Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis
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Inhaltsverzeichnis
Text 1............................................................................................................................. 3
Kurzzusammenfassung...................................................................................... 3
„Basisdemokratie“ und die Delegation............................................................. 4
Text 2............................................................................................................................. 6
Kurzzusammenfassung...................................................................................... 6
„Basisdemokratie“ im Bildungsstreik aus der Sicht eine_s Bloggenden.......... 7
Text 3.............................................................................................................................10
Kurzzusammenfassung......................................................................................10
„Basisdemokratie – Eine historische Analyse“..................................................11
Text 4.............................................................................................................................16
„Basisdemokratie - Definition“.........................................................................16
Text 5.............................................................................................................................17
Kurzzusammenfassung......................................................................................17
„Wie könnte man Basisdemokratie lokal umsetzen?“.......................................18
Text 6.............................................................................................................................21
Kurzzusammenfassung......................................................................................21
„Die Unvereinbarkeit von Anarchie und Basisdemokratie“..............................22
Text 7.............................................................................................................................28
Kurzzusammenfassung......................................................................................28
„Basisdemokratie“.............................................................................................29
Text 8.............................................................................................................................31
Kurzzusammenfassung.......................................................................................31
„Was ist eigentlich Basisdemokratie, Selbstverwaltung und Anarchismus?“....32
Dieser Workshop wurde erstellt von:
Freikæmpfer – https://www.freikaempfer.net - 2011
Das gesamte Konzept und die dazugehörigen Materialien stehen unter einer CC-Lizenz, die eine
kommerzielle Nutzung verbietet. Weitergabe unter gleichen Bedingungen. Änderungen erwünscht.
Für ein Feedback bin ich dankbar.
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Kurzzusammenfassung von Text 1:
In diesem Text wird der Schwerpunkt auf das Delegations-Prinzip gelegt. Zu beginn wird die These
aufgestellt das Basisdemokratie nicht funktionieren kann. Im folgenden wird dies dann untermauert.
Hierbei werden keine politischen Punkte sondern organisatorische behandelt. So geht der Text
davon aus, dass Bürokratie zu viel Zeit in Anspruch nimmt und eine Delegation immer ein Problem
darstellt. Vor allem wird dabei der Punkt angeführt, dass Delegierte durch die geheime Wahl nicht
an Weisungen aus ihren Kreisen o.ä. gebunden sind und frei entscheiden können z.b. welche_n
Kandidat_in sie wählen. Meinungen, welche in der Diskussion in der Gruppe keine Mehrheit
gefunden haben, durch einzelne einer Delegation aber geteilt werden, könnten durch die Delegation
ein größeres Gewicht erhalten.
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Text 1: „Basisdemokratie“ und die Delegation
Die Presse verkündet, dass die SPD einen neuen Programmentwurf beim SPD-Parteitag
präsentieren will, der konträr zu dem von den Herren Platzek, Steinmeier und Steinbrück
beschriebenen Weg der Zukunfts-SPD wieder alte Traditionen der SPD in den Vordergrund stellt.
Aber was ist ein Parteiprogramm denn nun wirklich? Ein Papier mit hochtrabenden Floskeln, an die
sich beim Machterhalt niemand hält.
Seit geraumer Zeit wird deshalb in der Basis der Parteien gerne das Wort Basisdemokratie
verwendet. Doch Basisdemokratie hat einen entscheidenden Nachteil. Sie funktioniert nicht. Woran
liegt das?
Ausschlaggebend in einer Partei sind die Mechanismen und der strukturelle Aufbau. Die Basis, das
sind die Parteimitglieder in den einzelnen Kreisen. Dort trifft man sich in regelmäßigen Abständen,
diskutiert über anstehende politische Fragen, meist regionaler Natur. Ein wichtiges Instrument eines
solchen regionalen Partei-Vereins ist die Satzung, die bestimmt, wer die Finanzen überwacht, wer
im Vorstand sitzt, wie das Rederecht vergeben wird, welches Schiedsgericht bei internen Querelen
zuständig ist und, sehr wichtig, wer als Delegierter den regionalen Kreis auf Landesebene vertritt.
Sieht man einmal davon ab, dass bei jedem Treffen fast die Hälfte der Zeit für die Verwirklichung
der bürokratischen Vorbedingungen verwendet wird, sehe ich das Problem der Basisdemokratie bei
den Delegierten. Stehen Landesparteitage an, sollen die Delegierten die im Kreis getroffenen
Entscheidungen zu den anstehenden Fragen der Agenda des Landesparteitags vertreten. Vor einem
Landesparteitag werden in der Regel Anträge formuliert und eingereicht, über die dann auf den
Landesparteitagen abgestimmt werden soll. Damit ist sichergestellt, dass auf dem Landesparteitag
ellenlang über jeden Antrag diskutiert wird, weil ein gesunder Pragmatismus einfach nicht zum
Wesen eines deutschen Parteimitglieds passt. Ist es dann endlich spät geworden, die Teilnehmer
entsprechend müde und von dem Gedanken an die Heimreise beseelt, geht es in die letzte Phase, die
Personalabstimmungen. Auch dieses Thema wurde bereits im heimischen Kreis durchgehechelt und
die Delegierten mit entsprechenden Weisungen versehen.
Auf dem Parteitag werden dann die zur Wahl anstehenden Kandidaten mit einer begrenzten
Redezeit dafür werben, dass man sie wählt, weil sie die einzig richtigen Personen für die Ämter
innerhalb des Landes sind. Dabei wird eines schon im Vorfeld auffällig. Jeder Bewerber hat eine
bestimmte Redezeit, dann wird er vom Parteitagsgremium gemahnt, zum Ende zu kommen und im
Zweifelsfalle auch seine Rede abgewürgt. Doch schon hier zeigt sich, dass bereits eine Art
Vorselektion stattfindet, indem man bei Favoriten toleranter mit der Überschreitung der Redezeit ist,
als bei anderen Bewerbern. Zum Schluss wählen dann die Delegierten in geheimer Wahl und das ist
das eigentliche Problem. Durch die geheime Wahl können sie wählen, wen sie wollen, ohne
Rücksicht auf den eigentlichen Auftrag des Kreises, mit dem sie angereist sind. Sie können anders
wählen, als durch Mehrheitsbeschluss auf Kreisebene bestimmt wurde. Haben sie selbst auf
Kreisebene beispielsweise anders gestimmt als die Mehrheit, was hindert sie, entgegen dem
Mehrheitsbeschluss des Kreises trotzdem denjenigen zu wählen, für den sie bereits im Kreis
stimmten und unterlegen sind? Ebenso gut kann es sein, dass ein Schaumschläger auf der Bühne
eine zündende Rede hält und der Delegierte davon so angetan ist, dass er ihn wählt, obwohl er im
Kreis gar nicht zur Disposition stand.
Bei den Delegierten hört der basisdemokratische Prozess auf. Das wäre anders, wenn Delegierte
wirklich nur die Position des Delegierten ausfüllen würden und bei Personalabstimmungen einfach
das im Kreis protokollierte Abstimmungsergebnis zu jedem einzelnen Kandidaten mit genauer
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Spezifikation, wie viel Kreismitglieder für, gegen oder Stimmenthaltung für die einzelnen
Kandidaten abgegeben wurden. Diese Form, bereits bei Beginn des Landtages an ein dafür
gewähltes Gremium übergeben und dann für jeden Kreis in einen Schlepptop (pardon, Laptop)
eingetippt und nach der Auswertung protokolliert und verkündet. Jeder Kreis bekommt ein
Protokoll der Auswertung und kann sich so von der ordnungsgemäßen Wahl selbst überzeugen.
Damit wäre zumindest für Personalentscheidungen die Basisdemokratie verwirklicht. Würde das
gleiche Verfahren dann auch für die nächste Stufe, vom Landesverband zur Bundesebene
verwirklicht säße so mancher Abgeordnete nicht auf dem Posten, auf dem er nur sitzt, weil ein oder
mehrere Delegierte(r) den demokratischen Prozess unterbrochen haben.
Solange diese Abstimmungsprozesse auf den alten und ausgefahrenen Gleisen laufen, werden die
Führungspositionen in den Parteien immer von den gleichen Gesichtern besetzt werden und
Veränderungen nur für die Partei gültig werden, der es im jeweiligen Kreis gelingt, einen
Kandidaten per Direktwahl der Wähler in den Landtag (wenn dort die Wahl analog zur
Bundestagswahl abläuft) oder in den Bundestag zu implantieren. Aus diesen Gründen ist
Basisdemokratie ein Wunschtraum und wenn man den Parteitag der Grünen und das Veto der Basis
gegen den Afghanistaneinsatz sieht und dann Bütikofer hört, den der Wille der Basis nicht zu
scheren scheint, muss man sich fragen, was eigentlich demokratisch an den demokratischen
Parteien ist. Liest man dann, dass Söder tönt, die Grünen verraten Joschka Fischer, muss man sich
doch die Frage stellen, verraten die Grünen nun Joschka oder hat Joschka die Grünen verraten???
Parteiprogramme sind nur Worte auf einem Stück Papier bzw. Bits in einem Computer. Relevant
wären sie nur dann, wenn sie auch umgesetzt würden. Aber ich kenne keine Partei, die ihr
Parteiprogramm auch lebt.
Erstelldatum: 18.09.2007
http://www.flegel-g.de/basisdemokratie.html
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Kurzzusammenfassung von Text 2:
In diesem Text beschreibt ein Bloger aus Salzburg seine Ansicht von „Basisdemokratie“ in
zusammenhang mit den Unibesetzungen in Österreich. Schwerpunkt liegt dabei auf der
Unibesetzung in Salzburg im Oktober 2009. In seinem Text geht der Blogger Sascha davon aus,
dass die Schweiz keine Basisdemokraite umsetzt wenn die Bürger_innen gelegentlich um ihre
Meinung gefragt werden. Als basisdemokratisches Argument führt er an: »Man spricht nicht „mit“
den Machthabern, sondern stellt sie dar.« Als anschauliches Beispiel wird Basisdemokratie mit
einem Chat gleichgesetzt. Anhand dessen wird beschrieben, wie die Umsetzung von
Basisdemokratie aussehen könnte. Es wird auch darauf eingegangen, dass nicht alle Anwesenden
ihre/eine Meinung äußern müssen und das auch für Leute die später gekommen sind ein Einstieg in
die Diskussion möglich sein muss. Besonderen Wert liegt Sascha hierbei auf die Tatsache, dass
Leute ihre eigene Meinung äußern wenn sie sprechen. Zum Ende wird auch kurz darauf
eingegangen, dass auch Leute die nicht persönlich anwesend sein können/konnten mitentscheiden
sollen.
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Text 2: „Basisdemokratie“ im Bildungsstreik aus der Sicht eine_s Bloggenden
VIel wird über sie geschrieben. Viel wird ihr zugeschrieben. Und die Plena in den besetzten
Hörsälen basieren auf ihr: Der Basisdemokratie. Doch wie soll man das einem an die
althergebrachte repräsentative Demokratie gewöhnten Bürger erklären? Wie funktioniert sowas?
Nein, Basisdemokratie ist nicht das, was die Schweizer seit Jahrzehnten machen. Zumindest nicht in
der radikalen Form. Alle paar Monate mal Abstimmen dürfen über Gesetze ist noch keine
Basisdemokratie. Höchstens ein Zugeständnis zum Willen des Volkes, auch außerhalb von Wahlen
mitsprechen zu wollen. Nicht umsonst spricht man ja auch von einem „Mitspracherecht“, sei es bei
Volksabstimmungen, Gewerkschaftsbeteiligungen oder ähnlichem.
Basisdemokratie ist keine reine Mitsprache. Man spricht nicht „mit“ den Machthabern, sondern
stellt sie dar. Es gibt keine Repräsentanten, keine Wahlen, keine Parteien. (Sollte es zumindest nicht,
aber dazu später.) Sondern man repräsentiert sich höchstens selbst und stimmt entweder dafür oder
dagegen. Oder enthält sich, man hat ja nicht zu allem eine Meinung.
Doch wie kann man das denen, die mit dem repräsentativen Modell aufgewachsen und
großgeworden sind, z.b. der ÖH und ihren Funktionären, Referenten usw. erklären?
Vielleicht so: Basisdemokratie ist wie ein riesiger Chat. Wie knuddels oder IRC. Leute kommen,
melden sich an, reden mit, führen Gespräche fort, idlen (sprich sitzen nur rum), treffen manchmal
Entscheidungen und gehen wieder. Ist ein Benutzer nicht online, sprich im Plenum, ist er nicht da.
Beteiligt er sich nicht, sondern sitzt er nur rum, sitzt er nur rum. Und (und darauf lege ich wert)
meldet er sich zu Wort und redet, gibt er seine Meinung kund. Nicht die von anderen. Es sollte
keine Fraktionen oder Grüppchen geben. Denn es ist wie im Chat: Wenn sich mehrere zu einem
festen Grüppchen zusammenschließen, werden andere dadurch abgestoßen, da es natürlich schwerer
ist, gegen ein solches festes Grüppchen zu argumentieren.
Zu so einer Art Demokratie-Chat gehört es auch, dass Quellen von außen eingebracht werden. Die
Wiener machen das recht gut, Anfragen aus Facebook, Twitter oder dem stream-eigenen Chat
werden aufgegriffen und von anderen vorgebracht, oder werden mithilfe einer Twitterwall direkt ins
Plenum projektiert. So können auch Interessierte an der Basisdemokratie teilnehmen, die nicht vor
Ort im Hörsaal sein können.
Permanent anwesend kein kann keiner. Wer das meint, vergisst, dass Menschen auch noch andere
Bedürfnisse wie die Uni-Politik haben. Freunde, Arbeiten, Studieren, Familie. Zeit ist begrenzt.
Doch das ist in einem Chat kein Problem, sofern die Organisation funktioniert, wenn jemand, der
zwischenzeitlich weg war oder neu dazukommt, nicht vor einer Mauer steht, die er nicht zu
erklimmen weiß, sondern vor einer Treppe, um zu den anderen auf den Sims steigen zu können.
Wie kann man das jetzt auf die derzeitige Protestbewegung zuschreiben. Nun ja, ich beobachte ja
vor allem die Salzburger Unibesetzung, von daher kann ich nur auf diese eingehen.
Zunächst einmal: Das Grundprinzip dieses „Chats“ existiert: Jeder kann ins Plenum gehen, wann er
möchte, es gibt zwar nicht 24 Stunden Plenum, aber es gibt natürlich auch sehr wenige IRC-Chats
(als Beispiel), die 24h aktiv sind. Also jeder kann ins Plenum, sich dort beteiligen, was sagen. Die
Plenumstermine werden auf Facebook verbreitet und auch auf die Homepage gestellt. Soweit klappt
es.
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Was derzeit irgendwie weniger klappt ist der Treppenbau. Am Freitag habe ich es miterleben
dürfen, dass zwei an der Mitarbeit interessierte Studierende nicht wussten, wo sich die
Arbeitsgruppen treffen. Es gab keinen Aushang, keine Information im Internet, keine
Ansprechpersonen. Es fehlte quasi ein „Bot“, den man fragen konnte (im IRC gibt es Bots, dass
sind Programme, die auf bestimmte Befehle reagieren und Informationen geben, z.b. Hilfen.)
Wenn man will, dass die Bewegung nicht ausstirbt bzw. sich am Ende nur auf einen sehr kleinen
Teil der Studierenden beschränkt, muss also unbedingt die Information wieder stärker im
Vordergrund stehen. Information und Kommunikation sind die wichtigsten Bausteine einer
Basisdemokratischen Organisation, denn nur wer die nötigen Informationen und
Kommunikationsmöglichkeiten bekommt (sprich an den Arbeitsgruppen teilnehmen kann), kann
mitentscheiden.
Was auch nicht so gut klappt, ist derzeit das Hereinholen von „Links“, sprich von auswärtigen
Quellen. In Wien geht es, in Salzburg läuft die Debatte in Twitter, Facebook und Plenum eher
parallel denn zusammenhängend statt. Als kritische Frage an die im Hörsaal anwesenden Besetzer
formuliert: Wie oft lest ihr Twitter? Holt euch ein Meinungsbild über Twitter, Facebook, ähnliches
ein? Wie oft gebt ihr Replik darauf?
Das Problem hierbei ist vielleicht: Die meisten im Hörsaal aktiv beteiligten sind eher „RL“-Typen.
Das heißt, man weiss was Twitter, Facebook, Blogs sind, sieht aber vor allem die Arbeit im HS als
wichtig an.
Das mag für normale politische Arbeit stimmen, diese wird in der „Parteizentrale“ bestimmt… aber
diese Besetzungen wurden mit begonnen durch das Internet, durch Vernetzung. Und diese
Vernetzungsarbeit fehlt zur Zeit. Man muss keine hochtrabenden Pressemitteilungen mit vielen
Forderungen usw. formulieren. Denn die Zielgruppe Nr. 1 sind nicht die Medien, sind nicht die
Politiker. Die Zielgruppe Nr. 1 sind die Studierenden.
Mir wurde gesagt: „Entwirf einen Flyer“ auf die Kritik, dass irgendwie bei den meisten
Studierenden der Protest nicht ankommt. Einen Flyer… das ist ein Mittel, das höchstens noch die
PR-Leute benutzen. Flyer werden angeschaut und weggeworfen. Banner werden angestaunt,
gelesen und vergessen. Flyer und Banner sind keine Vernetzung, denn sie sind einseitig.
Vielleicht, Selbstkritik ist ja erlaubt, hätte ich einen „Flyer“ entwerfen sollen, der die Studierenden
anspricht. Damit meine ich aber nicht irgendwas papierartiges. Sondern z.b. die Leute auffordern,
mehr die Facebook-Seite zu füllen. Und auf der anderen Seite dafür einzutreten, dass auch die
Fragen aus Facebook und Co. behandelt werden.
Denn diese Proteste und auch die nächsten, die sicher kommen werden, denn die Situation an den
Unis wird sich derzeit ja kaum verbessern, sind anders als früher. Sie sind nicht mehr lokal
beschränkt auf das „Reale Leben“ im Hörsaal oder Audimax. Sondern sie finden überall statt, in
Wohnzimmern, Arbeitszimmern, Schlafzimmern. Nämlich im Virtuellen Raum… In Chats, im
Twitter, auf Facebook. Und sie sind vielschichtiger, es gibt kein „Wir vs. Die“ mehr. Bei der Gruppe
„Studieren statt Blockieren“ wird ebenso über die derzeitige Situation diskutiert wie auf „AudimaxBesetzung“. Und wer nicht total einseitig ist in seinem Denken, sieht das auch.
Denn, das ist halt das besondere an einer Basisdemokratie: Da hat nicht nur eine Clique aus
Gleichgesinnten miteinander zu diskutieren. Sondern alle. Egal ob über Twitter, Facebook oder im
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Plenum. und alle sind gleichberechtigt, haben mitzuentscheiden. Nicht „wenn du nicht im Plenum
bist, kannst du nicht mitentscheiden“. Nein, das ist keine Basisdemokratie! Das ist
Repräsentantendemokratie par exelance!
23. November 2009 — saschap
http://saschap.wordpress.com/2009/11/23/basisdemokratie/
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Kurzzusammenfassung von Text 3:
Diese historische Analyse bezieht sich vor allem auf die Arbeiter_innenbewegung und die WASG
und PDS. Mit kurzen Ausflügen in den Marxismus und Trotzkismus sowie ein paar Worten zu
Stalin und Lenin ist dieser Text recht umfassend und zeigt interessante Aspekte der
Arbeiter_innenbewegung von damals und auch hier und da von heute. Zu Beginn wird die
Hauptthese aufgestellt, dass Basisdemokratei nur auf internationaler Ebene funktionieren bzw.
Erfolg bringen kann. Dazu gesellen sich die Thesen, dass die Schweiz keine Basisdemokratie
praktiziert und das Naturstämme vor über 3.000 Jahren noch basisdemokratisch waren bis die reine
Herrschaftsgesellschaft in Mesopotamien und Griechenland entstand.
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Text 3: „Basisdemokratie – Eine historische Analyse“
Das alle antineoliberale Flügel in der WASG verbindende Wort wird schon von vielen von uns
benutzt. Es heißt Basisdemokratie. Es scheint jetzt nach der Niederlage der Antineoliberalen etwas
unpassend, über dieses Wort zu reflektieren. Es bleibt aber von grundsätzlicher Bedeutung und die
Klärung dieser Frage wird früher oder später wieder auftauchen. Dazu am Ende dieser Analyse
einige Frage- oder Feststellungen.
Von den Nichtmarxisten gibt es eine ganze Web-Seite mit dem Namen: www.basis-demokratie.de
oder Eckhardt Hildebrandt hat mit dem WASG Kreisverband Oldenburg ein basisdemokratisches
Modell auf Verbandsbasis ausgearbeitet. www.berlin-unzensiert.de
Auch die Marxisten benutzen es oft, z.B. Edith Bartelmus-Scholich als Trotzkistin propagiert: "Für
eine basisdemokratische neue Linkspartei - lasst uns mit der Basisdemokratie beginnen - auf diesem
Parteitag!". (Netzwerk) Wie wir sehen, ist dies das Schlüsselwort. Die Erklärung bei Wikipedia
lautet:
"Die Basisdemokratie ist die älteste Form der Demokratie. Sie kommt ohne Repräsentanten aus.
Das bedeutet, alle relevanten Entscheidungen werden von den Betroffenen selbst abgestimmt. Die
Basisdemokratie eignet sich sowohl für triviale Probleme, die ohne Fachwissen einfach zu
entscheiden sind, als auch für Fragen, die erheblichen Einfluss auf das Leben der Mehrheit haben,
wie die Struktur des Gesundheitswesens, Kriegseinsätze, neue Verfassungen, Eigentumsfragen,
Löhne, Arbeitszeitregelungen, Streikentscheidungen, Grundrechte und Menschenrechte."
Das war die Erklärung der Basisdemokratie bei den Naturstämmen, wobei diese manchmal in
Notzeiten untereinander im Krieg standen. Dieser wurde aber vom ganzen Stamm beschlossen und
bildete daher eine Ausnahme. Seit den Anfängen der reinen Herrschaftsgesellschaften vor knapp
3000 Jahren in Mesopotamien und Griechenland aber war der Krieg ein regelmäßiger Begleiter des
Menschen, und da gab es keine Basisdemokratie mehr.
"Von 650 vor Christus (seit den Anfängen der reinen Klassengesellschaften) bis heute zählten die
Historiker 1656 Versuche, durch Wettrüsten den Frieden zu bewahren. Dies führte 1640 mal zum
Krieg. In den anderen Fällen zum wirtschaftlichen Ruin der Beteiligten." (SIPRI)
Heute aber produzieren wir weltweit Überfluss, er wird nur ungerecht verteilt. Also, Kriege
brauchen wir nicht mehr. Deshalb kann die Basisdemokratie heute nur internationalistisch
durchgeführt werden. Wenn wir den ganzen Herrschaftsmüll nicht mehr wollen, dann können wir ja
basisdemokratisch darüber entscheiden, wobei wir schon bei den unterschiedlichen Ansätzen der
Basisdemokratie-Vertreter wären. Die unterschiedlichen Ansätze entwickeln sich unter den heutigen
ökonomischen Bedingungen fast zwangsläufig aufeinander zu bzw. haben sich bei der Diskussion
bereits schon mehr oder weniger angenähert.
Die Nichtmarxisten wollen diesen Begriff erst nur auf die Partei, Vereine und Verbände angewendet
wissen. Aber verschiedentlich werden auch schon die Grenzen dieses Konstruktes gesehen und
Schritte darüber hinaus angedacht. Die Grenzen, in denen eine Basis sich bewegt, müssten frei sein,
damit diese sich auch wirklich frei entscheiden kann.
Auch wenn alle Berliner sich basisdemokratisch "frei" entscheiden könnten, könnten sie nur die
Armut verteilen. Sie könnten nicht darüber entscheiden, z.B. den Spitzensteuersatz wieder
anzuheben, da steht der Bundestag und das Bundesverfassungsgericht davor.
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Und wenn die Basis auch im Bundestag entscheiden könnte und den Spitzensteuersatz wieder auf
56% anhöbe, dann zieht das Kapital in die Slowakei oder nach China ab. Und wenn die Basis dem
Kapital das verbietet, dann könnte sie keine Waren mehr verkaufen, weil in China die Arbeiter
gezwungen werden, für 50 Cent zu arbeiten und damit deren Waren billiger verkauft werden
können, ergo müssten wir auch für 50 Cent arbeiten.
Also die Basis könnte sich nicht wirklich frei entscheiden, solange es nicht antikapitalistisch,
international ist, die Löhne nicht gemeinsam von der gesamten Weltbevölkerung festgelegt werden
und die Produktion nicht solidarisch auf alle Betriebe der Welt verteilt wird. Nur so kann die
Weltwertschöpfung auch gerecht verteilt werden. Und nur so ist die Weltbasis auch
gleichberechtigt, um über den Anteil des Konsums und den der Rücklagen frei entscheiden zu
können. Dank Internet und seinem Entwickler CIA können wir das jetzt auch. Sonst waren der CIA
und seine Auftraggeber überflüssig.
Die Überlegung sollte leicht einleuchten, dass eine Gesellschaft nicht wirklich basisdemokratisch
organisiert ist, solange etwas Drittes wie das Akkumulationsgesetz des Kapitals einem Grenzen
setzt, noch dazu sehr knappe. Die weitergehende Erklärung bei Wikipedia, insbesondere, dass die
Schweiz basisdemokratisch mit Volksabstimmung organisiert sei, ist voll daneben. Hier entscheidet
die Regierung, stellvertretend, wann wir abstimmen dürfen, eine Art Mitbestimmung bei der
Clopapierqualität.
Die Schweizer entschieden sich "basisdemokratisch" in einer Volksabstimmung für höhere Grenzen
für Ausländer. Nachdem also die Begüterten - 25% der Bevölkerung wählen dort die Regierung die wenigen Krümel fürs einfache Volk festgelegt haben, kann nur unter denen "basisdemokratisch"
ein harter Verteilungskampf entbrennen. Da kann nur die Basis übereinander herfallen. Das ist ganz
nach dem Geschmack der Herrschenden, denn sie möchten uns Lohnabhängige spalten und damit
schwächen, in Frau und Mann, jung und alt, In- und Ausländer, Verheiratete und Ledige,
Beschäftigte und Arbeitslose usw., und damit sind wir vereinzelt viel schwächer.
Untersuchungen in den USA in den Gebieten, wo die Schwarzen wenig verdienten, haben ergeben,
dass auch die Weißen dort unterdurchschnittlich verdienten, da der Lohn der Schwarzen den der
Weißen drückt. Also mit einem "Alle gegen Alle" schadet man sich nur selber. Die
Volksabstimmung in der Schweiz wäre nur wirklich frei gewesen, wenn auch alle über die gesamte
Wertschöpfung entscheiden.
Wenn ich jetzt das basisdemokratische Modell der Marxisten beschreibe, dann nicht aus dem
Interesse, dass wir heute uns für dieses entscheiden. Nein, wir müssen diese Diskussion mit den
Wählern diskutieren, sonst wären wir ganz schnell eine 0,1%-Partei. Aber das kann sich in der
Geschichte, gerade der heutigen mit dem desaströsen Weltmarkt, schlagartig ändern und wir hätten
dann nur damit eine Chance.
Edith hat in ihrem Artikel "Noch nicht angekommen oder schon das Ziel verfehlt? - Die neue Linke
nach dem "Superwahltag" 26. März 06" in der Praxis mit diesem Satz Brücken für diese Diskussion
aufgezeigt: "Die neue Linke kann die sozialen Bewegungen ermutigen, auf allen Ebenen Ratschläge
zu veranstalten und Räte zu bilden, die Fragen und Forderungen an sie formulieren und die
Aktivitäten der Partei und der Parlamentsfraktionen kritisch begleiten. In der Praxis kann dies so
aussehen, dass Ratschlägen und Räten der sozialen Bewegungen Rechte eingeräumt werden, wie
z.B. das Antragsrecht gegenüber Partei und Fraktionen."
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Die marxistischen Basisdemokraten, in der Regel Trotzkisten und einige Rätekommunisten und
Anarchisten in der WASG, wollen diese Form konsequent überall und international, auf der Arbeit,
im Wohnhaus, im Gericht, bei der Polizei und beim Militär, so lange es dies noch geben muss, in
der Umwelt, in den Medien und, und, und.
Manche haben immer erzählt bekommen, dass wir Marxisten für die Diktatur seien. Aber, ein für
alle mal, das stimmt nicht, das ist eine Fehlinformation, die einmal daraus resultiert, dass Stalin
nach Lenins Tod und seiner blutigen Konterrevolution zwar das genaue Gegenteil vom Marxismus
machte, aber sich weiterhin Marxist nannte, genauso, wie seine Nachfolger, nur um die kleinen
Leute für sich gewinnen und leichter ausfleddern zu können. Nur Trotzki verblieb auf den Pfaden
des authentischen Marxismus. Andererseits nahmen die bürgerlichen Marxhasser diesen
Etikettenschindel liebend gerne auf, um so die Marxisten leicht diffamieren zu können.
Wenn man aber weiß, dass Trotzki der gewählte Sprecher des basisdemokratischen Arbeiterrates in
Russland 1905 und dann wieder in der Revolution 1917 war, sieht man das Vertrauen, welches die
einfachen Leute in ihn setzten und kann daran messen, dass auch wir Trotzkisten nichts anderes
wollen, als eine Basisdemokratie, nur überall, auch in den Betrieben.
Die basisdemokratischen Arbeiterräte werden Nachfolger sein der jetzt schon in Europa zaghaft
entstehenden Streikräte. Sie werden genau wie diese nach 3 Prinzipien arbeiten:
1. Jederzeitige Abwählbarkeit
2. Sie sind an die Beschlüsse der Basis gebunden
3. Sie erhalten nicht mehr als einen Facharbeiterlohn
Die Ähnlichkeit der Prinzipien, mit denen das Thing der Germanen, die Stammesversammlung der
Irokesen oder aller Naturvölker verbunden waren, finden wir überall in der Geschichte der
Arbeiterbewegung wieder.
Die Idee der Arbeiterräte stammt von den Arbeitern selber. Sie müssen immer zwangsweise wegen
des Widerspruchs zwischen Kapital und Arbeit diese Idee entwickeln. Höhere Rendite für das
Kapital heißt Kürzung der Löhne bzw. weniger Arbeitsplätze oder umgekehrt. In der auf
Konkurrenz aufgebauten Marktwirtschaft wird für mehr Rendite nur sein Lohn gekürzt und die
Arbeitshetze steigt. Oder umgekehrt, wenn sie solidarisch streiken.
Erst wählen die Arbeiter in einem "wilden" Streik spontan Streikräte (So geschehen schon in
London - Post und Feuerwehr, Belfast - Postler, und Rom - Busfahrer), die sie später, wieder
spontan, in Arbeiterräte umbenennen. So geschehen 1905 und 1917 in Russland, 1918 in
Deutschland, 1921 in Italien und Ungarn, 1936 in Spanien, 1956 in Ungarn, 1974 in Portugal und
1979 im Iran (Schoras). Diese Idee der basisdemokratischen Arbeiterräte ist nichts anderes als der
authentische Sozialismus, wie er von Marx, Engels, Lenin, Trotzki und Luxemburg entwickelt
wurde.
Was hat der VW-Kollege davon, wenn sein südafrikanischer Kollege nur die Hälfte verdient?
Nichts, nur einen Dumpinglohn und damit nur einen Lohndruck. Deshalb ist sein objektives
Interesse internationalistisch. Nur ein weltweiter solidarischer Basisplan nach den Bedürfnissen
aller kann in dieser globalisierten Weltwirtschaft einen menschenwürdigen Lohn bereitstellen, nicht
mehr die auf Konkurrenz aufgebaute Marktwirtschaft.
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Deshalb kann nur die Arbeiterklasse, und kein stellvertretender Bürokrat eine Wirtschaft für die
Zukunft aufbauen. Daher der Satz von Marx, dass "die Befreiung der Arbeiterklasse nur das Werk
der Arbeiterklasse selbst sein kann". Auch, weil nur in einem emanzipierten Kampf die Arbeiter ihr
objektives Interesse entdecken können. Sie sind immerhin 85-90% in Europa. Natürlich haben in
den Arbeiterräten auch die Rentner, die Bauern und alle Kleinbürger ihre Vertreter sitzen. Wichtig
ist, dass nur das objektive Interesse der Arbeiter in der Wirtschaftspolitik durchgesetzt wird, aber
das wird es auch bei 85% und dann mehr.
Die Räte sind auch ein viel besseres Instrument für die Basisdemokratie als das bürgerliche
Parlament. In den Betrieben kann die Basis in regelmäßigen Abteilungs- und
Betriebsversammlungen, in Stadtteilplenen und Bauernversammlungen usw. ihre Beschlüsse fassen
und ihre Delegierten wählen, die an die Beschlüsse gebunden sind. In das bürgerliche Parlament
kann man nur alle vier Jahre wählen und die machen dann, was sie wollen.
Schon früh hatte Trotzki die Notwendigkeit der demokratischen Selbstorganisation der
Arbeiterklasse aufgezeigt (in "Mein Leben"), weshalb er 1905 als Vorsitzender des Arbeiterrates
gewählt wurde. Nach der Zerschlagung durch den Zarismus hat er dann seine Erfahrungen in
"Ergebnisse und Perspektiven" niedergelegt. 1917 ist er wieder als 1. Sprecher gewählt worden und
Lenin hatte sich dann 1917 mit den "Aprilthesen" Trotzki angeschlossen. Aber da die Arbeiterklasse
bei dem Tode Lenis nur 3% betrug, hatte Stalin leichtes Spiel mit ihr mit seinen Schlägerbanden,
Arbeitslagern und Hinrichtungen. Er behielt trotz blutiger Diktatur unseren Namen und Bücher bei
und fälschte alles ins Gegenteil. Die Zeit war noch nicht reif. Das Kapital übernahm liebend gerne
diese Fälschungen, weil es ein Horror hat vor wirklicher Demokratie und Selbstbestimmung.
1921 scheiterten die Räte, weil die noch nicht stalinisierte Luxemburgische KPD nur 3000
Mitglieder hatte und somit die SPD leicht die Arbeiterräte zutexten konnte, die Macht der Arbeiterund Soldatenräte an das bürgerliche Parlament abzugeben. Man hatte noch keine Erfahrung mit dem
Kapitalismus und der hatte außerdem noch Entwicklungsmöglichkeiten. Jetzt aber gibt es nur eine
Richtung: Noch mehr Arbeitlose, noch mehr Stunden für weniger Geld, noch mehr Kriege und noch
mehr Folter.
1936 erledigten dann in Spanien die Stalinisten das Geschäft der Zerschlagung der
Selbstorganisation und Franco konnte dann leicht durchmarschieren. Ebenso in Ungarn schlugen
die Stalinisten die Arbeiterräte zusammen. 1974 in Portugal erledigte das unser Willy zusammen
mit dem CIA und seinem Geld. 1979 im Iran dann wurde Khomeini von der "Weltgemeinschaft" in
Guadeloupe gegen die Arbeiterräte (Schoras) dann an die Macht gehoben.
Heute aber sind wir Arbeiter aber ca. 85-90% der Bevölkerung in Europa, da haben die
Konterrevolutionäre keine Chance mehr. Ihre letzte Großtat wird die Zerschlagung der WASGLinken sein (jetzt leider Gegenwartsform) und in den USA werden sie noch einige Kinder zum "ImBlut-Baden" schicken. Sie haben doch nichts mehr anzubieten - Null. Ihre Zeit wird so enden wie in
Leipzig, als 100000 Kollegen sich zum gemeinsamen Spaziergang verabredeten, da waren auch die
Kassen leer. Schaut die 4000000 auf Frankreichs Straßen, da ist die Macht von Renault & Elf zu
Ende. Und aus Turin und Rom reisten die Studenten mit Bussen an. Unser Widerstand läuft doch
schon europaweit, weltweit - als die Opelaner streikten, bekamen sie Solidaritäts-E-Mails aus aller
Welt und die Porsche-Kollegen sind mit dem Bus durch die Nacht gereist, um die Opelaner bei
ihrem Kampf zu unterstützen. Das ist Basisdemokratie mit den Füßen. Basisdemokratie kann auch
Spaß machen.
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Wir Marxisten haben kein anderes Interesse als alle Arbeiter, wir sind nur zufällig früher in der
Arbeiterbewegung gewesen und beteiligen uns als das Gedächtnis der Bewegung. Sonst gibt es bei
uns alle Schwächen wie bei den Nichtmarxisten auch. Bei uns gibt es auch Populismus, wie wir dies
bei Linksruck beobachten können. Sie betätigen sich an der Zerstörung der WASG in dem tiefen
Glauben, in der PDS könnte man noch etwas verändern. Ramelow und Konsorten werden ihre Basis
mit den im Ausland deponierten Geldern, über die nur die SED-Kader die Verfügungsgewalt haben,
vortrefflich erpressen können. Nur Karriere kann man bei uns authentischen Marxisten noch nicht
machen.
Das wichtigste für die WASG-Opposition ist jetzt, dass wir als WASG-Opposition
zusammenbleiben, da bleibt das Richtige oder Falsche eines Schrittes zweitrangig. Der individuelle
Austritt einer Minderheit wird nicht glücklich enden. Sie haben sich schon in mehrere Gruppen
gespalten: Die Alternative, die Föderalisten, die Demokraten und die WASD. Diese Gruppen
besitzen nicht einen politischen und theoretisch besonders erfahrenen Kern, was schnell zu
Spaltungen, Hilflosigkeit und Rückzug ins Private dort führen wird.
Andererseits ist noch ein gemeinsames Handeln der WASG-Opposition machbar, wie es die AnkettAktion der Berliner vor dem Abschiebeknast oder die Kasseler Konferenz am 20.05. zeigen.
Spätestens aber bei dem Zwangszusammenschluss wird mit der Oppositionsarbeit Schluss sein,
entweder hat ein Teil von uns kein Interesse mehr an einer orwellschen Machtpartei - der "große
Bruder" lässt grüßen - oder die PDS-Chefs werden sich keine neue Laus in den Pelz setzen, die
Wagenknecht langt ihnen.
Aber wer weiß, bis dahin wird sich vielleicht schon eine neue Alternative aus den Betriebskämpfen
ergeben. Es gibt in Deutschland kaum mehr noch etwas an das große Kapital zu verteilen, einfach,
weil das schon alles hat.
Der Bundeskassenwart Steinbrück hat deshalb schon mal das Ende des Sozialstaates angekündigt.
Die Unternehmerverbände dürfen sich freuen, bald wird ihre Lohndrückerarmee unendlich lang.
Der Herbst wird wahrscheinlich heißer werden als der Sommer. Eines aber ist ganz gewiss. Die
WASG wird mitsamt seinen Spezies im Schwarzen Loch verschwinden.
Der konsequenten, internationalen Basisdemokratie in den Betrieben und überall wird die Zukunft
gehören.
von Norbert Nelte
[email protected]
http://www.basis-demokratie.de/basisdemokratie.htm
15
Text 4: Basisdemokratie – Definition
Die Basisdemokratie ist wohl die älteste Form der Demokratie. Sie kommt ohne Repräsentanten
aus. Das bedeutet, alle relevanten Entscheidungen werden von den Betroffenen selbst abgestimmt.
Die Basisdemokratie eignet sich besonders gut für triviale Probleme, die auch ohne Fachwissen
einfach zu entscheiden sind. Sie wird sehr häufig (zum Teil auch unbewusst) in kleineren Gruppen
angewandt, so zum Beispiel, wenn die Mitglieder einer Familie darüber beratschlagen, ob sie lieber
ins Schwimmbad gehen oder die Burg besichtigen.
Aber auch in der Politik wäre Basisdemokratie möglich. Sie würde bedeuten, dass jedes volljährige
Mitglied der Gesellschaft das gleiche Mitspracherecht hat wie die Mitglieder der Regierung. Dazu
müsste das Prinzip der Macht aufgegeben werden, was zur Zeit in den Bereich der Utopie
verwiesen werden muss. Derzeit gibt es auf der Welt keinen basisdemokratischen Staat, wohl aber
basisdemokratische Organisationen. Oder auch Staaten, die zumindest einen Teil ihrer
Machbefugnisse an die Gesellschaft abgegeben haben. Eine Organisation, die in den von ihr
beherrschten Landesteilen Mexikos die Basisdemokratie durchgesetzt hat, sind beispielsweise die
Zapatistas, ein Staat der einen Teil seiner Macht mittels Volksentscheid und Volksbegehren
abgegeben hat, wäre die Schweiz. Noch weitergehende basisdemokratische Elemente gibt es in
Brasilien, wo die Einwohner verschiedener Städte und Dörfer, ja sogar eines ganzen Bunsdesstaates
(Rio Grande do Sul), über den Finanzhaushalt entscheiden.
Eine Partei Deutschlands, die sich in ihrer Gründerzeit explizit zur Basisdemokratie bekannte, sind
die Grünen. Damals machte die Partei ihrem Ruf als „Partei neuen Typs“ alle Ehre. Nach und nach
wurden jedoch die Grundsätze, die einer Hierarchisierung entgegenstanden, zum Teil aufgegeben,
da eine feste Führungsspitze aufgrund der Konstanz von der breiten Bevölkerung eher angenommen
wird als ständig wechselnde Personen. Näheres zu der basisdemokratischen Struktur der Partei ist in
ihrem Artikel zu finden.
Das Internet bietet neue Möglichkeiten praktikabler Basisdemokratie. Entscheidungen können auch
dann schnell getroffen werden, wenn alle Mitglieder beteiligt werden. Chancen führte als erster
Verein in Deutschland die e-Basisdemokratie per Satzung ein. Die Wikipedia ist ebenfalls in Teilen
basisdemokratisch in ihrer Struktur, da alle Mitglieder und sogar „Außenstehende“ (I.P.-Benutzer)
zu einem Meinungsbild ihre Meinung hinzufügen können.
http://www.onlineenzyklopaedie.de/b/ba/basisdemokratie.html
16
Kurzzusammenfassung von Text 5:
In diesem Text wird in vier Abschnitten der konkreten Frage der lokalen Umsetzung von
Basisdemokratie nachgegangen. Eine Definition findet hierbei jedoch nicht statt, sondern wird in
Form von Grundprinzipien, wie z.b. Verständigung und Zusammenarbeit, zugrunde gelegt. Der Text
setzt voraus, dass bei einer Umsetzung eine möglichst breite Zielgruppe angesprochen werden
muss. Dies soll auch Strömungsübergreifend stattfinden. Es soll Kontakt zu Parteien aufgebaut
werden, um auf diese Weise einen Einfluss auf die lokale Politik zu erwirken. Weiter werden fünf
„Träume“ definiert, die „bei eigentlich jedem Menschen dieselben“ seien. Darunter fällt z.b. „Frei
zu sein“ oder „satt zu werden“. Anhand dieser Träume soll dann der kleinste gemeinsame Nenner
gefunden werden. Zudem wird in dem Text die Idee aufgeworfen, eine basisdemokratische lokale
„Lobby“ zu bilden um allein durch Öffentlichkeitsarbeit einfluss auf die lokalen Parteien und deren
Politik zu nehmen. Auch die Entscheidungsfindung durch das bekannte „Tagesplenum“ wird in
diesem Text hinterfragt und als ungeeignet bezeichnet. Hierbei wird die These aufgestellt, dass
durch solche Tagesplena Informationskader entstehen. Zum Ende hin setzt sich der Text in einem
kurzen Absatz mit der schrittweisen Umsetzung auseinander. Dabei geht er davon aus, dass
zunächst eine „kleine [..] Oase“ geschaffen werden muss. Wenn die Strukturen dort dann (quasi)
ausreichend getesten wurden kann die Oase vergrößert werden.
17
Text 5: Wie koennte man Basisdemokratie lokal umsetzen?
Zielsetzung
Ziel ist, einen basisdemokratischen Freiraum vom Alltag zu schaffen, gedeihen zu lassen und zu
foerdern, dass es als Erfolgsprojekt Vorbildcharakter hat und sich ein neuer Ansatz der sozialen und
politischen Aktivitaet ergibt. Der fuer alle Menschen attraktiv ist, die Verstaendigung und
Zusammenarbeit wollen, durch die verschiedenen sozialen und politischen Gruppen hindurch,
Einen Weg zu finden, dass moeglichst viele Menschen aus der depressiven Passivitaet, die aus den
(oft nur subjektiv) geringen Handlungsmoeglichkeiten des Einzelnen herruehrt, einen attraktiven
Ausweg finden. Naemlich in der Gemeinschaft etwas fuer die Gemeinschaft zu tun, Schoenes und
Nuetzliches.
Einleitung, Grundsaetzliches
Die groessten Hindernisse, sehr verschiedene Menschen zusammenzubringen, sind Vorurteile,
Intoleranz, Angst und Hass. Daher muss diesem Aspekt durchgehend bei allen Ueberlegungen und
Planungen groesste Beachtung geschenkt werden. Vorstufe von Angst und Hass kann sich in
Ablehnung zeigen, ob nun aus dogmatischen oder aufgrund von (subjektiven) aeusserlichen
Reizwirkungen. Daher muessen Dinge, die (potentiell) abstossende Reizwirkung ausueben koennen,
aufmerksam im Vorfeld wie im laufenden Betrieb beruecksichtigt werden.
Sonst wird nicht die ganze Zielgruppe (die, die sich ungefaehr das Gleiche wuenschen wie in der
Grundzielsetzung oben beschrieben) erreicht, weil Untergruppen der Zielgruppe sich
abgeschreckt/abgestossen fuehlen oder eine Mitarbeit fuer sich nicht vereinbar ansehen. Das wuerde
dann auf ein Randgruppenprojekt hinauslaufen, sei es politisch, religioes, sozialschichtenmaessig
oder altersgruppenbezogen. Die Grundzielsetzung zu erreichen, setzt also voraus, Dingen, die
bestimmten Gruppen die Schwelle erhoehen, sich hinzuzugesellen und auch mitzuwirken, groesste
Aufmerksamkeit geschenkt wird. (Solche Dinge sind zu vermeiden bzw. ausschliesslich dann
einzusetzen, wenn es darum geht, das Projekt fuer Personen/Gruppen, deren Teilnahme nicht
erwuenscht ist, unattraktiv zu machen.)
Idealerweise gelingt es, Offenheit und Akzeptanz in einem Masse zu schaffen, dass eine hohe
Beteiligung durch alle moeglichen gesellschaftlichen Gruppen hindurch erreicht wird, dann besteht
auch die Moeglichkeit ueber den Kontakt zu Abgeordneten und Parteien auf politischer Ebene
Verbesserungen zu erreichen. Dies waere dann wie eine Bruecke von Waehler zu Politik. So
koennten Buerger, ohne sich mit parteipolitischem Engagement zu belasten, direkten Einfluss auf
das lokale politische Geschehen nehmen. Dies koennte ein Loesungsweg sein fuer das vielbeklagte
Problem, dass die Politiker „keinen Kontakt zur Basis“ mehr haetten. So koennte eine wichtige
Ursache der „Politikverdrossenheit“ angegangen werden, die letztlich nur der Demokratie schadet.
Konkretisierung
Jeder Mensch hat als Kind Traeume gehabt. Im Laufe des Erwachsenwerdens sind der Grossteil
dieser Traeume durch die Resignation aufgrund aller moeglichen „Sachzwaenge“ des taeglichen
Lebens usw. praktisch „untergegangen“. Diese Traeume, „Utopien“ sind bei eigentlich jedem
Menschen dieselben:
1. Frei zu sein. Gluecklich zu sein. Sich wohlzufuehlen. Schoenheit statt Missfallen.
2. Keine Not spueren muessen, sondern satt zu werden.
3. Akzeptiert und respektiert zu sein/zu werden. Freundschaft statt Bedrohung, Feindschaft,
Hass und Kampf.
4. Nicht ertragen muessen, was man nicht in seiner Naehe haben moechte.
5. Wahrhaftigkeit und Vertrauen
[ usw ]
18
Jeder hat diese Traeume tief in sich, unabhaengig von Geschlecht, Alter, sozialer Stellung, Religion
oder Lebensphilosophie und politischer Ideologie. Diese „Traeume“ oder „Utopien“ koennten eine
gute Basis sein, ein Minimum von Grundsaetzen zu definieren, wofuer das Projekt stehen und
umgesetzt werden soll.
Daher ist so wichtig, die Sache so umzusetzen, dass nicht gegen diese Grundwuensche der
Menschen verstossen wird oder ihnen ein solches Gefuehl entstehen koennte.
Wenn sich also eine Ansatzmoeglichkeit finden laesst, die unterschiedlichste Menschen
unterschiedlicher Religionen und Ideologien konstruktiv zusammenkommen zu lassen, die auch
noch offen fuer alle, also attraktiv und ohne Hemmschwellen sich zu beteiligen ist, koennte sich
eine Perspektive auftun, im lokalen, kleinraeumig regionalen Bereich basisdemokratische
Strukturen aufzubauen. Wenn es gelingt, ausreichende Beteiligung der Menschen in der oertlichen
Umgebung des lokalen Projekthauses zu erreichen, laesst sich eine direktdemokratische lokale
„Lobby“ umsetzen, die auf die reale Politik Einfluss nehmen kann. Ohne dass man Vereine oder
Parteien gruendet. Alleine durch Oeffentlichkeitsarbeit.
Es muss also Neuland beschritten werden. Wege und Ansaetze, die frueher undenkbar waren, weil
chancenlos, oeffnen sich. Neue Moeglichkeiten wollen genutzt werden.
Also muss man sich von alten Denkweisen befreien. Um voranzukommen und den Kurs
mitzubestimmen, auf die als „sustainable“ erkannten Ziele hinarbeiten. Damit Bewusstsein
schaffen. Bewusstsein schafft ueber kurz oder lang Veraenderung.
Also ist die Vereinbarkeit der konkreten Projektumsetzung mit diesen „Traeumen“ unbedingte
Erfolgsvoraussetzung. Alles, was gemacht wird, muss so gemacht werden, dass es mit allen diesen
Pruefsteinen vereinbar ist.
Dass beispielsweise die verbreitete basisdemokratische „Regierungsform“ Tagesplenum nur
mangelhaft geeignet fuer eine erfolgreiche Projektumsetzung ist, ergibt sich so aus verschiedenen
Gruenden:
- Wer nicht die Zeit hat, jeden Tag stundenlang anwesend zu sein, wenn das Plenum
stattfindet, ist gehindert an der Meinungsbildung und Beschlussfindung.
- Die fuer die Beurteilung und Entscheidungsfindung wichtige Information ist nur moeglich,
wenn man stets anwesend ist. Umso schlimmer, wenn die Plena zu unterschiedlichsten
Zeiten stattfinden. Seiteneffekt: wegen diesem Informationsrueckstand derjenigen, die nicht
staendig da sein koennen, bildet sich ohne offenes Informationswesen ueber kurz oder lang
ein kleiner, informierter Kreis, quasi eine Kadernomenklatura. Und damit ist das nicht mehr
wirklich basisdemokratisch.
- Die Schlussfolgerungen sind also u.a. die Wichtigkeit von Offenheit und Transparenz, und
ein Modus der Beschlussfindung, der allen eine vergleichbare Moeglichkeit gewaehrt, eine
„informed decision“ zu treffen und mitabzustimmen. Das zeigt, dass es sich lohnen koennte,
ueber andere konkrete Umsetzungsformen der Basisdemokratie als die
„Plenumsdemokratie“ nachzudenken.
Umsetzung
Konkret ist das kurzfristige Ziel also erst einmal, eine kleine, nicht profitorientierte „Oase“ in einem
vorhandenen Laden mit Garten zu schaffen, einen Freiraum in der „Welt der grauen Maenner“ (also
um es mit Momo zu sagen, unserer realkapitalistischen Gesellschaft). Einen Modus zu finden, wie
so etwas funktionierend umgesetzt werden koennte. Dass die grundlegende Zielsetzung erreicht
19
wird, indem die richtigen Dinge getan werden, und grundlegende Konzept- und Ausfuehrungsfehler
vermieden werden.
Dies wiederum setzt voraus, dass man das Konzept fortwaehrend (auch im Laufe der Umsetzung!)
kritisch prueft, um die wichtigsten potentiellen Knackpunkte moeglichst von vornherein zu
(er)kennen und umzugehen. Viele Dinge, die einen Erfolg ausschliessen wuerden, lassen sich schon
im Vorfeld anhand der o.g. Pruefsteine identifizieren und konzeptionell und bei der konkreten
Umsetzung beruecksichtigen.
Wenn das funktioniert, dann kann solch ein Ort Kristallisationspunkt fuer viele andere
Basisaktivitaeten neben der Kommunikation und dem Zusammenessen werden.
Im naechsten Artikel entwickle ich einige Rahmengedanken ueber Gesichtspunkte, die fuer eine
weite Akzeptanz eines solchen Projekts wichtig sein koennten. Was geht, was geht warum nicht?
Wie geht es, wie geht es nicht, und warum? Daraus dann in spaeteren Artikeln die
Schlussfolgerungen, wie in einem solchen Rahmen dann konkret (hoffentlich) erfolgreich gearbeitet
werden koennte. Kritik ist wie immer willkommen.
4. Juli 2009 in Allgemein und Basisdemokratie
http://denkverbot.blogsport.de/2009/07/04/wie-koennte-man-basisdemokratie-lokal-umsetzen/
20
Kurzzusammenfassung von Text 6:
Dieser Text teilt 14 Thesen in fünf Themenabschnitte ein um darzulegen, dass Basisdemokratie mit
der Anarchie nicht kombinierbar ist. Die zentrale These ist hierbei „Basisdemokratie und Anarchie
passen überhaupt nicht zusammen.“ Dabei wird Basisdemokratie als ein Herrschaftssystem von
Menschen über Menschen dargestellt während bei der Anarchie eine konsequente
Herrschaftsfreiheit dargelegt wird. Eingangs geht der Text von einem Opportunismus vieler
Menschen zum Thema Anarchie aus. Dies wird dadurch belegt, dass viele sich anarchistisch
nennende Menschen sich auch basisdemokratisch nennen und dies, laut dem Text, eine
Mitläufer_innen-Haltung sei. Im Mittelpunkt steht das Konsensprinzip, welches hier als Prinzip zur
Herrschaft von Entscheidenden über Menschen die aus verschiedensten Gründen nicht
mitentscheiden können gezeigt wird. „Demokratie steht immer für eine Totalität des Anspruchs auf
Entscheidung.“ Das Rätemodell wird in diesem Text ebenfalls aufgegriffen und als ein Konstrukt
für die Förderung von Informationshierarchien hingestellt. Laut dem Text stellen Räte einen
Widerspruch zur Horizontalität, also der Gleichberechtigung von Menschen/Informationen, dar.
Desweiteren beschäftigt sich eine der Thesen mit dem Konstrukt eines „Innen“ und eines „Außen“
in der basisdemokratischen Entscheidungsfindung. Eine andere These wiederrum greift auf, dass
Sachverhalte zugunsten der Entscheidungsfindung stark verkürzt werden müssten. Das schaffe
Möglichkeiten zur Beeinflussung seitens der Fragesteller_innen. Auch in der Frage der offenen
Räume und der Medien wird die Frage der Fremdbestimmung, bzw. der basisdemokratischen
Herrschaft von Menschen über Menschen, aufgegriffen und Basisdemokratie als Herrschaftssystem
wider dem Anspruch der Freiheit in der Anarchie dargelegt.
21
Text 6: Die Unvereinbarkeit von Anarchie und Basisdemokratie
Basisdemokratie und Anarchie werden häufig zusammen genannt, für viele Menschen fühlen sie
sich als dasselbe an, d.h. die Menschen hängen beidem an. So sind Entscheidungsmethoden der
Basisdemokratie in anarchischen Zusammenhängen weit verbreitet - und sie werden auch als
Entscheidungsmethode ,der' Anarchie propagiert in vielen einschlägigen, sich anarchistisch
nennenden Zeitungen, Gruppen und Strömungen, ebenso in Büchern und Broschüren. Doch kann
das sein? Die in der Praxis oft nervig langen Plena, endlosen Debatten und formsteif ausgeführte
Konsensabstimmungen sind geradezu das Markenzeichen einer gelebten Anarchie? Die Lustkurve
geht zwar bei all dem regelmäßig nach unten, aber offenbar muss mensch leiden für das Gute. Eine
kritische Reflexion über Basisdemokratie und Anarchie fehlt dagegen fast immer. So bleibt
unentdeckt, was These dieses Papieres ist: Basisdemokratie und Anarchie passen überhaupt nicht
zueinandern. Verknüpft werden sie nur in der Ideologie vieler (leider dominierender) Kreise mit
dem A-Label und von denen, die deren Propaganda einfach übernehmen, weil es sich so gut anfühlt
und die AnleiterInnen in den auch so horizontalen Plena mit Konsensprinzip das so nett-kuscheligwohlfühlorientiert darstellen ...
These 1: Anarchie und Basisdemokratie passen nicht zueinander
Entgegengesetzt der meist formulierten Positionen und der gelebten Praxis halte ich
Basisdemokratie für ein Herrschaftssystem. Sie ist, das gibt schon das Wort her, eine Form der
Demokratie. Demokratie aber ist Volks-Herrschaft oder, auf den kleineren Maßstab angewendet, die
Herrschaft des Kollektivs als Ganzes. Das ist im großen Rahmen das ,Volk' (mit der Besonderheit,
dass dieses erst frei erfunden wird), im kleineren ,die Gruppe', ,das Camp' oder was auch immer aber immer als Kollektiv, d.h. als handelndes Einheit, gedacht. Damit tritt das Kollektiv
konkurrierend den Einzelnen und deren Kooperationen gegenüber: Ressourcen an Aufmerksamkeit,
Durchsetzungskraft usw. werden zwischen ihnen verteilt. Anarchie kann das nicht sein, denn ein
herrschaftsfreier Raum ist mit der Existenz eines über oder auch nur neben den Einzelnen und ihren
Kooperationen stehenden Subjekts mit Handlungskompetenzen nicht vereinbar. Folglich kann
Basisdemokratie nicht Teil der Anarchie sein, denn das eine stammt aus der Welt der Macht und der
Herrschaftsmethoden, das andere ist eine Idee der Herrschaftsfreiheit.
These 2: Anarchie ist die Abwesenheit kollektiver Entscheidungsfindung
Kollektive Entscheidungsfindung bedeutet, dass innerhalb einer nicht für einen konkreten Zweck
entstandenen Runde von Menschen Entscheidungen getroffen werden, die für alle gelten - auch für
die, die sie nicht gut finden, die sich an der Entscheidung nicht beteiligt haben, noch nicht da waren
(später gekommen, geboren ...). Kollektive Entscheidungsfindung dient der Konstruktion eines
,Wir' und einer für alle im konstruierten Kollektiv geltenden, d.h. genormten Verhaltensweise.
Anarchie verträgt sich mit der Konstruktion eines ,Wir' nicht, weil dieses niemals die Vielfalt
selbstbestimmter Menschen und ihrer Kooperationen, Gruppen usw. wiederspiegeln kann. Daher
kann Anarchie nur dort existieren, wo auf die Konstruktion des Kollektivs als Einheit und die dort
hin führende kollektive Entscheidungsfindung verzichtet ist. Alles, was ist, ist die Entscheidung der
Menschen und die Kooperation zwischen ihnen ohne Anspruch auf Vertretung anderer oder
Schaffung eines überindividuellen "Wir" als Kollektivsubjekt. Unter Abwesenheit von Herrschaft
würden vielfältige, sich überlagernde offene Systeme (Räume, Netzwerke, Kommunikationsnetze,
soziale Gruppen ...) entstehen, die eine Entscheidungsfindung immer nur (wenn überhaupt) zu
konkreten Fragen und in der dann dazu passenden Zusammensetzung von Menschen herbeiführen.
Das aber wäre dann Entscheidung in der Kooperation, d.h. niemand ist gezwungen, sich dem zu
unterwerfen - es gibt kein gedachtes Kollektiv.
22
Zur Kollektivität
These 3a: Basisdemokratie ist kollektive Entscheidungsfindung
Demokratie ist ein System des Treffens von Entscheidungen. Dabei wird zwischen verschiedenen
Formen der Demokratie entschieden, die sich hinsichtlich der Methode der Entscheidungsfindung
unterscheiden, aber immer den Kern kollektiver Entscheidungsfindung aufweisen. D.h. es wird von
einem Gremium oder in einem Abstimmungsgang eine Entscheidung gefällt mit dem Anspruch,
dass diese für alle bzw. für die in der Abstimmung definierten Menschen zu gelten hat - ob die
wollen oder nicht. Die Beteiligungsmöglichkeiten der Menschen, auch der betroffenen, sind je nach
Form der Demokratie (repräsentative, direkte, Basisdemokratie ...) verschieden, in allen aber
besteht keine Möglichkeit, sich dem grundsätzlich zu entziehen. Demokratie steht immer für eine
Totalität des Anspruchs auf Entscheidung. Ob demokratisch gewählte Regierung, Volksabstimmung
der direkten Demokratie oder Plenumsbeschluss im Konsens - das Ergebnis gilt für alle, auch die,
die sich nicht beteiligen. Zwar gibt es Abwandlungen, in denen unklar ist, ob tatsächlich der
Anspruch auf Zuständigkeit für alle erhoben wird, dann aber wird nicht eine erweiterte Form der
Demokratie betrieben, sondern keine mehr. Werden z.B. Entscheidungen aus den zentralen Gremien
in kleinere Treffen verlagert, die dann aber auch nur noch für sich entscheiden, so wächst
Autonomie - und die ist von Prinzip her nicht mehr demokratisch. Demokratie ist die mehr oder
weniger entfaltete Selbstbestimmung des Kollektivs als Kollektiv. Die Selbstbestimmung der
Einzelnen für sich und in der Gestaltung der gesellschaftlichen Interaktion ist demgegenüber nicht
mehr demokratisch.
These 3b: Anarchie ist die Abwesenheit von Kollektivität
Ob Regierung, Parlament, Vorstand oder Plenum - immer beziehen sich diese Gremien auf eine
Kollektivität, d.h. eine Menge von Menschen, die als Ganzes entscheidet und Regeln und Normen
festlegt, die dann auch für die Einzelnen gelten, die als Teil der Gesamtheit gedacht werden. Das
macht von der Logik her nur Sinn, wenn auch erwartet wird, dass die aufgestellten Regeln und
Normen eine Wirkung haben, d.h. befolgt werden oder im Zweifelsfall auch durchgesetzt werden
können.
Zur Stellvertretung
These 4a: Rätemodelle sind immer Stellvertretung und meistens Steuerung von
Informationen und Diskursen
Neben der Basisdemokratie, zum Teil auch verbunden mit basisdemokratischen Elementen, werden
Rätesysteme als Möglichkeit für herrschaftsfreies Entscheiden vorgeschlagen. In den Räten soll ein
imparatives Mandat herrschen, d.h. die dort Handelnden sind an die Beschlüsse derer, die sie
vertreten, gebunden. Ob das funktionieren kann, ist die eine Frage, denn der Rückfluss an
Informationen aus dem Geschehen in den Räten entscheidet darüber, ob die Vertretenen ihre
Vorgaben erfüllt sehen. Steuerung über Information ist aber ein Mittel der Herrschaft und wirkt der
tatsächlichen Möglichkeit imparativer Mandatierung entgegen. Zum zweiten aber ist schon in der
Logik auch des imperativen Mandats die Stellvertretung integriert. Auch das ständige Recht, die
Person jederzeit abzuberufen, hebelt Stellvertretung nicht aus, sondern begrenzt sie nur in der
zeitlichen Dimension. Die Privilegierung in der Phase, in der die Stellvertretung andauert, ist
dennoch vorhanden und sichert sich selbst über die Steuerung der Informationsflüsse ab. Was über
die Vorgänge in den Räten nach außen dringt, unterliegt der privilegierten Beeinflussung durch die
Personen in diesen Räten. Noch bedeutender ist ihr Einfluss auf die Diskurse, d.h. über das, was
allgemein als wahr angenommen wird: Welche Probleme liegen vor? Was sind die Ursachen? Wer
ist schuld? Gibt es eine Krise und welche? All das sind Diskurse, die in einer Gesellschaft ständig
wirken und deren Steuerung in den modern-medialen sozialen Systemen der wichtigste Machtfaktor
23
darstellt. Bestehen hier Privilegien, ist Horizontalität weit weg. Räte schaffen solche Privilegien,
weil die Aufmerksamkeit für deren Handlungen höher ist als für die anderer.
These 4a: Anarchie ist die Abwesenheit von Stellvertretung
Herrschaftsfreiheit besteht nur dort, wo gar keine Stellvertretung besteht, d.h. alle Menschen nur für
sich reden und direkte Vereinbarungen schließen. Das schließt komplexe Absprachevorgänge nicht
aus - jedoch handeln auch in komplexen bzw. überregionalen Kooperationen die Tätigen nie im
Namen anderer, sondern für sich. Im günstigsten Fall stellen sie ständig Transparenz her, so dass
andere, die betroffen sind, sich wiederum direkt einmischen können. Sie können dabei Einzelne
ansprechen, sie als Kontaktpersonen nutzen, aber niemals werden diese zu ihren VertreterInnen.
These 5: Basisdemokratie braucht Innen und Außen
Jede demokratische Abstimmung braucht eine Definition darüber, wer mitstimmen darf oder nicht.
Die Übergänge können zwar fließend sein, aber nicht gänzlich verschwinden, weil jede
Versammlung, die als Kollektivsubjekt handelt, zumindest hinsichtlich der Frage, wer davon
informiert bzw. eingeladen wird und somit auch nur mitstimmen kann, einer Festlegung bedarf.
Damit entsteht immer ein "Innen" und "Außen", also die Dazugehörenden und die nicht
Dazugehörenden. In der Praxis basisdemokratischer Bewegungen wird zwar oft intern die
Gleichberechtigung erhöht, aber es entsteht regelmäßig eine sehr deutliche Konstruktion von Innen
und Außen. Es gibt nicht nur eine bestimmte Logik der Einladung zur Versammlung, sondern
ständig sogar die konkrete Ausgrenzung von als nicht zugehörig definierten Personen - also über
das Privileg des Eingeladenseins hinaus.
These 6: Basisdemokratie braucht und schafft vereinheitlichte Fragestellungen
Analyse von Herrschaft muss genau analysieren. Dann fällt auf, dass nicht nur mit der Abstimmung
als Kollektiv massive Strukturierungsprozesse in einer (eigentlich) vielfältigen Menge an Menschen
ablaufen, sondern das alles schon zu einer Vereinheitlichung zwingt hinsichtlich der Fragestellung.
Abstimmen kann mensch nur über etwas, was abstimmungskonform formuliert wird. Soziale Frage
werden damit auf Abstimmungsfähigkeit reduziert, wobei Komplexität und auch die
unterschiedlichen Sichtweisen der vielen Einzelpersonen auf das Thema verloren gehen. Wenn über
etwas abgestimmt werden soll, muss es halt um ,Ja' oder ,Nein' gehen - auch wenn der
Abstimmungsprozess so organisiert sein sollte, dass diese beiden Positionen im Diskussionsverlauf
änderbar sind. Es bleibt der Druck, die Lösung von Fragen immer im Rahmen der
Abstimmungsfähigkeit zu halten - und nicht als offenes Systeme, ungeklärt, dynamisch,
unterschiedlich interpretiert. Die Vereinheitlichung der Fragestellung verschärft die Tendenz von
Einheit und Kollektiv, sie schafft Identität, Gruppe, Geborgenheit.
Die Wichtigkeit der Formulierung einer Frage kollektiven Entscheidungsprozessen birgt noch eine
andere Gefahr: Hier werden Machtkämpfe ausgetragen. Wer sich dabei durchsetzt, wie eine zur
Abstimmung stehende Frage formuliert wird, hat entscheidenden Einfluss auf das Geschehen
genommen. In den ganzen Erklärungen zur Basisdemokratie kommt dieser Punkt jedoch regelmäßig
gar nicht vor. Das ist entweder ein Defizit an kritischem Denken oder Taktik, weil sich diejenigen,
die wissen, wie wichtig die Fragestellung ist, einen Durchsetzungsvorsprung vor denen behalten,
die das nicht klar haben und deshalb entscheidende Phasen der Abstimmung nicht aufpassen ...
Zu offenen Räumen
These 7a: Basisdemokratie schafft soziale Räume mit definierten Aufenthaltsberechtigungen
Der Sinn basisdemokratischer Entscheidung ist, soziale Räume (Orte, Netzwerke, virtuelle Räume,
Aktionen, Veranstaltungen ...) mit vereinheitlichten Regeln zu schaffen. Diese können nur
Einzelpunkte betreffen und grundsätzliche Verhaltensnormen. Sinn der Entscheidungsfindung ist
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die daraus entstehende Erwartungshaltung, dass die Menschen sich den geschaffenen Bedingungen
auch anpassen. Sollte das nicht geschehen, müssten Sanktionen erfolgen oder festgelegt werden.
Innerhalb konkreter Handlungsgruppen (Aktionsgruppe, WG, Betrieb ...) sind bezüglich des
konkreten Zweckes der Gruppe Entscheidungsfindungen unumgänglich. Die Form, in der diese
erfolgt, ist in dieser Betrachtung zweitrangig. Entscheidend ist, dass sie nicht über den eigenen
konkreten Wirkungsbereich und auf Nichtanwesende u.ä. ausgedehnt wird, sondern für die konkret
zusammen Handelnden gilt. Plena, Regierungen, Koordinierungskreise, Vorstände usw. entscheiden
aber regelmäßig nicht nur für sich, d.h. die Anwesenden, sondern für alle, das Kollektiv aller
Menschen, in deren Struktur das Gremium agiert.
These 7b: Anarchie ist dort, wo Schranken und Grenzen fehlen, wo alles offene Systeme sind
Das Festlegen von Bedingungen für den Aufenthalt von Menschen in einem sozialen Raum ist ein
Akt der Herrschaft. Es muss dafür privilegierte Kreise oder Gremien geben, die das ,Recht' haben,
diese Bedingungen festzulegen und auch durchzusetzen. Anarchisch ist nur der offene Raum, d.h.
das Treffen, das Gebäude, der Prozess oder das Projekt, in das alle Menschen frei eintreten können
und über Konflikte kommunikative Prozesse ohne jegliche Vorbedingungen ausgetragen werden.
Das bedeutet nicht die Abwesenheit von Veränderungsprozessen, sie werden aber immer zwischen
Menschen in einem horizontalen Verhältnis miteinander ausgehandelt, nie über Gremien oder aus
privilegierten Positionen heraus. Räume, Netzwerke, Kommunikationsnetze und vieles mehr sind
offene Systeme, in denen es keine vereinheitlichten Regeln gibt, sondern im Fall von Krisen,
Unbefriedigung und als Reaktion auf alltägliche Übergriffe, Einschüchterungen, Diskriminierungen
oder Zugangsbeschränkungen die kommunikative Reaktion, die direkte Intervention und die offene
Debatte - aber ohne kollektive Entscheidung.
Über Medien
These 8a: Basisdemokratie bedeutet Regeln und Entscheidungen in Medien
Am Beispiel von Medien ist der Unterschied gut erkennbar. Basisdemokratie sind Zeitungen,
Internetplattformen u.ä., bei denen die Auswahl der Beiträge, die Gestaltung usw. von den
Beteiligten am Projekt entschieden werden. Basisdemokratie ist dabei der Verzicht auf Obrigkeit
und Mehrheitsabstimmung. Konsens und gleichberechtigte Beteiligung aller Projektmitglieder an
den Entscheidungen prägen das Geschehen.
These 8b: Anarchie in Medien bedeutet offene Plattformen und das ExpertInnentum von allen
und ihrer Kommunikation
Anarchie bedeutet Herrschaftsfreiheit. In Medien müsste das bedeuten, dass Medien als offene
Plattformen organisiert werden, bei denen die Grenzen von Sender und Empfänger aufgelöst
werden. Die NutzerInnen des Mediums werden zu gleichberechtigten GestalterInnen. Einige wenige
Beispiele aus dem Internet zeigen, wie das in der Wirklichkeit aussehen könnte, z.B. Wikis und
Indymedia. Printmedien, freie Radios u.ä. könnten durchaus solche Elemente verwirklichen. Sie tun
es aber fast überall nicht - ein Zeichen dafür, dass es anarchistische Zeitungen gar nicht gibt, auch
wenn sich einige so nennen.
Über (Fremd-)Orientierung
These 9a: Basisdemokratie schafft ein "Wir", erzeugt Einheit und Geborgenheit - das macht
sie erfolgreich
Die Zurichtung im Leben eines Menschen (Erziehung, Bildung, soziales Umfeld, Medien ...) bringt
fast alle Menschen dazu, sich selbst lieber als Rädchen im System zu begreifen statt eines
selbstbewussten, selbst handelnden Individuums, dass sich soziales Umfeld und
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Kooperationsebenen selbst wählt. So enden fast alle in vorgegebenen Rollen (Haushalt,
Kindererziehung, Job, Jobsuche, Ausbildung ...). Da sie Selbständigkeit nicht gelernt haben, fühlen
sie sich in Räumen mit vorgegebenen Orientierungen wohl. Entsprechend erfolgreich ist die
Basisdemokratie als Strategie von Entscheidungsfindung in politischen Bewegungen. Mensch will
was anderes als "die da oben", aber es darf eben keine ungewohnten Lebensverhältnisse schaffen.
Basisdemokratie schafft Einheit, Geborgenheit und ein kollektives "Wir". Damit kommt sie den
erzeugten Bedürfnissen er unter den realen Verhältnissen aufgewachsenen Menschen entgegen.
Auch "Linke" suchen Orientierung von außen statt dem offenen Prozess, in dem sie immer wieder
ihre eigene Position finden oder klären müssten.
These 9b: Offene Systeme geben keine Orientierung - das macht sie unbeliebt
Was für die Basisdemokratie Vorteile schafft angesichts der auf Unselbständigkeit zugerichteten
Menschen, ist für die Anarchie zur Zeit immer schnell das Ende. Offene Systeme, in denen die
Menschen selbst agieren, für sich entscheiden, sich positionieren, selbst handeln und intervenieren
(z.B. bei Krisen oder Übergriffen) müssen, sind fremd, bereiten Angst, erzeugen Unsicherheit. Wer
aber Welt verändern und bisherige Normalität brechen will, kommt darum nicht herum. Statt nun
den Rückzug in eine neue Geborgenheit und Kollektivität zu organisieren, wäre es an der Zeit, den
gewollten Bruch mit dem bisher Üblichen und (Fremd-)Orientierung Gebenden auch offensiv zu
organisieren - von Methoden der Kooperationsanbahnung und Organisierung über offene Räume
und offenen Zugang zu allen Ressourcen bis zu Reflexion, Seminaren und mehr, deren Ziel das
Hinterfragen der Normalität, das Entwickeln von Utopien und das Aneignen von Know-How im
selbstorganisierten Leben ist.
Fazit
Basisdemokratie und Anarchie unterscheiden sich in mehreren grundlegenden Punkte.
Herrschaftsfrei ist nur die Abwesenheit, kollektiver Identität, Einheitlichkeit und daher der Verzicht
auf kollektive Entscheidungsfindung. Basisdemokratie ist eine Methode, die Entscheidungsfindung
aller für alle gleichberechtigter zu organisieren. Sie schafft Kollektivität und kollektive
Entscheidung aber nicht ab. Jenseits der Kritik auch im Detail an Konsens, Vetorecht, der
Einteilung an "Innen" und "Außen" usw. ist dieser Unterschied zwischen Abwesenheit des
Kollektiven (Anarchie) und anderer Organisierung des Kollektivs (Basisdemokratie) zentral.
Basisdemokratie schafft tendenziell eine Vereinheitlichung. Das immer angeführte Argument, das
Vetorecht würde gerade die abweichenden Meinungen stärken, wirkt sich anders aus als meist
behauptet. Tatsächlich zwingt das zu Annäherungen der Unterschiedlichkeit und Kompromissen.
Die Dynamik von Streit und Vielfalt wird verringert - stärker sogar als in der Mehrheitsdemokratie,
wo Abstimmungsschlachten zwar ebenfalls Einheitlichkeit nach außen schaffen und krasse
Dominanzen fördern, aber die Minderheiten bleiben erkennbarer - auch für sich selbst als interne
Opposition. Basisdemokratie hat die Tendenz, die Unterschiedlichkeit zu verschleiern und das
"Wir" zu stärken.
Eine anarchistische Gesellschaft wird nur entstehen, wenn Stück für Stück kollektive
Entscheidungsfindung und ihre Durchsetzung aus der Gesellschaft verdrängt werden.
Horizontalität aller Menschen, d.h. gleiche Handlungsmöglichkeiten und die Steuerung von
Prozessen über freie Vereinbarung statt Entscheidungsfindung wären das Ziel. Konkrete Projekte
wie Medien, alternative Lebensprojekte, Betriebe oder Lernorte von unten haben die Chance,
Experimentierflächen zu sein für den Verzicht auf kollektive Regeln, Vorbedingungen oder
Entscheidungsfindung. Dann wäre Anarchie nicht nur eine Werbephrase, eben eine Mogelpackung
für Basisdemokratie, sondern zumindest als Ziel der Versuch eines Ausgangs auch der "Linken" aus
ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit, sprich: Der Unterwerfung unter das Kollektive.
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Mehr Informationen
- Methoden des Hierarchieabbaus: www.hierarchnie.de.vu.
- Demokratiekritik: www.demokratie-total.de.vu
- Herrschaftsfreie Utopien: www.herrschaftsfrei.de.vu
Der Text basiert auf der kritischen Demokratieanalyse des Buches „Demokratie. Die Herrschaft des
Volkes. Eine Abrechnung“ (Verlag: www.seitenhieb.info).
Rot: Mögliche Kürzungen bei Platzmangel.
Jörg Bergstedt
www.projektwerkstatt.de/anarchie/download/anarchie_basisdemo.rtf
http://de.indymedia.org/2005/11/133847.shtml
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Kurzzusammenfassung von Text 7:
In diesem Text geht es um die Basisdemokratie in einem Wirtschaftssystem. Eingangs wird aus Ott
Valentins Buch „Die Lösung der sozialen Frage“ zitiert. Der Auszug stammt aus dem Kapitel »III.
Stufenleiter des Totalitarismus, 6. Politische Scheinrechte«. Im folgenden Text wird die Demokratei
als die Unfähigkeit zur Selbstbestimmung betitelt. Die „Natürliche Wirtschaftsordnung“ wird als
Ersatz für die Politik und „heutige Spitzenpolitiker“ genannt. Durch (über-)regionale
Sachentscheidungen soll gegen Kapitalinteressen und Beamtenwillkür vorgegangen werden und die
Wirtschaftlichkeit und technologische Weiterentwicklung von Recyclingverfahren gefördert
werden. Auch in diesem Text wird davon ausgegangen, dass nicht immer alle Mitenscheiden wollen
oder können. An dieser Stelle soll ein PIN/TAN-Verfahren angewandt werden. „Das ist alles; so
einfach ist Basisdemokratie.“ Auf diese Weise sollen auch Personenwahlen abgehalten werden,
welche allerdings keine „Volksvertreter“ sondern „Projektmanager“ wählen sollen um bestimmte
Projekte wie z.b. „die Schaffung nicht länger planwirtschaftlicher sondern marktwirtschaftlicher
Bildungseinrichtungen“.
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Text 7: Basisdemokratie
"Die Not der breiten Volksmasse führt zu starken innerpolitischen Spannungen. Der Staat ist der
mit Gewalt verhinderte Bürgerkrieg. In der Absicht, diese Spannungen zu mildern, werden der
Masse politische Rechte gewährt; man gelangt allmählich zur Staatsform der Demokratie. Die
Arbeitenden leben in dem Glauben, ihre politische Gleichberechtigung werde die wirtschaftliche
nach sich ziehen. Allein, die erwartete Besserung tritt nicht ein, kann ja gar nicht eintreten. Was
man durch das allgemeine Wahlrecht und den Parlamentarismus zu erreichen hofft, ist ja das
wirtschaftliche Ziel des vollen Arbeitsertrages. Dieses Ziel aber setzt, wie wir wissen, die
wirtschaftliche
Freiheit voraus, das heißt den freien Wettbewerb, die Zerstörung bzw. Unschädlichmachung der
Monopole. Diese Monopole hat man aber zum Teil als solche gar nicht erkannt. Wie soll sich da die
Lage der Arbeitenden bessern? Weil die Marktwirtschaft infolge der bestehenden Monopole nicht
richtig funktionieren kann, müssen sich ständig wirtschaftliche und soziale Störungen ergeben.
Anstatt nun aber das Übel bei der Wurzel zu packen und die Monopole unschädlich zu machen,
begnügt man sich damit, an den Erscheinungen herumzukurieren. Man beschließt immer neue und
immer tiefere Eingriffe in die Wirtschaft, wodurch man bald dieser bald jener Gruppe
Sondervorteile verschafft. Beim Aushandeln dieser zahllosen Planwirtschaftsgesetze tritt der
parlamentarische Kuhhandel in Aktion, das Feilschen der politischen Parteien um die Vorteile, die
jede von ihnen "ihren" Wählern zu verschaffen trachtet. So entartet unter der Herrschaft der
Monopole der an sich gesunde Gedanke der Demokratie zum parlamentarisch verbrämten
Schacher um Gruppenvorteile. Das Parlament wird zur Gesetzesfabrik, aus der sich unaufhaltsam
eine Paragraphenflut über das hilflose Volk ergießt, in dessen Namen man regiert. Die Monopole
und die von ihnen veranlasste Planwirtschaft morden die Demokratie. Das darf nicht
wundernehmen. Demokratie setzt Freiheit und Gleichberechtigung voraus; beides aber kann es in
der herkömmlichen Monopolwirtschaft nicht geben."
Otto Valentin, aus "Die Lösung der sozialen Frage", 1952
Eine "repräsentative Demokratie" ist keine Demokratie, sondern nichts weiter als die Unfähigkeit
des (noch) unbewussten Menschen, sein Leben selbst zu gestalten. Der religiös verblendete
Kulturmensch (Untertan) unterwirft sich einer Regierung, von der er glaubt, dass sie dem "Willen
des Volkes" entspricht. Dabei sollte mittlerweile auch den Gutgläubigsten aufgefallen sein, dass die
"gewählte Regierung" in einer kapitalistischen Wirtschafts(un)ordnung sich nicht wesentlich von
einem politischen. Kabarett unterscheidet, außer dass es nichts mehr zu lachen gibt, wenn die
nächste Liquiditätsfalle vor der Tür steht.
Die Natürliche Wirtschaftsordnung macht die Seifenoper, die wir heute als "hohe Politik"
bezeichnen, überflüssig. Alles, was durch faule Kompromisse zwischen sinnfreien politischen
Ideologien ohnehin nicht "geregelt" werden kann, funktioniert in der idealen Makroökonomie durch
vollständige Selbstregulation. Der Kinderkram, mit dem sich heutige "Spitzenpolitiker"
beschäftigen, ist so trivial, dass es sich nicht lohnt, Gedanken daran zu verschwenden.
Darüber hinaus müssen auf vielen regionalen und überregionalen Ebenen vernünftige
Sachentscheidungen getroffen werden, die auf der Grundlage des allgemeinen
Bodennutzungsrechtes die konkrete Gestaltung der Erdoberfläche betreffen, die nicht länger
Kapitalinteressen oder der Beamtenwillkür unterworfen sein kann. Ferner müssen jeweils optimale
Steuersätze, für den Verbrauch von verschiedenen Naturressourcen einerseits und für die Belastung
der Umwelt durch verschiedene Abfallstoffe andererseits, bestimmt werden, um nicht zuletzt die
Wirtschaftlichkeit und die technologische Weiterentwicklung von Recyclingverfahren zu fördern.
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Für alle Sachentscheidungen, die in der Natürlichen Wirtschaftsordnung nicht jeder für sich treffen
will, weil sie einen mehr oder weniger großen Personenkreis oder auch alle Wirtschaftsteilnehmer
betreffen können, gibt es PINs (persönliche Identifikationsnummern) und TANs
(Transaktionsnummern), jeder kann jedes beliebige Projekt zur Abstimmung vorschlagen und nach
eigenem Ermessen dafür werben, und jeder kann sich an beliebigen Abstimmungen beteiligen oder
auch nicht. Das ist alles; so einfach ist Basisdemokratie.
Neben Sachentscheidungen können auch Personen durch Wahlen bestimmt werden, die aber keine
"Volksvertreter" (es hat sie nie gegeben und es wird sie nie geben) sind, sondern Projektmanager.
Dabei mag es sich um die überfällige Substitution unseres veralteten Schienennetzes durch
solarbetriebene Magnetschwebebahnen handeln oder auch um die Schaffung nicht länger
planwirtschaftlicher sondern marktwirtschaftlicher Bildungseinrichtungen, die sich zum Teil oder
auch ganz über eigene Patente finanzieren könnten.
Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die Menschheit muss nur den Mut aufbringen, sich nicht
länger von Wahnsinnigen (jeder Priester ist ein Schweinepriester) etwas über den "lieben Gott"
erzählen und von irgendwelchen Wichtigtuern "regieren" zu lassen.
© deweles.de 2009
http://www.deweles.de/files/basisdemokratie.pdf
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Kurzzusammenfassung von Text 8:
Dieser Text stellt einen Auszug mit ergänzender Erklärung von „Freiheit pur“ von Horst Stowasser
dar. Eingangs wird Demokratie grundlegend definiert. Diese Definition erfolgt aufgrund des
Wortsinn, in dem es heißt „jeder Mensch [hat] jedem anderen genauso viel zu sagen […], wie er
sich von anderen zu sagen lassen hat.“ Auch wird ein Vergleich zwischen Demokratie und Diktatur
gemacht. Dabei wird angeführt, eine Diktatur ist die Herrschaft einer Minderheit über die Mehrheit
während die Demokratie die Herrschaft einer Mehrheit über viele Minderheiten darstellt. Der Text
stellt die These auf, dass Demokratie nur in kleinen Gruppen tatsächlich umgesetzt werden kann
und das die Interaktion dieser Kleingruppen die Anarchie darstellt. Als Basis wird hier die „unterste
Ebene“, also alle, genannt. Somit geht der Text davon aus, dass Basisdemokratie eine Form der
Demokratie der Basis, organisiert in Kleingruppen, ist. Die daraus folgende Selbstverwaltung wird
mit „Selbstverwaltung ist Bürokratiefeindlich“ eingeleitet. Für eine Selbstverwaltungsstruktur wird
auch das Konzept der Arbeitsgruppen aufgegriffen und die These aufgestellt, dass kleine Gruppen
leichter einen Konsens finden. Zudem wird darauf hingewiesen, dass auf Informationshierarchien
zu achten ist und alle beteiligten gleich wertvoll sind, gleichgültig welche Aufgabe sie übernehmen.
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Text 8: Was ist eigentlich Basisdemokratie, Selbstverwaltung und Anarchismus?
Orientiert an „Freiheit pur“ von Horst Stowasser
Der flüssigeren Lesbarkeit zuliebe, wird auf Gendering verzichtet und dafür einfach die Geschlechterformen (ungefähr)
abgewechselt.
„Metzger“ heißt also nicht männlicher Metzger, „Ärztin“ nicht weibliche Ärztin.
1. Basisdemokratie
1.1 Demokratie
»Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber«
– Volksweisheit –
EIGENTLICH IST SCHON DAS WORT DEMOKRATIE eine Zumutung. ›Demokratie‹ heißt
›Volksherrschaft‹. Herrscht irgendwo ›das Volk‹? Natürlich nicht, bestenfalls darf das Volk
Menschen wählen, von denen es sich beherrschen lässt. Und selbst die bekommt es vorsortiert
angeboten.
Eine wirkliche Demokratie wäre, wenn das ganze Volk über das ganze Volk herrschte, also
jeder Mensch jedem anderen genauso viel zu sagen hätte, wie er sich von anderen zu sagen
lassen hat. Das ist entweder Unsinn oder das Ende der Herrschaft von Menschen über
Menschen.
Da Menschen aber unterschiedliche Meinungen haben, kann (solch eine) Demokratie in einem Staat
nicht funktionieren, es sei denn, eine Meinung setzte sich durch und unterdrückte viele andere.
Genau das aber ist in unseren ›Demokratien‹ der Fall. Der Unterschied zwischen Diktaturen und
Demokratien besteht genau besehen darin, dass in ersteren eine Minderheit die Mehrheit und in
letzteren eine Mehrheit zahlreiche Minderheiten unterdrückt. Beides aber ist eine Herrschaft einiger
über viele, also eine Oligarchie und keine Demokratie – auch, wenn sich die Herrschenden ihre
Herrschaft von einer Mehrheit legitimieren lassen. Weil aber Menschen verschiedene Meinungen
haben, die sich eben nicht in „einer Gesellschaft“ unter einen Hut bringen lassen, ist Demokratie –
die Herrschaft aller über alle – entweder nur in kleineren Gruppen möglich oder gar nicht. Ein Netz
kleiner Gruppen, eine Föderation verschiedener Gesellschaften aber ist nichts anderes als Anarchie
(s.u.). Wirkliche Demokratie ist also entweder an-archisch (ohne Herrschaft) oder unsinnig.
Nun wissen wir ja alle, dass man bei uns unter ›Demokratie‹ etwas ganz anderes versteht, nämlich
das parlamentarische System. Die meisten Menschen halten es für das beste aller Systeme.
Zugegeben, es gibt schlechtere. Aber hier geht es nicht um die Frage, wie viele Menschen sich in
der ›parlamentarischen Demokratie‹ ziemlich wohl fühlen weil nichts besseres zur Hand ist,
sondern darum, dass der Parlamentarismus im genauen Sinne überhaupt keine Demokratie ist.
Warum wohl wehren sich Politiker so wortreich gegen die einfachsten Formen unmittelbarer
Demokratie wie Volksbegehren oder Volksentscheid? Vor allem, weil der Staat ein Selbstzweck ist
und seine Existenz gegen jede Konkurrenz verteidigen muss.
Könntet ihr euch vorstellen in eurer Clique oder eurem Freundeskreis eine Präsidentin,
Premierministerin oder einen Kanzler zu wählen? Oder ein Parlament, das ohne euer Zutun
entscheidet, wie z.B. das Wochenende gestaltet wird? Sicher nicht. Wenn jemand etwas anderes tun
will als die andern, dann würde doch niemand aus dem Freundeskreis ihm das verbieten wollen. Die
Clique würde sich einfach für diesen Abend trennen.
Spaltung vor Unterwerfung wäre also die Priorität. Solange alle Individuen der Gruppe dennoch
ihre Bedürfnisse befriedigt sehen, ist das überhaupt kein Problem, ganz im Gegenteil. Was aber
passiert, wenn eine Person, mit der du unbedingt zusammen sein willst, den Abend anders
verbringen möchte als du?
Ihr werdet euch natürlich einigen und einen Kompromiss finden.
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1.2 Die Basis
Nachdem der oft fälschlich gebrauchten Begriff „Demokratie“ nun enttarnt ist, ergibt sich die
Bedeutung von „Basisdemokratie“ fast schon von selbst. Die Basis, also die „unterste Ebene“, das
Fundament, wird im Falle oben geschilderter Gleichberechtigung von allen gebildet. Es gibt nur
„eine“ hierarchische Ebene, weil es keine Hierarchie gibt. Eine eigene, andere Bedeutung bekommt
„Basisdemokratie“ in einer hierarchisch strukturierten „Demokratie“ (z.B. Volksentscheide) oder
wenn in gleichberechtigten Gemeinwesen Delegierte zur Vernetzung verschiedener Gruppen
bestimmt werden müssen.
In einer einzelnen Gruppe mit einer Vollversammlung sind Basisdemokratie und echte
Demokratie (s.o.) das selbe.
2. (Basisdemokratische) Selbstverwaltung
»Der Grundirrtum [...] ist die Annahme, Organisation sei ohne Autorität nicht möglich.«
– Errico Malatesta Verwaltung lässt sich in drei Kategorien unterscheiden:
a) Fremdverwaltung, d.h. Monarchie, Diktatur
b) Stellvertreterinnenverwaltung: gewählte (Stell-)Vertreter verwalten meine bzw. unsere
Angelegenheiten, z.B. im Parlamentarismus
c) Selbstverwaltung: ich verwalte meine Angelegenheiten selbst, wir verwalten gemeinsame
Angelegenheiten gemeinsam.
Was heißt es, wenn ein Projekt (z.B. ein Gebäude) selbst verwaltet wird?
Selbstverwaltung ist Bürokratiefeindlich. Es gibt keinen gesonderten „Verwaltungsapparat“,
sondern ich, du, er und sie verwalten unser Projekt gemeinsam. Niemand kann in eine höhere
Position gewählt werden, sei diese nun politischer oder administrativer Art. D.h. jede ist an allen
Entscheidungen beteiligt. Dieses Vorgehen ist logisch, wenn sich eine Gruppe keine politischsystemische Struktur geben kann oder möchte. Die Grundidee des Funktionierens der
basisdemokratischen Selbstverwaltung ist, dass mehrere Menschen die das selbe Ziel haben und
ihrer gegenseitigen Hilfe zur Erreichung dieses Ziels bedürfen, sich einigen werden.Das Treffen auf
dem sich alle austauschen nennt man (Groß-)Plenum oder Vollversammlung. Eine gemeinsame
Entscheidung, die von allen mitgetragen wird, nennt man Konsens.
Im Großplenum sollte eine mind. zweiköpfige Diskussionsleitung bestimmt werden, die am besten
mit dafür ausgebildeten Erfahrenen besetzt werden sollte. An der Arbeit und den detaillierten
Diskussionen, zu jeder einzelnen Frage/Aufgabe , kann in größeren Gruppen nicht jeder beteiligt
sein, das ist organisatorisch und zeitlich oft nicht möglich. Außerdem verleitet die partielle
Anonymität größerer Gruppen eher dazu, inhaltlich weniger zielführend Beiträge (z.B.
Wiederholungen, belangarme Detailfragen, etc.) beizusteuern.
Es macht also Sinn, Arbeitsgruppen zu bilden, die dem Großplenum ihr Erarbeitetes präsentieren
und ergänzen lassen, bevor es im Großplenum zur Diskussion und Entscheidung kommt. (Ähnlich
Referatsgruppen in der (Hoch-)Schule, macht aber mehr Spaß!) Jede AG arbeitet gänzlich
transparent. Jede kann an jeder Arbeitsgruppe teilnehmen, diese wechseln, parallel in verschiedenen
mitarbeiten, je nachdem wie viel sie sich individuell zutraut.
Dabei gilt es vor allem darauf zu achten, dass sich keine informellen Hierarchien
einschleichen. Es gibt immer Teilnehmerinnen, die mehr machen, besser informiert sind oder
redegewandter sind als andere. Wer kocht ist aber nicht weniger wertvoll, als jemand der
Pressemitteilungen verfasst.
Die Selbstverwaltung läuft ideal, wenn jede über alles bescheid weiß und jede anfallende
Aufgabe bearbeiten kann.
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Vor allem in Kleingruppen muss auch Platz für persönliche Unsicherheiten und Ängste sein,
besonders bei Projekten mit möglicherweise massiver Repression gegen die Beteiligten. Wenn
persönliche Zweifel übergangen werden, ist nicht nur die Stabilität der Gemeinschaft in Gefahr,
auch Arbeit und Diskussion können sich durch „Unsicherheits-Vetos“ endlos ziehen. Von
mitmenschlichen Erwägungen einmal ganz abgesehen.
Eine spezielle Form der Arbeitsgruppe ist die Konsensfindungsgruppe. Wenn einzelne im
Großplenum sich nicht einigen können, sollte diese Diskussion von den Betreffenden außerhalb des
Plenums ausgetragen werden. In der persönlicheren Atmosphäre einer kleineren Gruppe ist es meist
einfacher einen Kompromiss zu finden. Ein weiterer Vorteil ist, dass in Konsensfindungsgruppen
sich in der Regel die Menschen mit einem Thema beschäftigen, denen dieses wichtig erscheint.
Wenn doch einmal kein Konsens gefunden werden kann, gibt es 3 Möglichkeiten:
1. Das Problem bleibt ungelöst
2. Es wird doch abgestimmt, aber nur wenn vorher Konsens pro Abstimmung besteht.
3. Es kommt zur Spaltung.
Letzteres ist bei Projekten, bei denen es auf jeden ankommt (z.B. besetzte Häuser, autonome
Zentren) meist nicht möglich.
Nun könnte man anführen, dass eine solch idealistische Herangehensweise zum Scheitern verurteilt
sei (was meist bei Variante 3 der Fall ist). Abgesehen davon, dass es Tausende Beispiele
verschiedener Größenordnungen gibt, bei denen basisdemokratische Selbstverwaltung bestens
funktioniert (s.u.), muss noch Folgendes eingestanden werden. Bei einer Kultur der
Mehrheitsentscheidung mittels Abstimmung findet eine Spaltung bei jeder Fragestellung statt.
Einmal überstimmt, stehen die Minderheiten nicht mehr mit vollem Einsatz hinter der Sache.
Basisdemokratische Selbstverwaltung ist also nicht nur eine pragmatisch logische
Herangehensweise, sondern auch eine höchst effiziente ,wenn Entscheidungsprozesse auch
manchmal langwierig scheinen. Sie ist unsere größte Stärke und hat sich bisher als alternativlos
gezeigt. Wenn noch bedacht wird, dass alle Regeln freiwillig gesetzt und jederzeit veränderbar sind,
kann sie auch als moralisch überlegene Ordnung angesehen werden, die individuelle Willensbildung
und Mündigkeit fördert und fordert.
3. Und was hat das alles mit Anarchie zu tun?
»Anarchisten bekämpfen keine Menschen, sondern Institutionen.«
– Buenaventura Durruti –
Anarchie ist doch Terror, Chaos und Gewalt?! Oder? Anarchie – ein Wort, das von jeher Schrecken
und Gruseln ausgelöst hat, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als faszinierende Wundertüte. Sie
will das »brutale Chaos« unserer Gesellschaft durch das »sanfte Chaos« vernetzter horizontaler
Gesellschaften ersetzen, in der die Herrschaft der Menschen über andere und die Natur sinnlos wird.
(An archia: griech. ohne Herrschaft)
Wusstest du, dass es im 20. Jahrhundert bereits große, funktionierende anarchistische Gemeinwesen
gab, ganze Länder umfassend, mit Großstädten, Dörfern und Industrie, in denen von der U-Bahn
über die Milchwirtschaft bis hin zum Schulwesen eine moderne Massengesellschaft nach an
archischem Muster funktionierte? Oder war dir bekannt, dass es anarchistischen Guerillaarmeen in
den 1920er Jahren gelang, riesige Landstriche zu befreien, um in ihnen den Aufbau einer
Gesellschaft in freier Selbstverwaltung zu versuchen? Kein Mensch ahnt heute, dass das Mittel des
›zivilen Ungehorsams‹, das Kolonialmächte in die Knie zwang und Regierungen stürzte, voll und
ganz in der Tradition des gewaltfreien Anarchismus steht. Und wer weiß schon, dass es Anarchisten
waren, die vor über siebzig Jahren bereits einen Sechsstundentag in der Schwerindustrie
erkämpften?
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Anarchismus (die Vorstellungen des Zustandes der Anarchie) bezeichnet ein Sammelbecken von
Ideen, die die Behauptung gemeinsam haben, dass die tatsächlichen Bedürfnisse der Menschen in
selbstorganisierten Initiativen besser befriedigt werden können als vom Staat oder von kapitalistisch
organisierten Unternehmen. Vielfalt der Ideen ist, anders als bei (anderen) Ideologien, keine
Schwäche, sondern Quelle eines ständigen Entwicklungsprozesses. Kompromisse und überhaupt
alles muss auf Freiwilligkeit beruhen. Revolution bedeutet daher nicht vordergründig bewaffneter
Kampf, sondern vielmehr die Schaffung einer Parallelgesellschaft zum Staat, die sich aufgrund ihrer
offenkundigen Vorzüge durchsetzt. Die anarchistische Revolution ist also keine, die beginnt und
endet. Sie ist ständig im Gange, mal mehr mal weniger, im Leben einzelner und in Gemeinschaften,
oft ohne dass die Betreffenden sie so nennen. Anarchismus ist keine politische Ideologie, sondern
eine Art zu leben, eine Lebensweise. Frei, unkontrolliert, selbstbestimmt und selbstbewusst mit
Respekt für sich selbst und andere.
Beim Anarchismus geht es nicht vorrangig um Erfolg, vielmehr um Wahrheit und Freiheit und vor
allem um dich und mich. Das Argument, dass „es doch nicht funktioniert“ ist also nebensächlich. Es
spielt höchstens für die persönliche Motivation eine Rolle, nicht aber für die Idee an sich.
Anarchismus funktioniert natürlich dann nicht, wenn man nicht will, dass er funktioniert, wie bei
allem im Leben. Seine Kritiker werden zu ihrem eigenen Argument.
Anarchismus sieht als unveränderbar nur das an, was tatsächlich für Menschen unveränderbar ist.
Die Schwerkraft, die Drehung des Sonnensystems, unsere Sterblichkeit usw.. Heute werden oft
Dinge als gegeben hingenommen, die von Menschen erdacht und eingeführt wurden. Regierungen,
Nationalitäten, Polizei, Hierarchien, Kapitalismus und Geld generell und selbst Geschlechterrollen
sind nichts als allgemein verbreiteter Glaube.
Wenn ich nicht an Gott glaube, hat die Idee „Gott“ keine Befehlsgewalt über mich.
Wenn ich nicht an Nationalitäten glaube, ist meine Nationalität nichts als ein seltsamer Vermerk in
meinem Personalausweis. Wenn wir nicht daran glauben, existieren sie nicht.
Wenn ich nicht an die Polizei glaube, sind Polizisten nur freiheitsberaubende bewaffnete Schläger.
Wenn wir nicht an die Polizei glauben, existiert sie nicht.
Wenn ich nicht an Hierarchien glaube, ist mein Chef nur ein selbstverliebter, größenwahnsinniger
Spinner. Wenn wir nicht an Hierarchien glauben, gibt es keinen Chef.
Der Glaube an Autorität beruht vor allem auf der Furcht, dass andere Menschen mir etwas
schlechtes wollen und die Autorität mich beschützt. Dieser Glaube, z.B. an Regierung und Polizei
begründet sich also darauf, dass ich Misstrauen gegenüber meinen Mitmenschen hege, gegenüber
Polizistinnen und den Regierenden aber nicht.
Anarchismus will alles was von Menschen geschaffen ist hinterfragen und Fragwürdiges praktisch
testen, ob es wirklich notwendig ist, oder ob es eine Alternative gibt, ob nicht eine bessere Welt
möglich ist. Anarchismus kann aber kein Blankoschein sein, um „alles zu dürfen“. Die meisten
Anarchistinnen sind sich einig, dass das Ziel in den Mitteln enthalten sein muss. In den gegen die
Faschisten notwendigen anarchistischen Gefangenenlagern während des spanischen Bürgerkriegs
schliefen Bewacher und Gefangene in den gleichen Betten und aßen das gleiche Essen...
Wer sich näher mit den Ideen und der Geschichte des Anarchismus, des Basisdemokratie und der Selbstverwaltung
beschäftigen möchte, dem ist als Einstiegswerk „Freiheit pur“ von Horst Stowasser ans Herz zu legen. Gibt’s im
Internet zum legalen, kostenlosen Download unter www.mama-anarchija.net Als Buch ist es in der Neuauflage unter
dem einfachen Titel „Anarchie“ erhältlich.
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