Motten-Alarm der anderen Art
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Motten-Alarm der anderen Art
> < Sonnabend, 30. Juli 2011 TRAVEMÜNDER WOCHE 17 Motten-Alarm der anderen Art Die Moth-Klasse begeisterte mit spektakulärem Segeln. Der Wermutstropfen: Markus Steeg verpasste wegen Materialbruchs das Podium. Und es gab Ärger an Land. Von Jens Kürbis ie war hunderte Kilometer geflogen, doch ausgerechnet in der letzten Wettfahrt, wenige Meter vorm Ziel und dann noch weit vor dem Rest des Feldes liegend, wollte sie nicht mehr. Die „Motte“ versagte ihren Dienst, kostete Markus Steeg so die schon fest geglaubte EM-Medaille. Blech statt Silber. „Das mechanische System, das den Auftrieb regelt ist gebrochen“, erklärte der 33-Jährige, „das ist schade, ich wäre gern aufs Podium, aber ich bin mit Platz vier zufrieden.“ Alle Medaillen gingen so auf die britische Insel, der Titel an den Londoner Chris Rashley. „Keine Überraschung, sie segeln auch mehr“, sagt Steeg. Er selbst hat vor sieben Jahren seine „Motten“-Liebe entdeckt. Von 1995 bis 2004 gehörte der Budenheimer zum Nationalkader im 470er und 49er. Doch als er mit Moritz Demel an der Vorschot die Olympia-Qualifikation für Athen verpasst hatte, setzte er die Prioritäten aufs Studium und seine Promotion zum Thema Verbundwerkstoffe. Auf die Moth-Klasse ist er beim Surfen im Internet gestoßen. Als er den „Motten-Alarm“, die spektakulären Bilder gesehen habe, sei ihm sofort klar gewesen: „Das will ich auch.“ Wenn er von seiner „30-Kilo- Fliege“ erzählt, leuchten seine Augen: „Wenn du mit dem Rumpf aus dem Wasser hebst, nur noch die Kielfinne und das Ruder im Nass sind und du übers Wasser fliegst, hörst du kein Plätschern, nichts. Du surfst leise über das Wasser, ein Gefühl wie Snowboard-Carven, einfach geil.“ Mit mehr als 30 Knoten hat er den Rausch der Geschwindigkeit schon selbst gespürt. Für ihn als Wissenschaftler entfaltet die Motte mit ihrer Technologie, ihrer sich ständig verändernden Konstruktion zudem einen be- S Markus Steeg (re.) flog mit seiner „Motte“ knapp am Podium vorbei. BO(O)TSCHAFTEN Silber-Händchen: Peter Ullmann, der Chirurg aus Oldenburg, hatte ein gutes Händchen: WM-Silber bei den International Canoe: „ Platz zwei ist mehr, als ich erwartet habe. So weit vorn war noch nie ein Deutscher in dieser Klasse“, freute sich Ullmann, der nun auf einen PopulaWM-Silber: Pe- ritätsschub des „exotiter Ullmann. schen“ Bootstyp mit den charakteristischen Auslegern hofft. Sachs dominieren: Neun Rennen, neun Siege – Helge und Christian Sach dominieren das Formula 18-Feld. Die Zarnekauer zeigten ihre Extraklasse auch beim Trave-Race, überholten bei ihrem Sieg sogar das Fahrgastschiff „Marittima“. Dänen-Duo weg: Führungswechsel bei den olympischen 49ern. Tobias Schadewaldt/Hannes Baumann (Kiel) setzten sich mit einem Sieg an die Spitze. Schade: Die bis dato dominierenden Dänen Duo Allan Nørregaard/ Peter Lang sind nach dem gestrigen Flautentag vorzeitig abgereist, wollten zu einer anderen Regatta. Fotos: Wolfgang Maxwitat sonderen Reiz. „Das ist faszinierend, die Schiffe werden künftig noch schneller.“ In seiner Firma hat er neue Entwicklungen auf dem Reißbrett. In Travemünde begeisterten die 39 „Motten“ aus zehn Nationen nicht nur in der Lübecker Bucht, sondern auch bei Showeinlagen in der Trave. Der Australier Josh McKnight zeigte dabei sogar Stuntqualitäten, lief mit der Pinne an der Hand neben seiner fliegenden „Kiste“ übers Wasser. Die „Motten“ hatten in Travemünde allerdings nicht nur Spaß: „Die Organisation, die Abstimmung mit der TW im Vorfeld war eine Katastrophe, da ist sehr vieles schief gelaufen. Dass die Online-Meldung nicht funktionierte, viele Nationen deshalb nicht angereist sind, war noch das kleinste Problem“, berichtete Steeg vom „Motten-Alarm“ der anderen Art. „Wir hatten den Eindruck, das das Augenmerk mehr auf dem Festival an Land liegt. Wenn wir wiederkommen sollen, muss sich da einiges ändern.“ Warum Motten fliegen Die ersten Motten, modern getakelte Einhandjollen, wurden bereits 1928 in Australien und Amerika gebaut. Die Piloten, der nur 28 Zentimeter breiten und 30 Kilogramm leichten Schiffchen haben auf ihrem sieben bis neun Kilo wiegenden Rumpf das Fliegen gelernt. Seit 2000 werden Tragflügel (Hydrofoils) entwickelt, die den Rumpfwiderstand drastisch senken, den Rumpf schon bei geringer Geschwindigkeit aus dem Wasser heben und die Bootsgeschwindigkeit nahezu verdoppeln. „Am Bug ist ein Sensor, der merkt wie hoch der Rumpf überm Wasser ist. Der regelt eine Klappe am Schwert. Wird diese nach oben gestellt, bekommt das Boot Auftrieb. Dann haben nur noch die Kielfinne und das Ruder Verbindung zum Wasser“, erklärt der EM-Vierte Markus Steeg. Schlittenhard : Erst ein Sieg, dann ein kühles Bad Braunschweiger Brüder gewinnen EM-Gold bei den Javelin. WM-Gold bei den Laser 2 geht nach Kiel. In hohem Bogen flogen Jan und Jens Schlittenhard (Braunschweig/Hannover) in die Trave. Es war das Bad für die Champions, die Sieger der JavelinEM. Dem ging ein Nervenspiel, eine Millimeterentscheidung auf dem Wasser voraus. Die Brüder, die seit 27 Jahren das Kielboot segeln, hatten von 1999 bis 2002 die Klasse bei den kontinentalen Meisterschaften dominiert. „Doch danach waren wir die ewigen Zweiten.“ Zuletzt 2010, als sie sich mit den Briten Brian und David Earl bis zur letzten Wettfahrt ein Kopf-an-KopfRennen lieferten – und verloren. „Jetzt war es wieder so, wir waren mit den Earls vor dem Finale wieder punktgleich, hatten schon Angst, dass es wieder schief geht“, erzählte Jens Schlittenhard (43). Täglich grüßt das Murmeltier? Doch diesmal deckten sie die Briten ab, retteten einen Drei-Punkte-Vorsprung ins Ziel. „Wir sind einfach nur glücklich, der Bann ist gebrochen“, freute sich Jan, der gleich doppelten Grund zum Feiern hatte. Er feierte gestern seinen 42. Von den Earls gab es dafür ein Ständchen und den Wurf ins Nass. Die Nationalhymne wurde auch für Lisa Buddemeier (Kiel) und Matthias Düwel (Norderstedt) gespielt – als Weltmeister der Laser 2. „Ein tolles Gefühl“, gestand die 32-Jährige. Doch gemeinsam würden sie wohl nicht weitersegeln. „Wir haben im Vorjahr die EM, jetzt die WM gewonnen. Es kann doch nur noch schlechter werden.“ Beim Goldcup der Folkeboote verzichtete der bereits als Weltmeister feststehende Berliner Stefan Schneider auf den gestrigen Start. Silber sicherte sich mit einem Sieg im finalen Rennen der entthronte Titelträger Christoph Nielsen. Bester aus der Lübecker Gastgeber-Flotte: Stefan Rosehr als Neunter. Auch das größte TW-Feld sagte Travemünde Ade. Die Europes (90 Jungen und 75 Mädchen aus zehn Nationen) beendeten ihre Jugend-EM. Die Titel gingen nach Schweden. Der Bremer Sverre Reinke belegte als bester Deutscher Rang sechs. „Sverre wollte in die Top 10, hat seine Leistung gebracht“, freute sich Trainerin Janika Puls. Für Reinke ging es direkt nach der letzten Wettfahrt weiter – im Auto zum Comer See, wo am Montag die WM beginnt. Nach der Javelin-EM geht noch ein Titel nach Braunschweig: Der mehrfache Deutsche Meister Torben Kossel setzte sich erneut bei der Taifun-DM durch. jek Bad für die Champions: Die neuen Javelin-Europameister Jens und Jan Schlittenhard entkamen dem Wurf in die Trave nicht. Tropfnass und zufrieden: Sverre Reinke (Bremen) segelte bei der Jugend-EM der Europes im 90er Jungen-Feld auf Rang sechs. Travemünder Woche SEGELPROGRAMM Heute Seebahn: Ostseecup (Up and Down) Bahn Bravo: 505er Bahn Charlie: Int. Canoe (Challenge Cup/Team-Duell) Bahn Delta: 49er (Junioren-WM) Bahn Golf: 29er, 29erXX; Contender Bahn India: Tornado (Internationale Deutsche Meisterschaft), Formula 18 Segel-Arena Trave, ab 17.00: 49er TW KOMPAKT Endergebnisse Folkeboot-WM (Goldpokal), nach sechs Wettfahrten: 1. Schneider/Dörband/Thieme (Berlin) 21 Punkte; 2. Nielsen/Dehn/Felsberg (Berlin) 23; 3. Furthmann/Mrowka/Mühe (Kiel) 26; 4. Kæstel/Løppenthin/Svare Nielsen (Dänemark) 29; 5. Durst/Ehler/ Friedrichs (Mönkeberg) 42; 6. Kruse/Grieger/Wüstenhagen (Ammersbek) 51. Laser 2-WM, nach zwölf Wettfahrten: 1. Buddemeier/Düwel (Kiel) 17; 2. Krenz/ Gerdum (Hamb.) 37; 3. Christopher/Daniel Scheer (Hattingen) 50; 4. Kruse/Wittemer (Bochum) 54. Int. Canoe-WM, nach zehn Wettfahrten: 1. Chris Maas WM-Gold im Laser 2: Lisa Bud(USA) 15 ; 2. Peter Ull- demeier/Matthias Düwel. mann (Oldenburg) 26; 3. Alistair Warren (Großbritannien) 43; 4. David Clark (USA) 47; 5. Phil Robin (Großbritannien) 51; 6. William Clark (USA) 60. Nordea Moth-EM, nach zehn Wettfahrten: 1. Chris Rashley 9; 2. Peter Barton 39; 3. Ben Paton (alle Großbritannien) 46; 4. Markus Steeg (Budenheim) 48; 5. Mike Cooke (Großbritannien) 50. Javelin-EM, nach zwölf Wettfahrten: 1. J Schlittenhard/Schlittenhard (Braunschweig) 21; 2. Earl/ Earl (Großbritannien) 24; 3. Riesner/ Prehn (Kiel) 40; 4. Pickles/Fisher 42. Europe-Jugend-EM, Mädchen, nach zehn Wettfahrten: 1. Julia Carlsson (Schweden) 35; 2. Christina Andersen (Dänemark) EM-Gold bei den Javelins: Jens 41; 3. Julia Gross (li.) und Jan Schlittenhard. (Schweden) 51; 4. Josephine Frederiksen (Dänemark) 54; 5. Anne-Line Lyngsoe Thomsen (Dänemark) 65; 6. Trine Bentzen (Dänemark) 70. Jungen, nach zehn Wettfahrten: 1. Emil Bengtson (Schweden) 31 Punkte; 2. Marcus Höglander (Schweden) 38; 3. Albin Gipperth (Schweden) 38; 4. John Diedrichs (Schweden) 43; 5. Lars Johan Brodtkorb (Norwegen) 58; 6. Sverre Reinke (Bremen) 66. Taifun, Deutsche Meisterschaft, nach zehn Wettfahrten: 1. Torben Kossel (Braunschweig) 32; 2. Christopher Ossenkopp (Hannover) 36; 3. Peter Gillen (Hamburg) 41; 4. Johannes Meyer (Bremen) 42; 5. Dirk Heitmann (Bremen) 53. Int. Canoe AC, nach zehn Wettfahrten: 1. Dave Timson (Großbritannien) 15; 2. Arne Stahl (Braunschweig) 26; 3. Stephen Bowen (Großbritannien Int. Canoe One Design, nach zehn Wettfahrten: 1. Chris Maas (USA) 14; 2. Peter Ullmann (Oldenburg) 26; 3. Alistair Warren (Großbritannien) 33; 4. David Clark (USA) 46. Meisterschaften 29erXX-EM, 1. Olrik/Graversen (Dänemark) 8; 2. Görge/Görge (Kiel) 14; 3.Kohlhoff/Werner (Musterstadt) 16; 4. Engström/ Klinga (Schweden) 17; 5.Capdevila/Capdevila (Spanien) 22; 6. Naess/Gundersen (Norwegen) 27. Tornado (IDM), nach neun Wettfahrten: 1. Gäbler/Gäbler (Tinglev) 10; 2. Betz/Betz (Überlingen) 35; 3. Söhle/Noll (Lehrte) 35; 4. Krizek/Zdenek (CZE) 37; 5. Stadtmüller/Neun (Ahrensburg) 41; 6. Keller/Odefey (Berlin) 59. Olympische Klassen 49er, 1. Schadewaldt/Baumann (Kiel) 40 Punkte; 2. Joachim Gormsen/Thomsen (Dänemark) 41; 3. Peters/ Fitzgerald 47; 4. Richardson/Redding (alle Großbritannien) 56; 5. Berthez/Mallaret (Frankreich) 58; 6. Plazzi/Molineris (Italien) 69,2. Laser, nach neun Wettfahrten: 1. Marco Grasse (Berlin) 10; 2. Michael Zittlau (Kiel) 17; 3. Christoph Froh (Schwerin) 30; 4. Alexander Andersen (Dänemark) 33; 5. Thomas W. Mueller (Köln) 39; 6. Ralf Marten (Großhansdorf) 49. Internationale und nationale Klassen 29er, nach fünf Wettfahrten: 1. Kuck/ Kath (Lübeck) 6; 2. Robles/Trittel (Spanien) 7; 3. Galsgaard/Dahl (Dänemark) 9; 4. Schälke/Schälke (Kiel) 14; 5. Dittmers/Schäper (Wentorf) 17; 6. Weimer/Plieth (Westerau) 27. 505er, nach sechs Wettfahrten: 1. Schomäker/ Jess (Kiel) 5; 2. Heyer/Salein (Berlin) 16; 3. Kittsteiner/Stieglitz (Hamburg) 17; 4. Niefert/Dömges (Beidenfleth) 26; 5. Dasenbrook/Meier (Düsseldorf) 29; 6. Friederichs/Gosch (Hamburg) 34. Contender, nach drei Wettfahrten: 1. Jan von der Bank (Eutin) 4; 2. Andreas Voigt (Potsdam) 8; 3. Christian Krupp (Hamburg) 10; Formula 18, nach neun Wettfahrten: 1. Sach/ Sach (Zarnekau) 8; 2. Godderis/Richter (Gmund) 39; 3. Gosche/Pegel (Bremen) 42; ... 5. Bock/Piepke (Bad Schwartau) 52. Anzeige Erleben Sie Erfrischung wie auf hoher See. Endlich Lübzer www.luebzer.de