Frischzellenkur - Avionik Straubing
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Frischzellenkur - Avionik Straubing
TECHNIK Restaurierung In die Jahre gekommen: Man sah der Messerschmitt Bf 108 B-1, D-ESBH, an, dass eine Überholung fällig war – auch im Cockpit … Foto Joe Riemensberger NEUES COCKPIT FÜR DIE MESSERSCHMITT BF 108 Frischzellenkur Wie überholt man sensibel ein historisches Flugzeug und wird dabei gleichzeitig den Anforderungen des modernen Luftverkehrs gerecht? Die Messerschmitt-Stiftung hat es bei ihrer Bf 108 vorgemacht Von Peter W. Cohausz D ie Bf 108 B der Messerschmitt-Stiftung ist in die Jahre gekommen. Das Cockpit sah schon mal besser aus, es war inzwischen etwas abgenutzt. Dazu war die Instrumentierung der Taifun alles andere als historisch. Doch genau hier lag das Problem: Wie rüstet man ein altehrwürdiges Flugzeug so auf, dass sein Instrumentenbrett zwar sein altes Aussehen bewahrt, Piloten aber dennoch Flug- und Navigationsdaten nach dem neuesten Stand der Technik erhalten? Und wohin mit den modernen 52 Flugüberwachungsgeräten? Man kann sie doch nicht einfach verstecken! Oder doch? Der Reihe nach: Die Bf 108 B-1 der Messerschmitt-Stiftung wurde zuletzt 1992 bis 1995 überholt. Damals gehörte sie noch einem Architekten aus Hamburg, der sich dabei eine moderne Avionik einbauen ließ. Doch bereits vorher hatte die Maschine, die über die Jahre mehrfach den Besitzer gewechselt und zwischendurch auch einmal als Ersatzteilspender gedient hatte, schon nicht mehr ihre historische Ausstattung. Nach nun fast 20 Jahren seit dieser letzten Überholung war die Lederausstattung in der Kabine recht abgenutzt und auch die Instrumentierung durch laufende Umbauten und Ergänzungen weit von ihrem Aussehen der 1930er-Jahre entfernt. Optisch im Hintertreffen Schon bald begann deshalb der Betriebsleiter des Flugmuseums Messerschmitt, Volker Radon, über eine Rückführung in den historischen Zustand nachzudenken. Vor der Reali- sierung musste er jedoch noch den Vorstand der Messerschmitt-Stiftung überzeugen, denn der Umbau würde nicht ganz billig werden. Die Gelegenheit kam im September 2012. Vor der Messerschmitt-Halle in Manching fand ein Taifun-Treffen statt, bei dem drei der noch fliegenden Bf 108 versammelt waren: Die erst jüngst restaurierte HB-HEB (A-201) der AMPA aus Lausanne in der Schweiz, die D-IBFW aus Ober-Moerlen bei Frankfurt und die D-ESBH der Messerschmitt-Stiftung. Ein Blick in die Cockpits der Gastmaschinen, die beide eine historisch restaurierte Instrumentierung hatten, wirkte auf den Vorsitzenden des Vorstandes der Stiftung, Hans Heinrich von Srbik, ernüchternd. Er musste nicht lange von Volker Radon überzeugt werden, auch bei der eigenen Bf 108 anlässlich der ohnehin fälligen Überholung in der Kabine wieder den historischen Zustand herzustellen. Quadratur des Kreises? Ein Blick in Flugzeug-Handbücher, Betriebsanleitungen und auf historische Fotos brachte die Erkenntnis, dass es nicht das eine Instrumentenbrett gegeben hat, sondern auf Kundenwunsch ausgerüstet wurde. Bestätigt wurde das auch von Gero Madelung, Das Cockpit der D-ESBH war nach der letzten Überholung im Jahr 1995 mit der modernen Avionik nicht mehr originalgetreu Foto Joe Riemensberger dem Vorsitzenden des Stiftungsrats, anhand privater Unterlagen. Der Vorstand der Messerschmitt-Stiftung löste das Dilemma auf ziemlich geniale Wei- So hat gemäß der Kurzbetriebsanleitung von 1938 ein Bf-108-B-1-Cockpit ausgesehen FLUGZEUG CLASSIC 12/2014 se: Die Instrumentierung sollte so weit wie möglich nach dem Flugzeughandbuch von 1938 rekonstruiert werden. In den beiden Kartenfächern unter dem Instrumentenbrett war Foto Sammlung Cohausz 53 TECHNIK Restaurierung Das Ergebnis ist verblüffend. Mit geschlossenen Kartenfächern sieht das Cockpit aus wie vor über 75 Jahren! Maßgeschneidert Die Durchführung des Umbaus und die Überholung der Maschine oblagen dem Werkstattleiter des Flugmuseums Messerschmitt, Andreas Haferkorn. Für die Konzeption der Instrumentierung wurde mit A-340-Kapitän Felix Döllefeld ein erfahrener Verkehrspilot gefunden. Natürlich waren von Anfang an auch die drei Bf-108Piloten des Flugmuseums Messerschmitt eingebunden, die ihre Erfahrungen mit einbrachten. Ende 2013 stand das Gesamtkonzept. Mit Unterstützung von InstrumentenExperten und Oldtimerfliegern konnte man alle benötigten historischen Instrumente ausfindig machen. Viele Geräte stellte auch ein Sammler aus Berlin zur Verfügung. Nun sind alle notwendigen Instrumente in doppelter Ausführung vorhanden. Beechcraft in Augsburg überholte diese funktionsfähig und einbaufähig. Sollte also mal ein Gerät ausfallen, kann es sofort ausgetauscht werden, ohne monatelang nach einem Ersatz zu suchen! Als Vorlage für das Instrumentenbrett hatte man ein Original zur Verfügung, das einst in einer schweizerischen Bf 108 B-1 im Einsatz war. Die Maschine mit der Werksnummer 2089 war vom August 1939 bis Februar 1956 als A-215 bei den schweizerischen Flieger- Vorlage: originales Instrumentenbrett der ehemaligen A-215 der Schweizer Luftwaffe. Darunter der Entwurf für die versteckte moderne Avionik 54 truppen im Einsatz gewesen, aber danach verschrottet worden. Das Gerätebrett überlebte als Souvenir. Den Aufbau des neuen Instrumentenbretts und die Installation der Geräte übernahm als Spezialist der Fachbetrieb Avionik Straubing. Er hat nicht nur die 1:1-Zeichnungen mit den letzten möglichen Varianten erstellt, sondern auch den Umbau vollständig übernommen. In neun Monaten wuchs das neue Instrumentenbrett vom ersten Blechzuschnitt bis zur Festlegung und zum Einbau der letzten Sicherungen und Schrauben. Groß war auch der Aufwand für die Kabine: Lederarbeiten für die Sitze und die Innenverkleidung sowie die Erneuerung der Teppiche und Vorhänge führte die Firma finest-care in Augsburg in Perfektion aus. Die Sitzpolsterungen wurden nach Originalunterlagen und Vorgabe der Farbgebung durch die Messerschmitt-Stiftung handwerklich perfekt ausgeführt. Dabei griff So wird es dann im Flugbetrieb aussehen: Die Klappen der »Kartenfächer« sind geöffnet und die modernen Geräte im Einsatz Fotos, soweit nicht anders angegeben, Messerschmitt-Stiftung/Volker Radon die moderne Instrumentierung nach den heutigen Anforderungen – Bildschirme, GPS-Navigationsgeräte und Funkanlage – zu verstecken. Wird das Flugzeug ausgestellt, werden die Klappen der Fächer einfach verschlossen und verwandeln das Cockpit in eine Bf 108 des Jahres 1938. Beim Flug kann man die Abdeckungen herunterklappen und verriegeln, sodass sich die modernen Geräte bedienen und ablesen lassen. Das historische Flair der 1930er-Jahre und modernes Fliegen in einem Instrumentenbrett vereint! Geschichte der Stiftungs-»Taifun« Die Vorgeschichte der Bf 108 B-1, D-ESBH liegt etwas im Dunkeln. Sicher ist, dass sie 1950 aus England in die Schweiz gekommen ist und dort als HB-ESM registriert wurde. Viele Jahre war sie in Ascona zu Hause. Ihr Vorleben ist erst vor einigen Jahren von einem Bf-108Historiker rekonstruiert worden. Danach handelt es sich vermutlich um die Bf 108 B-1 mit der W.Nr. 1918 und dem Kennzeichen D-IHGW, die zur Flugbereitschaft des RLM gehörte und im Sommer 1939 vom Luftattaché der deutschen Botschaft in London, Flugkapitän Spiller, zum Besuch verschiedener englischer Flugplätze genutzt worden ist. Bei Kriegsbeginn wurde die Bf 108 auf dem Flugplatz Croydon beschlagnahmt und später von der RAF mit der Seriennummer AW167 als Verbindungsmaschine genutzt. Ab 1946 ■ diente sie zeitweise als Ersatzteilspender für andere Bf 108 in England. modernen Materialien, da sie nicht sichtbar sind und die hölzernen Originale ersetzt werden mussten. ihr spezialist für interieur finest-care GmbH SPEZIALIST FÜR IHR INTERIEUR »Temperierte« Passagiere Die neu ausgestattete Kabine mit grünem Leder und braunem Teppich sieht wieder historisch aus man nach umfangreichen Recherchen letztendlich auf die Unterlagen über die Sitzausführungen und Verarbeitungsmethoden der 1930er-Jahre zurück. Die Seitenteile, auf welche das Leder für die Wandverkleidung aufgespannt ist, bestehen aus Sicherheitsgründen allerdings aus Die Sitze haben neben den Wulstausarbeitungen für einen guten Sitzkomfort und eine gute Luftzirkulation in den direkten Körperauflagebereichen außerdem noch eine Lochperforierung. Sollten die Passagiere schwitzen, kann der Schweiß über die Perforierung abgeführt werden. Der Flugzeugführer und seine Fluggäste sitzen dadurch nicht auf feuchtem Leder, sondern angenehm »temperiert«. Natürlich darf an der Rückwand und auf den Teppichen nicht das bekannte Messerschmitt-Logo fehlen. Bis Mitte nächsten Jahres wird auch die Überholung des Motors, ein Argus AS 10C, abgeschlossen sein. Dazu plant man noch eine komplette Erneuerung des Außenanstrichs – natürlich wieder im RLM-Schema, darauf legt die Stiftung Wert, schließlich wurden die meisten Bf 108 mit Tarnanstrich ausgeliefert. Im Jahr 2015 wird die Bf 108 wieder in den Flugbetrieb gehen und der Öffentlichkeit bei vielen Gelegenheiten in ihrem Element, der Luft, präsentiert werden. ■ Originalgetreues Interieur und Restauration nach FAR komplette Flugzeugausstattungen Tiefenreinigung, Aufarbeitung und Nachpigmentierung DE.145.0307 – EASA.21J.085* finest-care GmbH Flughafenstrasse 2 86169 Augsburg EDMA Auch die Vorhänge wurden nach historischen Vorlagen rekonstruiert www.finest-care.de www.aircraft-interior.de info@finest-care.de *in Kooperation FLUGZEUG CLASSIC 12/2014