Südosten Rumäniens. Was hat Petrica wohl in der Tasche?
Die ersten Gespräche zwischen Vater und Sohn könnten giftiger kaum sein, doch allmählich beginnt Petrica,
der in Bukarest als Dichter lebt und vom dem schon
etwas in der Zeitung stand, sich auf die lokalen Verhältnisse einzulassen. Ein leiser Film, der seine Spannung
nicht nur Genreformeln abgewinnt, sondern der das
Vergehen der Zeit fast schmerzhaft spürbar macht.
▶ Sonntag, 4. Dezember 2016, 21.00 Uhr
Box | Rumänien 2015 | R+B: Florin Șerban | K: Marius
Panduru | D: Hilda Péter, Rafael Florea, Sorin Leoveanu,
Nicolae Motrogan, Narcis Romulus Dobrin | 94 min |
OmeU | CinemaScope | Zwei Welten in der westrumänischen Stadt Sibiu. Ein junger Mann aus der Minderheit
der Roma soll seinen Weg als Boxer machen, läuft aber
Gefahr, in den Manipulationen dieses dubiosen Sports
verheizt zu werden. Seine Obsession gilt Cristina, einer
Schauspielerin mittleren Alters, die am lokalen Theater
Čechov probt und den Verehrer aus einem ganz anderen Milieu als dem ihren allmählich an sich heran lässt.
Eine Studie über unwahrscheinliche Verbindungslinien
in einer Gesellschaft, die alte Hierarchien zumeist blind
reproduziert.
▶ Freitag, 9. Dezember 2016, 21.00 Uhr
Miracolul din Tekir (Das Wunder von Tekir) | Rumänien 2016 | R: Ruxandra Zenide | B: Ruxandra Zenide,
Alex Iordachescu | K: Hélène Louvart | M: Aïsha Devi |
D: Dorotheea Petre, Elina Löwensohn, Bogdan Dumitrache, Mirela Oprișor, George Piștereanu | 98 min | OmeU
| Ein Solitär. Ruxandra Zenide, eine in der Schweiz
lebende Rumänin, erzählt eine mythisch getönte
Geschichte von einer jungen Frau in einem Fischerdorf,
die von ihrer Mutter die Kraft und das Wissen einer Heilerin geerbt hat. Für die Bewohner des Dorfes aber ist
sie eine Hexe, und als der Fischfang zurückgeht, steht
sogar die Möglichkeit eines Menschenopfers im Raum.
Es ist der umsichtige Pfarrer, der Mara wegbringen
lässt, an jenen Ort, an dem sich das Wunder von Tekir
ereignet: ein aus der Zeit gefallenes Hotel, in dem
Kuren der besonderen Art angewandt werden.
▶ Sonntag, 11. Dezember 2016, 21.00 Uhr | Zu Gast:
Ruxandra Zenide
Ettore Scola
ettore Scola bei den Dreharbeiten zu lA PIù BellA SerATA DellA MIA VITA (1972)
Ettore Scola, Humanist des italienischen Kinos
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Ettore Scola (1931–2016) ist einer der großen Meister
des italienischen Films. Er gilt als legitimer Erbe von
Roberto Rossellini, Vittorio de Sica und Federico Fellini
und als wichtiger Impulsgeber für die nächste Generation. In Deutschland ist er jedoch bis heute weitgehend
unbekannt geblieben.
Obwohl Ettore Scola ein juristisches Studium absolviert
hat, faszinierte ihn früh die Kinowelt. Bevor er eigene
Filme drehte, verfasste er mehr als fünfzig Drehbücher
für Regisseure wie Luigi Zampa, Nanni Loy oder Mario
Monicelli. Den Durchbruch als Regisseur mit einer sehr
persönlichen Filmsprache und einer Vorliebe für sozialkritische Themen gelang ihm in den 1970er Jahren.
Über sein Konzept sagte Scola: »Mein Kino war nie ein
Kino der Phantasie, sondern immer eines der Beobachtung«. Und: »Filme können Denkanstöße geben und die
Menschen dazu bewegen, Dinge in Frage zu stellen,
die sie niemals in Frage gestellt hätten, und Dinge anzuzweifeln, an denen sie nie gezweifelt hätten«. Ein
Filmkritiker bezeichnete ihn als »ironischen Anthropologen des damaligen Italien, der Democrazia Cristiana
und des Booms, mit Biss und einem gewissen Zynismus«.
Von zentraler Bedeutung für Scolas Filme sind die
Schauspieler. In mehreren Filmen arbeitete er mit Nino
Manfredi, Vittorio Gassmann, Stefania Sandrelli, Alberto
Sordi und Marcello Mastroianni. Sie verkörpern italienische Charaktertypen mit ihren typischen Merkmalen:
Der Kunst, sich in jeder Situation zu behelfen (arte di arrangiarsi) sowie markanten Kontrasten zwischen
Schein (Selbstsicherheit, Geltungsdrang, Hochmut) und
Sein (Schüchternheit, Engstirnigkeit, Opportunismus,
Feigheit). Ein menschliches Panoptikum aus gescheiterten Angestellten, komplexbeladenen Strebern, Schnorrern, Schmarotzern, Träumern und Emanzen, die sich in
der neu entstehenden Welt der Freizeitangebote, der
freieren Sitten, des Wohlstands und des Konsums
bewegen – eine bunte comédie humaine, geprägt
durch das anekdotische, fragmentarische Erzählen und
das Zusammenspiel von dramatischen und grotesken
Elementen.
In seinen späteren Filmen schlug Scola einen bittereren, pessimistischeren Ton an. Sein Glaube an das Kino
als Mittel für die Reifung und Demokratisierung des
Landes schwand. Als wiederkehrende Motive traten
jetzt Verzicht, Anpassung, Resignation in den Vordergrund. Scola drehte aufwändige Produktionen mit internationalen Schauspielstars in Frankreich, die auch in
die deutschen Kinos gelangten. 2011 erklärte der 80jährige Ettore Scola seinen Rückzug vom Kino. Doch
Ettore Scola
dies hielt ihn nicht davon ab, zwei Jahre später beim
Festival in Venedig einen außergewöhnlichen Dokumentarfilm über seinen »Bruder im Geiste« Federico
Fellini zu präsentieren: CHE STRANO CHIAMARSI FEDERICO (WIE MERKWÜRDIG, FEDERICO ZU HEISSEN).
Kurz vor seinem Tod am 19. Januar 2016 wirkte er
noch in einem ähnlichen Dokumentarfilm über sein eigenes Leben und Werk mit, das seine Töchter Paola
und Silvia inszenierten: RIDENDO E SCHERZANDO, lachend und scherzend.
Der Tod traf Scola nicht unvorbereitet. Sein Leben lebte
er immer voll und ganz.
Ilaria Furno Weise (Circolo Cento Fiori)
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Ridendo e scherzando. Ritratto di un regista all’italiana (Ettore Scola – Porträt eines italienischen Regisseurs) | Italien 2015 | R+B: Paola Scola, Silvia
Scola | K: Davide Manca | M: Claudio Chiossi | Mit
Ettore Scola, Pierfrancesco Diliberto | 81 min | OmeU |
Ettore Scolas Töchter Paola und Silvia – beide selbst
Drehbuchautorinnen – zeichnen ein liebevolles und bisweilen nostalgisches Porträt ihres Vaters. Nur wenige
Monate vor seinem Tod traf Ettore Scola den italienischen Regisseur Pierfrancesco Diliberto, genannt Pif,
zu einem längeren Interview in einem kleinen Kino.
Klug, geduldig und humorvoll lässt Ettore Scola sein
Leben und sein Werk Revue passieren, flankiert von
Filmausschnitten aus seinen Filmen, Super-8-Aufnahmen, Ausschnitten aus Fernsehinterviews, Familienfotos oder Karikaturen, die sich die beiden gemeinsam
auf der Leinwand ansehen.
▶ Donnerstag, 3. November 2016, 19.00 Uhr
C’eravamo tanto amati (Wir hatten uns so geliebt) |
Italien 1974 | R: Ettore Scola | B: Ettore Scola, Agenore
Incrocci, Furio Scarpelli | K: Claudio Cirillo | M: Armando
Trovajoli | D: Stefania Sandrelli, Vittorio Gassman, Nino
Manfredi, Stefano Satta Flores, Giovanna Ralli, Aldo
Fabrizi, Federico Fellini | 124 min | OmeU | Der Krieg
endet, die Nachkriegszeit beginnt und die Wege von Antonio, Gianni und Nicola, dreier ehemaliger Partisanen
voller Ideen und Tatendrang, die während des Widerstands Freunde geworden sind, trennen sich: Nicola
fährt zurück in die Provinz Salerno, wird Lehrer in
einem humanistischen Gymnasium und ein begeisterter Kinogänger; Antonio kehrt zurück nach Rom und arbeitet wieder als Krankenpfleger; Gianni will in Pavia
sein Jurastudium abschließen. Ein Film über die unvollkommene Liebe und unerreichbare politische Ideale –
und über dreißig Jahre italienische (Film-)Geschichte.
▶ Freitag, 4. November 2016, 21.00 Uhr
Una giornata particolare (Ein besonderer Tag) | Italien 1977 | R: Ettore Scola | B: Ruggero Maccari, Ettore
Scola, Maurizio Costanzo | K: Pasqualino De Santis |
M: Armando Trovajoli | D: Sophia Loren, Marcello Mastroianni, John Vernon | 105 min | OmeU | Rom, 8. Mai
1938: Als ihr Mann und ihre sechs Kinder an einer zu
Ehren Mussolinis und Hitlers veranstalteten Parade teilnehmen, lernt die zu Hause gebliebene Antonietta ihren
Nachbarn Gabriele kennen. Während im Radio martialische Reden und Parolen übertragen werden, entwickelt
sich zwischen Antonietta und Gabriele eine leise, außergewöhnliche Beziehung, die in kurzer Zeit alle Höhen
und Tiefen durchläuft und beide stark berührt. UNA
GIORNATA PARTICOLARE beleuchtet den Einfluss eines
totalitären Regimes auf das Leben der Menschen und
zeichnet dabei ein bitteres Bild der Gesellschaft.
▶ Samstag, 5. November 2016, 21.00 Uhr
La nuit de Varennes (Flucht nach Varennes) | Frankreich 1982 | R: Ettore Scola | B: Sergio Amidei, Ettore
Scola, nach einem Roman von Catherine Rihoit | K: Armando Nannuzzi | M: Armando Trovajoli | D: Jean-Louis
Barrault, Marcello Mastroianni, Hanna Schygulla, Harvey Keitel, Jean-Claude Brialy, Jean-Louis Trintignant,
Daniel Gélin, Laura Betti, Andrea Ferréol | 122 min |
OmeU | Paris 1791, während der Französischen Revolution: In der Nacht vom 20. auf den 21. Juni fliehen
König Ludwig XVI und seine Frau Marie-Antoinette
nach Varennes. In einer anderen Kutsche treffen bunt
zusammengewürfelte Passagiere aus allen Gesellschaftsschichten aufeinander: der Schriftsteller Restif
de la Bretonne, der amerikanische Politiker Thomas
Paine, der vergreiste Casanova, die italienische Opernsängerin Comtesse de la Borde, ein revolutionärer Student und eine reiche Witwe.
▶ Sonntag, 6. November 2016, 21.00 Uhr
Le Bal (Der Tanzpalast) | Frankreich 1983 | R: Ettore
Scola | B: Ettore Scola, Ruggero Maccari, Jean-Claude
Penchenat | K: Ricardo Aronovich | M: Vladimir Cosma |
D: Monica Scattini, Francesco De Rosa, Rossana Di
Lorenzo, Jean-Claude Penchenat, Genevieve Rey-Penchenat | 111 min | OF (ohne Dialog) | In einem Pariser
Tanzcafé begegnen sich 1936, 1940, 1944, 1946,
1956, 1968 und schließlich 1983 zwanzig verschiedene Menschen – Kleinbürger, Verkäuferinnen und Arbeiter –, gespielt von der immer gleichen Schauspielergruppe ohne ein einziges gesprochenes Wort. Mode,
Frisuren, Tanz- und Musikstile ändern sich mit der Zeit
– die Wünsche und Sehnsüchte der Figuren aber bleiben stets die gleichen: Sie wollen beim Tanzen ihre Ein-
Ettore Scola
SPleNDOr
samkeit vergessen, dem Grau des Alltags entfliehen,
träumen – und lieben.
▶ Freitag, 11. November 2016, 21.00 Uhr
La famiglia (Die Familie) | Italien 1987 | R: Ettore
Scola | B: Ruggero Maccari, Furio Scarpelli, Ettore
Scola | K: Ricardo Aronovich | M: Armando Trovajoli |
D: Vittorio Gassman, Stefania Sandrelli, Fanny Ardant,
Andrea Occhipinti, Ottavia Piccolo, Philippe Noiret |
126 min | OmU | Ettore Scola zeichnet das Porträt einer
bürgerlichen italienischen Großfamilie über einen Zeitraum von 80 Jahren, von 1906 bis 1986. Der Film
spielt ausschließlich im Innern einer Wohnung im römischen Viertel Prati. Jede der Figuren wird durch eine
lange Kamerafahrt über den Flur des eleganten Familien-Appartements eingeführt, begleitet von der meisterhaften Musik von Armando Trovajoli. Eine Reflexion
über eine sich unerbittlich verändernde Gesellschaft.
▶ Samstag, 12. November 2016, 21.00 Uhr
Che ora è? (Wie spät ist es?) | Italien 1989 | R: Ettore
Scola | B: Beatrice Ravaglioli, Ettore Scola, Silvia Scola |
K: Luciano Tovoli | M: Armando Trovajoli | D: Marcello
Mastroianni, Massimo Troisi, Anne Parillaud, Renato
Moretti, Lou Castel | 97 min | OmU | Der 60-jährige vermögende römische Anwalt Marcello fährt mit dem Taxi
nach Civitavecchia, um seinen Sohn Michele zu besu-
chen, der dort seinen Militärdienst absolviert. Die Begegnung der beiden ist geprägt von Konflikten, die aus
der häufigen Abwesenheit des Vaters, der charakterlichen Verschiedenheit der beiden, ihren unterschiedlichen Weltanschauungen und dem Unvermögen, miteinander zu kommunizieren, resultieren. Die Zeiger der
Uhr strukturieren das Treffen, das eine Annäherung mit
sich bringen soll – doch der Generationskonflikt zwischen Vater und Sohn scheint unauflösbar.
▶ Sonntag, 13. November 2016, 21.00 Uhr
Splendor | Italien 1989 | R+B: Ettore Scola | K: Luciano
Tovoli | M: Armando Trovajoli | D: Marcello Mastroianni,
Massimo Troisi, Marina Vlady, Paolo Panelli, Pamela Villoresi | 105 min | OmU | Das Provinzkino »Splendor«
hat seine besten Tage hinter sich: Es häuft Schulden an
und ist im Begriff zu verfallen. Schweren Herzens entscheidet sich sein Besitzer Jordan, der das Kino von
seinem Vater geerbt hat, es zu verkaufen. Nach Ende
der letzten Vorstellung erinnert er sich noch einmal an
die Glanzzeiten des Kinos in den 1930er und 1950er
Jahren, als es noch der kulturelle Mittelpunkt der Kleinstadt war. Ettore Scolas wehmütiger Abgesang auf das
Kino als soziale Einrichtung, als Stätte der Begegnung,
als Hort der Träume und als Exil, das Schutz vor dem
grauen Alltag bietet. Nur ein Wunder kann helfen.
▶ Sonntag, 20. November 2016, 21.00 Uhr
49
Christian Rischert
Der TOD DeS FIScHerS MArc leBlANc
Zum 80. Geburtstag von Christian Rischert
50
Auf der Retrospektive der Internationalen Filmfestspiele
Berlin wurde 2016 KOPFSTAND, MADAME! wieder entdeckt, Christian Rischerts erster Spielfilm, der 1967 in
der ersten Welle von Filmen erschien, die den Beginn
des Jungen Deutschen Films markieren. Vier Jahre
zuvor war im Oberhausener Manifest der Startschuss
zu dieser Bewegung gegeben worden: »Wir erklären
unseren Anspruch, den neuen deutschen Spielfilm zu
schaffen. Dieser Film braucht neue Freiheiten. Freiheit
von den branchenüblichen Konventionen. Freiheit von
der Beeinflussung durch kommerzielle Partner. Freiheit
von der Beeinflussung durch Interessengruppen. Der
alte Film ist tot, wir glauben an den neuen.« Rischert
gehörte zwar nicht zu den Unterzeichnern des Manifests, sieht dies aber als biografischen Zufall: Er war
Mitglied der informellen Münchner Gruppe, aus deren
bisheriger Filmarbeit in nächtlichen Diskussionen das
Bedürfnis nach einem Aufbruch in eine neue Praxis des
Filmemachens erwachsen war, das sich in dem Manifest Ausdruck verschaffte.
Wie die anderen jungen Filmemacher, die sich aus den
verkrusteten Strukturen von »Papas Kino« ausgeschlos-
sen sahen und an der Fortsetzung des Bisherigen auch
kein Interesse hatten, hatte Rischert sein Handwerk bei
der Herstellung von Werbefilmen gelernt und sich mit
Kurzfilmen einen Namen gemacht, die, wie es im Manifest hieß »eine neue Sprache des Films sprechen«. In
IT’S A WONDERFUL LIFE (1965) ist zu sehen, wie ein
junges Mädchen und ein »reifer Mann« mit den Rollenerwartungen kämpfen, die ein glückliches Zusammentreffen der Geschlechter eher unmöglich erscheinen
lassen. Exquisit komponierte Schwarzweißbilder, kommentierende Zwischentitel und eine elliptische Montage treiben hier zwölf Minuten Erkenntnisgewinn in
einem Film hervor, der ebenso vergnüglich anzusehen
wie ernst zu nehmen ist. In FRIEDLICHE ZEITEN (1965)
erleben wir ein opulentes Mittagsgelage deutscher Touristen in einer arkadischen italienischen Sommerlandschaft. Ihre belanglose Unterhaltung nimmt plötzlich
einen bedrohlichen Verlauf, als einer der Teilnehmer
von einer Kriegserinnerung überwältigt eine Messerattacke auf einen jungen Mann startet, der sich zuvor in
der Konversation auffallend zurückgehalten hatte. Im
Opfer dieses Angriffs kann man unschwer das Selbst-
das Leben ist, aber die Regel. Die Anfänge ähnelten
den Entdeckungen, die auch andere Filmemacher in
der Bundesrepublik der 1960er Jahre mit der neuen,
beweglichen 16mm-Technik in der Realität machen
konnten. PLATZ 219 (1970, wieder zusammen mit
Christian Geissler) beobachtet den Alltag einer proletarischen Familie, die es aus Norddeutschland in die Fließbandfertigung einer süddeutschen Elektronikfirma verschlagen hat. Sie verdienen gutes Geld, können sich
ein Auto leisten und fühlen dennoch, dass aus Arbeit
und Wohlstand allein keine Sinnstiftung entsteht, die
ein Leben lang trägt. Mit diesem unguten Gefühl endet
der Film, Rischert berichtet jedoch, wie die Filmarbeit in
diesem Fall die Realität zu Besserem wendete: Nach
dem Anschauen des Films machte sich das Paar daran,
sein Leben zu verändern, verließ die Fabrik und ergriff
neue Berufe – eben jene, die im Film nur als unerreichbare Träumereien im Gespräch erschienen waren.
Nach einigen weiteren Filmen in dieser, noch dem direct cinema verpflichteten Arbeitsweise eroberte sich
Rischert neue Territorien und erkundete Lebensweisen
in anderen Ländern und unter neuen Blickwinkeln. Nun
standen Themenfelder wie gesundes Essen und Trinken, ökologisch verträgliche landwirtschaftliche Produktionsweisen, Stadtentwicklung und aussterbendes
Handwerk im Mittelpunkt, die in einer fast unüberschaubaren Fülle von Filmen untersucht wurden, die
meist für das bayrische Fernsehen entstanden. Einige
dieser Filme wurden auch Kinoerfolge, wie zum Beispiel VENEDIG – DIE INSEL DER GLÜCKSELIGEN AM
RANDES DES UNTERGANGS (1978) und DER TOD DES
FISCHERS MARC LEBLANC (1976). Rischerts Zugriff
auf die Realität veränderte sich in dieser Zeit deutlich
und ging nun über die bisherige, beobachtende Haltung weit hinaus. Immer machte sich Rischert als das
Subjekt kenntlich, das sich bisher unbekannte Landstriche und Lebensweisen durch die Kamera erschließt.
Oft sehen wir ihn auf diesen Reisen als Forschenden
und Handelnden im Bild, und stets werden wir im Ton
mit seinen Erkenntnissen und Assoziationen bekannt
gemacht. Venedig (ein Sehnsuchtsort, zu dem Rischert
in zahlreichen weiteren Filmen immer wieder zurückkehrte) wird in seinem Film in einem Kaleidoskop von
Vignetten des venezianischen Lebens gezeigt, das sich
zu einer Elegie auf eine untergehende Stadt verdichtet,
die Rischert als trauernder Zeuge des Verfalls durchstreift. Neben der Pracht der architektonischen Zeugnisse vergangener Herrlichkeit, hinter deren Kulissen
uns der Film immer wieder führt, rückt die ökologische
Bedrohung durch die Verseuchung der Lagune ins Bild.
Ein ähnlich tragischer Ton durchzieht auch den Film
Christian Rischert
porträt Rischerts erkennen, der die Bombennächte des
Zweiten Weltkriegs als Kind in München erlebte und
dessen Aufwachsen in der Nachkriegszeit vom Schweigen der Älteren über das Geschehene ebenso bestimmt war wie von dem unguten Gefühl, das hinter der
Fassade des Wiederaufbaus und neuer Prosperität
Abgründe lagen, ohne deren Erkundung keine Zukunft
gelingen konnte.
Nach über 300 Werbe-, Industrie- und Lehrfilmen
konnte Rischert mit KOPFSTAND, MADAME! endlich
seinen ersten Spielfilm realisieren. »Einen Film drehen«,
sagte er der Stuttgarter Zeitung damals, »bedeutet für
mich, unserer Realität um einiges näher zu kommen,
sie möglicherweise besser zu erfassen und begreifen
zu können.« Bezeichnend für seine Arbeitsweise ist
daher, dass die Realität unmittelbar in die Dreharbeiten
eingriff. Das Drehbuch (von Christian Geissler mit Alfred Neven DuMont und Rischert gemeinsam verfasst)
veränderte sich während der Arbeit am Film durch das,
was die Schauspieler an eigenen Erfahrungen mitbrachten. »Als ich anfing zu drehen, war die Frau sehr
mutig, sehr entschlossen. Jetzt ist sie mittlerweile langsam immer verzweifelter geworden.« 50 Jahre später
sieht man mit Erstaunen, mit welch hoher Genauigkeit
und klarem Blick für die Unhaltbarkeit von überkommenen Rollenbildern das Zusammenleben der Geschlechter hier beschrieben wird, das nach Regeln verläuft, die
damals noch Gesetz waren. Heute kaum noch vorstellbar, konnten Frauen ohne Erlaubnis ihres Ehemanns
keine Arbeit annehmen, kein Konto eröffnen, kein
selbstbestimmtes Leben führen.
Rischerts zweiter Spielfilm erschien erst vierzehn Jahre
später, 1980: LENA RAIS. Dieser Film hatte großen Erfolg im Kino, wurde mit einem Bundesfilmpreis belohnt
und lief im Wettbewerb der Filmfestspiele in Venedig.
Auch in LENA RAIS wird beschrieben, wie eine Frau aus
einem unbefriedigenden und unterdrückten Eheleben
einen Ausweg sucht, und diesmal auch findet. Wie
Rischert zu diesem Stoff kam, beschrieb er damals im
Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung: »Ganz sicher
ist das Filmemachen für mich identisch mit der Suche
nach dem, was Leben ist. Meine langjährige dokumentarische Filmarbeit war für mich Anschauungsunterricht in Sachen Leben, war meine Universität. Durch
das Filmemachen wurde das, was ich erfahren habe –
über mich und andere – zum dialektischen Prozess von
authentischer Wirklichkeit und filmischer Authentizität.
Wir müssen Geschichten erzählen, die etwas mit unserem Land zu tun haben, mit unserem Leben hier.«
In Rischerts Filmschaffen ist der Spielfilm die Ausnahme, die dokumentarische Annäherung an das, was
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Christian Rischert
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DER TOD DES FISCHERS MARC LEBLANC. Leblanc, ein
Fischer an der Küste der Normandie, an der Rischert
über die harten Arbeitsbedingungen der dort arbeitenden Fischer recherchiert hatte, war zu einem Freund
geworden und sollte die Hauptfigur eines Film werden.
Am ersten Drehtag erfuhr Rischert vom Selbstmord
Leblancs und entschloss sich dennoch, den Film nicht
abzubrechen, sondern ihn nun der Recherche nach den
Ursachen dieser Katastrophe zu widmen. Auch dieser
Film geriet, neben der letztlich erfolglosen Suche nach
einer Erklärung für Leblancs Tat, zu einer eindringlichen
Beschreibung der Lebensbedingungen der letzten unabhängigen Fischer, deren Existenz sowohl unter ökologischen wie ökonomischen Aspekten von Herausforderungen bedroht ist, denen sie absehbar nicht standhalten können.
Abseits der großen Leinwand ist Rischert ein Meister
der kleinen dokumentarischen Form. Immer wieder gelang es ihm erfolgreich, im Gewand von äußerlich
harmlosen TV-Rubriken wie DIE WEINMACHER oder À
LA CARTE seine Stimme zu erheben und statt der erwarteten Kochsendung sorgfältig komponierte Porträts
von bedrohten Landschaften, aussterbenden Produktionsweisen oder faszinierenden Menschen abzuliefern,
die selbstverständlich in ihren überkommenen Traditionen leben und damit in Widerspruch zur ökonomisch
optimierten Lebensweise geraten, die laut Rischert die
Vielfalt des Lebens und des Lebensgenusses bedroht,
der uns allen offen stehen sollte. Es gibt vielleicht keinen anderen deutschen Filmemacher, der sich selbst
so oft ins Bild gesetzt und aus dem eigenen Herzen gesprochen, sich dadurch aber auch kenntlich und angreifbar gemacht hat.
Martin Koerber
Die Retrospektive findet in Zusammenarbeit mit der Deutschen Kinemathek Berlin statt, in der Christian Rischerts Filme
bewahrt werden.
Platz 219 | BRD 1970 | R+B: Christian Rischert, Christian Geissler | 43 min | Ein junges Paar arbeitet im Fernsehwerk von Metz im Akkord. Die Versprechungen des
Wirtschaftswunders scheinen einzutreffen: ein Auto
wird angeschafft, das Kind soll (und wird) es einmal
besser haben. Jedoch sind die Opfer dafür groß. –
Kopfstand, Madame! | BRD 1967 | R: Christian Rischert | B: Christian Geissler, Christian Rischert, Alfred
Neven DuMont | K: Fritz Schwennicke | M: Carlos Diernhammer, Manfred Niehaus, Otto Weiss | D: Miriam Spoerri, Herbert Fleischmann, Heinz Bennent, Helga Toelle,
Lutz Berks | 81 min | »Christian Rischert fotografiert die
Geschichte der Bewusstwerdung einer Frau in kargen,
sorgfältig ausgewählten Einstellungen. Emotionen sind
fast ausgeschaltet, Reflexionen sind nur in Ansätzen erkennbar. Die Erkenntnis der Frau, dass sie in der Ehe
gefangen ist, wird gleichsam als ein Hautgefühl vermittelt. Ein Ehe-Drama, das sich in ausformulierten Dialogen und beiläufigen Bildsymbolen ausdrückt.« (Werner
Kließ)
▶ Donnerstag, 1. Dezember 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast:
Christian Rischert
It’s a Wonderful Life | BRD 1965 | R+B: Christian Rischert | K: Wolfgang Fischer | D: Iris Gras, Alex Regnier
| 12 min | Vorbereitungen einer jungen Frau und eines
älteren Herrn auf ein erstes gemeinsames Treffen. –
Der Tod des Fischers Marc Leblanc | BRD 1976 |
R+B: Christian Rischert | K: Kurt Lorenz, Lothar Elias
Stickelbrucks | Mit Vania Vilers, Christian Rischert |
97 min | »Die Vorbereitungen zu einer Reportage über
Leben und Arbeit der Fischer an der französischen
Nordseeküste wurden durch den Selbstmord des Fischers Leblanc jäh unterbrochen. Doch der tragische
Zwischenfall wird für Christian Rischert zum Ausgangspunkt, die Beweggründe für diese Tat verstehen zu wollen. Der so entstandene Dokumentarfilm kreist fragend
um diese Leerstelle, den abwesenden Hauptprotagonisten. Nach und nach entsteht das Bild eines hart arbeitenden Menschen, der zerrieben wird zwischen unausgesprochenen Erwartungen.« (Anke Hahn)
▶ Freitag, 2. Dezember 2016, 18.30 Uhr
Friedliche Zeiten | BRD 1966 | R+B: Christian Rischert | K: Maxim Wrotzlawski | D: Vlado Kristl, H. Wittler | 12 min | Ein sommerliches Mittagessen unter
Freunden in bukolischer Landschaft nimmt einen unerwarteten Verlauf. – Der Trüffelsucher | BRD 1973 |
R+B: Christian Rischert | K: Kurt Lorenz | 43 min | Im
Piemont gibt es den weißen Trüffel, den speziell abgerichtete Hunde zwischen Oktober und März an geheim
gehaltenen Orten aufspüren. Die seltene Spezialität
wird in einem familiengeführten Bahnhofsrestaurant
serviert, der Handel mit den Trüffeln sichert der Familie
den Lebensunterhalt. – Das Kloster von Vedana | BRD
1976 | R+B: Christian Rischert | K: Wolfgang-Peter
Hassenstein | K: 43 min | Christian Rischert begleitet
und interviewt einige der Mönche der Kartause von
Vedana und ist damit einer der ersten, denen überhaupt Einblick in das äußerst asketische, der Kontemplation verschriebenen Klosterleben gewährt wird.
▶ Samstag, 3. Dezember 2016, 18.30 Uhr
Lena Rais | BRD 1980 | R: Christian Rischert | B: Manfred Grunert | K: Gerard Vandenberg | M: Eberhard
Schoener | D: Krista Stadler, Tilo Prückner, Nikolaus Pa-
Schaaf | 105 min | Von seiner Frau verlassen, verliert
der Regisseur Feldmann den Boden unter den Füßen.
Die Lebenskrise geht mit einer künstlerischen einher
und verändert den Blick auf die fremd gewordene Umwelt: Kriegserinnerung, Nazi-Vergangenheit und der
städtische Raum in seiner Geschichtlichkeit werden Teil
einer existenziellen Trauerarbeit. Feldmann, gespielt
von Horst Buchholz, ist unschwer als Alter Ego des
Regisseurs zu erkennen, der in diesem Film eigene
Lebenserfahrungen verarbeitet. Nebenbei ist WENN
ICH MICH FÜRCHTE auch ein schöner München-Film.
ryla, Kai Fischer, Manfred Lehmann | 121 min | Eine
Frau bricht aus ihrer Ehe aus. »Thematisch an KOPFSTAND, MADAME! anknüpfend, zeigt LENA RAIS jedoch beschädigtere Figuren und fragilere Beziehungen,
die eine Emanzipation aus den bedrückenden (Geschlechter-)Verhältnissen schwerer erscheinen lassen
als 13 Jahre zuvor.« (Anke Hahn) »Buch und Regie
haben für ihr höchst unterhaltsames Lehrstück eine
kluge Form einer realistischen Erzählweise entwickelt.
Und vor allem herrscht da auch ein energischer Wille zu
einem aufklärerischen Humor: Am Ende ist man weder
ergriffen über ein tragisches Schicksal, noch wird man
bequem versöhnt mit emanzipatorischen Happy-EndParolen. Privates Scheitern wird als etwas Vorläufiges
begriffen; das heißt, der Film unterhält und macht Mut
zu Lösungsversuchen, auch zu unbequemen und
schmerzhaften.« (Hans-Günther Pflaum)
▶ Sonntag, 4. Dezember 2016, 18.30 Uhr
Der Traum | BRD 1964 | R+B+K: Christian Rischert |
M: Russell Garcia, Joe Viera | 12 min | Die Kamera erkundet die abweisende Betonarchitektur eines Fußballstadions, das als fremder und bedrohlicher Ort erscheint. – Wenn ich mich fürchte | BRD 1984 | R+B:
Christian Rischert | K: Xaver Schwarzenberger | M:
Eberhard Schoener | D: Horst Buchholz, Franziska Bronnen, Constanze Engelbrecht, Herta Schwarz, Johannes
Venedig – Die Insel der Glückseligen am Rande
des Untergangs | BRD 1978 | R+B: Christian Rischert
| K: Michael Ballhaus | 100 min | »Viele sagen, wenn
Venedig stirbt, verlieren wir nicht nur einen Kunstschatz
von unermesslichem Wert, sondern auch eine Hoffnung. Die Hoffnung, neben der umweltbedrohenden,
gigantischen Technisierung der Welt eine Heimat für
den Menschen zu erhalten. Als Stadt ohne Autos ist Venedig Modell für einen Urbanismus, der zukunftsweisend sein kann. Der Film schildert die komplizierten Widersprüche der Stadt, hinter denen sich die Frage nach
dem Glück verbirgt. Es werden nicht Kunstwerke oder
Venedig als Kunstwerk an sich abgefilmt, sondern es
werden die Menschen, die an diesem Kunstwerk arbeiten, gezeigt. So ergibt sich eine Sicht, die natürlich
immer noch die Perspektive eines neugierigen Gastes
ist in dieser Stadt, aber alle folkloristischen Perspektiven und Aspekte vermeidet.« (Christian Rischert)
▶ Samstag, 10. Dezember 2016, 18.30 Uhr
Inseln hinter dem Meer | BRD 1985 | R+B: Christian
Rischert | K: Wolfgang-Peter Hassenstein | 98 min | Sieben Jahre nach seinem ersten Venedig-Film DIE INSEL
DER GLÜCKSELIGEN AM RANDE DES UNTERGANGS
kehrt Christian Rischert an seinen Sehnsuchtsort zurück. Doch diesmal erkundet er die Rückseite der Stadt:
Die Toteninsel San Michele, die Glasbläserinsel Murano,
die Inseln Giudecca, Burano und Torcello. Unglückliche
und glückliche Einzelgänger kommen zu Wort. Auf den
Inseln Lazzaretto Vecchio, San Servolo und San Clemente wurden über Jahrhunderte Kranke und Verrückte mehr isoliert als behandelt. Ihr Besuch führt zur
Reflexion über das Wesen von Inseln als Orte selbstgewählter oder gesellschaftlich forcierter Isolation. Venedig erscheint nun als Symbol einer Kultur, die als
Kehrseite ihres wirtschaftlichen und geistigen Reichtums Armut, Krankheit und Wahnsinn ausgelagert hat.
▶ Samstag, 10. Dezember 2016, 21.00 Uhr
Christian Rischert
▶ Freitag, 9. Dezember 2016, 18.30 Uhr
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Zuschauerkino – Kurzfilmabend des MFZ
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Beim Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums e.V.
(MFZ) können Amateure, Enthusiasten und Profis
zweimal im Jahr ihre Filme auf der Leinwand des Filmmuseums einem interessierten Publikum präsentieren
und sich mit anderen Filmemachern vernetzen.
Vor jedem Film erzählen Beteiligte von Hintergründen,
Entstehungsgeschichte oder Besonderheiten ihres
Werks. Im Anschluss an die Vorführung bietet das MFZ
eine Begegnungsmöglichkeit, damit alle Anwesenden
miteinander ins Gespräch kommen und sich austauschen können (für Erfrischungen ist gesorgt).
Filme einreichen können alle, die einen Kurzfilm gedreht haben, unabhängig von Inhalt oder Format des
Films, ob Spielfilm oder Dokumentation, Real-, Kunstoder Animationsfilm. Das MFZ wählt unter den eingereichten Filmen aus und stellt ein etwa anderthalbstündiges Programm zusammen.
Die Filme müssen bis Donnerstag, den 24. November
2016 im Filmmuseum vorliegen. Möglich sind die Formate 35mm, 16mm, DigiBeta, BetaSP, DVD-Video, Bluray und DCP. Dateien wie mov, mp4 etc. müssen auf
USB-Stick oder Festplatte vorliegen. Zugelassen werden nur Filme bis zu 12 Minuten Länge. Alle Einreichenden, deren Filme im Programm gezeigt werden, können
an der Kasse bis zu fünf Freikarten für den
Zuschauerkino-Filmabend erhalten. Darüber hinaus
bestehen keine weiteren Verpflichtungen des Filmmuseums. Es wird vorausgesetzt, dass die Teilnehmer
und Teilnehmerinnen über die Rechte an ihren Filmen
verfügen und diese am Abend vor der Projektion kurz
vorstellen.
Katja rupé, richard Westermaier, christoph Michel
Zuschauerkino
?
Kontakt: Filmmuseum München, St.-Jakobs-Platz 1,
80331 München, [email protected], Telefon:
089-233 27718.
▶ Donnerstag, 8. Dezember 2016, 19.00 Uhr | Die Filme-
macher und Filmemacherinnen sind anwesend
Wie mit weggeschnittenen Augenlidern
Die Frage, warum Herr S. Amok lief, ist nicht ohne weiteres zu beantworten. Ein Versuch: Ein kleiner Junge
starrt – wie eine Generation früher Jean-Pierre Léaud
als Antoine Doinel – mit viel zu großen Augen in die
Welt. Er weiß nicht, wie ihm geschieht, er weiß bloß,
dass er laufen muss. EIN EINFACHES EREIGNIS (1973)
war der erste Spielfilm von Sohrab Shahid Saless. Zu
Hause in Teheran wurde er ausgezeichnet, dann auf die
Berlinale eingeladen. Dort demonstrierten die Exil-Perser um Bahman Niroumand, weil der Film nichts von
den wirklichen Verhältnissen im Iran zeige. Kein SchahSchah-Mörder-Schah, sondern ein kleiner Junge, der
nicht zum Leben kommt. Der in die Schule geht, und
nicht versteht, was der Lehrer vorsagt, der längst in
den Wirtschaftskreislauf seiner Vorfahren eingespannt
ist. Nur einmal, am Grab seiner Mutter, stehen Vater
und Sohn zusammen. Aber was hilft es, das Leben
muss weitergehen. Das Leben ist Fische fangen, Fische verkaufen, und die Schule eine Qual.
Aber es passiert doch nichts? Nein, es passiert nichts.
Der Junge läuft, läuft um sein Leben. Die Zeit vergeht,
die Zeit bleibt stehen. Gibt es Schlimmeres?
In STILLEBEN, ein Jahr später, hört man den Wecker
schnackern. Die Zeit wird streng zerteilt von der Uhr
und vom Zug. Der Bahnwärter senkt die Schranke,
wenn ein Fernzug durchfährt oder nur der Schienenbus
mit dem Kurier. Die Sonne geht auf, die Sonne geht
unter, der Bahnwärter erfüllt seine Pflicht. Seine Frau
knüpft an einem Teppich und macht den Tee heiß,
wenn der Bahnwärter nach Hause kommt.
Kein Drama, kein Bahnwärter Thiel, keine bête humaine. Der Sohn ist Soldat und kommt kurz zu Besuch,
aber auch dann geht das Leben weiter wie zuvor. Ein
Brief aus der Hauptstadt, aber der Bahnwärter versteht
ihn nicht, muss sich den Brief vorlesen lassen. Der Wecker schnackert weiter, die Schranke geht hoch und
fährt wieder nieder, aber für den Bahnwärter ist die Zeit
abgelaufen. Er soll in Pension gehen. Am Ende sieht
man den Bahnwärter, sein bärtiges, tagundnachtgleiches Gesicht, jetzt in Rente. Er zieht aus und nimmt zuletzt sein Bild von der Wand, den Spiegel. Früher einmal
wäre Saless Maler geworden, hätte bei Rembrandt gelernt. So machte er die letzten Stummfilme.
Sohrab Shahid Saless
Sohrab S. Saless in San Francisco. »Ich bin verzweifelt all die Tage bis zum Grabe.« © Herbert Achternbusch
Retrospektive Sohrab Shahid Saless
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Sohrab Shahib Saless
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1962, mit 18, ging Saless von Teheran nach Wien und
wollte Film studieren. Er lernte Mitteleuropa kennen,
lernte, dass man bei einer Einladung sagt: »Das Essen
war ein Gedicht.« Saless erkrankt an Tbc, zieht weiter
nach Paris, dreht in Teheran Dokumentarfilme über tanzende Derwische, macht im Auftrag des Kulturministeriums Werbung für den technischen Fortschritt, der mit
der »Weißen Revolution« des Schahs auch nach Persien kam. Dann gab es Ärger mit den Behörden, Saless
verließ seine Heimat ein weiteres Mal.
Nicht noch einen Film über das Gastarbeiter-Dasein
habe er drehen wollen, sagt Saless im Vorspann des
dritten Films IN DER FREMDE (1975), sondern einen
über das Elend. »urbedeutung dieses schönen, vom
heimweh eingegebnen wortes ist das wohnen im ausland, in der fremde«, heißt es im Grimmschen Wörterbuch. Der Türke Husseyin verbringt seine Tage zwischen der Stanzmaschine und einer heruntergewirtschafteten Wohnung, wo er mit anderen Türken zusammenlebt. Er versteht kaum Deutsch, kann sich Frauen
nur mit eingelernten Phrasen nähern und versteckt, da
er doch allein ist, sein Geld in der Unterhose. Als ihn
eine böse Nachbarin zum Kaffee hereinbittet, kommt es
zur einzigen komischen Szene in Saless’ Filmen: Die
alte Frau zeigt Hussein ein Foto ihres Sohnes. Hussein
lobt, wie er’s gelernt hat, während sich die Alte über die
Erbschleicherei ihres Sohnes beklagt. Sie werden sich
nie verstehen.
Unverwandt schaut Saless auf diese Fremden in dem
Kreuzberger Loch, betont ihre Heimatlosigkeit noch
durch das Poster von Ben Cartwright, das Tee-Ritual,
die Gespräche über Deutschland draußen vor der Tür.
Er muss immer schauen, muss starren wie der kleine
Junge im EINFACHEN EREIGNIS. Den Blick lenkt Ramin
Reza Molai, der fast alle Saless-Filme gedreht hat. Die
Einstellungen dehnen sich unendlich, die Zeit steht still,
die Zeit pocht, aber man kann ebenso wenig wegschauen wie der Regisseur, es ist, wie Kleist und Brentano einmal geschrieben haben, »als ob einem die Augenlider weggeschnitten wären«.
Im Club Arena geht es ums Geschäft. Die fünf Frauen
lassen Geschlechtsverkehr mit sich machen und reden
in den Pausen dazwischen über Urlaub und ferne Kinder. Das Geschäft gehört Heinz, sie arbeiten also für
Heinz, sie liefern das Geld ab bei Heinz, sie fürchten
Heinz. Manchmal kommt Heinz zum »Bumsen« vorbei,
dann schlägt er wieder zu und verschwindet in seinem
Zimmer. Dort betreibt er ein Büro mit Kontorbuch, Telefon und Revolver. Saless drehte DAS CABINET DES DR.
CALIGARI nochmal neu für die Bundesrepublik.
Fünf Jahre musste er das Drehbuch für UTOPIA (1983)
herumbieten, niemand wollte es haben. Verständlich:
eine Geschichte aus dem Puff, aber ohne Sex, ohne
Stöhnen, ohne Strapse, das nackte Grauen. Auch UTOPIA ist kein politischer Film, sondern viel schlimmer, die
reine Wahrheit, also eine Tortur. Selbst Rosi, die einmal
davonläuft, kehrt wieder zurück. Eine andere schneidet
sich die Pulsadern auf, aber auch sie weiß sich nichts
anderes als die Arbeit fürs Geschäft. Wie ein antiker
Chor umstehen die fünf Frauen ihren Tyrannen, hören
sich sein Gebell an, seine Befehle, lassen sich demütigen und schlagen und reihum beschlafen. Auch eine
Vernichtung durch Arbeit.
Schließlich gelingt Renate die befreiende Tat, der Tyrannenmord. Mit der Schere sticht sie Heinz zweimal in die
Brust. Heinz beschimpft sie noch alle, aber er verblutet.
Die Frauen prügeln auf den Toten ein, und zuletzt erschießt ihn Renate noch. Die Frauen reinigen den Club
und sind endlich frei. Frei? »Ab an die Arbeit, meine
Damen!«, kommandiert jetzt Renate, als es wieder an
der Tür klingelt. Die Liebe höret nimmer auf, die Arbeit
geht immer weiter.
Warum lief Herr S. Amok?
Herbert Achternbusch erkannte den Bruder, »dem es
fast noch schwerer fällt als mir, Geld für seine Filme
aufzutreiben, für seine strengen Filme, die so schön
sind, dass andere Filme als neckische Unterwäsche erscheinen«. Lotte Eisner verwendet sich für Saless, die
Kritiker rühmen ihn in Frankreich und England und, ja,
sogar in Deutschland. Er hatte es doch gut. Warum
musste Herr S. Amok laufen?
Zweimal drohte ihm die Abschiebung, die »Aufenthaltserlaubnis ersetzt nicht die Arbeitserlaubnis« wurde in
seinen Pass gestempelt, und das Kreisverwaltungsreferat der Stadt München verfügte handschriftlich einen
demokratischen Gnadenakt – »mit Ausnahme der Tätigkeit als freischaffender Filmregisseur und Drehbuchautor«.
Sein Freund Farschid Ali Zahedi hat in Oldenburg (ausgerechnet!) Material für ein Saless-Archiv zusammengetragen. Briefwechsel mit Produzenten, Redakteuren,
Jurys. Recherche-Material, Abrechnungen und Dispos.
Vier Umzugskartons voller Drehbücher und Treatments
stehen da, an die hundert sollen es sein. Wenn er nicht
trank, schrieb Saless, und wenn er trank, schrieb er offenbar noch mehr. Er bestürmte Redakteure, jetzt aber
ohne Erfolg.
Saless schrieb Drehbücher, fiel den Fernsehleuten lästig, feilschte mit Produzenten um Tantiemen und stellte
wieder einen Preis neben die anderen. In den Siebzigern hat wahrscheinlich kein deutscher Regisseur so
viele Preise bei so vielen Festivals abgeräumt wie der
Sohrab Shahid Saless
gene Rechnung HOCHZEIT IM EXIL; Zahedi besitzt eine
Rohkopie des Films, den Saless Anfang der Achtziger
im sowjetisch besetzten Afghanistan drehte und der nie
gezeigt wurde.
ROSEN FÜR AFRIKA, der letzte Film, den Saless machen konnte, lief Pfingsten 1992 im ZDF, drei Stunden
Überforderung des Zuschauers. Dabei ist er regelrecht
nützlich: Zeigte man ihn auf dem Standesamt, allen
Heiratslustigen verginge noch rechtzeitig der Spaß an
der Ehe. Karola und Paul lieben sich so sehr, dass sie
sich schlagen müssen. »Ist es schon zu Ende?« fragt
Karola. Aber nein, sie sind doch verheiratet. Wieder das
Leben als rasender Stillstand, als tödlicher Lauf. Einen
Telestar gab man ihm doch dafür, aber für einen neuen
Auftrag reicht es nicht. Warum also lief Herr S. Amok?
In Wim Wenders’ Film FALSCHE BEWEGUNG (1975,
Drehbuch: Peter Handke) spricht ein Industrieller über
das moderne Deutschland. »Die Angst gilt hier als Eitelkeit oder Schande. Deswegen ist die Einsamkeit in
Deutschland maskiert mit all diesen verräterischen entseelten Gesichtern, die durch die Supermärkte, Fußgängerzonen und Fitnesszentren geistern. Die toten
Seelen von Deutschland.« Saless hat die Geschichte
dieser toten Seelen erzählt. Das hätte er besser nicht
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IN Der FreMDe
iranische Staatsbürger. Er hatte bloß kein Geld für seinen nächsten Film. Drehte Dokumentationen zwischendurch, ging weiter hausieren und bekam wieder Preise.
Nur wird davon keiner fett.
»Morgen gehe ich zum Arzt«, schreibt er 1982 an seine
Freundin, »und lasse mir das Blut aus der Ader holen,
um festzustellen, wie weit es mit mir ist.« Noch nicht
weit genug.
Mit dem rasenden Dichter Christian Dietrich Grabbe
verstand er sich, aber der war schon 1836 gestorben,
zerrüttet, kaputtgesoffen. Und Bruder Čechov. Saless
drehte einen Film über den melancholischen Anton
Čechov und verfilmte eine Erzählung, »Der Weidenbaum«. Aber auch Čechov war schon lange tot.
Nach dem Erfolg und Misserfolg von UTOPIA wanderte
Saless wieder aus, in die Tschechoslowakei ging er,
überstand eine Krebsoperation, kaufte sich sogar ein
Haus, drehte weiter. HANS – EIN JUNGE IN DEUTSCHLAND (1985) entsteht da, und wieder tockt die Uhr. Das
»Dritte Reich« geht zäh zu Ende, die Nachbarn vertreiben sich die Zeit mit Schmähbriefen, die sie der »Judenhure« unter der Tür durchschieben. Ihr Sohn Hans
verbrennt sie im Gasfeuer. Saless distanziert sich von
seinem Film. In Italien und Deutschland dreht er auf ei-
Sohrab Shahib Saless
getan. Als er sie erzählt hatte, wanderte er aus. Nach
Chicago und jetzt zum letzten Mal. Was immer er sich
von Amerika erwartet hatte, dort fand er erst recht keinen Geldgeber.
Die Mutter hat die Familie früh verlassen, dafür hasste
er alle Frauen und wurde wieder geliebt von ihnen. Die
Mutter stirbt schon im ersten Spielfilm. »Was hatte
deine Mutter?«, fragt der Lehrer den Sohn. »Sie hatte
Magenschmerzen.« Saless folgte ihr nach. Das Ende?
Kam, als er die Tür nicht mehr öffnen konnte. Hinter der
verschlossenen Tür brach er zusammen, verblutete, lief
aus. Endlich war es soweit. Ein einfaches Ereignis.
Warum also lief Herr S. Amok? Seine Filme zeigen es.
Sehen Sie selbst.
Willi Winkler
Siah-o sefid (Schwarz und weiß) | Iran 1972 | R+B:
Sohrab Shahid Saless | K: Mehrdad Fakhimi | 4 min |
ohne Dialog | Ein Stop-Motion-Animationsfilm in einer
Einstellung, gedreht an einem Tag als Auftragsarbeit für
das Center for the Intellectual Development of Children
and Young Adults. – Yek ettefagh-e sadeh (Ein einfaches Ereignis) | Iran 1973 | R+B: Sohrab Shahid
Saless | K: Naghi Massumi | D: Mohammad Zamani,
Ane Mohammad Tarikhi, Habibollah Safarian, Hedayatollah Nawid | 82 min | OmeU | Der Alltag Mohammads,
eines zehnjährigen Jungen in einer Hafenstadt am Kaspischen Meer. Die Mutter ist krank, der Vater lebt vom
Schwarzhandel mit Fischen und trinkt. Der Junge geht
zur Schule, ist aber kein guter Schüler. In der Schule
nichts romantisiert oder verdeckt, sondern voller Staunen steht vor dem alltäglichen Ringen um die eigene
Würde.« (Fabian Tietke)
▶ Freitag, 16. Dezember 2016, 21.00 Uhr
Tabi’at-e bijān (Stilleben) | Iran 1974 | R+B: Sohrab
Shahid Saless | K: Hushang Bahariu | D: Zadour Bonyadi, Zahra Yazdani, Habibollah Safarian | 95 min |
OmeU | »Still Life, stillgestellte Zeit. Aber auch: rhythmisierte, komponierte Zeit. Ein alter Bahnwärter verbringt
seine Tage vor allem damit, auf einen Zug zu warten.
Wenn denn einmal einer kommt, ist seine Arbeit nach
zwei Handgriffen auch schon wieder erledigt. Zu Hause
sitzt die Ehefrau und knüpft Teppiche. Irgendwann
kommt ein Brief an, der alles verändert. Wieder erzählt
Saless von Menschen, die den Routinen ihres Alltags
ebenso ausgeliefert sind wie den Brüchen, mit denen
sie das Leben konfrontiert.« (Lukas Foerster) »Das
Wichtigste ist, dass man das menschliche Leben und
die menschlichen Verhältnisse richtig beobachtet und
betrachtet. Das setzt großen Respekt voraus. Dieser
Respekt ist das Wichtigste. Aber er ist eine Seltenheit.
Schau Dir doch bloß ein paar neuere Filme an. Wo
bleibt da der Respekt vor dem Leben, vor der Liebe, vor
dem Menschen! Wenn Du meine Filme gut anschaust,
dann findest Du, wie dieser Respekt durch die Beobachtung der alltäglichsten und gewöhnlichsten Begebenheiten zum Ausdruck kommt, denen man sonst
gar keine Bedeutung schenkt.« (Saless)
▶ Samstag, 17. Dezember 2016, 21.00 Uhr
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herrscht ein militaristisches System, in dem die Persönlichkeit kein Existenzrecht hat. Man muss sich daran
gewöhnen, »niemand« zu sein. Eine Geschichte ohne
Anfang und Ende. Ein Stück Leben ohne jedes Abenteuer. »Die Last der Welt auf den schmalen Schultern
eines Jungen: Schon in seinem ersten Langfilm vollbringt Saless das kleine Wunder, dieses Elend in filmischer Schönheit zu porträtieren; einer Schönheit, die
In der Fremde | BRD 1975 | R: Sohrab Shahid Saless |
B: Sohrab Shadid Saless, Helga Houzer | K: Ramin Reza
Molai | D: Parviz Sayyad, Anasal Cihan, Muhammet Temizkan, Hüsamettin Kaya, Ursula Kessler, Ute Bokelmann | 91 min | OmU | »Noch einen Gastarbeiter-Film –
das wollte ich nicht, sondern einen Film über das Wort
Elend, das ursprünglich einfach Im anderen Land leben
bedeutete, dann In der Fremde hieß und einen immer
schlechteren Klang bekam.« (Saless) Husseyin ist Arbeiter in West-Berlin. Zusammen mit türkischen Kollegen und Leidensgenossen wohnt er in einer kahlen
Wohnung in Kreuzberg. Genau wie seine Freunde hat
Husseyin nur einen Gedanken: Er will Geld verdienen,
um sich in der Heimat eine neue Existenz aufbauen zu
können. »Man bewegt sich im Kreisgang, in Schleifen,
in einem dauernden Hin und Zurück: Von der Maschine
in die Wohnung, wieder an die Maschine, wieder in die
U-Bahn, wieder in die Wohnung. Wie in einer Zentrifuge
kreisen Husseyin und seine Kollegen um die Zentren,
mal mit passiver Gleichgültigkeit, mal aktiv aggressiv.
▶ Sonntag, 18. Dezember 2016, 21.00 Uhr
Reifezeit | BRD 1976 | R: Sohrab Shahid Saless | B:
Sohrab Shahid Saless, Helga Houzer | K: Ramin Reza
Molai | D: Mike Hennig, Eva Mannhardt, Eva Lissa,
Charles H. Vogt, Heinz Lieven | 107 min | Die Geschichte des neunjährigen Michael, den die Existenz
seiner Mutter als Prostituierte in einen eintönigen Alltag
zwingt. »Bilder, die in ihrer Wiederholung, in Kreisbewegungen Zwänge, Ängste, Verkümmerungen nach und
nach einsichtig machen; Bilder, die nichts beschönigen
und auf faszinierende Weise schön sind. Saless poetisiert den trostlosen Alltag nicht, verelendet ihn nicht, er
registriert unnachsichtig und liebevoll. REIFEZEIT ist
Anton Čechov gewidmet. Durch einen Satz in dessen
Stück ›Schwanengesang‹ wurde Saless zu diesem Film
angeregt: ›Ich bin allein wie der Wind auf den Feldern.‹
Saless will eine Gesellschaft zeigen, ›die schon längst
vergessen ist, eine Gesellschaft, die trotz ihrer scheinbaren Existenz eigentlich nicht mehr existiert. Menschen, die von Anfang an kapitulieren, weil es ihnen
vorgeschrieben ist.‹ Er will niemanden anklagen, allein
wichtig und fraglich wäre es, so meint er, was aus Michael werden soll, ›welche Wirkungen einst von ihm
ausgehen werden. Denn nichts ist bedeutungslos, und
es geht auch nichts unwiderruflich zu Ende.‹« (Thomas
Thieringer)
▶ Dienstag, 20. Dezember 2016, 18.30 Uhr
Tagebuch eines Liebenden | BRD 1976 | R: Sohrab
Shahid Saless | B: Sohrab Shahid Saless, Helga Houzer
| K: Mansur Yazdi | M: Rolf Bauer | D: Klaus Salge,
Eva Mannhardt, Edith Hildebrand, Ingeborg Ziemendorf,
Robert Dietl, Inge Sievers | 91 min | »Sohrab Shahid
Saless braucht für seine Filme traurige Landschaften,
melancholische Außenräume, die dem Seelen- und Gemütszustand ihrer Personen adäquat sind. Den neuen
Film TAGEBUCH EINES LIEBENDEN versteht er als den
dritten Teil einer Trilogie, deren Mittelteil noch aussteht,
und deren Anfang REIFEZEIT ist. Die Hauptperson dieses dritten Teils könnte, sagt Saless, Michael aus
REIFEZEIT sein, inzwischen erwachsen geworden. Er
wohnt jetzt in einer leblosen Neubauwohnung. Der Film
beschreibt den Alltag eines Schizophrenen, fünf Tage
aus seinem Leben, nachdem ihn seine Freundin verlassen hat.« (Norbert Jochum) »Hinter jedem Fenster einer
Fassade leben Menschen, die geduldig auf ›Utopia‹
warten. Michael Bauer, der Fleischer, ist einer dieser
Menschen. Für mich ist aber sein Leben nicht deswegen öde und trostlos, weil er einsam und vergessen
lebt, sondern weil er das Produkt einer Gesellschaft ist,
in der er schon längst sein Gleichgewicht verloren hat.«
(Saless)
▶ Dienstag, 20. Dezember 2016, 21.00 Uhr
Die langen Ferien der Lotte H. Eisner | BRD 1979 |
R+B: Sohrab Shahid Saless | K: Ramin Reza Molai | Mit
Lotte Eisner, Gene Moskowitz, David Overbey, Howard Vernon | 60 min | »Lotte H. Eisner, gebürtige Berlinerin, verließ vor mehr als 40 Jahren Deutschland. Sie ist Jüdin.
Zwölf Jahre lang wird sie von Deutschen und später
auch von Franzosen verfolgt. Sie muss häufig ihren
Wohnort wechseln und lebt zeitweise unter falschem
Namen. Dieses unruhige Leben wird ihr zur Gewohnheit.
Heute lebt sie in Paris. Ihre Wohnung ist ein Treffpunkt für
Journalisten, Kritiker, Regisseure, Filmhistoriker. Sie erzählt, wie sie heute arbeitet, wie sie lebt, und was sie
durch alle diese Jahre hinweg erlebt hat. Lotte H. Eisner ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen Kultur. Anton Čechov sagte einmal über Lev Tolstoj: Es gibt Menschen, die Angst haben, etwas Böses zu
tun, aus dem einzigen Grunde, weil Tolstoj noch am
Leben ist.« (Saless) »Ich bin immer neugierig, Filme von
Saless zu sehen, weil er so menschlich ist. Ich muss
von einem Film gefangen sein, dass es mich zur Leinwand zieht. Und das ist der Fall bei Saless-Filmen.«
(Lotte H. Eisner) – Zuvor stellt Farschid Ali Zahedi, Leiter der Dokumentationsstelle »Sohrab Shahid Saless«
(Werkstattfilm Oldenburg), die Arbeit des Archivs vor
und präsentiert Unveröffentlichtes aus dem Nachlass.
▶ Dienstag, 10. Januar 2017, 18.30 Uhr | Zu Gast: Far-
schid Ali Zahedi
Ordnung | BRD 1980 | R: Sohrab Shahid Saless | B:
Sohrab Shahid Saless, Dieter Reifarth, Bert Schmidt | K:
Ramin Reza Molai | M: Rolf Bauer | D: Heinz Lieven, Dorothea Moritz, Ingrid Domann, Peter Schütze, Dagmar
Hessenland | 103 min | Ein arbeitsloser Ingenieur wird
durch eine verständnislose und stupide Umwelt immer
tiefer in völlige Apathie getrieben. Zu Beginn des Films
schreit er am Sonntagmorgen in der menschenleeren
Straße »Aufstehen!«. Später, in der Nervenklinik, schreit
er »Auschwitz!«. »Es gibt Dinge im Leben, die man gern
machen würde, wenn sie gestattet wären! Der Mensch
als zweibeiniges Tier wird auf die Welt gesetzt, und sobald er die Kraft zum Heulen in sich entwickelt hat, wird
ihm ›Shut up!‹ beigebracht. Da gibt es die Möglichkeit,
mit einem Bonbon den Protest zu lösen oder aber
Sohrab Shahid Saless
Deutschland und die deutsche Gesellschaft bleiben
eine nicht betretbare Mitte, so wie der Schacht eines
Treppenhauses, um den herum sich die Stufen krümmen.« (Lukas Stern)
59
durch Prügel. Sobald wir da sind, haben wir uns anständig zu benehmen. Das Kleine Fernsehspiel hat mir die
Möglichkeit gegeben, ›Aufstehen!‹ zu schreien. Wird
mein Film schlecht, so trage ich allein die Verantwortung.
Wird er gut, dann haben wir es geschafft. Ich habe
nichts zu verlieren und werde auch keine Angst haben.«
(Saless)
Sohrab Shahib Saless
▶ Dienstag, 10. Januar 2017, 21.00 Uhr
60
Grabbes letzter Sommer | BRD 1980 | R: Sohrab Shahid Saless | B: Sohrab Shahid Saless, Thomas Valentin
| K: Rolf Romberg | D: Wilfried Grimpe, Renate Schroeter,
Sonja Karzau, Ulrich von Bock, Uwe Meister, Martha Holler,
Alexander Radszun | 204 min | »Beobachtet wird hier
das Ende des wilden, trunksüchtigen, erfolglosen Christian Dietrich Grabbe: zurückgekehrt nach dem missglückten Versuch, als Dichter zu leben, in seine Heimatstadt, ins enge, biedermeierliche Detmold. Völlige Stille
umgibt ihn, seine letzten Ausbrüche, seine Schreie –
eine Welt unter einer Glasglocke. Ab und zu das Rattern
eines Kutschenrades auf dem Pflaster, das Pochen der
Hufe, das Rascheln eines Vorhangs. Es gibt keine
Musik ins Saless’ Filmen. Alles ist in Stille eingeschnürt.
Manchmal bäumen sich die Menschen noch auf, wie
Grabbe, wenn er unter dem Gelächter der Detmolder
Honoratioren im Gasthof aus seiner ›Hermannsschlacht‹ phantasiert, wenn er sich mit seiner Frau kreischend um Geld streitet – doch dann verstummt auch
er, dreht sich in seinem Bett nur noch von der einen
Seite auf die andere. Saless zeigt das weiße Bett, die
weiße Wand und das kleine, mit kaltem Schweiß bedeckte Gesicht des Sterbenden.« (Benedikt Erenz)
▶ Dienstag, 17. Januar 2017, 19.00 Uhr
Anton Pavlovič Čechov – Ein Leben | BRD 1981 | R:
Sohrab Shahid Saless | B: Sohrab Shahid Saless, Peter
Urban | K: Ramin Reza Molai | 97 min | »Čechov ist
mein Lieblingsautor. Ich habe alle seine Werke in
Deutsch gelesen und wieder gelesen. Wenn ich das
tue, kommt es mir vor, als wären sie gestern geschrieben worden. Was er über die Armut schreibt, die sozialen Probleme, die Stellung der Aristokratie usw. – wie
aktuell das ist! Ein großartiger Mensch und Künstler,
bei dem die sozialen und politischen Fragen und Probleme mit seinem Menschsein und mit seiner Kunst zu
einer Einheit verschmolzen sind. Was hat er letztlich
anderes getan, als die Geschichte seines Volkes, diejenige seines Lebens und seines Leidens, mitzuvollziehen und künstlerisch zum Ausdruck zu bringen.
So etwas schwebt mir vor.« (Saless) »Die intime Kenntnis von Čechovs Werk und Leben, die bis zur Identifikation reichende Sympathie mit ihm, stellen gewiss
eine der Grundbedingungen für die Qualität von Saless’
Dokumentation dar. Aber nicht allein profunde Kenntnisse zeichnen diese Dokumentation aus, sondern eine
Struktur der Vermittlung von geschichtlichen Zusammenhängen, Gestalten und ihren literarischen Werken,
die Modellcharakter für dieses Genre hat.« (Irmela
Schneider)
▶ Dienstag, 24. Januar 2017, 18.30 Uhr
Der Weidenbaum | BRD 1984 | R+B: Sohrab Shahid
Saless, nach der Erzählung von Anton Čechov | Mitarbeit: Bert Schmidt | K: Ramin Reza Molai | D: Josef
Stehlík, Peter Staník, Milan Drotár, Marian Sotník, Vladimír Zimmer | 97 min | Der alte Müller Archip beobachtet, wie ein Postkutscher einen Geldpostboten
erschlägt und die Geldtasche in einem hohlen Weidenbaum versteckt. Archip nimmt die Geldtasche an sich
und begibt sich damit in die Stadt, um den Mord anzuzeigen. »Nachdem ich 1981 als erster Filmemacher
in der Welt einen Film über Čechov auch an Originalschauplätzen seines Lebens gemacht habe, verfilme
ich jetzt eine Erzählung des Maestros, in der weder von
Sex noch von Abenteuer die Rede ist. Für die Produzentenwelt heißt dies: ein Essen ohne Salz und Pfeffer.
Also leben wir ein letztes Mal Diät!« (Saless) »Saless ist
nichts gleichgültig, aber alles gleich gültig. Und so
weicht das Bild einer Tasche voller Geld den mühsamen Bewegungen eines alten Knechts durch die
Stadt. Kennt sich hier nicht aus, kann nicht lesen.
Aber bei Saless muss sich der Knecht nicht der Stadt
angleichen, sondern die Stadt dem Knecht, dem analphabetisierten Rhythmus dieses Films. Der Raum
wird ein anderer durch die Modellierung von Zeit.« (Till
Kadritzke)
▶ Dienstag, 24. Januar 2017, 21.00 Uhr | Zu Gast: Bert
Schmidt
mehr an öffentliche Diskurse anschlussfähig wären.«
(Romuald Karmakar)
▶ Dienstag, 31. Januar 2017, 19.00 Uhr | Zu Gast: Man-
fred Zapatka
Sohrab Shahid Saless
Empfänger unbekannt | BRD 1983 | R+B: Sohrab
Shahid Saless | K: Ramin Reza Molai | M: Wolfgang
Heinze | D: Manfred Zapatka, Iris von Reppert-Bismarck, Umran Ertok, Dieter Schaad | 81 min | Eine Frau
verlässt ihre Familie und lernt einen arbeitslosen türkischen Architekten kennen, durch den sie mit Lebensrealitäten konfrontiert wird, die ihr in ihrem großbürgerlichen Milieu verborgen geblieben waren. In Briefen an
ihren Mann versucht die Frau, die Ursachen von Ausländerhass und Rassismus zu begreifen. »Der Film will
provozieren, er muss zum Denken anregen. Er muss
auf die Gründe einer durch Wohlstand gescheiterten
Gesellschaft deuten. Menschen würden sich nie gegenseitig zerfetzen und sogar zerfressen, wenn sie nicht
durch Not und Existenzangst ihre menschlichen Gefühle in Konservendosen in einem Schrank verstecken
müssten. Ich möchte nicht durch unseren Film die
Rührseligkeit zu Hilfe rufen, damit man sagt: Um Gotteswillen, die sollen und müssen bei uns bleiben. Das
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Der WeIDeNBAUM
Utopia | BRD 1983 | R: Sohrab Shahid Saless | B:
Sohrab Shahid Saless, Manfred Grunert | K: Ramin Reza
Molai | M: Rolf Bauer | D: Manfred Zapatka, Imke Barnstedt, Gundula Petrovska, Gabriele Fischer, Johanna
Sophia, Birgit Anders | 198 min | »Saless-Filme sind
Gegenmodelle der Zerstreuung. Niemand wird verschont, man kriegt nichts geschenkt, doch wird man
am Ende reichlich belohnt. Keine billigen Tricks, keine
falschen Gefühle, reines, modernes Kino. Manfred
Zapatka spielt den Zuhälter Heinz wie einen Geschäftsmann. Er solle schön, elegant und knallhart sein, habe
ihm Saless beim Dreh erklärt. Und da diese Eigenschaften nicht so einfach zu vereinen seien, solle er sich fühlen wie ein Samurai. Das hat Saless nicht einfach so
gesagt. Als er mit 18 Jahren in Paris lebte, er wollte an
der IDHEC Film studieren, jobbte er mal für Jean-Pierre
Melville. Die Begegnung mit dem französischen Meister soll in einem Fiasko geendet sein, doch ist nicht zu
übersehen, wie UTOPIA auch eine Hommage an LE
SAMOURAÏ (1967) und seinen Hauptdarsteller Alain
Delon geworden ist. Inhaltlich war UTOPIA seiner Zeit
voraus. In knappen, harten Dialogen erzählt der Film
von bis heute gültigen Abhängigkeitsverhältnissen zwischen Mann und Frau, die allerdings heute nicht
ist für den Film nicht maßgebend. Maßgebend ist,
wenn Gastgeber und Gäste sich bewusst aus dem Weg
gehen und nichts miteinander anzufangen wissen,
dass wir es für sie tun. Dass ein Gespräch stattfindet
und ein Menschenbild sowohl der Deutschen als auch
der Fremden in den Köpfen eingeprägt bleibt.« (Saless)
Sohrab Shahib Saless
▶ Dienstag, 7. Februar 2017, 18.30 Uhr
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Wechselbalg | BRD 1987 | R: Sohrab Shahid Saless |
B: Jürgen Breest, nach seinem Roman | K: Michael
Faust | M: Wolfgang Heinze | D: Friederike Brüheim,
Henning Gissel, Katharina Baccarelli, Erika Wackernagel, Helga Jeske | 133 min | »Den Deutschen hat er
schon oft scharf ins Gesicht und ins Gemüt geblickt,
hat vorgezeigt, ganz ohne Denunziation, was sich hinter
unseren Wohlstandsfassaden verbirgt. Sohrab Shahid
Saless – ein Unerbittlicher, der nirgendwo zu Hause ist.
Das ist ein schmerzhaft ruhiger Film. Die Kamera beobachtet drei Menschen: ein Ehepaar und ihr angenommenes Kind. Saless dramatisiert nichts, er schaut nur
genau hin, analysiert die Tragödie einer ganz gewöhnlichen Familie (die ja immer erst durch Kinder eine wird)
mit der Unerbittlichkeit eines Chirurgen. Aber er analysiert eben, spürt den Ursachen nach, stellt fest, wo die
›Fehler‹ zu suchen sind. Aus einer scheinbar alltäglichen kleinen Geschichte wird ein großes psychologisches Drama: Unter der Haut brennt es, hinter den glatten Fassaden rumort es. Keine Anklage wird erhoben.
Nur die: ›Da schaut her, so ist es im Leben, so sehen
wir aus.‹« (Thomas Thieringer)
▶ Dienstag, 7. Februar 2017, 21.00 Uhr
Hans – Ein Junge in Deutschland | BRD 1985 | R:
Sohrab Shahid Saless | Mitarbeit: Bert Schmidt | B: Sohrab Shahid Saless, Hans Frick, nach dessen Roman
»Blaue Stunde« | K: Ramin Reza Molai | D: Martin Paško,
Imke Barnstedt, Yane Bitlová, Ulrich von Bock, Jiřina Barášová, Hans Zander | 149 min | »Hans lebt im Jahr
1944 das Leben eines ewig Geprügelten. Die kleineren
und größeren Nazis in der Nachbarschaft terrorisieren
ihn, den jungen Halbjuden ebenso wie seine ›Judenhure‹ geschimpfte Mutter. Im Angesicht der längst feststehenden Niederlage schlägt das Kleinbürgertum
umso hemmungsloser auf die Entmächtigten ein. Irgendwie überleben beide die in kunstvoll arrangierten,
beklemmenden Schwarz-Weiß-Tableaus arrangierten
Demütigungen, irgendwann kommen die Amerikaner
und die Demokratie. Geändert hat sich alles und doch
wieder nichts. Dies ist ein quintessentieller Saless-Film
auch deshalb, weil er die Reflexion von Außenseiterschaft direkt mit einer Intervention in deutsche Erinne-
rungspolitik verbindet, die in ihrer Radikalität höchstens
mit Rossellinis DEUTSCHLAND IM JAHRE NULL vergleichbar ist. Wobei Hans das Jahr 1945 eben gerade
nicht als eine ›Stunde Null‹ erlebt.« (Lukas Foerster)
▶ Dienstag, 14. Februar 2017, 19.00 Uhr | Zu Gast: Bert
Schmidt
Rosen für Afrika | BRD 1992 | R+B: Sohrab Shahid
Saless, nach dem Roman von Ludwig Fels | K: Eberhard Scheu | D: Silvan-Pierre Leirich, Ursula Rosenberger, Jan Biczycki, Enzi Fuchs, Manfred Zapatka | 183
min | »Der Film erzählt vom richtigen Leben, von einem,
der am Rande der Gesellschaft lebt. Der dreißigjährige
Paul Valla träumt von (einer Reise nach) Afrika, aber
in seinem unregelmäßigen Gelegenheit-macht-DiebeLeben schlittert er immer weiter von der Realisierung
dieses Traums weg und will ihn doch, bis zum tödlichen
Ende, erzwingen. Das Grundthema dieser Geschichte
ist wie in den meisten von Saless’ Filmen: ›Die Suche
nach Liebe‹. Zunächst scheint Paul Glück zu haben: Er
lernt eine junge, wohlhabende Frau kennen und heiratet sie. Doch schnell wird ihm das familiäre Netz zu
eng: Er sucht, sich mit Gewalt daraus zu befreien.
Saless erzählt von Paul Vallas Aufstieg und Scheitern
mit der ihm eigenen akribischen Bedachtsamkeit. Das
ist, gegen die schnellen Oberflächenreizungen gesetzt,
als Provokation zu verstehen; Saless will ›Fragen auslösen, Verzweiflung; alles bis zum letzten Kern in Frage
stellen und Hoffnung wecken.‹« (Thomas Thieringer)
▶ Dienstag, 21. Februar 2017, 19.00 Uhr
List z Kábul (Ein Brief aus Kabul) | Tschechoslowakei
1987 | R+B: Sohrab Shahid Saless | K: Stanislav Doršic |
41 min | OmU | Auftragsproduktion für das slowakische
Fernsehen. Der neunjährige Mahmud schreibt einen
Brief an seine »Freunde in fernen Ländern« und berichtet vom Leben in Kabul in den Jahren der afghanischen
Revolution und Konter-Revolution. Der Sender wollte
Kürzungen, Saless protestierte, und so wurde der Film
nie ausgestrahlt. – Iran Sima Talkshow | USA 1998 |
12 min | OmU | Ausschnitte aus zwei Talkshows des
exil-iranischen Fernsehsenders Iran Sima in Hollywood.
Saless erzählt von einem Projekt mit Denzel Washington, von seinem Umgang mit Preisen, und von seinen
Drohungen gegenüber deutschen Fernsehsendern bezüglich Kürzungen. – Saless Far From Home | USA
1998 | R+B+K: Mehrnaz Saeed-Vafa | 16 min | OmeU
| Interviews, die die Filmemacherin 1997 und 1998 mit
Saless geführt hat, sowie sehr persönliche Kommentare zu einigen seiner Filme.
▶ Mittwoch, 22. Februar 2017, 18.30 Uhr
Die Geschichte der Atomindustrie in Deutschland lässt
sich auch als eine Geschichte des Widerstands beschreiben – als eine Geschichte, in der Menschen, die
bislang kaum etwas mit Politik zu tun hatten, ihr Herz in
beide Hände nahmen und auf die Straße gingen. Wyhl,
Kalkar, Gorleben und vor allem Wackersdorf gehören zu
den symbolbesetzten Orten, an denen Atomindustrie
und Politiker versucht haben, Atomanlagen gegen die
Menschen vor Ort durchzusetzen.
Am 4. Februar 1985 entschied sich die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen
(DWK) für Wackersdorf als Standort für eine Wiederaufarbeitungsanlage (WAA). Bereits zwei Wochen später
gingen 40.000 Menschen im nahe gelegenen Schwandorf auf die Straße. Mütter, Hausfrauen, Beamtinnen
stritten dafür, ihre Heimat als lebenswerte Region zu erhalten. Bislang staatstreue Männer solidarisierten sich
mit sogenannten »Chaoten«, die in den Augen der
Bayerischen Staatsregierung nur angereist waren, um
»Randale« zu machen. Hans Schuierer, von 1972 bis
1996 Landrat in Schwandorf, wurde zur Symbolfigur
dieses Widerstands. Jahrelang widersetzte er sich – als
einziger Landrat in Bayern – einer Weisung der bayerischen Staatsregierung und seines obersten Dienst-
herrn Franz-Josef Strauß, die Pläne zum Bau der WAA
zu unterzeichnen. Die Staatsregierung änderte sogar
Gesetze, um den renitenten Landrat mit der sogenannten »Lex Schuierer« auszuhebeln und mit dem Bau beginnen zu können.
Am Widerstand der Oberpfälzer änderte dies nichts.
Franz Josef Strauß, der die WAA kaum gefährlicher als
eine »Fahrradspeichen-Fabrik« einstufte, bekam in der
Region keinen Rückhalt. Stattdessen Großdemonstrationen, ein Anti-WAAhnsinns-Musikfestival mit
100.000 Besuchern, ein Hüttendorf und jahrelanger
Widerstand. Dagegen zigtausend Polizisten, Wasserwerfer, Reizgas, Gummischrotgeschosse und ein mehrere Kilometer langer stählerner Bauzaun. Bürgerkriegsähnliche Zustände waren das Ergebnis. Die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl bestärkte die Gegner in
ihrer Haltung, die WAA verhindern zu müssen. Die Dokumentarfilmer Claus Strigel und Bertram Verhaag
haben diese Zeit in ihrem 1987 fertig gestellten Film
SPALTPROZESSE eingefangen.
Die Atomindustrie hat 1989 schließlich entschieden,
dass es angesichts des nicht enden wollenden Widerstands besser sei, den Atommüll in die französische
WAA La Hague zu bringen, und gab Wackersdorf als
Wackersdorf
HAlBWerTSZeITeN
30 Jahre Wackersdorf
63
Wackersdorf
Standort auf. Die bereits investierten 2,5 Milliarden DM
waren buchstäblich in den Sand gesetzt. Genauso wie
die 6,5 Milliarden, die der Schnelle Brüter in Kalkar verschlungen hat, der still gelegt wurde, ohne einen Tag
am Netz zu sein.
Zwei Jahrzehnte später hat sich Claus Strigel als Produzent des 2006 fertig gestellten Dokumentarfilms HALBWERTSZEITEN (Regie: Irina Kosean) dem Thema erneut
genähert und dabei gefragt, was die Kontrahenten von
damals inzwischen bewegt. Die Sprechchöre waren
verstummt, die Inschriften auf den Transparenten verblasst, die Region war zur Ruhe gekommen.
Die Atomtechnik beschäftigt uns dennoch weiterhin. Da
ist zunächst die Energiewende. 2022 sollen die letzten
Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden.
Aber wie soll das gehen? Drei der derzeit noch acht aktiven Meiler stehen in Bayern (Gundremmingen 1 und
2, Isar 2). Gemeinsam mit dem 2015 still gelegten Grafenrheinfeld haben sie nach Angaben des Bayerischen
Landesamts für Statistik dafür gesorgt, dass Kernenergie in Bayern 2015 einen Anteil von 62,1 % an der
Stromerzeugung hatte. Woher soll der Strom kommen,
wenn diese drei Meiler auch noch vom Netz gehen? Mit
dem Mitte 2016 novellierten EEG bremst die Bundesregierung den zügigen Ausbau der Erneuerbaren Energien aus. Bayern geht mit der sogenannten 10-H-Regelung noch einen Schritt weiter, der zufolge Windräder
64
nur noch dann aufgestellt werden dürfen, wenn sie
zehnmal so weit von Wohnhäusern entfernt wie sie
hoch sind. »Aktuell erleben wir einen massiven Einbruch bei Genehmigungen und Genehmigungsanträgen«, beklagt Raimund Kamm, Landesvorsitzender
des Bundesverbands Windenergie Bayern.
Die Stromtrassen wiederum kommen ebenfalls nicht
voran: Die sogenannte Südlink-Trasse, mit der Windstrom aus dem Norden nach Bayern und weiter nach
Baden-Württemberg geleitet werden soll, werde nach
einem Bericht der Bundesnetzagentur erst 2025 fertig
– drei Jahre später als bislang geplant.
Man muss kein Hellseher sein, um vorhersagen zu können, dass die letzten AKW vielleicht doch noch ein paar
Jahre länger laufen müssen. Höhere Gewalt sozusagen.
Horst Hamm
Spaltprozesse | BRD 1987 | R: Claus Strigel, Bertram
Verhaag | B: Bertram Verhaag | K: Claus Strigel, Waldemar Hauschild, Thomas Schwan | M: Rio Reiser, Konstantin Wecker, Wolfgang Neumann | 99 min | Der Film
eröffnet einen tiefen Einblick in landschaftliche, ökologische Zerstörung, schildert die mit dem Bau einer
WAA verknüpften atompolitischen Absichten, verdeutlicht die Gefährdung der Bevölkerung durch radioaktive
Schadstoffemissionen. Dabei stehen die bedrohten
Menschen der Region im Vordergrund. Ehemals staatsgläubige Bürger wandeln sich in zaghafte Radikale. Beamtinnen, Hausfrauen und Mütter zeigen ein politisches und gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein, das über ihre anfängliche reine Empörung weit
hinausreicht.
▶ Freitag, 6. Januar 2017, 18.30 Uhr | Zu Gast: Bertram
SPAlTPrOZeSSe
Verhaag, Claus Strigel, Zeitzeugen
Halbwertszeiten | Deutschland 2007 | R: Irina Kosean
| B: Irina Kosean, Burkhard Althoff | K: Martin Noweck |
M: Wolfgang Neumann | 80 min | Irina Kosean beginnt
ihren Film als Ich-Erzählung mit Super8-Aufnahmen
aus ihrer frühen Kindheit, jener Zeit, als ihr Vater jedes
Wochenende in Wackersdorf verbrachte. Im Herbst
2005 ist Kosean dann selber hingefahren, hat einstige Widerständler getroffen, den damaligen bayerischen Innenminister Karl Hillermeier zuhause besucht,
mit Gert Wölfel, dem einstmals designierten Chef der
WAA, gesprochen und hat schließlich eigene Altersgenossen aus einem Jugendzentrum für politische
Arbeit zur heutigen Lage von Jugend und Widerstand
befragt.
▶ Samstag, 7. Januar 2017, 18.30 Uhr | Zu Gast: Irina
Kosean, Claus Strigel, Zeitzeugen
»Kino wie noch nie« ist ein beliebter Slogan, mit dem
die Traumfabrik seit jeher wirbt: Alles soll größer, schöner, bunter, lauter werden, die eskapistischen Illusionen
der Traumfabrik Hollywood wollen den Zuschauer überwältigen. Filmgeschichte ist auch eine Geschichte technischer Innovationen, die Wettbewerbern zumindest
zeitweise einen Vorteil bringen können. So dauerte es
viele Jahre, bis Normen für das Filmformat 35mm-Film
verbindlich definiert wurden, bis sich das Lichttonverfahren durchsetzte, bis die Charakteristika der verschiedenen Farbsysteme durch das digitale Kino eliminiert
wurden. Die Filmreihe »Kino wie noch nie« konzentriert
sich auf eine Phase des Hollywood-Kinos, in der im
Kampf gegen die Konkurrenz des aufkommenden Fernsehens alle Register gezogen wurden, das Kinoerlebnis
zu intensivieren, es »bigger than life« zu machen. Zwischen 1952 und 1956 sah sich das Publikum mit
neuen Begriffen wie Cinerama, 3D, Vierkanalton, CinemaScope, VistaVision, SuperScope, CinemaScope55
und Todd-AO konfrontiert, die das Kinoerlebnis veränderten. Selbst die Kritiker blickten nicht mehr durch: In
den zeitgenössischen deutschen Filmzeitschriften wurden prompt alle Filme, die eines der neuen Formate
aufwiesen, als 3D-Filme ausgewiesen. Filme auf gekrümmter Leinwand wurden selbst in Hollywood als
»3D ohne Brille« beworben.
Als am 30. September 1952 THIS IS CINERAMA im umgebauten New York Broadway Theatre anlief, schrieb
die New York Post auf ihrer Titelseite, ein neues Zeitalter des Films sei eingeläutet worden. Die Vorführung
eines Films auf einer riesigen gekrümmten Leinwand,
die fast das gesamte Blickfeld abdeckte, war so überwältigend, dass das Publikum die deutlich sichtbaren
Nahtstellen zwischen den von drei Projektoren nebeneinander projizierten Bildern und eine Pause bei jeder
Filmvorführung hinnahm, die für den Rollenwechsel
notwendig war. Die enormen Investitionskosten für die
Herstellung und Vorführung des Films THIS IS CINE-
Kino wie noch nie
Werbefoto für die 3D-Fassung von KISS Me KATe
Kino wie noch nie: Hollywood 1952–1956
65
Kino wie noch nie
66
RAMA, die fünf Personen im Vorführraum für die Steuerung der drei synchron laufenden Projektoren mit
einem zusätzlichen Bandplayer für den 6-Kanal-Magnetton benötigte, waren schnell amortisiert, der Film
lief zwei Jahre lang vor ausverkauftem Haus im Broadway Theatre. Bis 1954 wurden ein Dutzend weiterer
Kinos für Cinerama umgebaut, ab 1960 entstanden die
ersten Cinerama-Kinos, die auf die Spezifikationen des
Systems hin eigens gebaut wurden. Dennoch: Cinerama kam über das »Kino der Attraktionen« kaum hinaus, es bot in den 1950er Jahren ausschließlich Bilder von den Schönheiten der Welt und Achterbahnfahrten oder noch nie gesehene Flugaufnahmen.
Am 26. November 1952 lud Radio-Showman Arch Oboler in das Paramount Theater in Hollywood zur Präsentation seines Safari-Films BWANA DEVIL ein, des ersten amerikanischen Spielfilms in 3D. Die Bilder vom
Premierenpublikum mit 3D-Brillen gingen um die Welt.
Obwohl BWANA DEVIL beileibe kein Meilenstein der
Filmkunst war, veranlasste der enorme Erfolg der Billigproduktion alle Major-Studios, umgehend eigene 3D-
Systeme zu entwickeln. Schließlich war
die Technik für jedes herkömmliche Kino
mit im Vergleich zum Cinerama moderaten Kosten adaptierbar. Im April 1953
brachte Warner Brothers den ersten großen 3D-Studiofilm HOUSE OF WAX heraus. Der Raumeffekt des Bildes wurde
vom Raumeffekt des Tons untermalt.
Drei der vier Magnettonspuren liefen auf
einem separat mit den beiden Projektoren verkoppelten Bandplayer. Da die beiden 35mm-Projektoren, mit denen die
Kinos standardmäßig für den Überblendbetrieb ausgerüstet waren, bei 3D-Projektionen gleichzeitig im Einsatz waren,
gab es wie beim Cinerama in der Mitte
jedes Films eine Pause zum Rollenwechsel. Der große Erfolg von HOUSE OF WAX
wurde von keinem der nachfolgenden
3D-Filme wieder erreicht. Schon im
Sommer 1953 häuften sich die Berichte
über Pannen bei der Vorführung, Kopfschmerzen bei den Besuchern und eine
grundsätzliche Ablehnung der Brillen.
Neue Titel wurden daraufhin nicht mehr
exklusiv in 3D herausgebracht, sondern
liefen parallel auch in 2D-Kopien. Je
mehr die Filmemacher lernten, 3D in
ihren Filmen dramaturgisch sinnvoll einzusetzen und auf billige Pop-out-Effekte
zu verzichten, umso häufiger wurde die Frage gestellt,
warum man 3D überhaupt brauche.
Auch die 20th Century Fox produzierte zwei der insgesamt 49 3D-Spielfilme, die zwischen Frühjahr 1953
und Frühjahr 1954 gedreht wurden: INFERNO und
MURDER IN THE RUE MORGUE. Parallel entwickelte sie
aber ein System, das 3D ablösen sollte: CinemaScope.
Ein CinemaScope-Film konnte wie jeder andere 35mmFilm über die normale Projektionsanlage ohne Pause
vorgeführt werden. Durch eine anamorphotische Verzerrung wurde das Bild bei der Aufnahme gestaucht
und in der Projektion auf nahezu doppelte Breite entzerrt sowie auf eine gekrümmte Leinwand geworfen.
Durch die Verkleinerung der Perforationslöcher fanden
auf dem Filmstreifen vier Magnettonspuren Platz, so
dass kein separater Bandplayer für Mehrkanalton gebraucht wurde. Als erster CinemaScope-Film mit dem
Seitenverhältnis von 1:2,55 wurde das biblische Spektakel THE ROBE am 16. September 1953 im Roxy Theatre in New York präsentiert, sechs Wochen später, am
4. November 1953, folgte mit der Komödie HOW TO
auf 2K, 4K und 8K hochgetrieben. Als konsequenteste
Umsetzung der Idee, den Zuschauer zu überwältigen
und in neue Welten eintauchen zu lassen, wird momentan Virtual Reality angepriesen. Dank eines mit dem
Computer verbundenen Sehgeräts, das wie eine Brille
aufgesetzt wird und das Blickfeld vollständig abdeckt,
kann sich der Nutzer in einer simulierten Welt frei bewegen und alle Blickrichtungen selber bestimmen. Was
für Pilotenschulungen, militärische Drohnensteuerungen, Architekturplanungen und medizinische Operationen bereits genutzt wird, hat mit Kino nur noch wenig
zu tun: Der Nutzer verfolgt nicht mehr mit anderen Zuschauern gemeinsam eine vorgegebene Geschichte,
sondern macht seine eigenen Erfahrungen.
Die Digitalisierung von klassischen Filmen erlaubt es
heute, die verschiedenen Tonsysteme, Bildformate und
Farbverfahren authentischer wiederzugeben als es aufgrund ausgeblichener Filmkopien, veränderter Leinwände, Ton- und Projektionsanlagen dem analogen
Kino in den letzten Jahrzehnten möglich war. Die Reihe
des Filmmuseums lädt ein zu Wiederbegegnungen mit
digital rekonstruierten Klassikern, von denen jahrzehntelang nur verstümmelte, beschnittene und oft schlecht
kopierte Fassungen zu sehen waren. Doch während
sich der Look der Filme mehr oder weniger gut simulieren lässt, ist dies in Bezug auf die Vorführsituation
heute nicht mehr möglich: Filmpaläste mit luxuriösem
Ambiente, gekrümmter Großleinwand und mehr als
1000 Plätzen, in denen die Filme dieser Reihe ihre Premieren feierten, gehören schon lange der Vergangenheit an.
Stefan Drößler
Cinerama Adventure | USA 2002 | R+B: David Strohmaier | K: Gerald Saldo | M: William Stromberg, John
Morgan | Mit Debbie Reynolds, Carroll Baker, Eli Wallach, Russ Tamblyn, Lowell Thomas Jr., Mike Todd Jr.,
Leonard Maltin, Joe Dante, Kevin Brownlow, John Belton | 93 min | OmU | Der spannende und unterhaltsame
Dokumentarfilm erzählt, wie ausgehend von Flugsimulationen mit Mehrfachprojektionen für die Pilotenausbildung im Zweiten Weltkrieg das bis heute größte
Filmformat Cinerama entwickelt wurde. Mittels vieler
Filmausschnitte, Archivaufnahmen und Interviews mit
Filmemachern, Historikern und Zeitzeugen macht der
Film das außergewöhnliche Erlebnis von Cinerama
nachvollziehbar und beschreibt die technische Entwicklung der verschiedenen Breitwandverfahren, die politischen Implikationen im Kalten Krieg der 1950er Jahre
und den Einfluss von Cinerama auf das heutige Kino.
▶ Freitag, 6. Januar 2017, 21.00 Uhr | Zu Gast: David
Strohmaier
Kino wie noch nie
MARRY A MILLIONAIRE der nächste Blockbuster. Rasch
stellten die anderen Studios schon vor der Premiere
von THE ROBE ihre Produktionen vom bis dahin gebräuchlichen Normalfilmformat 1:1,33 auf Breitwand
um, wobei unterschiedliche Seitenverhältnisse genutzt
wurden: 1:1,5, 1:1,66, 1:1,75, 1:1,85, 1:2. Beim System SuperScope, das am 25. Dezember 1954 im Film
VERA CRUZ zum ersten Mal Verwendung fand, wurde
der Bildstreifen aus dem Normalformatnegativ anamorphotisch gestaucht auf einen Positivfilm kopiert.
Aufgrund der nur partiellen Ausnutzung des Bildkaders
im Negativfilm und der anamorphotischen Stauchung
und Entstauchung durch entsprechende Optiken litt die
Bildqualität. Diese zu verbessern versuchten Systeme,
die auf eine bessere Auflösung des Negativbildes setzten. Paramount nutzte für das VistaVision-Negativbild
zwei Kader eines horizontal laufenden 35mm-Films, kopierte das Bild für die Kinoprojektion allerdings auf herkömmliche, vertikal laufende 35mm-Positive herunter.
Dennoch wirkte es deutlich feinkörniger und schärfer.
Michael Todd, der Cinerama mitentwickelt hatte, und
die American Optical Company gingen einen Schritt
weiter: Sie brachten das System Todd-AO auf den
Markt, das einen 65mm-Negativfilm nutzte, das Bild
zusammen mit sechs Magnettonspuren auf einem
70mm-Positivfilm unterbrachte und die Bildfrequenz
von 24 Bildern auf 30 Bilder pro Sekunde erhöhte. Der
erste in diesem Format gedrehte Film war das Musical
OKLAHOMA!, das am 11. Oktober 1955 seine glanzvolle Premiere im New Yorker Rivoli Theatre feierte. Für
die Vorführung von 70mm-Filmen, die später wieder
auf die herkömmliche Bildfrequenz zurückgingen,
mussten Kinos spezielle Projektoren und Tonanlagen
anschaffen. Diese hohen Investitionen leisteten sich
mehr Kinos als das aufwändige Cinerama-System, so
dass sich 70mm langfristig als Spezialformat durchsetzte. Filme in anderen Systemen wie das von der
20th Century Fox entwickelte CinemaScope55 oder die
beiden einzigen 1962 im dreistreifigen Cinerama-Format in Koproduktion mit MGM gedrehten Spielfilme
HOW THE WEST WAS WON und THE WONDERFUL
WORLD OF THE BROTHERS GRIMM wurden auf 70mm
umkopiert.
Es ist erstaunlich, wie dieselben Ideen von Anfang der
1950er Jahre im digitalen »Home Entertainment« wieder durchgespielt werden: Als Standard für digitale
Fernseher wurde das breitere Seitenverhältnis von
1:1,78 eingeführt, 3D-fähige Fernseher wurden von
großformatigen, gekrümmten und hochauflösenden
UHD-Bildschirmen abgelöst, die Anzahl der Tonkanäle
wächst, die Auflösung von digitalen Filmen wird von HD
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This is Cinerama (Das ist Cinerama) | USA 1952 |
R: Merian C. Cooper | B: Robert L. Bendick, Merian C.
Cooper, Lowell Thomas, Michael Todd | K: Harry Squire
| M: Louis Forbes | D: Lowell Thomas | 127 min | OF |
Cinerama | Ausgehend von prähistorischen Höhlenmalereien und Leonardo da Vinci erzählt ein Prolog die
Geschichte der menschlichen Versuche, Raum, Tiefe
und Bewegung darzustellen. Dann öffnet sich die Leinwand und wir erfahren die überwältigenden Vorzüge
des Cinerama-Verfahrens: Aufnahmen aus einer Achterbahn, eine Ballettaufführung in der Mailänder Scala,
Aufnahmen aus den Kanälen in Venedig, vom Stierkampf in Spanien, ein Auftritt der Wiener Sängerknaben, Kamerafahrten durch den Grand Canyon. Der ursprünglich mit drei Projektoren auf eine gekrümmte
Lamellen-Leinwand projizierte Film wird im SmileboxVerfahren vorgeführt, das den räumlichen Eindruck des
damaligen Filmerlebnisses zu vermitteln versucht.
Kino wie noch nie
▶ Samstag, 7. Januar 2017, 21.00 Uhr | Einführung:
David Strohmaier
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House of Wax (Das Kabinett des Professor Bondi) |
USA 1953 | R: André de Toth | B: Crane Wilbur, Charles
Belden | K: Bert Glennon, Peverell Marley | M: David
Buttolph | D: Vincent Price, Frank Lovejoy, Phyllis Kirk,
Carolyn Jones, Charles Bronson | 88 min | OF | 3D | Der
erfolgreichste 3D-Film der 1950er Jahre spielt im viktorianischen London, das von mysteriösen Morden heimgesucht wird. André de Toth nutzt die neue Technologie
geschickt für Schauereffekte und andere Gimmicks.
Berühmt wurde die Sequenz, in der ein Rummelplatzanimateur einen Paddle-Ball immer wieder ins Publikum schlägt. Von den ursprünglich vier Magnettonspuren waren die drei Frontkanäle auf einem eigenen Filmstreifen untergebracht, der synchron mit den beiden
Bildstreifen mitlief. Dieser ist heute verloren. Nur die
Monomischung sowie der Effektkanal, die jeweils auf
einem der beiden Bildstreifen angebracht waren, haben
sich erhalten.
▶ Sonntag, 8. Januar 2017, 21.00 Uhr
The Robe (Das Gewand) | USA 1953 | R: Henry Koster
| B: Philippe Dunne, nach dem Roman von Lloyd C.
Douglas | K: Leon Shamroy | M: Alfred Newman | D:
Richard Burton, Jean Simmons, Victor Mature, Michael
Rennie, Jay Robinson | 135 min | OF | CinemaScope |
Der erste Film in CinemaScope und 4-Kanal-Magnetton wurde mit riesigem Aufwand produziert und beworben. Seinem weltweiten Erfolg ist es zu verdanken,
dass sich das CinemaScope-System letztendlich gegen
andere Systeme durchsetzen konnte. Der mit zwei
Oscars für die beste Ausstattung und die besten Kostüme ausgezeichnete Film erzählt eine Geschichte im
alten Rom zur Zeit der Christenverfolgung. »Der neue
Effekt des hier erstmals angewandten CinemaScopeVerfahrens liegt in einer Steigerung des dekorativen
und dramatischen Stils. Die geistig-künstlerische Ausdrucksform kommt jedoch dabei zu Schaden. Für das
religiöse Empfinden deutscher Christen zu monströs.«
(Katholischer Filmdienst)
▶ Freitag, 13. Januar 2017, 21.00 Uhr
Kiss Me Kate (Küss mich, Kätchen) | USA 1953 | R:
George Sidney | B: Dorothy Kingsley, nach dem Musical
von Samuel & Bella Spewack und Cole Porter unter Verwendung von William Shakespeares Stück »The Taming of the Shrew« | K: Charles Rosher | M: Cole Porter
| D: Kathryn Grayson, Howard Keel, Ann Miller, Keenan
Wynn, Bobby Van | 109 min | OF | 3D | Die Anfangseuphorie über das 3D-Format war schon verflogen, als
gegen Ende des Jahres 1953 die ersten 3D-Großfilme
mit Starbesetzung fertiggestellt waren. MGM brachte
KISS ME KATE vorsichtshalber parallel in einer 2D- und
in einer 3D-Fassung heraus und befragte das Publikum
– das der 3D-Version eindeutig den Vorzug gab. Das
Backstage-Musical spielt tatsächlich geschickt mit
dem ständigen Wechsel zwischen realem Raum und
Bühnengeschehen, der in 3D besonders intensiv erlebbar wird. Zudem ist es einer der ganz wenigen 3DFilme, deren vierkanaliger Raumton erhalten ist.
▶ Samstag, 14. Januar 2017, 21.00 Uhr
How to Marry a Millionaire (Wie angelt man sich
einen Millionär?) | USA 1953 | R: Jean Negulesco | B:
Nunnally Johnson | K: Joe MacDonald | M: Cyril Mockridge | D: Lauren Bacall, Marilyn Monroe, Betty Grable,
William Powell, Cameron Mitchell, David Wayne, Rory
Calhoun | 91 min | OmU | CinemaScope | Drei New Yorker Models kratzen ihr letztes Geld zusammen, mieten
ein teures Appartement und schwören einander, nicht
mehr ihrem Herzen zu folgen, sondern Millionäre zum
Heiraten zu finden. Es kommt, wie es kommen muss.
Jean Negulescos eleganter und großzügig ausgestatteter Film war die erste Komödie in CinemaScope und
bietet eine Fülle von Schauwerten in den Studio- wie in
den Außenaufnahmen. Der Vorspann des Films nutzt
bereits das neue Filmformat: Das bei Großfilmen der
1950er Jahre übliche ausführliche Orchestervorspiel
läuft nicht als Ouvertüre im Dunkeln, sondern die Musiker werden in Farbe und Breitwand auf der Leinwand
präsentiert.
▶ Sonntag, 15. Januar 2017, 21.00 Uhr
▶ Freitag, 27. Januar 2017, 21.00 Uhr
A Star Is Born (Ein neuer Stern am Himmel) | USA
1954 | R: George Cukor | B: Moss Hart | K: Sam Leavitt
| M: Ray Heindorf | D: Judy Garland, James Mason,
Jack Carson, Charles Bickford, Tom Noonan | 176 min |
OF | CinemaScope | Aufwändig produziertes Remake
eines Klassikers aus den 1930er Jahren über einen
alternden und alkoholabhängigen Schauspieler, der
eine aufsteigende Sängerin unterstützt und schließlich
von ihr überflügelt wird. Judy Garland, deren Alkoholabhängigkeit immer wieder Unterbrechungen der Dreharbeiten nötig machte, trug dazu bei, dass die Produktionskosten in die Höhe schnellten. George Cukor
setzte sich konsequent über die von Experten aufgestellten Regeln für technische Beschränkungen beim
Einsatz der CinemaScope-Technik hinweg. Nach der
Premiere wurde der Film stark gekürzt. Erst 1983
konnte die Premierenfassung wieder rekonstruiert werden. Da nur der Soundtrack vollständig überlebte, wurden fehlende Bildsequenzen durch Standfotos ersetzt.
▶ Samstag, 28. Januar 2017, 21.00 Uhr
Dial M for Murder (Bei Anruf Mord) | USA 1954 | R:
Alfred Hitchcock | B: Frederick Knott, nach seinem
Theaterstück | K: Robert Burks | M: Dimitri Tiomkin | D:
Ray Milland, Grace Kelly, Robert Cummings, John Williams, Anthony Dawson | 105 min | OF | 3D | Das Kammerspiel, das größtenteils in einer einzigen Wohnung
spielt, ist klar zweigeteilt, was durch die im 1950erJahre-Kino notwendige Pause im 3D-Film betont wird:
Im ersten Teil ist der Ehemann von Grace Kellys Figur
die Hauptperson, im zweiten Teil ist es der Polizeikommissar. Geschickt lässt Hitchcock die Kamera kreisen
und in Unter- oder Obersicht durch den Raum fahren.
Es entsteht eine Choreographie, die die Figuren und
Dinge, die für die Handlung von entscheidender Bedeutung sind, in Beziehung setzt. Dieser hintergründige
Einsatz des 3D wurde seinerzeit nicht erkannt: Das
Premierenkino zeigte den Film nach wenigen Tagen nur
noch in 2D, Hitchcocks Meisterwerk besiegelte das
endgültige Aus der ersten 3D-Welle des amerikanischen Kinos.
▶ Sonntag, 29. Januar 2017, 21.00 Uhr
White Christmas (Weiße Weihnachten) | USA 1954 |
R: Michael Curtiz | B: Norman Krasna, Norman Panama,
Melvin Frank | K: Loyal Griggs | M: Irving Berlin | D: Bing
Crosby, Danny Kaye, Vera-Ellen, Rosemary Clooney,
Dean Jagger | 120 min | OF | VistaVision | Der Ruhm
des ersten Films im von der Paramount entwickelten
VistaVision-Verfahren wird heute vom enormen Erfolg
des titelgebenden Bing-Crosby-Songs überlagert, der
aber bereits zwölf Jahre vorher veröffentlicht wurde
und bis heute ein Welthit geblieben ist. Dabei war der
Song im Film nicht in Stereo zu hören, weil die
Kino wie noch nie
Pardon My Backfire | USA 1953 | R: Jules White | B:
Felix Adler | K: Henry Freulich | M: Mischa Bakaleinikoff
| D: Shemp Howard, Larry Fine, Moe Howard, Benny
Rubin, Frank Sully | 16 min | OF | 3D – Creature from
the Black Lagoon (Der Schrecken vom Amazonas)
| USA 1954 | R: Jack Arnold | B: Harry Essex, Arthur
Ross | K: William E. Snyder | M: Joseph Gershenson |
D: Richard Carlson, Julie Adams, Richard Denning,
Antonio Moreno, Whit Bissell, Nestor Paiva | 79 min |
OF | 3D | Billig produzierte B-Pictures waren die erfolgreichsten 3D-Filme der 1950er Jahre. Die Komödie
mit »The Three Stooges« und der erfolgreiche Monsterfilm um einen prähistorischen Kiemen-Menschen zeigen, wie effektvoll und unterhaltsam 3D-Kino sein
kann. Interessant sind die sexuellen Subtexte, die in
beiden Filmen zu Tage treten. Beide Filme laufen nicht
im minderwertigen rot-grünen Anaglyphenverfahren, in
das die Schwarzweiß-Filme erst in den 1970er Jahren
für Fernsehausstrahlungen umkopiert wurden, sondern
im originalen Polarisationsverfahren.
69
cINerAMA HOlIDAY
Paramount ihre VistaVision-Filme nur mit Lichtton ausstattete. Das Perspecta-Tonverfahren konnte zwar aus
dem Mono-Ton Geräusche herauslesen, die, auf die
drei Lautsprecher-Frontkanäle verteilt, einen räumlichen Eindruck vermitteln konnten, aber Sprache und
Musik blieben stets Mono. Die Geschichte des Musicals dreht sich um Bühnenstars, die einen Gasthof im
verschneiten Vermont vor der Pleite bewahren wollen.
Kino wie noch nie
▶ Freitag, 3. Februar 2017, 21.00 Uhr
70
Vera Cruz | USA 1954 | R: Robert Aldrich | B: Roland
Kibbee, James R. Webb | K: Ernest Laszlo | M: Hugo
Friedhofer | D: Gary Cooper, Burt Lancaster, Denise Darcel, Cesar Romero, Ernest Borgnine | 94 min | OmU |
SuperScope | Burt Lancaster selbst koproduzierte diesen Film, der außerhalb der großen Studios entstand
und ein billiges Verfahren benutzte, das aus einem Normalformatnegativ einen mittleren Bildstreifen im 1:2Format herauskopierte und anamorphotisch verzerrt
auf den Positivfilm brachte. Das Ergebnis ist entsprechend grobkörnig, und deshalb war SuperScope kein
langes Leben beschieden. VERA CRUZ, der erste Film
in diesem Verfahren, ist heute ein Klassiker: das großartige Duell zwischen zwei Leinwandstars, Gary Cooper
als ehemaligem Südstaaten-Major und Burt Lancaster
mit zähnebleckendem Lächeln als Draufgänger. Gemeinsam schlagen sie sich durch die mexikanische Revolution, immer auf der Seite dessen, der am besten zahlt.
▶ Samstag, 4. Februar 2017, 21.00 Uhr
Cinerama Holiday | USA 1955 | R: Robert L. Bendick,
Philippe De Lacy | B: Otis Carney, Louis de Rochemont
III | K: Harry Squire, Joseph Brun | M: Morton Gould |
Mit Martin Weldon, John Marsh, Betty Marsh, Beatrice
Troller, Fred Troller | 129 min | OF | Cinerama | Ein junges Schweizer Paar besucht Amerika, ein frisch verheiratetes Paar aus Kansas City reist nach Europa. Der
Film breitet die Sehenswürdigkeiten in überwältigenden Cinerama-Bildern mit gewaltigem Mehrkanalton
aus: Die Schweizer Alpen, ein Nachtclub in Paris,
St. Louis, New Orleans, Las Vegas, San Francisco. Am
Ende treffen sich die beiden Paare in New York und
gehen gemeinsam ins Kino – um sich den Film anzuschauen, dessen Protagonisten sie sind. Höhepunkt
des ersten Teils ist eine rasante Skifahrt in den Alpen,
das Finale zeigt die – mit subjektiver Kamera gefilmte –
Landung eines Düsenjets auf einem Flugzeugträger.
▶ Sonntag, 5. Februar 2017, 21.00 Uhr
Oklahoma! (Oklahoma) | USA 1955 | R: Fred Zinnemann | B: Sonya Levien, William Ludwig, nach dem
Musical von Oscar Hammerstein II und Richard Rodgers | K: Robert Surtees | M: Richard Rodgers | D: Gordon MacRae, Gloria Grahame, Gene Nelson, Charlotte
Greenwood, Eddie Albert, Rod Steiger | 145 min | OF |
Todd-AO | Der erste Film im 70mm-Format mit
6-Kanal-Ton wurde mit einer höheren Bildfrequenz
(30 Bilder pro Sekunde) aufgenommen. Dies trug alles
zu einem Kinoerlebnis ganz neuer Qualität bei. Regisseur Fred Zinnemann kostet die visuelle Brillanz bei
den Aufnahmen on location in Arizona in langen Einstellungen aus. Das als »amerikanische Volksoper« konzipierte Musical, das eine Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der Rivalität zwischen Farmern und Ranchern
▶ Freitag, 10. Februar 2017, 21.00 Uhr
Violent Saturday (Sensation am Sonnabend) | USA
1955 | R: Richard Fleischer | B: Sydney Boehm, nach
dem Roman von William L. Heath | K: Charles G. Clarke
| M: Hugo Friedhofer | D: Victor Mature, Richard Egan,
Lee Marvin, Sylvia Sydney, Ernest Borgnine | 92 min |
OF | CinemaScope | Richard Fleischer war einer der
großen CinemaScope-Regisseure, der mit split screen
und dem Format bis in die 1980er Jahre hinein experimentierte. VIOLENT SATURDAY, sein zweiter CinemaScope-Film, nutzt das Format für ein brillant inszeniertes heist movie, in dem es um einen Banküberfall in
einer wüstennahen Kleinstadt geht. Die in langen Einstellungen gleitende Kamera hält die Fäden der
Parallelhandlungen zusammen, die Bilder beschreiben
wie nebenbei präzise die Atmosphäre im amerikanischen Südwesten.
▶ Samstag, 11. Februar 2017, 21.00 Uhr
To Catch a Thief (Über den Dächern von Nizza) |
USA 1955 | R: Alfred Hitchcock | B: John Michael
Hayes | K: Robert Burks | M: Lyn Murray | D: Cary Grant,
Grace Kelly, Jessie Royce Landis, John Williams,
Charles Vanel | 106 min | OmU | VistaVision | Nach dem
Ausflug in die 3D-Technik mit DIAL M FOR MURDER,
über die er sich im Nachhinein in Interviews wegen
ihres Misserfolgs nur verächtlich äußerte, drehte Hitchcock in den 1950er Jahren seine Filme bevorzugt in
VistaVision, wobei er großen Wert auf die technische
Qualität des Bildes legte. Die romantische Gaunerkomödie TO CATCH A THIEF entstand zu großen Teilen
an der Côte d’Azur und schwelgt in leuchtenden Farben und eleganter Bildgestaltung. »VistaVision kam
Hitchcocks Neigung zur ›inneren Montage‹ entgegen,
zu weiten Bildwinkeln, langen Fahrten- und Schwenkaufnahmen und gestaffelten, in langsamer Bewegung
sich erschließenden Räumen.« (Enno Patalas)
▶ Sonntag, 12. Februar 2017, 21.00 Uhr
The Searchers (Der schwarze Falke) | USA 1956 | R:
John Ford | B: Frank S. Nugent, nach dem Roman von
Alan LeMay | K: Winton C. Hoch | M: Max Steiner | D:
John Wayne, Jeffrey Hunter, Vera Miles, Ward Bond,
Natalie Wood, Hank Worden | 119 min | OmU | VistaVision | Schon der Beginn des Films zeigt die Vorzüge
des VistaVision-Verfahrens mit seinen gestochen schar-
fen Bildern: Eine Tür geht auf, und über die Schultern
einer Frau erfasst die Kamera einen aus der Tiefe des
Raumes kommenden Reiter. Innerhalb weniger Minuten hat Ford sein relativ komplexes Personengeflecht
eingeführt. »THE SEARCHERS beschreibt die Suche
nach dem von den Indianern entführten Mädchen Debbie und ist eine Reise ins Herz der Finsternis. John
Wayne verkörpert in diesem Film die Abgründe der
amerikanischen Seele: ein offener Rassist, skrupellos,
sozial nicht sonderlich kompatibel.« (Rudolf Worschech)
▶ Freitag, 17. Februar 2017, 21.00 Uhr
The King and I (Der König von Siam) | USA 1956 | R:
Walter Lang | B: Ernest Lehman, nach dem Musical von
Oscar Hammerstein II und Richard Rodgers, basierend
auf einem Roman von Margaret London | K: Leon
Shamroy | M: Richard Rodgers | D: Deborah Kerr, Yul
Brynner, Rita Moreno, Martin Benson, Terry Saunders,
Rex Thompson | 133 min | OF | CinemaScope 55 |
Durch ein vergrößertes Negativ versuchte die Fox, ihren
CinemaScope-Filmen unter Beibehaltung des Formats
1:2,55 dieselbe brillante Bildqualität zu verleihen, die
VistaVision erreichte. THE KING AND I nutzte alle Vorzüge des Systems, wurde mit fünf Oscars ausgezeichnet und machte Yul Brynner zum Star. Er verkörpert den
König in einem farbenprächtigen Hollywood-Siam, der
eine englische Witwe als Hauslehrerin für seine Kinder
engagiert. Das Musical besticht durch fantasievolle
Dekors und Kostüme, stimmige Songs, witzige Dialoge
und eine exquisite Bildgestaltung.
▶ Samstag, 18. Februar 2017, 21.00 Uhr
The Girl Can’t Help It (Schlagerpiraten) | USA 1956 |
R: Frank Tashlin | B: Frank Tashlin, Herbert Baker |
K: Leon Shamroy | D: Tom Ewell, Jayne Mansfield,
Edmond O’Brien, Ray Anthony, Little Richard, Gene Vincent, Eddie Cochran, Fats Domino, The Platters |
99 min | OF | CinemaScope | Zu Beginn spricht Tom
Ewell zum Publikum, lässt die Begrenzungen des
schwarzweißen Normalformat-Bilds zur Seite schieben,
bis es die Ausmaße des CinemaScope erreicht hat und
fordert den Einsatz der Farbe von DeLuxe. Dann setzt in
knallbunten Farben ein furioses Rock’n’Roll-Spektakel
mit surrealen Gags im Comic-Strip-Stil ein, in dem sich
die Herkunft von Frank Tashlin widerspiegelt: Er begann
seine Karriere als Regisseur von Zeichentrickfilmen mit
Porky Pig, Daffy Duck und Bugs Bunny. Wenn Jayne
Mansfield als talentlose Sängerin die Hüften schwingt,
platzen dem Milchmann die Flaschen, zerspringen Passanten die Brillengläser und schmelzen Eisblöcke.
▶ Sonntag, 19. Februar 2017, 21.00 Uhr
Kino wie noch nie
in Oklahoma erzählt, markiert in der Geschichte des
Musicals einen Meilenstein, da es als eines der ersten
die Songs und Tanznummern nicht als Einlagen nutzte,
sondern für die Weiterführung der Handlung.
71
Friedrich Wilhelm Murnau
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Murnau – das war sein Künstlername. Eigentlich hieß er Friedrich
Wilhelm Plumpe, kam 1888 in Bielefeld zur Welt, machte in Kassel
sein Abitur, studierte in Berlin und
Heidelberg Kunstgeschichte und
Literatur und engagierte sich früh
im Studententheater. Ab 1913 gehörte er zum Ensemble der Reinhardt-Bühnen in Berlin. Da nannte
er sich bereits Murnau – nach
dem Künstlerort in Oberbayern,
der ihm bei einem Besuch offenbar gut gefallen hatte. Den Ersten
Weltkrieg überlebte er als Kriegsfreiwilliger, am Ende im Range
eines Leutnants, interniert in der
Schweiz. Er kehrte nach Berlin zurück und drehte 1919 seinen ersten Film – DER KNABE IN BLAU –
dem in schneller Folge fünf weitere folgten. Leider sind diese ersten Filme von Murnau nicht erhalten, wir können uns nur aus der zeitgenössischen Kritik
ein Bild von ihnen machen. Zu Murnaus Darstellern gehörten damals schon Conrad Veidt, Fritz Kortner und
Eugen Klöpfer.
Im Gegensatz zu seinen Regie-Kollegen Fritz Lang und
Ernst Lubitsch lebte Murnau eher zurückgezogen; er
verbarg sein Privatleben wohl auch, weil er homosexuell war. Er galt als distanziert, sein Wirkungsfeld waren
die Filmstudios. An gesellschaftlichen Ereignissen
nahm er selten teil. Als Fotograf hat er in Berlin, später
auch in Amerika und in der Südsee, gern Aktaufnahmen junger Männer gemacht. In dem Band »Friedrich
Wilhelm Murnau. Die privaten Fotografien 1926-1931«
ist 2013 eine Auswahl bei Schirmer/Mosel publiziert
worden.
DER GANG IN DIE NACHT, das Melodram eines Augenarztes, einer Tänzerin und eines blinden Malers, ist der
älteste erhaltene Murnau-Film, er wurde im Januar
1921 in Berlin uraufgeführt. Wie so oft bei diesem Regisseur standen große Darsteller im Mittelpunkt; hier
waren es Olaf Fönss, Erna Morena und Conrad Veidt.
Willy Haas, der als Filmkritiker früh die Bedeutung Murnaus erkannte, schrieb im Film-Kurier: »Es ist das Wunderbarste, dessen unser Herz überhaupt fähig ist: eine
neue Musik schlägt leise in uns die Augen auf.«
Dreharbeiten zu FAUST: emil Jannings, Friedrich Wilhelm Murnau
Retrospektive Friedrich Wilhelm Murnau
Mit NOSFERATU. EINE SYMPHONIE DES GRAUENS
schuf Murnau sein erstes klassisch gewordenes Werk,
das Urbild aller Vampir-Filme, gedreht nach Bram Stokers Roman »Dracula«. Es hat Tom Tykwer bis in seine
Träume verfolgt: »Das war heimliches Fernsehgucken.
Ich weiß, dass der Film schon angefangen hatte und
dass ich ’ne halbe Stunde geschafft habe. Ich hab’
mich derartig gegruselt, dass ich irgendwann abgeschaltet habe, was ein Riesenfehler war, weil ich noch
nicht einmal die Konklusion mitbekommen habe, dass
der Vampir wenigstens stirbt. Ich habe jahrelang den
Film nicht sehen können, weil ich mich wirklich so gefürchtet habe davor. (…) Dass man den Film nicht vergessen kann, liegt an dieser Entschlossenheit der Bildgestaltung, an der stillen ikonografischen Geste, die
der Film hat, und an der Masse an eindrucksvollen Gemälden, die irgendwo im Unterbewusstsein mitschwimmen und die gesamte Filmgeschichte mitgeprägt
haben.« (in: AUGE IN AUGE, 2008).
Für Murnaus folgende Filme, DER BRENNENDE ACKER,
PHANTOM, DIE AUSTREIBUNG und DIE FINANZEN DES
GROSSHERZOGS (1921-24), schrieb Thea von Harbou,
die damals mit Fritz Lang liiert war, die Drehbücher.
Zeitgleich entstanden dessen Filme DR. MABUSE, DER
SPIELER und DIE NIBELUNGEN. Für Verbindungen zwi-
Friedrich Wilhelm Murnau
dreht und galt als Regisseur von Weltrang. An jenem
Märztag war Charles Chaplin gerade in Berlin zu Besuch. Am Abend hörte er während einer VarietéVorstellung von Murnaus Tod. Überliefert ist sein Kommentar: »Er war einer der besten Männer, die Deutschland nach Hollywood entsandt hat. Ich kann das
Schreckliche noch gar nicht fassen.«
Am 19. März fand eine kleine Trauerfeier in Hollywood
statt. Dann wurde Murnaus Leichnam nach Deutschland überführt und am 11. April 1931 auf dem Stahnsdorfer Waldfriedhof zu Grabe getragen. Fritz Lang
sprach damals Gedenkworte am Sarg: »Er trat – stets
guter Laune und verbindlich lächelnd – mit weit ausgreifenden Schritten ins Atelier und verbreitete schon
durch seine bloße Anwesenheit Arbeitslust und Elan.
Wirkend wie ein gutsituierter Herr aus großem Hause,
der sich aus bloßer Neugier mit der Materie ›Film‹ wie
zur Zerstreuung befasst, war er im Gegenteil ein zäher
und intensiver Arbeiter; denn hinter seinem saloppen
Charme stand verbissene Energie, die er aber nie
merken ließ. Wenn einmal Jahrzehnte vergangen sein
werden, dann wird man wissen, dass hier ein Pionier
mitten aus dem Schaffen abtrat, dem der Film die eigentliche Basis verdankt, sowohl in künstlerischer wie
in technischer Beziehung. Er erkannte, dass der Film
weit mehr als die Bühne das Leben als Gleichnis darzustellen berufen ist – denn alle seine Werke waren eigentlich in Bildform vorgetragene Balladen. Mit dem
Wunsch und der Mahnung, der Hingeschiedene möge
als Beispiel für alle ernsthaft Schaffenden weiter fortwirken, mit dem Begrüßungswort der Südseeinsulaner
›Alo ha’Oe Murnau‹.« (zitiert nach Robert Herlth und
Lotte H. Eisner).
Dreharbeiten zu FAUST: Gösta ekman, Friedrich Wilhelm Murnau (mit Hut)
schen Lang und Murnau sorgte der Produzent Erich
Pommer. Und: es waren die Inflationsjahre – die deutsche Filmkunst florierte mehr als die Wirtschaft.
Emil Jannings war der Hauptdarsteller in drei MurnauFilmen Mitte der 1920er Jahre: DER LETZTE MANN,
TARTÜFF und FAUST. Die Tragikomödie um einen alternden Hotelportier, der zum Toilettenmann degradiert
wird, gilt als Murnaus Meisterwerk. Willy Haas schrieb
nach der Premiere enthusiasmiert und Goethe variierend: »Kinder, von hier und heute beginnt eine neue
Epoche in der Geschichte der Kinematographie.« Der
Film war auch in Amerika erfolgreich. Die MolièreKomödie vom Erbschleicher Tartüff erweiterte Murnaus
Drehbuchautor Carl Mayer um eine Rahmenhandlung
aus dem Filmmilieu, die Haupthandlung verlegte er ins
Preußen des Alten Fritz. »Eine deutsche Volkssage« war
der Untertitel zum FAUST-Film mit Gösta Ekman als Titelfigur, Jannings als Mephisto und Camilla Horn als
Gretchen. Ein Lichtspiel und ein Schattenspiel. Eric
Rohmer hat darüber seine Dissertation geschrieben.
Als FAUST im August 1926 in Berlin uraufgeführt
wurde, war Murnau schon in Amerika. Dorthin hatte ihn
William Fox, der Chef des großen Fox-Studios, mit
einem Vierjahres-Vertrag gelockt. Nur seinen ersten
Film, SUNRISE, nach der Erzählung »Die Reise nach
Tilsit« von Hermann Sudermann, konnte Murnau ohne
Eingriffe des Studios drehen, dann wurden ihm die
kommerziellen Erwartungen der Produzenten und der
rasche Wechsel vom Stummfilm zum Tonfilm zum Verhängnis. Man nahm ihm bei THE FOUR DEVILS (der
Film ist leider nicht erhalten) und bei CITY GIRL (Drehbuch: Berthold Viertel) die Fertigstellung aus der Hand.
Es wirkt wie eine Flucht aus der Realität, dass Murnau
dann ein Projekt auf einer Südseeinsel realisierte: TABU, begonnen mit dem Dokumentaristen Robert Flaherty, nach einem
Streit mit dem Co-Regisseur
allein zu Ende geführt. Diese
Liebeserklärung an eine ferne
Kultur war für Frieda Grafe
»eine Kosmogonie des Kinos:
die Entstehung seiner Formen
aus gleißenden, glitzernden
Wasseroberflächen.« Die Premiere von TABU hat Murnau
nicht mehr erlebt.
Am 11. März 1931 starb er
nach einem Autounfall in Santa
Barbara, Kalifornien. Er war 42
Jahre alt, hatte 21 Filme ge-
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Friedrich Wilhelm Murnau
74
Im Murnau-Buch der Deutschen Kinemathek zur Retrospektive 2003 schrieb Thomas Koebner im Schlussabsatz seines Essays: »Im Kern war der ›romantische
Preuße‹ Murnau ein Elegiker: ein Erzähler vom verlorenen Paradies, vom verlorenen Glück, dessen Wiederkehr oder schwache Spiegelung – wenn es überhaupt
dazu kommen sollte – er selbst ironisch brach (DER
LETZTE MANN) oder nur nach einer Beinahe-Katastrophe gewährte (SUNRISE). Außenseitern gehörte seine
Sympathie und seine Einfühlung: den Verlierern und Angeprangerten, den Einfältigen und den Mutigen, auch
den Schönen (gerade in seinem Spätwerk), die offensichtlich den Neid der Götter erregen. Wer sich auf
seine Filme einlässt, erspürt alsbald eine unvergleichliche Stimmung von leiser, dennoch nachhaltiger Innigkeit und diskreter Trauer, von Lebhaftigkeit und Bedauern, von unaufdringlichem Mitleid für seine Figuren,
versetzt mit kleinen Blitzen eines weichen Humors,
einer milden gelassenen Heiterkeit.« (Friedrich Wilhelm
Murnau. Ein Melancholiker des Films. Berlin 2003)
Er war einer der Großen des deutschen Films, beeinflusst von Malerei, Literatur und Schauspiel. Sein Beitrag zur Entwicklung einer spezifischen Filmsprache ist
früh erkannt worden. Er arbeitete mit den besten Kameraleuten seiner Zeit zusammen: Fritz Arno Wagner, Karl
Freund, Carl Hoffmann, Charles Rosher, Ernest Palmer,
Floyd Crosby. Die prominentesten Schauspieler drängte
es in seine Filme. Und für viele Nachgeborene in
Europa, zum Beispiel für François Truffaut, Eric Rohmer,
Jacques Rivette und Jean-Luc Godard, für Werner Herzog, Ulrike Ottinger und Wim Wenders, war er die Inkarnation deutscher Filmgeschichte.
Murnaus Filme sind beredt und voller Zwischentöne,
auch wenn es in ihnen noch keine gesprochenen Dialoge, keine originalen Geräusche, keine synchronen
Töne gibt. »Stummfilm« – das klingt weit entfernt. Aber
wenn wir uns in den Bildern, zwischen melancholischen Träumen und melodramatischen Gefühlen bewegen, dann kann es eine Nähe geben, die das Damals
mit dem Heute verbindet. Murnau entdecken! In einer
Ausstellung im Lenbachhaus, in einer Retrospektive
des Münchner Filmmuseums. Hans Helmut Prinzler
Eine Filmreihe des Filmmuseums München zur Ausstellung
»Friedrich Wilhelm Murnau. Eine Hommage« im Lenbachhaus
(25. Oktober 2016 bis 26. Februar 2017).
Der Gang in die Nacht | Deutschland 1920 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Carl Mayer, nach dem Filmszenario »Sejren« (Der Sieger) von Harriet Bloch | K:
Max Lutze | D: Olaf Fönss, Gudrun Bruun-Steffensen,
Conrad Veidt, Erna Morena, Clementine Plessner |
81 min | viragiert | Der Augenarzt Eigil Börne verlässt
seine Verlobte für die Varieté-Tänzerin Lily. Doch Lily
fühlt sich zu einem Maler hingezogen, den Börne von
seiner Blindheit geheilt hat. »Murnaus Variante von
Sternbergs Verfilmung des ›Professor Unrat‹, das
Ganze ins Mythologische überhöht und mit Elementen
des Zombiefilms gekreuzt. Wenn man den Film genauer ansieht, lehrt er in seinen großen Momenten
nicht die abgedroschenen Weisheiten eines filmhistorischen Kanons, sondern etwas ganz anderes: Dann
sieht man auch, dass in den Abgründen der düsteren
Filmgenres zumeist ein tieferes Wissen über die
menschliche Psyche haust.« (Dominik Graf) Gezeigt
wird erstmals eine neu rekonstruierte Version des Filmmuseums München, ausgehend vom Originalnegativ.
▶ Sonntag, 8. Januar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Richard Siedhoff
Schloss Vogelöd | Deutschland 1921 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Carl Mayer, nach dem Roman von Rudolf Stratz | K: Fritz Arno Wagner, László Schäffer | D: Arnold Korff, Lulu Kyser-Korff, Lothar Mehnert, Olga
Tschechowa, Julius Falkenstein | 81 min | viragiert | Zu
einer Gesellschaft auf Schloss Vogelöd trifft ungeladen
Graf Johann Oetsch ein, der im Verdacht steht, vor drei
Jahren seinen Bruder ermordet zu haben. »Bezwingend
der Raum, in dem die Baronin und Safferstätt nach der
Tat vor Schuld gekrümmt verharren: ein hohes, wie leergeräumtes Zimmer mit zwei erleuchteten Türöffnungen,
Augenschlitze eines Raubtiers, im Hintergrund; reines,
abstraktes Bühnenbild, mehr Leichenhalle und entseelter Tempel als Wohnraum. Unentrinnbare Einsamkeit,
unüberwindliches Verhängnis – sagt dieser Raum. Im
ganzen übrigen Film gibt es kein Bild, das diesem
gleicht. Man könnte es als eine ästhetische Erzwingung
lesen.« (Hanns Zischler)
▶ Freitag, 13. Januar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Sabrina Zimmermann, Mark Pogolski
▶ Samstag, 14. Januar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Sabrina Zimmermann, Mark Pogolski
Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens |
Deutschland 1922 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B:
Henrik Galeen, nach dem Roman »Dracula« von Bram
Stoker | K: Fritz Arno Wagner | D: Max Schreck, Alexander Granach, Gustav von Wangenheim, Greta Schröder,
Georg Heinrich Schnell | 93 min | viragiert | Im Auftrag
des Maklers Knock reist der junge Hutter in die Karpaten, um dem Grafen Orlok ein Haus zu verkaufen. Doch
seine Reise wird von unheimlichen Vorzeichen begleitet. »Der Film, der Mythos, die Legende, ach wie schön
und schrecklich und doch so wahr. Bei so viel Blut und
Sterben denke ich unwillkürlich an die große Seuche
Aids. Wie hätte der schwule Murnau heute den großen
Aids-Film gemacht, wie hätte er mit seiner großen
Kunst uns auf dem Höhepunkt der Krankheit Hoffnung
auf ein Happy-End gemacht und uns Trost gespendet?
Wäre es die Unschuld vom Lande wie in NOSFERATU?
Vielleicht der schöne Knabe aus TABU, der uns rechtzeitig gewarnt, unser Blut gereinigt hätte, oder hätten wir
mit ihm, wie Murnau selbst beim Orgasmus, das Zeitliche gesegnet, ohne lange Qual, ohne Abschied?« (Rosa
von Praunheim)
▶ Freitag, 27. Januar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald
Phantom | Deutschland 1922 | R: Friedrich Wilhelm
Murnau | B: Thea von Harbou, nach dem Roman von
Gerhart Hauptmann | K: Axel Graatkjær, Theophan Ouchakoff | D: Alfred Abel, Frida Richard, Aud Egede Nissen, Hans Heinrich von Twardowski, Lil Dagover |
134 min | viragiert | Der verträumte Ratsschreiber
Lorenz Lubota stürzt sich in eine verzweifelte Liebe.
»Erst jetzt, im Nachhinein, als Phantombild sozusagen,
erahne ich allmählich den Film, den Murnau machen
wollte. Der allerdings hat mich gerissen. Auch wenn es
ihn nicht gibt, besser: nicht geben konnte, noch nicht
geben konnte, sehe ich ihn in Umrissen vor mir. Am
deutlichsten im existierenden PHANTOM wird dieser
unsichtbare Murnau-Film immer dann, wenn es um
nichts geht, wenn keine Geschichte bedient werden
muss, wenn der arme Lorenz Lubota zum Beispiel einfach durch die Gassen seiner Schreckensstadt nach
Hause schleicht. Immer, wenn sich die Geschichte in
den Vordergrund drängt, verbleicht der Film, den Murnau hätte machen können. Er war seiner Zeit einfach
Lichtjahre voraus.« (Wim Wenders)
▶ Samstag 28. Januar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Günter A. Buchwald
Die Finanzen des Großherzogs | Deutschland 1924 |
R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Thea von Harbou,
nach dem Roman von Frank Heller | K: Karl Freund,
Franz Planer | D: Harry Liedtke, Mady Christians, Robert
Scholz, Alfred Abel, Hermann Vallentin | 85 min | viragiert | Komödie um ein bankrottes Großherzogtum, das
sich sowohl ein Erpresser als auch ein Industrieller,
eine Großfürstin und eine Gruppe von Revolutionären
unter den Nagel reißen möchten. »Ein sekundäres
Werk, das dennoch der Beachtung wert ist, weil es aus
der Hand eines Meisters kommt. Die Meisterschaft
Murnaus zeigt sich darin, wie flüssig und leicht er diese
Geschichten in Filmbilder umsetzt, wie schwerelos sich
die Szenen abspielen und verknüpfen, wie zärtlich –
kein anderes Wort will mir einfallen – die winzigsten
Details und Gesten gesehen sind, und wie musikalisch
Friedrich Wilhelm Murnau
Der brennende Acker | Deutschland 1922 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Thea von Harbou, Willy Haas,
Arthur Rosen | K: Fritz Arno Wagner, Karl Freund | D:
Werner Krauß, Eugen Klöpfer, Wladimir Gaidarow, Eduard von Winterstein, Lya de Putti, Alfred Abel | 100 min
| viragiert | Der als Sekretär eines Grafen arbeitende
Bauernsohn Johannes erfährt von einer Petroleumquelle unter dem so genannten »Teufelsacker«, der seinem Arbeitgeber gehört. Als der Graf stirbt, heiratet
Johannes aus Berechnung dessen Witwe. »Die Auseinandersetzung mit Filmen wie diesem ist gewinnbringend, weil – Jahrzehnte entfernt – der selbstbewusste
Murnau ein Spiel mit allen Mitteln und gegen alle Umstände angezettelt hat. Die Selbstdisziplinierung in der
Chiffrierung – eine souveräne Reaktion auf Markt und
Mode. Treue statt Promiskuität – Authentizität in der
Kunst statt gedankenlose Karikatur. Ermutigung für die
eigene Arbeit geht von einem solchen Melodram aus –
Ermutigung zur Expressivität und ausgespielten Leidenschaft.« (Horst Königstein)
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sich das alles zusammenfügt, kurz und gut: wie schön
das ist und wie gern man dem ganzen Kuddelmuddel
deshalb zusieht. Dieser Film macht nicht die leiseste
Anstrengung, den düsteren Tatsachen der Welt vor der
Kinotür etwas anderes entgegenzusetzen als ein bisschen Schaumgebäck.« (Helma Sanders-Brahms)
▶ Sonntag, 29. Januar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Günter A. Buchwald
Friedrich Wilhelm Murnau
Der letzte Mann | Deutschland 1924 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Carl Mayer | K: Karl Freund | D: Emil
Jannings, Maly Delschaft, Max Hiller, Emilie Kurz, Hans
Unterkircher | 88 min | Kammerspiel-Melodram um
einen alternden Hotelportier, der zum Toilettenwärter
degradiert wird. »Ein beeindruckender Stummfilm in
dem Sinn, dass er ganz und gar auf eine Bilderzählung
abgestimmt ist und zu keinem Zeitpunkt die Sprache
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oder Zwischentitel benötigt, oder man gar den Eindruck
hat, dem Film würde eine Dimension fehlen. In diesem
Film begreift man, warum in Deutschland die Entwicklung des Tonfilms nicht schneller vorangetrieben, der
Ton sogar als störend empfunden wurde und die Filmschaffenden in ihrer Kreativität einschränkte. In diesem
Film wäre jedes Wort zu viel, und die Inszenierung, die
Schauspieler, die Kamera wären alle Knechte von Dialogen geworden.« (Kai Wessel)
▶ Freitag, 3. Februar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz
Herr Tartüff | Deutschland 1926 | R: Friedrich Wilhelm
Murnau | B: Carl Mayer, nach der Komödie »Le Tartuffe
ou l’imposteur« von Molière | K: Karl Freund | D: Emil
Jannings, Werner Krauß, Lil Dagover, André Mattoni,
Lucie Höflich | 84 min | viragiert | »Das vollkommen
Überzeugende, Frappierende beim Filmregisseur Murnau ist, dass er Heuchelei und Manipulation allgemeiner als nur theologisch auffasst. Ihn interessieren nicht
die Ursachen des Fanatismus, sondern die darstellbaren Auswirkungen. Natürlich, da die Geschichte die
eines Heuchlers und seines Opfers erzählt, wo der
Heuchler eben nicht fromm sein kann, sein Opfer nur
mit seiner Gestalt, nicht mit seinem Glauben beeindruckt, ist der Blick von Murnau auf dieses Stück
(heute, nach so vielen Interpretationen) zwingend. Eine
auf verbaler Vermittlung beruhende Handlung ins
Stumme zu übersetzen, brachte den Regisseur auf das
Wesentliche der Heuchelei: Alles, was man mit rollenden, nach oben blickenden Augen, alles, was man überhaupt über die Lüge, die Ohnmacht, das Entsetzen
durch den Körper ausdrücken kann, die Geilheit mit
den Zähnen und Lippen, die Leidenschaft mit dem Rücken.« (Luc Bondy)
▶ Samstag, 4. Februar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Joachim Bärenz
Faust – Eine deutsche Volkssage | Deutschland
1926 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Hans Kyser | K:
Carl Hoffmann | D: Gösta Ekman, Emil Jannings, Camilla Horn, Frida Richard, Wilhelm Dieterle | 108 min |
»Der Film ist ein Abenteuertrip. Er ist eine Reise in eine
phantastische Welt, die wir, eine Friedensgeneration,
überhaupt nicht mehr kennen. Man macht sich plötzlich über Geschichte Gedanken. In Deutschland hat Geschichte durch die banale Tatsache der völligen Zerstörung von Städten und Architektur jede Sinnlichkeit verloren. Mit ihr ist unsere Kultur versunken und hat einer
Unkultur Platz gemacht, einer primitiven Form augenzwinkernder, gesichts- und geschichtsloser Unterhaltung. Die wenigen Bausteine, die wir hervorholen können, um uns unsere Kultur bewusst zu machen, sind
eben solche Schlüsselwerke wie Murnaus FAUST –
und wenn man ihn sieht, bekommt man auch eine sinnliche Erkenntnis unserer Geschichte und eine Sehnsucht danach, in ihr zu forschen und ihren geheimen
Klang wieder zu hören.« (Oskar Roehler)
▶ Freitag, 5. Februar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz
Sunrise – A Song of Two Humans (Sonnenaufgang
– Ein Lied von zwei Menschen) | USA 1927 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Carl Mayer, nach der Erzählung »Die Reise nach Tilsit« von Hermann Sudermann |
K: Charles Rosher, Karl Struss | M: Hugo Riesenfeld | D:
Janet Gaynor, George O’Brien, Margaret Livingston,
Bodil Rosing, J. Farrell MacDonald | 95 min | OF |
Movietone | »Es wird (in dieser Reihenfolge:) begehrt,
verraten, bereut, vergeben, geliebt, verloren, getrauert
und wiedervereint. Viel mehr Existentielles passt in kein
▶ Freitag, 10. Februar 2017, 18.30 Uhr
City Girl (Die Frau aus Chicago) | USA 1930 | R:
Friedrich Wilhelm Murnau | B: Berthold Viertel, H.H.
Caldwell, nach dem Stück »The Mud Turtle« von Elliott
Lester | K: Ernest Palmer | D: Charles Farrell, David Torrence, Mary Duncan, Dick Alexander, Edith Yorke |
89 min | OF | »Wenn Lem staunend wie ein kleiner
Junge vom Land in die Großstadt Chicago kommt, ist er
umgeben von einem Heer von Statisten, die äußerst bewegt den Bildhintergrund bevölkern. Der Regisseur
muss eine Unzahl von Assistenten beschäftigt haben,
um die Komparsenmassen derart virtuos zu dirigieren.
Wo im Tonfilm der Lärm der Großstadt zu hören wäre,
lässt uns Murnau in CITY GIRL, einem der letzten
Stummfilme Hollywoods, die Geräusche der Stadt förmlich sehen. Aber auch die Emotionen der Figuren offenbaren sich nicht nur durch die Schauspielkunst ihrer
Darsteller, sondern immer wieder in der filmischen Bewegung. Murnau sprach einmal von der ›fließenden Architektur durchbluteter Körper im bewegten Raum‹.
Was er damit gemeint hat, ist in CITY GIRL auf faszinierende Weise zu sehen.« (Stefan Lukschy)
▶ Samstag, 11. Februar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Richard Siedhoff
Die zwölfte Stunde … eine Nacht des Grauens |
Deutschland 1930 | Künstlerische Bearbeitung: Waldemar Roger | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Henrik
Galeen, nach dem Roman »Dracula« von Bram Stoker |
K: Fritz Arno Wagner, Günther Krampf | D: Max Schreck,
Alexander Granach, Gustav von Wangenheim, Greta
Schröder, Ruth Landshoff | 65 min | Eine nachsynchronisierte Tonfilm-Bearbeitung von NOSFERATU. EINE
SYMPHONIE DES GRAUENS (1921), bei der Waldemar
Roger alle Rollenbezeichnungen änderte und von ihm
selbst nachgedrehte Szenen sowie von Murnau ausgesondertes Material hinzufügte. So schaffte er es, den
Film mit einem Happy-End zu versehen. Die Tonspur
bestand aus einer nicht mehr erhaltenen Musik von
Georg Fliebiger, die auf Schallplatten synchron zum
Film abgespielt wurde. Murnau war an dieser Umarbeitung seines Films nicht beteiligt.
▶ Sonntag, 12. Februar 2017, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Richard Siedhoff
Phantombilder | BRD 1988 | R+B: Frieda Grafe, Enno
Patalas | M: Takemitsu Toru | 44 min – Satanas |
Deutschland 1919 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B:
Robert Wiene | K: Karl Freund | D: Fritz Kortner, Sadjah
Gezza, Ernst Hofmann, Margit Barnay, Conrad Veidt |
5 min | viragiert | Fragmente – Marizza, genannt die
Schmuggler-Madonna | Deutschland 1922 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Hans Janowitz | K: Karl
Freund | D: Tzwetta Tzatschewa, Adele Sandrock, Harry
Frank, Hans Heinrich von Twardowski | 14 min | viragiert | Fragment – Murnaus’s 4 Devils – Traces of a
Lost Film (Murnaus Vier Teufel: Spuren eines verlorenenen Films) | USA 2003 | R+B: Janet Bergstrom
| 40 min | OF | Eine filmkundliche Fernsehsendung
über Friedrich Wilhelm Murnau und seine Filme, Fragmente verlorener Filme aus der Frühphase seiner deutschen Filme und eine filmwissenschaftliche Spurensuche nach seinem zweiten Hollywoodfilm 4 DEVILS,
1928, mit Janet Gaynor, Mary Duncan, Charles Morton,
Barry Norton und Nancy Dressel, von dem sich nur
Fotos, ein Script und Dokumente erhalten haben.
▶ Freitag, 17. Februar 2017, 18.30 Uhr
Tabu: A Story of the South Seas (Tabu) | USA 1931 |
R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Friedrich Wilhelm Murnau, Robert J. Flaherty | K: Floyd Crosby, Robert J. Flaherty | M: Hugo Riesenfeld | D: Reri, Matahi, Hitu, Jean,
Ah Fong | 86 min | OF | Movietone | »Mitte der 1960er
Jahre habe ich als junger Filmkritiker der Süddeutschen Zeitung TABU zum ersten Mal gesehen. Der Film
war für mich ein Mythos. Ich kam aus dem Kino mit Tränen in den Augen. TABU war von diesem Moment an
für mich der schönste Film aller Zeiten. Ich war auf der
Stelle verliebt in Reri, und die Szene, in der Reri und
Matahi zusammen tanzen, war die schönste Liebesszene, die ich je gesehen hatte. Mit entwaffnender
Einfachheit erzählt Murnau diese erschütternde Geschichte einer unmöglichen Liebe. Das scheint auf den
ersten Blick ein europäisches Motiv zu sein. Die Südsee
ist ein Traum in den Köpfen der Europäer, aber die Wirklichkeit der Südsee ist alles andere als eine Traumwelt.
Das Leben dort ist so traurig wie das Leben hier. Meistens noch trauriger.« (Rudolf Thome)
▶ Samstag, 18. Februar 2017, 18.30 Uhr
Friedrich Wilhelm Murnau
Melodram. Aber das wirklich Substantielle versteckt
sich hier im Detail: Scheinbares Ornament birgt die Essenz dieses Films. Das Kino ist eine Wundermaschine,
und SUNRISE will dies beweisen, jede Sekunde, jeden
Augenblick. Ein Film, der nie nachlässt, alles zu wollen,
seiner Geschichte alles abzuverlangen, seinen Figuren,
seinen Bildern, seiner Stimmung, seinen Gefühlen. Und
der sich dabei bevorzugt der freieren, assoziativen
Sprache eines Traums bedient. Wie nah steht das Kino
dem Traum? SUNRISE antwortet: Das Kino ist ein
Traum. Die geträumte Erzählung einer Geschichte aus
der sogenannten Wirklichkeit.« (Tom Tykwer)
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Kino und Malerei
MłYN I KrZYź – DIe MüHle UND DAS KreUZ
Kino und Malerei
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Kino und Malerei – Unerwiderte Liebe
oder Verwandtschaft im Scheitern?
Der wegen seiner behutsamen Lichtsetzung zurecht
ausgezeichnete Kameramann Eduardo Serra, ein diplomierter Kunstgeschichtler, dessen Arbeit auf den Spuren Vermeers in GIRL WITH A PEARL EARRING (2003)
von Peter Webber unvergesslich bleibt, erklärte einmal,
wie die Filmindustrie bis Ende der 1970er Jahre
brauchte, um ausreichend starke Lampen zu entwickeln, die auch nur annähernd das diffuse Naturlicht
der Sonne mithilfe einer einzigen Lichtquelle nachahmen konnten. Sinnbild für die Unterlegenheit der Technologie im Wettkampf mit der künstlerischen Vision?
Oder schlicht Metapher für den prätentiösen Ehrgeiz
des Kinos, Malerei nachzuäffen?
»Kino verdirbt das Natürliche«, behauptet der spanische
Regisseur Victor Erice, der dem Kino abspricht, Wirklichkeit abbilden zu können. Aber Malerei? Kann sie
festhalten, was das menschliche Auge als natürlich registriert, zum Beispiel das Licht – wie die Impressionisten, allen voran Claude Monet – es versuchten? Erice
tendiert zum Nein, und laut Eduardo Serra ist das Nachstellen von berühmten Gemälden durch Filmregisseure
oft nichts weiter als Bluff, Unvermögen, ein prätentiöses Missverständnis. Ein hartes Urteil, hat sich doch
das Kino in dramatischen Biopics wie Vincente Minnellis LUST FOR LIFE (1956) oder inszenierten Dokumentarfilmen wie Henri-Georges Clouzots LE MYSTÈRE
PICASSO (1956) immer wieder aufrichtig am Geheimnis malerischer Schöpfung gerieben. Und ist trotzdem
gescheitert. Andere, weniger bekannte und geglücktere
Beispiele sind experimentelle Annäherungen wie Straub/
Huillets Cézanne-Filme (1990/2004). Ungezählt dagegen die missglückten Versuche, den romantischen
Mythos des einsam malenden – und leidenden – heroischen Künstlers in mehr oder weniger konventionelle
Erzählschablonen zu pressen, sprich künstlerische Rezepte durch das Private zu vertuschen, von Klaus-Maria
Brandauer als finanzkrisengebeuteltem Rembrandt bis
Anthony Hopkins als an den Frauen verzweifelndem
Picasso.
In all diesen Versuchen steht die Person des Künstlers,
mehr oder weniger dramatisch inszeniert, im Vordergrund. Mal wird der Malakt vollständig ausgeblendet,
wie in VAN GOGH (1991) von Maurice Pialat, mal in
Zeitlupe ironisiert, etwa von Martin Scorsese in seinem
virtuosen Beitrag zum Episodenfilm NEW YORK STORIES (1989). Doch fast alle diese Filme bleiben Versuche, Annäherungen, einseitige Liebeserklärungen –
Malerei, diese umworbene Diva, sie bleibt ungerührt.
Filmaufnahmen des Fotografen Hans Namuth, er begeisterte sich auch so sehr für die vor seiner eigenen
Kamera entstandenen Bilder, dass er im Kielwasser des
erfolgreichen Films nicht vor Ausstellungen zurückschreckte. Anmaßung oder Missverständnis, Vereinnahmung oder Reverenz?
Alle drei Filme bedienen, auf unterschiedliche Art und
Weise, den Mythos vom Künstler als heroischem Einzelgänger. Kein Wunder, dass es sich bei allen drei Porträtierten um gestandene Machos handelt. Einen anderen Ansatz verfolgt der 1983 in Mexiko entstandene
FRIDA, NATURALEZA VIVA des mexikanischen Regisseurs und Filmkritikers Paul Leduc, der eine emotionale
Annährung an Frida Kahlo in den Vordergrund stellt.
Der Film erzählt in Rückblenden vom Sterbebett Kahlos
Erinnerungen und stilisiert diese durch eigenwillige
Filmsprache. Im Gegensatz zur späteren operettenhaften FRIDA-Verfilmung durch Julie Taymor mit Salma
Hayek in der Hauptrolle (und als Produzentin), einer
kunterbunten Ausstattungsorgie mit als Diego Rivera
oder Leon Trotzki verkleideten Schauspielstars, verzichtet der in Mexiko gedrehte Film ganz auf Farbfilmklischees und schnellen Schnitt. Aber wird er dadurch
authentischer?
Einen ganz anderen Ansatz zeigen die übrigen Filme
unserer Reihe. MŁYN I KRZYź (DIE MÜHLE UND DAS
KREUZ, 2011) des Polen Lech Majewski kombiniert originelle Animation und Schauspieler zu mittelalterlichen
Bildern, die der Malerei Pieter Breughel des Älteren und
dessen Gräuelvisionen nachempfunden sind. Im legendären Dokumentarfilm EL SOL DEL MEMBRILLO (DAS
LICHT DES QUITTENBAUMS, 1992) des spanischen
Regisseurs Victor Erice, 1993 beim Filmfestival von
Cannes mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet,
beobachtet Erice den Maler Antonio Lopez bei seinen
schlussendlich vergeblichen Bemühungen, das herbstliche Sonnenlicht im Blattwerk eines Quittenbaums malerisch festzuhalten. Es geht um die Wiedergabe der
Wirklichkeit, und der Filmemacher zeigt sich ebenso
obsessiv wie der Maler: Nach einer anfänglichen ersten
Kamerafahrt hält Erice die Außenwelt auf Abstand und
fokussiert immer enger in ruhigen, sorgfältig kadrierten
Einstellungen die Magie des Malaktes, das mit der Zeit
faulende Obst, die Flüchtigkeit des Lichts.
Auch in Klaus Wybornys experimentellem Dokumentarfilm IM IMAGINÄREN MUSEUM – STUDIEN ZU MONET
(2014) geht es um Wiedergabe, den analytischen Vergleich von Maschinenblick und Malerblick. Im Zentrum
steht ein besonders spektakulärer Streifen normannischer Steilküste um den Ort Pourville-sur-Mer. Claude
Monet malte wiederholt dieses Küstenstück, das Wy-
Kino und Malerei
Obwohl nicht wenige berühmte Kinoregisseure ihr im
Stillen frönen, nach Michelangelo Antonioni heute Peter
Greenaway bis Jerzy Skolimowski oder Steven Soderbergh, von originären Malern wie Julian Schnabel ganz
zu schweigen.
Eine lange und intensive Annäherung also, mit einer
aber nur bescheidenen künstlerischen Trefferquote: In
diesem Kontext ist die Reihe »Kino und Malerei« anzusiedeln, die das Filmmuseum und Kino der Kunst
Anfang des Jahres 2017 gemeinsam anbieten. Sehr
persönlich eingeführt von Kunsthistorikern, Künstlern
oder Filmemachern werden ganz unterschiedliche Beispiele gezeigt, wie Kino Malerei zu greifen und begreifen versucht. Von der fiktiven bis zur dokumentarischen
Behandlung des Malakts, von originellen Varianten des
Biopic bis zum analytischen Essay. Insgesamt wurden
sieben filmische Beispiele ausgewählt, die teils legendär sind, wie Derek Jarmans CARAVAGGIO (1986), teils
vom großen Publikum längst vergessene, wie die fiktive
Biographie FRIDA, NATURALEZA VIVA (1983) von Paul
Leduc.
Bei allen ausgewählten Filmen ist das Risiko der Auseinandersetzung mit Malerei präsent, das Scheitern ist
eingeplant. Genau darum soll es auch in der Einführungen gehen. Was ist überhaupt möglich, was wurde
versucht, was gemeistert? Im temperamentvollen LOVE
IS THE DEVIL (1998) wagt John Maybury das Risiko,
Francis Bacons malerische Verfremdungseffekte von
Freunden und Liebhabern mit experimentellen optischen Verzerrungen nachzustellen. Ist das angemessen
oder kitschig? Malerei war für Bacon Lebenssinn und
Schlüssel zum Verständnis der Welt, eher visualisierter
Alptraum als Traum. Wie kann das filmisch übersetzt
werden?
Derek Jarman, selbst bildender Künstler und nebenbei
Bühnenbildner, etwa für den wunderbaren Exzentriker
Ken Russell, zitiert in jedem seiner in warmes Braun getauchten filmischen Tableaus die dramatische Lichtsetzung des exzentrischen Barockmalers Caravaggio. Er
ahmt Caravaggios Ästhetik mit den Mitteln des Kinos
nach und erzählt so ein von Gewalt, Exzess, Verfolgung
geprägtes Leben als theatralische Kette in mit der
Kamera gemalten Aktionen, durchgehend stilisiert und
frei von jedem Realismus.
Die Geschichte von Leben und Tod des amerikanischen
Informellen Jackson Pollock bereichert Hollywoodstar
Ed Harris in seinem POLLOCK (2000) durch die minutiöse Nachstellung des action painting, des malerischen Gewaltaktes. Als sein eigener Hauptdarsteller
lernte Harris nicht nur die Pollock’sche Technik des
dripping mithilfe der berühmten dokumentarischen
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borny mit seiner Handkamera filmte, um anschließend
die Filmbilder mit Monets Gemälden halbtransparent zu
überlagern. Thema ist Landschaft in Malerei und im
Film, und Wyborny bereichert seinen Film einerseits mit
Bildbeispielen von Théodore Géricault oder Marcel
Duchamp, andererseits durch ein in Kreisbewegung
gefilmtes Interview mit dem kanadischen Künstler
Michael Snow, dessen legendärer Experimentalfilm LA
RÉGION CENTRALE (1971) dank einer selbstgebauten
Kameramaschine maschinell die Landschaft Quebecs
in Bewegungen von 360 Grad einfing. Experimentalfilm
und malerische Avantgarde als vergleichbare Medien
zur Wiedergabe von Wirklichkeit – eine Verwandschaft
im Scheitern?
Heinz Peter Schwerfel
Eine Filmreihe in Zusammenarbeit mit dem Festival »Kino der
Kunst«, das vom 19. bis 23. April 2017 in München stattfindet.
Młyn i krzyź (Die Mühle und das Kreuz) | Polen 2011
| R: Lech Majewski | B: Lech Majewski, Michael Francis
Gibson, nach dessen Roman | K: Lech Majewski, Adam
Sikora | M: Lech Majewski, Jozef Skrzek | D: Rutger
Hauer, Michael York, Charlotte Rampling, Joanna Litwin,
Dorota Lis | 95 min | OmU | Geglückte filmische Interpretation des Gemäldes »Die Kreuztragung Christi« von
Pieter Bruegel dem Älteren aus dem Jahr 1564, das
die Passionsgeschichte Jesu vor dem Hintergrund der
spanischen Besetzung Flanderns zeigt. Im Zentrum des
Geschehens stehen der Maler Bruegel, sein Freund
Nicholas Jonghelinck und die Jungfrau Maria.
▶ Mittwoch, 11. Januar 2017, 21.00 Uhr | Einführung:
Kino und Malerei
Bernhard Maaz (Bayerische Staatsgemäldesammlungen)
80
Im imaginären Museum – Studien zu Monet |
Deutschland 2014 | R+B+K: Klaus Wyborny | 103 min
| Was haben der malende und der filmende Blick gemein, wie versuchen die Avantgarden von bildender
und filmender Kunst, Landschaft wiederzugeben? Was
verbindet den Franzosen Claude Monet, Miterfinder des
Impressionismus, mit dem kanadischen Experimentalfilmer Michael Snow, der für seinen legendären Film LA
RÉGION CENTRALE eigens eine spezielle Maschine
baute, um Landschaft zu filmen?
▶ Mittwoch, 18. Januar 2017, 21.00 Uhr | Zu Gast: Klaus
Wyborny
Caravaggio | GB 1986 | R+B: Derek Jarman | K: Gabriel Beristain | M: Simon Fisher Turner | D: Nigel Terry,
Sean Bean, Garry Cooper, Dexter Fletcher, Tilda Swinton | 93 min | OmU | Zwischen sorgfältig ausgeleuchteten Posen für berühmte Bilder Caravaggios erzählt Jar-
man dessen fiktive Dreiecksgeschichte mit dem Diebespaar Lena und Ranuccio. Zeitgenössische Sprache
und Objekte weisen auf den Postpunk der 1980er Jahre.
▶ Mittwoch, 25. Januar 2017, 21.00 Uhr | Einführung:
Ulrich Pfisterer (Zentralinstitut für Kunstgeschichte)
Love is the Devil: Study for a Portrait of Francis
Bacon | GB 1998 | R+B: John Maybury | K: John Mathieson | M: Ryûichi Sakamoto | D: Derek Jacobi, Daniel
Craig, Tilda Swinton, Anne Lambton, Annabel Brooks |
90 min | OmU | Eines Nachts fällt ein Einbrecher durch
ein Glasdach in das Atelier des Malers Francis Bacon.
Der selbstdestruktive junge Mann gerät in die Fänge
des egozentrischen Malermonsters.
▶ Mittwoch, 1. Februar 2017, 21.00 Uhr | Einführung:
M+M (Künstlerduo)
Frida, naturaleza viva (Frida Kahlo – Es lebe das
Leben) | Mexiko 1983 | R: Paul Leduc | B: José Joaquín Blanco, Paul Leduc | K: Angel Goded, José Luis
Esparza | D: Ofelia Medina, Juan José Gurrola, Salvador
Sánchez, Max Kerlow, Claudio Brook | 108 min | OmU |
Erzählt wird, als Puzzle ohne jede chronologische Reihenfolge, Frida Kahlos tragisches Leben in einem opulenten, die Klischees konventioneller Biopics vermeidenden Bilderbogen.
▶ Mittwoch, 8. Februar 2017, 21.00 Uhr | Einführung:
Heinz Peter Schwerfel (Kino der Kunst)
El Sol del Membrillo (Das Licht des Quittenbaums) |
Spanien 1992 | R: Viktor Erice | B: Antonio López, Viktor
Erice | K: Javier Aguirresarobe, Ángel Luis Fernández,
José Luis López-Linares | M: Pascal Gaigne | Mit Antonio López, María Moreno, Enrique Gran, María López,
Carmen López | 133 min | OmeU | Dokumentarfilm,
Essay, Fiktion und philosophische Betrachtung in
einem: Der spanische Maler Antonio López versucht,
das Licht im Astwerk eines Quittenbaums einzufangen.
▶ Mittwoch, 15. Februar 2017, 21.00 Uhr | Einführung:
Franziska Stöhr (Pinakothek der Moderne)
Pollock | USA 2000 | R: Ed Harris | B: Barbara Turner,
Susan J. Emshwiller | K: Lisa Rinzler | M: Jeff Beal, Tom
Waits | D: Ed Harris, Marcia Gay Harden, Tom Bower,
Jennifer Connelly, Bud Cort | 122 min | OF | Leben und
Karriere, Erfolg, Zweifel und Selbstzerstörungsdrang
des ersten Künstlerstars US-Amerikas. Harris geht es
neben Pollocks existenziellen Problemen vor allem um
eines: die Intensität des Malaktes.
▶ Mittwoch, 22. Februar 2017, 21.00 Uhr | Einführung:
Carsten Fock (Künstler)
»Wenn Daten das neue Öl sind, dann ist Datenschutz
der neue Umweltschutz« lautet das Credo des Dokumentarfilms DEMOCRACY – IM RAUSCH DER DATEN
von David Bernet. Der Film folgt dem jungen Europaabgeordneten Jan Philip Albrecht, der in der Kommission
in Brüssel sein mühseliges Tagwerk verrichtet und mit
seinem Team für ein europäisches Datenschutzgesetz
kämpft. Der seltene Blick hinter die Kulissen des Verwaltungsapparates zeigt, wie wichtig es ist, dass Fachwissen gegen Lobbyismus und Verbraucherschutz
gegen wirtschaftliche Interessen der Großunternehmen
bestehen muss. Eher unfreiwillig ist der Film nach dem
angekündigten Brexit zudem zu einem Plädoyer für gemeinsame Ziele und eine Stärkung der EU geworden.
Grenzenlose Möglichkeiten der Information und Auswertung für den einen bedeuten für den anderen eine
gravierende Einschränkung des Persönlichkeitsrechts,
ein Sinnbild für den »gläsernen Bürger«, der um des
praktischen Nutzens willen auf den Schutz seiner
Daten verzichtet.
Um »Freiheit versus Kontrolle« und den freiwilligen
Zwang zur Selbstoptimierung soll es in dieser 12. Ausgabe der Reihe FilmWeltWirtschaft gehen. In MÜDIGKEITSGESELLSCHAFT porträtiert die Künstlerin Isabella
Gresser den südkoreanischen Philosophen Byung-Chul
Han, der eine profunde Müdigkeit nicht nur in der
koreanischen Gesellschaft, sondern generell in den
westlich geprägten Industriestaaten feststellt und da-
rüber in Gesprächen und auf Spaziergängen durch Berlin und Seoul reflektiert. Das Smartphone quasi als Körperteil, ohne den viele Menschen nicht mehr auszukommen glauben, und die willige Fütterung seiner Besitzer mit (für andere) kostbaren Daten trägt dabei zum
selbstgemachten Druck zur permanenten Erreichbarkeit bei.
GROW OR GO von Marc Bauder stammt bereits aus
dem Jahr 2003, zeigt aber sehr zeitgemäß vier ehrgeizige AbsolventInnen der European Business School mit
Ambitionen zur Unternehmensberatung. Nach dem
Motto »Stillstand ist Rückschritt« sind die jungen Aufsteiger ständig unterwegs, um sich weiterzuentwickeln,
wobei sie die Arbeit dem »Leben« vorziehen (müssen).
Die satirische Version dieser Global Workers ist im
österreichischen Spielfilm WINWIN von Daniel Hoesl zu
sehen: Darin versuchen vier Hochstapler-Investoren,
ihre Deals zwischen illegalen Methoden und naiven Vertragspartnern durchzuziehen – und das visuell sehr stilisiert und exaltiert.
Wie immer werden die Filmvorführungen von Einführungen und Diskussionen mit Experten begleitet. Kurzfilme ergänzen das Programm. Die genauen Titel und
Termine werden Anfang Januar 2017 in einem Flyer
sowie auf Facebook bekanntgegeben wie auch unter
www.muenchner-stadtmuseum.de/film.
Claudia Engelhardt
▶ Donnerstag, 19. Januar bis Sonntag, 22. Januar 2017
FilmWeltWirtschaft
MüDIGKeITSGeSellScHAFT
FilmWeltWirtschaft – Selbstoptimierung
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münchen
Donnerstag, 1. September 2016
19.00 Stummfilmtage
Paris qui dort (Das schlafende Paris)
Seite 3
F 1925 | René Clair | 67 min | OmU | viragiert
Hands up! (Hände hoch!)
USA 1926 | Clarence G. Badger | 63 min | OF | \ Günter A. Buchwald | 2 Stefan Drößler
Freitag, 2. September 2016
18.30 Stummfilmtage
Mantrap (Der Weiberfeind)
USA 1926 | Victor Fleming | 74 min | OF | \ Joachim Bärenz | 2 Stefan Drößler
21.00 Stummfilmtage
Mest’ kinematografičeskogo operatora (Die Rache des Kameramanns) Seite 4
RU 1912 | Vladislav Starevič | 13 min | OmU
Dva druga, model’ i podruga (Zwei Freunde, eine Kiste und eine Freundin)
SU 1928 | Aleksej Popov | 71 min | OmU | \ Günter A. Buchwald | 2 Stefan Drößler
Seite 4
Samstag, 3. September 2016
18.30 Stummfilmtage
Takový je zivot (So ist das Leben!)
Seite 4
ČSR 1930 | Carl Junghans | 75 min | OmeU | \ Joachim Bärenz | 2 Stefan Drößler
21.00 Stummfilmtage
The Airship Destroyer (Der Luftkrieg der Zukunft)
Seite 4
GB 1909 | Walter R. Booth | 7 min | dtF | viragiert
Die weiße Wüste
D 1922 | Ernst Wendt | 100 min | viragiert | \ Günter A. Buchwald | 2 Stefan Drößler
Sonntag, 4. September 2016
18.30 Stummfilmtage
Yinhe shuangxing (Zwei Sterne in der Milchstraße)
Seite 4
China 1931 | Tomsie Sze | 86 min | OmeU | \ Richard Siedhoff & Günter Buchwald
21.00 Stummfilmtage
The Haunted House (Nacht des Inferno)
Seite 5
USA 1921 | Buster Keaton | 21 min | OF | viragiert
When the Clouds Roll By (Fairbanks ist verrückt)
USA 1919 | Victor Fleming | 85 min | OF | viragiert | \ Joachim Bärenz | 2 Stefan Drößler
Kalenderübersicht
Dienstag, 6. September 2016
18.30 Stummfilmtage
Maldone
F 1928 | Jean Grémillon | 83 min | OmU | \ Richard Siedhoff | 2 Stefan Drößler
Seite 6
21.00 Stummfilmtage
He Done His Best (Charly tut was er kann)
USA 1928 | Charles Bowers | 23 min | OF
The Bat (Das Rätsel der Fledermaus)
USA 1926 | Roland West | 86 min | OF | \ Joachim Bärenz | 2 Stefan Drößler
Seite 6
18.30 Stummfilmtage
Taki no Shiraito (Zauberin des Wassers)
JP 1933 | Kenji Mizoguchi | 100 min | OmeU | \ Masako Ohta | 2 Stefan Drößler
Seite 6
21.00 Stummfilmtage
Cartoon Factory (Kokos Zeichentrickfabrik)
Seite 6
USA 1924 | Dave Fleischer | 8 min | OF
Flickorna Gyurkovics (Die sieben Töchter der Frau Gyurkovics)
S 1926 | Ragnar Hyltén-Cavallius | 102 min | OmU | \ Richard Siedhoff | 2 Stefan Drößler
Mittwoch, 7. September 2016
82
Donnerstag, 8. September 2016
19.00 Romy Schneider
Dreharbeiten in Paris
BRD 1957 | Joe Hembus | 29 min | 2 Benjamin Hembus
Romy – Portrait eines Gesichts
BRD 1967 | Hans Jürgen Syberberg | 59 min
Seite 9
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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münchen
Freitag, 9. September 2016
18.30 Romy Schneider
Wenn der weiße Flieder wieder blüht
BRD 1953 | Hans Deppe | 100 min
Seite 10
21.00 Fox @ MoMA
7th Heaven (Im siebenten Himmel)
USA 1927 | Frank Borzage | 118 min | OF | Movietone
Seite 19
18.30 Romy Schneider
Sissi
Österreich 1955 | Ernst Marischka | 106 min
Seite 10
21.00 Fox @ MoMA
Street Angel (Engel der Straße)
USA 1928 | Frank Borzage | 102 min | OF | Movietone
Seite 19
18.30 Romy Schneider
Monpti
BRD 1957 | Helmut Käutner | 100 min
Dreharbeiten in Paris
BRD 1957 | Joe Hembus | 29 min
Seite 10
21.00 Fox @ MoMA
Sunny Side Up (Hab’ Sonne im Herzen)
USA 1929 | David Butler | 123 min | OF
Seite 20
Samstag, 10. September 2016
Sonntag, 11. September 2016
Dienstag, 13. September 2016
19.00 Kino-Lectures
Zwischen den Bildern. Zur Geschichte der Filmmontage
Seite 25
BRD 1983 | Heide Breitel, Klaus Feddermann, Hans Helmut Prinzler, Helmut Herbst | 185 min
Mittwoch, 14. September 2016
18.30 70 Jahre DEFA
Das kalte Herz
DDR 1950 | Paul Verhoeven | 104 min
Seite 32
21.00 Romy Schneider
Mädchen in Uniform
BRD 1958 | Géza von Radványi | 95 min
Seite 10
Donnerstag, 15. September 2016
19.00 Open Scene
18.30 Romy Schneider
Mädchen in Uniform
BRD 1958 | Géza von Radványi | 95 min
Seite 10
21.00 Fox @ MoMA
The Yellow Ticket
USA 1931 | Raoul Walsh | 84 min | OF
Seite 20
18.30 Romy Schneider
Christine
F 1958 | Pierre Gaspard-Huit | 100 min | OmeU
Seite 10
21.00 Fox @ MoMA
Wild Girl
USA 1932 | Raoul Walsh | 80 min | OF
Seite 20
18.30 Romy Schneider
Die Halbzarte
Österreich 1959 | Rolf Thiele | 90 min
Seite 11
21.00 Fox @ MoMA
Under Pressure (Giganten der Unterwelt)
USA 1935 | Raoul Walsh | 70 min | OF
Seite 20
Samstag, 17. September 2016
Sonntag, 18. September 2016
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Freitag, 16. September 2016
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Dienstag, 20. September 2016
18.30 Kino-Lectures
Liebelei
D 1933 | Max Ophüls | 82 min | 2 Martina Müller
Seite 25
21.00 Romy Schneider
Christine
F 1958 | Pierre Gaspard-Huit | 100 min | OmeU
Seite 10
18.30 70 Jahre DEFA
Der Untertan
DDR 1951 | Wolfgang Staudte | 109 min
Seite 32
21.00 Romy Schneider
Le combat dans l’île (Der Kampf auf der Insel)
F 1962 | Alain Cavalier | 103 min | OmU
Seite 12
Mittwoch, 21. September 2016
Donnerstag, 22. September 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 23. September 2016
18.30 Romy Schneider
Lysistrata in München
DDR 1961 | Herbert Gätcke | 2 min
Die Sendung der Lysistrata
BRD 1961 | Fritz Kortner | 108 min
Seite 11
21.00 Fox @ MoMA
Riley the Cop
USA 1928 | John Ford | 66 min | OF | Movietone
Seite 21
18.30 Romy Schneider
Le combat dans l’île (Der Kampf auf der Insel)
F 1962 | Alain Cavalier | 103 min | OmU
Seite 12
21.00 Fox @ MoMA
While Paris Sleeps (Nacht über Paris)
USA 1932 | Allan Dwan | 63 min | OF
Seite 21
The Cardinal (Der Kardinal)
USA 1963 | Otto Preminger | 185 min | OmU
Seite 12
18.30 Kino-Lectures
Fängelse (Gefängnis)
S 1949 | Ingmar Bergman | 79 min | OmeU | 2 Andreas Rost
Seite 26
21.00 Fox @ MoMA
Call Her Savage
USA 1932 | John Francis Dillon | 90 min | OF | 2 David Stenn
Seite 21
Samstag, 24. September 2016
Sonntag, 25. September 2016
18.30 Romy Schneider
Kalenderübersicht
Dienstag, 27. September 2016
84
Mittwoch, 28. September 2016
18.30 70 Jahre DEFA
Der Hauptmann von Köln
DDR 1956 | Slatan Dudow | 118 min
Seite 33
21.00 Fox @ MoMA
Hoopla
USA 1933 | Frank Lloyd | 80 min | OF | 2 David Stenn
Seite 21
Donnerstag, 29. September 2016
19.00 Fox @ MoMA
The Trial of Vivienne Ware
USA 1932 | William K. Howard | 55 min | OF
Don’t Bet on Women
USA 1931 | William K. Howard | 71 min | OF | 2 Dave Kehr
Seite 22
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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Freitag, 30. September 2016
18.30 Romy Schneider
The Trial (Der Prozeß)
F 1962 | Orson Welles | 119 min | engl. OmU
Seite 12
21.00 Fox @ MoMA
Caravan
USA 1934 | Erik Charell | 103 min | OF | 2 Dave Kehr
Seite 22
18.30 Romy Schneider
What’s New Pussycat? (Was gibt’s Neues, Pussy?)
USA 1965 | Clive Donner | 108 min | OF
Seite 13
21.00 Fox @ MoMA
Hearts in Dixie
USA 1929 | Paul Sloane | 72 min | OF
Seite 23
18.30 Romy Schneider
L’enfer d’Henri-Georges Clouzot
(Die Hölle von Henri-Georges Clouzot)
F 2009 | Serge Bromberg, Ruxandra Medrea Annonier | 96 min | OmeU
Seite 13
21.00 Fox @ MoMA
I Am Suzanne! (Ich bin Susanne)
USA 1933 | Rowland V. Lee | 100 min | OF | viragiert
Seite 23
18.30 Kino-Lectures
Riff-Raff
GB 1991 | Ken Loach | 95 min | OmU | 2 Claudia Engelhardt
Seite 26
21.00 Romy Schneider
The Trial (Der Prozeß)
F 1962 | Orson Welles | 119 min | engl. OmU
Seite 12
Samstag, 1. Oktober 2016
Sonntag, 2. Oktober 2016
Dienstag, 4. Oktober 2016
Mittwoch, 5. Oktober 2016
18.30 70 Jahre DEFA
Die Windrose
Seite 33
DDR 1957 | Joris Ivens, Yannick Bellon, Wu Kuo-Yin, Gillo Pontecorvo, Alex Viany,
Sergej Gerasimov, Alberto Cavalcanti | 104 min
21.00 Romy Schneider
What’s New Pussycat? (Was gibt’s Neues, Pussy?)
USA 1965 | Clive Donner | 108 min | OF
Seite 13
Underdox
Festival für Dokument und Experiment
Seite 38
Notfilm (Nichtfilm)
USA 2015 | Ross Lipman | 130 min | OmU
Film
USA 1965 | Alan Schneider | 25 min | OF (ohne Dialog) | 2 Ross Lipman
Seite 26
18.30 70 Jahre DEFA
Spielbank-Affäre
DDR 1957 | Arthur Pohl | 90 min | Totalvision | 2 Ralf Schenk
Seite 33
21.00 Romy Schneider
La voleuse (Schornstein Nr. 4)
F 1966 | Jean Chapot | 88 min | OmeU | CinemaScope
Seite 13
Dienstag, 11. Oktober 2016
19.00 Kino-Lectures
Mittwoch, 12. Oktober 2016
Donnerstag, 13. Oktober 2016
19.00 Open Scene
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Donnerstag, 6. Oktober bis Sonntag, 9. Oktober 2016
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Freitag, 14. Oktober 2016
18.30 Romy Schneider
Il Lavoro (Der Job)
I 1962 | Luchino Visconti | 55 min | OmeU
Romy – Portrait eines Gesichts
BRD 1965 | Hans Jürgen Syberberg | 59 min
Seite 13
21.00 Fox @ MoMA
Bad Girl
USA 1931 | Frank Borzage | 90 min | OF
Seite 23
18.30 Romy Schneider
La voleuse (Schornstein Nr. 4)
F 1966 | Jean Chapot | 88 min | OmeU | Franscope
Seite 13
21.00 Fox @ MoMA
Zoo in Budapest (Revolte im Zoo)
USA 1933 | Rowland V. Lee | 83 min | OF | viragiert
Seite 24
17.30 Film und
Psychoanalyse
The Fly (Die Fliege)
Kanada 1986 | David Cronenberg | 96 min | OmU | 2 Salek Kutschinski
Seite 39
21.00 Fox @ MoMA
Adorable
USA 1933 | William Dieterle | 88 min | OF
Seite 24
18.30 Kino-Lectures
Smultronstället (Wilde Erdbeeren)
S 1957 | Ingmar Bergman | 91 min | OmU | 2 Andreas Rost
Seite 26
21.00 Romy Schneider
La piscine (Der Swimmingpool)
F 1969 | Jacques Deray | 123 min | OmU
Seite 14
18.30 70 Jahre DEFA
Meine Frau macht Musik
DDR 1958 | Hans Heinrich | 92 min
Seite 33
21.00 Romy Schneider
Les choses de la vie (Die Dinge des Lebens)
F 1970 | Claude Sautet | 89 min | OmeU
Seite 14
18.30 Romy Schneider
La piscine (Der Swimmingpool)
F 1969 | Jacques Deray | 123 min | OmU
Seite 14
21.00 Werner-Herzog-Preis
Werner-Herzog-Preis
Preisverleihung | 2 Werner Herzog
Seite 41
18.30 Romy Schneider
Les choses de la vie (Die Dinge des Lebens)
F 1970 | Claude Sautet | 89 min | OmeU
Seite 14
21.00 Werner-Herzog-Preis
Werner-Herzog-Preis
Seite 41
18.30 Romy Schneider
Max et les ferrailleurs (Das Mädchen und der Kommissar)
F 1971 | Claude Sautet | 108 min | OmeU
Seite 14
21.00 Werner-Herzog-Preis
Werner-Herzog-Preis
Seite 41
Samstag, 15. Oktober 2016
Sonntag, 16. Oktober 2016
Dienstag, 18. Oktober 2016
Mittwoch, 19. Oktober 2016
Donnerstag, 20. Oktober 2016
Kalenderübersicht
19.00 Open Scene
86
Freitag, 21. Oktober 2016
Samstag, 22. Oktober 2016
Sonntag, 23. Oktober 2016
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Dienstag, 25. Oktober 2016
18.30 Kino-Lectures
Trumbo
USA 2015 | Jay Roach | 124 min | OmU | 2 Christoph Michel
Seite 27
21.00 Romy Schneider
Max et les ferrailleurs (Das Mädchen und der Kommissar)
F 1971 | Claude Sautet | 108 min | OmeU
Seite 14
18.30 70 Jahre DEFA
Der schweigende Stern
DDR 1960 | Kurt Maetzig | 94 min | Totalvision
Seite 34
21.00 Romy Schneider
César et Rosalie (Cesar und Rosalie)
F 1972 | Claude Sautet | 110 min | OmeU
Seite 14
18.30 Romy Schneider
The Assassination of Trotsky (Das Mädchen und der Mörder)
GB 1972 | Joseph Losey | 102 min | OmU
Seite 14
21.00 Fox @ MoMA
6 Hours to Live!
USA 1932 | William Dieterle | 78 min | OF
Seite 24
18.30 Romy Schneider
César et Rosalie (Cesar und Rosalie)
F 1972 | Claude Sautet | 110 min | OmeU
Seite 14
21.00 Fox @ MoMA
Trick for Trick
USA 1933 | Hamilton MacFadden | 70 min | OF
Seite 24
Ludwig (Ludwig II)
Italien 1973 | Luchino Visconti | 238 min | OmU | CinemaScope
Seite 15
Wallers letzter Gang
BRD 1988 | Christian Wagner | 100 min
Zug
D 1990 | Thomas Mauch, Christian Wagner | 9 min | 2 Christian Wagner
Seite 27
18.30 70 Jahre DEFA
Mir nach, Canaillen!
DDR 1964 | Ralf Kirsten | 108 min | Totalvision
Seite 34
21.00 Romy Schneider
Le train (Nur ein Hauch von Glück)
F 1973 | Pierre Granier-Deferre | 101 min | OmU
Seite 15
Mittwoch, 26. Oktober 2016
Donnerstag, 27. Oktober 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 28. Oktober 2016
Samstag, 29. Oktober 2016
Sonntag, 30. Oktober 2016
18.30 Romy Schneider
19.00 Kino-Lectures
Mittwoch, 2. November 2016
Donnerstag, 3. November 2016
19.00 Ettore Scola
Ridendo e scherzando. Ritratto di un regista all’italiana
(Ettore Scola – Porträt eines italienischen Regisseurs)
Italien 2015 | Paola & Silvia Scola | 81 min | OmeU
Seite 48
Le train (Nur ein Hauch von Glück)
F 1973 | Pierre Granier-Deferre | 101 min | OmU
Seite 15
Freitag, 4. November 2016
18.30 Romy Schneider
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Dienstag, 1. November 2016
87
f
münchen
Freitag, 4. November 2016
C’eravamo tanto amati (Wir hatten uns so geliebt)
Italien 1974 | Ettore Scola | 124 min | OmeU
Seite 48
18.30 Romy Schneider
Le mouton enragé (Das wilde Schaf)
F 1974 | Michel Deville | 105 min | OmU
Seite 15
21.00 Ettore Scola
Una giornata particolare (Ein besonderer Tag)
Italien 1977 | Ettore Scola | 105 min | OmeU
Seite 48
18.30 Romy Schneider
Le trio infernal (Trio Infernal)
F 1974 | Francis Girod | 108 min | OmU
Seite 15
21.00 Ettore Scola
La nuit de Varennes (Flucht nach Varennes)
F 1982 | Ettore Scola | 122 min | OmeU
Seite 48
18.30 Kino-Lectures
Tystnaden (Das Schweigen)
S 1962 | Ingmar Bergman | 96 min | OmeU | 2 Andreas Rost
Seite 27
21.00 Romy Schneider
Le mouton enragé (Das wilde Schaf)
F 1974 | Michel Deville | 105 min | OmU
Seite 15
18.30 70 Jahre DEFA
Der fliegende Holländer
DDR 1964 | Joachim Herz | 101 min | Totalvision
Seite 35
21.00 Romy Schneider
Le trio infernal (Trio Infernal)
F 1974 | Francis Girod | 108 min | OmU
Seite 15
21.00 Ettore Scola
Samstag, 5. November 2016
Sonntag, 6. November 2016
Dienstag, 8. November 2016
Mittwoch, 9. November 2016
Donnerstag, 10. November 2016
19.00 Open Scene
Kalenderübersicht
Freitag, 11. November 2016
88
18.30 Romy Schneider
L’important c’est d’aimer (Nachtblende)
F 1975 | Andrzej Żuławski | 108 min | OmeU
Seite 16
21.00 Ettore Scola
Le Bal (Der Tanzpalast)
F 1983 | Ettore Scola | 111 min | OF (ohne Dialog)
Seite 48
18.30 Romy Schneider
Gruppenbild mit Dame
BRD 1977 | Aleksandar Petrovic | 108 min
Seite 16
21.00 Ettore Scola
La famiglia (Die Familie)
Italien 1987 | Ettore Scola | 126 min | OmU
Seite 49
18.30 Romy Schneider
Une histoire simple (Eine einfache Geschichte)
F 1978 | Claude Sautet | 110 min | OmU
Seite 16
21.00 Ettore Scola
Che ora è? (Wie spät ist es?)
Italien 1989 | Ettore Scola | 97 min | OmU
Seite 49
Samstag, 12. November 2016
Sonntag, 13. November 2016
Montag 14. bis Samstag 19. November 2016
Filmschoolfest Munich
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
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Sonntag, 20. November 2016
17.30 Film und
Psychoanalyse
Black Swan
Seite 39
USA 2010 | Darren Aronofsky | 106 min | | OmU | 2 Eva Friedrich, Irmgard Nagel
21.00 Ettore Scola
Splendor
Italien 1989 | Ettore Scola | 105 min | OmU
Seite 49
Schwarzer Kies
BRD 1961 | Helmut Käutner | 113 min | 2 Lea Wohl von Haselberg
Seite 28
18.30 70 Jahre DEFA
Solange Leben in mir ist
DDR 1965 | Günther Reisch | 114 min | Totalvision
Seite 35
21.00 Romy Schneider
L’important c’est d’aimer (Nachtblende)
F 1975 | Andrzej Żuławski | 108 min | OmeU
Seite 16
Dienstag, 22. November 2016
19.00 Kino-Lectures
Mittwoch, 23. November 2016
Donnerstag, 24. November 2016
Câini (Hunde)
RO 2016 | Bogdan Mirica | 104 min | OmeU | CinemaScope
/ Marcela Ursu, Dragoș Bucur | 2 Mihai Fulger
Seite 44
18.30 Rumänisches
Filmfestival
Marfa si banii (Ware und Geld)
RO 2001 | Cristi Puiu | 90 min | OmeU
/ Dragoș Bucur | 2 Mihai Fulger
Seite 44
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Două lozuri (Zwei Lose)
RO 2016 | Paul Negoescu | 86 min | OmeU
/ Paul Negoescu, Dragoș Bucur | 2 Bert Rebhandl
Seite 44
18.30 Rumänisches
Filmfestival
Şapte luni mai târziu (Sieben Monate später)
RO 2016 | Andrei Creţulescu | 24 min | OmeU
Discordia (Zwietracht)
RO 2016 | Ion Indolean | 72 min | OmeU | / Ion Indolean | 2 Bert Rebhandl
Seite 44
21.00 Rumänisches
Filmfestival
O faptă bună (Eine gute Tat)
RO 2015 | Andrei Gruzsniczki | 28 min | OmeU
Ilegitim (Ungesetzlich)
RO 2016 | Adrian Sitaru | 90 Min | OmeU | CinemaScope | 2 Mihai Fulger
Seite 45
18.30 Rumänisches
Filmfestival
La moara cu noroc (Die Glücksmühle)
RO 1955 | Victor Iliu | 110 min | OmeU | 2 Mihai Fulger
Seite 45
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Orizont (Horizont)
RO 2016 | Marian Crișan | 94 min | OmeU | CinemaScope | 2 Bert Rebhandl
Seite 45
18.30 Kino-Lectures
Persona
S 1966 | Ingmar Bergman | 85 min | OmU | 2 Andreas Rost
Seite 28
21.00 Romy Schneider
Une histoire simple (Eine einfache Geschichte)
F 1978 | Claude Sautet | 110 min | OmU
Seite 16
19.00 Rumänisches
Filmfestival
Freitag, 25. November 2016
Sonntag, 27. November 2016
Dienstag, 29. November 2016
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Samstag, 26. November 2016
89
f
münchen
Mittwoch, 30. November 2016
18.30 70 Jahre DEFA
Heißer Sommer
DDR 1968 | Joachim Hasler | 98 min | Totalvision
Seite 35
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Afacerea Est (Eastern Business)
2016 | Igor Cobileanski | 84 min | OmeU | CinemaScope
Seite 45
Platz 219
BRD 1970 | Christian Rischert, Christian Geissler | 43 min
Kopfstand, Madame!
BRD 1967 | Christian Rischert | 81 min | / Christian Rischert
Seite 52
18.30 Christian Rischert
It’s a Wonderful Life
BRD 1965 | Christian Rischert | 12 min
Der Tod des Fischers Marcel Leblanc
BRD 1976 | Christian Rischert | 97 min
Seite 52
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Dincolo de calea ferată (Jenseits der Gleise)
RO 2016 | Cătălin Mitulescu | 88 min | OmeU | CinemaScope
Seite 46
18.30 Christian Rischert
Friedliche Zeiten
BRD 1966 | Christian Rischert | 12 min
Der Trüffelsucher
BRD 1973 | Christian Rischert | 43 min
Das Kloster von Vedana
BRD 1976 | Christian Rischert | 43 min
Seite 52
21.00 Rumänisches
Filmfestival
O noapte în Tokoriki (Eine Nacht in Tokoriki) | Ninel | Te mai uiţi
şi la om (Schau den Menschen an) | Mesagerul (Der Bote) |
4:15 PM – Sfârşitul lumii (16.15 Uhr – Das Ende der Welt)
RO 2015–2016 | Roxana Stroe, Constantin Popescu, Ana-Maria Comănescu,
Radu Potcoavă, Gabi Virginia Şargă & Cătălin Rotaru | 94 min | OmeU
Seite 46
18.30 Christian Rischert
Lena Rais
BRD 1980 | Christian Rischert | 121 min
Seite 52
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Acasă la tata (Zuhause bei Vater)
RO 2015 | Andrei Cohn | 90 min | OmeU
Seite 46
Rekonstruktion verlorener Filme und Umgang mit Filmfragmenten
Vortrag mit Fallbeispielen von Stefan Drößler | 120 min
Orson’s Bag: London
1968–71 | Orson Welles | 30 min | OF
Seite 28
18.30 70 Jahre DEFA
Goya
DDR 1971 | Konrad Wolf | 134 min | Totalvision
Seite 35
21.00 Romy Schneider
Death Watch (Der gekaufte Tod)
F 1980 | Bertrand Tavernier | 130 min | engl.OF
Seite 16
Donnerstag, 1. Dezember 2016
19.00 Christian Rischert
Freitag, 2. Dezember 2016
Samstag, 3. Dezember 2016
Kalenderübersicht
Sonntag, 4. Dezember 2016
Dienstag, 6. Dezember 2016
19.00 Kino-Lectures
90
Mittwoch, 7. Dezember 2016
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Zuschauerkino
Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums
/ Die Filmemacher sind anwesend.
Seite 54
18.30 Christian Rischert
Der Traum
BRD 1964 | Christian Rischert | 12 min
Wenn ich mich fürchte
BRD 1984 | Christian Rischert | 105 min
Seite 53
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Box
RO 2015 | Florin Șerban | 94 min | OmeU | CinemaScope
Seite 46
18.30 Christian Rischert
Venedig – Die Insel der Glückseligen am Rande des Untergangs
BRD 1978 | Christian Rischert | 100 min
Seite 53
21.00 Christian Rischert
Inseln hinter dem Meer
BRD 1985 | Christian Rischert | 98 min
Seite 53
17.30 Film und
Psychoanalyse
In einem Jahr mit 13 Monden
BRD 1978 | Rainer Werner Fassbinder | 124 min | 2 Mathias Lohmer
Seite 40
21.00 Rumänisches
Filmfestival
Miracolul din Tekir (Das Wunder von Tekir)
RO 2016 | Ruxandra Zenide | 98 min | OmeU | / Ruxandra Zenide
Seite 46
18.30 Kino-Lectures
Vargtimmen (Die Stunde des Wolfs)
S 1968 | Ingmar Bergman | 90 min | OmeU | 2 Andreas Rost
Seite 28
21.00 Romy Schneider
Garde à vue (Das Verhör)
F 1981 | Claude Miller | 84 min | OmU
Seite 17
18.30 70 Jahre DEFA
Tecumseh
DDR 1972 | Hans Kratzert | 109 min | Totalvision
Seite 36
21.00 Romy Schneider
La passante de Sans-Souci
(Die Spaziergängerin von Sans-Souci)
F 1982 | Jacques Rouffio | 110 min | OmU
Seite 17
Kalenderübersicht
Donnerstag, 8. Dezember 2016
Seite 16
91
19.00 Open Scene
Freitag, 9. Dezember 2016
Samstag, 10. Dezember 2016
Sonntag, 11. Dezember 2016
Dienstag, 13. Dezember 2016
Mittwoch, 14. Dezember 2016
Donnerstag, 15. Dezember 2016
19.00 Open Scene
Freitag, 16. Dezember 2016
18.30 Romy Schneider
Death Watch (Der gekaufte Tod)
F 1980 | Bertrand Tavernier | 130 min | engl.OF
21.00 Sohrab Shahid Saless Siah-o sefid (Schwarz und weiß)
Iran 1972 | Sohrab Shahid Saless | 4 min | ohne Dialog
Yek ettefagh-e sadeh (Ein einfaches Ereignis)
Iran 1973 | Sohrab Shahid Saless | 82 min | OmeU
Seite 58
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Samstag, 17. Dezember 2016
18.30 Romy Schneider
Garde à vue (Das Verhör)
F 1981 | Claude Miller | 84 min | OmU
21.00 Sohrab Shahid Saless Tabi’at-e bijān (Stilleben)
Iran 1974 | Sohrab Shahid Saless | 95 min | OmeU
Seite 17
Seite 58
Sonntag, 18. Dezember 2016
18.30 Romy Schneider
La passante de Sans-Souci (Die Spaziergängerin von Sans-Souci)
F 1982 | Jacques Rouffio | 110 min | OmU
21.00 Sohrab Shahid Saless In der Fremde
BRD 1975 | Sohrab Shahid Saless | 91 min | OmU
Seite 17
Seite 58
Dienstag, 20. Dezember 2016
18.30 Sohrab Shahid Saless Reifezeit
BRD 1976 | Sohrab Shahid Saless | 111 min
Seite 59
21.00 Sohrab Shahid Saless Tagebuch eines Liebenden
BRD 1976 | Sohrab Shahid Saless | 91 min
Seite 59
Mittwoch, 21. Dezember 2016
19.00 70 Jahre DEFA
Die Elenden
DDR/F 1959 | Jean-Paul Le Chanois | 207 min | dfF | Totalvision
Seite 34
Donnerstag, 22. Dezember 2016 bis Donnerstag, 5. Januar 2017
Weihnachtspause
Freitag, 6. Januar 2017
18.30 Wackersdorf
Spaltprozesse
BRD 1987 | Claus Strigel, Bertram Verhaag | 99 min
/ Bertram Verhaag, Claus Strigel, Zeitzeugen
Seite 64
21.00 Kino wie noch nie
Cinerama Adventure
USA 2002 | David Strohmaier | 93 min | OmU | / David Strohmaier
Seite 67
Kalenderübersicht
Samstag, 7. Januar 2017
92
18.30 Wackersdorf
Halbwertszeiten
Seite 64
Deutschland 2007 | Irina Kosean | 80 min | / Irina Kosean, Claus Strigel, Zeitzeugen
21.00 Kino wie noch nie
This Is Cinerama (Das ist Cinerama)
USA 1952 | Merian C. Cooper | 127 min | OF | Cinerama | 2 David Strohmaier
Seite 68
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
Der Gang in die Nacht
D 1920 | Friedrich Wilhelm Murnau | 81 min | viragiert | \ Richard Siedhoff
Seite 74
21.00 Kino wie noch nie
House of Wax (Das Kabinett des Professor Bondi)
USA 1953 | André de Toth | 88 min | OF | 3D
Seite 68
Sonntag, 8. Januar 2017
Dienstag, 10. Januar 2017
18.30 Sohrab Shahid Saless Die langen Ferien der Lotte H. Eisner
BRD 1979 | Sohrab Shahid Saless | 60 min | 2 Farschid Ali Zahedi
Seite 59
21.00 Sohrab Shahid Saless Ordnung
BRD 1980 | Sohrab Shahid Saless | 103 min
Seite 59
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Mittwoch, 11. Januar 2017
18.30 70 Jahre DEFA
Die Legende von Paul und Paula
DDR 1973 | Heiner Carow | 109 min
Seite 36
21.00 Kino und Malerei
Młyn i krzyź (Die Mühle und das Kreuz)
Polen 2011 | Lech Majewski | 95 min | OmU
2 Bernhard Maaz ( Bayerische Staatsgemäldesammlungen)
Seite 80
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
Schloß Vogelöd
D 1921 | Friedrich Wilhelm Murnau | 81 min | viragiert
\ Sabrina Zimmermann, Mark Pogolski
Seite 74
21.00 Kino wie noch nie
The Robe (Das Gewand)
USA 1953 | Henry Koster | 135 min | OF | CinemaScope
Seite 68
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
Der brennende Acker
D 1922 | Friedrich Wilhelm Murnau | 100 min | viragiert
\ Sabrina Zimmermann, Mark Pogolski
Seite 75
21.00 Kino wie noch nie
Kiss Me Kate (Küss mich, Kätchen)
USA 1953 | George Sidney | 109 min | OF | 3D
Seite 68
17.30 Film und
Psychoanalyse
The Tenant (Der Mieter)
F 1976 | Roman Polanski | 125 min | engl. OF
2 Corinna Wernz, Katharina Leube-Sonnleitner
Seite 40
21.00 Kino wie noch nie
How To Marry a Millionaire
(Wie angelt man sich einen Millionär?)
USA 1953 | Jean Negulesco | 91 min | OmU | CinemaScope
Seite 68
Donnerstag, 12. Januar 2017
19.00 Open Scene
Freitag, 13. Januar 2017
Samstag, 14. Januar 2017
Sonntag, 15. Januar 2017
Dienstag, 17. Januar 2017
Seite 60
Mittwoch, 18. Januar 2017
18.30 70 Jahre DEFA
Till Eulenspiegel
DDR 1975 | Rainer Simon | 104 min
Seite 36
21.00 Kino und Malerei
Im imaginären Museum – Studien zu Monet
D 2014 | Klaus Wyborny | 103 min | / Klaus Wyborny
Seite 80
Donnerstag, 19. Januar 2017, bis Sonntag, 22. Januar 2017
FilmWeltWirtschaft
Seite 81
Dienstag, 24. Januar 2017
18.30 Sohrab Shahid Saless Anton Pavlovič Čechov – Ein Leben
BRD 1981 | Sohrab Shahid Saless | 97 min
Seite 60
21.00 Sohrab Shahid Saless Der Weidenbaum
BRD 1984 | Sohrab Shahid Saless | 97 min | / Bert Schmidt
Seite 60
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
19.00 Sohrab Shahid Saless Grabbes letzter Sommer
BRD 1980 | Sohrab Shahid Saless | 204 min
93
f
münchen
Mittwoch, 25. Januar 2017
18.30 70 Jahre DEFA
Lotte in Weimar
DDR 1975 | Egon Günther | 125 min | 2 Ralf Schenk
Seite 36
21.00 Kino und Malerei
Caravaggio
GB 1986 | Derek Jarman | 93 min | OmU
2 Ulrich Pfisterer (Zentralinstitut für Kunstgeschichte)
Seite 80
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
Nosferatu. Eine Symphonie des Grauens
D 1922 | Friedrich Wilhelm Murnau | 93 min | viragiert | \ Günter A. Buchwald
Seite 75
21.00 Kino wie noch nie
Pardon My Backfire
USA 1953 | Jules White | 16 min | OF | 3D
Creature from the Black Lagoon (Der Schrecken vom Amazonas)
USA 1954 | Jack Arnold | 79 min | OF | 3D
Seite 69
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
Phantom
D 1922 | Friedrich Wilhelm Murnau | 134 min | viragiert | \ Günter A. Buchwald
Seite 75
21.00 Kino wie noch nie
A Star Is Born (Ein neuer Stern am Himmel)
USA 1954 | George Cukor | 176 min | OF | CinemaScope
Seite 69
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
Die Finanzen des Großherzogs
D 1924 | Friedrich Wilhelm Murnau | 85 min | viragiert | \ Günter A. Buchwald
Seite 75
21.00 Kino wie noch nie
Dial M for Murder (Bei Anruf Mord)
USA 1954 | Alfred Hitchcock | 105 min | OF | 3D
Seite 69
Donnerstag, 26. Januar 2017
19.00 Open Scene
Freitag, 27. Januar 2017
Samstag, 28. Januar 2017
Sonntag, 29. Januar 2017
Dienstag, 31. Januar 2017
19.00 Sohrab Shahid Saless Utopia
BRD 1983 | Sohrab Shahid Saless | 198 min | / Manfred Zapatka
Seite 61
Kalenderübersicht
Mittwoch, 1. Februar 2017
94
18.30 70 Jahre DEFA
Ärztinnen
DDR 1984 | Horst Seemann | 102 min
Seite 37
21.00 Kino und Malerei
Love is the Devil:
Study for a Portrait of Francis Bacon
GB 1998 | John Maybury | 90 min | OmU | 2 M+M (Künstlerduo)
Seite 80
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
Der letzte Mann
D 1924 | Friedrich Wilhelm Murnau | 88 min | \ Joachim Bärenz
Seite 76
21.00 Kino wie noch nie
White Christmas (Weiße Weihnachten)
USA 1954 | Michael Curtiz | 120 min | OF | VistaVision
Seite 69
Donnerstag, 2. Februar 2017
19.00 Open Scene
Freitag, 3. Februar 2017
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Samstag, 4. Februar 2017
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
Herr Tartüff
D 1926 | Friedrich Wilhelm Murnau | 84 min | \ Joachim Bärenz
Seite 76
21.00 Kino wie noch nie
Vera Cruz
USA 1954 | Robert Aldrich | 94 min | OmU | SuperScope
Seite 70
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
Faust – Eine deutsche Volkssage
D 1926 | Friedrich Wilhelm Murnau | 108 min | \ Joachim Bärenz
Seite 76
21.00 Kino wie noch nie
Cinerama Holiday
USA 1955 | Robert L. Bendick, Philippe De Lacy | 129 min | OF | Cinerama
Seite 70
Sonntag, 5. Februar 2017
Dienstag, 7. Februar 2017
18.30 Sohrab Shahid Saless Empfänger unbekannt
BRD 1983 | Sohrab Shahid Saless | 81 min
Seite 61
21.00 Sohrab Shahid Saless Wechselbalg
BRD 1987 | Sohrab Shahid Saless | 133 min
Seite 62
Mittwoch, 8. Februar 2017
18.30 70 Jahre DEFA
Die Grünstein-Variante
DDR 1984 | Bernhard Wicki | 101 min
21.00 Kino und Malerei
Frida, naturaleza viva (Frida Kahlo – Es lebe das Leben)
Seite 80
Mexiko 1983 | Paul Leduc | 108 min | OmU | 2 Heinz Peter Schwerfel (Kino der Kunst)
Seite 37
Donnerstag, 9. Februar 2017
19.00 Open Scene
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
Sunrise – A Song of Two Humans
(Sonnenaufgang – Ein Lied von zwei Menschen)
USA 1927 | Friedrich Wilhelm Murnau | 95 min | OF | Movietone
Seite 76
21.00 Kino wie noch nie
Oklahoma! (Oklahoma)
USA 1955 | Fred Zinnemann | 145 min | OF | Todd-AO
Seite 70
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
City Girl (Die Frau aus Chicago)
USA 1930 | Friedrich Wilhelm Murnau | 89 min | OF | \ Richard Siedhoff
Seite 77
21.00 Kino wie noch nie
Violent Saturday (Sensation am Sonnabend)
USA 1955 | Richard Fleischer | 92 min | OF | CinemaScope
Seite 71
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
Die zwölfte Stunde … eine Nacht des Grauens
D 1930 | Waldemar Roger | 65 min | \ Richard Siedhoff
Seite 77
21.00 Kino wie noch nie
To Catch a Thief (Über den Dächern von Nizza)
USA 1955 | Alfred Hitchcock | 106 min | OmU | VistaVision
Seite 71
Samstag, 11. Februar 2017
Sonntag, 12. Februar 2017
Dienstag, 14. Februar 2017
19.00 Sohrab Shahid Saless Hans – Ein Junge in Deutschland
BRD 1985 | Sohrab Shahid Saless | 145 min | / Bert Schmidt
Seite 62
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Freitag, 10. Februar 2017
95
f
münchen
Mittwoch, 15. Februar 2017
18.30 70 Jahre DEFA
Der Bruch
DDR 1989 | Frank Beyer | 118 min
Seite 37
21.00 Kino und Malerei
El Sol del Membrillo (Das Licht des Quittenbaums)
Spanien 1992 | Viktor Erice | 133 min | OmeU
2 Franziska Stöhr (Pinakothek der Moderne)
Seite 80
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
Phantombilder
BRD 1988 | Frieda Grafe & Enno Patalas | 44 min
Satanas
D 1919 | Friedrich Wilhelm Murnau | 5 min (Fragmente)
Marizza, genannt die Schmuggler-Madonna
D 1922 | Friedrich Wilhelm Murnau | 14 min (Fragment)
Murnau’s 4 Devils – Traces of a Lost Film
USA 2003 | Janet Bergstrom | 40 min | OF
Seite 77
21.00 Kino wie noch nie
The Searchers (Der schwarze Falke)
USA 1956 | John Ford | 119 min | OmU | VistaVision
Seite 71
18.30 Friedrich Wilhelm
Murnau
Tabu: A Story of the South Seas (Tabu)
USA 1931 | 86 min | OF | Movietone
Seite 77
21.00 Kino wie noch nie
The King and I (Der König von Siam)
USA 1956 | Walter Lang | 133 min | OF | CinemaScope55
Seite 71
17.30 Film und
Psychoanalyse
Cat People (Katzenmenschen)
USA 1982 | Paul Schrader | 118 min | OmU | 2 Matthias Baumgart
Seite 40
21.00 Kino wie noch nie
The Girl Can’t Help It (Schlagerpiraten)
USA 1956 | Frank Tashlin | 99 min | OF | CinemaScope
Seite 71
Donnerstag, 16. Februar 2017
19.00 Open Scene
Freitag, 17. Februar 2017
Samstag, 18. Februar 2017
Sonntag, 19. Februar 2017
Kalenderübersicht
Dienstag, 21. Februar 2017
96
19.00 Sohrab Shahid Saless Rosen für Afrika
BRD 1992 | Sohrab Shahid Saless | 183 min
Seite 62
Mittwoch, 22. Februar 2017
18.30 Sohrab Shahid Saless List z Kabul (Ein Brief aus Kabul)
ČSSR 1987 | Sohrab Shahid Saless | 41 min | OmU
Iran Sima Talkshow
USA 1998 | 12 min | OmU
Saless Far From Home
USA 1998 | Mehrnaz Saeed-Vafa | 16 min | OmeU
21.00 Kino und Malerei
Pollock
USA 2000 | Ed Harris | 122 min | OF | 2 Carsten Fock (Künstler)
Seite 62
Seite 80
Donnerstag, 23. Februar 2017
19.00 Open Scene
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Für Unterstützung und Kooperation bei der Realisierung unseres Programms danken wir:
Stummfilmtage · Archives françaises de film – CNC, Bois
d’Arcy (Sophie Le Tétour) · Bonner Kinemathek (Franziska
Kremser-Klinkertz, Sigrid Limprecht, Bernhard Gugsch) ·
Bundesarchiv – Filmarchiv, Berlin (Ute Klawitter) · China Film
Archive, Peking (Lan Zhang) · Cinémathèque Française, Paris
(Samantha Leroy, Emilie Cauquy) · Deutsche Kinemathek, Berlin
(Diana Kluge) · Gosfilmofond, Moskau (Peter Bagrov, Oleg
Bočkov) · Library of Congress, Washington (Lynanne Schweighofer, Mike Mashon) · Museum of Modern Art, New York (Katie
Trainor) · Lobster Film, Paris (Serge Bromberg, Maria Chiba) ·
Národní filmový archiv, Prag (Tomáš Žůrek, Martina
Nalevanková, Michal Bregant) · National Film Center, Tokyo
(Akira Tochigi) · Svenska Filminstitutet, Stockholm (Jon Wengström, Magnus Rosborn) · UCLA Film&Television Archive, Los
Angeles (Steven K. Hill, Todd Wiener) · David Stenn, New York
Romy Schneider · Bundesarchiv, Berlin (Jutta Albert) ·
Cinémathèque Royale de Belgique, Brüssel (Pauline Thiry) ·
Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) ·
Französische Botschaft, Berlin (Anne Vassevière) · FriedrichWilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden (Carmen Prokopiak) ·
Institut Français, Paris (Christine Houard) · Institut Français,
München (Julien Thorel) · Benjamin Hembus, Berlin · Donald
Houwer, Berlin
Fox @ MoMA · Hollywood Classics, London (Melanie Tebb) ·
Museum of Modern Art, New York (Dave Kehr, David Stenn,
Katie Trainor, James Layton) · 20th Century Fox, Los Angeles
(Schawn Belston, Caitlin Robertson)
Kino-Lectures · Bundesarchiv, Berlin (Undine Beier) ·
Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) · FriedrichWilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden (Carmen Prokopiak) ·
Svenska Filminstitutet, Stockholm (Jon Wengström) · Martina
Müller, Köln · Christian Wagner, Immenstadt
70 Jahre DEFA · DEFA-Stiftung, Berlin (Ralf Schenk, Sabine
Söhner) · Deutsche Kinemathek, Berlin (Mirko Wiermann, Diana
Kluge)
Film und Psychoanalyse · Akademie für Psychoanalyse und
Psychotherapie, München (Matthias Baumgart, Eva Friedrich,
Andreas Hamburger, Vivian Pramataroff-Hamburger, Salek
Kutschinski, Mathias Lohmer, Katharina Leube-Sonnleitner,
Corinna Wernz)
Rumänisches Filmfestival · 42 KM Film, Bukarest (Marcela
Ursu) · Actorie de Film, Bukarest (Dragoș Bucur, Codrina Patru)
· Arhiva Naţională de Filme – Cinemateca Română, Bukarest
(Mihai Fulger) · Bac Films, Paris (Franka Schwabe) · Centrul
Naţional al Cinematografiei România, Bukarest (Anca Mitran,
Alina Sălcudeanu) · Filmallee, München (David Lindner) ·
Generalkonsulat von Rumänien, München · Gesellschaft zur
Förderung der Rumänischen Kultur und Tradition, München ·
Hola Media, Cluj (Horaţiu Curuţiu, Ion Indolean) · Kinosseur
Productions, Bukarest (Codruţa Creţulescu) · Kulturreferat der
LH München (Christoph Schwarz) · Mandragora, Bukarest
(Raluca Paduraru) · Rumänisches Kulturinstitut »Titu Maiorescu«, Berlin · Triarte International, München/Bukarest (Brigitte
Drodtloff) · Paul Negoescu, Bukarest · Bert Rebhandl, Berlin
Ettore Scola · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) · Circolo Cento Fiori, München (Ambra Sorrentino Becker,
Ilaria Furno Weise) · Filmstadt München e.V. (Monika Haas)
Christian Rischert · Deutsche Kinemathek, Berlin (Martin
Koerber, Anke Hahn) · Christian Rischert, Murnau
Sohrab Shahid Saless · Dokumentationsstelle »Sohrab
Shahid Saless« - Werkstattfilm, Oldenburg (Farschid Ali Zahedi)
· National Film Archive of Iran, Teheran (Parham Vafaee) ·
Strandfilm, Frankfurt (Bert Schmidt, Dieter Reifarth) · Deutsches
Historisches Museum – Zeughauskino, Berlin (Vivien Kristin
Buchhorn, Lukas Foerster, Jörg Frieß) · Michael Farin, München
· Mehrnaz Saeed-Vafa, Chicago · Willi Winkler, Hamburg
Kino wie noch nie · Udo Heimansberg, Düsseldorf · Anders
M. Olsson, Lund · David Strohmaier, Los Angeles
Friedrich Wilhelm Murnau · Cineteca Nazionale, Rom
(Laura Argento, Irela Nunez) · Filmoteca Española, Madrid
(Catherine Gautier, Mercedes de la Fuente) · Filmoteca de
Zaragoza (Ana Marquesán) · Friedrich-Wilhelm-MurnauStiftung, Wiesbaden (Michaela Seim) · National Film Center –
Museum of Modern Art, Tokyo (Akira Tochigi, Hisashi Okajima)
Kino und Malerei · Arsenal Distribution, Berlin (Carsten
Zimmer) · Kino der Kunst, München (Heinz Peter Schwerfel,
Isabel Kienemann) · Koch Media, München (Moritz Peters) ·
Bernd Brehmer, München · Carsten Fock, München · Bernhard
Maaz, München · Ulrich Pfisterer, München · M+M, München ·
Franziska Stöhr, München · Klaus Wyborny, Hamburg
Das Kino ist mit
einer Induktionsschleife für Hörgerätebesitzer
ausgestattet.
Fotonachweis Cinémathèque Suisse, Lausanne (Carina Carballo) · ©DEFA-Stiftung (S. 29 Titelbild) · ©DEFA-Stiftung/Roger
Corbeau (S. 31 Die Elenden) · ©DEFA-Stiftung/Horst Blümel (S. 31 Mir nach, Canaillen!) · ©DEFA-Stiftung/Detlef Hertel, Herbert
Kroiss (S. 31 Heißer Sommer) · ©DEFA-Stiftung/Eckardt Hartkopf, Joachim Zillmer (S. 31 Tecumseh) · ©DEFA-Stiftung/Manfred
Damm, Herbert Kroiss (S. 36 Die Legende von Paul und Paula) · ©DEFA-Stiftung/Wolfgang Ebert, Ingo Raatzke (S. 37 Lotte in
Weimar) · DENKmal-Film, München (Agnes Mandoki) · Dokumentationsstelle »Sohrab Shahid Saless« – Werkstattfilm, Oldenburg
(Farschid Ali Zahedi) · Filmmuseum München (Anna-Maria Babin, Stefan Drößler, Claudia Engelhardt, Gerhard Ullmann) · Iconothèque
de la Cinémathèque française, Paris · Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin (Julia Riedel) · Herbert Achternbusch, München
Das Kino der Stadt
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München
Tel 089/233 96450 · Fax 089/233 23931 · www.muenchner-stadtmuseum.de/film