ROTER MORGEN 23

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ROTER MORGEN 23
ROTER MORGEN
Kleine Länder haben es schwer,
wenn es gilt, die Aufmerksamkeit
der Weltoffentlichkeit zu erringen.
So war der Söldner-Putsch auf den
Komoren im November 1989 den
normalen Tageszeitungen -Iediglich
ein paar Zeilen wert, doch natürlich
leiden die Völker kleiner Länder
genauso, wenn sie brutal unterdrückt werden, wie die Völker
großer Länder.
Die Komoren sind eine kleine
. Inselgruppe im Indischen Ozean
zwischen Madagaskar und dem afrikanischen Festland, Sie haben eine
~ Oberfläche von 2.170 Quadratkilo. metern, ihre Einwohnerzahl beträgt
etwa 500.000;Hauptstadt ist Moroni
auf der Insel Groß-Comoro - sie hat
etwa 20.000 Einwohner. Offizielle
Sprachen sind Arabisch und Französisch. Eine der Inseln, Mayotte, ist
noch heute französisch.
Das Archipel der Komoren war
von 1861 französische Kolonie; im
Jahr 1947 erhielt es eine autonome
Verwaltung, 1962 die Selbstverwaltung und ein "Parlament", das von
den einheimischen Feudalherren
und den Kolonialherren besetzt
.wird. Im Jahr 1968 entstehen die
.ersten politischen Parteien auf den
Komoren, die die Interssen der Feudalberren vertreten. Es gründet sich
auch eine antikolonialistische Partei,
"', die MOLINACO (Nationale Befreiungsbewegung der Komoren), die
sofort verboten wird. Die Franzosen
lassen in einem Referendum über
die Unabhängigkeit abstimmen 98% der Bevölkerung sprechen sich
dafür aus. Auf der Insel Mayotte,
wo französisches Militär und die
Fremdenlegion
stationiert
sind,
stimmen 64% dagegen. Daraufhin
ruft der von Paris eingesetzte Regierungschef Ahmed Abdallah einseitig
die Unabhängigkeit aus, Frankreich
hatte sie erst 5 Jahre später zugestehen wollen. Abdallah fordert die
Eingliederung Mayottes in den Inselverband und verkündet sie im
Jahre 1975.
So kann man aber mit einer Kolonialmachtnicht umspringen! Auf
den Komoren taucht plötzlich der
Söldnerführer Bob Denard auf mit
weiteren Söldnern, und am 3.
August haben die Komoren wieder
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einen francophilen Präsidenten: Ali
Soilih. Ahmed Abdallah kommt
vorerst mit dem Leben davon, er
geht nach Paris ins . Exil. Bob
Denard und seine Kumpane bleiben
für einige Monate auf den Komoren,
um dort die Armee zu trainieren.
Doch der von Frankreich eingesetzte Soilih entpuppt sich plötzlich als
Kuckucksei: er verweist zunächst
das französische Militär, dann alle
Franzosen außer Landes, er fordert
die Entmilitarisierung nicht nur der
Komoren,
sondern
auch der
anderen Inseln vor der afrikanischen Küste im Indischen Ozean; er
setzt sich für ein breites Staatenbündnis ostafrikanischer Staaten ein
und will auch den einheimischen
Feudalherren an den Kragen, will
Schulen bauen und Krankenbäuser.
Und wieder tritt Söldnerführer
Bob Denard in Aktion. In Paris ist
er mit Zustimmung der französischen Regierung mit dem vorher
von ihm gestürzten Ahmed Abdallah handelseinig geworden und
macht sich mit 45 Söldnern erneut
nach den Komoren auf. Der Widerstand der einhemischen Soldaten ist
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klagt. Wieder in Freiheit, begann er
sein Studium in Frankreich. In den
Jahren 1972 bis 1974 führte er die
ASEC,eine Vereinigung der Studenten der Komoren, 'und machte
sie zu' einer wirklichen antikoloniali,stischen und patriotischen Organisation. Später arbeitete
er bei",
Thomson und erkannte die Notwendigkeit, die Arbeiter zu organisieren
- 1977 gründete er die Vereinigung
der Arbeiter der Komoren. Auf die
Komoren zurückgekehrt, wurde er
mehrfach vom, Abdallah-Regime
verhaftet. Er gründete 1982 die Demokratische Front der Komoren,
die trotz der Illegalität und der
Wahlmanipulationen
15%
der
Stimmen erhielt. 1985 wurde er
unter der Ankalge eines Staatsstreichs zu lebenslanger Haftverurteilt, obwohl er die Methode eines,
Putsches immer abgelehnt und bekämpft hatte. Er wurde in der Haft
gefoltert, auch mit Hilfe der franzö-'
sischen Polizei, und von Anfang an
'in Einzelhaft gehalten. Internationale Organisationen wie amnesty international erreichten es immerhin,
daß ihn ein' Anwalt aufsuchen
durfte. Obwohl er seit mehreren
Monaten .ernsthaft erkrankt war,
wurde kein Arzt zu ihm gelassen.
Nun, nach dem Söldner-Massaker,
ist Grund zu großer Besorgnis um
sein Leben gegeben. Er wurde von
den Putschisten an einen unbekannten Ort verschleppt.
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