landau landau - Fonds Gesundes Österreich
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P.b.b. 03Z034913 M - Verlagspostamt 1090 8. Jahrgang Nr. 3 | September 2006 Michael LANDAU Nur eine faire Gesellschaft ist eine gesunde Gesellschaft 8. ÖSTERREICHISCHE GESUNDHEITSFÖRDERUNGSKONFERENZ: 20 Jahre Ottawa-Charta M I T AC H T S I G I S-S E RV I C E-S E I T E N n: e hm ta e n r s a u h era wa-C H a m Zu e Ott Di FONDS GESUNDES ÖSTERREICH IM ÜBERBLICK K U R AT O R I U M Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat, Vorsitzende des Kuratoriums Landesrat a.D. Fredy Mayer, erster Stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums, Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Vizepräs. Maga. pharm. Dr. Christiane Körner, zweite Stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums, Österreichische Apothekerkammer Landesstatthalter Dr. Hans-Peter Bischof, Landeshauptleutekonferenz Vizebürgermeisterin Dr. Christiana Dolezal, Österreichischer Städtebund Präsident Dr. Lothar Fiedler, Österreichische Ärztekammer Mag. Richard Gauss, Bundesministerium für Finanzen Gemeinderat Univ.-Prof. Dr. Heinz Hammer, Österreichischer Seniorenrat Gen.Dir. SL MR. Dr. Hubert Hrabcik, Bundesministerium für Gesundheit und Frauen Präsidentin Dr. Lindi Kálnoky, Bundesministerium für Gesundheit und Frauen Dr. Josef Kandlhofer, Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger Bundesminister a.D. Dr. Franz Löschnak, Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs Präsident Bürgermeister Helmut Mödlhammer, Österreichischer Gemeindebund Bundesminister a.D. Prim. Dr. Kurt Steyrer, Österreichischer Seniorenrat Landesrätin Dr. Silvia Stöger, Konferenz der Gesundheitsreferenten der Länder P R O J E K T B E I R AT Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Freidl, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Medizinuniversität Graz Martin Hefel, Leitung des Projektmanagements und Marketing (Stiftung Maria Ebene), Obmann des Vorarlberger Familienverbandes Univ.-Doz. Maga. Dr. Ingrid Kiefer, Institut für Sozialmedizin der Medizinuniversität Wien Univ.-Prof. Dr. Richard Noack, Vorstand des Institutes für Sozialmedizin an der Universität Graz Prof. Dr. Rotraud Perner, Psychoanalytikerin und Konflikt- und Gewaltforscherin, Leiterin des Institutes für Stressprophylaxe und Salutogenese Univ.-Prof. Dr. Anita Rieder, stellv. Vorstand des Instituts für Sozialmedizin der Medizinuniversität Wien, Gründungsmitglied des Frauenforums Medizin Mag. Günter Schagerl, ASKÖ – Leiter des Referats für Fitness und Gesundheitsförderung G E S C H Ä F T S S T E L L E Dennis Beck, Geschäftsführer Mag. Walter Hörth, kaufmännischer Leiter und stellvertretender Bereichsleiter Mag. Dr. Rainer Christ, Gesundheitsreferent Maga. Rita Kichler, Gesundheitsreferentin Maga. Andrea Lins, Gesundheitsreferentin Maga. Gerlinde Rohrauer, Gesundheitsreferentin Maga. Eva Rohrer, Gesundheitsreferentin Mag. Dr. Klaus Ropin, Gesundheitsreferent Maga. (FH) Sabrina Kucera, Projektassistentin Mag. Markus Mikl, Öffentlichkeitsarbeit Helga Klee, Sekretariat – Gesundheits- und ÖffentlichkeitsreferentInnen Tina Endl, Sekretariat – Geschäftsführung Markus Rumelhart, Sekretariat – Geschäftsführung Silvia Berger, kaufmännische Assistentin Sylvia Fellner, Buchhaltung/Controlling Peter Jandrasits, kaufmännischer Assistent Maga. (FH) Ruth Fiedler, Sekretariat/SIGIS IMPRESSUM: Gesundes Österreich 3|06 Medieninhaber und Herausgeber: Fonds Gesundes Österreich, ein Geschäftsbereich der Gesundheit Österreich GmbH Mariahilfer Straße 176, 1150 Wien, Tel.: +43/1 895 04 00-0, Fax: +43/1 895 04 00-20, E-Mail: [email protected] Verleger: B&K - Bettschart & Kofler Medien- und Kommunikationsberatung GmbH A-1090 Wien, Porzellangasse 35 Top 3 Tel.: +43/1 319 43 78-13; Fax: +43/1 319 43 78-20 E-Mail: [email protected] Redaktion: Dr. Birgit Kofler-Bettschart (Leitung); Reno Barth, Dennis Beck, Mag. Katrin Friedl-Kofler, Dr. Jan Klasmann, Helga Klee, Maga. Andrea Lins, Mag. Markus Mikl, Mag. Dietmar Schobel Produktion: Anali Manzana Marin, Christian Krenn Graphik: Patricio Handl Fotos: Mediendienst Wilke, Bilder Box Com, Hans Labler, MEV, Archiv, Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H Erscheinung: 4 x jährlich. Verlags- und Herstellungsort: Wien, Verlagspostamt: 1090 Wien. KURZ UND BÜNDIG News aus der Gesundheitsförderung EDITORIAL 4 8. Österreichische Gesundheitsförderungskonferenz, Teil 1: GRUNDLAGE FÜR GESUNDHEITSFÖRDERUNG Jubiläum: 20 Jahre Ottawa-Charta 12 KONZEPT MIT WELTGELTUNG Der innovative Ottawa-Ansatz hat international viel bewegt 16 OTTAWA-CHARTA UND ÖSTERREICH Auch in Österreich war das Rahmenprogramm Basis für viele Initiativen 18 GESUNDHEIT IST MACHBAR Die „Mutter“ der Ottawa-Charta, Prof. Ilona Kickbusch, im Interview 20 IM GESPRÄCH Caritasdirektor Michael Landau über Gesundheit und Fairness 22 DIE SIGIS-SERVICE-SEITEN 25-32 8. Österreichische Gesundheitsförderungskonferenz, Teil 2: INVESTITIONEN FÜR GESUNDHEITSFÖRDERUNG Die Ottawa-Charta hat viele konkrete Maßnahmen inspiriert 34 DIE ZUKUNFT HAT BEGONNEN Gesundheitsförderung im 21. Jahrhundert 36 BUCHTIPPS Die Ottawa-Charta zum Nachlesen 38 GESUND LÄNGER PFLEGEN Demenz: Förderung von Erkrankten, Unterstützung von Angehörigen 41 GESUNDHEIT MACHT SPASS Betriebliche Gesundheitsförderung beim Verpackungshersteller ALPLA 42 BEWEGTE SCHULE Volksschul-Projekt bringt SchülerInnen in Bewegung 43 GESUNDHEITSWISSEN FÜR TEENS Ein Schweizer Jugend-Webtool wird für Österreich adaptiert 44 GESCHMACKSSCHULE FÜR KINDER Regionale Lebensmittel werden SchülerInnen schmackhaft gemacht 45 MENSCHENGERECHTE ARBEITSGESTALTUNG Fachtagung zu psychischen Belastungen am Arbeitsplatz 46 UNTERSTÜTZUNG FÜR KMU Arbeitsschwerpunkt des Fonds Gesundes Österreich 47 GUTE NOTEN FÜR ERFOLGREICHE ARBEIT Evaluationsbericht stellt dem Fonds Gesundes Österreich ein gutes Zeugnis aus 48 MENSCHEN IM FONDS 50 KALENDER Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser! A m 21. November 1986 verabschiedeten 240 TeilnehmerInnen aus 35 Ländern das Abschlussdokument einer Tagung in Kanada. Die „Ottawa-Charta“ war in der Folge nicht nur der wesentlichste Impuls für die Gründung der ersten bundesweiten Institution für Gesundheitsförderung in Österreich. Sie ist inzwischen auch weltweit als Rahmenprogramm für moderne Gesundheitsförderung anerkannt. Die 8. Österreichische Gesundheitsförderungskonferenz im Mai in Bregenz, deren Inhalte auf den Seiten 12 bis 21 und 34 bis 37 dieser Ausgabe unseres Magazins beschrieben werden, hatte das 20-jährige Jubiläum dieses Schlüsseldokuments zum Thema. Die Tagung in Vorarlberg setzte sich mit den Zielen der Charta auseinander und beleuchtete, was bislang verwirklicht werden konnte. Dass dabei, speziell global betrachtet, eine „Umsetzungslücke“ besteht, liegt im Wesen der OttawaCharta begründet, deren visionäre Ideen weit über den Zeithorizont der 80er Jahre hinausreichen. Eben dies ist aber auch der Grund, dass dieses Rahmenprogramm für Gesundheitsförderung nach wie vor Gültigkeit hat. Im Sinne der in der Charta geforderten gesundheitsförderlichen Gesamtpolitik müssen die bereits bestehenden nationalen und internationalen Strukturen für Gesundheitsförderung gefestigt und durch nachhaltige Investitionen weiter ausgebaut werden. Dass eine Gesellschaft insgesamt nur dann als gesund gelten kann, wenn sie für jede einzelne Bürgerin und jeden einzelnen Bürger die bestmöglichen Gesundheitschancen eröffnet, meint auch Michael Landau, der Direktor der Wiener Caritas, in unserer Titelstory auf den Seiten 22 und 23. Im Weiteren finden Sie in Gesundes Österreich wie immer auch Beiträge über aktuelle Projekte und auf den SIGIS-Service-Seiten 25 bis 32 News aus der Selbsthilfebewegung. Ich wünsche Ihnen eine vergnügliche und anregende Lektüre, Dennis Beck Geschäftsführer 51 Foto: © Schuster Inhalt 03/06 K U R Z Zahlreiche Aktionen zum Welt-Nichtraucher-Tag Mit zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen wurde in Österreich ebenso wie auf internationaler Ebene auch heuer zum Welt-Nichtraucher-Tag am 31. Mai auf die Bedeutung der Tabakprävention aufmerksam gemacht. In Wien stellten in einem Fachsymposium der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau sowie die Wiener und Niederösterreichische Gebietskrankenkasse das „Rauchertelefon“ vor, ein bundesweiter gemeinsamer Beratungsdienst der Sozialversicherung und der Länder zur Unterstützung aufhörwilliger RaucherInnen, mit dem Österreich auch erstmals am Europäischen Netzwerk der Quitlines, der internationalen Vereinigung von telefonischen Beratungsangeboten für RaucherInnen, teilnimmt. Auf europäischer Ebene lancierten zum Welt-Nichtraucher-Tag das Europäische Netzwerk Rauchfreier Krankenhäuser und die EU-Initiative HELP-Für ein rauchfreies Leben die Kampagne „Tabak – tödlich in jeder Form“. Noch bis Oktober 2006 werden von den ProjektpartnerInnen bei Veranstaltungen CO-Messungen der Atemluft durchgeführt, die die Schädlichkeit von Tabak deutlich machen sollen. Weitere Informationen unter www.rauchertelefon.at bzw. www.help-eu.com. Das Rauchertelefon ist Österreich weit zum Ortstarif erreichbar unter 0810 810 013. 4 G ESUNDES ÖSTERREICH U N D B Ü N D I G Neues SeminarGesundheit Österreich GmbH (GÖG) programm BildungsIn der Sitzung des Österreichischen Nationalrates vom 13. Juli 2006 wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) beschlossen. Seit 1. August 2006 ist das Gesetz in Kraft, am selben Tag fand die Gründungsgeneralversammlung der Gesundheit Österreich GmbH statt. Die Gesellschaft umfasst derzeit die beiden Geschäftsbereiche Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) und Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG), ein Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen (BIQG) soll in naher Zukunft als dritter Geschäftsbereich aufgebaut werden. Das Gesetz bestimmt die Gesamtrechtsnachfolge der Gesundheit Österreich GmbH gegenüber dem Fonds Gesundes Österreich und dem Österreichischen Bundesinstitut für Gesundheitswesen. Somit wurden alle Vereinbarungen und Dr. Heinz Frühauf Verträge unverändert übernommen. Dies gilt auch für alle MitarbeiterInnen der beiden Fonds, die nun Angestellte der Gesundheit Österreich GmbH sind. Alleingesellschafter ist der Bund, vertreten durch die Bundesministerin für Gesundheit Dr. Michaela Moritz und Frauen. VertreterInnen des Bundes, der Länder und der Sozialversicherungen sind in der Institutsversammlung vorgesehen. Für den Geschäftsbereich Fonds Gesundes Österreich bleiben das Kuratorium und der FachbeiDennis Beck rat unverändert aufrecht. Das Kuratorium wurde um zwei VertreterInnen des Österreichischen Seniorenrates erweitert. In der Gründungsgeneralversammlung wurde Dr. Heinz Frühauf als interimistischer Geschäftsführer und Dr. Michaela Moritz und Dennis Beck befristet als GeschäftsführerInnen bestellt. Das Österreichische Gesundheitsförderungsgesetz (GfG) bleibt inhaltlich unverändert bestehen und stellt weiterhin die gesetzliche Basis der inhaltlichen Tätigkeit des Fonds Gesundes Österreich dar. Der Wortlaut der relevanten Gesetzestexte ist unter www.fgoe.org abrufbar. netzwerk Gesundheitsförderung Auch im Wintersemester 2006/2007 unterstützt der Fonds Gesundes Österreich wieder die Fortbildung im Bereich Gesundheitsförderung und Primärprävention. Das neu erschienene „Seminarprogramm Gesundheitsförderung – Bildungsnetzwerk September 2006 bis Februar 2007“ wendet sich an Personen, die gesundheitsförderliche Aktivitäten planen und umsetzen: MitarbeiterInnen und LeiterInnen von Gesundheitsförderungsprojekten sowie Angestellte der öffentlichen Gesundheitsverwaltung. Das Programm wurde auf Basis bisheriger Erfahrungen und nach Evaluation vorhergehender Seminarzyklen, ausgerichtet auf die speziellen Bedürfnisse der Zielgruppe, konzipiert. Die thematischen Schwerpunkte des seit 1999 laufenden Fortbildungsprogramms umfassen Projektmanagement, Öffentlichkeitsarbeit und Marketing, spezifische Themen der Gesundheitsförderung sowie soziale Kompetenz. Verstärkt gibt es im neuen Programm Seminare zum Thema Evaluation und Qualitätsentwicklung. Es werden in diesem Semester aber auch völlig neue Seminare angeboten, zum Beispiel mit den Inhalten Diversity Management, Partizipation oder Online Marketing. Der Fonds Gesundes Österreich trägt den überwiegenden Teil der Seminarkosten und hebt von den TeilnehmerInnen lediglich einen Unkostenbeitrag von 60 Euro für das jeweilige Seminar ein. Das „Seminarprogramm Gesundheitsförderung – Bildungsnetzwerk September 2006 bis Februar 2007“ kann beim Fonds Gesundes Österreich und bei allen neun regionalen KoordinatorInnen gratis bestellt werden, per E-Mail unter [email protected] oder telefonisch unter 01/895 04 00. Das Programm ist auch auf der Homepage des Fonds Gesundes Österreich unter www.fgoe.org abrufbar. K U R Z U N D B Ü N D I G Aquila-Preis für „Mehr Spaß mit Maß“ Verkehrssicherheit ist ein Thema, das vielen Menschen ein Anliegen ist. Das hat sich auch heuer wieder bei der Verleihung des Verkehrssicherheitspreises des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV) gezeigt, die in Kooperation mit dem Österreichischen Gemeindebund am 30. Mai im Rahmen einer Galaveranstaltung im Technischen Museum Wien über die Bühne ging. „Manche Menschen nehmen ihre Verantwortung sehr ernst. Sie machen sich nicht nur Gedanken über ihre eigene Sicherheit, sondern wollen einen Beitrag für die Sicherheit aller leisten“, lobte Dr. Othmar Thann, Direktor des KfV, die GewinnerInnen. In der Kategorie „Unternehmen und Institutionen“ konnte sich die Stiftung Maria Ebene aus Vorarlberg durchsetzen. Überzeugt hat die Jury das im Jänner 2004 gestartete und auf fünf Jahre ausgelegte, vom Fonds Gesundes Österreich geförderte Projekt zur Gesundheitsförderung und Alkoholprävention bei Jugendlichen unter dem Motto „Mehr Spaß mit Maß“. Die Sujets dieser Kampagne liefern auch die Grundlagen für die aktuelle Österreich weite Kampagne des Fonds Gesundes Österreich unter dem selben Titel. Primäre Zielgruppe von „Mehr Spaß mit Maß“ sind Jugendliche, die Kampagne wird in den Sektoren Handel, Gastronomie, Verkehr, bei ÄrztInnen und MultiplikatorInnen umgesetzt. Interessant unter dem Aspekt Verkehrssicherheit ist unter anderem das Teilprojekt „Bob“: Hier geht es darum, dass in einer Gruppe von Jugendlichen im Voraus ein/e FahrerIn bestimmt wird, die oder der keinen Alkohol trinkt. Bei routinemäßigen Kontrollen gibt es bei 0,0 Promille eine Belohnung, z.B. ein Konzertkarte. Damit will man verstärkt dem Problem Alkohol am Steuer bei jungen AutofahrerInnen entgegen wirken. Weitere PreisträgerInnen sind in der Kategorie Medien die Lokalredaktion der Kleinen Zeitung Kärnten für ihre engagierte Berichterstattung zum Thema, die oberösterreichische Gemeinde Gampern für Investitionen in sicherheitsfördernde Infrastruktur und die European High School, Wien 15, für ein Projekt zur Verbesserung der Verkehrssicherheit im Schulumfeld. Eine ausführliche Darstellung aller Projekte ist auf der Internetseite www.kfv.at abrufbar. Medienpreis „Ernährung“ des Fonds Gesundes Österreich verliehen Bei der Tagung für betriebliche Gesundheitsförderung des Fonds Gesundes Österreich am 21. Juni 2006 im Design Center Linz wurde heuer zum dritten Mal der Medienpreis „Gesundheitsförderung und Prävention“ vergeben. Der mit insgesamt 6.000 Euro dotierte Preis war dieses Jahr dem Thema „Ausgewogene Ernährung“ gewidmet. Die hochkarätige Jury, bestehend aus Univ.Doz. Dr. Ingrid Kiefer (Institut der Sozialmedizin der Medizinischen Universität Wien, Ernährungswissenschafterin und Fachbeirätin des Fonds Gesundes Österreich), Univ.Prof. Dr. Thomas A. Bauer (Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien), Dennis Beck (Geschäftsführer des Fonds Gesundes Österreich) und Mag. Rita Kichler (Gesundheitsreferentin für den Bereich Ernährung des Fonds Gesundes Österreich) hat aus den 69 qualitätsvollen Einreichungen vier PreisträgerInnen prämiert. Der Medienpreis steht unter der Schirmherrschaft von Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat. Der erste Platz ging an Mag. Uschi Christl vom ORF Oberösterreich und den Ernährungswissenschafter Mag. Christian Putscher. Die von beiden AutorInnen für den ORF Oberösterreich gemeinsam verfasste Broschüre „Frühlingserwachen“ beinhaltet hilf- reiche Tricks und Tipps, wie sich gesunde und ausgewogene Ernährung im Alltag unterbringen lässt. Dies geschah in innovativer Art und Weise und perfekt abgestimmt mit thematischen Beiträgen im TV (OÖ heute) und Radio OÖ. Mag. Uschi Christl: „Ich freue mich wirklich sehr über den Preis, denn offenbar ist unser Konzept aufgegangen, dass gesunde Ernährung durchaus mit Freude am Essen verbunden werden kann. Wenn die Menschen ein Gefühl dafür bekommen, was ihnen gut tut, haben wir unser Ziel erreicht.“ Der zweite Platz ging an Barbara Stöckl, Margit Draxl und Silke Tabernik von „Help TV“ für ihren Beitrag „Gesund essen mit Kindern“, in dem eine „Ernährungs-Nanny“ zeigte, wie man Kinder vom Fast Food los- eisen und ihnen Gemüse schmackhaft machen kann. Ex aequo mit Platz 3 ausgezeichnet wurden Kronen Zeitung-Redakteurin Karin Rohrer für den Artikel „Altersbremse aus dem Kochtopf“ und Sabine Fisch vom Ö1 Radiodoktor Gesundheitsmagazin für ihren Beitrag „Ernährung und Bewegung“. Der in der Kronen Zeitung erschienene Artikel informierte, wie richtiges Essen den Organismus länger jung und vital hält. Die Sendung im Ö1-Radio erläuterte im Zusammenhang mit dem Abnehmen die Rolle der Ernährung und der Bewegung und zeigte praktische Tipps für die Umsetzung im Alltag auf. Die Print-Beiträge können auf www.fgoe.org abgerufen werden. G ESUNDES ÖSTERREICH 5 K U R Z U N D B Ü N D I G Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitswesen Stadträtin Mag. Renate Brauner und Rapid-Präsident Rudolf Edlinger Fussballspaß ohne Alkohol Das neue Alkoholpräventionsprojekt „Kick“, das sich vor allem an junge Fussballfans richtet, haben der SK Rapid Wien, das Institut für Suchtprävention der Wiener Sucht- und Drogenkoordination (ISP), Streetwork Wien und das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) ins Leben gerufen. Die Aktion wird bei Fußballspielen im HanappiStadion durchgeführt. „Unser Ziel ist es, Informationen rund um das Thema Alkohol zu vermitteln und die Auseinandersetzung mit Motiven und Funktionen des eigenen Trinkverhaltens anzuregen, und das ohne den moralischen Zeigefinger“, erläutert Gesundheits- und Sozialstadträtin Mag. Renate Brauner. Abschreckung würde nicht suchtpräventiv wirken, so Brauner, daher „fördern wir mit unseren Präventionsprogrammen Eigenständigkeit und innere Stärke.“ Rapid-Präsident Rudolf Edlinger: „Der SK Rapid unterstützt diese Aktion mit großem Engagement, weil wir unseren vielen jugendlichen Fans helfen wollen, beim Umgang mit Alkohol besser informiert zu sein und sie vor den Gefahren des übermäßigen Alkoholkonsums zu warnen.“ „Kick“ richtet sich in erster Linie an 16- bis 21-jährige Fußballfans. Das Projekt, das vorerst bei zwei Rapid-Heimspielen durchgeführt wurde, besteht aus mehreren Bausteinen, darunter ein Wissensquiz mit Gewinnspiel. Wer Fragen wie „Lässt sich der Abbau von Alkohol im Blut beschleunigen?“ richtig beantwortete, konnte ein Abo für die nächste Saison, ein Original RapidSpieler-Trikot oder einen Ball mit Unterschriften gewinnen. Außerdem wurden bei Projektstart scheckkartengroße Ausweise verteilt. Sie enthalten zielgruppengerechte Informationen über Alkohol und sind gleichzeitig der Stempelpass für die freiwilligen Promilletestungen mit den Alkoholvortestgeräten. Zusätzlich wurde an den Kick-Aktionstagen alkoholfreie Getränke um ein Drittel des Preises verkauft. Wer sich während der Fußballspiele trotzdem ans Bier hielt, bekam gratis ein „Katersackerl“ mit nach Hause. Es ist mit Dingen gefüllt, die helfen, dass es während und nach einer „durchzechten“ Nacht möglichst wenige Probleme gibt, zum Beispiel Taxitelefonnummern, Erfrischungstuch, Traubenzucker und Kondom. „Junge Menschen besuchen den Fußballplatz, um eine gute Zeit zu haben, und auch unsere Aktion soll Spaß machen. So wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass Jugendliche möglichst bewusst und konstruktiv mit Alkohol umgehen“, verdeutlicht der Drogenbeauftragte der Stadt Wien Dr. Alexander David. INFORMATION & KONTAKT: Institut für Suchtprävention Tel.: 01/4000 66717, [email protected] 6 GESUNDES ÖSTERREICH Erste Ergebnisse eines grenzüberschreitenden Projekts zur Förderung der Zusammenarbeit im Gesundheitswesen zwischen Österreich, Tschechien, Ungarn und der Slowakei liefert der im Mai veröffentlichte „helthregioReport“. „Der Gesundheitssektor ist ein zentraler Wirtschaftsfaktor im Grenzraum zwischen den vier Ländern. Das Gelingen von grenzüberschreitender Zusammenarbeit im Gesundheitwesen eröffnet Optimierungs- und Einsparungspotenziale und erhöht die Lebensqualität in der Region“, fasst Martin Wieland vom Projektträger Gesundheitsmanagement Burger-Wieland OEG die Ziele des Projekts zusammen, das im Rahmen des EUProgramms INTERREG III A finanziert wird. Der Report stellt die vorläufigen Ergebnisse von „healthregio“ sowie der wissenschaftlichen Arbeiten vor, die durch Kooperationen von ExpertInnen an Universitäten und Fachhochschulen in den vier Ländern entstanden sind, und gibt Handlungsempfehlungen für EntscheidungsträgerInnen aus Politik und Wirtschaft. Weitere Informationen zum Projekt und den Inhalten des Berichts gibt es unter www.healthregio.net. Interkulturalität und Gesundheit Einem immer mehr an Bedeutung gewinnenden Thema widmeten die Internationale Organisation für Migration (IOM) in ihrer Eigenschaft als Nationaler Kontaktpunkt Österreich im Europäischen Migrationsnetzwerk und die Kommission für Migrations- und Integrationsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften eine gemeinsame Tagung Ende Juni: „Interkulturalität im österreichischen Gesundheitswesen: Wissenschaftliche und praktische Ansätze“ war das anspruchsvolle Motto der Veranstaltung. Nach einer Einführung zum Stand der Migrationsforschung zum Thema Gesundheit wurden Initiativen zur Förderung der Interkulturalität des Gesundheitswesens, Migration und Public Health und der Bereich Gesundheitsförderung und Gesundheitsvorsorge thematisiert. Vorgestellt wurden beispielsweise ein Lehrgang für interkulturelle Kompetenz für Gesundheitsberufe, eine Moscheen-Aktion für türkische Migrantinnen und Erfolgskriterien für Gesundheitsförderungsprojekte für Migrantinnen. Die Vorträge und weitere Hintergrundmaterialien zur Tagung gibt es zum Nachlesen unter www.emn.at U N D B Ü N D I G Anzeige Foto: BilderBoxCom K U R Z Europa in Bewegung Zu seiner zweiten Jahrestagung traf Mitte Juni in Tampere, Finnland, das europäische Netzwerk für gesundheitsförderliche Bewegung HEPA Europe zusammen. Gemeinsam mit sämtlichen auf dem Gebiet der Gesundheitsförderung relevanten Organisationen will HEPA dafür sorgen, dass sich die EuropäerInnen mehr bewegen. Im Mittelpunkt der vom finnischen Urho Kekkonen (UKK) Institut für Gesundheitsförderungsforschung organisierten Tagung mit 42 TeilnehmerInnen – darunter auch eine Vertreterin des Fonds Gesundes Österreich – aus 15 Ländern standen neben dem künftigen Arbeitsprogramm und Budget des Netzwerks auch die Aufnahme neuer Mitglieder sowie die Diskussion internationaler Entwicklungen und nationaler Ansätze rund um Gesundheitsförderung und Bewegung. Als auch im internationalen Maßstab vorbildlich gilt hier etwa das auf der Tagung präsentierte umfassende finnische Bewegungsprogramm, das Sektoren übergreifend von mehreren Regierungsressorts unterstützt und in unterschiedlichen Settings sowie für alle Altersgruppen umgesetzt wird. Denn seit April 2002 gibt es eine „Government Resolution on policies to develop health-enhancing physical activity“. In Sachen HEPA arbeiten das finnische Verkehrsministerium, das Sozial- und Gesundheitsministerium und das Bildungsministerium zusammen. Weitere Information unter http://www.euro.who.int/hepa Steirische Konferenz zur Frauengesundheit Die 1. Steirische Gesundheitskonferenz Ende Juni in Graz stand unter dem Schwerpunktthema „Frauengesundheit“. Eine frauenspezifische Perspektive beizubehalten sei bei Entscheidungen im Gesundheitswesen wichtig, um eine Verbesserung der gesundheitlichen Lage der Frauen in der Steiermark sicherstellen zu können, betonte Landesrat Helmut Hirt. Das Land Steiermark habe bereits 2003 mit dem Frauengesundheitsbericht einen Schwerpunkt in diese Richtung gesetzt, begründete der Politiker die Auswahl des Konferenzthemas. Inhaltliche Beiträge lieferten auf der Tagung unter anderem die Gender-Forscherin Dr. Ellen Kuhlmann vom Zentrum für Sozialpolitik an der Universität Bremen, Dr. Judith Fuchs vom Zentrum für Geschlechterforschung an der Berliner Charité und die Grazer Expertin Dr. Èva Rásky vom Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie. Die Einrichtung einer Gesundheitskonferenz, in der die wesentlichen AkteurInnen des Gesundheitswesens vertreten sind, ist im Steiermärkischen Gesundheitsfonds-Gesetz vorgesehen, um eine Weiterentwicklung der Gesundheitspolitik mit allen AkteurInnen und Betroffenen sicher zu stellen. 50plus Hotels Österreich: Urlaub & Genuss Im Magazin der „50plus Hotels Österreich“ unterbreiten 41 Hoteliers ideenreiche Angebote für gelernte Genießer. Neue Urlaubsideen für Wellness&Vital-, Sport&Natur- und Kultur&Genuss-Angebote im tollen Urlaubsambiente sind im neuen Magazin enthalten, gratis zu bestellen bei: 50plus Hotels Österreich, A-3491 Straß, Prof. Kaserer-Weg 333, Telefon 02735/5535-0, [email protected], www.50plusHotels.at Aus dem Angebot der 50plus-Spezialisten: Das Hotel Gotthard von Familie Walch ist ideal für Aktive und Genießer. Das Angebot „Arlbergwanderer“ lädt ein, Lechs Bergwelt gemütlich mit dem Wanderführer zu erkunden. Außerdem gibt’s als Geschenk den „Arlberg Rucksack“. Preis für 7 Übernachtungen mit Halbpension: ab EUR 570,-. Info: Hotel Gotthard, Familie Walch, 6764 Lech am Arlberg, Tel.: 05583/3560 oder www.gotthard.at Im Gourmethotel Maximilian im Tiroler Serfaus werden die Gäste aus der Haubenküche verwöhnt. Das Package „Magie der Berge“ inkludiert 7 Übernachtungen mit Halbpension, eine geführte Wanderung und freie Seilbahnfahrten. Preis: ab EUR 525,—. Info: Gourmethotel Maximilian, Familie Tschuggmall, 6534 Serfaus, Tel. 05476/6520 oder www.maximilian.at Das Hotel Kristall in Finkenberg bietet die 7-tägige Natur- und Verwöhnpauschale ab EUR 394,— an. Im Preis sind 7 Tage Verwöhnhalbpension, geführten Wanderungen – auch eine Sonnenaufgangswanderung mit Bergfrühstück, Nordic Walking, eine Massage und ein Galamenü. Info: Hotel Kristall, Familie Geisler – Buchsteiner, 6292 Finkenberg/Zillertal, Tel. 05285/62840 oder www.kristall-finkenberg.at G ESUNDES ÖSTERREICH 7 K U R Z U N D B Ü N D I G Prävention in der Arbeitswelt „Arbeit, Arbeitslosigkeit und Krankheit – Gesundheitsförderung als Ausweg?“: Unter diesem Titel luden das Arbeitsmarktservice Österreich, die Caritas und abif im Mai zu einer Fachtagung, bei der den gesund- und krankmachenden Faktoren der modernen Arbeitswelt nachgegangen wurde. Dr. Evelyne Wohlschläger und Dr. Christophoros Konnaris von der Klinischen Abteilung für Arbeitsmedizin der Medizinischen Universität Wien zeigten etwa anhand einer Studie mit 300 TeilnehmerInnen die Zusammenhänge zwischen Arbeitslosigkeit und KrankProf. Dr. Eberhard Ulich heitsrisiko auf. „Unsere Untersubei der Fachtagung chungen haben gezeigt, dass sich sowohl Lebensqualität, Stimmung, Stressbewältigung als auch die Parameter Cortisol, Body Mass Index, medizinischer Status und körperliche Leistungsfähigkeit in Abhängigkeit von der Zeit durch Arbeitslosigkeit verschlechtern“, so die ExpertInnen. Doch auch wer in Beschäftigung steht, kann gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sein, betonte bei der Tagung Prof. Dr. Eberhard Ulich, wissenschaftlicher Leiter des Europäischen Netzwerkes Partnerschaftliche Unternehmenskultur und Betriebliche Gesundheitspolitik: „Arbeitsverdichtung, Stress, die europaweit an erster Stelle rangierenden Muskel- und Skeletterkrankungen sowie die deutlich zunehmenden psychischen Störungen verlangen ein betriebliches Gesundheitsmanagement, das nicht allein auf individuelle Verhaltensänderungen abzielt, sondern vor allem über Veränderungen betrieblicher Arbeitsbedingungen und Strukturen wirksam wird.“ Vorträge und Präsentationen zum Nachlesen sind unter www.abif.at verfügbar. Mental Health Promotion in der EU - EMIP Maßnahmen zur Förderung der mentalen Gesundheit standen im Mittelpunkt einer Konferenz unter dem Motto “Creating a momentum for change“ im vergangenen März in Budapest. Die internationale Tagung diente vor allem dem Austausch über das EU-Projekt „Implementation of Mental Health Promotion and Prevention Policies and Strategies in EU Member States and Applicant Countries“ („EMIP“), an dem auch der Fonds Gesundes Österreich als nationaler Partner teilnimmt. Im Rahmen dieser Initiative soll auf europäischer Ebene das wichtige Thema der seelischen Gesundheit („Mental Health“) weiterentwickelt und die Bildung von Netzwerken und Strategien in den europäischen Ländern unterstützt werden. Projektpartner nutzten die Tagung zum Informations- und Erfahrungsaustausch über den Erfolg der in den 12 teilnehmenden Ländern durchgeführten nationalen Workshops sowie über die verschiedenen, länderspezifischen Aktivitäten und Probleme im Bereich „Mental Health Promotion“. Die Projektberichte der teilnehmenden Länder können unter folgendem Link heruntergeladen werden: http://mentalhealth.epha.org 8 GESUNDES ÖSTERREICH Sucht: Gefährdete Kinder „Kinder in suchtbelasteten Familien - Theorie und Praxis der Prävention“ war der Titel einer auch vom Fonds Gesundes Österreich geförderten Fachtagung für ExpertInnen aus Kinderhilfe, Erwachsenenhilfe und pädagogischen Berufsfelder im Juni in Salzburg. Geschätzte 150.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Österreich sind von elterlicher Alkoholabhängigkeit betroffen. Dass für diese Gruppe präventive Maßnahmen besonders wichtig sind, darüber waren sich die ExpertInnen bei der Salzburger Tagung einig. „Kinder suchtkranker, insbesondere alkoholabhängiger Eltern gelten als die größte einzelne Risikogruppe, was die Entwicklung einer substanzbezogenen Störung angeht“, betonte Univ.Prof. Dr. Alfred Springer, Leiter des Ludwig Boltzmann Instituts für Suchtforschung (LBI Sucht), Wien. „Darüber hinaus sind sie eine stark gefährdete Gruppe bezüglich der Entwicklung psychischer, sozialer und somatischer Störungen, sowohl im Kindes- und Jugendalter, als auch im Erwachsenenalter.“ Bei Kindern in suchtbelasteten Fa- milien sei auch das Risiko der Erkrankung an anderen psychischen Störungen deutlich erhöht, insbesondere Angststörungen, Depressionen und Persönlichkeitsstörungen, wenn auch nicht so stark wie für Abhängigkeitserkrankungen. „Je früher Fachleute intervenieren, desto besser können gezielte Hilfestellungen frühzeitig greifen und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass damit Risiken für das Kind vermindert werden können“, plädierte bei der Tagung Jacqueline Sidler, Leiterin der Präventionsabteilung in der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme, für ein rechtzeitiges präventives Eingreifen. Die Ergebnisse der Tagung sollen in die gleichnamige Studie des LBI Sucht einfließen, die noch im Laufe dieses Jahres abgeschlossen wird und eine Grundlage für präventive und schadensbegrenzende Maßnahmen für Kinder alkoholabhängiger Eltern bieten soll. Die Präsentationen der ReferentInnen gibt es zum Download unter www.api.or.at/lbi. Umstrukturierung der australischen Gesundheitsförderung Organisatorische Veränderungen gibt es neuerdings im Aufbau der australischen Gesundheitsförderung. Der bisher in Form eines Fonds geführte „Health Pact“, die Gesundheitsförderungseinrichtung des Australian Capital Territory (ACT), wurde als eigenständige Organisation eingestellt. Die Unterstützung von Aktivitäten der Gesundheitsförderung soll in Zukunft direkt durch die Gesundheitsbehörde des Territoriums, zu dem auch die Hauptstadt Canberra gehört, als ACT Health Promotion Grants erfolgen. Anzeige K U R Z U N D Foto: BilderBoxCom Gesundheitsförderung in Wiener Spitälern Dem Schwerpunktthema „Gesundheitsförderndes Altern für MitarbeiterInnen“ widmet sich der aktuelle Newsletter des Wiener Informationsnetzwerks „Gesundheitsförderung in Spitälern und Pflegeeinrichtungen“, der Anfang Juli online gegangen ist. Das Netzwerk engagiert sich für eine trägerübergreifende Allianz für Gesundheitsförderung in Wiener Spitälern und Pflegeeinrichtungen. Nachzulesen sind unter anderem die Ergebnisse eines Workshops im Juni, bei dem ExpertInnen relevante Handlungsbereiche für ein Altern in Gesundheit für MitarbeiterInnen identifizierten und gewichteten. Weitere Beiträge des aktuellen Newsletters beschäftigen sich mit der Gesundheitsförderung für Kinder und Jugendliche in Krankenhäusern oder dem Wiener Krankenanstaltenverbund, der als erster Wiener Spitalsträger ein strategisches Gesundheitsförderungskonzept verabschiedet hat. Nordische Tagung zur Gesundheitsförderungsforschung „Health and Institutional Change” war das Motto der mittlerweile bereits fünften „Nordic Health Promotion Research Conference“, die Mitte Juni im dänischen Esbjerg getagt hat. Schwerpunkte der unter anderem von der International Union of Health Promotion Education (IUHPE) unterstützten Konferenz waren vor allem Debatten über Standards und notwendige Prioritäten in der Gesundheitsförderungsforschung, das Problem von Ungleichheiten im Zugang zu Gesundheit und Gesundheitsförderung sowie der Setting-Ansatz in der Gesundheitsförderung. Letzterer habe sich, so Prof. Mark Dooris, Leiter der Healthy Settings Development Unit an der Lancashire School of Health and Postgraduate Medicine, in seinem Vortrag in Esbjerg, zwar weltweit zu einer zentralen Strategie in der Gesundheitsförderung entwickelt, sei aber auch mit einer gewissen Tendenz zur Fragmentierung behaftet. Die großen Herausforderungen, um diesen Ansatz weiter zu entwickeln, so der britische Experte, seien, Evidenz für die Wirksamkeit von Maßnahmen zu generieren und die größeren Zusammenhänge nicht aus den Augen zu verlieren. „Die Themen des 21. Jahrhunderts sind komplex, sie erfordern Antworten, die dieser Komplexität gerecht werden und sich den reduktionistischen Paradigmen stellen, mit denen wir arbeiten“, so Prof. Dooris. Abstracts und einzelne Präsentationen der Konferenz gibt es unter www.5NHPRC.sdu.dk. 10 GESUNDES ÖSTERREICH B Ü N D I G IUHPE: Sonderheft zur Gesundheitsförderung in der Schule Eine neue Sonderausgabe der Zeitschrift „Promotion&Education“, des Organs der International Union of Health Promotion Education (IUHPE), ist dem Themenschwerpunkt „Gobal school health promotion“ gewidmet. Neben viel Hintergrundinformation zu Theorie und Praxis der Gesundheitsförderung im Setting Schule beinhaltet die aktuelle Publikation auch theoretische Inputs zu Themen wie Networking und Advocacy. Fallbeispiele und Erfahrungsberichte aus einzelnen Ländern, etwa zur SchülerInnenpartizipation, zur betrieblichen Gesundheitsförderung in Erziehungseinrichtungen oder zum Training von LehrerInnen in Fragen der Gesundheitsförderung runden das informative Heft ab. Weitere Informationen und Heftbestellung: www.iuhpe.org Neuer Lehrgang Public Health in Vorarlberg Erstmals startet im Herbst 2006 im Schloss Hofen nahe Bregenz das Masterstudienprogramm „Public Health“ in Kooperation mit der Medizinischen Universität Graz. „Dieses neue Angebot vermittelt genau die Qualifikationen, die heute zur Weiterentwicklung unseres Gesundheitswesens erforderlich sind“, so Gesundheitsreferent Landesstatthalter Dr. Hans-Peter Bischof bei der Präsentation des Angebotes. Zur Zielgruppe des Public-Health-Studienganges gehören nicht nur Fachleute aus traditionellen Gesundheitsberufen, sondern auch Wirtschafts- und SozialwissenschafterInnen, JuristInnen sowie Natur- und GeisteswissenschafterInnen. Ein besonderer Vorteil – speziell in Vorarlberg – ist laut Dr. Bischof die überregionale Ausrichtung des Studienganges, sodass auch Systeme und Entwicklungen des benachbarten Auslandes studiert und verglichen werden können. Nähere Informationen zum neuen Studiengang gibt es in Schloss Hofen, Rainer Längle, Telefon 05574/4930-142, E-Mail: [email protected]. Soziale Beteiligung älterer Menschen Bereits seit vergangenem September läuft das grenzüberschreitende Projekt, im April ist unter www.i2i-project.net auch eine umfangreiche Website online gegangen und der erste Newsletter erschienen. Die Rede ist von der Initiative „From Isolation to Inclusion“, die im Rahmen des Zweiten Transnationalen Austauschprogramms der EU-Kommission gefördert wird und innovative Konzepte unterstützen soll, die eine stärkere Einbindung älterer Menschen in das Gemeinschaftsleben ermöglichen. Für die Umsetzung in Österreich ist das Forschungsbüro queraum gemeinsam mit dem SeniorInnenbüro der Stadt Graz zuständig. Auf der Website findet sich unter anderem eine Datenbank, die einen Überblick über innovative Projekte zum Thema soziale Beteiligung und Integration von sozial isolierten älteren Menschen gibt. InteressentInnen sind eingeladen, ihre eigenen innovativen Initiativen auf der Projekt-Website zu veröffentlichen. K U R Z U N D B Ü N D I G Gesundheitsziele: Vorbild Schweden Eine neue Veröffentlichung des Netzwerks europäischer Gesundheitsförderungsorganisationen „EuroHealthNet“ beschäftigt sich mit Strategien und Erfahrungen rund um die soziale Integration benachteiligter Gruppen und Menschen zur Förderung ihrer Gesundheit. Der Bericht unter dem Titel „Health and Social Inclusion in the EU: the value of trans-national exchange” fasst im Wesentlichen die Ergebnisse des EU-Projekts „Tackling Health Inequalities and Social Exclusion in Europe“ zusammen, das von 2003 bis 2005 durchgeführt wurde. Ziel des von der Generaldirektion Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit der Europäischen Kommission geförderten Projektes war es, einen transnationalen Austausch über effektive Strategien und Maßnahmen zu unterstützen, die beispielhaft zum Abbau gesundheitlicher Ungleichheiten und zur Förderung der sozialen Integration beitragen. Der aktuelle Bericht zeigt nicht nur die Zusammenhänge zwischen Armut, sozialer Integration und Gesundheit auf, sondern stellt auch die Aktivitäten der EU in diesem Bereich vor. Darüber hinaus werden auch die konkreten Empfehlungen, die auf der Abschlusskonferenz des Projekts im vergangenen Dezember beschlossen wurden, präsentiert. Weitere Informationen zum Thema gibt es auch unter www.eurohealthnet.org Unter dem Ehrenschutz von Landesrat Mag. Helmut Hirt präsentierte bei einem Symposium im Juni in Graz der Direktor für strategische Politikentwicklung und stellvertretende Generaldirektor des Nationalen Schwedischen Public Health Instituts, Bosse Pettersson, den innovativen, auf intersektorale Zusammenarbeit und eine informierte Öffentlichkeit basierenden Ansatz der schwedischen Gesundheitspolitik. Die Entwicklung von Gesundheitszielen in Schweden, ein Prozess, der bereits vor gut 20 Jahren eingeleitet wurde, orientiere sich am Konzept der gesundheitsrelevanten Determinanten, so Pettersson. Das gemeinsame nationale Ziel aller Public Health Bemühungen sei es, „soziale Bedingungen zu schaffen, die eine gute Gesundheit für die gesamte Bevölkerung ermöglichen“, betonte der Experte. Mit definierten Arbeitsfeldern und Zielen werde dies Sektoren übergreifend umgesetzt. Mit großem Erfolg, wie Pettersson berichtete: Im Hinblick auf zahlreiche Parameter wie Lebenserwartung, Tabakkonsum oder Herz-Kreislauf-Sterblichkeit gilt Schweden weltweit als eines der Musterländer in puncto Gesundheit. Anzeige Soziale Integration fördert Gesundheit G ESUNDES ÖSTERREICH 11 OTTAWA-CHARTA DIE GRUNDLAGE FÜR GESUNDHEITSFÖRDERUNG Die Ottawa-Charta der WHO, die Grundlage für moderne Gesundheitsförderung, feiert heuer ihr 20-jähriges Jubiläum. Bei der Konferenz, die der Fonds Gesundes Österreich zu diesem Anlass im Mai in Bregenz abhielt, legten PolitikerInnen, WissenschafterInnen und PraktikerInnen dar, welche Bedeutung dieses Grundsatzdokument bis heute hat. D ie Ottawa-Charta ist ohne Zweifel eines der bedeutendsten Dokumente internationaler Gesundheitspolitik“, sagte die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat bei der 8. Österreichischen Gesundheitsförderungskonferenz zum Thema „20 Jahre Ottawa-Charta“ in Bregenz. Damit sprach die Präsidentin des Fonds Gesundes Österreich dem 1986 bei einer internationalen Konferenz der Weltgesundheitsorganisation WHO beschlossenen Grundsatzpapier nicht nur für den Bereich der Gesundheitsförderung, sondern für das Gesundheitswesen insgesamt zentrale Bedeutung zu. Die TeilnehmerInnen jener denkwürdigen Tagung in Kanada hätten erstmals zum aktiven Handeln für das gemeinsame Ziel „Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000“ aufgerufen, so Bundesministerin Rauch-Kallat. Damit seien die Weichen für eine gesundheitsorientierte Gesamtpolitik gestellt worden, die sich nicht mehr nur auf den engeren Krankheitsbereich beschränken sollte. Längerfristige Entwicklung. Die Charta sei jedoch nicht nur als Ergebnis der mehrtägigen Konferenz in Ottawa zu sehen, sondern auch als Resultat einer längerfristigen Entwicklung, deren Grundstein bereits mit der Gesundheitsdefinition der WHO aus dem Jahre 1948 gelegt worden sei. „Hier 12 GESUNDES ÖSTERREICH wurde Gesundheit erstmals nicht nur auf das körperliche Wohlbefinden limitiert, sondern als Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und seelischen Wohlbefindens definiert“, so die Gesundheitsministerin. Diese Begriffsbestimmung habe den Weg geebnet, von der bisher gebräuchlichen Gesundheitserziehung hin zur Gesundheitsförderung, die nicht nur eine Änderung des persönlichen Lebensstils, sondern auch eine Verbesserung des Lebensumfelds und der Verhältnisse anstrebe, sagte Bundesministerin Rauch-Kallat. Ein weiterer Meilenstein sei die 1978 in Alma Ata beschlossene WHO-Deklaration zur Primären Gesundheitsversorgung gewesen, in der Kritik an einer ausschließlich naturwissenschaftlich orientierten Medizin geübt und erstmals betont worden sei, dass zum Erreichen von Gesundheitszielen alle gesellschaftlichen Bereiche zusammenwirken müssten (siehe auch KASTEN: Von Genf bis Bangkok - für die Gesundheitsförderung wichtige WHO-Tagungen im Überblick). Das Schlüsseldokument für Aktivitäten im Bereich der Gesundheitsförderung sei dann aber letztlich die 1986 in Ottawa beschlossene Charta gewesen, deren Inhalte auch heute noch weitgehend Gültigkeit hätten, so die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen. Handeln statt behandeln. In dem vor rund 20 Jahren in Kanada verabschiedeten Dokument wird Gesundheitsförderung als ein „Prozess“ definiert, „der allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit ermöglichen und sie dadurch zur Stärkung ihrer Gesundheit befähigen“ soll. Es geht also nicht mehr nur darum, Menschen medizinisch zu „behandeln“, sondern ihnen eigenes gesundheitsförderliches Handeln zu ermöglichen. „In den vergangenen 20 Jahren hat diese neue Sichtweise einen regelrechten Siegeszug rund um den Globus angetreten“, sagte Bundesministerin Rauch-Kallat in Bregenz. Charta als Grundlage. „Vorarlberg unterstützt seit jeher die Ziele der Ottawa-Charta als Grundlage unserer eigenen Arbeit“, betonte auch Dr. Hans-Peter Bischof, Landesstatthalter und Gesundheitsreferent der Vorarlberger Landesregierung, bei der vom ORF-Journalisten Dr. Peter Resetarits moderierten Tagung die große Relevanz des vor rund zwei Jahrzehnten beschlossenen Rahmenprogramms. Dr. Bischof beschrieb, was Gesundheitsförderung von der Vorsorgemedizin unterscheide: „Prävention bedeutet, Risikofaktoren für Erkrankungen in den Griff zu bekommen. Gesundheitsförderung hat hingegen einen offensiven Ansatz und muss immer neue Wege gehen. Sie will Fotos: BilderBoxCom Wohlbefinden erzeugen und Möglichkeiten vermitteln, wie dieses Wohlbefinden in der Bevölkerung immer mehr Platz bekommt. So kann auf lange Sicht auch dem Auftreten von Krankheiten entgegengewirkt werden.“ Positive Gesundheitsdefinition. „Für die konzeptionelle Entwicklung und internationale Verbreitung von Gesundheitsförderung war die Ottawa-Charta ein entscheidender Impuls“, sagte auch Dennis Beck, der Geschäftsführer des Fonds Gesundes Österreich. Die Leitideen des bei der ersten internationalen Gesundheitsförderungskonferenz der WHO verabschiedeten Rahmenprogramms seien international schnell verbreitet und akzeptiert worden, betonte Beck: „Im Mittelpunkt stand dabei der Setting-Ansatz, also die Strategie, gezielt bestimmte Lebenswelten und -bereiche wie etwa Betriebe, Schulen, Krankenhäuser oder Gemeinden gesundheitsförderlicher zu gestalten.“ In den vergangenen 20 Jahren seien auf dieser Basis eine Vielzahl an nationalen und internationalen Organisationen, Netzwerken und Programmen entstanden (siehe auch den Artikel „Investitionen für Gesundheitsförderung“ auf den Seiten 34 und 35), so der Geschäftsführer des Fonds Gesundes Österreich, und Österreich habe dabei eine Vorreiterrolle gespielt. Dies vor allem auch deshalb, weil bereits 1988 – mit zunächst noch bescheidenen Mitteln – auf Initiative der Gesundheitsförderungs-Pionierin Dr. Lindi Kàlnoky und des damaligen Bundesministers Franz Löschnak der Fonds Gesundes Österreich eingerichtet worden sei, der später mit der Durchführung des Gesundheitsförderungsgesetzes beauftragt wurde (siehe auch den Artikel „Was die Ottawa-Charta für Österreich gebracht hat“ auf Seite 18). WHO-Mitarbeiterin für den Bereich Gesundheitsförderung zuständig war und durch ihr beständiges und energisches Engagement erreicht hat, dass es zur ersten Gesundheitsförderungskonferenz der WHO gekommen ist. Schließlich hat sie dann auch selbst ganz maßgeblich an der Formulierung der Ottawa-Charta mitgewirkt.“ (Siehe auch Interview mit Prof. Kickbusch auf Seite 20). Ursachen auf vier Ebenen. Prof. Dr. Bernhard Badura von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, der selbst in Ottawa dabei gewesen war, sagte in Bregenz, es seien auf vier Ebenen Ursachen dafür festzumachen, dass dieses Schlüsseldokument für Gesundheitsförderung zustande gekommen sei. Gesellschaftlich betrachtet sei die Vorsorgeidee in den frühen 80-er Jahren praktisch von der Agenda verschwunden gewesen, innerorganisatorisch habe es bei der WHO zunehmendes Unbehagen an der brachliegenden Prävention gegeben und auf wissenschaftlicher Ebene seien die Themen „Stress“ und „soziale Unterstützung“ immer wichtiger geworden. Letztlich sei die Ottawa-Charta aber vor allem auch persönlichem Einsatz zu verdanken, betonte der Vorstandsvorsitzende der deutschen Gesellschaft für Public Health: „Die Ottawa-Charta hatte vor allem eine Mutter, Prof. Dr. Ilona Kickbusch, die als Was erhält uns gesund? Im Vorfeld der Entstehung des Grundsatzdokuments sei erstmals die Frage gestellt worden, welche Faktoren zu Gesundheit führten, statt wie bislang üblich ausschließlich die Risikofaktoren für Erkrankungen zu erforschen, erklärte Prof. Badura. In seinem Bregenz-Referat forderte der deutsche Gesundheitswissenschafter abschließend, die durch die Ottawa-Charta entstandenen Errungenschafen weiter auszubauen: „Wir müssen heute gerade in Ländern mit einem starkem Sozialversicherungsstaat erkennen, dass wir mit bloßer Reparatur und Kompensation sozialer und gesundheitlicher Probleme nicht mehr weiterkommen. Wir müssen weg von der nachsorgenden Sozialpolitik, die erst dann, wenn eine Verschlechterung eingetreten ist, versucht, wieder den alten Zustand herzustellen. Wir müssen hin zu einer investiven Sozialpolitik, die im Sinne der Gesundheitsförderung nachweislich die Lebensqualität verbessert.“ G ESUNDES ÖSTERREICH 13 VON GENF BIS BANGKOK – FÜR DIE GESUNDHEITSFÖRDERUNG WICHTIGE WHO-TAGUNGEN Die 1986 in Ottawa verabschiedete Charta ist das wichtigste Dokument für den Bereich Gesundheitsförderung. Im Folgenden werden die Ergebnisse weiterer bedeutender WHO-Konferenzen zum Thema Gesundheitsförderung wiedergegeben. Ottawa-Charta (Kanada, 1986): Resolution der 30. Weltgesundheitsversammlung in Genf (Schweiz, 1977): Bei der 30. Weltgesundheitsversammlung in Genf wurde die Strategie „Gesundheit für alle“ verabschiedet, womit auch eine wesentliche Grundlage für umfassende Programme zur Gesundheitsförderung geschaffen wurde. In der Resolution zu der Tagung in der Schweiz heißt es unter anderem, dass „das vorrangige soziale Ziel von Regierungen und der WHO in den kommenden Jahrzehnten die Erreichung eines Grades von Gesundheit für alle Bürger der Welt bis zum Jahr 2000 sein soll, der ihnen erlaubt, ein sozial und ökonomisch produktives Leben zu führen“. Bei der ersten internationalen WHO-Konferenz zur „Health Promotion“ in Ottawa im November 1986, bei der 240 TeilnehmerInnen aus 35 Ländern vertreten waren, wurden die Aufgaben und Ziele der Gesundheitsförderung erstmals umfassend festgelegt. Die Charta, deren Volltext in der Beilage in der Heftmitte nachzulesen ist, ist das Schlüsseldokument für die weitere Verbreitung und konzeptionelle Entwicklung von nationalen und regionalen Programmen für Health Promotion. In Ottawa wurde auch beschlossen, dass weitere WHO-Konferenzen zum Thema Gesundheitsförderung abgehalten werden sollen und dass in zunehmendem Ausmaß TeilnehmerInnen aus Entwicklungs- und Schwellenländern eingebunden werden sollen. Deklaration von Alma Ata (UdSSR, 1978): Bei der 1978 in der in Kasachstan gelegenen Stadt Alma Ata, dem heutigen Almaty, abgehaltenen internationalen WHO-Konferenz zur primären Gesundheitsversorgung wurde Gesundheit zu einem grundlegenden Menschenrecht erklärt. Die Deklaration zu dieser Tagung, an der sich Delegationen von 123 Regierungen und 67 regierungsunabhängigen Organisationen beteiligten, ist ein Schlüsseldokument für die Weiterentwicklung der Strategie „Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000“. 14 GESUNDES ÖSTERREICH In dem Dokument heißt es unter anderem: „Das Erreichen des bestmöglichen Gesundheitszustands ist ein äußerst wichtiges weltweites soziales Ziel, dessen Verwirklichung das Handeln vieler anderer sozialer und ökonomischer Bereiche zusätzlich zum Gesundheitsbereich erfordert. Wirtschaftliche und soziale Entwicklung auf der Basis einer neuen Wirtschaftsordnung ist von grundlegender Bedeutung für die volle Erreichung von Gesundheit für alle und für die Verringerung der Kluft zwischen dem Gesundheitszustand in entwickelten und dem in Entwicklungsländern.“ Adelaide-Empfehlungen (Australien, 1988): Bereits eineinhalb Jahre später, im April 1988 fand in Adelaide, Australien, die zweite WHO-Konferenz zur Gesundheitsförderung statt. Im Abschlussdokument zu dieser Tagung, den so genannten „AdelaideEmpfehlungen“, wird festgelegt, dass Gesundheit und Chancengleichheit zentrale Elemente aller Politikbereiche sein sollen. Weiters wird konkret darauf hingewiesen, dass durch eine gesundheitsförderliche Gesamtpolitik unterstützende physische und soziale Umwelten geschaffen werden sollen, in denen Menschen befähigt werden, ein gesundes Leben zu führen. Im Einzelnen sind laut den „Adelaide-Empfehlungen“ folgende sechs Handlungsfelder von besonderer Bedeutung: u Unterstützung der Gesundheit von Frauen u Essen und Ernährung zur Überwindung von Hunger und Mangelernährung u Tabak- und Alkoholgebrauch u Schaffung unterstützender Umfelder und Umwelten u Entwicklung neuer Bündnisse und Partnerschaften für Gesundheit u Verpflichtung zu einer globalen Verantwortung für öffentliche Gesundheit. Bangkok-Charta (Thailand, 2005): Sundsvall-Stellungnahme (Schweden, 1991): Die dritte Gesundheitsförderungskonferenz der WHO fand im Juni 1991 im schwedischen Sundsvall statt. Bei der Tagung in Skandinavien waren TeilnehmerInnen aus 81 Ländern anwesend, darunter auch zahlreiche VertreterInnen von Entwicklungsländern. Das zentrale Thema der Konferenz war die Entwicklung gesundheitsfördernder Lebenswelten. Die Delegierten riefen in ihrer Stellungnahme dazu auf, sich aktiv an deren Schaffung und Gestaltung zu beteiligen und den Gesundheitsund Umweltbereich miteinander zu verknüpfen. Ferner wurde festgestellt, dass das Ziel von Alma Ata „Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000“ nicht zu erreichen ist. Im nächsten Schritt sollte daher das psychische, soziale, wirtschaftliche und politische Umfeld gesundheitsförderlich gestaltet werden. Jakarta-Erklärung (Indonesien, 1997): „Neue Akteure für eine neue Ära - Gesundheitsförderung für das 21. Jahrhundert“, lautete der Titel der 4. WHO-Konferenz für den Bereich Public Health. Die Tagung in Jakarta war die erste, die in einem Entwicklungsland durchgeführt wurde. Bei dem Meeting in Indonesien wurde darauf verwiesen, dass die Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre gezeigt hätten, dass die in der Ottawa-Charta beschriebenen Strategien der Gesundheitsförderung sowohl in den entwickelten als auch in den nicht entwickelten Regionen der Welt Verbesserungen der Gesundheit und Vorbeugung gegen Krankheiten ermöglichten. Mexiko-Erklärung (Mexiko, 2000): „Abbau gesundheitlicher Chancenungleichheiten“ war das Thema der fünften WHO-Konferenz für Gesundheitsförderung. Bei der Tagung in Mexiko-City wurden erstmals zwei Veranstaltungen abgehalten. Einerseits gab es ein zweitägiges Treffen von Delegationen nationaler Gesundheitsministerien und anderer Ressorts. Andererseits gab es parallel dazu auch eine fünftägige Fachtagung für PolitikerInnen, WissenschafterInnen und PraktikerInnen aus dem Bereich der Gesundheitsförderung, an der rund 800 Menschen teilnahmen. In der von insgesamt 87 Ländern unterzeichneten, in Mexico-City erarbeiteten ministeriellen Stellungnahme zur „Health Promotion“ wird unter anderem gefordert, der Gesundheitsförderung in lokalen, regionalen, nationalen und internationalen politischen Konzepten und Programmen grundlegende Priorität zu geben. Weiters sollen laut dem mit „Von Ideen zu Aktionen“ betitelten Statement landesweite Pläne erarbeitet werden, mit denen die Fortschritte bei der Berücksichtigung von Gesundheitsförderungsstrategien auf nationaler und lokaler Ebene genau festgestellt werden können. Bei der 6. Internationalen Konferenz zur Gesundheitsförderung, die im Juli des Vorjahres in Thailand stattfand, kam die Mehrheit der TeilnehmerInnen aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Die bei der Tagung verabschiedete Charta setzt sich mit den Herausforderungen auseinander, die sich im 21. Jahrhundert an die Gesundheitsförderung stellen. Die Bangkok-Charta baut auf den Werten, Prinzipien und Handlungsstrategien auf, die bereits in der Ottawa-Charta festgelegt wurden, stellt aber gleichzeitig fest, dass sich der „globale Kontext“ für Gesundheitsförderung seit der Tagung in Kanada wesentlich verändert habe. Einige der „kritischen Faktoren“, die aktuell Einfluss auf den Gesundheitszustand der Menschen haben, sind laut der Bangkok-Charta: u Zunehmende Ungleichheit zwischen und innerhalb von Ländern u Neue Muster der Konsumation und Kommunikation u Kommerzialisierung u Globale Umweltveränderungen u Urbanisierung In der Bangkok-Charta für „Gesundheitsförderung in einer globalisierten Welt“ wird festgestellt, dass seit Ottawa eine nennenswerte Zahl nationaler und globaler Resolutionen zur Unterstützung der Gesundheitsförderung verabschiedet wurde, dass daraus aber nicht immer praktische Aktivitäten folgten. Das in Thailand beschlossene Dokument fordert diese „Umsetzungslücke“ zu schließen und beschreibt folgende vier zentralen Ziele und Strategien für Gesundheitsförderung: u Sie soll ein bestimmendes Element für die globale Entwicklung sein. u Sie soll für alle Regierungen ein Schlüsselthema sein. u Sie soll ein zentraler Handlungsbereich für Gemeinschaften und die Zivilgesellschaft sein. u Sie soll ein unverzichtbarer Bestandteil von Unternehmenskultur sein. Quellen: www.gesundheitsfördernde-hochschulen.de und www.medicusmundi.ch G ESUNDES ÖSTERREICH 15 Fotos: BilderBoxCom EIN INNOVATIVES KONZEPT MIT WELTGELTUNG Durch die innovative Sichtweise verhalf die Ottawa-Charta einem neuen Konzept von Gesundheit und Gesundheitsförderung zu internationaler Anerkennung. Manche Inhalte sind aus dem Geist der Entstehungszeit verständlich. Gleichzeitig weist die Charta aber auch weit über diese hinaus. D ie Grundideen der OttawaCharta lassen sich aus dem gesellschaftlichen Kontext der sechziger und siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts heraus verstehen“, sagte Dr. Hans Saan, Senior Consultant für Strategie und professionelle Entwicklung am Netherlands Institute for Health Promotion and Disease Prevention in Woerden, Niederlande, bei der 8. Österreichischen Gesundheitsförderungskonferenz in Bregenz. Die PionierInnen, die zu dem innovativen Grundsatzdokument der Gesundheitsför16 GESUNDES ÖSTERREICH derung beigetragen hätten, seien von der stürmischen Wende dieser Epoche geprägt worden. Mit „The Times They Are A-Changin“, einer Zeile aus einem Song des Popstars Bob Dylan werde der Geist jener Jahre besonders treffend beschrieben, so der niederländische Gesundheitsförderer. Ein utopisches Weltbild, die Befreiung der Sexualität und eine gewisse Ambivalenz gegen alle Autoritäten seien auffallende Aspekte der Emanzipationsprozesse in jener Zeit der Veränderung gewesen. Aufbruchsgeist spürbar. „In den 80er Jahren wurden dann viele Ideen der 60er Jahre wieder aufgegriffen und so erklärt sich, dass der Aufbruchsgeist dieses früheren Jahrzehnts auch in der in Kanada beschlossenen Erklärung spürbar wird“, meinte Dr. Saan, der zu den TeilnehmerInnen der Konferenz in Ottawa zählte und auch bei den bislang fünf weiteren Gesundheitsförderungskonferenzen der WHO anwesend war. In der Ottawa-Charta seien wichtige Ideen rund um Gesundheit, Individuum und Gesellschaft neu aufgegriffen, artikuliert und Was den Erfolg erklärt. Zum Erfolg des Dokuments habe zunächst beigetragen, dass es aus sehr glaubwürdigen Quellen stamme. Einerseits sei die Weltgesundheitsorganisation eine international anerkannte Einrichtung, andererseits hätten auch zahlreiche bekannte ExpertInnen an der Ottawa-Charta mitgewirkt, die nicht der WHO angehörten. Nicht zuletzt habe auch das gute Renommee von Prof. Dr. Ilona Kickbusch, der Initiatorin dieses Rahmenprogramms für Gesundheitsförderung, eine wesentliche Rolle gespielt. Weitere positive Kennzeichen der Ottawa-Charta sind laut Dr. Saan: u Sie hat relevante und aussagekräftige Inhalte sowie eine kunstvolle Form. u Gezieltes und wiederholtes Marketing hat ihr zu Be- kanntheit verholfen. u Die Charta ist zum richtigen Zeitpunkt erschienen. u Sie hat keine direkten Gegenkräfte mobilisiert. u Sie erlaubt eine persönliche Interpretation. u Sie macht mitverantwortlich und lädt zur Beteiligung ein. u Sie hat nachweisbare Einflüsse erbracht. u Sie basiert auf Wiederholung und Anpassung. Gesundheit entsteht im Alltag. „Einer der ganz zentralen Gedanken der Ottawa-Charta ist, dass Gesundheit in der alltäglichen Umwelt von Menschen geschaffen und gelebt wird, dort wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben“, betonte der Gesundheitsförderungsexperte aus Holland. „Diese Idee wurde von zahlreichen Institutionen auf der ganzen Welt aufgegriffen und die Ottawa-Charta hat auch in anderen Zusammenhängen nachweisbar die Gesundheitspolitik in zahlreichen Ländern auf der ganzen Welt beeinflusst“. Diätferien für Kinder & Jugendliche „Abnehmen leicht gemacht! Abnehmen heißt nicht immer strenge Diät! Abnehmen kann auch Spaß machen!“ Ziel der Diätferien ist es, den Kindern eine bewusste Lebens- und Ernährungsweise zu vermitteln, die sie danach eigenständig in den Alltag integrieren können. Alle Infos zu den Diätferien für Kinder und Jugendliche gibt es unter www.jfgh.at oder +43/(0)316/7083 130, [email protected]. Mit der „Bleib dran Card“ bleiben sie dran rund ums Jahr! Nachbetreuungstermine, Schnuppertermine, Winterdiätwochen und vieles mehr- und noch dazu alle Mitgliedsvorteile genießen! G ESUNDES ÖSTERREICH 17 Anzeige schließlich zu einem ausführlichen Konzept verflochten worden, das alle Merkmale einer sehr gelungenen Innovation aufweise, so der niederländische Gesundheitsförderer. Fotos: BilderBoxCom WAS DIE OTTAWA-CHARTA FÜR ÖSTERREICH GEBRACHT HAT In Österreich war das Rahmenprogramm für Gesundheitsförderung der Ausgangspunkt für zahlreiche lokale und regionale Projekte. Die Ottawa-Charta hat aber auch wesentlich dazu beigetragen, dass mit dem Fonds Gesundes Österreich eine bundesweite Einrichtung für Gesundheitsförderung gegründet wurde. D ie Ottawa-Charta ist für mich auch heute noch faszinierend und wichtig“, sagte Dr. Lindi Kàlnoky, Mitglied des Kuratoriums des Fonds Gesundes Österreich und ehemaliges Vorstandsmitglied von Styria vitalis bei der 8. Gesundheitsförderungskonferenz in Bregenz. Von einem Vortrag angeregt, den Prof. Dr. Ilona Kickbusch zum Thema „Gesunde Städte“ gehalten hatte, habe sie beschlossen, die in der Ottawa-Charta beschriebene Idee der Gesundheitsförderung in der Steiermark auf der Ebene der „Gesunden Gemeinden“ umzusetzen, erinnerte sich Dr. Kàlnoky an die ersten österreichischen Initiativen zur praktischen Umsetzung. sundheitsschutz, die später in Styria vitalis umbenannt wurde, eine Struktur für „Gesunde Gemeinden“ aufgebaut. Dies sei behutsam mit vielen Abänderungen und permanenten Verbesserungen geschehen, sagte Dr. Kálnoky bei der Tagung in Bregenz. Wegen des Erfolgs und des Wachsens des Netzwerkes der „Gesunden Gemeinden“ in der Steiermark, dem heute 140 Ortschaften angehören, sei das Modell dann langsam auch von anderen Bundesländern als Anregung für ähnliche Konzepte übernommen worden. „Das war für mich der auslösende Moment, die Idee der Gesundheitsförderung auch auf eine Österreich weite Basis zu stellen“, so Dr. Kálnoky. Gesunde Gemeinden. Ab 1987 wurde dann von der Steirischen Gesellschaft für Ge- Bundesweite Organisation. Der damalige Gesundheitsminister Dr. Franz Löschnak 18 GESUNDES ÖSTERREICH habe für diese Anregung ein offenes Ohr gehabt und so sei es 1988 zur Gründung des „Forums Gesundes Österreich“ gekommen, das später in „Fonds Gesundes Österreich“ umbenannt wurde: Eine bundesweite Organisation, die speziell für Gesundheitsförderung eingerichtet wurde und – im Rahmen ihrer zunächst noch bescheidenen finanziellen Möglichkeiten – Aufgaben als Informations- und Koordinationsplattform übernahm. In der Folge gewann die Gesundheitsförderung in der österreichischen Gesundheitspolitik zunehmend an Bedeutung. Ein Team von MandatarInnen und ExpertInnen trug dieser Entwicklung Rechnung und arbeitete einen Gesetzesentwurf zum Thema Gesundheitsförderung aus. Das Ergebnis der Diskussionen wurde 1998 im Parlament in Form des Ge- Das österreichische Gesundheitsförderungsgesetz Die Arbeit des Fonds Gesundes Österreich in seiner heutigen Form beruht auf einem eigenen Gesetz – das auch international als vorbildlich gilt. Inhaltlich ist die Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation WHO eine wichtige Basis für das im Jänner 1998 vom österreichischen Nationalrat beschlossene und nach wie vor vollinhaltlich gültige Gesundheitsförderungsgesetz (GfG). Auf dieses wird im Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG), welches im Juli 2006 vom Nationalrat beschlossen wurde, Bezug genommen. Durch Inkrafttreten des neuen Gesetzes ist der Fonds Gesundes Österreich – wie auch das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG) - seit 1. August 2006 ein Geschäftsbereich der neu geschaffenen Gesundheit Österreich GmbH (GÖG). Der Wortlaut der relevanten Gesetzestexte ist unter www.fgoe.org abrufbar. Inhaltlich hat sich durch die Eingliederung des Fonds Gesundes Österreich in die neue Organisation nichts an den im Gesundheitsförderungsgesetz festgelegten Aufgaben verändert. Dazu gehören insbesondere: u 1. Erhaltung, Förderung und Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung im ganzheitlichen Sinn und in allen Phasen des Lebens u 2. Aufklärung und Information über vermeidbare Krankheiten sowie über die die Gesundheit beeinflussenden seelischen, geistigen und sozialen Faktoren. Weiters werden die folgenden „grundlegenden Strategien“ zur Erreichung der genannten Aufgaben aufgelistet: u 1. Strukturaufbau für Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention unter Berücksichtigung und Einbindung bestehender Einrichtungen und Strukturen u 2. Entwicklung und Vergabe von bevölkerungsnahen, kontextbezogenen Programmen und Angeboten in Gemeinden, Städten, Schulen, Betrieben und im öffentlichen Gesundheitswesen u 3. Entwicklung zielgruppenspezifischer Programme zur Information und Beratung über gesunden Lebensstil, Krankheitsprävention sowie Umgang mit chronischen Krankheiten und Krisensituationen u 4. Wissenschaftliche Programme zur Weiterentwicklung der Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention sowie der Epidemiologie, Evaluation und Qualitätssicherung in diesem Bereich u 5. Unterstützung der Fortbildung von Personen, die in der Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention tätig sind u 6. Abstimmung der Maßnahmen und Initiativen im Sinne dieses Bundesgesetzes mit bestehenden Aktivitäten im Bereich der Gesundheitsförderung. sundheitsförderungsgesetzes beschlossen, das auf der Ottawa-Charta basiert und somit auch auf dem umfassenden Gesundheitsbegriff der WHO. Organisatorisch stärkte das Gesetz den „neuen“ Fonds Gesundes Österreich durch eine Ausweitung seiner Aufgaben und seiner finanziellen Mittel, deren Volumen auf rund 7,25 Millionen Euro aus dem Umsatzsteueraufkommen der Republik Österreich festgelegt wurde. „Der Fonds Gesundes Österreich ist heute, 20 Jahre nach Ottawa, zur zentralen Förderungs- und Fortbildungsstelle für Gesundheitsförderung in Österreich geworden und hat viel zur Professionalisierung und Qualitätssicherung in diesem Bereich beigetragen“, sagte in diesem Zusammenhang Maria Rauch-Kallat, Bundesministerin für Ge- sundheit und Frauen bei der Konferenz in Bregenz. Netzwerke für Gesundheitsförderung. In den vergangenen 15 Jahren haben sich in Österreich auch zahlreiche nationale und internationale Netzwerke für Gesundheitsförderung etabliert, die sich auf die Prinzipien der Ottawa-Charta berufen. So sind österreichische Institutionen an den WHOoder EU-Netzwerken für „Gesunde Städte“, „Gesundheitsfördernde Schulen“ sowie für „Betriebliche Gesundheitsförderung“ beteiligt. Weiters gilt Österreich auch als das Geburtsland des internationalen WHONetzwerks „Gesundheitsfördernder Krankenhäuser“. Damit wurde ein wichtiger Beitrag für die in der Ottawa-Charta vorgesehene „Reorientierung der Gesundheits- dienste auf stärkere Förderung von Gesundheit“ geleistet. „In der Gesundheitsförderung wurde bislang schon sehr viel erreicht, aber es wurde noch nicht wirklich alles erzielt, was in diesem Bereich für uns möglich wäre. Österreich ist auf einem guten Weg, aber es bleibt auch noch viel zu tun“, fasste Dr. Kálnoky bei der Tagung in Bregenz die Entwicklung zusammen. Deshalb sei es wichtig, weiterhin darüber nachzudenken, wie die Gesamtpolitik gesundheitsförderlich gestaltet werden könne, so die Mitbegründerin des Fonds Gesundes Österreich: „Die Gesundheitsförderung kann auch als eine Art Seismograph für das Lebensgefühl eines Volkes betrachtet werden. Die Politiker wären deshalb gut beraten, auch genau darauf zu achten.“ G ESUNDES ÖSTERREICH 19 0 T TAWA- C H A RTA GESUNDHEIT IST MACHBAR Prof. Dr. Ilona Kickbusch, die „Mutter der Ottawa-Charta“, im Interview mit Gesundes Österreich über die Entstehung dieses Rahmenprogramms für Gesundheitsförderung, was es bewirkt hat und was sich in den vergangenen 20 Jahren verändert hat. Gesundes Österreich: Frau Prof. Kickbusch, was sind Ihre persönlichen Erinnerungen an die Entstehungszeit der Ottawa-Charta, den November 1986? Prof. Kickbusch: Als erstes fällt mir die Stimmung positiver Anspannung ein, die damals unter den GesundheitsexpertInnen geherrscht hat, die an der Ottawa-Charta für Gesundheitsförderung mitgewirkt haben. Wir hatten das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu schaffen. Wesentlich war auch, dass uns der damalige Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation WHO, der Däne Dr. med. Halfdan Mahler, voll unterstützt hat und auch bei der Konferenz in Ottawa anwesend war. Das war für die TeilnehmerInnen der Tagung, darunter erstmalig bei einer WHO-Konferenz auch UmweltaktivistInnen und VertreterInnen des Boston Wo20 GESUNDES ÖSTERREICH men’s Health Collective, ein wichtiges Signal dafür, dass es die WHO wirklich ernst damit meint, ein neues Konzept für Public Health festzuschreiben. Gesundes Österreich: Wie wurde das Rahmenprogramm für Gesundheitsförderung in der Praxis erarbeitet? Prof. Kickbusch: Die Charta war in der Vorbereitungszeit und während der Konferenz das Produkt einer Zusammenarbeit zahlreicher Personen, die ihre Standpunkte eingebracht haben. Jede einzelne Kongressteilnehmerin und jeder einzelne Kongressteilnehmer hatte immer wieder Gelegenheit Vorschläge zu machen. Wir haben bis zuletzt nach immer neuen und noch treffenderen Formulierungen gesucht und die damals völlig neue Technologie der Textverarbei- tung am Computer für diesen Prozess genutzt. Als ich zum Abschluss der Tagung das fertige Dokument verlesen durfte, sind dessen letzte Seiten gerade erst ausgedruckt worden. Eine ganz persönliche Erinnerung, die ich an den November 1986 habe, ist jene an das kalte, unfreundliche Winterwetter, das damals in Ottawa geherrscht hat - mit Temperaturen weit unter null Grad und Schneestürmen. Die Tatsache, dass es wenig verlockend war vor die Tür zu gehen, hat die Gemeinschaft in unserem Tagungshotel umso mehr verbunden. Auch das hat zur Atmosphäre intensiver Kooperation beigetragen. Gesundes Österreich: In welcher Funktion waren Sie damals für die WHO tätig? Prof. Kickbusch: Ich war beim Regionalbüro Europa der WHO für das „Globale Pro- BilderBoxCom 0 T TAWA- C H A RTA jekt Gesundheitsförderung“ zuständig, das auf die Organisation der ersten WHO-Gesundheitsförderungskonferenz und die Verabschiedung der Charta zu diesem Thema abzielte. Dahinter stand die Absicht, die bereits bei der WHO-Konferenz 1978 in Alma Ata beschlossenen Ideen für Gesundheitsförderung, die damals noch als ausschließlich auf Entwicklungsländer ausgerichtetes Konzept galten, in den reichen Ländern der Welt besser zu verankern (siehe auch Seiten 13 und 14, „Von Genf bis Bangkok - für die Gesundheitsförderung wichtige WHO-Tagungen“). Von VertreterInnen der entwickelten Regionen der Welt bekam ich damals noch oft zu hören: „Was gehen uns Alma Ata und Primary Health Care an. Bei uns haben ohnehin alle BürgerInnen Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung.“ Gesundes Österreich: Wie hat sich die globale Gesundheitssituation seit Ottawa verändert? Prof. Kickbusch: Weltweit betrachtet hat sich die Gesundheitssituation seit den 80er Jahren signifikant verschlechtert, was angesichts der Ressourcen, die uns heute global zur Verfügung stehen, erschütternd ist. Die gesundheitlichen Ungleichheiten innerhalb und zwischen Ländern haben zugenommen. In Afrika ist die Lebenserwartung in den vergangenen 20 Jahren gesunken, unter anderem aufgrund der Aids-Epidemie, die in den 80er Jahren noch mit relativ geringem finanziellem Aufwand eingedämmt werden hätte können. In zahlreichen lateinamerikanischen Ländern sind die Basisstrukturen für Gesundheitsversorgung in den 90er Jahren weitgehend zerstört worden. Der Grund dafür waren Vorgaben des Weltwährungsfonds, die von diesen Ländern forderten, weniger in Sozialprogramme und staatliche Infrastrukturen zu investieren. Generell ist in den Entwicklungsländern versäumt worden, nicht nur auf Impfprogramme, sondern auch auf Programme zur Verbesserung der Verhältnisse zu setzen - also für gute Wasserqualität, bessere Ernährung und Kanalisation, aber auch für eine bessere Wohnund Ausbildungssituation zu sorgen. Gesundes Österreich: Konnte das Ziel, das Konzept der Gesundheitsförderung in den entwickelten Regionen der Welt einzuführen, bei der Tagung in Kanada erreicht werden? Prof. Kickbusch: Durch die Konferenz in Ottawa, an der hauptsächlich TeilnehmerInnen aus den Industrieländern beteiligt waren, konnte tatsächlich ein Umdenken in Gang gesetzt werden und zwar in einem Ausmaß, dass wir zunächst nicht für möglich gehalten hätten. Seither wird Gesundheit prozessorientiert begriffen, als durch aktives individuelles, vor allem aber auch gesellschaftliches Handeln beeinflusst. Gesundes Österreich: Welche Projekte und Programme spiegeln für Sie persönlich den Geist der Charta am besten wider? Prof. Kickbusch: Von unserem Grundsatzdokument ausgehend sind zahlreiche Projekte und nationale Programme entstanden, die nicht nur auf ein besseres Gesundheitsverhalten abzielen, sondern auch auf eine Veränderung der Lebensverhältnisse, in denen Gesundheit entsteht. Am meisten hat mich beeindruckt, dass in Entwicklungsländern der Grundansatz der Gesundheitsförderung oft besonders gut verstanden worden ist. Ein Beispiel dafür ist die Initiative SEWA (Self Employed Women’s Association) in Indien. Bei diesem Projekt von Frauen für Frauen wurde zu Beginn eine eigene Bank gegründet, die durch so genannte „Mikrokredite“ Marktfrauen finanziell unabhängiger machte. Bis dahin waren von Kredithaien zu Wucherzinsen vergebene Mittel für diese Frauen oft die einzige mögliche Geldquelle. Inzwischen gibt es bei SEWA aber beispielsweise auch ein Ausbildungsprogramm und eine Basis-Gesundheitsversicherung. So verbindet sich die Schaffung von besseren Lebensbedingungen mit Partizipation und Gesundheit. Buchtipp: Die Gesundheitsgesellschaft Die Allgegenwärtigkeit der Gesundheit in der modernen Gesellschaft kann mit alten Denkmodellen nicht mehr ausreichend gefasst werden. Gesundheit ist nicht mehr nur Ergebnis anderer gesellschaftlicher Prozesse – sie ist selbst zur treibenden Kraft geworden. „Die Gesundheitsgesellschaft“, das aktuelle Buch von Prof. Ilona Kickbusch, zeigt die signifikanten Konsequenzen für Politik und Gesellschaft, die sich aus neuen Megatrends der Gesundheit ergeben, im Zentrum steht ein aktiver Gesundheitsbegriff. Ilona Kickbusch: „Die Gesundheitsgesellschaft“. G. Conrad – Verlag für Gesundheitsförderung, Gamburg, 2006, circa 200 Seiten, 18,70 EUR, www.conrad-verlag.de Gesundes Österreich: Welche Zukunftsperspektiven lassen sich aus der Ottawa-Charta ableiten? Prof. Kickbusch: In der Ottawa-Charta wird noch sehr auf den Staat als einzigen Handlungsträger gesetzt. Dieser hat jedoch in den vergangenen Jahrzehnten zugunsten privater Institutionen an Bedeutung verloren. Die Ottawa-Charta verdeutlicht aber weiterhin wie Gesundheit im Alltag des 21. Jahrhunderts verankert werden kann. Sie bleibt ein Leitfaden angesichts der vier Prämissen einer Gesundheitsgesellschaft: u Gesundheit ist machbar. u Fast jede Alltagsentscheidung ist eine Gesundheitsentscheidung u Gesundheit ist überall u Gesundheit ist global. Prof. Dr. Ilona Kickbusch hat Soziologie und Politikwissenschaften studiert und 1981 an der Universität Konstanz promoviert. 1981 bis 2004 war sie in verschiedenen Funktionen für die Weltgesundheitsorganisation WHO tätig. 1998 wurde sie als Professorin an die Yale University berufen. Sie lehrt globale Gesundheitspolitik und berät eine Vielzahl von nationalen und internationalen Organisationen. G ESUNDES ÖSTERREICH 21 MICHAEL LANDAU IM GESPRÄCH NUR EINE FAIRE GESELLSCHAFT IST EINE GESUNDE GESELLSCHAFT Michael Landau, Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, spricht im Interview mit Gesundes Österreich darüber, wie er persönlich auf seine Gesundheit achtet, welche Rolle soziale Kontakte dabei für ihn spielen und was eine gesunde Gesellschaft ausmacht. F ür mich hat Gesundheit mit Wohlbefinden, aber auch mit Freude und Zufriedenheit zu tun. Es geht dabei um körperliche, seelische und geistige Aspekte sowie um das soziale EingebundenSein“, definiert Michael Landau, Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, was Gesundheit für ihn persönlich bedeutet. Für sein physisches Wohlbefinden sorgt Landau durch ein Kraft- und Ausdauerprogramm, das er regelmäßig in einem Fitnessstudio absolviert. „Ich habe vor einigen Jahren damit angefangen, ein paar Mal pro Woche Sport zu betreiben, und ich spüre, dass es mir gut tut, mich ausgeglichener und zufriedener macht“, sagt der Caritasdirektor, der Wert darauf legt, unter professioneller Anleitung zu trainieren, da es sonst leicht dazu kommen könne, dass man sich selbst überfordere. Wenn es sein Terminplan zulässt, ist er auch gerne in der freien Natur sportlich aktiv, zum Beispiel beim Joggen im Wienerwald. „Außerdem nutze ich manchmal im Urlaub die Möglichkeit, mich in einer neuen Umgebung beim Laufen oder beim Radfahren körperlich zu betätigen“, ergänzt Landau, der nach einem Biochemie-Studium auch sein Studium des Kirchenrechts mit Auszeichnung abgeschlossen hat, 1992 in Rom zum Priester geweiht wurde und seit Ende 1995 als Caritasdirektor der Erzdiözese Wien tätig ist. Manager für die Armen. In dieser Funktion ist er so etwas wie ein „Manager für die Armen“ - und gleichzeitig Leiter eines Großbetriebes mit aktuell mehr als 3.000 Ange- MICHAEL LANDAU IM GESPRÄCH den Kontakt zu seinem Bruder und seinem Vater pflegt. Nicht zuletzt, so Landau, gehöre für ihn zur Gesundheit auch, Zeit für das Gebet zu finden: „Einen Augenblick an Gott zu denken gibt mir Kraft.“ Die Caritas der Erzdiözese Wien ist in der Bundeshauptstadt Wien und im östlichen Teil Niederösterreichs aktiv - einerseits durch ehrenamtliche MitarbeiterInnen, unter anderem in den Caritaskreisen der rund 660 Pfarren in diesem Gebiet, andererseits durch rund 3.200 angestellte Frauen und Männer. Mit den Caritasorganisationen in den anderen acht österreichischen Diözesen der römisch-katholischen Kirche arbeitet sie in der Caritas Österreich zusammen. Diese ist Teil der Internationalen Caritas, die weltweit aktiv ist. Eine Spende mit dem Erlagschein ist nur ein Weg im Rahmen der Caritas zu helfen. Eine weiterer ist es in Form ehrenamtlicher Mitarbeit „Zeit zu spenden“. Weitere Informationen finden sich im Internet unter www.caritas-wien.at stellten. „Die Caritasarbeit ist insofern etwas Besonderes, als es dabei immer um soziale Begegnung geht“, sagt Landau. „Ich habe bei meiner Tätigkeit sehr viel mit sehr unterschiedlichen Menschen zu tun und erlebe dies als etwas Schönes und Bereicherndes. Aber natürlich ist unser Beruf manchmal auch anstrengend.“ Entlastung finde er einerseits dadurch, dass er auf einen Stab sehr guter und engagierter MitarbeiterInnen vertrauen könne: „Gerade soziale Arbeit braucht Professionalität.“ Andrerseits versuche er als Ausgleich zu seinem Arbeitsalltag manchmal ein Konzert oder eine Oper zu besuchen. „Musik ist für mich eine gute Möglichkeit, auf andere Gedanken zu kommen“, so Landau, der sich speziell für zeitgenössische Musik begeistert, die ihm Entspannung und zugleich geistige Anregung biete: „Einer meiner Freunde hat einmal sehr treffend beschrieben, was diese musikalische Stilrichtung so faszinierend macht. Er hat gesagt, dass sie zu den letzten Abenteuern gehört, die man in unserer Zeit noch erleben kann.“ Sozialer Austausch. Auf privaten sozialen Austausch legt der Caritasdirektor der Erzdiözese Wien im Hinblick auf eine gesunde Lebensbalance ebenfalls großen Wert. „Zum Menschsein gehört auch, mit anderen Menschen in Beziehung zu stehen. Für mich ist es ganz wesentlich, einige gute Freundinnen und Freunde zu haben. Ich versuche, sie regelmäßig zu treffen, um jene Dinge zu besprechen, die uns gerade beschäftigen – das Negative ebenso wie das Positive“, sagt der Sozialmanager, der auch möglichst häufig Die Gesellschaft gesünder gestalten. Neben der individuellen und spirituellen Dimension von Gesundheit hebt Dr. Landau auch deren gesellschaftliche hervor: „Es gibt auch in Österreich zahlreiche Menschen, für die der Zugang zu scheinbar selbstverständlichen Dingen wie Wohnen, Nahrung, Arbeit überhaupt nicht selbstverständlich ist. Armut macht krank und von da her glaube ich, dass es wichtig ist zu thematisieren, wie wir als Gesellschaft insgesamt gesünder werden und unser Zusammenleben möglichst positiv gestalten können.“ Worin solche gesellschaftlichen Initiativen bestehen können, beschreibt er anhand von zwei Beispielen aus dem großen Spektrum der konkreten sozialen Arbeit der Caritas: „Eines der Projekte, an denen wir beteiligt sind, heißt ,Generation 19+’ und wendet sich an junge, langzeitarbeitslose Männer und Frauen. Ich denke, dass es ganz fatal für eine Gesellschaft ist, wenn junge Menschen als erstes in ihrem Leben sehen: du bist überflüssig, du wirst nicht gebraucht. Deshalb wollen wir mit dieser Initiative ganz bewusst jungen Menschen dabei helfen, in der Gesellschaft Fuß zu fassen, einen Platz zu finden.“ Tabuthema Demenz. Das zweite große soziale Thema, das der Caritasdirektor im Interview mit Gesundes Österreich anspricht, ist die Beratung und Unterstützung für Menschen mit Demenz, von der in Österreich derzeit rund 100.000 Personen betroffen sind und im Jahr 2050 bereits rund 230.000 Personen betroffen sein werden. Derzeit werde dieser Erkrankung viel zu wenig gesellschaftliche Aufmerksamkeit gewidmet und es gebe eine Tendenz zur Stigmatisierung alter Menschen im Allgemeinen und kranker, pflegebedürftiger, dementer alter Menschen im Speziellen, so Landau. Deshalb sei nicht nur verstärkte Aufklärung und Beratung über dieses Altersleiden und dessen Behandlungsmöglichkeiten notwendig, sondern auch mehr Unterstützung für deren Angehörige und Verbesserungen beim Pflegegeld, da etwa der Begleitungsbedarf in der Frühphase der Krankheit bislang nicht ausreichend berücksichtigt werde. Jeder Mensch ist etwas Besonderes. „Zu einer gesunden Gesellschaft gehört Achtsamkeit für die Menschen aus Randgruppen“, betont Landau nochmals und hebt hervor, dass der Kern, die Bedeutung von Menschen ganz gleichwertig vorhanden sei, egal ob je- Zur Person: MICHAEL LANDAU Geboren: 23. Mai 1960 in Wien Hobbies: Lesen, Sport wie Joggen oder Radfahren und Musik hören - speziell minimalistische zeitgenössische Musik von Komponisten wie Arvo Pärth oder Philip Glass Welche Bücher liegen auf Ihrem Nachtkästchen: Ein ganzer Bücherberg. Zum Beispiel „Kafka am Strand“ vom japanischen Autor Haruki Murakami Liebstes Urlaubsziel: Ich bin gerne in Rom, wo ich studiert habe. Auch New York finde ich großartig – eine geniale, bunte, vielfältige, spannende Stadt Lieblingsgetränk: Mineralwasser, österreichischer Weißwein Lieblingsspeise: Fisch – von Sushi bis Forelle Was mich gesund erhält: Bewegung, Freundschaft und Gebet Was krank machen kann: Ungesunder Ärger und Einsamkeit Lebensmotto: „Ungerechtigkeit wahrnehmen, den gesunden Ärger darüber äußern und sich vornehmen, etwas zu verändern. Denn jeder und jede von uns kann an der Stelle, an der er oder sie steht, etwas für Menschen tun, die in Not sind.“ mand alt oder jung, gesund oder krank, erfolgreich oder äußerlich betrachtet weniger erfolgreich sei. Jeder Mensch sei, so wie er ist, etwas Besonders und müsse die Chance erhalten in Würde zu leben, so der Caritasdirektor der Erzdiözese Wien: „In diesem Sinne ist nur eine faire Gesellschaft auch eine gesunde Gesellschaft.“ G ESUNDES ÖSTERREICH 23 Anzeige 24 GESUNDES ÖSTERREICH