Additive Fertigung komplexer Teile aus Metall
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Additive Fertigung komplexer Teile aus Metall
Additive Fertigung_Maschinenbau Additive Fertigung komplexer Teile aus Metall Mit additiven Fertigungsprozessen lassen sich auch komplexe Strukturen sehr einfach direkt aus dem CADProgramm herstellen. Kundenspezifische Einzelanfertigungen, aber auch Serien mit geringen Stückzahlen sind möglich, denn kostspielige Werkzeuge oder Formen entfallen. ZPP Harz oder Pulver Selektives Laserschmelzen: Der Laser erhitzt das Pulver, lässt es lokal schmelzen. Schicht für Schicht wird das Bauteil aufgebaut. gungsverfahren wie Drehen, Bohren oder Fräsen, bei denen von aussen nach innen Material abgetragen wird. Dank additiver Fertigung können komplexe Strukturen realisiert werden, die bis anhin nicht möglich waren. Wie geht man dabei vor? Grundlegend wird ein vorhandenes 3D-CAD-Modell in Einzelschichten zerlegt. Mit dieser geometrischen Schichtinformation und den Prozessparametern kann ein additives Fertigungssystem (3D-Drucker) gesteuert werden. Ein Material wird schichtweise auf eine Arbeitsplatte aufgetragen und nach einem bestimmten additiven Fertigungsprinzip durch die jeweiligen Schichtinformationen selektiv verfestigt. Die Bauplatte wird anschliessend um die Schichtdicke abgesenkt und der Prozess wiederholt sich, bis das ganze Bauteil von unten nach oben aufgebaut ist. Das fertige Bauteil muss von der Bauplatte gelöst und oft noch thermisch nachbehandelt oder mechanisch nachbearbeitet werden. ZPP Die additive Fertigung bzw. das 3D-Printing hält in vielen Branchen Einzug. Sie bringt neue Lösungsansätze und ermöglicht komplexe, bisher unmögliche Konstruktionen und erschliesst damit neue Anwendungsfelder. Insbesondere bei kleinen Stückzahlen ist eine wirtschaftliche Fertigung realisierbar. Am Zentrum für Produkt- und Prozessentwicklung (ZPP) der ZHAW School of Engineering in Winterthur ist die additive Fertigung Gegenstand von zahlreichen Projekten in Forschung und Entwicklung. Da die erfolgreiche Anwendung auch ein Umdenken des Entwicklers und Konstrukteurs voraussetzt, ist diese neue Fertigungstechnologie vermehrt Bestandteil im Maschinenbaustudium und der Weiterbildung. Das älteste additive Fertigungsverfahren ist die Stereolithografie. Hier besteht das Ausgangsmaterial aus flüssigem Photopolymerharz. Die Verfestigung entsteht durch selektive Polymerisation beim Belichten mit einem Laser. 3D-Drucker verwenden hingegen als Ausgangsmaterial Metall-, Kunststoff-, Keramik-, Stärkepulver oder auch Sand. Die Pulverpartikel werden selektiv durch Einbringen eines Binders verklebt. Bei den extrudierenden Verfahren, beispielsweise dem weitverbreiteten Fused Deposite Modelling (FDM), werden strang- oder filamentförmig Polymere durch Erweichen des thermoplastischen Materials mittels einer beheizten Düse oder eines Druckkopfes lokal aufgetragen. Direkte Abkühlung sorgt dafür, dass sich das extrudierte Material verfestigt. Bei den laserbasierten Verfahren unterscheidet man zwischen Laser-Sintern und Laserschmelzen. Laser-Sintern (LS) oder Selektives Laser-Sintern (SLS) bezeichnet das schichtweise Auftragen von pulverförmigen Polymeren, Compounds oder Keramiken mit Füllstoff oder Binder. Anschliessend erfolgt das Sintern des pulverförmigen Der Prozess Unter additiver Fertigung versteht man die schichtweise Herstellung von Bauteilen von unten nach oben – im Gegensatz zu subtraktiven Ferti- Das Hybrid-Spritzgusswerkzeug mit konturnahem Kühlkanal wurde additiv auf einer konventionell gefertigten Werkzeuggrundplatte aufgebaut. SWISS ENGINEERING MÄRZ 2015 23 Materials durch Einwirkung eines Lasers. Beim Selektiven Laserschmelzen – engl. Selective Laser Melting (SLM) – wird Metallpulver in einer sehr dünnen Schicht auf die Arbeitsplatte aufgetragen und mit einem Laser dort, wo die Schichtinformationen vorliegen, aufgeschmolzen. Das Ganze ähnelt einem Schweissprozess. Neben den richtigen Verfahrensparametern, wie der Laserleistung, der Abtastgeschwindigkeit und der Schichtdicke, ist die Abführung der hohen thermischen Energie aus der Schmelzzone eine grosse Herausforderung. Hilfreich sind dabei sogenannte Supportstrukturen zur Ableitung der thermischen Energie, die aber nach dem Fertigungsprozess aufwendig entfernt werden müssen. ZPP Maschinenbau_Additive Fertigung Mischelemente für die Abgasreinigung (links) und statische Mischer für technische Flüssigkeiten (rechts) werden in kleiner Stückzahl benötigt. Metallische Bauteile Es gibt zahlreiche Beispiele für innovative Lösungen in der Produktentwicklung durch den Einsatz des Selektiven Laserschmelzens. So lassen sich für den Leichtbau notwendige komplexe Gitterstrukturen bis hin zu bionischen, belastungsoptimierten Strukturen mit viel weniger Aufwand herstellen. Implantate in der Medizin und Zahnersatz in der Dentaltechnik lassen sich kundenindividuell anfertigen. Durch die werkzeuglose Fertigung direkt aus dem CAD-Modell oder aus dem geometrischen Modell aufgrund eines 3D-Scans – wie es heute Stand der Technik in der Dentalmedizin ist – werden diese Teile perfekt auf die Bedürfnisse des Patienten «lasergeschmolzen». Mischelemente kommen in der Abgasreinigung zum Einsatz. Sie werden für die bessere Durchmischung von Harnstoff zur NOxReduktion eingesetzt. An stationären Spezial-Dieselmaschinen sind nur wenige dieser Mischelemente notwendig. Auch chemischen Anlagen werden statische Mischelemente zum Vermischen technischer Flüssigkeiten eingesetzt. Bei den in diesen Fällen geringen Stückzahlen lohnt sich ein aufwendiges Giessen oder Schweissen nicht, deshalb ist eine additive Fertigung sinnvoll und wirtschaftlich. 24 SWISS ENGINEERING MÄRZ 2015 Das Verfahren lohnt sich auch für Spritzgusswerkzeuge mit konturnaher Kühlung, wo in einem wendelförmigen Kanal das Kühlwasser direkt unter die Oberfläche des Spritzgusswerkzeugs gebracht wird. Dadurch kann das Spritzgussteil schneller abkühlen und die Zykluszeit erheblich verkürzt werden. Solche Kühlkanäle sind nur additiv von unten nach oben herstellbar. Auch ist es möglich, eine solch komplexe Form auf eine bestehende Struktur z.B. einer Werkzeuggrundplatte aufzubauen. Der Vorteil einer solchen Hybridfertigung ist, dass die einfache Struktur sehr schnell konventionell gefertigt werden kann und die komplexe Struktur danach additiv ergänzt wird. Entfernung zusätzlichen Aufwand bedeutet. Mit einer thermischen Nachbehandlung lassen sich Spannungen aus dem additiven Fertigungsprozess reduzieren oder die geforderten Festigkeitswerte erreichen. Um die Vorteile eines nahezu unbegrenzten gestalterischen bzw. konstruktiven Spielraums voll zu nutzen, muss man schon bei der Konstruktion die additive Fertigung berücksichtigen. Die werkzeuglose, additive Fertigung komplexer Teile direkt aus dem CAD und der kundenindividuelle Gestaltungsspielraum – das sind klar überwiegende Vorteile. Deshalb besetzen die additiven neben den konventionellen Fertigungsverfahren eine wirtschaftlich interessante Nische. In vielen Bereichen des Maschinenbaus oder der Medizintechnik haben sich die additiven Fertigungsverfahren bereits etabliert. Allerdings gilt es, die Prozesse und Maschinen weiter zu optimieren. Mit seiner Tätigkeit in Forschung und Entwicklung trägt auch das ZPP seinen Teil dazu bei. Andreas Kirchheim Schwerpunktleiter Advanced Production Technology am Zentrum für Produkt- und Prozessentwicklung (ZPP) der ZHAW School of Engineering www.zhaw.ch/zpp zudem Auf der Erfolgsspur Nach dem heutigen Stand der Technik bieten die additiven Fertigungsverfahren – insbesondere das Selektive Laserschmelzen von metallischen Bauteilen – viele Vorteile. Nichtsdestotrotz müssen dabei fertigungsbedingte Besonderheiten berücksichtigt werden. So ist es bei metallischen Teilen aufgrund der Oberflächenrauigkeit meist nötig, sie an Funktionsflächen mechanisch nachzubearbeiten. Zudem müssen Überhänge mit Supportstrukturen versehen werden, deren nachträgliche Weiterbildungskurs additive Fertigung Die ZHAW School of Engineering bietet ab Herbst 2015 den Weiterbildungskurs (WBK) Additive Fertigung (3D-Druck) an. Der Kurs vermittelt den Teilnehmern die unterschiedlichen additiven Fertigungsverfahren und die korrespondierenden Prozesse zur Vor- und Nachbereitung. Der Kurs zeigt die Vorteile gegenüber der konventionellen Fertigung wie auch die Grenzen der additiven Fertigung. Angesprochen sind Ingenieure FH/ETH, Techniker HF sowie interessierte Fachpersonen aus Industrie, Forschung und Hochschulwesen. Das Ausbildungsprogramm umfasst neben Vorlesungen auch praxisorientierte Fallbeispiele, Arbeiten an der Maschine sowie Selbststudium. Der Kurs wird berufsbegleitend absolviert und umfasst acht Halbtage. Kursstart: 24. September 2015. Weitere Information: www.engineering.zhaw.ch/weiterbildung