Deutsche Hochschuleinrichtungen

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Deutsche Hochschuleinrichtungen
Deutsche Hochschuleinrichtungen
im Tempus-Programm von 1990 bis 2010
IMPRESSUM
Herausgeber:
DAAD - Deutscher Akademischer Austauschdienst
German Academic Exchange Service
Nationale Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit
Referat Tempus/Erasmus Mundus/EU-Drittlandkooperationen
Kennedyallee 50, 53175 Bonn
www.daad.de/www.eu.daad.de
Redaktion:
Nina Salden (verantwortlich)
Judith Lesch (Projektkoordination)
Marco Brückner
Christine Dietz
Christoph Jüngst
Druck: Druckhaus „Thomas Müntzer“, BT Weimar
Gestaltung: design_idee, büro_für_gestaltung, Erfurt
Auflage: November 2010 – 2.500 Exemplare
© DAAD
Alle Rechte vorbehalten.
Es wird um Verständnis gebeten, dass aus Gründen der
besseren Lesbarkeit in dieser Publikation nicht durchgängig
weibliche und männliche Sprachformen verwendet werden.
Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert. Es wird jedoch
keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der
Daten übernommen.
Die Publikation wurde aus Mitteln des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert. Sie gibt nur die
Meinung der Autoren wieder.
ó 20
Jahre Tempus
Bildnachweise:
Titelseite: D. Ausserhofer/DAAD
S. 4: BMBF
S. 5: Universität Potsdam/Sören Stache/2009
S. 8: Lichtenscheidt/DAAD
S. 9: Ausserhofer/Himsel/DAAD
S. 10: DAAD
S. 11: Europäische Union
S. 12: D. Ausserhofer/DAAD
S. 13: Europäische Union
S. 14: D. Ausserhofer/DAAD
S. 15: D. Ausserhofer/DAAD
S. 17: D. Ausserhofer/DAAD
S. 18: Moss/Uni Marburg
S. 19 (oben): Markus Farnung
S. 19 (unten): Markus Farnung
S. 21 (oben): EPC
S. 21 (unten): EPC
S. 22: Karsten Eckold/TUD
S. 23 (oben): D. Ausserhofer/DAAD
S. 23 (unten): National Tempus Office Russia
S. 24: National Tempus Office Russia
S. 25 (oben): D. Ausserhofer/DAAD
S. 25 (unten): D. Ausserhofer/DAAD
S. 27: Europäische Union
S. 28: D. Ausserhofer/DAAD
S. 29: D. Ausserhofer/DAAD
S. 30: IWi, Uni Saarland
S. 31: C. Kocian
S. 32: Uni Hannover
S. 34: Uni Hannover
S. 35: Ron Mertens/Istockphoto
S. 36: LFI, RWTH Aachen
S. 37 (oben): LFI, RWTH Aachen
S. 37 (unten): LFI, RWTH Aachen
S. 38 (links): Jenny Kopsch
S. 38 (rechts): Jenny Kopsch
S. 39: Melanie Dahms
S. 40: ECESIS
S. 41 (oben): ECESIS
S. 41 (unten): ECESIS
S. 42 (oben): TU Berlin
S. 42 (unten): TU Berlin
S. 43 (oben): TU Berlin
S. 43 (unten): TU Berlin
Inhalt
Grußworte
Prof. Dr. Annette Schavan, BMBF
Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst, DAAD
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5
Das Tempus-Programm 1990-2010
Geographische Entwicklung des Tempus-Programms
6
Kontakt im DAAD
8
20 Jahre Tempus – Ein Hochschulreformprogramm schreibt Geschichte
Dr. Siegbert Wuttig, DAAD
9
The Tempus Success Factors
Klaus Haupt, EACEA
12
Das Engagement deutscher Hochschuleinrichtungen in Tempus
Judith Lesch, Christine Dietz, Nina Salden, DAAD
14
Das Tempus-Programm an der Philipps-Universität Marburg
Christopher Moss, Angel Manuel Rafael, Philipps-Universität Marburg
18
Chancen für deutsche Hochschulen im Tempus-Programm – Die TU Dresden zieht Bilanz
Matthias Winker, Technische Universität Dresden
20
Tempus Cooperation Between German and Russian Universities: Lessons Learnt and
A Look Into the Future
Prof. Olga Oleynikova, Nationales Tempus-Büro Russland
23
20 years of German-Polish Tempus cooperation
Nina Salden, DAAD
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Projektberichte
Wirtschaftsinformatik als Studienfach an polnischen Hochschulen
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. August-Wilhelm Scheer, Universität des Saarlandes,
Prof. Dr. Claudia Kocian, Hochschule Neu-Ulm
30
„… wir sind jetzt alle in Deutschland verliebt!“ – Pionierarbeit im Tempus-Programm
Dominique Gillissen, Leibniz Universität Hannover
32
Entwicklung eines interdisziplinären Trainingsprogramms in der Wasserwirtschaft
Prof. Dr. Heribert Nacken, Dr. Hani Sewilam, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
36
Vorreiter im Westlichen Balkan: Agrarwissenschaften in der Reformdiskussion
Dr. h.c. Jochem Gieraths, Jenny Kopsch, Universität Hohenheim
38
E-Government in Russland, der Ukraine, Moldawien und Armenien — ein Tempus-Projekt
zur Weiterbildung von Verwaltungsbediensteten in vier Ländern der GUS
Prof. Dr. Klaus G. Troitzsch, Universität Koblenz-Landau
40
Zukunft gestalten! – Ein Projekt zur Lehrplanreform in der Raumfahrttechnik
Dmitriy Ostroverkhov, Dmitriy Bogdanov, Technische Universität Berlin;
Dr.-Ing. Arnold Sterenharz, ECM-Office
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Jahre Tempus
G R U S SWO R T
Das EU-Hochschulkooperationsprogramm Tempus hat für Deutschland
eine ganz besondere Bedeutung. Als
Reaktion auf den Fall der Berliner
Mauer und die politischen Umwälzungen in Mittel- und Osteuropa wurde es
1990 mit nachdrücklicher politischer
Unterstützung Deutschlands ins Leben
gerufen. Das Ziel: das gesamteuropäische Zusammenwachsen der Hochschulsysteme zu fördern und insbesondere die Beteiligung der ostdeutschen
Hochschulen an den europäischen
Bildungsprogrammen zu unterstützen. Heute zählen die Hochschulen in
ganz Deutschland europaweit zu den
erfolgreichsten Tempus-Programmteilnehmern. Tempus hat maßgeblich zur
Reform von Bildung und Wissenschaft
in den Partnerländern beigetragen und
damit die Integration der mittel- und
osteuropäischen Hochschulen in die
europäische Bildungszusammenarbeit
vorangebracht.
Die grenzüberschreitende Kooperation
und Internationalisierung der Hochschulen ist nach wie vor ein zentrales
Anliegen unserer Regierungsarbeit.
Mit der Strategie zur Internationalisierung von Wissenschaft und Forschung
strebt die Bundesregierung nach einer
engeren Wissenschaftskooperation
mit neuen Wissenschaftszentren. Dass
im Rahmen der Hochschulkooperation
wichtige Impulse für wirtschaftliche,
soziale und kulturelle Entwicklungen
gegeben werden können, hat Tempus
in zahlreichen Beitrittsländern der
Europäischen Union eindrucksvoll unter
Beweis gestellt. Modernisierung und
wachsende Mobilität im Hochschulbereich sind unveränderte Schwerpunkte
der Drittlandkooperation in der tertiären Bildung und bestätigen die Kernthemen von Tempus in ihrer Aktualität.
den Ländern des westlichen Balkans,
mit den südlichen Nachbarschaftsländern, mit Russland und Osteuropa
sowie mit Zentralasien ausbauen.
Deutschland und seine Hochschuleinrichtungen können damit einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Beziehungen zwischen der Europäischen Union
und ihren Nachbarregionen zu stärken
und bestehende Grenzen ein weiteres
Mal zu überwinden. Dem Deutschen
Akademischen Austauschdienst danke
ich für die erfolgreiche Zusammenarbeit. Als Nationale Informations- und
Beratungsstelle für Tempus hat er die
europäische Hochschulkooperation
stets kompetent begleitet und die Erfolgsgeschichte von Tempus nachhaltig
mitgestaltet.
Insbesondere vor dem Hintergrund unserer eigenen Geschichte wünsche ich
mir, dass sich die erfreuliche Entwicklung der vergangenen zwanzig Jahre
fortsetzt und die deutschen Hochschulen ihre führende Rolle im Rahmen von
Tempus nun in der Zusammenarbeit mit
Prof. Dr. Annette Schavan, MdB
Bundesministerin für Bildung und Forschung
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ó 20
Jahre Tempus
VO R WO R T
Mit der Öffnung der Berliner Mauer, der
deutschen Wiedervereinigung und dem
Systemwechsel in den östlichen Nachbarländern eröffneten sich auch für die
akademische Mobilität und Zusammenarbeit ganz neue Chancen und Herausforderungen, die die Arbeit des DAAD
in den 90er Jahren nachhaltig prägten.
Die Förderung der Internationalisierung
der ostdeutschen Hochschulen und die
Intensivierung von Kontakten ostdeutscher Hochschulen nach Westen, aber
auch der westdeutschen Hochschulen
nach Osteuropa waren die zentralen
Aufgaben des DAAD in dieser Zeit. Das
europäische Hochschulkooperationsprogramm Tempus entstand unter den
gleichen historischen Vorzeichen. Es
hatte zum Ziel, die Modernisierung des
Hochschulwesens zu unterstützen, den
Austausch zwischen Ost und West zu
fördern und die Beteiligung osteuropäischer Hochschulen an der gesamteuropäischen Hochschulzusammenarbeit
zu ermöglichen. Tempus stellte für den
DAAD stets eine sinnvolle und willkommene Ergänzung zu den nationalen
Fördermöglichkeiten dar. Als Präsidentin der Universität Potsdam begrüße ich
es ganz besonders, dass die ostdeutschen Hochschulen – zu Beginn des
Programms noch als Tempus-Partner,
nach der Wiedervereinigung dann
als EU-Hochschulen – vom TempusProgramm profitieren konnten und hier
aktiv teilnehmen.
Seit 1987 ist beim DAAD die Nationale
Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit angesiedelt. Als das Hochschulkooperationsprogramm Tempus im Mai
1990 von der Europäischen Kommission
und den Mitgliedstaaten aufgesetzt
wurde, fiel die Wahl des damaligen
Bundesministeriums für Bildung und
Wissenschaft für die Einrichtung einer
Nationalen Kontaktstelle in Deutschland schnell auf den DAAD. Der DAAD
hatte hierfür durch die Umsetzung
der EU-Programme ERASMUS und
COMETT, aber auch sein Engagement
in Osteuropa bereits wichtige Erfahrungen gesammelt. Inzwischen hat die
EU-Kooperation einen hohen Stellenwert in der Arbeit des DAAD. Neben
ERASMUS und Tempus ist der DAAD
im Auftrag des BMBF als Nationale
Struktur für Erasmus Mundus und als
Nationale Kontaktstelle für die EU-Drittlandprogramme tätig und begleitet den
Bologna-Prozess in Deutschland.
In seiner Funktion als Nationale Tempus-Kontaktstelle informiert der DAAD
deutsche Hochschuleinrichtungen und
politisch verantwortliche Stellen über
Inhalte und Programmentwicklungen;
er berät zu Antragstellung und Projektumsetzung und leistet einen Beitrag
zur Weiterentwicklung des Programms.
Wir freuen uns, dass das deutsche
Engagement in Tempus über die letzten
20 Jahre konstant hoch geblieben ist.
Deutsche Hochschulen stehen in der
aktuellen Tempus IV-Programmphase im
europäischen Vergleich an der Spitze.
Das Ziel des Programms ist heute die
Förderung der Modernisierung des
Hochschulwesens in den Nachbarregionen der Europäischen Union. Das
Programm zeigte aber von Beginn an
seine positiven Auswirkungen auch
innerhalb der EU und in Deutschland
und fördert auch hier die Vernetzung
und den Wissens- und Erfahrungsaustausch der teilnehmenden Hochschulen
untereinander. Dieses Verdienst des
Tempus-Programms und insbesondere
seiner einzelnen Projektkoordinatoren
und -partner herauszustellen und zu
würdigen, ist ein Anliegen dieser Publikation. Als Beispiel für die vielfältige
Tempus-Zusammenarbeit stellen ausgewählte Akteure ihre Arbeit vor – von
1990 bis 2010.
Mein besonderer Dank gilt dem BMBF
und der Europäischen Kommission für
das Vertrauen in den DAAD und die
finanzielle Unterstützung, die für Information und Beratung zum Programm
unerlässlich sind. Nicht zuletzt dadurch
wurde Tempus auch zu einer deutschen
Erfolgsgeschichte.
Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst
Präsidentin des Deutschen Akademischen
Austauschdiensts
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Jahre Tempus
5
PARTNERLÄNDER
Tempus I
(1990 –1993)
Teilnehmende Partnerländer:
Polen, Tschechoslowakei (seit 1993: Tschechische und Slowakische Republik), Ungarn
Nur 1990: Ehemalige DDR/Nur 1991: Jugoslawien
Seit 1991: Bulgarien, Rumänien
Seit 1992: Albanien, Estland, Lettland, Litauen, Slowenien
Tempus II
(1994 –1999)
Zentralasien
Teilnehmende Partnerländer:
Albanien, Belarus, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Russische Föderation, Slowakei,
Slowenien, Tschechien, Ukraine, Ungarn
Seit 1994: Kasachstan, Kirgisistan, Moldawien, Usbekistan
Seit 1995: Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Mongolei
Seit 1996: Bosnien und Herzegowina, Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Turkmenistan
6
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Jahre Tempus
Tempus III
(2000 – 2006)
Zentralasien
Teilnehmende Partnerländer:
Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Bosnien und Herzegowina, Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Georgien,
Kasachstan, Kirgisistan, Moldawien, Mongolei (bis 2005), Russische Föderation, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan
Seit 2001: Kroatien, Serbien (mit Kosovo), Montenegro (zunächst als Serbien und Montenegro)
Seit 2002: Ägypten, Algerien, Besetztes Palästinensisches Gebiet, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien
Seit 2004: Tadschikistan
Seit 2005: Kosovo
Tempus IV
(2007 – 2013)
Zentralasien
Teilnehmende Partnerländer:
Ägypten, Albanien, Algerien, Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Besetztes Palästinensisches Gebiet, Bosnien und Herzegowina,
Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (bis 2010), Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Kosovo, Kroatien (bis 2009), Libanon, Marokko,
Moldawien, Montenegro, Russische Föderation, Serbien, Syrien, Tadschikistan, Tunesien, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan
Seit 2008: Israel
Seit 2010: Libyen
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Jahre Tempus
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KONTAKT IM DAAD
Nationale Agentur für EUHochschulzusammenarbeit
im DAAD
Leitung:
Dr. Siegbert Wuttig
Tel.: +49 (0)228-882349
E-mail: [email protected]
Nationale Tempus-Kontaktstelle im DAAD
Referat „Tempus/Erasmus
Mundus/EU-Drittlandkooperationen“
Leitung:
Nina Salden
Tel.: +49 (0)228-882520
E-mail: [email protected]
Tempus – Information und Beratung zu
Antragstellung und Projektmanagement:
Marco Brückner
Tel.: +49 (0)228-882477
E-mail: [email protected]
Tempus – Information und Beratung zu
Antragstellung und Projektmanagement:
Judith Lesch
Tel.: +49 (0)228-882466
E-mail: [email protected]
Allgemeine Anfragen, Veranstaltungen:
Christine Dietz
Tel.: +49 (0)228-882599
E-mail: [email protected]
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Jahre Tempus
20 Jahre Tempus: Ein Hochschulreformprogramm
schreibt Geschichte
Dr. Siegbert Wuttig
Mit dem Fall der Berliner Mauer und den
politischen Ereignissen von 1989 und
1990 in Mittel- und Osteuropa sah sich
die Außenpolitik der Europäischen Gemeinschaft unerwarteten Herausforderungen gegenüber. Die Europäische Kommission reagierte schnell auf die neue
Situation und beschloss umgehend, die
wirtschaftlichen und sozialen Reformen
der Transformationsländer zu unterstützen. Bereits im Dezember 1989 wurde
das Hilfsprogramm PHARE (Pologne,
Hongrie: Assistance à la Restructuration
Economique) gestartet, das den Rahmen
für eine umfassende Gemeinschaftshilfe bildete.1 Von Beginn an betrachteten
dabei die Gemeinschaft und die Partnerländer in Mittel- und Osteuropa den
Hochschulbereich als wichtiges Element
des Reformprozesses. Es war deshalb
nur folgerichtig, dass schon im Mai 1990
vom Ministerrat das Hochschulreformprogramm Tempus (Trans-European Mobility Programme for University Studies)
verabschiedet wurde, dessen Finanzierung über PHARE erfolgte und dessen
Laufzeit zunächst die Jahre 1990/91 bis
1993/94 umfasste. Das Programm trat
dabei mit dem Motto support through
cooperation an und förderte gemeinsame europäische Strukturprojekte und
individuelle Mobilität zwischen den Gemeinschaftsmitgliedern und den Reformländern. Ziel war es, insbesondere das
Hochschulmanagement und die Curricula
zu reformieren und durch den Austausch
von Studierenden, Hochschullehrern und
Verwaltungspersonal einen Veränderungsprozess auch in den Köpfen zu ermöglichen.2
Teilnehmen konnten an Tempus in Mittelund Osteuropa zunächst Polen, Ungarn,
die Tschechoslowakei und bis zur deutschen Vereinigung auch die DDR. Bulgarien, Rumänien und zeitweise Jugoslawien
folgten 1991, Albanien, Estland, Lettland,
Litauen und Slowenien ein Jahr später.
Deutschland hatte aufgrund seiner Geschichte und der besonderen Situation
seiner Teilung in der Mitte Europas gegenüber diesen Ländern eine besondere
Verantwortung und Verpflichtung, denen
es gerade auch als Bindeglied zur Europäischen Gemeinschaft in vollem Umfang gerecht wurde. Der Bildungs- und
Wissenschaftsbereich nahm dabei eine
wichtige Rolle ein. Das damalige Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (heute: Bildung und Forschung)
und der DAAD haben den Reformprozess
in Mittel- und Osteuropa und vor allem
die damit einhergehende Integration der
ostdeutschen Hochschulen in die europäische Hochschulzusammenarbeit mit
Nachdruck unterstützt.3 Das BMBW übertrug dem DAAD aufgrund seiner vielfältigen bilateralen Zusammenarbeit mit den
mittel- und osteuropäischen Ländern und
der DDR, aber auch wegen seiner Funktion als Nationale Agentur für die europäischen Programme ERASMUS, COMETT
und LINGUA, gleich nach der Verabschiedung von Tempus die Aufgaben einer
Nationalen Informations- und Beratungsstelle. Gemeinsam mit dem Ministerium
für Bildung und Wissenschaft der DDR
und Vertretern des BMBW und der Europäischen Kommission wurde vom DAAD
im September 1991 in Berlin eine Informationsveranstaltung für die ostdeut-
1991 führte der DAAD an der Humboldt-Universität Berlin eine Informationsveranstaltung
für die ostdeutschen Hochschulen durch. Für die Tempus-Tagungen 2000 und 2010 zog es
den DAAD erneut an die HU.
1
2
3
PHARE galt zunächst für Polen und Ungarn, wurde jedoch rasch auf andere Reformländer ausgedehnt.
Vgl. Wuttig, S., Reckert, T.: „The role of Tempus as one of the EU’s political instruments for reforming higher education and advancing EU integration”, in: Kucha,
R., European Integration through education, Lublin 2004, 611-622.
Vgl. Wuttig, S.: „Help for higher education institutions in Central and Eastern Europe – The Tempus Program is promoting reform and student exchange”, in: European Education, 1998/Vol.30, NO.3, 89-91.
Vgl. Erger, J.: „Der DAAD und die Herausforderungen des Tempus-Programms“, in: Alter, P. (Hrsg.), Der Deutsche Akademische Austauschdienst 1925–2000, Band I,
Bonn 2000, 316-329.
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Jahre Tempus
9
Seit Beginn des Tempus-Programms fungiert der DAAD als Nationale Informationsund Beratungsstelle für die deutschen Hochschulen.
schen Hochschulen durchgeführt, um sie
noch vor der deutschen Vereinigung zur
einmaligen Beteiligung an Tempus als
„Empfängereinrichtungen“ zu motivieren. Mit den von der EG zur Verfügung
gestellten 2 Millionen DM konnten dann
immerhin 12 Projekte gefördert werden.
Die Veranstaltung wurde auch genutzt,
um die Hochschulen für eine Antragstellung in den anderen europäischen Programmen fit zu machen.4 Diese standen
den ostdeutschen Hochschulen nach der
deutschen Einigung wie den Hochschulen der alten Bundesländer ab dem
3. Oktober 1990 offen. Die ostdeutschen
Hochschulen haben die Förderangebote
der EG hervorragend genutzt und damit
den Grundstein für eine schnelle Integration in die europäische Bildungszusammenarbeit gelegt.5 Die Erfolgsgeschichte
hält bis heute an.
4
5
6
10
Mit dem Beschluss vom 29. April 1993
wurde die zweite Phase des Programms
(Tempus II) für einen Zeitraum von vier
Jahren beginnend mit dem Hochschuljahr 1994/95 verabschiedet. Dabei wurde unter dem Dach von TACIS (Technical Assistance for the Commonwealth of
Independent States) das Hochschulreform-Programm bereits für 1993 auf die
Neuen Unabhängigen Staaten (Russland,
Belarus und die Ukraine) ausgedehnt.
Gleichzeitig wurde den assoziierten Ländern Mittel- und Osteuropas durch den
Europäischen Rat in Kopenhagen 1993
und Essen 1994 eine Perspektive für
den EU-Beitritt eröffnet. Um den Beitritt
vollziehen zu können, mussten allerdings erst verschiedene institutionelle
und administrative Voraussetzungen erfüllt werden und eine Anpassung an die
Gemeinschaftsnormen (acquis commun-
autaire) erfolgen. In diesem Zusammenhang wurde Tempus in der zweiten Hälfte
der 1990er Jahre mit dem Leitmotiv from
assistance to cooperation zu einem zentralen Heranführungsinstrument. Die Ausbildung von Verwaltungsfachleuten und
das institution building waren dabei wichtige Themenstellungen von Tempus II,
das noch einmal um zwei Jahre bis 2000
verlängert wurde.6 Schrittweise konnten
dann ab 1998/99 die assoziierten Länder Mittel- und Osteuropas an ERASMUS
und anderen EU-Programmen teilnehmen. Damit war ihre Beteiligung als Empfängerländer am Hilfsprogramm Tempus
beendet und der Übergang in die Kooperationsprogramme der EU vollzogen.
Auf Seiten des DDR-Ministeriums engagierte sich vor allem Wolfgang Trenn in sehr eindrücklicher Weise für die Beteiligung der ostdeutschen Hochschulen an den
europäischen Programmen und trug auch durch seine spätere Mitarbeit im DAAD maßgeblich zur erfolgreichen Integration der europäischen Bildungsarbeit bei.
Vgl. Wuttig, S., Kesselburg, J., Trenn, W.: 20 Jahre Mauerfall – Die Integration der ostdeutschen Hochschulen in die europäische Bildungszusammenarbeit, Bonn
2009.
Vgl. Wächter, B., Trenn, W.: Erfahrungen aus der Beteiligung deutscher Hochschulen, Organisationen und Unternehmen am Tempus-Programm der Europäischen Gemeinschaften – Ein Zwischenbericht über die Programmphase I (1990/91–1993/94) aus Sicht des DAAD, Bonn 1993.
Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.): Bericht der Kommission an den Rat, Bewertung der bisherigen Erfolge von Tempus und Perspektiven für die noch verbleibenden
Bedürfnisse der Partnerländer, Brüssel 8.5.1996, 14 ff.
Vgl. Arbeitsstelle EU des DAAD (Hrsg.): 8. Tempus-Jahrestagung des DAAD an der Universität Bayreuth 13. und 24.Oktober 1997, Bonn 1998.
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Jahre Tempus
Dies bedeutete für die mittel- und osteuropäischen Beitrittskandidaten nicht nur
einen Wandel von mehr strukturell ausgerichteten Aktivitäten in Tempus zu einer eher auf Mobilität ausgerichteten Zusammenarbeit in ERASMUS. Auch waren
die Fördermittel unter ERASMUS deutlich
geringer als im Tempus-Programm – eine
Situation, die viele Hochschulen Mittelund Osteuropas vor neue Herausforderungen stellte.
Am 29. April 1999 beschloss der Ministerrat der EU das erfolgreiche TempusProgramm für die Jahre 2000 bis 2006
fortzuführen, das bis dahin mit einem
Budget von fast 1 Milliarde Euro etwa
2.100 Hochschulprojekte gefördert hatte.
Partner waren in der dritten ProgrammPhase zunächst die Länder Osteuropas,
Zentralasiens und die Mongolei im Rahmen des TACIS-Finanzierungsinstruments
sowie die westlichen Balkanländer, für
die im Kontext des Stabilisierungsprozesses der EU für Südosteuropa Mittel aus
dem CARDS-Hilfsprogramm (Community
Assistance for Reconstruction, Development and Stabilisation) bereitgestellt wurden. Am 27. Juni 2002 erweiterte sich
dann der Geltungsbereich von Tempus
durch den Einbezug der Länder des südlichen Mittelmeerraums (z.B. Algerien,
Ägypten, Tunesien) erneut. Dabei wurden
für die Zusammenarbeit der Hochschulen
der EU mit Partnern im Mittelmeerraum
aus dem MEDA-Budget (Mediterranean
Development Assistance) für die euromediterrane Partnerschaft rund 107 Millionen Euro für die Jahre 2003-2006 zur
Verfügung gestellt. Mit dem EU-Beitritt
der mittel- und osteuropäischen Länder
konnten die früheren PHARE-Empfängerländer (wie Polen und Ungarn) nun wieder an Tempus teilnehmen (diesmal als
EU-Mitgliedsländer sozusagen „auf der
anderen Seite“).
(Osteuropa mit Russland, Mittelmeerraum, Naher Osten), der Heranführungshilfe für Beitrittskandidaten (Westlicher
Balkan) und der Entwicklungszusammenarbeit (Zentralasien). Das Programm,
für das ab April 2009 die Exekutivagentur für Bildung, Audiovisuelles und Kultur
(EACEA) der Kommission in Brüssel die
Verantwortung übernahm, zielt auf die
Modernisierung der Hochschulsysteme
in diesen Ländern ab und ermöglicht den
Ländern, sich auf freiwilliger Basis den
Zielsetzungen der Lissabon-Strategie und
des Bologna-Prozesses anzunähern.7 Gerade der Bologna-Prozess war bereits in
Tempus III ein wichtiger Referenzrahmen
für die Themenstellungen der Hochschulreform in verschiedenen Partnerländern.
Das Tempus-Programm wurde wiederholt evaluiert und hat sehr positive Ergebnisse für die Partnerländer erbracht.
So zeigt etwa die Ex-post-Evaluation von
Tempus III: „[Tempus] has made an important overall contribution to the development of higher education systems
[and] helped to create more internationally oriented and flexible higher education institutions in the Partner Countries
of the Tempus programme.”8 Zu diesem
Erfolg des Programms haben die deutschen Hochschulen in den bisherigen 20
Jahren von Tempus durch eine im europäischen Vergleich hervorragende Beteiligung wesentlich beigetragen. Nicht
selten ging dabei die Zusammenarbeit
mit den Partnerländern von einer DAADfinanzierten bilateralen Hochschulpartnerschaft aus.
Trotz der bisherigen Erfolge bleibt in den
kommenden Jahren aber noch viel zu tun,
um die Modernisierungsagenda im Hochschulbereich der Tempus-Länder gemeinsam weiter umzusetzen. Die strategische
Zusammenarbeit deutscher Hochschulen mit wichtigen europäischen Partnern
(z.B. in Frankreich und Polen) kann dafür
ein guter Ausgangspunkt sein. ó
Kontakt:
Dr. Siegbert Wuttig
Leiter der Nationalen Agentur
für EU-Hochschulzusammenarbeit DAAD –
Deutscher Akademischer
Austauschdienst
Tel.: +49 (0)228-882349
E-mail: [email protected]
Die aktuelle Phase des Programms (Tempus IV) gilt für den Zeitraum 2007 bis
2013 in den gleichen Partnerländern wie
in Tempus III (erweitert um Israel), allerdings unter den neuen Finanzierungsinstrumenten der Nachbarschaftspolitik
7
8
Vgl. http://eacea.ec.europa.eu/tempus/programme/about_tempus_en.php [27.09.2010].
ECORYS Nederland BV: Ex-post evaluation of the Tempus III Programme – Final report, Rotterdam 2009, 16-17.
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Jahre Tempus
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The Tempus Success Factors
Klaus Haupt
Tempus is one of the most venerable programmes of the European Union. Over
the past twenty years, Tempus has been
going from strength to strength. Back in
1989, Tempus was the only EU education
programme which focused on the EU‘s
immediate neighbouring countries. Since
then, it has increased from 17 participating countries to 56. It has grown from
an enlarged European continent to cover
Central Asia, North Africa and the Middle
East. Its role has expanded from supporting a smooth transition to democracy
and market economy in Central Eastern
Europe, to contributing to the education
dimension of the EU‘s external relations,
such as enlargement, development and
the neighbourhood policies. Stretching
from Portugal to Mongolia and with more
than 2,200 higher education establishments involved, Tempus has constituted
one of the largest university networks in
academic history.
Over the past twenty years, Tempus has
successfully responded to the evolving
needs of its partner countries in the area
of higher education. It started as an aid
programme, providing necessary equipment and economic assistance to the
countries of Central Eastern Europe after
the fall of the iron curtain. During the
transition phase to democracy and market economies, it provided support with
the necessary restructuring of universities and government departments. It also
helped prepare certain countries for accession to the EU. Since 2000, Tempus
focused more strongly on large-scale reform of higher education systems. Today,
Tempus is very much a co-operation programme which promotes capacity-building, modernisation and reforms through
international partnerships.
In spite of structural, geographical and
historical evolutions over the past 20
years, the underlying philosophy of the
programme has remained constant.
Three key elements of this philosophy
can be identified. While inherently simple, they have been prerequisites to the
programme‘s success.
The ‘Bottom-Up’ Approach
While the guidelines for each programme have been driven by wider
political imperatives, the development
and implementation of those guidelines in the form of Tempus projects
have been carried out by beneficiaries
on the ground. While calls for proposals must conform with broad national
priorities in the area of higher education, these calls merely mention broad
themes that a Tempus project should
fall under, but are not at all prescriptive in terms of tasks to be carried out.
Beneficiaries are given the liberty to
identify their own subject areas and
activities. While regular monitoring and
support is provided, there is no direct
control from Brussels over the project.
Stakeholders are given the freedom
to manage the projects themselves as
they see fit. Tempus relies on the motivation of people to make a difference.
By creating this space for initiative,
‘islands of innovation’ have been created in countries where national policies
for such initiatives have not yet been
in place. Actions emanate from individuals themselves.
A Two-Way Transfer of Knowledge and Know-How
The second element underpinning the
Tempus philosophy is the transfer of
expertise – not only knowledge, but
more importantly know-how, skills
and practical experience. This transfer
tended to be ‘one-way’ during the early
stages of Tempus. Tempus I was after
all an ‘assistance’ programme and
Klaus Haupt, EACEA, presenting the new call for proposals at the DAAD Tempus conference
at Freie Universität Berlin, November 2009
12
ó 20
Jahre Tempus
pioneers from European universities
set out with this ‘know-how’ to ‘assist’
their new neighbours. While it was an
admirable objective at the time, nowadays, the transfer is more ‘two-way’.
Mutual learning as a two-way process
is at the heart of the Tempus philosophy.
Structures at national level
The most important element that has
figured continuously throughout the
programme has been the role of the
National Tempus Offices (NTOs) in the
partner countries and National Contact Points (NCPs) in the EU Member States. They have not only been a
constant feature of the Tempus Programme since its inception, they have
been its backbone. Tempus was created in Brussels, but needed people
with local know-how to bring the programme to their home country. National Tempus Office coordinators with
knowledge of EU and national policies
and practices were crucial as ‘translators’. They showed stakeholders on the
ground how Tempus could be relevant
to their local context. National Contact
Points have helped promote Tempus in
the Member States and have systematically assisted EU applicants and partner institutions. Many Contact Points
work in close cooperation with NTOs
in the Partner Countries and all meet
bi-annually face-to-face. Tempus Offices and Contact Points have access to
valuable information on higher education institutions and are well placed to
help with the mammoth task of partner-searching.
The basic features of the Tempus programme have remained stable over the
past twenty years and have been the secret to its success. Its simple philosophy promoting a ‘bottom-up approach’
has encouraged grass-roots participation and empowerment. Mutual benefits
have been ensured through the ‘twoway’ transfer of knowledge and skills.
Above all, people-to-people contacts
have broadened minds and intercultural
understanding, much wider than any academic textbook ever could. A diverse set
of higher education stakeholders have
been able to work together on projects,
targeted at different levels of the higher
education systems.
The Tempus programme has a very illustrious past and it has greatly contributed to promoting reform and modernisation in all participating countries over the
past twenty years. Tempus has been one
of the cornerstones of the EU‘s policy
to prepare the countries in the Western
Balkans for accession and to draw the
neighbouring countries as closely as possible to the EU. But its most important
strength will continue to lie in the people
that cooperate across boundaries and
that have made the programme a success over the past twenty years. ó
Contact:
Klaus Haupt
Head of Unit “Tempus & Bilateral
Cooperation with Industrialised
Countries”
Education, Audiovisual and Culture
Executive Agency, Brussels
E-mail: [email protected]
ó 20
Jahre Tempus
13
Das Engagement deutscher Hochschuleinrichtungen
in Tempus
Judith Lesch, Christine Dietz, Nina Salden
Seit Beginn des Programms im Jahr 1990
nehmen deutsche Hochschulen aktiv an
Tempus teil. Dabei waren sie nicht ausschließlich auf EU-Seite an Projekten
beteiligt: Durch eine Übereinkunft der
Europäischen Gemeinschaft mit der damaligen DDR im Sommer 1990, unmittelbar vor der Wiedervereinigung, konnten
die Hochschulen in Ostdeutschland sich
für kurze Zeit als Partner an Projekten
beteiligen. 1990/91 wurden zwölf Tempus-Projekte in einem Förderumfang von
ca. 2 Mio. DM an ostdeutschen Hochschulen umgesetzt. Danach nahmen sie
auf der EU-Seite gemeinsam mit den
westdeutschen Hochschulen am Programm teil. Das Tempus-Programm bot
sowohl ost- als auch westdeutschen
Hochschulen die Möglichkeit, Kontakte
zu europäischen Partnern wieder aufzunehmen und zu festigen. Bis zum heutigen Tag leisten die Teilnehmer einen
wichtigen Beitrag zum europäischen Einigungsprozess und zur Hochschulzusammenarbeit mit den EU-Nachbarregionen.
Die heutigen EU-Staaten Polen, Rumänien, Ungarn und Bulgarien kommen durch ihre
Beteiligungen als Partnerländer zu Beginn des Programms auf eine vergleichsweise höhere
Anzahl an Projekten. Bis einschließlich Tempus III konnten die Funktionen des Vertragsnehmers und des Koordinators bei zwei verschiedenen Hochschulen angesiedelt werden.
Dies ermöglichte es Hochschulen in Partnerländern, Projekte selbst zu koordinieren, wenn
sie auch nicht als Vertragsnehmer fungierten. Das änderte sich mit Beginn der vierten Programmphase 2007. Seitdem können auch Einrichtungen aus den Partnerländern Anträge in
Tempus stellen. Koordinator ist dabei immer die antragstellende Einrichtung.
14
ó 20
Jahre Tempus
Deutsche Hochschuleinrichtungen im EU-Vergleich
Im europäischen Vergleich liegt die Projektbeteiligung deutscher Hochschulen
in der Gesamtlaufzeit von 1990 bis 2010
an dritter Stelle hinter den britischen
und den französischen Hochschulen. In
der aktuellen Programmphase Tempus IV
(2007-2013) ist sie noch deutlich gestiegen: Mit 43 % Projektbeteiligung stehen
deutsche Hochschuleinrichtungen an der
Spitze vor Italien, Spanien und Großbritannien.
Die Säulen „Projekte“ beziehen sich auf die Anzahl an Projekten, an denen
Hochschuleinrichtungen des jeweiligen Landes als Vertragsnehmer und/oder
Partner beteiligt sind. Projekte, in die mehrere Einrichtungen eines Landes
involviert sind, wurden nur einmal gezählt.
ó 20
Jahre Tempus
15
Partnerregionen deutscher
Hochschulen
Deutsche Hochschulen arbeiteten in
Tempus I besonders eng mit Ungarn,
Polen und der ehemaligen Tschechoslowakei zusammen. In Tempus II trat mit
der Russischen Föderation ein weiteres
Land in das Programm ein, mit dem deutsche Hochschulen seitdem besonders
häufig kooperieren. Sie beteiligten sich
sowohl in Tempus II als auch Tempus
III an knapp der Hälfte aller russischen
Projekte; in Tempus IV sogar an 54 %. In
absoluten Zahlen ist die Anzahl an Tempus IV-Projekten von 23 mit Russland die
höchste; mit keinem anderen Partnerland
werden derzeit unter deutscher Beteiligung so viele Projekte umgesetzt.
Im Vergleich zu vorherigen Programmphasen ist der Anteil an Tempus-Projekten mit
deutscher Beteiligung in der jüngsten Zeit am höchsten. In Tempus IV liegt er derzeit bei
über 43 % (1. bis 3. Aufruf).
Die höchste deutsche Projektbeteiligung
in Tempus II und III ergibt sich damit
in der Region des Östlichen Nachbarschaftsraums und Russlands, gefolgt von
der Kooperation mit dem Westlichen Balkan und mit Zentralasien. In Tempus IV
nahmen deutsche Hochschulen häufiger
als zuvor an zentralasiatischen Projekten
teil, nämlich an über 63 %. Da Zentralasien im Vergleich zu den anderen Regionen
jedoch über ein niedrigeres Gesamtbudget verfügt, ist die Anzahl der zentralasiatischen Projekte im Vergleich zu anderen Regionen geringer. Im Westlichen
Balkan ist das deutsche Engagement im
Verhältnis zu der Gesamtzahl an Projekten in der Region von Tempus II und III
hin zu Tempus IV leicht zurückgegangen.
Mit den Südlichen Mittelmeeranrainern
kam 2002 in Tempus III eine vierte Partnerregion hinzu. Die deutsche Beteiligung war hier anfänglich niedriger als bei
den anderen Regionen, ist aber mit der
Zeit auf mittlerweile 46 % in Tempus IV
angewachsen, wobei die Zusammenarbeit mit Ägypten besonders intensiv ist.
Das vorliegende Diagramm zeigt, an wie vielen Projekten mit den Partnerregionen deutsche Hochschuleinrichtungen in Tempus IV beteiligt sind.
16
ó 20
Jahre Tempus
In Tempus IV sind deutsche Hochschulen somit in allen Regionen sehr gut vertreten. Nach der hohen Projektbeteiligung in Zentralasien von über 63 %, folgt
die Zusammenarbeit mit dem Östlichen
Nachbarschaftsraum (49 %), dem Südlichen Nachbarschaftsraum (46 %) und
dem Westlichen Balkan (31 %). Die Beteiligung deutscher Hochschulen an allen
Tempus IV-Projekten liegt bei 43 %.
Die aktivsten deutschen Hochschulen
Die gute Programmbeteiligung deutscher
Hochschulen in Tempus ist nicht zuletzt
dem außerordentlichen Engagement einiger einzelner Hochschulen und TempusKoordinatoren zu verdanken. Mit großer
Kontinuität bewerben sie sich in jeder
Antragsrunde sowohl als Koordinator als
auch als Partner von Tempus-Projekten.
Mit über 60 Projektbeteiligungen seit Beginn des Programms steht eine ostdeutsche Hochschule, die Technische Universität Dresden, an der Spitze, gefolgt von
der Universität des Saarlandes, der Leibniz Universität Hannover und der JustusLiebig-Universität Gießen. In den letzten
Jahren nehmen auch verstärkt deutsche
Fachhochschulen am Programm teil. In
Tempus IV sind sie in rund 16 % der deutschen Projekte involviert. ó
Kontakt:
Judith Lesch
Referat „Tempus/Erasmus Mundus/
EU-Drittlandkooperationen“
DAAD – Deutscher Akademischer
Austauschdienst
Tel.: +49 (0)228-882466
E-mail: [email protected]
ó 20
Jahre Tempus
17
Das Tempus-Programm an der Philipps-Universität
Marburg
Christopher Moss, Angel Manuel Rafael
Deutschland hat historisch gewachsene
Kontakte zu den Hochschulen in Ost- und
Südosteuropa sowie zu den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Viele dieser
Kontakte reichen weit zurück. Durch
den Fall der Mauer und die politischen
Veränderungen vor zwanzig Jahren kam
das Tempus-Programm wie gerufen, um
endlich die Zusammenarbeit mit diesen
Hochschulen auszubauen – und in vielen
Fällen um sie für das ERASMUS-Programm
vorzubereiten: so auch in Marburg.
Damals wurde die Zusammenarbeit im
Tempus-Programm zum Beispiel mit Kasachstan und der Ukraine von der Marburger Hochschule als Hilfeleistung gesehen. Die ersten Projekte beschäftigten
sich mit dem Ausbau des Fremdsprachenangebots bzw. einer Neuorientierung des Jura-Studiums. Was sich damals
schon herauskristallisiert hatte, war die
Zusammenarbeit auch mit Partnern in
den EU-Ländern, die gemeinsam mit der
Philipps-Universität an Tempus-Projekten
Workshopvorbereitungen zum Thema
Qualitätssicherung an der Telavi State
University, März 2009
18
ó 20
Jahre Tempus
mitarbeiteten. Aus reinen Austauschbeziehungen wuchsen Kooperationen auf
anderen Ebenen.
Dies wurde mit dem Beginn der Umsetzung des Bologna-Prozesses deutlich,
der eine neue Phase der Tempus-Kooperationen mit sich brachte: die Phase des
miteinander Lernens. Die Projekte entwickelten sich von Fachbereichsprojekten zu Programmen der Universität und
damit auch der Universitätsverwaltung
und der Leitung. In Projekten mit den
Ländern des Westlichen Balkans hat die
Universität Marburg in Kooperationen
mit Hochschulen in Flandern, England,
den Niederlanden, Österreich, Portugal
sowie Slowenien an neuen Strukturen im
Einklang mit dem Bologna-Prozess gearbeitet. Es ging z.B. um die Einführung
von ECTS, der Modularstruktur, Sommeruniversitäten sowie die Modernisierung
von Hochschulstrukturen. Diese Projekte
erwiesen sich als besonders wertvoll für
die strategische Planung in Marburg und
sind in neue Entwicklungen eingeflossen.
Als Beispiel sei hier die Entwicklung eines zentralen Prüfungsverwaltungssystems erwähnt. Das könnte man als „umgekehrte Entwicklungshilfe“ bezeichnen.
Aus der manchmal schwierigen Überzeugungsarbeit bei den Partnern lernt man
Argumente, die man genauso gut bei der
Internationalisierung zu Hause anwenden kann.
Überhaupt bietet Tempus ein hervorragendes Mittel, um verschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschule einzubeziehen: Das bedeutet
besonders für die Jüngeren Personalentwicklungen. Auch Studierende profitieren
von den Tempus-Projekten. Im Rahmen
der Tempus-Mobilität haben Marburger
Studierende einen Studienaufenthalt in
Bosnien-Herzegowina verbracht, um ihre
Bachelorarbeiten vorzubereiten.
Die Marburger Mediziner haben in Projekten mit Hochschulen in Georgien,
Im aktuellen Tempus-Projekt „Modernisation and Reconstruction of University
Management and Structure“ arbeitet die
Universität Marburg mit Hochschulen
in Bosnien und Herzegowina, Kroatien,
Serbien und der ehemaligen Republik
Mazedonien zusammen.
Kontakt:
Angel Manuel Rafael
Referat für Europäische Studienförderprogramme/European Office
Philipps-Universität Marburg
Tel.: +49 (0)6421-2826238
E-mail: [email protected]
Serbien und Syrien kooperiert. Hier ging
es vorwiegend um eine Umstrukturierung des Studienangebots. Die Zusammenarbeit mit Serbien und Syrien wird
aufgrund der gewonnenen Kontakte fortgesetzt. Die Kooperation mit der Universität Telavi in Georgien soll durch eine
weitere Zusammenarbeit in den Bereichen Zahnmedizin und der Dermatologie
im Rahmen neuer Förderprojekte weitergeführt werden.
Häufig wird die Frage gestellt: Was haben
wir davon? Es profitieren doch nur die
Partner und Ressourcen werden gebunden. Doch jedes Tempus-Projekt zeigt
von Neuem, dass sich diese Kooperationen ausgezeichnet in die Internationalisierungsstrategie einer Hochschule
einbinden lassen. Das gilt besonders für
die Bereiche Qualitätssicherung, Personalentwicklung sowie die Einführung
von international lesbaren Standards.
Last but not least entwickelten sich aus
den Tempus-Kooperationen persönliche
Freundschaften, die auch helfen, nationale Unterschiede bei den Partnern zu
überbrücken. ó
ó 20
Jahre Tempus
19
Chancen für deutsche Hochschulen im
Tempus-Programm – Die TU Dresden zieht Bilanz
Matthias Winker
In den 20 Jahren nach der deutschen Einheit und den Umbrüchen in den ehemaligen Ostblock-Ländern sind für Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen
interessante Förder- und Kooperationsinstrumente entstanden. Die Europäische
Union – als einer der größten Förderer –
entwickelte diese in den drei prinzipiellen
Bereichen „Forschung und Entwicklung“,
„Bildung und Kooperation“ sowie „Strukturfonds und Regionalentwicklung“. Die
hierüber generierten Projekte und Drittmittel bilden für viele Hochschulen und
Wissenschaftseinrichtungen eine stabile
Säule in der „externen“ Wissenschaftsfinanzierung.
Auch an der Technischen Universität
Dresden (TUD) als eine der größten und
drittmittelstärksten deutschen Universitäten haben EU-Förderungen in den letzten zehn Jahren ein beachtliches Ausmaß
angenommen. So wurden seit dem Jahr
2000 über 500 EU-Projekte mit einem
Gesamtfördervolumen von mehr als
100 Mio. Euro erfolgreich eingeworben.
Die jährlichen Drittmitteleinnahmen daraus sind mittlerweile auf ca. 12 Mio. Euro
angewachsen. Einen wesentlicher Anteil
an diesem Erfolg in der Vergangenheit
gehörte zweifelsohne dem EU-Programm
Tempus. Mit 33 erfolgreich durchgeführten Tempus-Projekten seit 2002 nimmt
die TUD einen Spitzenplatz in der deutschen Hochschullandschaft ein.
Tempus – aktueller denn je
Tempus ist heute das „Flaggschiff“ für
die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern der EU im Hochschulbereich. In
der Vergangenheit galt es häufig als Wegbereiter der Förderung von Kooperation und grenzübergreifender Zusammenarbeit zwischen Hochschulen in Europa
und deren alten und neuen Partnern im
europäischen Nachbarschaftsumfeld.
Trotz seiner expliziten Zielsetzung der
Modernisierung des Hochschulwesens
in Osteuropa und Russland, Zentralasi-
en, den Ländern des westlichen Balkans
und den südlichen Mittelmeeranrainern
entfaltet das Programm seine positiven
Wirkungen auch innerhalb der EU und
befördert das Zusammenwachsen des
europäischen Bildungsraums. Vor allem
deswegen bildete und bildet Tempus für
die Hochschulen in Deutschland eine
stabile Basis zur Unterstützung bei deren
Internationalisierungsbemühungen. Mit
seinen thematischen Bereichen “Curricular Reform”, “Governance Reform” und
“Higher Education and Society” begleitet
es hochaktuelle und spannende Themen
des Hochschulalltags in der ersten und
zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts.
Die hierbei verfolgten Förderziele treffen
den Bedarf sowohl in den genannten Zielländern also auch in den Ländern der EU.
Die Vorteile, die sich aus einer Teilnahme
an einem durch Tempus geförderten Projekt ergeben, sind vielfältig und helfen
den deutschen Hochschulen bei der Verbesserung ihrer Position im internationalen Wettbewerb. Worin bestehen diese
nun im Einzelnen?
Vorteile der Teilnahme für die
Hochschulen
JEP/JP
SCM/SM/CM
IMG
Joint (European) Projects, Structural and Complementary Measures, Individual Mobility
Grants
20
ó 20
Jahre Tempus
EU-Programme sind ein hervorragendes
Mittel zur raschen Absorption international verfügbaren Wissens, dessen Einbindung in die hochschulinterne Wissensbasis und der anschließenden Umsetzung
in wettbewerbsfähige Produkte der Hochschulen. International anerkannte Studiengänge im Einklang mit den Zielen
der Bologna-Reform sind beispielsweise solche Produkte (Tempus-Stichwort:
“Curricular Reform”). Insbesondere für
Hochschulen besteht durch die gezielte
Beteiligung an EU-Projekten die Möglichkeit, neue Marktchancen zu erkunden
und neue Netzwerke in Europa aufzubauen.
Die TUD leistet als aktiver Teil der Bürgergesellschaft und als Zentrum für Wissens- und Forschungstransfer einen Beitrag zur Leistungskraft der Unternehmen
und Institutionen der jeweiligen Regionen
und darüber hinaus (Tempus-Stichwort:
“Higher Education and Society”). Voraussetzungen dazu sind eine stabile und
international vernetzte Vielfalt in Forschung und Lehre, wobei im Rahmen von
Kernkompetenzen Exzellenzfelder gefördert und entwickelt werden können.
Dissemination Meeting und Workshop in Almaty, Kasachstan 2007
Wesentlich für den Erfolg ist, dass zum
Beispiel die Teilnahme an einem TempusProjekt nach vorheriger Abstimmung
mit der Hochschulstrategie erfolgt. Liest
man Leitbilder und Strategieerklärungen
deutscher Hochschulen, nimmt neben
Spitzenforschung und -lehre vor allem
auch die Internationalisierung und Kooperation innerhalb Europas einen wichtigen Stellenwert ein. So fördert die TUD
beispielsweise die internationale Zusammensetzung ihrer Mitgliedschaft und die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit
in Forschung und Lehre. Die Universität
möchte dabei eingebunden sein in weltweite Kooperationen und nutzt dazu vor
allem auch Partnerschaften mit Hochschulen und außeruniversitären Wissenschaftseinrichtungen aus den Zielländern
des Tempus-Programms.
Exzellenz an der TUD entsteht aus der
Einheit von hervorragender Forschung
und begeisternder Lehre. Sie gründet in
allen Bereichen der Universität auf Fachkompetenz, aber auch auf Initiativgeist,
schöpferische Neugier, Leistungsbereitschaft, Kommunikation und Kritikfähigkeit. Alle Mitglieder befinden sich in einem Prozess des lernenden Forschens
und des forschenden Lernens. Dabei
strebt die Universität nach größtmöglicher Effizienz und Transparenz in ihren
Entscheidungs- und Verwaltungsvorgängen und betreibt aktiv die Modernisierung ihrer Verwaltungsstrukturen inkl.
der Einführung von Qualitätssicherungssystemen. Bei diesem Prozess sind internationale Erfahrungen und der Diskurs
mit Partnern aus Europa und den Ländern der Tempus-Regionen ganz besonders willkommen (Tempus-Stichwort:
“Governance Reform”).
Zusammenfassend zeigt sich eine sehr
hohe Zielkongruenz zwischen den Zielen
des Tempus-Programms und den Zielen
von Hochschulen in Deutschland. Genau
diese Zielkongruenz macht eine Beteiligung an Tempus so wertvoll für die TUD
und die vielen anderen deutschen Antragsteller.
Kick-Off-Meeting im Projekt „IKTRU“,
2008 in Woronesch, Russland
ó 20
Jahre Tempus
21
Erfolgreiche Umsetzung benötigt Management-Kompetenz
Mit ihren komplexen Richtlinien sind
EU-Förderinstrumente – und so auch
Tempus – jedoch nicht nur in der Beantragung, sondern auch während der
Durchführung anspruchsvoll. Die durch
Tempus finanzierten Projektvorhaben
erfordern auf Grund der internationalen
Ausrichtung einen deutlichen administrativen Mehraufwand bei der Abwicklung.
Um also das Tempus-Engagement der
WissenschaftlerInnen positiv zu begleiten, deren Konzentration auf die fachliche Arbeit zu ermöglichen und inhaltlich
hochwertige Anträge und Projektergebnisse erarbeiten zu können, werden sie
an der TUD durch erfahrene ProjektmanagerInnen unterstützt. Mit einem
bewährten Service-Konzept bietet das
European Project Center (EPC) den WissenschaftlerInnen zahlreiche Betreuungsangebote, die sich nicht nur auf die Antragstellung beschränken.
Ausgestattet mit umfassenden administrativen Kompetenzen hat das EPC ein
ganzheitliches Dienstleistungskonzept
entwickelt, welches den Projektzyklus
von der Erstidee bis hin zur finalen Abrechnung vollständig umfasst. Neben
den guten bis sehr guten Erfolgsquoten
Tagung des DAAD an der TU Dresden, September 2007, anlässlich des Beginns der
vierten Tempus-Programmphase
bei den Bewilligungen zeichnen sich Tempus-Anträge der TUD durch optimale Mittelverwendung und eine sehr hohe Revisionssicherheit beim Mitteleinsatz aus.
Dass dabei nunmehr seit Jahren eine
hundertprozentige Refinanzierung der
Kosten am EPC aus den betreuten Projekten möglich ist, steht für den Erfolgscharakter dieses Modells. Nicht zuletzt
deswegen konnte sich die TUD bisher
so erfolgreich bei der Einwerbung von
Tempus-Geldern und anderen EU-Fördermitteln behaupten. Gestützt auf eine solche sichere administrative Basis hält das
Interesse und die Nachfrage nach den
Angeboten des Tempus-Programms bei
den WissenschaftlerInnen der TUD über
Jahre an. Ängste und Skepsis gegenüber
internationalen Projekten und Kooperationen konnten abgebaut werden und wichen im Laufe der Zeit einer durch Neugier begleiteten stabilen Verankerung in
der weltweiten „Tempus-Familie“. Darauf
lässt sich mit Stolz und Freude zurückblicken.
Die WissenschaftlerInnen der TU Dresden und die ProjektmanagerInnen des
EPC gratulieren Tempus und allen daran
Beteiligten zu 20 Jahren erfolgreicher Kooperationsarbeit und freuen sich auf die
nächste Ausschreibungsrunde. ó
Kontakt:
Matthias Winker
Direktor European Project Center (EPC)
Technische Universität Dresden
Tel.: +49 (0)351-463 33303
E-mail: [email protected]
www.epc-dresden.de
22
ó 20
Jahre Tempus
Tempus Cooperation Between German and Russian
Universities: Lessons Learnt and A Look Into the Future
Prof. Olga Oleynikova
The Tempus programme which is marking its twentieth anniversary this year
has offered unique and unrivalled opportunities for countries participating in it
to modernise their higher education systems. The programme has proved highly
effective in building the European Higher
Education Space and in implementing
the Bologna Action lines.
In Russia, the effects of the Tempus programme are manifold and embrace effective policy learning at all levels (federal
to regional to university), an extended remit of universities, and enhancement of
their role in society.
It is also thanks to the Tempus projects
that major higher education modernisation efforts in the country have been
made possible, such as the transition to
the Bologna two-cycle system of higher
education (with an appropriate federal
law adopted in 2007), transition to the
new national higher education standards
based on learning outcomes that will result in new curricula contributing to the
international comparability of degrees
and qualifications, and a gradual introduction of the European credit transfer
system.
The Tempus projects in Russia to date
have contributed to the implementation of the “Concept of the Modernization of the Russian Education for Period
until 2010”. The Tempus projects have
multiplied the impact of the national priority “Education” that aimed at enhancing university-enterprise cooperation and
relevance of universities for building an
innovative economy in Russia. Under the
National Projects, grants were provided
to innovative universities selected on a
competitive basis to purchase equipment
and develop new curricula.
Quite a few universities in Russia that
have benefited from both the national
grant and the Tempus support display a
synergy of new concepts of higher education (Tempus) with renovated facilities and equipment (national grant) that
enhance the implementation of the new
concepts and ideas. The number of Tem-
Prof. Olga Oleynikova, introducing
the national priorities at the DAAD
Tempus conference at Freie Universität Berlin, November 2009
pus projects in Russia since 1993 after
Russia had joined the programme is 319.
Training “Development of 2-cycle curricula using Tuning methodology to achieve
compatibility of diploma” by Prof. Volker Gehmlich, Moscow, July 2010
Tempus projects offer a valuable opportunity for universities to adapt to the
challenges of the post-industrial society
and the knowledge-based economy. The
mobility opportunities under Tempus provide wonderful opportunities for crosscultural learning, which is of special importance in a globalised world. Also, the
added value of Tempus is that it offers
a testing ground for piloting innovations
that are later introduced system-wise.
The latter is of special significance in the
context of the growing mass character
of universities. (Since the early 1990s,
the number of universities in Russia has
doubled, and enrolment has grown 2.5
times).
ó 20
Jahre Tempus
23
Tempus and Erasmus Mundus Info Session, Moscow, November 2008
74% of higher education institutions in
Russia which have participated in Tempus attribute positive developments in
the curricula changes to the Tempus programme. Tempus projects have also contributed to the re-thinking of methods of
teaching and learning and of the role of
teachers. Gradually, Russian universities
are adopting learner-centered, self-managed learning methodology.
Thanks to Tempus, a new culture of
learning, namely that of life-long learning, has emerged at a number of universities in Russia that are extending their
remit and opening up to a broader environment and new target groups. In the
overall picture of Tempus success stories
the contribution of projects implemented
with participation of German universities
is very important. The chart below shows
the project figures.
As is seen from the chart, after the upsurge of the total number of projects in
2006, their number has been on the decline, which calls for reflection and looking for ways to enhance the level of cooperation between Russian and German
universities under Tempus.
As for possible reasons for the reduced
number of projects, one may include a
changed format of cooperation, namely
after the completion of Tempus projects
the universities often carry on on a bilateral basis, using their own budgets –
which is a strength and not a weakness.
As for other reasons, it may be assumed
that a certain share of cooperation has
shifted to Erasmus Mundus projects,
and on the whole the amount of provided funding can account for the reduced
overall number of projects.
Taking a closer look at the results of the
two recent calls, in the third call, the
Russian projects involving German universities amounted to five, three of which
were with German universities as grantholders. These are Joint Projects focusing
on curricula reform involving such univer-
24
ó 20
Jahre Tempus
sities as Hochschule Wismar, Technische
Universität Berlin and Leibniz Universität
Hannover that act as grant-holders. The
strength of practically all of the projects
that involve German universities is that
they pay special attention to enhancing
the European dimension of higher education and contribute to the Bologna process. Also Russian universities can learn
a lot from their German colleagues about
the enhancement of the role of universities in fostering innovations and in
translating the findings of university
research into practical application by
enterprises in industry.
Currently, in Russia special attention is
given to training more flexible specialists
who would be employable in the labour
market, and on the whole to enhancing
the higher education-labour market links.
German universities and the education
system at large have an established tradition of cooperation with employers and
both institutional and methodological
mechanisms of this cooperation – this
is something that can be further shared
with the Russian partners. Another area
of learning for Russian universities is
autonomy of universities and university
governance, both very well developed in
Germany.
As time has shown, projects involving
German partners are highly successful in
Russia due to well-prepared applications,
clearly defined goals and objectives, effective project management and communication channels, effective study tours
in Germany, and a clear focus on mutual
learning. The projects usually have a high
sustainability potential thanks to the support they enjoy on the part of the administration of Russian universities and to
the integration of project outputs into
the university development strategies.
The key project areas to date have been
diverse, covering mostly curricula development and updating (in numerous
areas) and continuing training for third
parties.
Speaking about expectations for the
future, Russian universities are looking forward to a further development of
projects involving German universities,
especially in areas relating to curricula
in high-tech fields that have been identified as a national priority recently by the
Ministry of Education of the Russian Federation and include nanotechnology and
biotechnology, ecology and environment
and energy. ó
Prof. Olga Oleynikova with Klaus
Haupt, EACEA, at the DAAD Tempus
conference at Freie Universität
Berlin, November 2009
Contact:
Prof. Olga Oleynikova
National Tempus Office of the Russian
Federation
Tel: +7-495-9723590
E-mail: offi[email protected]
Website: www.tempus-russia.ru
Workshop “Tempus Cooperation with Eastern Partner Countries” at the DAAD
Tempus conference at Freie Universität Berlin, November 2009
ó 20
Jahre Tempus
25
20 years of German-Polish Tempus cooperation
Nina Salden
The Tempus programme was established
in May 1990 at a decisive moment for
Europe, and in particular for Germany
and Poland. After the fall of the iron curtain it has been an important tool for
German and Polish universities to reestablish contacts, to intensify cooperation within an enlarged Europe and to
strengthen the internationalisation and
modernisation of their higher education
system. The joint commemoration of the
20 years anniversary of the Tempus programme by the German and Polish National Tempus Contact Points in 2010
shall pay tribute to successful GermanPolish Tempus cooperation over the last
20 years and underline the importance
of the programme for both countries.
The statistics show more than 300 Tempus projects with participation from German and Polish institutions from 1990
to 2010. These make up 21 % of all German Tempus projects and up to 43 % of
all Polish Tempus projects. In numbers,
German institutions range second after
the United Kingdom within Polish Tempus projects.
The nature of German-Polish Tempus
projects has changed over the years, in
line with the developments of the Tempus programme: starting with the exchange of students and university staff in
the 1990s towards joint capacity-building in Eastern and Southern European
Neighbouring countries since 2004. Poland has been, besides Hungary, former
Czechoslovakia and the GDR (until 3rd
October 1990), one of the first Tempus
beneficiary countries. One of the very
first Tempus projects, the ACTES (“Academic Co-operation in Training and Exchange of Students and Staff”) project,
coordinated by the Technical University
of Applied Sciences Berlin, has created
a network of universities in Western Europe, Poland, Hungary, the (today) Slovak
Republic and institutions in the former
GDR, that enabled up to 284 student and
169 staff mobility. Mobility, linked with
the introduction of new teaching methods
and curricula, was at the heart of
many of the first Tempus projects. The
mix of mobility and structural elements
in Tempus I has created the basis for fur-
Between 1990 and 1999 Poland participated in Tempus as a partner country.
26
ó 20
Jahre Tempus
“Managing this Tempus MJEP has become a very gratifying experience. I
learnt to understand the importance
of student mobility and of international relations in general for the Polish partner universities. I realised how
many positive results can be achieved
with rather modest financial means. I
see the thankfulness of the partners.
I did not only get to know Physics colleagues, I made friends.” Prof. Dr.
Dr.h.c. Peter Sauer, Leibniz Universität Hannover, coordinator of the
Tempus project EMSPS (European Mobility Scheme for Physics Students).
ther cooperation in the following “Tempus years” (see Borchert in DAAD Success Stories III, 1999).
In Tempus II (1994-1999) the objectives
of the programme changed. Poland was
preparing for EU membership and, as
a consequence, for participation in the
European mobility programmes, such
as Leonardo and Socrates. Contrary to
the bottom-up approach in Tempus I, the
Tempus II projects aimed at implementing reform set within a national context. In Poland this included for example
the upgrading of financial management
at Polish universities. The NABUCOVA
(“New Approach in Budget and Cost Valuation for the Administration”) project,
coordinated by the University of Applied
Sciences in Darmstadt, allowed participating Polish universities to learn from
different European systems to set-up a
computerised administration system.
The maintenance and further use of the
inter-university service centre created
within this project, was seen as one of
the most important achievements of the
project and proved the sustainability
and long-term impact of the new Tempus
approach (see Göbel, Krier, Jüchen
in DAAD Success Stories III, 1999). Mobility projects continued in Tempus II
with a clear focus on introducing ECTS
and the recognition of studying periods
abroad, thereby assisting in the preparation of Polish universities for participation in the Socrates programme. One
example is the EMSPS project (European
Mobility Scheme for Physics Students),
coordinated by the University of Warsaw
and the Leibniz Universität Hannover
that implemented mobility schemes with
full academic recognition between Western European and twelve Polish higher
education institutions.
Since its EU accession in 2004 Poland is participating in Tempus again.
Nevertheless the change from Tempus
to Socrates (in 1999 Polish universities
could apply for the last time as beneficiary institutions in Tempus) was difficult
as scholarships for mobility decreased
significantly with the introduction of
Socrates.
“I wish to stress that participation in
the Tempus MJEP has had a great impact on our students – they became
more self-relying, ambitious and active,
not to say they learnt physics from another perspective and improved their
language skills. On the other hand, the
participation in the Tempus programme
gave an impetus to our staff willingness
to change and modernise study programmes at our university. (…).
I learnt also from other coordinators
more about the ECTS system which
we are now trying to implement at our
university.” Jan Klosinski, University
of Lodz, participant in the EMSPS
project.
ó 20
Jahre Tempus
27
After Poland’s EU accession in 2004 Polish universities re-entered the Tempus
programme contributing to the development and the modernisation of the higher
education system in the new Tempus
partner countries in the Eastern Neighbourhood, the Western Balkans – and later
on – in Central Asia and the Southern
In Tempus III the partner countries Albania, Armenia, Azerbaijan, Egypt, Former Yugoslav Republic of Macedonia, Georgia, Kazakhstan, Kyrgyzstan, Serbia, Tajikistan, Tunisia,
Turkmenistan were involved in one German-Polish project each.
28
ó 20
Jahre Tempus
Neighbourhood. Cooperation between
German and Polish universities continued in this new setting. In Tempus III
and Tempus IV 35 Tempus projects were
realised with participation from both German and Polish institutions. The majority of these projects focused on Eastern European countries. In Tempus III
Ukraine, Russia and Croatia and in Tempus IV Russia, Ukraine and Armenia are
among the most frequent Tempus partner countries cooperating with German
and Polish institutions. Each institution
is contributing with a specific expertise
to the projects’ objectives. The Warsaw
University of Life Sciences (Poland), with
a specific experience in agricultural and
environmental sciences and the University of Hohenheim (Germany) have, for
example, joined forces in the Tempus
project RUDECO (“Vocational Training in
Rural Development and Ecology”) to assist partner institutions in Russia to create vocational training modules in twelve
thematic areas related to the sustainable
development of rural regions.
“It is extremely important for students
from Central and Eastern European
countries, which for 50 years were isolated from Western Europe, to have this
chance of studying in the West. New
elites of these countries should in future promote ideas of unified Europe.”
Michal Praszalowicz, Jagellonian University Krakow, participant in the
EMSPS project.
8
7
6
5
4
3
The German-Polish Tempus projects illustrate well the developments of the Tempus programme over the last 20 years.
Despite significant changes, respectively regarding the partner countries, key
features of the programme remained.
Among these are higher education cooperation within an enlarged Europe, as
well as the modernisation of higher education systems through the exchange of
experience and know-how. The exchange
of experience has thereby given rise to
various synergy benefits both for Tempus
partner countries as well as for European
participating institutions. We hope that
Tempus will maintain this focus within
the next 20 years, thereby adapting to the
changing environment of the higher education system in Europe and beyond. ó
2
1
0
Nina Salden at the DAAD Tempus
conference at Freie Universität
Berlin, November 2009
Contact:
Nina Salden
Head of Unit “Tempus/Erasmus
Mundus/EU-Third Country
Cooperation”
DAAD – Deutscher Akademischer
Austauschdienst (German Academic
Exchange Service)
Tel.: +49 (0)228-882520
E-mail: [email protected]
ó 20
Jahre Tempus
29
TEMPUS I (1990–1993)
Wirtschaftsinformatik als Studienfach
an polnischen Hochschulen
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. August-Wilhelm Scheer, Prof. Dr. Claudia Kocian
Das Tempus-Projekt „Universitätskooperation Wirtschaftsinformatik (UNIVERS)“
hatte das Ziel, die Modernisierung der
polnischen Hochschulausbildung in der
Betriebswirtschaftslehre (BWL), insbesondere im Vertiefungsfach Wirtschaftsinformatik, zu unterstützen. Von 1992
bis 1995 arbeiteten das Institut für Wirtschaftsinformatik (IWi) an der Universität
des Saarlandes, das Institut Commercial
der Universität Nancy und die Ökonomische Fakultät der Universität Warschau
intensiv zusammen.
Zusätzlich waren in Polen Partner aus der
Wirtschaft beteiligt wie die Polnische Nationalbank oder das Statistische Zentralamt. Im letzten Jahr des Tempus-Projektes wurden mit der Wirtschaftsakademie
Posen und der Technischen Hochschule
Gleiwitz zwei weitere polnische Hochschulen einbezogen.
Aufgrund des Projekterfolgs schloss von
1996 bis 1997 ein „Gemeinsames Europäisches Netzwerk“ zur Verbreitung der
UNIVERS-Ergebnisse an. Es fanden in
Polen Tempus-Workshops „Wirtschaftsinformatik an polnischen Universitäten“
sowie Intensiv-Seminare „Informationssysteme im Industriebetrieb“ statt. Polnische Hochschulen aus Torun, Danzig
und Posen sowie polnische Softwarefirmen schlossen sich an, um über die Erfahrungen an der Universität Warschau
und eigene Ansätze zu diskutieren und
um neue Forschungs- und Managementtrends der Wirtschaftsinformatik zu erörtern.
Das Engagement an der Universität Warschau wurde 1996 auch durch die höchste Verdienstmedaille des polnischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft
für Prof. Scheer belohnt.
Von der Idee zur Umsetzung
1992 gab es in Polen weder den Studiengang Betriebswirtschaft noch den Studiengang Wirtschaftsinformatik. Durch
die Öffnung der Märkte stieg jedoch der
Wettbewerbsdruck in Polen und verlangte nach gut organisierten Unternehmen.
Es war notwendig, die betrieblichen Prozesse durch Informationstechnologien
zu unterstützen. Gut ausgebildete Hochschulabsolventen mit interdisziplinären
Kenntnissen der Wirtschaftsinformatik
waren gefragt, konnten aber kaum rekrutiert werden.
Am IWi entstand die Idee, die Hochschulausbildung in Polen zu modernisieren,
indem der Studiengang BWL mit der Vertiefungsrichtung Wirtschaftsinformatik
als Pilotprojekt an der Universität Warschau aufgebaut wurde. Zur Realisierung
dieses Zieles wurden folgende Aktivitäten von 1992 bis 1995 durchgeführt:
1993 Institut für Wirtschaftsinformatik
(IWi)
V.l.n.r.: Prof. Kaspczak, R. Gabryelczyk,
Dr. Elsner, Prof. Scheer, Piotr, Bozena:
Die ersten polnischen Gaststudierenden
mit Prof. Kaspczak aus Warschau
30
ó 20
Jahre Tempus
ó Analyse der Hochschulausbildung
auf dem Gebiet der BWL und Wirtschaftsinformatik in Deutschland
und in Frankreich
ó Entwicklung eines Studienplans und
Erarbeitung von Lehrmaterialien in
der polnischen Sprache für den Studiengang BWL mit der Studienrichtung
Wirtschaftsinformatik für die Ökonomische Fakultät der Universität Warschau als Pilothochschule
ó Strukturelle Hilfe in Form eines
Rechnerlabors mit Hard- und Software
ó Mobilitätsmaßnahmen für Hochschulpersonal sowie für 21 ausgewählte
Studierende aus Polen; davon wurden
vier Studierende nach Abschluss ihres
Studiums als wissenschaftliche MitarbeiterInnen an der Universtität Warschau eingestellt und konnten
ihr erworbenes Wissen im Lehrbetrieb
weitervermitteln.
ó Jährliche Durchführung von TempusKonferenzen zu aktuellen Themen der
Wirtschaftsinformatik sowie zur Präsentation der Tempus-Ergebnisse mit verbreitungswirksamen Tagungsbänden
ó Erstellung von Veröffentlichungen zur
Verbreitung der Tempus-Projektergebnisse
Ein gemeinsames europäisches Netzwerk zur Verbreitung der Ergebnisse
Im Rahmen des darauf folgenden Tempus-Netzwerkes wurden weitere polnische Universitäten, z.B. aus Danzig und
Torun, beteiligt, um das Studienfach Wirtschaftsinformatik auch dort einzuführen.
Es folgten von 1996 bis 1997 z.B. die folgenden Aktivitäten:
ó Tempus-Workshop „Wirtschaftsinformatik an polnischen Universitäten“
zur Präsentation der Projektergebnisse des Tempus-Projektes sowie zur
Bedarfsanalyse und Einführungsplanung des Studienfaches Wirtschaftsinformatik an den beteiligten Hochschulen
Universitätskooperation
Wirtschaftsinformatik (UNIVERS)
2007 Universität Warschau
V.l.n.r.: Prof. Dr. Chmielarz, Prof. Dr. Kocian,
Dr. Gabryelczyk, M. Michael
ó Intensiv-Seminar „Informationssysteme im Industriebetrieb“ zur Präsentation und Diskussion neuer Entwicklungen in der Wirtschaftsinformatik
sowie zur Vorgehensweise bei industriellen Beratungsprojekten
ó Mobilitätsmaßnahmen für Studierende der polnischen Hochschulen des
Netzwerks
Tempus fugit, amica manet
Die Tempus-Seminare und -Workshops
wurden in einem Tagungsband zusammengefasst, der sowohl an Unternehmen
als auch an Universitäten gerichtet war.
Das Tempus-Seminar „Informationssysteme im Industriebetrieb“ wurde auch
in den darauffolgenden Jahren von der
Universität Warschau organisiert als Forum zur Präsentation und Diskussion von
wissenschaftlichen und praxisbezogenen
Themen der Wirtschaftsinformatik.
Nachhaltige Implementierung des Studienfaches
Wirtschafsinformatik
UNIVERS war ein Projekt, das konkrete
und dauerhafte Änderungen im polnischen Hochschulsystem bewirkte. Die
Studienrichtung Wirtschaftsinformatik
existiert noch heute an der Universität
Warschau, sowohl als grundständiger
Studiengang als auch als Weiterbildungsmaßnahme für die Industrie. ó
Als Studentin des Vertiefungsfaches
Wirtschaftsinformatik von Prof. Scheer
wurde ich 1993 als studentische Mitarbeiterin für das UNIVERS-Projekt am IWi
eingestellt. Der Projektleiter Dr. Thaddäus Elsner hatte unser Tempus-Projekt
initiiert und übernahm als polnischer
Muttersprachler die Kommunikation mit
unseren polnischen Partnern. Ich hatte
in Frankreich studiert und war insbesondere für die Kommunikation mit unserem
französischen Partner, dem Institut Commercial de Nancy, zuständig. Zudem betreute ich die polnischen Studierenden.
polnische Hochschulen und Unternehmen teilnahmen, um neue Themen der
Wirtschaftsinformatik zu diskutieren.
Besonders motivierend für uns Projektmitarbeiter war es, dass mein Doktorvater Prof. Scheer höchstpersönlich
Vorlesungen in Warschau hielt oder bei
den Tempus-Konferenzen Neues aus Forschung und Praxis der Wirtschaftsinformatik vortrug. Für seine Bemühungen um
den Know-how-Transfer zum Aufbau der
Wirtschaftsinformatik an der Universität
Warschau wurde Prof. Scheer 1996 deshalb auch die höchste Verdienstmedaille
des polnischen Ministeriums für Bildung
und Wissenschaft verliehen.
Mit einer polnischen Gaststudentin habe
ich mich gleich 1993 angefreundet. Die
Freundschaft mit Dr. Renata Gabryelczyk
besteht bis heute und wirkte sich auch
stets auf universitärer Ebene aus. Denn
ebenso wie ich wurde Renata nach ihrem
Studium wissenschaftliche Mitarbeiterin
und arbeitete im Tempus-Projekt mit. Wir
organisierten zum Beispiel die jährlichen
Tempus-Konferenzen in Warschau, an der
1996 wurde ich Projektleiterin des anschließenden Joint European Networks.
Bei der Abschlussveranstaltung im Warschauer Schloss zupfte mich ein ehemaliger polnischer Gaststudent, der
mittlerweile auch wissenschaftlicher
Mitarbeiter an der Universität Warschau
war, am Ärmel. Er wies mich darauf hin,
dass es in Polen üblich sei, dass ich vor
dem gemeinsamen Festessen eine Rede
Laufzeit:
1992-1995
EU-Förderung:
€ 514.300
Koordinator:
Universität des Saarlandes
EU-Partnerinstitutionen:
Universität Nancy, Frankreich
Drittland-Partnerinstitutionen:
Universität Warschau, Polen
Statistisches Zentralamt Polen
Polnische Nationalbank
Polnische Sozialversicherungsanstalt
Kontakt:
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. August-Wilhelm Scheer
Institut für Wirtschaftsinformatik (Iwi)
Universität des Saarlandes
Tel.: +49 (0) 681-3025221
E-mail: [email protected]
Prof. Dr. Claudia Kocian
Studiengangsleiterin Wirtschaftsinformatik
Hochschule Neu-Ulm
Tel.: +49 (0)731-97621509
E-mail: [email protected]
halten solle – wohlwissend, dass ich als
Deutsche damit nicht gerechnet hatte.
Nach einigen Jahren in der Industrie
wurde ich Professorin an der Hochschule Neu-Ulm. Im Rahmen von ERASMUS
habe ich 2007 Vorlesungen im Vertiefungsfach Wirtschaftsinformatik an der
Universität Warschau gehalten. Gleichzeitig wurde ein Kooperationsvertrag
geschlossen und wir pflegen nun über
ERASMUS einen aktiven Studierendenaustausch. Über die Universität Warschau und die polnische Industrie kann
ich heute nur staunen: Nach einer geglückten Transformation herrscht hier
eine weltoffene Atmosphäre, von der wir
nun wiederum lernen können. ó
Prof. Dr. Claudia Kocian
ó 20
Jahre Tempus
31
TEMPUS II (1994–1999)
„… wir sind jetzt alle in Deutschland verliebt!“1 –
Pionierarbeit im Tempus-Programm
Dominique Gillissen
Den Hörsaal erleuchtet der spärliche
Schein einer 40-Watt-Lampe, die der
Professor erst vor der Vorlesung eingeschraubt hat und danach auch wieder
mitnimmt. Dieses Bild aus der Staatlichen Universität Saporoshje ist mir und
meinen Kolleginnen und Kollegen neben
vielen anderen nach 16 Jahren noch sehr
präsent.
Seit dem Akademischen Jahr 1993/1994
wurde es möglich, mit Partnereinrichtungen aus der Ukraine im Rahmen des
Tempus-Tacis-Programms zusammenzuarbeiten. Angefangen hat die Kooperation mit der Staatlichen Universität
Saporoshje zuerst einmal in meinem
Kopf. Die Stadt mit dem schönen Namen
Saporoshje liegt 200 km südöstlich von
Kiew, direkt am Dnepr. Für die Kontakt-
aufnahme musste ich damals das TelexGerät (Fernschreiber), das sich in der
Telefonzentrale der Universität Hannover
befand, benutzen. Die positive Antwort
zur Zusammenarbeit vom Auslandsbeauftragten der ukrainischen Universität
kam prompt. An der Universität Hannover konnte Herr Dr. Wanning als Wissenschaftler gewonnen werden. Die Universität Hildesheim war von Anfang an mit
Herrn Dr. Lachaud als Kontaktperson dabei. Der Ansprechpartner aus der Universität Rouen, Prof. Dr. Gardin, war zu der
Zeit gerade in China unterwegs, so dass
seine positive telefonische Antwort einen
Tag vor Bewerbungsschluss ankam. Das
war der Anfang einer sehr produktiven
und langjährigen Zusammenarbeit zwischen Hochschuleinrichtungen im Osten
und im Westen.
Das Projekt
Das erste Kick-off-Meeting in Saporoshje fand nicht wie geplant im September
1994, sondern im Dezember statt. Das
hatte nicht nur mit der verspäteten Unterzeichnung des Vertrags durch die Europäische Kommission zu tun, sondern
hing auch mit den bis dahin ungewohnten „Reisevorbereitungsmaßnahmen“
(z.B. umständliche Visabeschaffung,
Krankenversicherungen etc.) zusammen.
Nach einer angenehmen Flugreise bis
Kiew und einer mehr als siebenstündigen
nächtlichen Zugfahrt – mit „Flutlichtaufenthalt“ in Dnepropetrovsk – empfing die
Industriestadt Saporoshje uns mit Musik.
Am 11. Dezember 1994 wurde uns eine
Stadttour angeboten, u.a. mit der Besichtigung des Staudamms. Nur leider hatte
der Nebel uns die ganze Sicht genommen, so dass unsere Stadtführerin die
Seite eines Bildbands aufschlug und uns
ein Foto des Staudamms in vollem Sonnenschein zeigte. Währenddessen standen wir bibbernd in mehr als knöchelhohem nassen Schnee. Nicht nur bei dieser
Gelegenheit haben die Kolleginnen und
Kollegen aus der Ukraine (Prof. Dr. Prydhodko, Prof. Dr. Rougine und Prof. Dr.
Liouchinskaja) durch ihren persönlichen
Höchsteinsatz das Unmögliche möglich
gemacht.
Damals hatte die Durchführung des Projekts sehr viel mit zeitaufwendiger Pionierarbeit zu tun. Häufig musste das Rad
neu erfunden werden und wir konnten
noch nicht auf die längjährigen Erfahrungen von Kolleginnen und Kollegen zurückgreifen. Das war ein wichtiger Grund,
warum es zu der Zeit die einjährigen Vor-
Projektteilnehmer vor der Universität Hannover im Februar 1995
(v.l.n.r.: Prof. Dr. Prydhodko, Dr. Lachaud, Frau Gillissen, Prof. Dr. Rougine,
Prof. Dr. Richard-Zapella, Prof. Dr. Gorban, Prof. Dr. Gardin, Dr. Wanning, Frau Michailowa,
Prof. Dr. Louschinskaya)
1
32
Zitat von Alla Michailowa, nachdem sie das erste Mal 1995 zusammen mit vier Kollegen aus Saporoshje für zwei Wochen in Deutschland war.
ó 20
Jahre Tempus
projekte im Tempus-Tacis-Programm gab.
Das während des ersten Jahres erarbeitete gemeinsame Hintergrundwissen war
eine notwendige Voraussetzung für weitere erfolgversprechende Kooperationen.
Das erste Jahr war wie ein Übungsgelände, um dann allmählich zum Hauptprojekt zu schreiten.
Inhaltlich zielte das Projekt in erster Linie auf die gemeinsame Entwicklung von
Hilfsmaßnahmen bei der notwendigen
Umstrukturierung des im Aufbau befindlichen Fachbereichs moderner Fremdsprachen an der Staatlichen Universität
Saporoshje ab und legte die Schwerpunkte auf die deutsche und französische Sprache. Neben der Antragstellung
für das Hauptprojekt bezog sich die Zusammenarbeit auf die Curricula im Bereich moderner Sprachen und auf die
Durchführung von Lehrveranstaltungen.
Seit der Öffnung zum Westen bestand
ein großer Bedarf im Bereich des Erlernens von modernen Fremdsprachen. Der
Druck kam hierbei vor allem aus dem
wirtschaftlichen Bereich (u.a. die konkrete Nachfrage an Übersetzern und Dolmetschern).
Die nach dem Wegfall des Eisernen Vorhangs katastrophale und deregulierte
wirtschaftliche Lage in der Ukraine hat
sich bei der finanziellen Abwicklung des
Projekts stark bemerkbar gemacht. Da
das Bankensystem dort nicht funktionierte, gab es abenteuerliche und manchmal
nicht ganz ungefährliche Geldtransfers.
Die BB-Methode (Brustbeutelmethode)
von West nach Ost hat schon manche/n
Transporteur/in in einen schweißgebadeten Zustand versetzt. Ein anderes Mal
fand die Finanzierung von Geräten auf
komplizierten Umwegen statt. Die Summe wurde von Hannover nach New York
überwiesen und nachdem die Firma in
Kiew hierüber aus New York die Bestätigung bekam, wurden die Geräte von Kiew
nach Saporoshje transportiert und dort
an der Partneruniversität installiert. Auch
gab es eine spezielle Programmbedin-
gung für die Anschaffung von Geräten,
und zwar mussten diese in einem Raum
mit Eisentür und vergitterten Fenstern
aufgestellt werden. Dies wurde durch unsere Partner offiziell bestätigt. Das Jonglieren mit unterschiedlichen Landeswährungen mit anschließender Übersetzung
in die wechselhaften ECU-Werte gehörte zu den zu erwerbenden Fähigkeiten
der Projektmanagerin. Die damals noch
handschriftlich ausgefüllten Haushaltsüberwachungslisten (HÜLS), wo die Ausgaben und die Einnahmen in unterschiedlichen Farben markiert wurden, wirken
heutzutage wie aus einer ganz anderen
Welt. Aber in ihrer Übersichtlichkeit –
aus meiner Sicht – können sie es mit den
heutigen SAP-Listen aufnehmen.
Neben der Anschaffung von Geräten wurden für die Partneruniversität viele Bücher zur Sprachvermittlung angeschafft.
Der Mangel an Unterrichtsmaterialien
wurde uns dort durch die veralteten und
zerfledderten Spiegel- und Stern-Zeitschriften deutlich vor Augen geführt.
Beim ersten Treffen an der Universität
Saporoshje wurde uns die Möglichkeit
geboten, ein von den Studierenden vorgeführtes französischsprachiges Theaterstück anzusehen. Das sprachliche Niveau
war verblüffend hoch. Die Kleingruppensituation in der Lehre (Betreuungsverhältnis von 1:9) war Garant für eine
effektive Wissensvermittlung. Neben dieser Arbeit in Kleinstgruppen war die Unterrichtssituation gekennzeichnet durch
den Anspruch der Dozentinnen und Dozenten, das Know-how so weit wie möglich selber zu vermitteln. Dies steht im
Gegensatz zu einer eher individuellen
Erarbeitung, wie an deutschen Universitäten üblich. Die Studierenden wurden
in Saporoshje kontinuierlich begleitet
und evaluiert. Darüber hinaus beinhaltete die starke Verschulung, dass die Studierenden, die früh eingeschult werden
und nach elf Jahren theoretisch an der
Universität studieren können, innerhalb
der fünf Studienjahre Seminare in 47
verschiedenen Bereichen – u.a. Medizin,
Die Entwicklung von thematischen
Lehreinheiten im Bereich moderner
Fremdsprachen unter Berücksichtigung
neuer Technologien
Laufzeit:
1994-1995
EU-Förderung:
ECU 48.995
Koordinator:
Leibniz Universität Hannover
EU-Partnerinstitutionen:
Universität Hildesheim, Deutschland
Université de Rouen Haute Normandie, Frankreich
Drittland-Partnerinstitutionen:
Staatliche Universität Saporoshje, Ukraine
Kontakt:
Dominique Gillissen
Leiterin des EU-Hochschulbüros
Hannover/Hildesheim
Leibniz Universität Hannover
Tel.: +49 (0)511-7624093
E-mail: [email protected]
Gotische Sprache und Folklore – belegen mussten. Das Studium glich eher einer Art von Studium Generale. Die sehr
starke staatliche Regulierung im Bereich
der Curricula und die Verschlankung derselben standen von daher im Fokus des
Vorprojekts. Während der Projektlaufzeit wurde darüber hinaus eine zusätzliche, auch für die Zukunft der Zusammenarbeit wegweisende neue Aktivität im
Bereich des Fernstudiums zum Erlernen
der französischen Sprache mit aufgenommen.
ó 20
Jahre Tempus
33
TEMPUS II (1994–1999)
Eingang der Staatlichen Universität Saporoshje, Dezember 1994
Der Erfolg
Zum Gelingen des einjährigen Projekts
gehört ohne Zweifel eine gute Management- und Kommunikationsstruktur. Die
reibungslose Zusammenarbeit entsteht
durch klare Zuweisungen von Verantwortlichkeiten, kontinuierliche Kommunikation und eine „feste“ Kommunikationsstruktur neben der Durchführung von
transparenten Verfahren. Während des
ersten Jahres gab es für uns sozusagen
„nur“ die technischen Hindernisse, die
bei der Durchführung der Folgeprojekte
eine wesentlich geringere Rolle gespielt
haben.
lichen Atmosphäre statt. Es gab keinerlei
sprachliche Probleme, da entweder auf
Französisch oder auf Deutsch kommuniziert werden konnte. Bei Bedarf wurde ad
hoc von den jeweiligen Sprachdozenten
ins Ukrainische bzw. ins Russische übersetzt. Bei den Projekttreffen an den einzelnen Standorten gab es immer offizielle
Begrüßungen von Seiten der jeweiligen
Präsidenten. Die Offenheit der Projektmitarbeitenden gegenüber dem „Anderssein“ und deren Akzeptanz ist sehr wichtig für das Gelingen von transnationalen
Projekten, so dass ich hierzu einen eigenen Punkt verfasst habe.
Die Begleitumstände
Erfolgversprechend waren ebenfalls die
Motivation und Offenheit aller beteiligten Personen, die sehr hoch waren. Das
erste Arbeitstreffen im Dezember 1994
in Saporoshje fand in einer sehr freundschaftlichen, offenen und geradezu herz-
34
ó 20
Jahre Tempus
Einerseits gibt es bei der Projektarbeit
einen richtigen Lehrplan mit den ausformulierten fachlichen Zielsetzungen und
andererseits gibt es – wie so häufig –
ebenfalls einen heimlichen Lehrplan, der
sich auf die interkulturellen Differenzen
und die Reflexion hierüber bezieht. Diese Liste ist schier unendlich. Von daher
erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Mir ist allerdings klar, dass
das Erlangen von zusätzlichen interkulturellen Kompetenzen im Laufe solcher
Projekte eine conditio sine qua non für
die erfolgreiche Durchführung der Projekte ist. Das gegenseitige Staunen über
die unterschiedlichen Realitäten hat viele produktive und lehrreiche Gespräche
entstehen lassen. Am Anfang des Projektes habe ich häufiger folgenden Satz
gehört: „Dominique, entscheide du bitte.
Wir haben 40 Jahre nicht entscheiden
dürfen.“2 Andererseits gab es viele Aktionen, die im Westen nicht durchführbar
gewesen wären und die im Osten allerdings arrangiert werden konnten. So z.B.
die Beschaffung von Konzertplätzen in
Saporoshje, obwohl der Saal völlig ausverkauft war. (Lösung: Es wurde einfach
eine zusätzliche Reihe von einzelnen
Stühlen hingestellt.)
2
3
4
Parallel zu den Koordinierungsmeetings
und sonstigen Treffen, wie z.B. Intensivkurse für junge Dozenten aus Saporoshje in Rouen und Hannover/Hildesheim,
gab es immer ein kulturelles Rahmenprogramm, das durch die jeweiligen Gastgeber organisiert wurde (z.B. Stadtbesichtigung, Museumsbesuche, Besuch bei
Folklorekünstlern, Opernaufführungen,
Besuche bei einer regionalen Zeitung
und sogar Tanzabende und Schützenauslauf: „Wir hatten Glück, beim Schützenfest anwesend zu sein, was im landeskundlichen Aspekt ziemlich interessant
war.“3). Diese Rahmenprogramme waren
sehr lehrreich für beide Seiten. Nicht nur
das Wissen über die Rolle des Wodkas
und dessen Umgang damit war wichtig, sondern auch die Essensrituale mit
den vielen Begrüßungssprüchen konnten
beflügeln und hatten eine sehr integrative Wirkung. Auch stieß die Menge an
Fleisch und Fisch auf den Tellern im Westen – häufig sehr übersichtlich – nicht
unbedingt auf Gegenliebe bei den Kollegen aus dem Osten.
Zum Schluss
Die wertvollen Erfahrungen, die damals
gesammelt wurden, fließen nach wie vor
heute in die konkreten Antragsberatungen mit ein. Und neben der vom Programm nicht unbedingt beabsichtigten
Nachhaltigkeit, dass einige Mitarbeiter
bzw. Studierende der Universität Saporoshje mittlerweile im Westen leben, gab
es noch zwei weitere Tempus-Nachfolgeprojekte4, in denen u.a. die Staatliche Universität Saporoshje als Partner
zusammen mit der Universität Hannover
mitwirken konnte (das letzte Tempus-Projekt lief bis 2001).
Bis heute werden Geburtstagsgrüße ausgetauscht. ó
Zitat von Anatoli Prykhodko am Anfang der Laufzeit des Projekts.
Zitat aus dem Mobilitätsbericht von Herrn Serguei Vapiriv, Dozent an der Staatlichen Universität Saporoshje, auf Besuch in Hannover im April 1995.
„Komplementäre Entwicklung neuer Curricula sowie Erarbeitung didaktischer Modelle und Lehrmaterialien unter Einbeziehung neuer Technologien“ (1995) und
„Disseminationsprojekt im Bereich Fremdsprachen und Übersetzen“ (1998).
ó 20
Jahre Tempus
35
TEMPUS III (2000–2006)
Entwicklung eines interdisziplinären
Trainingsprogramms in der Wasserwirtschaft
Prof. Dr. Heribert Nacken, Dr. Hani Sewilam
In der Tempus-Runde des Jahres 2005
wurde das Projekt TOTWAT realisiert, bei
dem sich die Projektpartner Cairo University (Irrigation and Hydraulics Department), Fayoum University (Engineers Departments), das National Water Research
Center Cairo (alle Ägypten), das Institute for Advanced Studies (Wien) und die
RWTH Aachen zusammengeschlossen
haben, um ein Training-of-Trainers-Programm für den Wissensbereich der Wasserwirtschaft zu konzipieren und gleichzeitig zu implementieren. Die Funktion
des Projekt-Koordinators und Grantholders lag bei der RWTH Aachen und wurde dort durch das Lehr- und Forschungsgebiet für Ingenieurhydrologie realisiert.
Das Hauptziel des Projekts war es, ein
interdisziplinäres Trainingsprogramm im
Bereich des Wassermanagements zu ent-
“It’s one of the very few projects in
Egypt that is blending the university
with the public sector in one project.”
Yasser Elshayeb, National Tempus Office Egypt
“We see a lack of communication and
cooperation. That’s why we try to develop a training program […] to be hosted
by Cairo and Fayoum University and to
be offered to the Ministry Engineers.”
Dr. Hani Sewilam, RWTH Aachen
wickeln, das auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten ist und das nach Ablauf
der Förderphase eigenständig durch die
ägyptischen Partner weiterbetrieben werden kann. Die ausgebildeten Trainer sollen als Multiplikatoren dienen, die nicht
nur ihr Wissen auf möglichst viele Landsleute übertragen, sondern gleichzeitig
die innovative Art der mediengestützten Wissensvermittlung in die Instanzen
der lokalen Wasserwirtschaft hineintragen. Durch die starke Einbindung und
Impulssetzung der ägyptischen Wasserwirtschaft in die internationalen Gremien
des Nileinzugsgebietes waren speziell die
Bedürfnisse der Mitarbeiter des ägyptischen Ministeriums für Wasserressourcen sowie weiterer Wasserspezialisten
aus dem arabischen und afrikanischen
Raum zu integrieren.
Eine profunde Analyse der wasserwirtschaftlichen Erfordernisse ergab, dass
die Wissensvermittlung auf fünf unterschiedliche Themenbereiche fokussiert
werden sollte. Im Einzelnen waren dies
folgende Bereiche:
ó Technische Aspekte der Wasserwirtschaft
ó Interdisziplinäre Aspekte der Wasserwirtschaft
ó Sozioökonomie in der Wasserwirtschaft
ó Umwelttechnische Aspekte der Wasserwirtschaft
ó Generelle IT-Fähigkeiten für die Wissensvermittlung
“Personally I think that it is one of the
biggest achievements […] that we are
not only addressing universities […] but
you can also go to people who are working in their field and try to help them.”
Yasser Elshayeb, National Tempus
Office Egypt
Das Gesamtwerk des Trainingsprogramms besteht aus fünf verschiedenen Modulen, die jeweils gesonderte
Aspekte (wie z.B. Gender-Aspekte in der
Wasserwirtschaft) aus den aufgeführten
Themenbereichen behandeln. Die Inhalte der Module wurden intensiv mit den
ägyptischen Partnern diskutiert und abgestimmt und wurden anschließend im
Realfall mit 30 ägyptischen Professoren
und Professorinnen sowie Assistenten
und Assistentinnen trainiert. Die Trainingseinheiten wurden sowohl vor Ort in
Ägypten als auch in Deutschland und Österreich realisiert.
Einführung in die Nutzung von Kamera und Mikrofon. V.l.n.r.: Dr. Wael Aldahshoory
(Fayoum University), Mohamed Embaby (National Water Reseach Center),
Roman Breuer (RWTH Aachen)
36
ó 20
Jahre Tempus
Zu einer mediengestützten Wissensvermittlung gehören ebenfalls die Weiterbildung im Bereich der Mediendidaktik sowie eine Anpassung der Infrastruktur an
Think Interdisciplinary – Training-ofTrainers Program in Interdisciplinary
Water Management (TOTWAT)
Laufzeit:
2006-2009
EU-Förderung:
€ 495.650
Koordinator:
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule
Aachen
EU-Partnerinstitutionen:
Institute for Advanced Studies, Wien, Österreich
Interview mit einem lokalen Fernsehsender. V.l.n.r.: TV-Moderator, Dr. Yasser Elshayeb (Koordinator - Nationales Tempus Büro
Ägypten), Klaus Ebermann (Leiter der europäischen Delegation
in Ägypten), Prof. Hany Helal (Ägyptischer Hochschulminister)
die aktuellen IT-Möglichkeiten. Diesem
Aufgabenkomplex wurde gerade vor dem
Hintergrund der Nachhaltigkeit des Projektes nach Ablauf der Förderphase
ein großes Gewicht beigemessen. Im
Rahmen des Projektes wurde eine OpenSource-Lehr- und Lernplattform eingesetzt und SCORM (Sharable Content
Object Reference Model)-kompatible Inhalte produziert. Die ägyptischen Trainer
wurden intensiv in die Prozesse der Erstellung der mediengestützten Wissensinhalte eingeführt und waren nach Abschluss der Trainingsphase in der Lage,
eigenständig Inhalte zu erarbeiten (von
der Konzeption über die verschiedenen
Entwurfsphasen bis zum endgültigen
Produkt).
“It was the first time that we considered other training than face to face.
[…] That makes everything available
and easy.” Dr. Rasha El-Khouly, National Water Research Center
hydrologie der RWTH Aachen weiterbetrieben.
Das Tempus-Programm legt zu Recht großen Wert darauf, dass Netzwerke aufgebaut werden und eine intensive Kommunikation gepflegt wird. Vor diesem
Hintergrund wurden verschiedene regionale Workshops organisiert und eine
abschießende Video-Dokumentation zu
dem Projekt erstellt. Wenn Sie also mehr
Drittland-Partner:
Cairo University, Ägypten
Fayoum University, Ägypten
National Water Research Center (NWRC), Ägypten
Projekt-Webseite:
http://totwat.lfi.rwth-aachen.de/
Kontakt:
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Heribert Nacken
Lehr-und Forschungsgebiet Ingenieurhydrologie
RWTH Aachen
Tel.: +49-(0) 241-80-25273
E-mail: +49-(0) 241-80-25273
Informationen im Detail erhalten wollen,
besuchen Sie die URL http://totwat.blip.
tv, wo Sie O-Töne der involvierten Akteure finden. ó
Projektkoordinator Dr. Hani Sewilam
mit ägytischen Partnern bei einem
der vielen eLearning-Workshops
Als Ergebnis liegen jetzt insgesamt 18
Wassertrainingskurse vor, die z.B. Inhalte aus den Bereichen der Modellierung, der Geoinformationssysteme, der
Sozioökonomie, den Fragestellungen der
Bewässerung sowie des Einflusses des
Klimawandels abbilden. Sinn und Zweck
der Modulentwicklung war es, diese Inhalte auch anderen Interessierten zur
Verfügung zu stellen. So besteht für jedermann die Möglichkeit, nach einer Registrierung die Inhalte einzusehen (siehe
dazu: http://totwatmoodle.lfi.rwth-aachen.de). Diese Seite wird auch nach
Ablauf des Projektförderzeitraums vom
Lehr- und Forschungsgebiet Ingenieur-
ó 20
Jahre Tempus
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TEMPUS III (2000–2006)
Vorreiter im Westlichen Balkan:
Agrarwissenschaften in der Reformdiskussion
Dr. h.c. Jochem Gieraths, Jenny Kopsch
Das von 2007 bis 2009 im Westbalkan
realisierte Tempus-Projekt „Support Network for Improvement of the Strategic
Planning” (SUNISP) stellt den inhaltlichen Abschluss der von Hohenheim aus
koordinierten Hochschulreformprojekte
dar, die in den letzten zehn Jahren das
Ziel verfolgten, die Agrarfakultäten der
Westbalkan-Region an den Europäischen
Hochschulraum heranzuführen und sie
zugleich untereinander zu vernetzen.
Nach dem Balkankrieg gestaltete sich
der Beginn dieses Hohenheimer Engagements mehr als schwierig. Im Rahmen
des Stabilitätspaktes für Südosteuropa
hat uns hier zunächst der DAAD in den
Jahren 2000-2003 finanziell gefördert,
um erstmals mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs der Agrarfakultäten in
Zagreb, Osijek, Novi Sad, Belgrad, Sarajevo, Prishtina, Tirana, Podgorica und
Skopje Kontakt aufnehmen zu können
und diesen durch ein jährliches vierwöchiges Studium der neu eingerichteten
BSc- und MSc-Curricula an den Agrarfakultäten in Hohenheim, Göttingen, Kiel
und Neubrandenburg an das Thema Bologna heranzuführen. Die mehr denn je
notwendige Diskussion um die Reform
des agrarwissenschaftlichen Studiums
ist dann jeweils zum Jahresende mit den
Kick-Off-Meeting in Zagreb, Oktober
2007: am Mikrofon Projektleiter Rektor
Prof. Hans-Peter Liebig (Universität
Hohenheim) im Gespräch mit Prof. Ivan
Pejić (nationaler Koordinator)
38
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Jahre Tempus
zuständigen Rektoren und Dekanen auf
den Konferenzen in Timisoara, Plovdiv,
Sopron und Cluj Napoca bilanziert worden. Im Blick auf die aus dem Zerfall des
ehemaligen Jugoslawiens resultierenden
politisch-kulturellen Verständigungsprobleme muss rückblickend eingestanden
werden, dass nicht nur wir von Hohenheim aus mit dem DAAD-Projekt in einen
Lernprozess eingetreten sind, sondern
auch die regionalen Partner nach dem
Krieg und den mit ihm verbundenen Verletzungen sehr behutsam, scheu und z.T.
auch voller Verdacht die abgerissenen
Gesprächsfäden neu knüpfen mussten.
Vor diesem Hintergrund ist die Tatsache,
dass in dem Tempus-Projekt SUNISP alle
Agrarfakultäten der Westbalkan-Region
an einem Tisch saßen, um erstmals gemeinsam über ihre Stärken und Schwächen im Bereich von Lehre und Forschung zu diskutieren, zunächst einmal
als ein politisches Datum zu werten. Vorausgegangen sind von Hohenheim aus
koordinierte, EU-finanzierte länderspezifische Curriculum-Reformprojekte, die den
einzelnen Fakultäten in einem jeweils
dreijährigen Zeitraum die Möglichkeit boten, sich eingehend mit dem Thema Bologna auseinanderzusetzen und ihre je
eigene Form für die Reform des agrarwissenschaftlichen Studiums zu wählen.
Erstes regionales Arbeitstreffen an der
Universität Skopje, Mazedonien,
März 2008
Außerdem wurde das zehnjährige Engagement der Hochschulrektorenkonferenz
(HRK) in der Region im Oktober 2006 in
Kotor (Montenegro) bilanziert. Auf dieser
Konferenz kamen am Ende ihrer Vorträge
sowohl die damalige Rektorin der Universität Novi Sad, Radmila Marinkovic-Neducin, als auch der damalige Berater des
albanischen Premierministers und heutige Wissenschaftsminister des Landes,
Myqerem Tafaj, zu dem Schluss, dass die
Steigerung von universitätsspezifischen
Managementkompetenzen eines der vordringlich zu lösenden Probleme im laufenden Reformprozess darstelle.
Ende 2006 wurde dann von Hohenheim
aus in Zusammenarbeit mit der HRK,
der Universität für Bodenkultur in Wien
und der Agraruniversität in Nitra (Slowakei) ein Projekt definiert, das die Partner
in die Lage versetzte, sich erstmals mit
Fragen der strategischen Planung zu beschäftigen, eine Notwendigkeit, die zu
diesem Zeitpunkt keineswegs von allen
Mitgliedern des Lehrkörpers empfunden
wurde. Um die verschiedenen Gruppen
der regionalen Fakultäten bzw. der Agraruniversität Tirana – Rektorat, Dekanat,
Lehrkörper, Verwaltung und Studierende – in diese gemeinsame Diskussion
von strategischen Perspektiven einbinden zu können, sind unmittelbar nach
der Eröffnungskonferenz in Zagreb im
November 2007 lokale, paritätisch besetzte Arbeitsgruppen gebildet worden.
Auf der Grundlage eines von den europäischen Partnern erarbeiteten Katalogs
von 20 auf den gesamten Bereich von
Lehre und Forschung und dessen Umfeld bezogenen Fragen haben sich diese
Arbeitsgruppen erstmals in aller Offenheit mit ihrem Selbstverständnis und den
Problemen ihrer eigenen Einrichtung beschäftigt. Die europäischen Partneruniversitäten in Nitra, Wien und Hohenheim
Support Network for Improvement
of the Strategic Planning (SUNISP)
Laufzeit:
2007-2009
EU-Förderung:
€ 297.340
Vertragsnehmer:
Universität Hohenheim
Koordinator:
University of Zagreb, Kroatien
Studentenkonferenz, Krk, Kroatien, Mai
2009 (Workshop: „How to influence
study programs and lectures“)
stellten den Projektteilnehmern vor Ort
ihre Struktur- und Entwicklungspläne vor,
so dass die eigene Situation in der Westbalkan-Region kritisch reflektiert werden
konnte.
Die Bilanzierung dieser Auslandserfahrungen wurde in den lokalen Arbeitsgruppen, später auf der Ebene der regionalen Arbeitsgruppen aufgegriffen, um sich
gemeinsam auf ein grobes Schema für
die zu erstellende Selbstevaluierung zu
verständigen. Mit steigender Intensität in
der länderübergreifenden Diskussion haben diese regionalen Arbeitstreffen dann
in den beiden Projektjahren in Osijek,
Skopje, Podgorica, Novi Sad und Belgrad
stattgefunden, auf denen schonungslos
die Schwachstellen aller Agrarfakultäten
der Region benannt wurden: die Überalterung und fehlende Sprachkompetenz
der Hochschullehrer, die veralteten Lehrmethoden, die mangelnde Ausstattung
der Unterrichtsräume, der Labore und
Bibliotheken, der fehlende Praxisbezug
des Studiums in seiner streng disziplinären Ausrichtung, der Brain-Drain des wissenschaftlichen Nachwuchses, die mit
dem Zerfall des ehemaligen Jugoslawien
verloren gegangene regionale Kooperation verbunden mit dem Zwang, sich hier
und heute international, z.B. durch zeitgemäße englischsprachige MSc-Programme, neu ausrichten zu müssen. Diese
schonungslose Ist-Analyse ist durch die
externe Evaluierung bestätigt worden,
die von den europäischen Partnern an
allen Hochschulstandorten der Region
im Sommer 2008 durchgeführt wurde.
Deren Gespräche mit den verschiedenen
Statusgruppen vor Ort haben auch gezeigt, dass die reformorientierten Kräfte
in den einzelnen Fakultäten nicht per se
immer auch deren Entscheidungsträger
waren. Insbesondere in der Diskussion
mit den örtlichen Vertretern der Studierenden wurden die Defizite ihrer teilweise nur rudimentär vorhandenen Selbstorganisation bzw. deren mangelnde Integration in die Entscheidungsabläufe der
jeweiligen Fakultät erkennbar. Angeregt
durch den Erfahrungsaustausch mit den
Kommilitonen der EU-Partner bot hier die
Studentenkonferenz auf der Insel Krk im
Sommer 2009 ausreichend Gelegenheit,
untereinander Fragen der studentischen
Selbstverwaltung in einem allererst aufzubauenden regionalen Netzwerk zu diskutieren.
Ziel des zweiten Projektjahres war es,
am Beispiel der Forschung jeweilige länder- und fakultätsspezifische Prioritäten so herauszuarbeiten, dass diese
zum Ende des Projektes als zentraler
Bestandteil eines strategischen Entwicklungsplanes erkennbar waren, der fortan
allen Mitgliedern der Fakultät als Orientierungsrahmen für die universitätsinterne und externe Diskussion mit Ministerien, Verbänden und Unternehmern dienen
sollte. Die von der Präsidentin der HRK,
Margret Wintermantel, in Sarajevo eröffnete Abschlusskonferenz hat allen noch
einmal eindrücklich vor Augen geführt,
welches Maß an länderübergreifender
EU-Partnerinstitutionen:
Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Deutschland
Universität für Bodenkultur Wien (BOKU),
Österreich
Slovak University of Agriculture in Nitra, Slowakei
Drittland-Partnerinstitutionen:
Agricultural University of Tirana, Albanien
University of Sarajevo, Bosnien und Herzegowina
University of Pristina, Kosovo
Josip Juraj Strossmayer University of Osijek, Kroatien
University of Zagreb, Kroatien
University Ss. Cyril and Methodius of Skopje, Mazedonien
University of Montenegro, Podgorica, Montenegro
University of Belgrade, Serbien
University of Novi Sad, Serbien
Kontakt:
Dr. h.c. Jochem Gieraths
Osteuropazentrum
Universität Hohenheim
Tel.: +49 (0)711-45923572
E-mail: [email protected]
regionaler Verständigung erreicht wurde
und auf welchem Niveau die Agrarfakultäten durch das Projekt in die Lage versetzt wurden, ein zeitgemäßes Selbstverständnis der Agrarwissenschaften in und
für die Region im Blick auf einen sich verschärfenden nationalen und internationalen Wettbewerb zu artikulieren. ó
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Jahre Tempus
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TEMPUS IV (2007–2013)
E-Government in Russland, der Ukraine, Moldawien
und Armenien — ein Tempus-Projekt zur Weiterbildung von
Verwaltungsbediensteten in vier Ländern der GUS
Prof. Dr. Klaus G. Troitzsch
Seit Mitte Januar 2009 läuft am Institut
für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik am Campus Koblenz der Universität Koblenz-Landau ein Tempus-Projekt
unter dem Namen „Educational Centers‘
Network on Modern Technologies of Local Governing (ECESIS)”. ECESIS, englisch für Heimischwerden (gemeint ist
das Heimischwerden moderner Verwaltungspraktiken in Staaten der ehemaligen Sowjetunion), hat die Aufgabe, zusammen mit örtlichen Universitäten ein
Netzwerk von Weiterbildungseinrichtungen für Verwaltungspersonal der kooperierenden Regionalverwaltungen in der
Ukraine (Dnipropetrovsk, Sumy und Lviv),
Russland (Moskau und Tambov), Armenien (Jerewan) und Moldawien (Comrat) zu
schaffen. Diese Einrichtungen sollen den
Mitgliedern regionaler und lokaler Verwaltungen offen stehen.
letzten Jahren mehrfach mit DAAD-Stipendien in Koblenz, Studierende aus
Dnipropetrovsk kommen immer wieder
zu den Sommerakademien am Koblenzer
Campus oder setzen ihre Ausbildung in
Koblenzer Masterstudiengängen fort.
Auch mit den Universitäten in Valladolid und Košice gibt und gab es schon
gemeinsame EU-Projekte im sechsten
und siebenten Rahmenprogramm sowie
in Tempus und Leonardo. Die Mischung
von Partnern, die sich schon lange kennen, und solchen, die erst in diesem Projekt dazu gestoßen sind, war eine gute
Voraussetzung für das bisher — auch
nach den Ergebnissen der Monitoring-Besuche an mehreren Partnerinstitutionen
— erfolgreich verlaufene ECESIS-Projekt
und für die erfolgreiche Beantragung eines weiteren Projekts unter dem dritten
Call von Tempus IV.
Viele der Partnerinstitutionen haben
schon in früheren Tempus-Projekten mit
der Universität Koblenz-Landau zusammengearbeitet: Für die Dnipropetrovsker
Universität war es seit 1997 schon das
vierte Projekt, für die Tambover Universität das zweite Mal, und Wissenschaftler
dieser beiden Universitäten waren in den
Das Projekt begann mit einer Auftaktveranstaltung in Koblenz, bei der sich
die Partner gegenseitig vorstellten und
die Arbeitsplanung berieten, die zunächst
mehrere Treffen zur Erarbeitung von Anforderungen an die Curricula für die Weiterbildungsmaßnahmen in den später zu
schaffenden Trainingszentren vorsah.
Rektor Aram Simonyan begrüßt die ECESIS-Delegation an der Staatsuniversität Jerewan.
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Jahre Tempus
Im Mai 2009 trafen sich in Sumy Repräsentanten der beteiligten lokalen und
staatlichen Behörden mit den akademischen Partnern, im Juni und Juli 2009
folgten zwei weitere Treffen dieser Art
in Koblenz, in denen im Rahmen der Koblenzer Sommerakademie 2009 bereits
Module vorgestellt wurden, die zum Koblenzer Kanon der Verwaltungsinformatik
gehören.
Ein zentrales von mittlerweile zahlreichen Treffen zur Koordination, zur Abstimmung über Curricula der Weiterbildungseinrichtungen und zum Training
von Lehrenden und Verwaltungsmitarbeitern fand Ende September/Anfang Oktober 2009 in der armenischen Hauptstadt
Jerewan statt.
Tagungsort und -zeit waren so gewählt,
dass die Delegationen der Partner zugleich an den Feierlichkeiten zum neunzigjährigen Bestehen der Staatsuniversität Jerewan und zwei internationalen
Konferenzen — „Universitätsausbildung
im 21. Jahrhundert“ und „Quality Enhancement: Experience, Challenges and
Perspectives for Armenian Higher Education“ — teilnehmen konnten. Zu der
ersten steuerte Projektkoordinator Professor Troitzsch einen Vortrag zum Thema „Introducing Bologna Study Programmes in a German University“ bei. Auf der
zweiten Tagung konnte Projektmanager
Professor Chernyshenko (ursprünglich
Dnipropetrovsk, zur Zeit Koblenz) ECESIS
vorstellen. Im Wesentlichen diente das
Treffen in Jerewan aber der Diskussion
der Business-Pläne der im Entstehen begriffenen Zentren — mittlerweile sind alle
Zentren arbeitsfähig —, der Verabschiedung der Curricula, der gegenseitigen
Präsentation von Lehrmaterialien und der
Educational Centers‘ Network on
Modern Technologies of Local
Governing (ECESIS)
Laufzeit:
2009-2011
EU-Förderung:
€ 756.551
Koordinator:
Universität Koblenz-Landau
Das Weiterbildungszentrum an der Moskauer Regionalen Staatsuniversität wird von
Sarah Moffat, EACEA (rechts), und Anna Muravyova, Tempus-Büro Russland (links),
eröffnet. Vizerektor Prof. Sergey Traytak (Mitte): „Noch ein paar Tempus-Projekte und
unsere Universität ist regional führend, was moderne Ausbildungsmethoden angeht.“
Vorbereitung der folgenden Workshops
an den Universitäten Lublin, Valladolid
und Košice, die im November 2009 bzw.
im Januar und April 2010 stattfanden. Bei
diesen Workshops wurden die Entwürfe
der meisten Lehrmaterialien verabschiedet, sie dienten aber — wie auch der abschließende Weiterbildungsworkshop im
Rahmen der Koblenzer Sommerakademie
2010 — der Teilnahme an Lehrveranstaltungen der jeweils gastgebenden EU-Universitäten.
Die verbleibende Projektzeit wird dem
weiteren Ausbau der Trainingszentren
und der Veranstaltung erster Seminare
Auch Tempus-Reisen können gefährlich sein: Ein privater Laptop mit Unmengen von Projektdokumentationen
wurde zwischen Madrid und Valladolid aus dem Gepäckraum des Linienbusses gestohlen, eine Geldbörse mit
viel Bargeld wurde auf dem Koblenzer
Campus liegengelassen — das ganze
Team suchte, aber der Hausmeister
hatte die Börse längst gerettet.
dienen, die sich der mittlerweile — sowohl elektronisch als auch gedruckt in
mehreren Sprachen — vorliegenden
Lehrmaterialien bedienen werden. Es
bleibt am Ende ein Alumni-Netzwerk zu
schaffen, das für die Nachhaltigkeit der
Trainingszentren und dafür sorgen wird,
dass mehr und mehr Verwaltungsangehörige der teilnehmenden Staaten — nicht
nur aus den bisher beteiligten Regionen
— moderne, das heißt IT-gestützte Verwaltungspraxis kennenlernen. ó
EU-Partnerinstitutionen:
Technical University Košice, Slowakei
University Valladolid, Spanien
Maria Curie-Skłodowska University, Lublin, Polen
Drittland-Partnerinstitutionen:
Universitäten
Yerevan Academy of Fine Arts, Armenien
Yerevan State University, Armenien
Comrat State University, Moldawien
Moscow State Regional University, Russische Föderation
G.R. Deržavin State University, Tambov, Russische
Föderation
Ivan Franko National University, Lviv (Lemberg),
Ukraine
Oles Honchar National University, Dnipropetrovsk,
Ukraine
Sumy State University, Ukraine
Regionale Verwaltungsbehörden
Verwaltung des Tambover Gebiets,
Russische Föderation
Staatliche Verwaltung des Dnipropetrovsker Gebiets,
Ukraine
Staatliche Verwaltung des Gebiets von Sumy, Ukraine
Staatliche Verwaltung des Lemberger Gebiets,
Ukraine
Ministerien
Armenisches Ministerium der Bildung und
Wissenschaft
Bildungsministerium des Moskauer Gebiets
Ministerium für Bildung und Wissenschaft der
Ukraine
Projekt-Webseite:
http://www.ecesis.eu.org
„Dank dem Tempus-Projekt sind wir viele Jahre in die Zukunft befördert worden und
nun haben wir die Chance, die führende Institution in der Verwaltungsausbildung der
Ukraine zu werden“, Vizerektor Volodymyr Lyubchak, Sumy (Mitte), während des Workshops in Košice. „Fantastisch! Diese Technologie ist der beste Weg zur Korruptionsbekämpfung — und sie zeigt, wie öffentliche Bedienstete nicht öffentliche Herrscher,
sondern öffentliche Diener sind“, Kostyantyn Kyrychenko, Sumy (vorn), während eines
Besuchs der Kölner Stadtverwaltung.
Kontakt:
Prof. Dr. Klaus G. Troitzsch
Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik
Universität Koblenz-Landau
Tel.: +49 (0)261 287-2643
E-mail: [email protected]
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Jahre Tempus
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TEMPUS IV (2007–2013)
Zukunft gestalten! – Ein Projekt zur Lehrplanreform
in der Raumfahrttechnik
Dmitriy Ostroverkhov, Dmitriy Bogdanov, Dr.-Ing. Arnold Sterenharz
Seit Jahrhunderten träumt die Menschheit von dem Beginn einer Ära, in der der
erste Mensch die Grenze des Sonnensystems überschreiten wird, um eine lange
Entdeckungsreise zu weit entfernten Welten vorzunehmen. Heute scheinen diese ehrgeizigen Träume wahr zu werden.
Der beste Beweis dafür ist die Tatsache,
dass seit dem Beginn der aktiven Phase
der Weltraumerkundung ein erfahrungsreicher Weg bereits zurückgelegt wurde:
Der Weg von einem einfachen kugelförmigen Sputnik bis zu internationalen
Raumstationen.
Zu dem Erfolg dieser überragenden Technik trägt nicht zuletzt die Intensivierung
der internationalen Zusammenarbeit im
Bereich der Raumfahrt bei. Auch in der
Hochschulbildung spielt die Internationalisierung eine wesentliche Rolle: Ein
gutes Beispiel dafür ist das gemeinsame Projekt CRIST (Curricula Reform in
Space Technology), das im Rahmen des
europäischen Programms Tempus von
der Europäischen Kommission bewilligt wurde. Insgesamt sind 13 Universitäten und 15 Organisationen aus den
Projektkonferenz in St. Petersburg, Mai 2010
EU-Staaten, Russland, Kasachstan und
der Ukraine am Projekt beteiligt. Darunter sind weltweit führende Betriebe der
Raumfahrtindustrie, wie das Konstruktionsbüro Yuzhnoye (Ukraine), das die Raketenträger Dnepr und Zenit produziert,
TsSKB Progress (Russland), Hersteller
und Betreiber von Soyuz-Trägerraketen,
Weiterbildungsmaßnahme an der Hochschule Lessius, Campus DeNayer, Belgien,
Sommer 2010
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Jahre Tempus
und das renommierte Werk ISS (Russland), welches Dank seiner GLONASSSatelliten weltberühmt ist. Durch die Teilnahme dieser Industriepartner sind eine
hohe Qualität und eine solide Nachhaltigkeitsstrategie der Projektergebnisse
gesichert. Management und Koordination
der Projektaktivitäten liegen bei der TU
Berlin, die darin von einer ihrer Spin-OffGesellschaften, dem ECM-Office, unterstützt wird, wobei neue Methoden der
Kooperation zwischen Hochschuleinrichtungen und Industrievertretern ins Leben
gerufen werden.
Die globalen Ziele des Projekts CRIST
sind die Gewährleistung eines Anschlusses an die steigenden Anforderungen
gegenüber der Hochschulbildung in den
Partnerländern und die Unterstützung
der Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen aus der EU und den Partnerländern. Die spezifischen Projektziele beinhalten Entwicklung und Implementierung
der drei neuen Curricula „Entwurf von
Mikro- und Picosatelliten“, „Funkkommunikation für Raumfahrtanwendungen“
und „Raumfahrtmanagement“ sowie eines neuen Moduls CAD/CAM/CAE für
Satelliten.
Curricula Reform in Space Technology
in Kazakhstan, Russia, Ukraine (CRIST)
Laufzeit:
2009-2012
Unterzeichnung des Abkommens über
die Zusammenarbeit zwischen dem
Institut für Luft und Raumfahrt der
Technischen Universität Berlin und dem
nationalen ukrainischen Raumfahrtbildungszentrum, Berlin, Mai 2008
Außerdem sollen an jeder Hochschule
der Zielländer eine Satellitenbodenstation, ein modernes Laboratorium für Satellitendesign und eine Computerklasse für
CAD/CAM/CAE-Modellierung errichtet
werden. Die Verbindung von theoretischen Elementen in den Vorlesungen
mit praktischen Übungen unter Benutzung der etablierten Infrastruktur stellt
ein besonderes Potential der Curricula
dar. Die praktische Ausbildung vervollständigt fachliche Qualifikation zukünftiger Ingenieure, und die greifbare Nähe zu
Raumflugobjekten steigert die Begeisterung der Studierenden an Forschung in
der Raumfahrt.
Nicht nur die wissenschaftlichen und
technischen Ergebnisse sind für die Entwicklung des Projektes CRIST von großer
Bedeutung. Auch die intensive Zusammenarbeit mit weiteren fachverwandten
internationalen Institutionen trägt zur
Erweiterung des Erfahrungsschatzes bei.
Im ersten und zweiten Projektjahr fanden
Projektkonferenz in St. Petersburg,
Mai 2010
EU-Förderung:
€ 1.158.284
Koordinator:
Technische Universität Berlin
zahlreiche Aktivitäten statt, um Projektergebnisse zu verbreiten und Nachhaltigkeitsaspekte zu sichern.
Infolge der Informationsveranstaltungen
wurde eine Reihe der Hochschuleinrichtungen identifiziert, für die die Projektziele und -ergebnisse zutreffend und
interessant sind. Jedoch waren diese
Hochschulen nicht an dem CRIST-Projekt
direkt beteiligt. So entstand für weitere
potenzielle Mitglieder ein „CRIST-Plus“Netzwerk, in dem bis dato sieben Hochschuleinrichtungen aus dem osteuropäischen Raum angeschlossen sind. Es ist
vorgesehen, die entwickelten Lehrmethoden und Curricula den Hochschulen
in „CRIST-Plus“ zugänglich zu machen.
Dabei werden Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten entsprechender Einrichtungen vorangetrieben.
Die Erfahrungen und Ergebnisse aus dem
Projektverlauf haben zu Gunsten einiger
Konsortiumsmitglieder dazu geführt,
dass sie ihre Kooperationen im Rahmen
anderer internationaler Programme vertiefen konnten. So sind zwei Forschungsvorhaben innerhalb des Programms FP7
und ein Erasmus Mundus-Projekt entstanden, deren Entwicklung von dem
Projekt CRIST stark beeinflusst wurde. ó
EU-Partnerinstitutionen:
DeNayer Institute, Hogeschool voor Wetenschap,
Belgien
ECM-Office, Deutschland
Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrttechnik (DGLR), Deutschland
Fontys International Hogeschool Economie (FIHE),
Niederlande
Drittland-Partnerinstitutionen:
Eurasian National University, Astana, Kasachstan
Karaganda State Technical University, Karaganda,
Kasachstan
Ministry of Education and Science, Kasachstan
Engineering Centre Technology Transfer, Astana,
Kasachstan
Chamber of Commerce, Kasachstan
Samara State Aerocosmic University, Russland
Baltic State Technical University Sankt Petersburg,
Russland
Siberian State Aerocosmic University, Krasnoyarsk,
Russland
Ministry of Education and Science, Russland
State Research and Production Space Centre
„TsSKB-Progress“, Samara, Russland
Information Satellite Systems „ISS“, Krasnoyarsk,
Russland
Central Siberian Chamber of Commerce, Krasnoyarsk, Russland
Dnipropetrovsk National University,
Dnipropetrovsk, Ukraine
National Technical University Kiev, Ukraine
National Aerospace University Kharkiv, Ukraine
National Space Educational Centre of Ukrainian
Youth, Ukraine
Yuzhnoye state Design Office, Dnipropetrovsk,
Ukraine
Chamber of Commerce Dnipropetrovsk, Ukraine
Projekt-Website:
www.crist-kru.eu
Kontakt:
Prof. Dr.-Ing. Klaus Brieß
Institut für Luft- und Raumfahrt
Technische Universität Berlin
Tel.: +49 (0)30-31421339
E-mail: [email protected]
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www.eu.daad.de