Leserbriefe - Noch weniger?

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Leserbriefe - Noch weniger?
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Forum
Der Landbote
Dienstag, 24. März 2015
Bild des Tages
Der Weissstorch, das inoffizielle Wappentier, war im Elsass fast ausgestorben. Nun lässt er sich sogar an einer dortigen Autobahnraststätte fotografieren.
Heute vor…
Leserbriefe
Streichung von Gemeindezuschüssen:
«Es sind auch Kinder betroffen»
35 Jahren
Erzbischof von El Salvador ermordet
Am 24. März 1980 erschiessen
rechtsgerichtete Todesschwad­
ronen den katholischen Erzbi­
schof von El Salvador, Óscar
Arnulfo Romero. Er las gerade
eine Messe in einer Kranken­
hauskapelle. Romero war einer
Leserbild Caroline Gamper, Dättlikon
der führenden Exponenten der
Befreiungstheologie. Seine Er­
mordung war in einer politisch
sehr instabilen Phase der end­
gültige Auslöser eines über
zehn Jahre dauernden, blutigen
Bürgerkrieges. red
Deutlich mehr Betroffene
bei Zuschusskürzung
Erzbischof Óscar Romero wurde
pd
knapp 63 Jahre alt.
Die letzten Geheimnisse einer rationalen Welt
von Ruedi Widmer
Nr. 772 / Frühling
Der Frühling steht vor der Tür, aber in der Sparstadt Winterthur spürt man davon noch wenig.
Kein Wunder.
Die kahlen, im Rahmen des Sparprogramms 2015
blattfrei bleibenden städtischen Bäume dürfen von
engagierten Bürgern mit ihrem privaten Grünabfall behängt werden. Letzteren muss die Stadt
dann überhaupt nicht mehr abholen
(doppelter Spareffekt).
Eine erneute Sonnenfinsternis soll nächste Woche
ausschliesslich in Winterthur ausbrechen und bis in den
Herbst hinein verlängert werden, weil die Stadt bei Stadtwerk aus Spargründen ohnehin keinen Solarstrom mehr
bezieht. Die Badeanstalten können so ebenfalls
geschlossen bleiben.
Bald beginnt die Spargelsaison. Die Winterthurer können
dieses künstlich hergestellte Spargel direkt von der Tube in
den Mund drücken oder aufs Brot streichen. Spargel enthält
alle nötigen Vitamine, die der Bürger in Sparzeiten benötigt.
Spargel kann günstig bei der Einwohnerkontrolle erworben
werden. Es soll den durch die Halbjahressonnenfinsternis
verursachten Gemüse- und Früchteausfall ausgleichen.
www.ruediwidmer.ch, www.facebook.com/ruewid, 24.3.2015
Wegen sparbedingtem Blumenmangel ruft die
Stadtgärtnerei die Winterthurer Kindergärten und
Primarschulen auf, ganz viele Blumen aus Papier zu
basteln, die man dann in die Rabatten kleben kann.
«Landbote» vom 23. März
Leider wurde bis jetzt zu wenig
oder gar nicht darüber berichtet,
dass am 12. April auch über die
Aufhebung der Gemeindezu­
schüsse für Kinder beziehungs­
weise deren Familien abgestimmt
wird. Von der Streichung wären
273 Kinder betroffen. Zwar
stimmte das Volk, am 28. Novem­
ber 2004 mit 50,6 Prozent knapp
für die Halbierung der Gemeinde­
zuschüsse für Alleinstehende und
Ehepaare. Es geht aber vergessen,
dass damals die Gemeindezu­
schüsse für Kinder nicht angetas­
tet wurden. Dahinter stand die
Überlegung, dass Familien mit
Kindern am stärksten vom Ar­
mutsrisiko betroffen sind und den
besonderen Bedürfnissen der
Kinder (Ausbildung, soziale Inte­
gration) grosse Bedeutung beizu­
messen ist. Neu wurde damals
sogar ein ausserordentlicher Ge­
meindezuschuss für Härtefälle
eingeführt. Am 12. April wird
nicht nur darüber abgestimmt, ob
bedürftige Senioren und Invalide
von der Stadt Winterthur weiter­
hin unterstützt werden sollen.
Wir stimmen auch darüber ab, ob
wir künftig armutsbetroffene
Kinder und Härtefälle noch un­
terstützen wollen.
Beat Staub, Winterthur
•
Als langjährige Spitex­Mitarbei­
terin begegnen mir diese Perso­
nen, und es sind vor allem Frauen,
welche froh sind um das Bus­Abo,
die bezahlbare Mobilität und das
Sackgeld, welches ihnen erlaubt,
ab und zu einen Kaffee auswärts
zu trinken, Menschen zu treffen.
Es sind die Vorreiterinnen unse­
rer sozialen Wohlfahrt. Sie haben
wenig Besitz gehabt in ihrem Er­
werbs­ und Hausfrauenleben,
haben sich eingeschränkt, weil es
nichts anderes gab. Es sind keine
Personen, die demonstrieren. Sie
werden sich noch mehr ein­
schränken, schweigen haben sie
gelernt.
Die soziale Isolation wird vor­
anschreiten, sie werden in ein
Alterszentrum eintreten, auch
wenn sie von der Pflege her dies
nicht nötig hätten. Da widerspre­
che ich dem Leiter der sozialen
Dienste ganz entschieden, die Er­
fahrungen sind anders. So ganz
nebenbei wird man diese Men­
schen dort aufgrund der niederen
Pflegestufen nicht gerne sehen,
weil sie infolge der neuen Pflege­
finanzierung zu wenig einbrin­
gen. Ich möchte, dass diese Men­
schen ihre Würde und Autonomie
behalten können, und stimme
Nein zur Reduktion der Gemein­
dezuschüsse.
Barbara Günthard Fitze,
Winterthur,
Gemeinderatspräsidentin,
Kantonsratskandidatin EVP
•
Erika B. war, als ihr Mann sie ver­
liess, 45 Jahre alt. Nach langem
Suchen fand sie eine Stelle als
Teilzeitverkäuferin. Es reichte
nun gerade so zum Leben, Erspar­
nisse konnte sie keine anlegen.
Dieses Jahr wird Erika B. 70 und
lebt, seit sie AHV bezieht, von
einer AHV­Minimalrente und
einem kleinen Betrag aus der Pen­
sionskasse (270 Franken). Der
Mietzinszuschuss deckt zwar
einen Teil der Wohnungsmiete,
und die Krankenkasse (Grundge­
bühr) wird ihr bezahlt, trotzdem
fehlt das Geld an allen Ecken und
Enden. Sie hofft deshalb sehr, ihre
kleine 3­Zimmer­Altwohnung
noch lange behalten zu können.
Eine teurere Wohnung wäre für
sie katastrophal. Ende Monat
bleiben manchmal 5 bis 7 Fran­
ken, oftmals aber auch nichts üb­
rig. Diese paar Franken legt Erika
B. auf die Seite, und zusammen
mit dem Gemeindezuschuss kauft
sie kleine Geburtstags­ und Weih­
nachtsgeschenke für ihre vier
Enkel. Zusätzlich leistet sie sich
davon zweimal im Jahr einen Be­
such beim Coiffeur.
Hier handelt es sich um kein
Einzelschicksal, nein, es sind über
2000 Personen in unserer Stadt
von der Altersarmut betroffen,
hauptsächlich alleinstehende
Frauen. Für mich ist ganz klar: Die
jetzigen Zuschüsse dürfen weder
gekürzt noch gestrichen werden.
Marianne Frehner, Winterthur
•
Winterthur hat in den Wohlwend­
Jahren einen Speckgürtel ange­
fressen, den wir nun abtrainieren
müssen – und das heisst sparen.
Dazu gehören auch die Sozialleis­
tungen. Die Stadt hat jahrelang
freiwillige Beträge in Millionen­
höhe für spezielle Bedürfnisse
ausbezahlt. In der Budgetdebatte
hat die bürgerliche Mehrheit die­
se Beträge gestutzt. Ein Ja am
12. April zur Teilaufhebung der
Gemeindezuschüsse ist ein Ja zu
einem soliden Finanzhaushalt.
Simon Büchi, Winterthur,
Präsident SVP
•
Kürzlich hat mich eine gebrechli­
che Frau im AHV­Alter mit Rolla­
tor schüchtern angesprochen. Sie
habe soeben ein Pack Guetsli ge­
schenkt gekriegt und hätte gerne
einen Kaffee dazu, müsse aber
von zehn Franken im Tag leben.
Das ist einfach nur traurig und be­
schämend.
Sandra Funk, Winterthur