Heft 3 - Die Aktiengesellschaft

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Heft 3 - Die Aktiengesellschaft
Heft 3
5. Februar 2014
S. 57 – 96
PVSt 1062
Zeitschrift für das
gesamte Aktienwesen,
für deutsches,
europäisches und
internationales
Unternehmens- und
Kapitalmarktrecht
Aufsätze
Rechtsprechung
Sabine Canzler / Steffen Hammermaier – Die
Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die Wertpapieraufsicht
der BaFin: Das kapitalmarktrechtliche Bußgeldverfahren
57
Haftung von Wirtschaftsprüfern wegen Schädigung von Kapitalanlegern durch Empfehlung
bestimmter Beteiligungen (BGH v. 19.11.2013)
84
Prof. Dr. Jan Schürnbrand – Geschriebener
und ungeschriebener Bestandsschutz beim
aktienrechtlichen Zeichnungsvertrag
73
Steuer-Journal
RA Dr. Thorsten Zumwinkel – Betriebsveranstaltungen: Vorsicht bei Teilnahme von „Geschäftsfreunden“
79
Kommentar
RA Dr. Dirk Kocher / RA Dr. Andreas Lönner –
Erforderlichkeit, Nachfrageobliegenheiten und
Gremienvertraulichkeit – Begrenzungen des
Auskunftsrechts in der Hauptversammlung
(BGH v. 5.11.2013)
81
Hauptversammlung: Beschränkungen des
Auskunftsrechts der Aktionäre, Auskunftsverweigerung durch den Vorstand (BGH v.
5.11.2013)
87
Anlegerschutz: Keine Entschädigungsfähigkeit von Handelsverlusten bei ordnungsgemäßer Anlage von Kundengeldern (BGH v.
5.11.2013)
92
Jahresabschluss: Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste
aus schwebenden Geschäften (OLG Frankfurt
v. 12.11.2013)
95
Aktuell im AG-Report
Aktienrecht in Zahlen: Einberufung der Hauptversammlung auf Verlangen einer Minderheit
R 23
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der Frankfurter
Wertpapierbörse
Inhalt · 59. Jahrgang · Heft 3/2014
Aufsätze
Steuer-Journal
Sabine Canzler / Steffen Hammermaier
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die Wertpapieraufsicht der BaFin: Das kapitalmarktrechtliche
Bußgeldverfahren
RA FAStR Dr. Thorsten Zumwinkel
Betriebsveranstaltungen: Vorsicht bei Teilnahme
von „Geschäftsfreunden“
79
Die Wertpapieraufsicht der BaFin hat im März 2013 im
Rahmen der Veranstaltung „Ahndungspraxis der Wertpapieraufsicht: Einblicke und Ausblicke“ die zehnjährige Sanktionspraxis des Referats für Ordnungswidrigkeitenverfahren vorgestellt und über ausgewählte sanktionsrechtliche Schwerpunkte berichtet. Der Beitrag
nimmt dies zum Anlass, auf einzelne Verfahrensfragen
und praxisrelevante Kriterien der Bußgeldzumessung
näher einzugehen und die in der Zwischenzeit von der
BaFin veröffentlichten WpHG-Bußgeldleitlinien vorzustellen. Daneben gibt der Beitrag einen kurzen Ausblick
auf das künftige europäische Sanktionsregime am Beispiel der Reform der Transparenzrichtlinie.
57
Prof. Dr. Jan Schürnbrand
Geschriebener und ungeschriebener
Bestandsschutz beim aktienrechtlichen
Zeichnungsvertrag
Ohne die zugrunde liegenden Zeichnungsverträge kann
die Kapitalerhöhung einer AG keinen Bestand haben.
Die Zeichnungsverträge wiederum können an vielfältigen Mängeln leiden, die nach den allgemeinen Regeln
des Zivilrechts zur Unwirksamkeit führen. Für Rechtssicherheit sorgt insofern die tatbestandlich allerdings eng
begrenzte Heilungsvorschrift des § 185 Abs. 3 AktG,
die dem Zeichner nach der Umsetzung der Kapitalmaßnahme die Geltendmachung von Formmängeln abschneidet. Hinsichtlich sonstiger Mängel finden anerkanntermaßen die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung. Die genaue Abstimmung von geschriebenem und ungeschriebenem Bestandsschutz bereitet jedoch nach wie vor Schwierigkeiten.
73
Kommentar
RA Dr. Dirk Kocher, LL.M. / RA Dr. Andreas Lönner
Erforderlichkeit, Nachfrageobliegenheiten und
Gremienvertraulichkeit – Begrenzungen des
Auskunftsrechts in der Hauptversammlung
(Kommentar zu BGH v. 5.11.2013 – II ZB 28/12,
AG 2014, 87)
Der BGH hat eine Grundlagenentscheidung zu § 131
AktG gefällt: Das Auskunftsrecht bleibt auf Informationen beschränkt, die für die Beurteilung von Tagesordnungspunkten erforderlich sind. Zusätzlich hat der BGH
wichtige Leitlinien zu Nachfrageobliegenheiten der Aktionäre und Auskunftsverweigerungsmöglichkeiten wegen Gremienvertraulichkeit aufgestellt.
81
Rechtsprechung
Expertenhaftung von Wirtschaftsprüfern
BGH v. 19.11.2013 – VI ZR 336/12
84
Beschränkung des Auskunftsrechts in der
Hauptversammlung
BGH v. 5.11.2013 – II ZB 28/12
87
Entschädigung von Kapitalanlegern
BGH v. 5.11.2013 – XI ZR 13/13
92
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten
und drohende Verluste aus schwebenden
Geschäften
OLG Frankfurt v. 12.11.2013 – 5 U 14/13
95
Impressum
R 40
Rechts-Report
Aktienrecht in Zahlen
Einberufung der Hauptversammlung auf
Verlangen einer Minderheit
Finanzmarktaufsicht
EMIR – Anforderungen für Unternehmen außerhalb des Finanzdienstleistungssektors (Nachtrag)
R 23
R 25
Anlegerschutz
Sparkasse muss bei Empfehlung eines von der
Landesbank strukturierten Swaps über den
anfänglichen Marktwert aufklären
R 25
Neues aus Brüssel
Neue Vorschriften für Wirtschaftsprüfer
R 27
Neues zur Rechnungslegung
Geänderte Transparenzrichtlinie – Auswirkungen
im Bereich der Rechnungslegung
R 28
R 28
Börse
Deutsche Börse übernimmt Software-Anbieter
Impendium Systems
Clearstream und Eurex Clearing weiten ihr
Angebot an Collateral-Services aus
R 30
R 30
R 31
R 31
R 31
Branchen- und Unternehmens-Report
Kapitalmarkt-Report
Zahlen, Fakten, Entwicklungen
Aktienrechtliche Themen im Jahr 2014
Energiebörsen EEX und OMIP vereinbaren
Cross-Listing von Stromderivaten
EEX-Märkte mit starkem Wachstum im Jahr
2013
Norwegische Norexeco plant Papier- und Forstwirtschaftderivate
Nasdaq OMX beteiligt sich an Börse Istanbul
Dubai und Toronto unterzeichnen Vereinbarung
Branchen-Nachrichten
Branchentrends 2014 in den Marktsegmenten
Telekommunikation, Medien und Technologie
Jeder Vierte zahlt für redaktionelle Inhalte im
Internet
Möbelproduktion 2013 um 3 % gesunken
Golf-Branche blickt auf ein schwieriges Jahr
zurück
R 33
Jahresabschlüsse
Hornbach Baumarkt AG
Metro AG
R 33
R 35
R 31
R 32
R 33
Bibliothek
R 30
R 30
Neuerscheinungen
R 36
Zeitschriftenspiegel
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3/2014 R23
Rechts-Report
Aktienrecht in Zahlen
Einberufung der Hauptversammlung auf
Verlangen einer Minderheit
Oftmals sind sie Ausdruck tiefschwelender Konflikte in
einer Aktiengesellschaft, Vorboten und Bühnen sich
vollziehender Machtwechsel, ebenso künden sie mitunter vom Versagen auf der Vorstandsetage: die auf
Verlangen einer Aktionärsminderheit einberufenen
(außerordentlichen) Hauptversammlungen. § 122
Abs. 1 Satz 1 AktG gibt Aktionären, deren Anteile zusammen 5 % des Grundkapitals erreichen, das Recht,
die Einberufung einer Hauptversammlung zu verlangen. Nach § 122 Abs. 1 Satz 2 AktG kann die Satzung
auch einen geringeren Grundkapitalanteil – z.B. nur
3 % – statuieren. Die den Einberufungsantrag stellenden Aktionäre haben u.a. eine Mindestaktienbesitzzeit
von drei Monaten vor der Hauptversammlung (§ 142
Abs. 2 Satz 2 AktG i.V.m. § 122 Abs. 1 Satz 3 AktG) nachzuweisen. Sind alle Voraussetzungen erfüllt und liegt
insbesondere auch kein Rechtsmissbrauch des Verlangenden vor, so hat der Vorstand die Pflicht, dem
Einberufungsverlangen zu entsprechen und unverzüglich eine Hauptversammlung einzuberufen (vgl.
nur Kubis in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2013, § 122
AktG Rz. 40).
Mehrfach wurde auch im (soeben vergangenen) Jahr
2013 zu außerordentlichen Hauptversammlungen auf
Verlangen eines Aktionärs eingeladen. Verwiesen sei
hierzu auf die beigefügte Tabelle, in der allerdings nur
solche Fälle (möglicherweise auch noch nicht ganz vollständig) erfasst sind, bei denen die entsprechenden
Hauptversammlungseinladungen im Bundesanzeiger
erfolgten. Ausgewertet wurden von uns die im Zeitraum
1.1.2013 bis 31.12.2013 im Bundesanzeiger bekannt
gemachten Hauptversammlungseinladungen. Der Vorstand hat in den Hauptversammlungseinladungen
nämlich auf den Umstand, dass die Hauptversammlung aufgrund eines Minderheitsverlangens erfolgt, hinzuweisen (so u.a. Kubis in MünchKomm/AktG, 3. Aufl.
2013, § 122 AktG Rz. 40; Noack/Zetzsche in KölnKomm/
AktG, 3. Aufl. 2011, § 122 AktG Rz. 79; a.A. indes Rieckers
in Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 122 AktG Rz. 31). Inwieweit allerdings gerade bei geschlossenen Aktiengesellschaften, die regelmäßig mittels eingeschriebenem
Brief zur Hauptversammlung einladen (vgl. § 121 Abs. 4
Nr. 2 AktG), solche auf Verlangen eines Aktionärs veranlasste Versammlungen von Bedeutung sind, muss offen
bleiben. Vermuten lässt sich jedoch, dass gerade in die-
ser Gruppe der Aktiengesellschaften derartiges des Öfteren vorkommen mag.
Die beigefügte Tabelle macht deutlich, dass manche
Gesellschaften im Jahr 2013 sogar mehrfach mit Einberufungsverlangen konfrontiert worden sind (z.B. die UferHallen AG). Zudem dokumentiert die Tabelle, dass meist
nur wenig Zeit zwischen dem geäußerten Einberufungsverlangen (i.d.R. Zugangsdatum bei der Gesellschaft) und der tatsächlichen Einberufung (Datum der
HV-Einladung im Bundesanzeiger) verging. Insoweit
wurde regelmäßig recht schnell seitens der Gesellschaften reagiert.
Besondere, auch mediale, Aufmerksamkeit erregte im
vergangenen Jahr der Fall der Balda Aktiengesellschaft
(vgl. z.B. Börsen-Zeitung v. 19.7.2013, S. 11; Focus Money
v. 31.7.2013, S. 64). Hierbei handelt es sich zugleich um
die einzige uns bekannte Konstellation des Jahres
2013, bei der die Hauptversammlungseinladung erst
durch eine gerichtliche Ermächtigung erfolgen konnte,
da dem Minderheitenverlangen auf Einberufung vom
Vorstand ursprünglich nicht entsprochen wurde. So wurde am 11.6.2013 aufgrund eines Beschlusses des AG
Bad Oeynhausen vom antragstellenden Aktionär (Elector GmbH) selbst zu einer auf den 18.7.2013 terminierten
Hauptversammlung der Balda-Aktionäre eingeladen.
Ziel waren die Abberufung und Neuwahl des Aufsichtsrats, praktisch also die Übernahme der Macht in der Gesellschaft. Zu Abstimmungen kam es jedoch auf der
Hauptversammlung vom 18.7.2013 gar nicht. Der Versammlungsleiter – der Aufsichtsratsvorsitzende, der
nach Wunsch des Antragstellers abberufen werden sollte – machte einen Formfehler des Antragstellers geltend
(Angabe einer nicht mit der Gesellschaft abgestimmten
Zugangsadresse: dazu Bayer/Scholz/Weiß, AG 2013,
742 ff.), so dass die Hauptversammlung nicht beschlussfähig war. So kam es dann am 29.7.2013 zur Einberufung einer erneuten außerordentlichen Hauptversammlung durch die Elector GmbH für den 4./5.9.2013,
für welche der Hauptversammlungsleiter (Rechtsanwalt
Prof. Dr. Christoph Seibt, Freshfields Bruckhaus Deringer) nunmehr gem. § 122 Abs. 3 Satz 2 AktG vom AG
Bad Oeynhausen bestimmt worden war. Auf der Hauptversammlung vom 4.9.2013 konnte dann der antragstellende Aktionär sein Ziel, die Neubesetzung des Aufsichtsrats, letztendlich erreichen.
Wie beim Fall Balda, so waren im Jahr 2013 Fragen der
Neubesetzung des Aufsichtsrats (teils auch neben anderen Themen), fasst immer Gründe für die Einberufung
einer Hauptversammlung gem. § 122 Abs. 1 AktG. So etwa bei der UferHallen AG, der First Climate AG und der
Focus Hören AG. Bei der letztgenannten Gesellschaft
wurde die zunächst für den 14.6.2013 geplante außerordentliche Hauptversammlung allerdings wieder abge-
3/2014 R24
wie bei der FORIS AG die Änderung der Satzung oder sei
es, wie bei der Balda AG, die
Datum
Abstimmungslfd.
Verlangender
Verlangen
Gesellschaft
HVHV-Datum
Beschlussgegenstände
Erfolg für
Auswechslung des AufNr.
Aktionär
vom
Einladung
Verlangenden
sichtsrats – auch vollständig
1
IONYS AG
10.12.2013 19.12.2013 31.01.2014
Sitzverlegung
offen
oder zumindest weitgehend
erreichten (vgl. die beigefügHV-Zustimmung
2
Telemotive AG
21.11.2013 02.12.2013 13.01.2014
offen
te Tabelle, rechte Spalte).
wegen Vinkulierung
Hieraus
könnte
man
3 Business Gateway AG
25.10.2013 08.11.2013 20.12.2013
Aufsichtsrat
???
schlussfolgern, dass (Minderheits-)Aktionäre – meist
29.09.2013/
Satzungsänderungen
4
FORIS AG
08.10.2013 15.11.2013
ja
handelte es sich aber um
03.10.2013
zum Minderheitenschutz
Großaktionäre – verbreitet
5
IONYS AG
24.09.2013 26.09.2013 28.10.2013
Diverse (u.a. Aufsichtsrat)
ja
nur dann ein Einberufungsbegehren vorbringen, wenn
gerichtl.
Beschluss v. 29.07.2013 04.09.2013
Aufsichtsrat
ja
6
Balda AG
sie realistische Chancen auf
05.06.2013
die Verwirklichung ihrer mit
gerichtl.
HV
Beschluss v. 11.06.2013 18.07.2013
Aufsichtsrat
7
Balda AG
dem Einberufungsverlangen
ohne Beschlüsse
05.06.2013
verknüpften Beschlussvorschläge sehen. Durch das
8
UferHallen AG
04.07.2013 19.07.2013 03.09.2013
Aufsichtsrat
ja
Verlangen auf Einberufung
13.05.2013
einer Hauptversammlung
9
UferHallen AG
15.04.2013
19.06.2013
Diverse (u.a. Aufsichtsrat)
nein
17.05.2013
kann also durchaus starker
14.06.2013
Druck auf die Verwaltung
10
Focus Hören AG
???
10.05.2013
(später
Diverse (u.a. Aufsichtsrat)
N/A
abgesagt)
ausgeübt werden, welche
14.06.2013
ggf. ihre Ablösung befürch11
Maier + Partner AG
05.03.2013 15.04.2013
(später
Aufsichtsrat
N/A
abgesagt)
ten muss. Dadurch wird häufig die Reaktion ausgelöst,
12
First Climate AG
???
22.02.2013 10.04.2013
Diverse (u.a. Aufsichtsrat)
ja
die
Hauptversammlung
möglichst zu verhindern, zusagt, nachdem das Einberufungsverlangen kurz zuvor mindest aber zu verzögern, etwa durch Zurückweisung
des Einberufungsverlangens wegen (angeblicher)
zurückgenommen worden war.
Rechtsmissbräuchlichkeit – ein Einwand, der von den
Keine Rolle spielten Aufsichtsratsfragen indes bei der
Gerichten erfahrungsgemäß häufig akzeptiert wird –
am 8.10.2013 auf Verlangen der Aktionäre „inbargen
oder auch dadurch, dass der Einberufung zunächst
Achtunddreißigste Vermögensverwaltungs AG“ und
zwar nachgekommen wurde, die Hauptversammlung
Bernd Hartmann für den 15.11.2013 einberufenen audann indes kurzfristig abgesagt wird (zu Letzterem auch
ßerordentlichen Hauptversammlung der FORIS AG. Ziel
Bayer/Scholz/Weiß, ZIP 2014, 1 ff.).
war es vielmehr, im Interesse des Minderheitenschutzes
und vor dem Hintergrund einer Erwerbsankündigung Wie wichtig das Minderheitenrecht des § 122 Abs. 1
der Deutsche Balaton AG, u.a. die Mehrheitserfordernis- AktG ist, zeigt der Fall der UferHallen AG. Weder 2010,
se für wichtige Strukturmaßnahmen zu erhöhen (auf noch 2011, noch 2012 fand hier überhaupt eine Haupt80 %) und besondere Zustimmungspflichten durch die versammlung – ob ordentliche oder außerordentliche –
Hauptversammlung (für Immobilienverkäufe) zu veran- statt. Auch die für 2013 angekündigte ordentliche
kern. Dazu wurden von den die Einberufung verlangen- Hauptversammlung stand vor der Absage. Erst durch
den Aktionären verschiedene Satzungsänderungen „Einschreiten“ eines Aktionärs der UferHallen AG (DLF
vorgeschlagen. Zur Begründung lautete es lt. HV-Einla- Ingenieurbau GmbH), der von § 122 Abs. 1 AktG Gedung: „Die begehrte Satzungsänderung dient dem brauch machte, kam es endlich am 19.6.2013 zu einer
Schutz vor allem der Minderheitsaktionäre in Anbetracht Hauptversammlung. In der Hauptversammlungseinlader veröffentlichten Erwerbsabsicht der Deutsche Bala- dung vom 13.5.2013 hieß es:
ton AG und soll damit wesentliche inhaltliche Eingriffe in
„Die Behandlung der vorgeschlagenen Tagesordnungspunkte
das Unternehmen und dessen rechtliche Gestaltung
kann nicht bis zu einer etwa von dem Vorstand einzuberufenden orwie auch eine etwaige Unternehmenszerschlagung
dentlichen Hauptversammlung warten. Denn eine solche Einberuverhindern, bzw. nur mit einer weit überwiegenden
fung ist während der letzten drei Jahre nicht erfolgt. Die zuletzt für
Mehrheit ermöglichen.“ Letztlich hatte dieses Begehren
den 19. Dezember 2012 vorgesehene ordentliche Hauptversammlung für die Geschäftsjahre 2010 und 2011 wurde von dem VorErfolg; den vorgeschlagenen Satzungsänderungen
stand fehlerhaft einberufen und wieder abgesagt. Die für den 3. Mai
wurde zugestimmt.
Tab.: Auf Verlangen von (Minderheits-)Aktionären einberufene Hauptversammlungen (Einladungen zwischen 1.1.2013 und 31.12.2013 im Bundesanzeiger)
Prof. Dr. Andreas Gerdes
(auch Aufsichtsrat)
Armin Stark
INCR Holding GmbH
inbargen Achtunddreißigste
Vermögensverwaltungs AG,
Bernd Hartmann
Prof. Dr. Andreas Gerdes (Aufsichtsrat),
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Hochschule Karlsruhe
Elector GmbH
Elector GmbH
GVA Real Estate AG
DLF Ingenieurbau GmbH
zwei Aktionäre
Konrad Hinterhofer
Dr. Sascha Lafeld
(auch Vorstand)
Ganz allgemein lässt sich festhalten, dass bei vielen der
gem. § 122 Abs. 1 AktG im vergangenen Jahr einberufenen Hauptversammlungen, wenn sie denn tatsächlich
stattfanden, die Aktionäre die mit den Einberufungsverlangen verknüpften inhaltlichen Zielstellungen – sei es,
2013 vorgesehene Nachholung dieser Hauptversammlungen wurde auf den 25. Mai 2013 verlegt. Auch dieser Termin soll nunmehr
nicht stattfinden. [...] Die Durchführung einer jährlichen ordentlichen
Hauptversammlung zur Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses durch die Aktionäre und die Entlastung gehören zum
Mindestbestand einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Diese ist
nunmehr während eines Zeitraums von drei Jahren nicht erfolgt.“
3/2014 R25
Bei der Maier + Partner AG stellt sich uns das Einberufungsverlangen eines Minderheitsaktionärs – es soll
sich um ein „bestelltes“ Aktionärsverlangen handeln –
indes als möglicher Schachzug eines geschassten Vorstandsmitglieds dar, der sich seines ihn entlassenden
Aufsichtsgremiums entledigen wollte. In den Erläuterungen des am 27.11.2013 im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschlusses der Maier + Partner AG für
das Jahr 2011 (Nachtragsbericht) liest sich die abstruse
Geschichte wie folgt:
„Drei Versuche des früheren Vorstands Helmut Roppelt die Veränderungen im Aufsichtsrat [...] zu seinen Gunsten wieder zu korrigieren, scheiterten: Das erste geht zwar auf ein Aktionärsverlangen
des Aktionärs Hinterhofer an den Vorstand zurück. Dies wurde aber
nachweislich vom damaligen Rechtsberater des frühren [sic!] Vorstands Helmut Roppelt den Rechtsanwälten Sonntag&Partner in
München unterschriftsfertig formuliert, von der Gesellschaft unter
dem früheren Vorstand Helmut Roppelt bezahlt und ist somit als
eine Scheininitiative entlarvt. Auf dieses bestellte Aktionärsverlangen berief der frühere Vorstand unter dem 15.04.2013 im Bundesanzeiger eine außerordentliche Hauptversammlung für den
14.06.2013 ein. Zu diesem Zeitpunkt war der frühere Vorstand Helmut Roppelt bereits schon abberufen, was ihm am gleichen Tag
der Abberufung, dem 10.04.2013, fernmündlich zwar mitgeteilt worden war, förmlich zugestellt war die Abberufung allerdings noch
nicht. Der neue Vorstand hat diese außerordentliche Hauptversammlung wiederum abberufen. Der zweite Versuch datiert in
einem Aktionärsverlangen von Helmut Roppelt von 14.05.2013,
welches der jetzige Vorstand aus formalen und inhaltlichen Gründen mit der Begründung ablehnte, seinerseits so schnell wie möglich eine ordentliche Hauptversammlung anzustreben mit Vorlage
eines geprüften Jahresabschlusses 2011. Deshalb ist eine außerordentliche Hauptversammlung überflüssig und finanziell nicht
tragbar. Mit dem dritten Versuch wandte sich Helmut Roppelt direkt
an das Registergericht Stuttgart, dort eingegangen am 4.07.2013.
Das Registergericht lehnte nach Stellungnahme durch den Vorstand, diesen Antrag mit Beschluss vom 26.08.2013 ab.“
Prof. Dr. Walter Bayer/Dipl.-Kfm. Thomas Hoffmann,
Universität Jena
Finanzmarktaufsicht
EMIR – Anforderungen für Unternehmen
außerhalb des Finanzdienstleistungssektors (Nachtrag)
Klarstellung zum Beitrag in AG 2013, R374
Soweit sich in dem Beitrag des Autors (s. Morlin, AG
2013, R374 – dort auf S. R375 f. unter Gliederungsziffer
III.2.) hinsichtlich der Pflichten von NFCs zur Implementierung eines Risikomanagement-Systems am Ende
die Aussage findet, dass die im Beitrag zuvor aufgezählten Pflichten nur für NFCs i.S.d. Art. 10 EMIR gelten, ist
diese Aussage klarzustellen.
Für alle NFCs gilt die Pflicht zur
– rechtzeitigen Bestätigung der Geschäfte innerhalb
enger, nach Derivateklassen gestaffelter Fristen,
– Durchführung eines Portfolioabgleichs innerhalb bestimmter Fristen (gestaffelt nach der Anzahl der Geschäfte),
– Einigung über ein geeignetes Verfahren zur Klärung
von Meinungsverschiedenheiten im Zusammenhang mit dem Portfolioabgleich und der Bewertung
von Positionen und Sicherheiten.
NFCs i.S.d. Art. 10 EMIR und NFCs, die oberhalb bestimmter Schwellenwerte in OTC-Derivate involviert sind
(„große NFCs“), treffen zusätzlich die Pflicht
– zur Bewertung der Geschäfte,
– zum Austausch von Sicherheiten,
– zur Prüfung der Möglichkeit zur Portfoliokomprimierung ab einer bestimmten Anzahl von Geschäften in
gewissen Abständen zur die Verringerung der Gesamtzahl der Kontrakte.
Während mithin an große NFCs umfangreichere Anforderungen an ein geeignetes Risikomanagement gestellt werden, werden an NFCs, die nicht Art. 10 EMIR unterfallen und nicht oberhalb bestimmter Schwellenwerte
in OTC-Derivate involviert sind („kleine NFCs“) deutlich
niedrigere Anforderungen hinsichtlich der Techniken zur
Risikoreduzierung gestellt. Die Implementierung eines
umfassenden Risikomanagementsystems scheint für
kleine NFCs nicht geboten.
RA FABKR János Morlin, Rössner Rechtsanwälte, München
Anlegerschutz
Sparkasse muss bei Empfehlung eines
von der Landesbank strukturierten
Swaps über den anfänglichen Marktwert
aufklären
Sparkassen sind mangels eigener Strukturierungsabteilungen oftmals nicht in der Lage, Swaps zu strukturieren,
und bedienen sich bei entsprechender Kundenanfrage
ihrer Landesbank. In einer solchen Konstellation stellt
sich die Frage, ob die Sparkasse bei der Beratung des
Kunden zur Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert verpflichtet ist. Das LG Leipzig hatte diese
Frage am 21.6.2012 (Az. 4 O 3471/10) zu entscheiden
und gab der Klage eines Hoteliers statt. Das Urteil ist
rechtskräftig.
Sparkasse muss über Marktwert aufklären
Der Kläger hatte auf Empfehlung der Sparkasse zwei
Cross Currency Swaps (kurz: CCS) mit den Währungspaaren TRY/CHF und TRY/JPY abgeschlossen. Er klagte wegen Falschberatung, da die Sparkasse ihn unstreitig weder über den anfänglichen negativen Marktwert
der CCS noch über die von der Landesbank unstreitig
erhaltenen Provisionen aufgeklärt hatte. Die Sparkasse
hatte bestritten, dass der anfängliche Marktwert der
Swaps negativ war und zudem eine Aufklärungspflicht
verneint, da sie mangels eigener Kenntnisse hierüber
keine Aussage machen konnte.
3/2014 R26
Das LG Leipzig stellte fest, dass zwischen Sparkasse
und dem Kläger ein Beratungsvertrag zustande kam,
den die Sparkasse verletzte, als sie den Kläger nicht
über den anfänglichen negativen Marktwert beider CCS
hinwies. Die Sparkasse habe dem Kunden die CCS
empfohlen und hätte den negativen Marktwert daher
kennen müssen, so das Gericht. Zudem sei es der Sparkasse auch möglich, den anfänglichen negativen
Marktwert zu ermitteln, so dass sie für die Höhe des anfänglichen Marktwertes zumindest die subsidiäre Darlegungs- und Beweislast trage. Auch sei der anfängliche
Marktwert vorliegend weder null noch positiv gewesen,
denn die Beklagte hat für die Vermittlung der CCS eine
Provisionszahlung der Landesbank erhalten. „Zumindest in dieser Höhe ist von einem negativen anfänglichen Marktwert der beiden Cross-Currency Swapverträgen auszugehen“, so das Gericht.
Berufung zurückgewiesen
Das OLG Dresden bestätigte das Urteil und wies die Berufung der Sparkasse zurück (Beschl. v. 27.2.2013 – 8 U
1233/12).
Dabei stellt das OLG nicht auf einen Beratungsvertrag
ab, sondern vielmehr auf ein zwischen Sparkasse und
Kläger abgeschlossenen „Auftragsvertrag“ (AvalkreditRahmenvertrag für Finanztermingeschäfte). Die Sparkasse hatte sich von dem Kläger bevollmächtigen lassen, in dessen Namen Einzelabschlüsse über SwapGeschäfte mit der Landesbank zu tätigen und für diese
Abschlüsse und die Ausführungen dieser Geschäfte die
erforderlichen Handlungen vorzunehmen.
Mit einem solchen einem Treuhandvertrag und einer
Vermögensverwaltung ähnlichen Vertrag sei es unvereinbar, so das Gericht, vom „Gegner“ des Swap-Geschäfts (also der Landesbank) ohne Kenntnis des vertretenen Kunden Provisionen zu vereinnahmen. In Unkenntnis der Provision weiß der Kunde nicht, dass sich
die Sparkasse in einer Konfliktsituation befindet. Einerseits hat sie die Interessen des Kunden aufgrund des
Auftragsvertrages bestmöglich zu vertreten, andererseits
aber ist sie durch das Angebot von Provisionen der Versuchung ausgesetzt, die Auswahl des dem Kunden angebotenen Produkts nach ihrem Eigeninteresse an
einer möglichst hohen Provision auszurichten. Die darin
liegende „nicht hinnehmbare Interessenkollision beim
Beauftragten“ ist offenzulegen.
Marktwert als Saldo des Wertes der ausgetauschten Leistungen
Zu einem ähnlichen Ergebnis – wenn auch mit andere
Begründung – kommt das OLG Karlsruhe (Urt. v.
23.8.2013 – 17 U 127/11). Auch diesem Urteil lag die Beratung einer Sparkasse über den Abschluss eines mit
einer Landesbank geschlossenen CCS zugrunde. Unter Hinweis auf die Rechtsauffassung des OLG Stuttgart
stellt das Gericht fest:
„Zwar mag es an einem schwerwiegenden Interessenkonflikt fehlen, wenn die beratende Bank nicht Vertragspartnerin wird. Aber
auch ohne einen solch schwerwiegenden Interessenkonflikt konnte der Kläger den Wert der ausgetauschten Leistungen nicht erkennen, so dass er hierüber aufgeklärt werden musste.“
Ähnlich wie das LG Leipzig ist das OLG Karlsruhe der
Auffassung, die Sparkasse könne sich nicht darauf zurückziehen, sie habe den anfänglichen Marktwert nicht
gekannt, weil sie in der Konzeption und Kalkulation des
Produkts durch die Landesbank nicht eingebunden gewesen sei.
„Denn die Aufklärungspflicht der Beklagten Ziff. 1 ergibt sich aus
dem mit ihr geschlossenen Beratungsvertrag. Fehlen ihr aber zu
einer ordnungsgemäßen Beratung erforderliche Kenntnisse, so
hat sie dies dem Kunden mitzuteilen und offenzulegen, dass sie zu
einer Beratung – etwas über ein bestimmtes Risiko – mangels eigener Information nicht in der Lage ist (BGJ 123, 126, Rn. 18)“
Auch Landesbanken haften
Auch die Landesbanken haften für eine Falschberatung
durch die Sparkasse. Da die Landesbanken in der Regel nicht beratend tätig sind, kommt zwischen ihr und
dem Kunden kein Beratungsvertrag zustande. In der Andienung eines Swaps gegenüber dem Kunden entsteht
jedoch ein vorvertragliches Schuldverhältnis, aufgrund
dessen die Landesbank nach den allgemeinen Grundsätzen zur Aufklärung über entscheidungserhebliche
Tatsachen verpflichtet ist. Diese Informationspflichten
decken sich mit den Aufklärungs- und Beratungspflichten, die beim Vorliegen eines Beratungsvertrages gegenüber dem Kunden zu erfüllen sind (vgl. LG Stuttgart v.
25.11.2013 – 37 O 27/13 KfH).
Die fehlerhafte Beratung hat die Landesbank zwar nicht
selbst vorgenommen. Sie muss sich jedoch das Verhalten der Sparkasse, also die konkrete von den Mitarbeitern der Sparkasse vorgenommene Aufklärung gem.
§ 278 BGB zurechnen lassen (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.).
Fazit
Die Rechtsprechung zeigt, dass sich Banken einer Haftung durch arbeitsteiliges Zusammenwirken nicht entziehen können.
Die Landesbank strukturiert den Swap zum Nachteil
des Kunden. Nimmt sie selbst keine Beratung vor, sondern bedient sich gegen Zahlung von Provisionen der
Sparkasse, muss sie sich die Falschberatung der Sparkasse zurechnen lassen. Gleichzeitig kann sich die
Sparkasse nicht darauf berufen, den anfänglichen negativen Marktwert nicht zu kennen. Denn im Rahmen
einer Beratung muss sie den Kunden über alle Umstände unterrichten, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Von grundlegender Bedeutung für den Anleger ist das Wissen, dass die Risikostruktur des Swaps
bewusst zu seinen Lasten gestaltet ist. Über den daraus
resultierenden anfänglichen negativen Marktwert als
„Saldo des Wertes der ausgetauschten Leistungen“
(OLG Stuttgart v. 14.12.2011 – 9 U 11/11) ist aufzuklären.
RAin Ina Meuschke, Rössner Rechtsanwälte, München
3/2014 R27
Neues aus Brüssel
Neue Vorschriften für Wirtschaftsprüfer
In den Trilogverhandlungen am 16. und 17.12.2013 haben EU-Kommission, EU-Parlament und Ministerrat ihre
Diskussionen
zum
Verordnungsvorschlag
KOM(2011)779 über spezifische Anforderungen an die
Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem
Interesse mit einem Kompromiss zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht. Die Ergebnisse sollen gewährleisten, dass Wirtschaftsprüfer über erhöhte Prüfungsqualität, schärfere Unabhängigkeitsregeln und offenere und dynamischere EU-Wirtschaftsprüfermärkte
eine wesentliche Rolle bei der Erhaltung der wirtschaftlichen und finanziellen Stabilität der EU tragen.
Adäquat handeln,
Haftungsrisiken
vermeiden
Zu folgenden Kernpunkten der Regulierungsdiskussion
wurde ein vorläufiges Ergebnis erzielt:
– Externe Rotationspflicht für Unternehmen von öffentlichem Interesse: Die Vorschrift sieht eine Grundrotationszeit von 10 Jahren vor. Es besteht eine Verlängerungsmöglichkeit (Mitgliedstaatenwahlrecht)
um 10 Jahre bei öffentlicher Ausschreibung nach Ablauf der Grundrotationszeit oder um 14 Jahre bei
einem Joint Audit. Die Mitgliedstaaten können eine
kürzere Grundrotationszeit vorschreiben. Es sind umfangreiche Übergangsvorschriften auf die neuen Regelungen vorgesehen. Die interne Rotation bezogen
auf den unterschreibenden Wirtschaftsprüfer ist wie
bisher nach sieben Jahre vorgesehen.
– Nichtprüfungsleistungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse: Nichtprüfungsleistungen, die
über eine „schwarze Liste“ definiert werden, sind dem
Abschlussprüfer von Unternehmen von öffentlichem
Interesse grundsätzlich verboten. Davon umfasst sind
u.a. Steuerberatung, bestimmte Bewertungsleistungen, Buchführung und Abschlusserstellung sowie
Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Finanzierung und Kapitalstruktur. Die Erteilung von sog.
comfort letters bleibt weiterhin erlaubt. Unter bestimmten Bedingungen – z.B. Unwesentlichkeit der
Leistungen, umfassende Erläuterung der Auswirkungen auf den Abschluss im Prüfungsbericht, Unabhängigkeit des Abschlussprüfer ist weiterhin gewährleistet – können die Mitgliedstaaten bestimmte Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen von dem
Verbot ausnehmen. Zudem werden Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers von Unternehmen
von öffentlichem Interesse der Höhe nach begrenzt.
Sie dürfen 70 % des durchschnittlichen Prüfungshonorars der letzten drei Jahre nicht überschreiten. Berücksichtigung finden dabei die Leistungen an das
Mutterunternehmen sowie an eventuelle Tochterunternehmen.
– Übernahme der International Standards on Auditing
(ISA): Künftig sollen alle Abschlussprüfungen verpflichtend nach den ISA durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist eine Übernahme der ISA durch
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Vorstand der AG
Führungsaufgaben, Rechtspflichten und
Corporate Governance
Von Dr. Jürgen van Kann, Rechtsanwalt,
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3/2014 R28
die EU. Eine uneingeschränkte Anwendung der ISA
wird jedoch nicht möglich sein, da z.B. zum Bestätigungsvermerk Sonderregelungen in der Verordnung
beibehalten wurden.
Die formalen Abstimmungsprozesse stehen noch aus.
Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Gesetzgebungsverfahren bis zu den Europawahlen im Mai 2014
abgeschlossen werden kann, sofern das EU-Parlament
im März 2014 den Vorschlägen zustimmt.
Silvia Geberth, Deloitte & Touche GmbH, München
Neues zur
Rechnungslegung
Geänderte Transparenzrichtlinie –
Auswirkungen im Bereich der
Rechnungslegung
Die Richtlinie 2013/50/EU, mit der die bisherige Richtlinie 2004/109/EG (ABl. EU Nr. L 390 v. 31.12.2004, S. 38 ff.)
geändert wurde, ist im Amtsblatt der EU vom 6.11.2013
(Nr. L 294, S. 13 ff.) veröffentlicht worden. Die sog. Transparenzrichtlinie dient der Harmonisierung der Informationsanforderungen an Emittenten, deren Wertpapiere
zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen
sind (s. dazu auch Parmentier, AG 2013, 15).
Die neue Richtlinie ist am 26.11.2013 in Kraft getreten.
Die Mitgliedstaaten der EU haben die neuen Vorschriften bis zum 26.11.2015 in nationales Recht umzusetzen.
Im Bereich der Rechnungslegung betrifft die wichtigste
Änderung den Wegfall der Quartalsberichterstattung
wie sie derzeit gem. § 37x WpHG auf der Grundlage der
alten Richtlinie vorgeschrieben ist. Als weitere Erleichterung wurde die Vorlagefrist für die Halbjahresfinanzberichte um einen Monat auf drei Monate verlängert. Die Finanzberichte müssen mindestens 10 Jahre öffentlich
zugänglich gehalten werden.
Wie bisher ist der Jahresfinanzbericht (Abschluss und
Lagebericht nebst Erklärung der gesetzlichen Vertreter,
dass nach bestem Wissen der Jahresabschluss ein
den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild
der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten enthält; Art. 4) spätestens vier Monate nach Ablauf
des Geschäftsjahres zu veröffentlichen und mindestens
10 Jahre (bisher 5 Jahre) öffentlich zugänglich zu halten
ist.
Ab 1.1.2020 sollen alle Jahresfinanzberichte in einem
einheitlichen elektronischen Berichtsformat erstellt werden. Dazu soll die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) eine Kosten-Nutzen-Analyse
durchführen und technische Regulierungsstandards für
das Berichtsformat entwickeln (Art. 4 Abs. 7)
Unverändert sind Halbjahresfinanzberichte (Art. 5), bestehend aus einem verkürzten Abschluss, einem Zwi-
schenlagebericht und Erklärung der gesetzlichen Vertreter (§ 37w WpHG) zu veröffentlichen, und zwar spätesten drei Monate (bisher zwei Monate) nach Ende des jeweiligen Berichtszeitraums. Die Halbjahresfinanzberichte sind ebenfalls 10 Jahre (bisher 5) öffentlich zugänglich zu halten.
Um vor allem kleine und mittlere Emittenten zu entlasten
und deren Zugang zu Kapital zu verbessern, wird auf die
Veröffentlichung von Zwischenmitteilungen bzw. Quartalsberichten (Art. 6 der Richtlinie 2004/109/EG) verzichtet. In der Begründung wird darauf hingewiesen die
Quartalsberichterstattung Anreize zugunsten kurzfristiger Ergebnisse und zuungunsten langfristiger Investitionen setzt.
Der Wille zur Vereinfachung wird dadurch unterstrichen,
dass die Mitgliedstaaten zwar strengere Anforderungen
gegenüber der Richtlinie vorsehen können, aber nicht
zur Veröffentlichung häufigerer regelmäßiger Finanzinformationen als der Jahresfinanzbericht und der Halbjahresfinanzbericht verpflichten dürfen. Ausnahmen
sind möglich, wenn die zusätzliche Berichterstattung für
kleine und mittlere Emittenten keine unverhältnismäßige finanzielle Belastung darstellt und die Inhalte in
einem angemessenen Verhältnis zu entscheidungsrelevanten Faktoren der Anlager beitragen (Art. 3 Abs. 1a).
In Art. 6 spricht die neue Transparenzrichtlinie die jährliche Angabe von Zahlungen an staatliche Stellen an,
die für Emittenten, die in der mineralgewinnenden Industrie oder der Industrie des Holzeinschlags in Primärwäldern tätig sind, gemäß Kapitel 10 der Richtlinie 83/
349/EWG vorgeschrieben ist (vgl. Scheffler, AG 2013,
R228 [R230]). Der Bericht ist spätestens sechs Monate
nach Ende des Geschäftsjahres zu veröffentlichen und
muss mindestens 10 Jahre lang öffentlich zugänglich
bleiben (Art. 6 n.F.).
WP Prof. Dr. Eberhard Scheffler, Hamburg
Kapitalmarkt-Report
Zahlen, Fakten,
Entwicklungen
Aktienrechtliche Themen im Jahr 2014
Auf der 14. EUROFORUM-Jahrestagung „Brennpunkt
AG“ am 7./8.11.2013 in Berlin befassten sich Referenten
und Publikum unter der bewährten Tagungsleitung von
Prof. Dr. Ulrich Noack mit aktuellen aktien- und kapitalmarktrechtlichen Fragestellungen.
Aktuelle Rechtsprechung
Den Auftakt machten als Vertreter der Richterschaft die
Herren Prof. Dr. Lutz Strohn (stellvertretender Vorsitzender des II. Zivilsenats des BGH) und Dr. Helmut Krenek
(Vorsitzender Richter der 5. Kammer für Handelssachen
3/2014 R29
am LG München I). Aus der Vielzahl der vorgestellten
Entscheidungen, denen sich oft eine rege Diskussion
anschloss, sei hier etwa auf die Delisting-Entscheidung
des BVerfG hingewiesen (BVerfG v. 11.7.2012 – 1 BvR
3142/07, 1 BvR 1569/08, AG 2012, 557; dazu etwa Kiefner/Gillessen, AG 2012, 645). Diese Entscheidung wurde inzwischen durch einen (nur wenige Tage nach der
Tagung veröffentlichten) Beschluss des BGH im Fall
„Frosta“ (BGH v. 8.10.2013 – II ZB 26/12, AG 2013, 877)
umgesetzt, womit dieser sich von seinem gut zehn Jahre alten „Macrotron“-Urteil (BGH v. 25.11.2002 – II ZR
133/01, AG 2003, 273) abwandte. Zur Einschätzung und
den Folgen der neuen BGH-Rechtsprechung s. den AGKommentar von Paschos/Klaaßen, AG 2014, 33.
Schwerpunkt Vorstandsvergütung
Ein Schwerpunkt der diesjährigen Tagung lag auf dem
Thema Vorstandsvergütung. Namhafte Referenten aus
Unternehmen (Dr. Gerd Krick, Fresenius) und Beratung
(Dr. Gerald Reger, Noerr; William Eggers, Hay Group) diskutieren über rechtliche Aspekte der Vorstandsvergütung aus Unternehmenssicht (u.a. eine – etwaige – Neuregelung des „say on pay“, die Sicherung von „Vernunft
und Maß“, das Verhältnis zu den Neuregelungen des
DCGK), den Wandel der Vorstandsvergütung (u.a. die
Entwicklung der Vergütung in den letzten Jahren und
aktuelle Entwicklungen in der Corporate Governance)
und die vielgestaltigen Fragestellungen bei der konkreten Ausgestaltung des Vergütungsprogramms.
Anstehende Gesetzgebung
Im Folgenden Block der Veranstaltung referierten Vertreter des europäischen und deutschen Regelungs- bzw.
Gesetzgebers zu anstehenden legislatorischen Vorhaben und Entwicklungen.
Aufsichtsrat und Hauptversammlung, Corporate
Governance und Reporting, Emittentenleitfaden
der BaFin
Viele weitere Vorträge, die hier aus Platzgründen nicht
en détail referiert werden können, gaben mit teils rechtlichem, teils praktischem Zuschnitt Einblicke in andere
für Aktiengesellschaften relevante Themenkreise, etwa
zur Corporate Governance (Georg Fliß von T-Systems,
betreffend die Umsetzung in einer Konzernstruktur) oder
zur Zukunft des Reporting (Dr. Kay Baden von Kirchhoff
Consult).
Jeroen Hooijer von der Europäischen Kommission stellte deren Vorhaben in den Bereichen Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance vor. Dabei
identifizierte er drei übergreifende Hauptthemen, nämlich die Ermutigung der Aktionäre für ein langfristiges
und nachhaltiges Engagement, die Verbesserung der
Transparenz zwischen Unternehmen und Investoren
sowie die Erleichterung grenzüberschreitender Transaktionen (siehe auch Bremer, NZG 2014, 57).
Unter der Frage „Was kommt in der 18. Wahlperiode?“
gab Prof. Dr. Ulrich Seibert vom BMJ einen Ausblick auf
(mögliche) kommende Entwicklungen in der gesellschaftsrechtlichen, insbesondere der aktienrechtlichen
Gesetzgebung. Danach erscheine ein Aufgreifen der
von manchen geforderten Revision des Beschlussmängelrechts angesichts der Erfolge des ARUG nach wie
vor nicht zwingend erforderlich. Das am Ende der 17. Legislaturperiode gescheiterte VorstKoG (s. dazu Jahn, AG
2013, R291) komme hingegen womöglich in absehbarer Zeit wieder auf die Agenda des Gesetzgebers. Ob
darin auch bislang streitige Themen (wie erwogene Änderungen im UmwG) wieder aufgegriffen werden, sei
derzeit noch offen (s. zum Thema „Managervergütung“
aber inzwischen den Koalitionsvertrag zwischen CDU,
CSU und SPD, S. 17). Gleiches gelte für das Thema
„Frauenquote“ (das inzwischen ebenfalls im Koalitionsvetrag adressiert wurde, vgl. dort S. 102 f., und nach Meldungen in der Tagespresse vom neuen Bundesjustizminister Heiko Maas offenbar zügig vorangetrieben
wird). Neben einem Ausblick auf den Deutschen Juristentag 2014, der sich in der Abteilung Wirtschaftsrecht
des Themas „Reform der Organhaftung“ annehmen
wird (s. dazu Spindler, AG 2013, 889), ging Seibert noch
auf die jüngsten Änderungen des Deutschen Corporate
Governance Kodex ein und berichtete, dass zukünftig
ein verstärkter Dialog zwischen der DCGK-Kommission
und der Bundesregierung stattfinden soll.
Hauptversammlungs- und aufsichtsratsbezogene Fragen nahmen Dr. Dirk Kocher von Latham & Watkins (Aktuelle Entwicklungen beim Aufsichtsrat und Risiken bei
Wahlanfechtungen), Dr. Hans-Ulrich Wilsing von Linklaters (Interessenkonflikte im Aufsichtsrat) und Bernhard
Orlik von Haubrok Corporate Events gemeinsam Dr. Dirk
Besse von Hogan Lovells (Update Hauptversammlung
– Was sind die aktuellen Entwicklungen 2013 und was
wird 2014 relevant?) unter die Lupe. Thomas von Oehsen von Institutional Shareholdes Services widmete sich
der Bedeutung von Stimmrechtsberatern und Corporate Governance für Investoren und Unternehmen, wobei
er vor allem die derzeit zur Diskussion stehenden „Best
Practice Principles for Governance Research Providers“
erläuterte (näher dazu Zetzsche/Preißner, AG 2013,
R356).
Martin Neusüß von der BaFin stellte die überarbeitete
Fassung des Emittentenleitfadens vor und ging auf die
Auswirkungen der kürzlich veröffentlichten Neufassung
der Transparenzrichtlinie ein (ausführlich dazu Parmentier, AG 2014, 15). In der anschließenden Diskussion
wurden aus dem Plenum Stimmen laut, die grundsätzliche Kritik am geltenden Konzept der Beteiligungstransparenz äußerten.
Dr. Bastian Schoppe, AG-Redaktion
3/2014 R30
Börse
Deutsche Börse übernimmt SoftwareAnbieter Impendium Systems
Deutsche Börse Market Data + Services hat Impendium
Systems übernommen, einen in London ansässigen
Anbieter von cloud-basierten Softwarelösungen, die
Kunden bei der Einhaltung aufsichtsrechtlicher Vorschriften in Europa, Nordamerika und der Region AsienPazifik unterstützen. Die Übernahme wurde am
10.1.2014 für einen Euro-Betrag in einstelliger Millionenhöhe abgeschlossen. Die Transaktion ist ein wichtiger
Schritt in Rahmen der Wachstumsstrategie der Deutschen Börse mit dem Ziel, Technologie und Daten aus
einer Hand anzubieten und somit den Anforderungen
der Kunden besser gerecht zu werden.
Elements, die private Cloud-Plattform von Impendium,
ermöglicht Kunden, über eine einzige Produktlösung
zahlreiche Vorschriften verschiedener Rechtsordnungen weltweit einzuhalten. Anders als bei traditionellen
Ansätzen und Anbietern vereint Elements die technischen Aspekte der gängigen internationalen Vorschriften auf einer einzigen Plattform und ermöglicht auf diese Weise eine einfachere und schnellere Einhaltung
derselben. Elements ist eine private Cloud-Lösung, die
ohne Auswirkungen auf die bestehende Handelsinfrastruktur an die spezifischen aufsichtsrechtlichen Meldepflichten eines Kunden angepasst werden kann.
Deutsche Börse integriert die Elements-Plattform in die
bestehenden Datenangebote und stellt sie Kunden zur
Verfügung, die Unterstützung in Zusammenhang mit
der EMIR-Verordnung benötigen. Die Plattform deckt
das gesamte Reporting bei Transaktionen in Einklang
mit der EMIR-Verordnung ab, von der Nutzung von Handelsdaten bis hin zur Meldung an Transaktionsregister.
Unabhängig von EMIR wird die Plattform kontinuierlich
um anfallende, wichtige Vorschriften für Europa und Asien-Pazifik erweitert.
Dr. Stefan Mai, Senior Vice President,
Eurex Frankfurt AG, Frankfurt/M.
Clearstream und Eurex Clearing weiten
ihr Angebot an Collateral-Services aus
Eurex Clearing, Europas führendes Clearinghaus, verfügt seit kurzem auch über einen Link zum Global Liquidity Hub, Clearstreams Triparty-Collateral-ManagementService. Durch diese Anbindung an den internationalen
Zentralverwahrer (ICSD) Clearstream Banking Luxembourg können Eurex Clearing-Teilnehmer zur Absicherung ihrer jeweiligen Risiken Wertpapiersicherheiten in
einem hochautomatisierten und effizienten CollateralUmfeld hinterlegen und nutzen. Dieser neue Service ermöglicht es Clearing-Teilnehmern weiterhin, ihr Sicherheiten-Portfolio im Global Liquidity Hub effizient über verschiedene Gegenparteien und Services hinweg zu bündeln.
Eurex Clearing akzeptiert ein umfassendes Spektrum
an Sicherheiten von weltweit rund 25.000 Wertpapieren.
Clearing-Teilnehmer können Konten für Sicherheitsleistungen bei einem der folgenden Zentralverwahrer (CSD)
unterhalten: Clearstream Banking Frankfurt, SIX Securities Services und Clearstream Banking Luxemburg.
Dr. Stefan Mai, Senior Vice President,
Eurex Frankfurt AG, Frankfurt/M.
Energiebörsen EEX und OMIP
vereinbaren Cross-Listing von
Stromderivaten
Die European Energy Exchange (EEX) und ihre Tochtergesellschaft European Commodity Clearing (ECC) haben mit der portugiesisch-spanischen Energie-Terminbörse OMIP und deren Clearinghaus OMIClear eine Kooperation bei der Trade Registrierung von Stromderivaten – ein sog. Cross-Listing – vereinbart. Im Rahmen des
Cross-Listings werden die deutschen und französischen EEX-Stromderivate bei OMIP/OMIClear sowie die
spanischen OMIP-Stromderivate bei EEX/ECC angeboten. So erhalten die Kunden beider Börsen die Möglichkeit, weitere Stromderivate zum Clearing zu registrieren
und über ihr bevorzugtes Clearinghaus abzuwickeln.
Gemäß der Kooperationsvereinbarung basieren die Angebote der Unternehmen auf den gleichen Abrechnungspreisen für das gleiche Produkt. Die EEX bietet ihren Handelsteilnehmern zunächst die Registrierung von
finanziell erfüllten spanischen (SPEL) Strom-Futures zum
Clearing durch die ECC an. Im Gegenzug werden OMIP
und OMIClear ihrem Teilnehmerkreis die Registrierung
von finanziell erfüllten deutschen Strom-Futures (PhelixFutures) und französischen Strom-Futures (French Financial Futures) ermöglichen. Die Partner haben außerdem eine wechselseitige Unterstützung beim Clearing
und Settlement der registrierten Transaktionen vereinbart.
Die European Energy Exchange (EEX) ist die führende
europäische Energiebörse. Clearing und Abwicklung aller Handelsgeschäfte übernimmt das Clearinghaus European Commodity Clearing (ECC). OMIP betreibt seit
Juli 2006 einen Handelsplatz für Stromderivate der iberischen Halbinsel und bietet Börsenhandel und DatenDienstleistungen für spanische und portugiesische Terminmärkte an. OMIClear betreibt seit Juli 2006 das Clearinghaus für den iberischen Energiemarkt. OMIClear
cleart börslich abgeschlossene Geschäfte an der OMIP
sowie eine Reihe von OTC-gehandelten Produkten wie
Swap- und Forward-Strom-Produkte für Spanien und
Portugal. Seit kurzem bietet OMIClear Clearing und Settlement für Erdgas-Kapazitätsrechte an.
Dipl.-Verw. Wiss. Marianne Gajo, Spaichingen
EEX-Märkte mit starkem Wachstum im
Jahr 2013
Die European Energy Exchange (EEX) hat im vergangenen Jahr die Volumina in allen ihren Handelsmärkten
Fortsetzung auf Seite R31
Heft 3/2014 · 59. Jahrgang · Seite 57
Sabine Canzler / Steffen Hammermaier, Frankfurt a.M.*
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz
durch die Wertpapieraufsicht der BaFin:
Das kapitalmarktrechtliche Bußgeldverfahren
Die Wertpapieraufsicht der BaFin hat im März 2013 im
Rahmen der Veranstaltung „Ahndungspraxis der Wertpapieraufsicht: Einblicke und Ausblicke“ die zehnjährige
Sanktionspraxis des Referats für Ordnungswidrigkeitenverfahren vorgestellt und über ausgewählte sanktionsrechtliche Schwerpunkte berichtet. Der nachfolgende Beitrag nimmt dies zum Anlass, auf einzelne Verfahrensfragen und praxisrelevante Kriterien der Bußgeldzumessung
näher einzugehen und die in der Zwischenzeit von der BaFin veröffentlichten WpHG-Bußgeldleitlinien vorzustellen. Daneben gibt der Beitrag einen kurzen Ausblick auf
das künftige europäische Sanktionsregime am Beispiel
der Reform der Transparenzrichtlinie.
I. Geldbußen als probates Mittel effektiver
Marktaufsicht
1. Hoheitliche Maßnahmen der BaFin im
öffentlichen Interesse
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)1 ist eine selbständige bundesunmittelbare Anstalt des
öffentlichen Rechts mit Dienstsitz in Bonn und Frankfurt a.M.2 Sie gehört zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Sie übt die staatliche Aufsicht
über Banken und Finanzdienstleister, Versicherer und den
Wertpapierhandel aus,3 damit das Vertrauen der Marktteilnehmer in den Kapital- und Wertpapiermarkt erhalten
* Sabine Canzler und Steffen Hammermaier sind Mitarbeiter der BaFin
und im Referat für Ordnungswidrigkeitenverfahren tätig.
1 Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wurde zum
1.5.2002 durch die Zusammenlegung des Bundesaufsichtsamtes für
das Kreditwesen, des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen und des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel gegründet.
2 S. § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 des Gesetzes über die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (FinDAG).
3 Die BaFin beaufsichtigt aktuell rund 1.880 Banken, 680 Finanzdienstleistungsinstitute, etwa 600 Versicherungsunternehmen und
30 Pensionsfonds sowie etwa 5.900 inländische Fonds und 77 Kapitalanlagegesellschaften. Neben der engen Überwachung der Regel-
oder erhöht wird. Die BaFin übt damit eine spezielle Form
staatlicher Wirtschaftsaufsicht aus. Allgemein kann man
sagen, dass es zu den Aufgaben der BaFin gehört, Gefahren vom Kapitalmarkt und dem Finanzplatz Deutschland
im öffentlichen Interesse4 abzuwenden.
Gefahren oder marktschädigenden Verhaltensweisen
kann die BaFin im Rahmen der Solvenz- und Marktaufsicht auf zwei Wegen entgegenwirken. Zum einen kann
im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens angeordnet werden, das beanstandete Verhalten zu beenden. Dazu können
auch Zwangsmittel eingesetzt werden.5 Zum anderen
kann im Wege eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens
eine Geldbuße verhängt werden.
2. Maßnahmen im Geschäftsbereich
Wertpapieraufsicht/Asset-Management
Ordnungswidrigkeitenverfahren werden im Besonderen
im Rahmen der Regulierung des Wertpapiermarktes
durchgeführt, wo seitens der Wertpapieraufsicht, einer der
Geschäftsbereiche der BaFin,6 überwiegend Marktaufsicht ausgeübt wird.7 Im Bereich der Marktaufsicht ist die
Verhängung von Geldbußen die zentrale staatliche Reak-
4
5
6
7
publizitäts- und Ad-hoc-Publizitätspflichten von rund 800 Emittenten, deren Aktien oder Schuldtitel an einem regulierten Markt zum
Handel zugelassen sind, obliegt der BaFin die Beaufsichtigung
sämtlicher Akteure des Kapitalmarkts, insbesondere wenn sie mit regulierten Finanzinstrumenten in Berührung kommen.
Nach § 4 Abs. 4 FinDAG nimmt die BaFin ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahr; s. auch: Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider, 6. Aufl. 2012, Vor § 3 WpHG Rz. 24 f.;
zur Verhängung von Bußgeldern im öffentlichen Interesse z.B.: BRDrucks. 584/10, 20.
Neben den Maßnahmen im Verwaltungsvollstreckungsgesetz finden
ergänzend die Regelungen in § 17 FinDAG Anwendung.
Zur Organisation der BaFin: Organigramm der BaFin (Stand
30.10.2013), abrufbar unter: www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/
DE/Liste/dl_organigramm.html.
Zur Marktaufsicht: Schäfer in Park, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl.
2013, Kapitel 1, Rz. 31; Döhmel in Assmann/Uwe H. Schneider,
6. Aufl. 2012, § 4 WpHG Rz. 3.
58
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
tion, um Fehlentwicklungen auf dem Kapitalmarkt entgegenzuwirken und das Vertrauen der Marktteilnehmer in
die Integrität des Wertpapiermarktes zu erhalten. Andere
Maßnahmen, wie die Abberufung eines Geschäftsleiters
oder der Entzug der Lizenz, kommen im Bereich der
Marktaufsicht hingegen meistenteils nicht in Betracht.
Wo es um die Beaufsichtigung und Kontrolle des gesamten Wertpapiermarktes geht, hat der nationale Gesetzgeber der BaFin zur effektiven Durchsetzung der geschützten Rechtsgüter mit Bußgeldvorschriften explizit erweiterte Sanktionsmechanismen an die Hand gegeben,8 die
über verwaltungsrechtliche Repressalien, die üblicherweise nur gegenüber dem Adressaten konkrete Zielwirkungen entfalten, hinausgehen.
Mit der Verabschiedung bußgeldrechtlicher Sanktionstatbestände kann der Gesetzgeber sowohl der überstaatlichen Empfehlung, die Wertpapieraufsichtsbehörden mit
schlagkräftigen Sanktionsmechanismen zu versehen, um
Fehlverhalten angemessen ahnden zu können,9 Rechnung
tragen als auch den umsetzungspflichtigen europäischen
Rechtsakten anlassbezogen entsprechen10 und dadurch ein
Level Playing Field schaffen.
Die gesetzliche Ahndungsgrundlage delinquenten Kapitalmarktverhaltens schwerpunktmäßig auf Bußgeldvorschriften zu stützen, hat sich dabei für die Wertpapieraufsicht aus regulatorischer Sicht als besonders wirkungsvoll
erwiesen, weil das Ordnungswidrigkeitenrecht die bußgeldrechtliche Ahndung von Unternehmensverbänden ermöglicht11 und mit Bußgeldern gemeinhin zwei anerkannte Wirkungen erzielt werden können. Zum einen dient die
Geldbuße im Ordnungswidrigkeitenrecht der nachdrücklichen Pflichtenermahnung.12 Ahndung hat daher auch im
Bußgeldverfahren eine repressive Funktion, allerdings
ohne den Betroffenen dabei dem Vorwurf inkriminierter,
sozial-unethischer Verhaltensweise auszusetzen.13 Zum
anderen kommt der Ahndung sowohl spezial- als auch generalpräventive Wirkung zu.14 Durch die ahndende Geldbuße erhält der Betroffene einen Tadel, damit die verbind8 Vgl. etwa BR-Drucks. 584/10, 31 ff.; BT-Drucks. 16/2498, 47.
9 IOSCO, Objectives and Principles of Securities Regulation, September 1998, S. 16 f. IOSCO, Objectives and Principles of Securities
Regulation, May 2003, S. 14 f., IOSCO, Objectives and Principles
of Securities Regulation, June 2010, S. 6.
10 Etwa Transparenzrichtlinie 2004/109/EG v. 15.12.2004, ABl. EU
2004 Nr. L 390, 38, Art. 28 Abs. 1 Satz 2; Richtlinie über Märkte für
Finanzinstrumente 2004/39/EG v. 21.4.2004, ABl. EU 2004 Nr. L
145, 1, Art. 51; Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG v. 28.1.2003,
ABl. EU 2003 Nr. L 96, 16, Art. 14; s. beispielsweise auch: Gesetzesbegründung Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BTDrucks. 16/2498, 47.
11 Ausführlich zur selbständigen Verbandsgeldbuße und der Sanktionierung von Verbänden unter II.2.
12 BVerfG v. 16.7.1969 – 2 BvL 2/69, NJW 1969, 1619 (1621).
13 BVerfG v. 4.2.1959 – 1 BvR 197/53, BVerfGE 9, 167 (172); BVerfG
v. 16.7.1969 – 2 BvL 2/69, NJW 1969, 1619 (1622).
14 Mitsch in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, § 17 OWiG Rz. 9 m.w.N.; Gürtler in Göhler, 16. Aufl. 2012, Vor § 1 OWiG Rz. 9; OLG Düsseldorf
v. 3.8.1994 – 2 Ss (OWi) 223/94–78/94 II, MDR 1994, 1237; Mundt,
WuW 5/2007, 458 (462); Canzler/von Buttlar, WpHG-Bußgeldleitlinien, BaFin-Journal, Ausgabe Dezember 2013, S. 15; Dannecker/
Biermann in Immenga/Mestmäcker, 4. Aufl. 2007, § 81 GWB
Rz. 362; Mitsch, Recht der Ordnungswidrigkeiten, 2. Aufl. 2005,
§ 15 Rz. 10.
3/2014
liche Vorschrift nochmals ins Bewusstsein rückt. Die
Ahndung soll darüber hinaus aber auch andere dazu anhalten, die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften einzuhalten und sorgfältig zu beachten. Damit geht ein Präventivzweck einher,15 der im Bereich der Marktaufsicht nutzbar
gemacht werden kann. Die Sorge vor einem Bußgeld soll
gesetzeskonformes Verhalten weitestmöglich sicherstellen sowie Verstößen generell vorbeugen. Dafür muss die
Verfahrensdurchführung gesichert und die ahndende
Geldbuße hinreichend spürbar sein.
Die Wertpapieraufsicht hat es deshalb für zielführend erachtet, mit dem Referat für Ordnungswidrigkeitenverfahren16 eine gesonderte, spezialisierte Organisationseinheit
einzurichten. Dessen Aufgabe ist, die beschriebene Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts innerhalb
der Bundesrepublik Deutschland durch Ahndung mittels
der Verhängung von Geldbußen aufrecht zu erhalten.17
Das BAWe,18 eine der Vorgängerbehörden der BaFin, hatte sich schon nach der Konstituierung im Jahre 1995 entschieden, für die Verfolgung kapitalmarktrechtlicher Verstöße eine spezialisierte Organisationseinheit zu etablieren.19 Aus den genannten Beweggründen wurde das organisatorisch eigenständige Bußgeldreferat auch nach Errichtung der BaFin beibehalten.20
Seit Gründung der BaFin hat das Ordnungswidrigkeitenreferat insgesamt über 4.000 Bußgeldverfahren bearbeitet
und abgeschlossen. Dabei sind in über 1.300 Verfahren
rechtskräftige Geldbußen ausgesprochen worden. Die
Etablierung bußgeldrechtlicher Sanktionsmaßnahmen ist
aber mitnichten als Gegenstrategie zu verwaltungsrecht-
15 Über die Ahndung kapitalmarktrechtlicher Verstöße durch Geldbußen veröffentlicht die Wertpapieraufsicht regelmäßig Statistiken und
anonyme Fallbeschreibungen in den Jahresberichten der BaFin. Die
Berichterstattung über Bußgeldverfahren wird als Teil des präventiven Ansatzes zunehmend eine Ausweitung erfahren. Sowohl die
Veranstaltung „Ahndungspraxis der Wertpapieraufsicht“ am
21.3.2013 als auch dieser Fachbeitrag können als erste Bausteine
dieser Ausweitung gedeutet werden.
16 S. zur Organisation der BaFin: Organigramm der BaFin (Stand
30.10.2013), abrufbar unter: www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/
DE/Liste/dl_organigramm.html.
17 Zur organisatorischen Sanktionszuständigkeit anderer europäischer
Wertpapieraufsichtsbehörden (für die sachliche Sanktionszuständigkeit im Bereich Marktmissbrauch): ESMA, Report: Actual use of
sanctioning powers under MAD, v. 26.4.2012, ESMA 2012/270,
S. 22 f.
18 Weiterführend zum Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel:
BAWe, Jahresbericht 1995, S. 4 ff., abrufbar unter: www.bafin.de/Sh
aredDocs/Downloads/DE/Jahresbericht/dl_jb_1995_bawe.html.
19 Damals noch als Referat I 2 mit der ergänzenden Zuständigkeit für
Rechtsfragen und Widerspruchsverfahren: s. BAWe, Jahresbericht
1995, Organigramm, S. 42; das BAWe hat bereits im Jahr 1995 im
Rahmen der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität in 66 Fällen Verwaltungsverfahren geführt, die insgesamt zu 11 Abgaben an das Bußgeldreferat führten. Hinsichtlich der wertpapierrechtlichen Mitteilungs- und
Veröffentlichungspflichten wurden im Jahr 1995 bereits 74 Bußgeldverfahren eingeleitet. Die erste diesbezügliche Geldbuße wurde im
Januar 1996 verhängt. Zur weiteren Entwicklung der Bußgeldverfahren in der ersten Jahreshälfte 1996: BAWe, Jahresbericht 1995,
Statistik, S. 46 f.; Gesamtübersicht zu den Bußgeldverfahren 1995–
2000: BAWe, Jahresbericht 2000, S. 51.
20 Organisatorisch ist das Bußgeldreferat seit Gründung der BaFin der
Abteilung WA 1 des Geschäftsbereichs Wertpapieraufsicht/Assetmanagement, die u.a. für Grundsatzfragen der Wertpapieraufsicht
zuständig ist, zugeordnet.
3/2014
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
lichen Maßnahmen, sondern als deren Ergänzung zu begreifen. Bußgeld- und Verwaltungsmaßnamen stehen im
Bereich der Wertpapieraufsicht schon wegen der unterschiedlichen Zielwirkungen keineswegs in einem Alternativverhältnis zueinander.21 Nicht entweder oder, sondern sowohl Verwaltungs- als auch Bußgeldverfahren ist
das strategische Leitprinzip effektiver staatlicher Aufsichtstätigkeit, mit dem die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts weitestgehend gewahrt werden kann.
3. Das Bußgeldreferat als unabhängige
Organisationseinheit
Entschließt sich die BaFin dazu, kapitalmarktrechtliche
Delikte in ihrer funktionalen Zuständigkeit gem. § 35
Abs. 1 OWiG zu verfolgen, hat sie dieselben Rechte und
Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung
von Straftaten. In gewissem Maße lässt sich vertreten,
dass sie gleichsam in die Rolle der Staatsanwaltschaft einrückt.22 Für das gesamte kapitalmarktrechtliche Bußgeldverfahren gelten damit tendenziell die gleichen strikten
Verfahrensmaximen, die auch im Strafverfahren gelten.23
Daher hat die Wertpapieraufsicht sichergestellt, dass
Maßnahmen der Fachreferate im Rahmen der Überwachungstätigkeit der wertpapierrechtlichen Ge- und Verbote gem. § 4 WpHG, welche grundsätzlich keiner spezifischen Form unterliegen,24 von der Aufgabe, wertpapierrechtliche Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen und zu
ahnden, organisatorisch und funktional getrennt sind.25
Das wertpapierrechtliche Bußgeldverfahren muss schon
wegen des Verbots der Rollenvertauschung26 außerhalb
des Überwachungsverfahrens und der Nähe zum Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ablaufen.27 Funktional wird
die Trennung innerhalb der Wertpapieraufsicht dadurch
erreicht, dass Ordnungswidrigkeitenverfahren, welche
die Ahndung tatbestandlicher, rechtswidriger und vorwerfbarer Normverletzungen mit Geldbuße zum Gegenstand haben,28 nach der Geschäftsverteilung ausschließlich seitens des spezialisierten Bußgeldreferats eingeleitet, verfolgt, mit Bußgeldbescheid abgeschlossen oder
eingestellt werden. Organisatorisch vollzieht sich die
Funktionstrennung, in dem die Fachreferate der Wertpapieraufsicht, die jeweils für bestimmte wertpapierrechtliche Pflichten oder Unternehmen zuständig sind, die im
21 S. etwa: BaFin, Jahresbericht 2012, Veröffentlichung von Finanzberichten, S. 201, 202.
22 Lampe in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, § 46 OWiG Rz. 5.
23 S. dazu: Seitz in Göhler, 16. Aufl. 2012, § 46 OwiG Rz. 9 ff.; Lampe
in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, § 46 OWiG Rz. 4 ff.
24 Vgl. § 10 VwVfG.
25 Vogel in Assmann/Uwe H. Schneider, 6. Aufl. 2012, § 40 WpHG
Rz. 8 f.; Im Verwaltungsverfahren kommt es anders als im selbständigen Bußgeldverfahren bereits nicht darauf an, ob ein Mitarbeiter
oder eine Führungsperson für das Unternehmen handelt, weil die
Handlung ohne weitere Voraussetzung dem Unternehmen als
Rechtsträger zugerechnet werden kann.
26 Vogel in Assmann/Uwe H. Schneider, 6. Aufl. 2012, § 40 WpHG
Rz. 9.
27 S. auch § 2 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG.
28 Vgl. § 1 Abs. 1 OWiG.
59
Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit festgestellten objektiven
Verstöße gegen bußgeldbewehrte Vorschriften an das
Ordnungswidrigkeitenreferat zur Würdigung unter bußgeldrechtlichen Aspekten abgeben können, wenn ein
möglicher Anfangsverdacht für die Begehung einer Ordnungswidrigkeit besteht. Der objektive Anfangsverdacht
für die potentielle Begehung von Ordnungswidrigkeiten
wird insofern durch die jeweiligen Fachreferate im Rahmen der Marktaufsichtstätigkeit festgestellt. Folge der
funktional-organisatorischen Trennung ist, dass die Verfolgung wertpapierrechtlicher Verstöße durch das Bußgeldreferat von dem jeweiligen Abgabegebaren der einzelnen Fachreferate abhängt (vgl. Abb. 1).
586
472
416
390
299
2008
2009
2010
2011
2012
Abb. 1: Absolute Anzahl der Abgaben der Fachbereiche an das Bußgeldreferat nach Kalenderjahren
Die mit der abteilungsübergreifenden Abgabebasis einhergehende Vielfalt der zu bearbeitenden Vorschriften
verlangt den derzeit 27 Mitarbeitern des Bußgeldreferats
einen sehr hohen Wissens- und Detaillierungsgrad ab.29
Damit ein gleichbleibend hoher Verfahrens- und Qualitätsstandard erreicht wird, werden sämtliche Entscheidungen im Zuge eines internen Kontrollsystems (IKS) nochmals durch einen zweiten Mitarbeiter überprüft. Neben
dem internen Kontrollsystem tragen auch obligatorische
Bußgeldbesprechungen dazu bei, objektive und schuldangemessene Entscheidungen herbeizuführen.30
29 Annähernd 90 % der Mitarbeiter im Referat haben einen rechtsoder wirtschaftswissenschaftlichen Hochschul- oder Universitätsabschluss.
30 An Bußgeldbesprechungen, in denen die fallverantwortlichen Mitarbeiter ihre rechtliche Würdigung darstellen und am Ende eine Kollegialentscheidung herbeigeführt wird, müssen mindestens drei Mitglieder des Bußgeldreferates teilnehmen.
60
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
Sowohl die finale Entscheidungsfindung im Kollegialgremium als auch das IKS-System gewährleisten, dass objektive und damit einhergehend unabhängige Bußgeldentscheidungen getroffen werden.
4. Sachliche Zuständigkeit und Schwerpunktsetzungen der Wertpapieraufsicht
3/2014
den Hauptanteil der bußgeldrechtlichen Fallbearbeitung
des Referats.
Differenzierter betrachtet, lassen sich die Verfahren betreffend wertpapierhandelsrechtlicher Delikte hinsichtlich der Normadressaten wie folgt kategorisieren:
a) Emittenten gem. § 2 Abs. 6 WpHG, für die die
Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, und Inlandsemittenten gem.
§ 2 Abs. 7 WpHG
Abb. 2: Absolute Zahl der abgeschlossenen Verfahren nach Gesetzen
einschließlich prozentualer Verteilung von 2002 bis 2012
Das spezialisierte Bußgeldreferat der Wertpapieraufsicht
ist originär für die Verfolgung (§ 35 Abs. 1 OWiG) und
Ahndung (§ 35 Abs. 2 OWiG) sämtlicher Ordnungswidrigkeitentatbestände zuständig, die das zum Bundesrecht
zählende Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG) bzw. das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG), das Investmentgesetz (InvG)
bzw. das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und das Kreditwesengesetz (KWG), soweit dem Geschäftsbereich
Wertpapieraufsicht/Asset Management zuzurechnen, benennen.31 Das spezialisierte Bußgeldreferat ist ferner generell für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach
dem Kreditwesengesetz, Versicherungsaufsichtsgesetz
(VAG) und Betriebsrentengesetz (BetrAVG) zuständig,
wenn gegen einen Bußgeldbescheid der Geschäftsbereiche Banken- oder Versicherungsaufsicht Einspruch eingelegt worden ist.32 Neben Zuwiderhandlungen gegen das
WpÜG33 bilden Verstöße gegen Bußgeldtatbestände des
WpHG34 – wie in Abb. 2 veranschaulicht ist – mit Abstand
Die Definition des Emittenten mit dem Herkunftsstaat
Bundesrepublik Deutschland und darauf aufbauend die
Definition des Inlandsemittenten35 ist von besonderer Bedeutung, weil im WpHG zahlreiche Pflichten an diese Terminologien anknüpfen. Bereits mit dem Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz mit Wirkung zum 20.1.200736 ist
der Adressatenkreis der Emittenten und Inlandsemittenten als neuer Anknüpfungspunkt37 in das WpHG eingefügt
worden. Somit rekurriert das WpHG über die Emittentenbegriffe die wesentlichen Informations-, Mitteilungs- und
Veröffentlichungspflichten. Als elementare Vorschriften
sind zu nennen: § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG betreffend die
Ad-hoc-Publizitätspflicht, §§ 26, 26a WpHG betreffend
die Veröffentlichungspflichten hinsichtlich bedeutender
Stimmrechtsanteile durch Inlandsemittenten sowie die Finanzberichterstattungspflichten gem. §§ 37v ff. WpHG.
Auch die sog. Zulassungsfolgepflichten gem. §§ 30a ff.
WpHG gehören dazu. Diese richten sich gesondert an börsennotierte Aktiengesellschaften, deren Aktien oder
Schuldtitel gem. §§ 32 ff. Börsengesetz zum Handel an
einem inländischen organisierten Markt i.S.v. § 2 Abs. 5
WpHG, etwa im Prime Standard am Regulierten Markt an
der Wertpapierbörse in Frankfurt,38 zugelassen sind.
Bußgeldvorschriften, die diesen elementaren marktbezogenen Informationspflichten39 flankierend zur Seite stehen40 und im Wesentlichen als Blankettnormen ausgestaltet sind,41 können – bereits präventiv – der Sicherung gesetzlicher Transparenzpflichten und damit der Verbesserung und Erhaltung der Kapitalallokation, dem Anleger-
35
36
31 Gemäß § 40 WpHG, § 61 WpÜG, § 35 Abs. 4 WpPG, § 17 Abs. 4
VerkProspG, 29 Abs. 4 VermAnlG, § 143 Abs. 6 InvG, § 340 Abs. 6
KAGB, § 145a VAG, § 60 KWG und § 12 Abs. 3 BetrAVG ist die
BaFin als sachlich zuständige Verwaltungsbehörde i.S.d. § 36 Abs. 1
Nr. 1 OWiG für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten zuständig; s. dazu auch R. Becker in Habersack/Mülbert/
Schlitt, Hdb. der Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 26
Rz. 6; Altenhain in KölnKomm/WpHG, 2007, § 40 WpHG Rz. 1.
32 Mit Ausnahme von solchen Verfahren der Abteilungen Geldwäsche
und Q 3.
33 Als Ahndungsschwerpunkte sind hinsichtlich der Bieterpflichten
Verstöße gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG sowie bezüglich der Zielgesellschaft Zuwiderhandlungen gegen § 27 Abs. 3 Satz 1 WpÜG
zu nennen.
34 Zu den Bußgeldvorschriften des WpHG im Einzelnen: R. Becker in
37
38
39
40
41
Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. der Kapitalmarktinformation,
2. Aufl. 2013, § 26 Rz. 63 ff.
Zur Definition und zum Prüfungsschemata: BaFin, Emittentenleitfaden, 4. Aufl. 2013, IV.2.1.1, S. 45 ff.
Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz v. 5.1.2007, BGBl. I 2007,
10 (Nr. 1).
Anknüpfungspunkt ist der Sitz des Emittenten (Herkunftslandprinzip), im Gegensatz zur vormaligen Regelung, wo die Zulassung zu
einer inländischen Börse ausschlaggebend war.
Die Zulassung zum Prime Standard an der Frankfurter Wertpapierbörse ist auch Grundvoraussetzung für die Aufnahme eines Emittenten in die Auswahlindizes DAX, MDAX, TecDAX und SDAX.
Zu den marktbezogenen Informationspflichten: Möllers/Poppele,
ZGR 2013, 437 (440) m.w.N.
R. Becker in Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. der Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 26 Rz. 2.
Zu den Blankettvorschriften weiterführend: Dannecker/Biermann in
Immenga/Mestmäcker, 4. Aufl. 2007, Vorbemerkung vor § 81 GWB
Rz. 36 f.; R. Becker in Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. der Kapitalmarktinformation, 2. Aufl. 2013, § 26 Rz. 4; Waßmer in Fuchs,
2009, Vor §§ 38–40b WpHG Rz. 10 f.
3/2014
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
schutz sowie der Erhöhung der Markteffizienz dienen.42
Bußgeldern soll die Funktion zukommen, aufgrund der
abschreckenden Wirkung Verstößen gegen die geschützten Rechtsgüter effektiv vorbeugen zu können.43 Der
Schutzcharakter von Bußgeldtatbeständen tritt zutage,
wenn Aktionäre und Gläubiger hinsichtlich ihrer Mitgliedschaftsrechte erheblich verspätet oder gar nicht informiert werden. Ahndende Geldbußen dienen dann dazu,
durch monetären Pflichtenappell die Einübung wertpapierrechtlicher Normanerkennung zu erreichen. Dafür
müssen sie wirksam, verhältnismäßig und abschreckend
sein.44 Dem liegt insbesondere die Überlegung zugrunde,
dass die Befolgung der wertpapierrechtlichen Pflichten
die Schaffung eines angemessenen Maßes an Transparenz
für die Anleger und Marktteilnehmer durch rechtzeitige
und standardisierte Veröffentlichungen bewirkt, dadurch
das Vertrauen der Anleger und Marktteilnehmer in das
Funktionieren des Kapitalmarktes gestärkt und schließlich die Investitionsbereitschaft gefördert wird.45 Neben
der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts46
ist durch die flankierenden Bußgeldtatbestände somit
auch der Schutz der Marktteilnehmer einschließlich der
Aktionäre bezweckt.47
Bei der Ahndung elementarer Pflichtenverstöße, wie der
Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht gem. § 15
Abs. 1 Satz 1 WpHG, waren daher zuletzt Geldbußen gegen Unternehmen im sechsstelligen Bereich keine Seltenheit. Tendenziell lagen Geldbußen, die gegen Aktiengesellschaften infolge von Zuwiderhandlungen gegen Regelpublizitätspflichten gem. §§ 37v ff. WpHG in den vergangenen Kalenderjahren verhängt wurden, durchweg im
hohen fünfstelligen oder gar sechsstelligen Bereich.48
b) Wertpapierdienstleistungsunternehmen
Die Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten
des 6. Abschnitts des WpHG sowie §§ 9, 10 WpHG sind
des Weiteren von Interesse, weil sie als Normadressat
verpflichten.
Wertpapierdienstleistungsunternehmen49
Die Vorschriften der §§ 31 ff. WpHG dienen sowohl dem
öffentlichen Interesse an der Funktionsfähigkeit des Wertpapiermarkts50 als auch dem individuellen Schutz der
Wertpapierkunden.51 Sie gehören zum ius cogens und
42 Zimmer/Cloppenburg in Schwark/Zimmer, KapitalmarktrechtsKommentar, 4. Aufl. 2010, § 38 WpHG Rz. 1.
43 BT-Drucks. 16/2498, 47; für das Kartellrecht: Mundt, WuW 5/2007,
458 (462).
44 Transparenzrichtlinie 2004/109/EG v. 15.12.2004, ABl. EU 2004
Nr. L 390, 38, Art. 28 Abs. 1 Satz 2.
45 Vgl. Erwägungsgrund (1), Transparenzrichtlinie 2004/109/EG v.
15.12.2004, ABl. EU 2004 Nr. L 390, 38; BT-Drucks. 16/2498, 26
(Begründung Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz).
46 Zum Regelungsziel des kapitalmarktrechtlichen Funktionsschutzes:
Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217 (220).
47 BT-Drucks. 16/2498, 26; s. zur Ausweitung der bußgeldrechtlichen
Sanktionsbefugnisse unter V.
48 S. BaFin, Jahresbericht 2012, Bußgeldverfahren, S. 208, 209.
49 Wertpapierdienstleistungsunternehmen i.S.d. § 2 Abs. 4 WpHG
sind: Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und nach § 53
Abs. 1 Satz 1 des KWG tätige Unternehmen, die gewerbsmäßig
Wertpapierdienstleistungen erbringen.
50 Zu den drei Teilaspekten der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts:
Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217 (220).
61
können aufgrund des öffentlich-rechtlichen Normcharakters weder individualvertraglich noch durch Allgemeine
Geschäftsbedingungen abbedungen werden.52
Die Sachlage, dass bei Wertpapierdienstleistungen, insbesondere bei Anlageberatungen, unter Umständen Informationsasymmetrien und komplexe Sachverhalte vorherrschen,53 die für viele Anleger nicht hinreichend erkennbar sind, darf nicht unbillig zu Lasten von Anlegern,
die bei Anlageentscheidungen auf die Hilfestellung eines
vertrauenswürdigen Finanzintermediärs angewiesen
sind,54 ausgenutzt werden können.55 Probate Bußgelddrohungen, welche die funktions- und anlegerschützenden
Vorschriften der §§ 31 ff. WpHG sanktionsrechtlich flankieren, sollen schädigenden Verhaltensweisen entgegenwirken. Hoheitliche Ahndung von Fehlverhalten bringt
insofern – bereits präventiv – zum Ausdruck, dass Wertpapierdienstleistungen (§ 2 Abs. 3 WpHG) und Wertpapiernebendienstleistungen (§ 2 Abs. 3a WpHG) weitestgehend ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse der Kunden56 ausgeführt werden müssen
und diesbezügliche Pflichtverletzungen mitnichten tolerabel sind. Damit wird dem gesetzgeberischen Mandant,
die Möglichkeit der bußgeldrechtlichen Ahndung zu nutzen, um Pflichtverletzungen wie Falschberatung entgegenzuwirken,57 entsprochen.
Die derzeitigen Ahndungsschwerpunkte liegen insoweit
im Bereich der Beratungsprotokolle gem. § 34 Abs. 2a
WpHG i.V.m. § 14 Abs. 6 WpDVerOV. Seit Einführung
der Pflicht hat das Bußgeldreferat bisher in sieben Verfahrenskomplexen rechtskräftige Bußgelder verhängt. In diesen Verfahren sind bei Anlageberatungen mit Privatkunden Protokolle überhaupt nicht, unrichtig oder nur unvoll51 Erwägungsgrund (31, 44), Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente 2004/39/EG v. 21.4.2004, ABl. EU Nr. L 145 v. 30.4.2004;
BT-Drucks. 17/3628, 17; Fuchs in Fuchs, 2009, Vor §§ 31–37a
WpHG Rz. 51 f.; Koller in Assmann/Uwe H. Schneider, 6. Aufl.
2012, Vor § 31 WpHG Rz. 3; Möllers in KölnKomm/WpHG, 2007,
§ 31 WpHG Rz. 4; Der Anlegerschutz wird durch die BaFin nicht
im Wege der Durchsetzung individueller Ansprüche, sondern im öffentlichen Interesse durch die Aufsicht über den Markt und insbesondere über die Marktteilnehmer und deren Verhalten, ggf. durch
angemessene Sanktionierung von Fehlverhalten, verfolgt; zum öffentlich-rechtlichen Charakter der §§ 31 ff. WpHG, der Ausstrahlungswirkung auf das Zivilrecht und zum Schutzgesetzcharakter der
§§ 31 ff. WpHG i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB: BGH v. 17.9.2013 – XI
ZR 332/12, DB 2013, 2385 = AG 2013, 803; zu den theoretischen
Prämissen und den diskutierten legislativen Instrumenten des Anlegerschutzes: Langenbucher, ZHR 177 (2013), 679.
52 Möllers in KölnKomm/WpHG, 2007, § 31 WpHG Rz. 11 m.w.N.
53 S. etwa Wissenschaftliche Studie im Auftrag des BMELV, Messung
des Kundennutzens in der Anlageberatung, Version v. 15.12.2011,
S. 28 ff.
54 Wissenschaftliche Studie im Auftrag des BMELV, Messung des
Kundennutzens in der Anlageberatung, Version vom 15.12.2011,
S. 30 ff.
55 § 33 Abs. 1 WpHG i.V.m. § 31 Abs. 1 WpHG; dazu auch: Fuchs in
Fuchs, 2009, § 31 WpHG Rz. 11; zum Anlegerleitbild bei Wertpapierdienstleistungen: Möllers/Poppele, ZGR, 2013, 437 (445 f., 448,
476).
56 Vgl. Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente 2004/39/EG v.
21.4.2004, ABl. EU Nr. L 145 v. 30.4.2004, Art. 19 Abs. 1; dazu gehört auch die Verpflichtung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Interessenskonflikte, die die Kundeninteressen erheblich beeinträchtigen, zu vermeiden oder ggf. darzulegen.
57 BR-Drucks. 584/10, 2; BT-Drucks. 17/3628, 2.
62
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
ständig erstellt sowie Kunden vor Geschäftsabschluss keine Ausfertigungen der Protokolle zur Verfügung gestellt
worden.
Als punctum saliens haben sich in der Vergangenheit auch
Ahndungen – u.a. gegenüber großen Privatbanken – wegen Zuwiderhandlungen gegen das Cold-Calling-Verbot58
herauskristallisiert. Das Bußgeldreferat hat dabei auch
Gewinne, die durch unlautere Akquisition erzielt wurden,
abgeschöpft.
Insgesamt ist bezüglich der Verhaltenspflichten, Organisations- und Transparenzpflichten des 6. Abschnitts des
WpHG weiterhin mit vermehrten Abgaben der Fachbereiche zu rechnen, weil die systemische Stärkung des Anlegerschutzes nach dem Willen des Gesetzgebers – expressis verbis – auch gegebenenfalls mittels der Verhängung
von bußgeldrechtlichen Sanktionen erfolgen soll.59
c) Jedermanndelikte
Im WpHG gibt es nicht nur Sonderdelikte, die sich als
Normadressaten ausschließlich an Inlandsemittenten,
Emittenten oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen
richten, sondern auch eine Reihe von Allgemeindelikten,
deren herausragende Bedeutung in der bußgeldrechtlichen Praxis kaum genug betont werden kann. Dementsprechend machen die wertpapierrechtlichen Allgemeindelikte, zumal sie gewichtige Rechtsgüter schützen, einen
beträchtlichen Anteil der geahndeten Verstöße aus. Berechtigterweise können die Allgemeindelikte des WpHG,
die straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlich von jedermann verwirklicht werden können, daher systematisch in
einer eigenen Kategorie zusammengezogen werden. Zu
nennen sind: Die Verbote bezüglich des Insiderhandels,
der Weitergabe von Insiderinformationen oder der Empfehlung von Insiderpapieren (§ 14 WpHG), das Marktmanipulationsverbot (§ 20a WpHG), das Verbot der ungedeckten Leerverkäufe (§ 30h WpHG) und die Mitteilungspflichten über bedeutende Stimmrechte gem.
§§ 21 ff. WpHG sowie für Inhaber von Netto-Leerverkaufspositionen (§ 30i WpHG, NLPosV).
Die Vorschriften zur Bekämpfung von Insidergeschäften
haben dasselbe Ziel wie die Vorschriften zur Bekämpfung
von Marktmanipulation, nämlich die Integrität der Finanzmärkte der Gemeinschaft sicherzustellen und das
Vertrauen der Anleger in diese Märkte zu stärken.60 Auch
über die Vorschriften bezüglich der Mitteilungspflichten
gem. §§ 21 ff. WpHG soll der Anlegerschutz verbessert,
das Vertrauen der Anleger in die Wertpapiermärkte ge58 Vgl. Allgemeinverfügung des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel gem. § 36 Abs. 1 und Abs. 2 bezüglich der Werbung in
Form des „cold calling“ v. 27.7.1999, BAnz. Nr. 149 v. 12.8.1999,
S. 13518, auch abrufbar unter: http://www.bafin.de/SharedDocs/Auf
sichtsrecht/DE/Verfuegung/vf_990727_coldcalling.html; zum Verbot des „cold calling“: BAWe, Jahresbericht 1999, S. 13 f.
59 Vgl. etwa BR-Drucks. 584/10, 20, 31 ff.; BT-Drucks. 17/3628, 17,
24.
60 Vgl. Erwägungsgrund (12), Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG
v. 28.1.2003, ABl. EU Nr. L 96 v. 12.4.2003, 16; BT-Drucks. 15/
3174, 1, 26; zum Schutzzweck der Insiderhandelsverbotstatbestände: Caspari, ZGR 1994, 530 (532 f.).
3/2014
stärkt und somit ein Beitrag zur Funktionsfähigkeit der
Märkte geleistet werden.61 Die Informationen über bedeutende Stimmrechte gem. §§ 21 ff. WpHG bezwecken zudem, durch entsprechende Transparenz dem Missbrauch
von Insiderinformationen entgegenzuwirken62 und den
verdeckten, intransparenten Aufbau wesentlicher Beteiligungen mit dem Ziel der Übernahme, das sog. Anschleichen, zu verhindern.63 Über die rein kapitalmarktrechtlichen Zwecke hinaus kommen den §§ 21 ff. WpHG auch
bedeutsame ordnungspolitische und gesellschaftsrechtliche Funktionen zu.64 Die erhebliche Bedeutung der geschützten Rechtsgüter ist auch seitens des nationalen Gesetzgebers nochmals mit der Verfünffachung des Bußgeldrahmens auf 1 Mio. c je Verstoß zum 8.4.201165 hervorgehoben worden. Es nimmt daher nicht wunder, dass
die Verletzung von Vorschriften betreffend §§ 21 ff.
WpHG – auch zahlenmäßig – zu den Hauptaufgaben des
Bußgeldreferats gehört66 und im Schwerpunkt bearbeitet
werden. Das Bußgeldreferat hat im Kalenderjahr 2013 in
über 50 Verfahren Geldbußen wegen Verstößen gegen die
Vorschriften der §§ 21 ff. WpHG rechtskräftig festgesetzt. Im besagten Jahr wurden Höchstgeldbußen von
220.000 c gegen Unternehmen und rund 60.000 c gegenüber natürlichen Personen ausgesprochen.
Eine weitere Schwerpunktsetzung betrifft Fälle von
Marktmissbrauch. Auch marktmissbräuchlichen Verhaltensweisen kann mit Bußgeldern von derzeit bis zu
1 Mio. c begegnet werden.67 In der Fallbearbeitung bilden
Verstöße gegen das Verbot der Marktmanipulation gem.
§ 20a WpHG, insbesondere gegen das Verbot der handelsoder preisgestützten Manipulation gem. § 20a Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 WpHG i.V.m. § 3 MaKonV,68 eine zunehmend gewichtigere Rolle.
II. Das kapitalmarktrechtliche Bußgeldverfahren
der Wertpapieraufsicht
1. Grundzüge des Verfahrens
a) Einleitung des Bußgeldverfahrens
Die Abgabe eines Anfangsverdachts an das Bußgeldreferat ist nicht mit der Einleitung eines Bußgeldverfahrens
61 Vgl. Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, 6. Aufl.
2012, Vor § 21 WpHG Rz. 18 f.; Dehlinger/Zimmermann in Fuchs,
2009, Vor §§ 21–30 WpHG Rz. 15.
62 Caspari, ZGR 1994, 530 (542, 543).
63 BT-Drucks. 17/4710, 2; BR-Drucks. 584/10, 1; BT-Drucks. 16/
2498, 28.
64 Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, 6. Aufl. 2012,
Vor § 21 WpHG Rz. 25 ff.
65 Durch Art. 1 des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes v. 5.4.2011 (BGBl. I 2011, 538 – Nr. 14) trat mit Wirkung zum
8.4.2011 eine neue Fassung des § 39 Abs. 4 WpHG in Kraft. Zuwiderhandlungen gegen §§ 21 ff. WpHG können in der neuen Fassung
des 39 Abs. 4 WpHG bei vorsätzlicher Tatbegehung mit einer Geldbuße von jeweils bis zu 1 Mio. c und bei leichtfertiger Tatbegehung
mit bis zu 500.000 c (§ 17 Abs. 2 OWiG) geahndet werden (§ 39
Abs. 4 Alt. 1 WpHG).
66 S. auch BaFin, Jahresbericht 2012, S. 208.
67 S. § 39 Abs. 4 Alt. 1 WpHG i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 2
Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 11 WpHG.
68 Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung v. 1.3.2005,
BGBl. I 2005, 515, zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes v.
7.5.2013 (BGBl. I 2013, 1162).
3/2014
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
gleichzusetzen. Über die Einleitung eines Bußgeldverfahrens entscheidet das Bußgeldreferat nach pflichtgemäßem
Ermessen, nach dem es den Sachverhalt einer eigenen
rechtlichen Würdigung unterzogen und gegebenenfalls in
der Angelegenheit eigene Ermittlungen durchgeführt hat
und die Verfolgung danach für opportun hält.69 Das heißt,
selbst wenn es den Anfangsverdacht für das Vorliegen
einer Ordnungswidrigkeit für hinreichend gegeben hält,
ist es anders als im Strafverfahren, wo das Legalitätsprinzip gilt (§ 152 Abs. 2 StPO), nicht grundsätzlich zur Einleitung eines Bußgeldverfahrens beziehungsweise zur
Verfolgung oder Ahndung eines Verstoßes verpflichtet.70
Wenn die Verfolgung eines kapitalmarktrechtlichen Verstoßes jedoch unter Zweckmäßigkeitserwägungen geboten ist,71 wird das Verfahren im Wege eines förmlichen
Einleitungsvermerkes eingeleitet. Zusammentreffend mit
der Unterzeichnung der Verfügung des Vermerks zur Einleitung des Verfahrens wird in der Regel auch die Anhörung des Betroffenen angeordnet und damit die Verfolgungsverjährung unterbrochen.72 Mit der Anhörung erhält
der Betroffenen Gelegenheit, sich gegen den Verdacht der
Begehung einer Ordnungswidrigkeit zu verteidigen73 und
im Zuge der Wahrheitsermittlung Ausführungen zu dem
festgestellten Sachverhalt zu tätigen. Üblicherweise beauftragen die Betroffenen nach der Bekanntgabe der Einleitung des Verfahrens einen Verteidiger, der die Interessen des Betroffenen gegenüber dem Bußgeldreferat in den
Verfahren übernimmt, Anträge auf Akteneinsicht stellt
und die weitere Korrespondenz tätigt.
b) Ermittlungsmaßnahmen
Die strafprozessualen Eingriffsbefugnisse sind im Bußgeldverfahren tendenziell restriktiver von den Verwaltungsbehörden auszuüben,74 weil schon der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine sorgsame Abwägung von Mittel
und Zweck, Anlass und Wirkung, Methode und Ziel verlangt.75 Um Fehlentwicklungen auf dem Kapitalmarkt
vorzubeugen, das Vertrauen der Marktteilnehmer in die
Integrität des Wertpapiermarktes und den Schutz der
Marktteilnehmer zu gewährleisten sowie Schäden für die
nationale Volkswirtschaft abzuwenden, müssen Verstöße
im Interesse der geschützten Rechtsgüter wirksam durch
die BaFin verfolgt werden können, was insbesondere auch
69 Ausführlich zum Bußgeldverfahren der BaFin: F. Becker/Hammes,
Bußgeldpraxis, BaFin-Journal, Ausgabe März 2013, S. 22 ff., s.
auch: BaFin, Jahresbericht 2012, S. 209.
70 Das Opportunitätsprinzip nach § 47 Abs. 1 Satz 1 OWiG gilt für das
gesamte Bußgeldverfahren und erstreckt sich auch den Umfang der
Verfolgung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht sowie auf
Durchführung von Ermittlungsmaßen, wie Zeugenvernehmungen,
und die Einstellung des Verfahrens nach § 47 Abs. 1 Satz 2 OWiG;
zur Reichweite der Opportunität: Bohnert in KK/OWiG, 3. Aufl.
2006, § 47 OWiG Rz. 3.
71 Dazu Seitz in Göhler, 16. Aufl. 2012, § 47 OWiG Rz. 3.
72 Vgl. § 33 Abs. 1 Satz 2 OWiG i.V.m. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
OWiG.
73 Wahrung des rechtlichen Gehörs i.S.d. §§ 46 Abs. 1, Abs. 2 OWiG
i.V.m. §§ 163a Abs. 3 Satz 2, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO.
74 Lampe in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, § 46 OWiG Rz. 13.
75 BVerfG v. 14.11.1969 – 1 BvR 253/68, BVerfGE 27, 211 (219) =
NJW 1970, 505 (506); Lampe in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, § 46
OWiG Rz. 12.
63
dem gesetzgeberischen Mandat entspricht.76 Durchweg
lässt sich daher sagen, dass bei kapitalmarktrechtlichen
Ordnungswidrigkeiten, die gemeinhin das Potential hoher
Gemeinschädlichkeit bergen, auch aufwendige und in die
Rechte des Betroffenen erheblich eingreifende Ermittlungsmaßnahmen verhältnismäßig sein können.77 In der
Mehrzahl der Fälle werden im Verlauf des Verfahrens
staatsanwaltschaftliche Befugnisse, die das Referat im
Rahmen der Ermittlungen ausüben darf, daher auch ausgeübt. Vermeintlich entlastende Umstände, die Verteidiger in den Einlassungsschriftsätzen noch vorbringen, lassen sich nach Zeugenvernehmungen und behördlichen
Auskunftsersuchen oftmals widerlegen oder stellen sich
als gegenstandslos dar. Beweismittel können bei schwerwiegenden Verstößen auch mittels Durchsuchungen bei
betroffenen natürlichen Personen und Unternehmen sichergestellt werden. Das Bußgeldreferat arbeitet im Rahmen der Bußgeldverfahren auch mit Wertpapieraufsichtsbehörden anderer Nationen zusammen, wenn ein ausländischer Unternehmensträger oder eine ausländische natürliche Person Betroffener des Verfahrens ist.
Da die Mitarbeiter des Referates den abgegebenen Sachverhalt – entsprechend der richterlichen Kognitionspflicht
– in der Regel auch im Bußgeldverfahren unter sämtlichen
rechtlichen Belangen prüfen, können sich im Rahmen der
Ermittlungen durchaus Anhaltspunkte für die Verwirklichung einer Straftat ergeben. Dann wird das Verfahren an
die zuständige Staatsanwaltschaft zur weiteren Bearbeitung abgegeben. Straftaten, die im Zuge der bußgeldrechtlichen Ermittlungen immer wieder zu Tage treten, sind typischerweise Insiderhandels- und Marktmanipulationsdelikte, gelegentlich auch Verdachtsmomente wegen Kapitalanlagebetrug gem. § 264a StGB, Insolvenzverschleppung nach § 15 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 InsO oder wegen
strafbewehrten Pflichtverletzungen des Vorstands bei Verlust, Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit nach
§ 401 AktG i.V.m. § 92 Abs. 1 AktG.
Ermittlungsmaßnahmen werden aber nicht nur zu Lasten
des Betroffenen durchgeführt. Die objektive Bearbeitung
der Bußgeldverfahren und die allumfassenden Aufklärungspflichten78 haben zur Folge, dass bereits von Amts
wegen nicht nur belastende, sondern weitestgehend auch
entlastende Umstände zu ermitteln und zu berücksichtigen sind.79
c) Ahndung
Hat sich der Vorwurf sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht manifestiert und ist eine rechtswidrige sowie vorwerfbare Tatbegehung festzustellen, wird auf Basis der Empfehlung der bearbeitenden Mitarbeiter im Kol-
76 Vgl. etwa BR-Drucks. 584/10, 31 ff.; BT-Drucks. 16/2498, 47; s.
auch Transparenzrichtlinie 2004/109/EG v. 15.12.2004, ABl. EU
2004 Nr. L 390, 38, Art. 28; Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG
v. 28.1.2003, ABl. EU 2003 Nr. L 96, 16, Art. 14.
77 Dazu allgemein: Lampe in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, § 46 OWiG
Rz. 14.
78 § 160 Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.
79 Wache in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, Vorbem. § 53 Rz. 5.
64
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
legialgremium schließlich ein Bußgeldbescheid gegen
den Betroffenen erlassen.80 Andernfalls ist das Verfahren
entweder aus tatsächlichen Gründen oder aufgrund von
Opportunitätserwägungen gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 OWiG
einzustellen (vgl. Abb. 3).
Abb. 3: Mit Geldbußen abgeschlossene Verfahren nach Kalenderjahren
2. Die selbständige Verbandsgeldbuße als
Regelfall kapitalmarktdeliktischer Ahndung
Eine juristische Person oder eine Personenvereinigung als
arbeitsteilig organisierter Verband soll nach dem Grundsatz societas delinquere non potest bekanntermaßen niemals Subjekt ordnungswidriger Taten sein können.81 Indessen kann unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 1
OWiG auch gegen juristische Personen eine Ahndung
durch die Festsetzung einer Geldbuße vorgenommen werden, die als sog. Verbandsgeldbuße82 bezeichnet wird. Voraussetzung dafür ist, dass ein vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder ein Mitglied des in § 30
Abs. 1 Nr. 2–Nr. 5 OWiG genannten Personenkreises als
sog. Bezugstat eine Ordnungswidrigkeit begangen hat,
durch die Pflichten verletzt worden sind, die nach der Normenadressierung oder wegen der Betriebsbezogenheit die
juristische Person oder die Personenvereinigung verpflichten. Im Falle der Sonderdelikte des WpHG liegt die
Betriebs- oder Unternehmensbezogenheit praktisch immer vor. Nicht nur Sonderdelikte, auch Allgemeindelikte
können jedoch nach weit überwiegender Meinung im
selbständigen Verfahren geahndet werden, wenn ein tauglicher Täter des § 30 Abs. 1 Nr. 1–Nr. 5 OWiG die Zuwiderhandlung begeht und die verletzte Vorschrift im Zusammenhang mit dem Verband und dessen Unternehmensentfaltung steht.83
80 S. zur Zumessung unten unter III.
81 BVerfG v. 25.10.1966 – 2 BvR 506/63, BVerfGE 20, 323 = NJW
1967, 195 (197); noch bis ins 19. Jahrhundert war die strafrechtliche
Ahndung von Verbänden oder Zusammenschlüssen wie Städten, Gemeinden, Zünften und Genossenschaften hingegen dem Recht dogmatisch nicht unbekannt, sondern die Regel. Sie basierte auf dem römischen Rechtsgedanken universitas et ecclesia delinquere possunt;
s. dazu und weiterführend zur geschichtlichen Entwicklung strafund ordnungswidrigkeitenrechtlicher Verantwortlichkeit von Unternehmen: Engelhart, Sanktionierung von Unternehmen und Compliance, 2. Aufl. 2012, S. 320 f.
82 Gelegentlich sind auch Begriffe wie Unternehmensgeldbuße oder
seltener organschaftliche Verbandtäterschaft gebräuchlich.
3/2014
Merkwürdig-technisch84 ist damit die Möglichkeit, Geldbußen – auch – gegen die juristische Person oder die Personenvereinigung festzusetzen, im deutschen Ordnungswidrigkeitenrecht geradezu apodiktisch anerkannt. Obschon nach wie vor dogmatische Unstimmigkeiten bestehen, die Ahndung von Verbänden systemisch schlüssig zu
begründen,85 entspricht es den gesetzgeberischen Rahmenvorgaben, wenn die Ahndung juristischer Personen
und Personenvereinigungen gem. § 30 OWiG in der Bußgeldpraxis der Verwaltungsbehörden praktiziert wird.86 So
hat sich im Bußgeldreferat der Wertpapieraufsicht die
Übung herausgebildet, kapitalmarktrechtliche Bußgeldverfahren in der Regel vorrangig gegenüber dem Verband,
der im Bereich der kapitalmarktrechtlichen Sonderdelikte
als Normadressat ohnehin Verpflichteter der Vorschriften
ist, durchzuführen. Insoweit ist es nahliegend, Verstöße
leitender Führungspersonen, die aufgrund gesetzlicher
Vertretungszuweisung verantwortlich für den Normadressaten handeln, als Eigendelinquenz des Verbandes zu jurieren. Immerhin hat der Gesetzgeber selbst zunächst die
Inlandsemittenten, Emittenten oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen als primären Adressat der Vorschriften
zuvörderst in die Verantwortung gerückt und auch die
Bußgelddrohungen vorrangig an vermögenden Normadressaten ausgerichtet.87 Konkret bedeutet das, dass im Falle der Begehung unternehmensbezogener Ordnungswidrigkeiten durch eine Leitungsperson Geldbußen in der Regel selbständig im Zuge eines selbständigen Verfahrens
gem. § 30 Abs. 1, Abs. 4 OWiG festgesetzt werden.
Nur ausnahmsweise werden Geldbußen sowohl gegen die
handelnde Leitungsperson als auch gegen den Verband im
Wege eines einheitlichen Verfahrens oder allein gegen die
natürliche Leitungsperson verhängt. Gegenüber natürlichen Personen werden Geldbußen im Rahmen von Sonderdelikten gemeinhin festgesetzt, falls handelnde Personen Pflichten wiederholt und dolos verletzen oder wenn
Taten ein erhebliches Unrechtsgehalt aufweisen, das über
das Ausmaß gewöhnlicher Regelverstöße hinausgeht.
In praxi und im Bereich wissenschaftlicher Kommentierung ist anerkannt, dass gegen den Verband auch eine sog.
anonyme Geldbuße verhängt werden kann, wenn die Zu-
83 Gürtler in Göhler, 16. Aufl. 2012, § 30 OWiG Rz. 20; Rogall in KK/
OWiG, 3. Aufl. 2006, § 30 OWiG Rz. 73, 76; Schmitz/Taschke, WiB
22/1997, 1169 (1171); Többens, NStZ 1999, 1 (6); Theile/Petermann, JuS 2011, 469 (501).
84 Achenbach, ZIS 5/2012, 178 (179).
85 Vgl. etwa Rogall in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, § 30 OWiG Rz. 2 ff.;
Tiedemann, NJW 1988, 1169 (1171 f.).
86 Vgl. etwa die Bußgeldpraxis des Bundeskartellamts hinsichtlich der
Festsetzung von Geldbußen gegenüber Unternehmen und Unternehmensvereinigungen nach § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB und diesbezüglich konkretisierende Leitlinien des Bundeskartellamts für die Bußgeldzumessung in Kartellordnungswidrigkeitenverfahren v.
25.6.2013 (Neufassung der Bußgeldleitlinien des Bundeskartellamtes, Bekanntmachung Nr. 38/2006 v. 15.09.2006).
87 Vgl. schon BT-Drucks. 12/7918, Bericht des Finanzausschusses
zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, S. 96 (zur Bußgelddrohung bzgl. Vorschriften der Ad-hoc-Publizität); zu den Zweckmäßigkeitsgründen der akzessorischen Verbandsgeldbuße: R. Becker in
Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. der Kapitalmarktinformation,
2. Aufl. 2013, § 26 Rz. 15.
3/2014
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
widerhandlung feststeht und die verantwortlich handelnde Person erwiesenermaßen aus dem Kreis der in § 30
Abs. 1 Nr. 1–Nr. 5 OWiG genannten Personen stammt.88
Von der Option, Geldbußen gegenüber dem Verband auch
anonym verhängen zu können, wird in der Ahndungspraxis der Wertpapieraufsicht Gebrauch gemacht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass kapitalmarktrechtliche Zuwiderhandlungen an sich meist gut nachzuweisen sind und
die Erfüllung kapitalmarktrechtlicher Pflichten börsennotierter Inlandsemittenten überwiegend dem Vorstand obliegen, etwa, wenn sie zu dessen Kernbereichsaufgaben
oder Kardinalpflichten zählen. Dazu kommt, dass sich
aufgrund der Sonderdelikttatbestände insbesondere aus
§ 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG i.V.m. § 78 AktG grundsätzlich
originäre persönliche Verantwortlichkeiten des Vorstands
für die vorschriftskonforme Erfüllung kapitalmarktrechtlicher Normvorschriften ergeben.
Gewissermaßen ist der Vorstand als Leitungsperson für
den Normadressaten notgedrungen in einer prospektiven
Verantwortlichkeit verhaftet, derer er sich zunächst nur
durch eigene Erfüllungshandlungen oder teilweise durch
reaktive Delegationsakte entledigen kann, weil ansonsten
das Unterlassen der vom Wertpapierhandelsgesetz geforderten Handlung zugleich eine Gebotsverletzung bewirkt,
die ihm als Leitungsperson kraft gesetzlicher Organstellung zuzurechnen ist. Auf die namentliche Angabe des unterlassenden Vorstands kommt es bei der Bezeichnung
und Beschreibung der Anknüpfungstat, die dem betroffenen Verband zur Last gelegt wird, dann aber nicht notwendigerweise an, wenn die Pflichtverletzung ohnehin auf
Hierarchieebene des Vorstands zu verorten ist, weil erwiesenermaßen kein Delegationsakt erfolgte.
Auch empirisch betrachtet handelt es sich bei den meisten
ausgesprochenen Ahndungen des Bußgeldreferats um
Anknüpfungstaten des Vorstands. Die hervorgehobene
Verantwortlichkeit des Vorstands, für die Einhaltung der
kapitalmarktrechtlichen Vorschriften originär Sorge tragen zu müssen, entspricht weitestgehend der sog. aktienrechtlichen Legalitätspflicht (§ 93 AktG),89 die auch im
Außenverhältnis im Hinblick auf einschlägige kapitalmarktrechtliche Ordnungswidrigkeitentatbestände gilt.90
Diese Kernverantwortung des Vorstands wurde betreffend
einzelner wertpapierrechtlicher Emittentenpflichten bisher an verschiedenen Stellen auch durch den Deutschen
88 BGH v. 8.2.1994 – KRB 25/93, NStZ 1994, 346 = wistra 1994, 232;
OLG Düsseldorf v. 16.3.2000 – 2b Ss (OWi) 2/00, wistra 2000, 316
(317) = GewArch 2000, 341; Rogall in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006,
§ 30 OWiG Rz. 102 m.N.; Gürtler in Göhler, 16. Aufl. 2012, § 30
OWiG Rz. 40; Schmitz/Taschke, WiB 22/1997, 1169 (1171); Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, 4. Aufl. 2007, Vorbemerkung vor § 81 GWB Rz. 116; Tiedemann, NJW 1988, 1169 (1173);
Vogel in Assmann/Uwe H. Schneider, 6. Aufl. 2012, § 39 WpHG
Rz. 79; Theile/Petermann, JuS 2011, 496 (500 f.); Engelhart, Sanktionierung von Unternehmen und Compliance, 2. Aufl. 2012,
S. 401 f.
89 Paefgen, AG 2004, 245 (251, 252); Fleischer in Spindler/Stilz,
2. Aufl. 2010, § 93 AktG Rz. 12, 14, 23.
90 So ausdrücklich: Spindler in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2008,
§ 93 AktG Rz. 64 m.w.N.; Paefgen, AG 2004, 245 (259 f.), der von
den Vorschriften des öffentlichen Rechts, einschließlich des Strafrechts spricht.
65
Corporate Governance Kodex91 hervorgehoben, der den
Topos in mehreren Ziffern deklaratorisch republizierte.92
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass im
Besonderen bei kapitalmarktrechtlichen Vorschriften bereits häufig von Rechts wegen keine Handlungsalternative, kein Beurteilungsspielraum oder Ermessen des Vorstands hinsichtlich der Pflichtenerfüllung besteht. Indessen ist jedoch in der Verfahrenspraxis immer wieder festzustellen, dass vom Vorstand ein Ermessen ausgeübt wurde, wo von Rechts wegen weder kapitalmarktrechtlich
noch aktienrechtlich i.S.d. § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG93 ein
Ermessensspielraum bestand. Offenbar haben Vorstände
der Normadressaten die kapitalmarktrechtlichen Pflichten
und Gebote teils – noch immer – nicht hinreichend verinnerlicht. Einer solchen Internalisierung müssen sie insbesondere im Lichte der bevorstehenden Ausweitung des
europäischen Sanktionsregimes94 mit weitergehender Professionalisierung der Kapitalmarkt-Compliance begegnen.95
Gleichfalls bezüglich der Verhaltens-, Organisations- und
Transparenzpflichten des 6. Abschnitts des WpHG, wo
als Normadressaten zunächst Wertpapierdienstleistungsunternehmen Verpflichtete der Vorschriften sind, obliegt
die bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit für die Sicherstellung der Pflichten in erster Linie den gesetzlichen Leitungspersonen, die über § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG in die
Normadressateneigenschaft inkorporiert werden.96 Diese
durch § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG angeordnete Ergänzung der
in Bezug genommenen kapitalmarktrechtlichen Vorschrift um den weiteren Täterkreis des gesetzlichen Vertreters, die im Falle der wertpapierrechtlichen Sondernormen erst die originäre Verantwortlichkeit des organschaftlichen Vertreters bewirken kann, entspricht im Übrigen
auch der regulatorischen Zuweisung des § 25a Abs. 1
KWG i.V.m. § 33 Abs. 1 Satz 1 WpHG97 sowie der durch
die MaComp 4/2010 (WA)98 zur Auslegung und Konkreti91 Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex,
DCGK, in der Fassung vom 15.5.2012.
92 DCGK, Fassung v. 15.5.2012, Ziff. 4.1.3, 6.1, 6.2, 7.1.2. Die Streichung u.a. der Ziff. 6.1, 6.2 in der Fassung v. 13.5.2013 wurde nach
den Erläuterungen der Änderungsvorschläge der Kodexkommission
aus den Plenarsitzungen v. 9. und 31.1.2013 mit dem großen Interesse der Wirtschaft an einer Verschlankung des Kodex mit dem Ziel,
dass der Kodex nicht mehr Empfehlungen und Anregungen enthält
als sachlich geboten sind, begründet. Im Interesse einer Kodexverschlankung wurden diese Ziffern, die die wertpapierrechtlichen
Pflichten der §§ 15, 26 WpHG wiedergaben, gestrichen.
93 Zu den Legalitätspflichten im Verhältnis zum WpÜG: Paefgen, AG
2004, 245 (259 f.); Spindler in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2008,
§ 93 AktG Rz. 86 ff., und zur informierten unternehmerischen Entscheidung (safe harbour): Spindler in MünchKomm/AktG, 3. Aufl.
2008, § 93 AktG Rz. 44, jeweils m.w.N.
94 S. unter V. zum neuen europäischen Sanktionsregime und zur Ausweitung der bußgeldrechtlichen Sanktionsbefugnisse der Wertpapieraufsicht.
95 Seibt, Auf dem Weg zur Kapitalmarktunion, Frankfurter Allgemeine
Zeitung v. 16.10.2013.
96 Rogall in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, § 9 OWiG Rz. 9 f.
97 Zur gesellschafts- und aufsichtsrechtlichen Verantwortlichkeit der
Geschäftsleitung: Weber-Rey, AG 2008, 345 (350 f., 354); zur Auslegung des § 25a Abs. 1 KWG: Lösler, NZG 2005 104 (106).
98 BaFin, Rundschreiben 4/2010 (WA) – Mindestanforderungen an die
Compliance-Funktion und die weiteren Verhaltens-, Organisationsund Transparenzpflichten nach §§ 31 ff. WpHG für Wertpapier-
66
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
sierung der §§ 31 ff. WpHG zum Ausdruck gebrachten
Auffassung.99
Diese Verantwortung besteht bei einer Delegation von
Aufgaben fort.100 Damit ist gemeint, dass selbst dann,
wenn der gesetzliche Vertreter Pflichten im Einzelnen delegiert, die Oberaufsicht und damit auch letztendlich die
faktische Verantwortlichkeit bei ihm verbleibt.101
Jedenfalls ist der gesetzliche Vertreter im Sinne der Aufsichtspflicht gem. § 130 OWiG persönlich verpflichtet,
zumindest für eine sorgfältige Auswahl, für eine sachgerechte Organisation, für eine angemessene Pflichten- und
Aufgabeninstruierung und vor allem für eine hinreichende Kontrolle und Überwachung zu sorgen.102 Auch die
Verletzung der Aufsichtspflicht im Unternehmen stellt
eine relevante Pflichtverletzung i.S.d. § 30 Abs. 1 OWiG
dar.103 Liegt eine solche Aufsichtspflichtverletzung tatbestandlich vor, kann im Zuge eines selbständigen Verfahrens eine Geldbuße gegenüber dem Verband eigenständig
festgesetzt werden.104 Als Auffangtatbestand105 ist § 130
OWiG aber nur streng subsidiär anzuwenden.106 Die Anwendbarkeit ist daher nur gegeben, wenn die Handlung
oder das ihr entsprechende Unterlassen des Aufsichtspflichtigen nicht selbst bereits als eigene Zuwiderhandlung zu beurteilen ist oder ein Mitglied des in § 30 Abs. 1
Nr. 2–Nr. 5 OWiG genannten Personenkreises die Tat verwirklicht hat.107
Für gewöhnlich endet die Delegation wichtiger kapitalmarktrechtlicher Vorschriften – selbst in größeren Aktiengesellschaften und Wertpapierdienstleistungsunternehmen – jedoch auf einer funktionalen Hierarchieebene, die
i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 1 OWiG i.V.m. § 611 Abs. 1 BGB
99
100
101
102
103
104
105
106
107
dienstleistungsunternehmen (MaComp) vom 7.6.2010, zuletzt
geändert am 7.1.2014.
BaFin, MaComp 4/2010 (WA), AT 4 Satz 1, Satz 2; weiterführend
zu den MaComp 4/2010 (WA): Birnbaum/Kütemeier, WM 2011,
293; Birnbaum, Kreditwesen, 2013, 771; Schäfer, BKR 2011, 187.
BaFin, MaComp 4/2010 (WA), AT 4 Satz 4.
BGH v. 23.2.1973 – 2 StR 390/72, BGHSt 25, 158 (163); Gürtler
in Göhler, 16. Aufl. 2012, § 130 OWiG Rz. 15; Rogall in KK/
OWiG, 3. Aufl. 2006, § 130 OWiG Rz. 38, 69; Förster in Rebmann/Roth/Herrmann, Loseblatt, § 130 OWiG Rz. 2.
BGH v. 23.2.1973 – 2 StR 390/72, BGHSt 25, 158 (163); weiterführend zur Aufsichtspflicht und zur Fünf-Stufen-Lehre: Rogall in
KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, § 130 OWiG Rz. 40, 58 ff. m.w.N;
Spindler in Fleischer, Hdb. des Vorstandsrechts, 2006, § 15
Rz. 108 ff.; Rettenmaier/Palm, NJOZ 2010, 1414 (1416 f.).
Gürtler in Göhler, 16. Aufl. 2012, § 130 OWiG Rz. 3; Tiedemann,
NJW 1988, 1169 (1171); Többens, NStZ 1999, 1 (6); Schmitz/
Taschke, WiB 22/1997, 1169 (1170); Vogel in Assmann/Uwe H.
Schneider, 6. Aufl. 2012, § 39 WpHG Rz. 77.
Zum Zusammenspiel durch die Troika der §§ 9, 130 und 30
OWiG: Többens, NStZ 1999, 1.
OLG Jena v. 2.11.2005 – 1 Ss 242/05, NStZ 2006, 533 = wistra
2006, 157 (156); dazu auch: Förster in Rebmann/Roth/Herrmann,
Loseblatt, § 130 OWiG Rz. 28 f.; Achenbach, NZWiSt 2012, 321
(323, 326 f.).
Vgl. OLG Düsseldorf v. 25.7.1989 – 5Ss (OWi) 263/89 - (OWi)
106/89 I, NZV 1990, 403 = wistra 1989, 358; Gürtler in Göhler,
16. Aufl. 2012, § 130 OWiG Rz. 3, 26.
Vgl. OLG Düsseldorf v. 25.7.1989 – 5Ss (OWi) 263/89 - (OWi)
106/89 I, NZV 1990, 403 = wistra 1989, 358; BayObLG v.
17.8.1998 – 3 ObOWi 83/98, BayObLGst 1998, 137 = wistra
1999, 71; Gürtler in Göhler, 16. Aufl. 2012, § 130 OWiG Rz. 3,
26; Rogall in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, § 130 OWiG Rz. 4.
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mindestens noch zum Täterkreis des § 30 Abs. 1 Nr. 5
OWiG zählt. Dann bleibt für die Prüfung einer Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG kein Raum, denn
durch § 9 Abs. 2 Satz 1 OWiG i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 5
OWiG wird der Normadressatenkreis auch auf untere Hierarchiestufen, wie das verantwortlich handelnde mittlere
Management, ausgeweitet.108 Nicht minder werden Zuwiderhandlungen im Kreis dieser Personen seitens des Bußgeldreferates selbständig gegen den Verband geahndet. In
§ 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG hat der Gesetzgeber in Anlehnung an bereits früher erhobene Gesetzesvorschläge109
zum Ausdruck gebracht, den möglichen Personenkreis
einer Bezugstat in § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG – im Einklang
bisheriger Kasuistik – generell auf verantwortlich handelnde Leitungspersonen eines Unternehmens auszudehnen.110 Zum tauglichen Täterkreis einer Bezugstat, die
durch das Bußgeldreferat gegenüber dem Unternehmen
mit Geldbuße im Rahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG geahndet wird, können danach insbesondere verantwortlich
leitende Abteilungs-, Bereichs- oder Filialleiter,111 der
Leiter der Rechtsabteilung, des Risikomanagements und
der internen Revision gehören.112 Im Bereich der Anwendbarkeit des § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG ist aber auch an Zuwiderhandlungen des (Chief) Compliance Officers zu denken, der nunmehr explizit zum tauglichen Täterkreis einer
Anknüpfungstat gehören kann.113 In diesem Zusammenhang sind auch Tatbegehungen denkbar, die ihm nach den
allgemeinen Regelungen zu Täterschaft (§ 9 OWiG) und
Teilnahme (§ 14 OWiG), Tun oder Unterlassen (§ 8
OWiG) zugerechnet werden können.
Die hervorgehobene Bedeutung der Verbandsgeldbuße
spiegelt sich auch in der Gesamtstatistik der verhängten
Geldbußen wider. Im Kalenderjahr 2012 sind gut 70 %
der Geldbußen gegen Verbände festgesetzt worden. Auf
globalen Kapitalmärkten sind wertpapierrechtliche Delikte bei weitem kein Phänomen inländischer Unternehmungen. Jede fünfte geahndete Verbandsgeldbuße wird im
Bußgeldreferat mittlerweile gegenüber ausländischen
Unternehmensverbänden verhängt, da sowohl die anknüpfende Zuwiderhandlung gegen das WpHG – insbesondere Allgemeindelikte, wie Mitteilungspflichten gem.
§§ 21 ff. WpHG114 oder Marktmanipulationen gem. § 20a
108
109
110
111
112
Gürtler in Göhler, 16. Aufl. 2012, § 9 OWiG Rz. 1 m.w.N.
S. BT-Drucks. 14/8998, 11.
BT-Drucks. 14/8998, 7, 11.
Gürtler in Göhler, 16. Aufl. 2012, § 9 OWiG Rz. 1 m.w.N.
Zu den verantwortlichen Führungspersonen nach § 30 Abs. 1 Nr. 5
OWiG: Engelhart, Sanktionierung von Unternehmen und Compliance, 2. Aufl. 2012, S. 392 f.
113 Rogall in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, § 30 OWiG Rz. 68b; Engelhart, Sanktionierung von Unternehmen und Compliance, 2. Aufl.
2012, S. 392 f. m.w.N.; zu den straf- und aufsichtsrechtlichen
Pflichten von Compliance-Beauftragten: Raum, CCZ 2012, 197.
114 Vgl. dazu etwa: Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider,
6. Aufl. 2012, Vor § 21 WpHG Rz. 50 ff. m.w.N., § 21 WpHG
Rz. 9, 21, 22; Dehlinger/Zimmermann in Fuchs, 2009, § 21 WpHG
Rz. 13; Opitz in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, Loseblatt,
§ 21 WpHG Rz. 4, 10a, 10b; Schwark in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl. 2010, § 21 Rz. 10; Hirte in
KölnKomm/WpHG, 2007, § 21 WpHG Rz. 51 ff.; BaFin, Emittentenleitfaden, 4. Aufl. 2013, VIII.2.3.7, S. 109; Ringe, AG 2007,
813 (814).
3/2014
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
WpHG,115 betreffend – als auch die prozessualen Verfahrensvorschriften regelmäßig noch dem inländischen
Sanktionsregime unterliegen.116 Erfahrungsgemäß konnte
bislang sowohl der repressiv ahndenden Funktion als auch
der generalpräventiven Abschreckungswirkung der Geldbuße im Bereich kapitalmarktrechtlicher Delikte gut
durch die isolierte Sanktionierung des Normadressaten
Rechnung getragen werden.
III. Die Bußgeldzumessung der Wertpapieraufsicht
Ist der Sachverhalt aufgeklärt und bestätigt sich am Ende
des Ermittlungsverfahrens der Tatverdacht, dass der Betroffene des Bußgeldverfahrens gegen eine kapitalmarktrechtliche Pflicht vorwerfbar verstoßen hat, erlässt die BaFin nach den Vorschriften der §§ 65 f. OWiG einen Bußgeldbescheid und ahndet die Tat durch die Festsetzung
einer angemessenen Geldbuße. Voraussetzungen für den
Erlass eines Bußgeldbescheids sind, dass der Betroffene
während des Ermittlungsverfahrens angehört wurde,117
dass kein tatsächliches oder rechtliches Verfolgungshindernis, wie etwa die Verjährung der Tat, nach § 46 Abs. 1
OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO vorliegt und die Ahndung durch die Festsetzung der Geldbuße nach pflichtgemäßem Ermessen verhältnismäßig und geboten ist (vgl.
§ 47 Abs. 1 OWiG).
Ein Bußgeldbescheid wird mithin nicht erlassen, wenn die
Ahndung aus Opportunitätserwägungen aufgrund von bestimmten Tatumständen oder aus spezialpräventiven Gesichtspunkten unverhältnismäßig wäre, obwohl der Betroffene den Tatbestand der Ordnungswidrigkeit in objektiver und subjektiver Hinsicht verwirklicht hat. In den Fällen der Unverhältnismäßigkeit ist das Bußgeldverfahren
auf Grundlage des Opportunitätsprinzips nach § 47 Abs. 1
Satz 2 OWiG einzustellen und zu beenden. Dabei handelt
es sich stets um eine Einzelfallbetrachtung und -entscheidung. Praxisrelevant können z.B. die Umstände sein, dass
die Auswirkungen für den Kapitalmarkt in Folge des
Pflichtenverstoßes äußerst gering sind oder der Betroffene
erstmalig gegen eine kapitalmarktrechtliche Transparenzoder Publizitätspflicht verstoßen hat, sofern zusätzlich
115 Dazu Vogel in Assmann/Uwe H. Schneider, 6. Aufl. 2012, § 38
WpHG Rz. 61, § 39 WpHG Rz. 52.
116 Die Verbandsgeldbuße kann im selbständigen Verfahren grds. auch
gegenüber einem ausländischen Unternehmensträger festgesetzt
werden; vgl. OLG Celle v. 30.11.2001 – 322 Ss 217/01 (OWiz),
wistra 2002, 230 (230 f.); Rogall in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, § 30
OWiG Rz. 30; Gürtler in Göhler, 16. Aufl. 2012, § 30 OWiG
Rz. 1.
117 Dem Betroffenen ist nach § 55 OWiG rechtliches Gehör zu gewähren, d.h., er muss die Gelegenheit dazu haben, sich zu dem
Tatvorwurf – vorbehaltlich des ihm zustehenden Auskunftsverweigerungsrecht nach § 46 Abs. 1, Abs. 2 OWiG i.V.m. §§ 163a
Abs. 3 Satz 2, 136 Abs. 1 Satz 2 StPO – zu äußern. Die Anhörung
des Betroffenen erfolgt in der Regel schriftlich am Anfang des Ermittlungsverfahrens zeitgleich mit der Bekanntgabe, dass die BaFin gegen ihn/sie ein Bußgeldverfahren eingeleitet (Bekanntgabe
der Betroffenenstellung) und die Ermittlungen aufgenommen hat.
Im Rahmen des sog. Anhörungsschreibens wird dem Betroffenen
in der Regel erstmalig mit dem konkreten Tatvorwurf und dem zugrunde liegenden Tatgeschehen – entsprechend der bisher gewonnenen Erkenntnisse – konfrontiert.
67
keine erschwerenden Tatumstände vorliegen. In diesen
Fällen besteht in der Regel kein Bedürfnis danach, den Täter durch eine angemessen hohe Geldbuße vor der Begehung weiterer kapitalmarktrechtlicher Ordnungswidrigkeiten abzuschrecken, da ein normgetreues Verhalten in
der Zukunft naheliegt. Der Betroffene wird jedoch häufig
im Rahmen der Einstellungsnachricht über die Einhaltung
der kapitalmarktrechtlichen Pflichten ermahnt und entsprechend belehrt.
Mit Erlass des Bußgeldbescheids wird die Höhe der Geldbuße festgesetzt (vgl. § 66 Abs. 1 Nr. 5 OWiG). Die konkrete Bußgeldhöhe ergibt sich aus der Bußgeldzumessung. Die Bußgeldzumessung ist zum einen neben Verfahrensfragen der sanktionsrechtliche Schwerpunkt in der
Ahndungspraxis118 und zum anderen für den Betroffenen
im Bußgeldverfahren auch mit Blick auf das Risiko, an
Reputation zu verlieren, von großer Bedeutung.
Die BaFin hat sich deshalb und aus Gründen der Transparenz und der Nachvollziehbarkeit ihrer Entscheidung dafür entschieden, die zumessungsrelevanten Umstände, die
zu der festgesetzten Geldbuße geführt haben, im Bußgeldbescheid regelmäßig zu erläutern, zumal es sich bei Verstößen gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften um bedeutende Bußgeldsachen handelt und der Gesetzgeber dafür eine hohe Sanktion, zum Teil Geldbußen von bis zu
1 Mio. c, vorsieht.119
1. Grundlagen der Bußgeldzumessung
Maßgebend für die Zumessung der Geldbuße sind die
Vorschrift des § 17 OWiG und die für das Strafrecht geltenden Grundsätze zur Zumessung, soweit sie in Bußgeldverfahren sinnvoll sind und angewendet werden können.120 Namentlich zählt dazu vor allem das rechtstaatliche garantierte Doppelverwertungsverbot aus Art. 103
Abs. 1 GG. Selbstverständlich gilt auch für die Bußgeldzumessung das Gebot, dass im Rahmen der Zumessung
nur diejenigen Tatumstände berücksichtigt werden dürfen, die nicht zum gesetzlichen Tatbestand gehören und
die somit nicht zur Begründung der Ordnungswidrigkeit
geführt haben.121 So darf z.B. der Umstand, dass eine
Stimmrechtsmitteilung nicht innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist des § 21 WpHG abgegeben wurde, nicht
per se bußgeldschärfend wirken, sondern nur die gewisse
Dauer der Fristüberschreitung. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1
OWiG sind die Grundlage für die Zumessung die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit (sog. tatbezogene Zumessungskriterien) und der Vorwurf, der den Täter trifft (sog.
täterbezogene Zumessungskriterien). Hierdurch wird die
individuelle Vorwerfbarkeit der Betroffenen und letztlich
der Tatvorwurf erfasst.
118 Hierzu: R. Becker im Rahmen der Veranstaltung „Ahndungspraxis
der Wertpapieraufsicht: Einblicke und Ausblicke“ im März 2013;
von Buttlar, AG 2013, R115 f.
119 Die BaFin ist nicht zur rechtlichen Begründung der angeordneten
Geldbuße über die Angaben der Vorschrift des § 66 OWiG hinaus
verpflichtet. Die Vorschrift schließt aber eine weiterführende Begründung, wie etwa Ausführungen zur Zumessung, nicht aus.
120 Mitsch in KK/OWiG, 3. Aufl. 2006, § 17 OWiG Rz. 32.
121 BGH v. 3.9.2013 – 1 StR 206/13, juris.
68
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
a) Bußgeldrahmen
Vor der konkreten Bußgeldzumessung ist zunächst der
Bußgeldrahmen festzulegen, aus dem die Geldbuße zu
schöpfen ist. Ausgangspunkt für kapitalmarktrechtliche
Verstöße sind die Regelungen in den jeweiligen Spezialgesetzen, die den Bußgeldrahmen festlegen,122 wie etwa
§ 39 Abs. 4 WpHG für Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz und § 60 Abs. 3 WpÜG für Verstöße gegen
das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz. Die genannten Regelungen legen das Höchstmaß der Ordnungswidrigkeit fest123 und erfassen dadurch die denkbar
schwersten Fälle. Zum Teil sind – anhängig vom Deliktsverstoß und von der subjektiven Tatseite – Höchstbeträge
von bis zu 1 Mio. c möglich. Dazu zählen beispielhaft die
ordnungswidrige, vorsätzlich verspätet abgegebene
Stimmrechtsmitteilung nach § 39 Abs. i.V.m. § 21 WpHG
und die unterlassene Veröffentlichung des Pflichtangebots
des Bieters im Rahmen einer Unternehmensübernahme
nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG i.V.m. § 60 Abs. 1 Nr. 1a
WpÜG.
Der Bußgeldrahmen ändert sich bei fahrlässiger oder
leichtfertiger Tatbegehung: § 17 Abs. 2 OWiG bestimmt,
dass fahrlässiges oder leichtfertiges Handeln im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages
der Geldbuße geahndet werden darf. Der einschlägige gesetzliche Bußgeldrahmen ist also vor der individuellen
Zumessungsabwägung zu halbieren. In der Ahndungspraxis der Wertpapieraufsicht ist dies regelmäßig der Fall.
Der Geldbuße kommt auch eine Gewinnabschöpfungsfunktion zu. Dies kann dazu führen, dass – anders als im
Strafrecht – das gesetzliche Höchstmaß der Geldbuße in
Gestalt des Ahndungsanteils nach § 17 Abs. 4 Satz 2
OWiG überschritten werden kann.124
b) Bußgeldzumessung im engeren Sinne
Innerhalb des anzuwendenden Bußgeldrahmens ist sodann das festzusetzende Bußgeld zu ermitteln. Die im
Einzelfall zu beurteilende Ordnungswidrigkeit ist hierzu
in den Bußgeldrahmen einzustufen. Die konkrete Bußgeldhöhe spiegelt den Grad der Schwere des Tatverstoßes
wieder und muss in Bezug auf tat- und täterbezogene Umstände angemessen und vor allem auch unter spezialpräventiven Gesichtspunkten zu rechtfertigen sein. Leichte
aber ahndungsbedürftige Verstöße dürften sich dabei
grundsätzlich im unteren Drittel des Bußgeldrahmens,
schwerwiegende Tatverstöße oberhalb der Hälfte des
Bußgeldrahmens wiederfinden. Für die Schwere des Verstoßes und damit für die konkrete Bußgeldhöhe ist das Gesamtspektrum der sowohl für als auch gegen den Betroffe-
122 Vgl. Gürtler in Göhler, 16. Aufl. 2012, § 17 OWiG Rz. 5.
123 Es handelt sich hierbei um spezielle Bußgeldrahmen, auf die § 17
Abs. 1 OWiG verweist. § 17 Abs. 1 OWiG eröffnet nur einen allgemeinen Regelrahmen von mindestens 5 c und höchstens
1.000 c, sofern das Gesetz – wie es bei kapitalmarktrechtlichen
Verstößen stets der Fall ist – keinen abweichenden Höchstbetrag
bestimmt.
124 Vgl. Theile/Petermann, JuS 2011, 496 (499).
3/2014
nen sprechenden bußgeldzumessungsrechtlich relevanten
Umstände maßgeblich,125 die individuell abzuwägen sind.
Maßstab für die Zumessung ist mithin die Gesamtwürdigung des Einzelfalles. Mathematisierungen und schematische Vorgehensweisen sind dabei – wie auch im Strafrecht
– unzulässig,126 da eine solche Berechnungsweise dem
Vorgang der Zumessung grundsätzlich nicht gerecht
wird.127
Ausgehend von der Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 1
OWiG wird das konkrete Bußgeld anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung der schärfenden und mildernden
Zumessungskriterien festgelegt. Dabei kann zwischen
sog. tatbezogenen und sog. täterbezogenen Zumessungskriterien unterschieden werden. Die einzelnen Kriterien,
die bei der Zumessung der Geldbuße behilflich sind, entsprechen im Wesentlichen den aus dem Strafrecht bekannten und dort relevanten Zumessungsregeln.128 Auch im
Bußgeldverfahren spielen vor allem die Aspekte des Vorund Nachtatverhalten der Betroffenen (sog. täterbezogene
Zumessungskriterien) eine große Rolle. Beispielhaft zu
nennen und von hoher Praxisrelevanz sind insbesondere
das Geständnis und die Mitwirkung an der Aufklärung des
Sachverhalts, die sich mit Blick auf die Prozessökonomie
und Verfahrensbeschleunigung abhängig von ihrer Qualität und dem Zeitpunkt, zu dem der Betroffene die Tat einräumt, zur Reduzierung des Bußgeldes führen können.
Der Wiederholungstäter muss hingegen in der Regel mit
einer Erhöhung des Bußgeldes rechnen. Häufig auftretende tatbezogene Zumessungskriterien im Bereich von kapitalmarktrechtlichen Verstößen sind z.B. die Dauer der
Zuwiderhandlung, die Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Kapitalmarkt, das Maß der Pflichtwidrigkeit,
die Art der Tatausführung, die Größe und Bedeutung des
betroffenen Marktes sowie die Organisation der Betroffenen. Abhängig von den Gegebenheiten des Falles können
sich diese Tatumstände entweder bußgeldmindernd oder
bußgeldschärfend auswirken. Ein langer Zeitraum zwischen Begehung und Ahndung der Ordnungswidrigkeit,
eine besondere lange Verfahrensdauer ohne rechtswidriges Zutun der Betroffenen und die einvernehmliche Verfahrensbeendigung im Wege eines Settlement können zudem bei der Bußgeldbestimmung mit einem Nachlass berücksichtigt werden.
Zur Bußgeldzumessung gehört schließlich auch die Beachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen
(vgl. § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG). Die Bußgeldhöhe kann
demnach an die Leistungsfähigkeit angepasst werden.
2. WpHG-Bußgeldleitlinien
Die Wertpapieraufsicht der BaFin hat sich dafür entschieden, ihre Praxis bei der Bußgeldzumessung gegenüber
125 Vgl. Detter, Einführung in die Praxis des Strafzumessungsrechts,
2009, S. 8.
126 BGH v. 23.7.2008 – 2 StR 283/08, juris.
127 BGH v. 18.11.2007 – 1 StR 301/07, StV 2008, 174 (175) = wistra
2008, 154 (155).
128 Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, 28. Aufl. 2010, § 46 StGB
Rz. 6 ff.
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Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
den Kapitalmarktteilnehmern offen zu legen, und hat am
29.11.2013 auf ihrer Internetseite Leitlinien für die Bußgeldbemessung in WpHG-Ordnungswidrigkeitenverfahren (WpHG-Bußgeldleitlinien) veröffentlicht,129 die die
Grundsätze für die Festsetzung von Bußgeldern beschreiben.
Die WpHG-Bußgeldleitlinien, die eine Zumessungsrichtlinie für die Bußgeldbemessung darstellen,130 beruhen auf
den umfangreichen Erfahrungen des für Ordnungswidrigkeitenverfahren spezialisierten Referats, die es im Rahmen seiner wertpapieraufsichtsrechtlichen Sanktionsund Gerichtspraxis gesammelt hat.
Die Bußgeldleitlinien sollen die Transparenz von Bußgeldentscheidungen gegenüber den Verfahrensbeteiligten
und der Öffentlichkeit erhöhen und eine noch gleichmäßigere Behandlung häufig vorkommender Ordnungswidrigkeiten ermöglichen. Die Leitlinien unterstützen somit
zum einen das Prinzip der Gleichbehandlung, dem die
Verwaltung verpflichtet ist, zum anderen bieten sie für die
Marktteilnehmer eine Art Orientierungshilfe an.
Die Veröffentlichung der Zumessungspraxis trägt schließlich auch dazu bei, die Rechtssicherheit zu fördern. Die
WpHG-Bußgeldleitlinien haben zwar keine Rechtssatzqualität, weswegen sie nicht von dem für WpHG-Sachen
zuständigen Amtsgericht Frankfurt131 unmittelbar anzuwenden sind; die Leitlinien stellen aber allgemeine Verwaltungsgrundsätze dar,132 die zu einer Selbstbindung der
BaFin im Rahmen der Ermessensausübung führen.133
Der Anwendungsbereich der WpHG-Bußgeldleitlinien ist
für Verstöße gegen die Ad-hoc-Publizitätspflicht (§ 15
WpHG), gegen Stimmrechtsmeldepflichten (§§ 21 ff.
WpHG) und gegen Finanzberichterstattungspflichten
(§§ 37v ff. WpHG) eröffnet. Die Leitlinien gelten für die
Festsetzung von Geldbußen nach § 39 Abs. 4 WpHG gegen natürliche und juristische Personen (unternehmensbezogene Bußgeldzumessung nach § 30 OWiG), deren Verantwortliche in leitender Stellung gegen die bußgeldbewehrten Pflichten des Wertpapierhandelsgesetzes verstoßen haben. Voraussetzung hierbei ist, dass es sich bei den
zu ahndenden Ordnungswidrigkeiten um Regelfälle handelt. Liegen der Ordnungswidrigkeit außergewöhnliche
Tatumstände zugrunde, sprich Sachverhalte, die keinen
Regelfall abbilden, gelten die WpHG-Bußgeldleitlinien
nicht.134 In der Praxis der Wertpapieraufsicht gehören die
129 www.bafin.de/DE/Aufsicht/BoersenMaerkte/boersenmaerkte_nod
e.html.
130 Vgl. Gürtler in Göhler, 16. Aufl. 2012, § 17 OWiG Rz. 28b.
131 Vgl. zur Zuständigkeit des AG Frankfurt a.M. § 68 Abs. 1 Satz 1
OWiG i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 2 FinDAG.
132 Die Bußgeldleitlinien leiten sich aus dem Rechtsfolgeermessen der
BaFin ab (vgl. § 47 Abs. 1 OWiG und § 39 Abs. 4 WpHG).
133 Vgl. Peter in Schulte/Just, Kartellrecht, 2011, § 81 GWB Rz. 14.
134 Die Entscheidung darüber, ob von den Zumessungsvorgaben der
WpHG-Bußgeldleitlinien abgewichen wird, trifft der Bearbeiter/
die Bearbeiterin des Bußgeldverfahrens. Ein Abweichen kann z.B.
sowohl aufgrund der Umstände des Einzelfalles als auch aufgrund
der Notwendigkeit einer ausreichend hohen Abschreckungswirkung zulässig sein.
69
Verstöße aus den Bereichen „Ad-hoc-Publizitätspflicht“,
„Stimmrechte“ und „Bilanzkontrolle“ zu den am meisten
geahndeten Ordnungswidrigkeiten.
Ausgehend von der für die Bußgeldzumessung maßgeblichen Vorschrift des § 17 OWiG und des anzuwendenden
Bußgeldrahmens geht die BaFin bei der konkreten Bußgeldzumessung – kurz skizziert – in einem dreistufigen
Verfahren vor. Maßstab ist hierbei ausschließlich die im
Mittelpunkt der Bußgeldentscheidung stehende Bewertung von tat- und täterbezogenen Umständen des Einzelfalles.
Im ersten Schritt wird ein Grundbetrag anhand von tatbezogenen Zumessungskriterien ermittelt,135 im zweiten
Schritt wird der Grundbetrag mit Hilfe von vor allem täterbezogenen Zumessungskriterien, die sich jeweils mildernd oder erschwerend auswirken, an die konkrete
Schuld der Betroffenen angepasst. Im dritten und letzten
Schritt der Bußgeldzumessung finden die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen Beachtung.
Der Grundbetrag bewertet die Schwere des Verstoßes. Der
Grundbetrag setzt sich aus der Größe des Emittenten und
der Bewertung der tatspezifischen Umstände, die die Tatbegehung im vorliegenden Einzelfall charakterisieren, zusammen. Die Größe des Emittenten (Größengruppen A–
D) wird in der Regel mit Hilfe seiner Marktkapitalisierung
ermittelt. Die Marktkapitalisierung ist eine allgemein anerkannte und vom Anlegerpublikum angewandte Kennzahl für die Bedeutung des Emittenten am Kapitalmarkt
und spricht für die Marktposition des Emittenten. Typische zumessungsrechtlich relevante Umstände, die bei der
Bewertung von wertpapierhandelsrechtlichen Verstößen
(in die Kategorien „schwer“, „mittel“ oder „leicht“) auftreten, sind z.B. die Dauer der Zuwiderhandlung und die
Auswirkung der Zuwiderhandlung auf den Kapitalmarkt.
Häufig treten mehrere Umstände bei der Tatbegehung auf,
die dann im Rahmen einer Gesamtwürdigung abzuwägen
und zu bewerten sind.
Bevor die Bußgeldhöhe – vorbehaltlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Betroffenen – abschließend
festgesetzt wird, werden im zweiten Zumessungsschritt
die schärfenden und mildernden Zumessungskriterien
(sog. Anpassungskriterien)136 des Einzelfalles abgewogen. Hierbei spielt vor allem das Vor- und Nachtatverhalten der Betroffenen, wie beispielsweise vorausgehende
Vortaten, das Geständnis und Besserungsmaßnahmen der
Betroffenen sowie spezialpräventive Gesichtspunkte,
eine Rolle.
135 Die definierten Grundbeträge für die einzelnen in den WpHGBußgeldleitlinien geregelten Bereichen können den Bußgeldleitlinien, S. 6 ff., (abrufbar unter: www.bafin.de/DE/Aufsicht/Boersen
Maerkte/boersenmaerkte_node.html) entnommen werden.
136 Die WpHG-Bußgeldleitlinien enthalten eine beispielhafte, nicht
abschließende Aufzählung von möglichen Anpassungskriterien,
die in einem Annex dazu näher erklärt werden.
70
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
IV. Die Übernahme des Verfahrens durch die
Schwerpunktstaatsanwaltschaft für
Wirtschaftsstrafsachen, Frankfurt a.M.
Sofern ein Betroffener gegen einen Bußgeldbescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einlegt, wird die eigene Bußgeldentscheidung innerhalb des
Referates bei gleicher Zuständigkeit nochmals im Zwischenverfahren überprüft. Die Zuständigkeit des Referates endet, wenn der Bußgeldbescheid auch nach Überprüfung der bisherigen Ermittlungen, Bußgeldzumessungen
und Einwendungen nicht zurückgenommen (§ 69 Abs. 2
Satz 1 OWiG) wird, und die Bußgeldakten an die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen,
Frankfurt a.M., zur weiteren Veranlassung übersandt werden. Dass die Frankfurter Schwerpunktstaatsanwaltschaft
für Wirtschaftsstrafsachen dann Herrin des Verfahrens
wird, ist eine Besonderheit, die das kapitalmarktrechtliche
Bußgeldverfahren auszeichnet.
Da in den Verfahren der BaFin nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten allgemein der Dienstsitz der Wertpapieraufsicht in Frankfurt a.M. als Sitz der Verwaltungsbehörde gilt,137 ist die Staatsanwaltschaft Frankfurt a.M. örtlich zuständig, die Tatvorwürfe im öffentlichen Interesse
weiter zu verfolgen.138 In Bußgeldverfahren der BaFin, die
das Kapitalmarktrecht betreffen, ergibt sich jedoch hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit innerhalb der
Staatsanwaltschaft eine Besonderheit. Für kapitalmarktrechtliche Delikte, die durch das Ordnungswidrigkeitenreferat durch Geldbußen geahndet werden, ist die Frankfurter Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen sachlich zuständig. Diese Zuständigkeit begründet sich mit der Expertise, die im Bereich komplexer
kapitalmarktrechtlicher Sachverhalte erforderlich ist, und
die die Schwerpunktstaatsanwälte im Bereich Wirtschaftsstraftaten und Kapitalmarktdelikte aufweisen. Die
Tatsache, dass die Begehung der Tat, die dem Betroffenen
im Bußgeldbescheid zur Last gelegt wurde, im gerichtlichen Verfahren in der Vielzahl der Verfahren bestätigt
wird, dürfte auch auf den intensiven Einsatz und die Fachkompetenz der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen zurückführen sein. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen ist jedoch
nicht erst in den Hauptverhandlungsterminen, in denen sie
die Anklage im öffentlichen Interesse vertritt, als Sitzungsvertretung für den Tatvorwurf verantwortlich.139 Die
Zuständigkeit beginnt bereits unmittelbar mit Eingang der
Akten, wenn sie prüft, ob ein hinreichender Tatverdacht
besteht und die Verfolgung nach § 47 Abs. 1 OWiG geboten ist.140 Nach Vorlage der Akten an das Gericht hat die
137 § 4 Abs. 3 Satz 2 FinDAG.
138 Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich insbesondere aus § 46 Abs. 1
OWiG i.V.m. § 134 GVG, § 68 OWiG und § 4 Abs. 3 Satz 3 FinDAG.
139 In gewöhnlichen Bußgeldverfahren, etwa im Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten, ist in der Hauptverhandlung die
Staatsanwaltschaft selten anwesend, weil deren Anwesenheit nicht
zwingend erforderlich ist.
140 RiStBV 282 Abs. 1; Seitz in Göhler, 16. Aufl. 2012, § 69 OWiG
Rz. 41 f.
3/2014
Schwerpunktstaatsanwaltschaft im Wesentlichen die gleiche Stellung wie im Strafverfahren. Während des gesamten gerichtlichen Verfahrens ist somit garantiert, dass die
komplexen kapitalmarktrechtlichen Bußgeldverfahren
durch die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen sachgerecht und profund im öffentlichen Interesse verfolgt werden.
Wie die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen Aspekte der kapitalmarktrechtlichen Bußgeldzumessung auslegt und welche Informationen aus der
Rechtsprechung des Amtsgerichts Frankfurt für die
Marktteilnehmer von Bedeutung sind, hat sie anlässlich
der Veranstaltung „Ahndungspraxis der Wertpapieraufsicht“141 erläutert.142 Namentlich ist dabei auf den höchstrichterlichen Beschluss vom 13.9.1976 zu § 46 StGB abzustellen, demnach ein Fall mittlerer Schwere seine Entsprechung in der Mitte des Strafrahmens habe und die
Schwere des Falles dabei nicht an den erfahrungsgemäß
am häufigsten vorkommenden, sondern an den denkbaren
Fällen zu messen sei.143 Wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse, als nachrangig zu berücksichtigender Umstand,
in die konkrete Bußgeldzumessung einfließen, sei als Beurteilungszeitpunkt aus staatsanwaltschaftlicher Sicht auf
den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen. Dabei komme es nicht auf eine isolierte Betrachtung einzelner Bilanzkennziffern, etwa nach HGB oder IFRS, sondern auf
eine ganzheitliche Gesamtschau der wirtschaftlichen Situation an.
Viele Betroffene oder deren Verteidiger tragen aus Sicht
der Staatsanwaltschaft auch fälschlicherweise vor, weil es
durch den Verstoß zu keinem Schaden oder einer tatsächlichen Benachteiligung von Marktteilnehmern gekommen sei, müsse das Verfahren eingestellt werden. Solche
Einwendungen haben jedoch vor Gericht ganz überwiegend nicht durchgegriffen. Denn sie hätten verkannt, dass
es sich bei den kapitalmarktrechtlichen Ordnungswidrigkeiten, insbesondere der Bußgeldtatbestände des § 39
WpHG, durchweg um abstrakte Gefährdungsdelikte handelt, bei denen es auf den Eintritt eines Schadens oder
einer konkreten Gefahr nicht ankommt. Vormalige Zuwiderhandlungen gegen gleichartige Pflichten und zuvor
festgesetzte Zwangsgelder müssten zu einer Erhöhung der
Geldbußen führen, da diese jeweils die Hartnäckigkeit des
Pflichtenverstoßes belegen würden.
Unbeachtlich sei regelmäßig auch der Kenntnismangel
bezüglich der Vorschriften, weil bei bewusstem Verschließen vor zu beachtenden Pflichten vielfach gar von billigendem Vorsatz auszugehen wäre. Letztendlich habe der
Gesetzgeber die – abstrakte – Bedeutung der kapitalmarktrechtlichen Pflichten für den Finanzmarkt mehrfach
141 S. dazu: von Buttlar, AG 2013, R115 f.
142 Die Ausführungen unter IV. basieren auf dem Vortrag, den Staatsanwalt Dr. Krach, Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen, Frankfurt a.M., im Rahmen der Veranstaltung „Ahndungspraxis der Wertpapieraufsicht: Einblicke und Ausblicke“ am
21.3.2013 gehalten hat; dazu auch: von Buttlar, AG 2013, R115 f.
143 BGH v. 13.9.1976 – 3 StR 313/76, BGHSt 27, 2 = NJW 1676,
2355.
3/2014
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
betont, so dass die Normadressaten auch durch geeignete
Maßnahmen dazu anzuhalten sind, den Pflichten nachzukommen. Dafür seien Bußgelder im Kapitalmarktrecht
ein besonders probates Mittel.
Anlass auf die Fragen, ob bei fortlaufender Nichtveröffentlichung von Finanzberichten gem. § 37v ff. WpHG
und nicht oder nicht rechtzeitigen Stimmrechtsmitteilungen an Emittenten und die BaFin gem. §§ 21 ff. WpHG
von Tateinheit oder Tatmehrheit i.S.d. §§ 19 ff. OWiG
auszugehen ist, bot für die Staatsanwaltschaft der Umstand, dass dieser Aspekt häufig Diskussionsgegenstand
in Einlassungsschriftsätzen und Hauptverhandlungen ist.
Bezugnehmend auf die gefestigte Rechtsprechung des
Amtsgerichts Frankfurt wurde klargestellt, dass diesbezüglich regelmäßig von tatmehrheitlichen Verstößen auszugehen sei. Inhaltlich sei die gängige Einwendung daher
inzwischen mehrfach gerichtlich geklärt.144
V. Ausblick auf das künftige europäische
Sanktionsregime
Auf Initiative der Europäischen Kommission hin145 wird
die Europäisierung der Kapital- und Finanzmarktregulierung mit weitreichenden Schritten vorangetrieben. Ziel ist
es, das Marktmissbrauchs- und Transparenzregime sowie
das Finanzmarktrecht zu reformieren146 Im Fokus stehen
dabei gegenwärtig die drei „großen“ Kapitalmarktrichtlinien: die Marktmissbrauchsrichtlinie,147 die Transparenzrichtlinie148 und die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID),149 die zeitgleich überarbeitet wer144 BGH v. 15.3.2012 – 5 StR 288/11, BGHSt 57, 175 = NJW 2012,
2051 (2053) = NStZ 2012, 461.
145 S. dazu: Parmentier, BKR 2013, 133. Anlass für die Initiative war
u.a. der de Larosière-Bericht v. 25.2.2009.
146 Das Fernziel ist die Schaffung eines single rule book. S. zum Begriff: ESMA, 2012 Work Programme, S. 4.
147 Das Marktmissbrauchsrecht soll künftig durch eine EU-Marktmissbrauchsverordnung und durch eine flankierende Annexrichtlinie zu den Sanktionsvorschriften geregelt werden. Vorschlag der
Europäischen Kommission v. 20.11.2011 für eine Verordnung des
Europäischen Parlaments und des Rats über Insidergeschäfte und
Marktmanipulation (Marktmissbrauch), COM(2011) 651 endgültig
(in der geänderten Fassung v. 25.7.2012, COM(2012) 421 endgültig) (im Folgenden mit „MAR-KOM“ abgekürzt) und Vorschlag
der Europäischen Kommission v. 21.10.2011 für eine Richtlinie
des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend strafrechtliche Sanktionen für Insidergeschäfte und Marktmanipulation,
COM(2011) 654 endgültig (in der geänderten Fassung v.
25.7.2012, COM(2012) 420 endgültig), dazu EU-Kommission,
Folgenabschätzung, SEC(2011) 1217 endgültig („CRIM-MADKOM“).
148 Die Änderungsrichtlinie zur Transparenzrichtlinie („Directive
2013/50/EU of the European Parliament and of the Council of 22
October 2013 amending Directive 2004/109/EC of the European
Parliament and of the Council on the harmonisation of transparency requirements in relation to information about issuers whose securities are admitted to trading on a regulated, Directive 2003/71/
EC of the European Parliament and of the Council on the prospectus to be published when securities are offered to the public or admitted to trading and Commission Directive 2007/14/EC lying
down detailed rules for the implementation of certain provisions of
Directive 2004/109/EC“) ist bereits am 6.11.2013 im Europäischen Amtsblatt (ABl. EU 2013 Nr. L 294, 13) verkündet worden
(im Folgenden abgekürzt mit „TRL-Neu“).
149 Die MiFID soll durch eine Richtlinie neu gefasst werden. Vorschlag der Europäischen Kommission vom 20.10.2011 für eine
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Märk-
71
den.150 Das europäische Gesetzgebungsverfahren zur
Transparenzrichtlinie ist bereits abgeschlossen, sodass die
Arbeiten zur Umsetzung in nationales Recht unmittelbar
bevorstehen. Ein Schwerpunkt der Reformen liegt in der
Harmonisierung des Sanktionsregimes:151 Sowohl das
Sanktionsmaß als auch die Sanktionsinstrumente sollen
unionsweit vereinheitlicht und neu gestaltet und die Aufsichts- und Sanktionsbefugnisse der nationalen Aufsichtsbehörden152 sollen gestärkt werden.153
Das Ziel des europäischen Gesetzgebers ist es, ein Level
Playing Field unter den Mitgliedstaaten zu etablieren, die
Sanktionen bei kapitalmarktrechtlichen Verstößen durch
vielfältige und umfassende Vorgaben massiv zu stärken154
und eine schlagkräftige Ahndungspraxis durch die Aufsicht zu fördern. Letztlich wird dadurch der politische
Wille nach Verschärfung der administrativen Geldsanktion betont.155
Erstmals regelt der europäische Gesetzgeber das „Wie“
der Sanktionierung156 und gibt den Sanktionsrahmen vor,
der von den Mitgliedstaaten verpflichtend umzusetzen ist.
Sowohl die MAR-KOM als auch die TRL-Neu und MiFID II bestimmen die Obergrenze für Verstöße gegen bestimmte wertpapierhandelsrechtliche Pflichten und legen
damit ein Höchstmaß für die Sanktionierung fest. Dies
war – betrachtet aus dem europäischen Blickwinkel – nötig, weil sich gegenwärtig die Sanktionsvorgaben und die
Ahndungspraxis in den Mitgliedstaaten erheblich unterscheiden.157 Zukünftig können – Vorbild ist das Kartell-
150
151
152
153
154
155
156
157
te für Finanzinstrumente zur Aufhebung der Richtlinie 2004/39/
EG des Europäischen Parlaments und des Rates, COM(2011) 656
endgültig (im Folgenden abgekürzt mit „MiFID II“).
Zum Maßnahmenpaket gehören auch u.a. Verordnung über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (ABl.
EU Nr. L 86 v. 24.3.2012, 1) und die EU-Verordnung über OTCDerivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl.
EU Nr. L 201 v. 27.7.2012, 1), die schon in Kraft getreten sind.
So auch: Walla, BB 22/2012, 1358 (1360).
Der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) werden hinsichtlich der Ausübung des Sanktionsrechts keine
Befugnisse eingeräumt. Es wird dabei bleiben, dass die Sanktionierung in den Händen der nationalen Aufsicht bleibt und eine
Aufgabe der laufenden Aufsicht ist. Siehe zu den Aufgaben von
ESMA, wie etwa die Ausarbeitung von technischen Regulierungsund Durchführungsstandards: Uwe H. Schneider, AG 2012, 823
(824).
Hierzu: Veil, WM 2012, 53 (54).
Die Stärkung des Sanktionsregimes zeigt sich auch äußerlich. So
enthält z.B. die TRL-Neu ein eigenes Kapitel über Sanktionen,
vgl. Art. 28 ff. TRL-Neu, Abschnitt „Sanktionen“.
Der nationale Gesetzgeber hat diesen Weg bereits mit dem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz (AnSFuG) eingeschlagen und den Höchstbetrag für Verstöße gegen bestimmte
Stimmrechtsmeldepflichten auf 1 Mio. c angehoben.
Zum Beispiel gibt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 TRL-Alt den Mitgliedstaaten nur vor, dass sie dafür zu sorgen haben, dass diese Maßnahmen, also auch Sanktionen, „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind“; so auch Parmentier, AG 2014, 15 (23)
Vgl. dazu: Walla, BB 2012, 1358 (1360), der dies an einem Beispiel zur Beteiligungstransparenz verdeutlicht. So reicht derzeit
die Spannweite der Sanktionshöhe bei Verstößen gegen Beteiligungsmeldepflichten von ein paar tausend Euro in Bulgarien bis
hin zu maximal 10.000.000 c in Frankreich, während das Vereinigte Königreich sogar keine Obergrenze für solche Verstöße kennt.
In Deutschland können seitdem 8.4.2011 vorsätzlich begangene
Verstöße gegen Stimmrechtsmitteilungspflichten mit einem Bußgeld von bis zu 1.000.000 c geahndet werden (vgl. § 39 Abs. 4
72
Die Verfolgung und Ahndung wertpapierrechtlicher Delinquenz durch die BaFin
Canzler / Hammermaier
recht – Geldbußen in Millionenhöhe festgesetzt werden.
Dies dürfte zu einer spürbaren Erhöhung der von der BaFin verhängten Geldbußen führen.
Ein Vergleich der drei europäischen Gesetzgebungsvorhaben zeigt dabei eine einheitliche Systematik auf, deren
Umsetzung sich erheblich auf das bisher geltende Recht
auswirken wird: Vorgesehen sind für die Ahndung von
Verstößen bis zu drei verschiedene Sanktionsrahmen. Das
Sanktionsmaß wird sich künftig nicht nur wie bisher
grundsätzlich nach einem Höchstbetrag richten, sondern
wird sich unter gewissen Voraussetzungen auch am Umsatz158 oder an dem durch die Zuwiderhandlung erzielten
Gewinn159 des Betroffenen (umsatz- und gewinnbezogener Bußgeldrahmen) orientieren. Zudem wird die Höhe
danach differenziert, ob der zu ahndende Verstoß von
einer juristischen oder natürlichen Person begangen wurde. Daneben werden die Mitgliedstaaten grundsätzlich
nicht nur zur Veröffentlichung von Verwaltungsmaßnahmen, sondern auch zur Veröffentlichung von Sanktionsentscheidungen unter Bekanntgabe von Person und Art
des Verstoßes (Prinzip „naming and shaming“) verpflichtet sein. Unterschiede gibt es hingegen u.a. in der näheren
Ausgestaltung der Obergrenzen. Während die Änderungsrichtlinie zur Transparenzrichtlinie Maximalbeträge
i.H.v. 10 Mio. c bei juristischen Personen bzw. 2 Mio. c
bei natürlichen Personen vorgibt, sieht der zurzeit noch
diskutierte Entwurf zur MAR-KOM bei juristischen Personen Sanktionen i.H.v. bis zu 15 Mio. c und bei natürlichen Personen Sanktionen i.H.v. bis zu 5 Mio. c sowie
der Vorschlag der Europäischen Kommission zur MiFID II bei juristischen Personen Sanktionen i.H.v. bis zu
10 % des Umsatzes, ohne einen Höchstbetrag zu nennen,
und bei natürlichen Personen Sanktionen i.H.v. bis zu
5 Mio. c vor.
3/2014
Künftig werden Verstöße gegen bestimmte Transparenzpflichten161 grundsätzlich mit Festsetzung einer Geldbuße
i.H.v. bis zu 10 Mio. c gegen juristische Personen bzw.
i.H.v. bis zu 2 Mio. c gegen natürliche Personen geahndet
werden können (Art. 28b Abs. 1 Buchstabe c TRL-Neu).
Dieser Bußgeldrahmen kommt jedoch nicht zur Anwendung, wenn 5 % des Gesamtumsatzes des letzten (konsolidierten) Jahresabschlusses (nur bei juristischen Personen) oder die zweifache Höhe des infolge eines Verstoßes
erzielten Gewinns bzw. vermiedenen Verlusts des Betroffenen162 die Obergrenze von 10 bzw. 2 Mio. c übersteigen.
In diesen Fällen, hat sich die Höhe der zu verhängende
Geldbuße entweder nach dem umsatz- oder gewinn- bzw.
verlustbezogenen Bußgeldrahmen zu richten.163 Die Vorgaben der Änderungsrichtlinie werden zu einer deutlichen
Erhöhung der einschlägigen Bußgeldrahmen für Regelpublizitäts- und Stimmrechtsdelikten (vgl. § 39 Abs. 4
WpHG) und damit einhergehend regelmäßig höheren
Geldbußen in der Ahndungspraxis führen.
Maßgeblich für die Bußgeldzumessung sind im Einklang
mit dem bisherigen Recht aber weiterhin die Bewertung
der Tatumstände des Einzelfalles, die konkrete Schuld des
Betroffenen und mit Blick auf die neuen Höchstbeträge
insbesondere die Beachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen (vgl. § 17 Abs. 3 OWiG).164 Diese
Zumessungskriterien greift auch die Änderungsrichtlinie
in Art. 29 Abs. 1 TRL-Neu in einer beispielhaften Aufzählung auf. Danach sind u.a. die Schwere und Dauer des
Verstoßes, die Finanzkraft der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person anhand der Jahreseinkünfte bzw. des Gesamtumsatzes, die Kooperationsbereitschaft und vorangegangene Taten bei der Festsetzung der
Bußgeldhöhe zu berücksichtigen.
Da das Rechtssetzungsverfahren zur Änderung der Transparenzrichtlinie mit Verkündung der Änderungsrichtlinie
zur Transparenzrichtlinie im Europäischen Amtsblatt am
6.11.2013 als erstes Reformvorhaben bereits abgeschlossen ist, lassen sich am Beispiel des künftigen Sanktionssystems für die Regelpublizität und für die Beteiligungsmeldungen160 die zu erwartenden Veränderungen gut verdeutlichen:
In Verschärfung der bisherigen Rechtslage (vgl. § 40b
Abs. 1 WpHG) müssen die Betroffenen künftig damit
rechnen, dass die BaFin Bußgeldbescheide unter Nennung der Art des Verstoßes und des Namens des Betroffenen grundsätzlich unverzüglich165 veröffentlichen muss
(vgl. Art. 29 Abs. 1 TRL-Neu).166 Die BaFin kann jedoch
in Ausübung ihres Ermessens entweder die Veröffentlichung aufschieben oder den Bußgeldbescheid anonymisiert bekannt geben. Voraussetzung dafür ist, dass in den
Fällen der Festsetzung einer Geldbuße gegen eine natür-
WpHG). Der Bußgeldrahmen wurde mit dem Gesetz zur Stärkung
des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des
Kapitalmarktes (AnSFuG) deutlich angehoben; zuvor lag die
Obergrenze bei 200.000 c.
158 Der umsatzbezogene Bußgeldrahmen ist bereits Praxis in Kartellbußverfahren, § 81 Abs. 4 Satz 2 und 3 GWB. Dass der Umsatzbezug als Obergrenze verfassungskonform (und nicht als Kappungsgrenze zu verstehen ist) und mithin zulässig ist, hat der BGH mit
Beschluss vom 26.2.2103 (BGH v. 26.2.2013 – KRB 20/12,
BGHSt 58, 158 = NJW 2013, 1972) in Sachen „Grauzement“ entschieden.
159 Damit ist nicht die Gewinnabschöpfung i.S.d. § 17 Abs. 4 OWiG
gemeint.
160 Für die Sanktionsebene gilt die Vorgabe einer Mindestharmonisierung (vgl. Art. 28b Abs. 1 TRL-Neu), d.h. strengere und zusätzliche Sanktionen durch die Mitgliedstaaten sind zulässig, ansonsten gilt überwiegend der Grundsatz der Vollharmonisierung (vgl.
Art. 3 Abs. 1 TRL-Neu).
161 S. Art. 28a TRL-Neu.
162 Es ist zu erwarten, dass der gewinn- bzw. verlustbezogene Bußgeldrahmen in der Praxis der Wertpapieraufsicht eher eine untergeordnete Rolle spielen wird, da es sich bei den Vorschriften über die
Regelpublizität und Beteiligungsmeldepflichten um abstrakte Gefährdungsdelikte handelt. Der Gewinn bzw. Verlust, der Folge des
Verstoßes ist, lässt sich typischerweise nicht ermitteln.
163 Die Vorschrift des Art. 28b Abs. 1 Buchstabe c TRL-Neu spricht
von „whichever is higher“.
164 S. Punkt III.
165 Das heißt, auch vor Rechtskraft der Entscheidung.
166 Hier sind im Rahmen der Umsetzung in das nationale Recht noch
offene Fragen, wie etwa mögliche Rechtsmittel dem Betroffenen,
und insbesondere das Spannungsverhältnis der Prangerwirkung
(„shaming“) zu dem im Grundgesetz garantierten Persönlichkeitsrecht zu klären. Art. 29 Abs. 2 TRL-Neu verlangt, dass bei Einlegung von Rechtsmitteln ein Hinweis darauf in der Veröffentlichung aufgenommen werden muss.
3/2014 Geschriebener und ungeschriebener Bestandsschutz beim aktienrechtlichen Zeichnungsvertrag
Schürnbrand
liche Person die Veröffentlichung seiner personenbezogenen Daten unverhältnismäßig wäre (vgl. Art. 29 Abs. 1
Buchstabe a TRL-Neu), die Veröffentlichung die Stabilität des Finanzsystems oder laufende offizielle Ermittlungen gefährden würde (vgl. Art. 29 Abs. 1 Buchstabe b
TRL-Neu) oder die Veröffentlichung der Bußgeldent-
73
scheidung der juristischen oder natürlichen Person einen
unverhältnismäßigen und ernsthaften Schaden zufügen
würde, sofern sich der Schaden ermitteln lässt (vgl.
Art. 29 Abs. 1 Buchstabe c TRL-Neu). Die Möglichkeit,
von der Veröffentlichung einer Bußgeldentscheidung
gänzlich abzusehen, besteht somit nicht mehr.
Prof. Dr. Jan Schürnbrand, Tübingen*
Geschriebener und ungeschriebener Bestandsschutz
beim aktienrechtlichen Zeichnungsvertrag
Ohne die zugrunde liegenden Zeichnungsverträge kann
die Kapitalerhöhung einer AG keinen Bestand haben. Die
Zeichnungsverträge wiederum können an vielfältigen
Mängeln leiden, die nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts zur Unwirksamkeit führen. Für Rechtssicherheit
sorgt insofern die tatbestandlich allerdings eng begrenzte
Heilungsvorschrift des § 185 Abs. 3 AktG, die dem Zeichner nach der Umsetzung der Kapitalmaßnahme die Geltendmachung von Formmängeln abschneidet. Hinsichtlich sonstiger Mängel finden anerkanntermaßen die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung. Die
genaue Abstimmung von geschriebenem und ungeschriebenem Bestandsschutz bereitet jedoch nach wie vor
Schwierigkeiten.
I. Einführung
Strukturmaßnahmen mit organisationsrechtlichem Charakter lassen sich mit Blick auf die Vergangenheit nicht
rückgängig machen, sondern nur für die Zukunft korrigieren. Das ist der Kern der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, der nach heutigem Stand der Erkenntnis als allgemeines Institut des Verbandsrechts insbesondere auch
für Kapitalerhöhungen in der Aktiengesellschaft Geltung
beansprucht.1 Die erfolgreiche Anfechtung eines gesetzoder satzungswidrigen Hauptversammlungsbeschlusses
führt demnach zwar zu seiner Vernichtung, die auf ihm
aufbauende Kapitalerhöhung ist aber grundsätzlich bis
zur Rechtskraft des Urteils aufrechtzuerhalten, weil eine
Rückabwicklung praktisch unmöglich und dem Rechtsverkehr nicht zuzumuten wäre.2 Für noch weitergehenden
Bestandsschutz sorgt seit einigen Jahren das Freigabeverfahren nach § 246a AktG. Ist dieses durchlaufen, lassen
nach seinem Abs. 4 Satz 2 Mängel des Beschlusses die
Eintragung nämlich endgültig unberührt; die Beseitigung
* Prof. Dr. Jan Schürnbrand ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches
Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Rechtsvergleichung an der
Eberhard Karls Universität Tübingen.
1 Wegweisend waren die Monographien von Kort, Bestandsschutz
fehlerhafter Strukturänderungen im Kapitalgesellschaftsrecht, 1998
und Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, 2002.
2 Grundlegend Zöllner, AG 1993, 68 (72 ff.); daneben jeweils m.w.N.
Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 248 AktG Rz. 7a; Peifer in MünchKomm/
AktG, 3. Aufl. 2011, § 189 AktG Rz. 18.
der Eintragungswirkungen kann auch nicht als Schadensersatz verlangt werden. Ebenfalls überhaupt nicht mehr zu
beseitigen ist nach der Rechtsprechung des BGH eine Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital, selbst wenn die
Verwaltung pflichtwidrig das Bezugsrecht der Altaktionäre ausgeschlossen hat.3
An Mängeln können auch die im Zuge der Kapitalerhöhung geschlossenen Zeichnungsverträge leiden, durch die
sich die Zeichner zur Erbringung der Einlage verpflichten.
Der Zeichner kann sich etwa irren oder getäuscht werden,
minderjährig sein oder den Vertrag als Haustürgeschäft
geschlossen haben. Die in § 185 Abs. 1 AktG für den
Zeichnungsschein vorgeschriebene Schriftform mag nicht
beachtet, die Aufnahme der dort vorgesehenen Pflichtangaben unterblieben sein. Dass solche Mängel nicht unbeschränkt geltend gemacht werden können, dass vielmehr
zum Schutze des Rechtsverkehrs der Aufbringung des
Haftkapitals weithin der Vorrang gegenüber den Individualinteressen der Zeichner gebührt, ist schon seit langem
anerkannt. Was das Fehlen der Pflichtangaben betrifft, so
sah bereits das HGB 1897 in seinem § 281 eine Heilungsvorschrift vor, die sich heute im Kern unverändert in § 185
Abs. 3 AktG wiederfindet.4 Danach kann sich der Zeichner nicht auf die Nichtigkeit des Zeichnungsscheins berufen, wenn die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals im Handelsregister eingetragen ist und er aufgrund
des Zeichnungsscheins als Aktionär Rechte ausgeübt oder
Verpflichtungen erfüllt hat.
Mit Blick auf sonstige Mängel wiederum hat das RG
schon im Jahre 1912 entschieden, dass die Zeichnungserklärung nicht ein beliebiges Vertragsangebot, sondern
vielmehr ein gesellschaftsrechtlicher Akt sei, welcher der
Allgemeinheit gegenüber erklärt werde.5 In der Folge hatte der Zeichner auch bei Mängeln des Zeichnungsge3 BGH v. 10.10.2005 – II ZR 90/03, BGHZ 164, 249 (254 f.) = AG
2006, 38 – Mangusta/Commerzbank II; näher Busch, NZG 2006, 81
(87); krit. dazu Schürnbrand, ZHR 171 (2007), 731 (737 ff.).
4 Vgl. dazu die zeitgenössische Erläuterung bei Staub, 6./7. Aufl.
1900, § 281 HGB Anm. 7, § 189 Anm. 11 ff.
5 RG v. 20.3.1912 – I 68/11, RGZ 79, 112 (114); später RG v.
28.10.1927 – II 125/27, RGZ 118, 269 (274); v. 28.1.1930 – II 159/
29, RGZ 127, 186 (191); v. 13.10.1933 – II 110/38, RGZ 142, 98
74
Geschriebener und ungeschriebener Bestandsschutz beim aktienrechtlichen Zeichnungsvertrag 3/2014
Schürnbrand
schäfts für die übernommene Einlage zu haften. Diese aus
moderner Perspektive hilflos anmutende Fiktion wird
heute zwar zu Recht durchweg verworfen.6 Stattdessen
hat sich aber weithin die Einsicht durchgesetzt, dass auch
auf den Zeichnungsvertrag die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft anzuwenden sind.7 Nach wie vor bereitet es jedoch Schwierigkeiten, den speziellen gesetzlichen
Bestandsschutz nach § 185 AktG und die rechtsfortbildend entwickelten Regeln über den fehlerhaften Zeichnungsvertrag aufeinander abzustimmen, da sie – auch
wenn ihnen der gleiche Gedanke zugrunde liegt8 – im Einzelnen unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen haben.
II. Bedeutung des § 185 Abs. 3 AktG
1. Heilungstatbestand
Die Vorschrift des § 185 Abs. 3 AktG ist nach allgemeiner
Ansicht ein echter Heilungstatbestand. Er knüpft an die
besonderen Pflichtangaben nach Abs. 1 Satz 1 und Satz 3
Nr. 1–4 AktG an, die der Warnung und Information des
Zeichners dienen. Ihm sollen sowohl die allgemeinen
Rahmenbedingungen der geplanten Kapitalmaßnahme als
auch die Tragweite der von ihm eingegangenen Verpflichtung vor Augen geführt werden. Daher sind etwa der Tag
des Kapitalerhöhungsbeschlusses, der Ausgabebetrag sowie die Zahl der von ihm übernommenen Aktien in den
Zeichnungsschein aufzunehmen. Fehlen die geforderten
Angaben oder enthält der Zeichnungsschein vom Gesetz
nicht vorgesehene Beschränkungen der Verpflichtung des
Zeichners, so ist er nach § 185 Abs. 2 AktG nichtig. Diese
Nichtigkeit wird jedoch allseitig, rückwirkend und dauerhaft geheilt, wenn die Durchführung der Kapitalerhöhung
im Handelsregister eingetragen ist und der Zeichner als
Aktionär Rechte ausgeübt oder Verpflichtungen erfüllt
hat.9 Die Rechtsfolge geht insofern über dasjenige hinaus,
was die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zu bewirken vermag, als sie nicht nur einen einstweiligen, sondern
einen endgültigen Bestandsschutz gewährleistet.
den qualifizierten Anforderungen auf Tatbestandsebene.10
Es genügt nämlich gerade nicht die bloße Umsetzung der
Kapitalmaßnahme, vielmehr bedarf es eines weiteren Zurechnungselements. Der Zeichner muss nach außen hin
erkennbar seine Beteiligung als wirksam behandeln, indem er als Aktionär Rechte ausübt oder Verpflichtungen
erfüllt. Daran stellt man zwar gemeinhin keine besonders
hohen Anforderungen, lässt es etwa genügen, dass der
Zeichner die Aktienurkunde entgegennimmt oder an der
Hauptversammlung teilnimmt.11 Nicht ausreichend kann
es aber entgegen einigen Stimmen im Schrifttum sein,12
dass der Zeichner im Vorfeld der Eintragung im Handelsregister seine Mindesteinlage nach §§ 188 Abs. 2, 36a
Abs. 1 AktG erbracht hat.13 Schon begrifflich fehlt es dann
nämlich an einer Pflichterfüllung „als Aktionär“. Vor allem aber würde auf diese Weise das als einschränkend gedachte Tatbestandsmerkmal jeglicher praktischer Bedeutung beraubt, da die Mindesteinlage selbst in den hier interessierenden pathologischen Fällen den Anforderungen
des Gesetzes entsprechend in aller Regel geleistet ist, bevor die Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister eingetragen wird.
Dieser umfassende Ausschluss des Rechts, einen Gesetzesverstoß geltend zu machen, findet seinen Gegenpol in
2. Grenzen
Die Vorschrift des § 185 Abs. 3 AktG sorgt also, soweit
sie reicht, für einen umfassenden Bestandsschutz. Sie
kann aber keine abschließende Antwort der Rechtsordnung auf das Phänomen des fehlerhaften Zeichnungsvertrags sein, weil sie nur unter bestimmten Voraussetzungen
lediglich ausgewählte Rechtsmängel aufgreift und daher
nach dem heutigen Stand der Entwicklung inakzeptable
Schutzlücken lässt. So fragt sich zunächst, was gelten soll,
wenn die Kapitalerhöhung zwar nach § 189 AktG durch
die Eintragung ihrer Durchführung im Handelsregister
wirksam geworden ist, aber die darüber hinausgehenden
Voraussetzungen der Heilungsvorschrift nicht erfüllt sind.
Nach bislang14 einhelliger Auffassung entsteht dann keine
Mitgliedschaft des Zeichners; ohne Zeichnungsvertrag
komme seine Inanspruchnahme für die Aufbringung des
neuen Kapitals nicht in Betracht.15 Vielmehr geht man
überwiegend davon aus, dass die neuen Anteile der Ge-
(103); ebenso noch Baumbach/Hueck, 13. Aufl. 1968, § 185 AktG
Rz. 3.
Vgl. nur Lutter in KölnKomm/AktG, 2. Aufl. 1989, § 185 AktG
Rz. 15; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 185 AktG Rz. 3; Wiedemann in
Großkomm/AktG, 4. Aufl. 1995, § 185 AktG Rz. 10; offen weiterhin BGH v. 22.6.1992 – II ZR 178/90, AG 1993, 28 (31) – IBH.
Vgl. Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen im Kapitalgesellschaftsrecht, 1998, S. 196; Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, 2002, S. 309; Lutter in FS Röhricht, 2005,
S. 369 ff.; Hunecke, Der Zeichnungsvertrag, 2011, S. 198 ff.; Peifer
in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2011, § 185 AktG Rz. 63; Rieder/
Holzmann in Grigoleit, 2013, § 185 AktG Rz. 40 f.; Veil in
K. Schmidt/Lutter, 2. Aufl. 2010, § 185 AktG Rz. 24; Wiedemann in
Großkomm/AktG, 4. Aufl. 1995, § 185 AktG Rz. 64; Ekkenga/
Jaspers in Ekkenga/Schröer, Handbuch der AG-Finanzierung, 2014,
Kapitel 4 Rz. 270, 273.
So BGH v. 22.6.1992 – II ZR 178/90, AG 1993, 28 (31) – IBH.
Allg. M., s. nur Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 185 AktG Rz. 20; Lutter in
KölnKomm/AktG, 2. Aufl. 1989, § 185 AktG Rz. 62; Servatius in
Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 185 AktG Rz. 41; Veil in K. Schmidt/
Lutter, 2. Aufl. 2010, § 185 AktG Rz. 23.
10 Auf den Zusammenhang hinweisend Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, 2002, S. 308 f.
11 Vgl. stellvertretend die Zusammenstellungen bei Peifer in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2011, § 185 AktG Rz. 35 ff. und Wiedemann
in Großkomm/AktG, 4. Aufl. 1995, § 185 AktG Rz. 56.
12 So Servatius in Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 185 AktG Rz. 43;
Wiedemann in Großkomm/AktG, 4. Aufl. 1995, § 185 AktG Rz. 56.
13 Wie hier Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 185 AktG Rz. 19; Krieger in
MünchHdb/AG, 3. Aufl. 2007, § 56 Rz. 123; Marsch-Barner in Bürgers/Körber, 3. Aufl. 2014, § 185 AktG Rz. 19; Peifer in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2011, § 185 AktG Rz. 51; v. Dryander/Niggemann in Hölters, 2011, § 185 AktG Rz. 32; Eimer, Zeichnungsverträge und Zeichnungsvorverträge, 2009, S. 38.
14 Vgl. aber unten III.3.
15 Vgl. Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 185 AktG Rz. 16; Lutter in KölnKomm/AktG, 2. Aufl. 1989, § 185 AktG Rz. 53; Peifer in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2011, § 185 AktG Rz. 46; Marsch-Barner in
Bürgers/Körber, 3. Aufl. 2014, § 185 AktG Rz. 17; Rieder/Holzmann in Grigoleit, 2013, § 185 AktG Rz. 27 f.; Dürr in Wachter,
2012, § 185 AktG Rz. 21; v. Dryander/Niggemann in Hölters, 2011,
§ 185 AktG Rz. 29.
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3/2014 Geschriebener und ungeschriebener Bestandsschutz beim aktienrechtlichen Zeichnungsvertrag
Schürnbrand
sellschaft als eigene Aktien zustehen.16 Zwar sei der Gesellschaft die Zeichnung eigener Aktien nach § 56 Abs. 1
AktG an sich verboten. Jedoch zeige § 56 Abs. 4 AktG,
dass der originäre Erwerb eigener Aktien nicht per se ausscheiden müsse. Die Gesellschaft sei aber gehalten, sie
unter Beachtung des Grundsatzes realer Kapitalaufbringung zu verwerten. Falls eine anderweitige Unterbringung scheitere, müsse sie die Anteile nach der Wertung
des § 71c Abs. 3 AktG im Wege der Kapitalherabsetzung
durch Einziehung nach § 237 AktG beseitigen.17
Bei anderen Mängeln soll die Rechtslage dagegen aus
Sicht des Zeichners unerfreulicher sein. Das gilt zunächst
für Verstöße gegen das Schriftformgebot des § 185 Abs. 1
Satz 1 AktG. Zwar werden diese nach traditioneller und
auch heute noch verbreiteter Ansicht nicht von der Heilungsvorschrift erfasst.18 Man will es aber dem Zeichner
im Nachhinein unter Hinweis auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens weithin versagen, sich auf eine etwaige
Formnichtigkeit zu berufen. Über die genaue Reichweite
des Verwirkungseinwands besteht allerdings kein Einvernehmen. Einige Autoren stellen ganz auf die Umstände
des Einzelfalls ab und halten es jedenfalls für ausgeschlossen, dass jemand aufgrund mündlicher Erklärungen
Aktionär wird.19 Demgegenüber wollen es andere in enger
Anlehnung an den Tatbestand des § 185 Abs. 3 AktG genügen lassen, dass der betroffene Zeichner Rechte ausgeübt oder Verpflichtungen erfüllt hat.20 Das wiederum
deckt sich im Ergebnis mit der heute ebenfalls verbreiteten Ansicht, der zufolge die Heilungsvorschrift ungeachtet ihres tatbestandlich engen Zuschnitts auf die Verfehlung des Schriftformgebots entsprechend anzuwenden
ist.21
Einigkeit besteht schließlich darüber, dass sonstige, nicht
formbezogene Mängel – wie etwa der irrtumsbehaftete
oder täuschungsbedingte Beitritt – nicht unter den eng formulierten Heilungstatbestand zu fassen sind, dass insofern vielmehr die Grundsätze über den fehlerhaften Organisationsakt zur Anwendung gelangen.22 In der Folge ist
der Zeichnungsvertrag einstweilen als wirksam zu behan-
16 Insofern a.A. Wiedemann in Großkomm/AktG, 4. Aufl. 1995, § 185
AktG Rz. 52.
17 Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 185 AktG Rz. 16; Peifer in MünchKomm/
AktG, 3. Aufl. 2011, § 185 AktG Rz. 46; v. Dryander/Niggemann in
Hölters, 2011, § 185 AktG Rz. 29.
18 Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 185 AktG Rz. 16; Lutter in KölnKomm/
AktG, 2. Aufl. 1989, § 185 AktG Rz. 60; Rieder/Holzmann in Grigoleit, 2013, § 185 AktG Rz. 34; Servatius in Spindler/Stilz, 2. Aufl.
2010, § 185 AktG Rz. 39; Dürr in Wachter, 2012, § 185 AktG
Rz. 24; Hunecke, Der Zeichnungsvertrag, 2011, S. 194 f.; mit Blick
auf das HGB 1897 bereits Staub, 6./7. Aufl. 1900, § 281 HGB
Anm. 7, § 189 Anm. 11.
19 Servatius in Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 185 AktG Rz. 39.
20 Lutter in KölnKomm/AktG, 2. Aufl. 1989, § 185 AktG Rz. 60; Dürr
in Wachter, 2012, § 185 AktG Rz. 24.
21 Wiedemann in Großkomm/AktG, 4. Aufl. 1995, § 185 AktG Rz. 55;
Krieger in MünchHdb/AG, 3. Aufl. 2007, § 56 Rz. 123; Ekkenga/
Jaspers in Ekkenga/Schröer, Handbuch der AG-Finanzierung, 2014,
Kapitel 4 Rz. 266; Marsch-Barner in Bürgers/Körber, 3. Aufl. 2014,
§ 185 AktG Rz. 21; v. Dryander/Niggemann in Hölters, 2011, § 185
AktG Rz. 30; Vogelmann, Die Rechtsfolgen fehlerhafter Strukturänderungen im Aktienrecht, 2004, S. 250.
22 Vgl. oben unter I.
75
deln und der Zeichner mit der Eintragung im Handelsregister Aktionär geworden, wenn dem nicht ausnahmsweise höherrangige Interessen der Allgemeinheit oder besonders schutzwürdiger Personen entgegenstehen.23 Unterschiedlich werden jedoch die Anwendungsvoraussetzungen für einen solchen vorläufigen Bestandsschutz beurteilt. Während auf der einen Seite die bloße Eintragung
der Durchführung der Kapitalerhöhung im Handelsregister als ausreichend angesehen wird,24 wird auf der anderen
Seite ein Wertungsgleichlauf mit § 185 Abs. 3 AktG angemahnt. Demnach komme eine Behandlung als Aktionär
nur in Betracht, wenn der Zeichner zusätzlich Rechte ausgeübt oder Pflichten erfüllt, mithin seine Mitgliedschaft
nach außen hin erkennbar betätigt habe.25
III. Ergänzender Bestandsschutz
Der geschilderte Befund gibt Anlass, die dogmatische
Verankerung ebenso wie die Reichweite eines den geschriebenen Heilungstatbestand ergänzenden Bestandsschutzes der auf einem fehlerhaften Zeichnungsvertrag
aufbauenden Kapitalerhöhung noch einmal zu durchdenken.
1. Analogiebildung
a) Fehlende Schriftform
Die Heilungsvorschrift des § 185 Abs. 3 AktG bezieht
sich ihrem Wortlaut nach allein auf die Nichtigkeit nach
Abs. 2 und damit auf das Fehlen von Pflichtangaben sowie die Aufnahme unzulässiger Beschränkungen der Verpflichtung des Zeichners in den Zeichnungsschein. Diese
gezielte Zuspitzung auf einen ganz bestimmten Fehlertypus schließt es gewiss aus, sämtliche Unwirksamkeitsund Nichtigkeitsgründe mit Hilfe einer Analogiebildung
zu dieser Vorschrift zu überwinden und so für einen umfassenden Bestandsschutz auch des fehlerhaften Zeichnungsvertrags zu sorgen.26 Dass wäre auch in der Sache
nicht zu rechtfertigen, da nicht wenigen Mängeln – zu
denken ist noch einmal an den täuschungsbedingten Beitritt – ein deutlich höheres Gewicht für eine sachgerechte
Willensbildung zukommt als dem Fehlen einer oder auch
mehrerer Angaben, die lediglich die in Aussicht genommene Kapitalmaßnahme umschreiben.
23 Vgl. zu dieser Grenze der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft
nur BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 – FRIZ I –
Rz. 12 ff.; v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, ZIP 2013, 2355 – Rz. 12;
krit. etwa Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013,
§ 705 BGB Rz. 332 ff.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl.
2011, § 105 HGB Rz. 237 ff.
24 Explizit Vogelmann, Die Rechtsfolgen fehlerhafter Strukturänderungen im Aktienrecht, 2004, S. 255; implizit etwa Veil in K. Schmidt/
Lutter, 2. Aufl. 2010, § 185 AktG Rz. 24; Wiedemann in Großkomm/AktG, 4. Aufl. 1995, § 185 AktG Rz. 65; Marsch-Barner in
Bürgers/Körber, 3. Aufl. 2014, § 185 AktG Rz. 23; Hunecke, Der
Zeichnungsvertrag, 2011, S. 196 f.; gegen jede Verallgemeinerung
des Rechtsgedankens des § 185 Abs. 3 AktG Schäfer, Die Lehre
vom fehlerhaften Verband, 2002, S. 331 f.
25 So Servatius in Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 189 AktG Rz. 8; jedenfalls erwägend Peifer in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2011,
§ 185 AktG Rz. 63.
26 Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 185 AktG Rz. 29; Marsch-Barner in Bürgers/Körber, 3. Aufl. 2014, § 185 AktG Rz. 23; Veil in K. Schmidt/
Lutter, 2. Aufl. 2010, § 185 AktG Rz. 24.
76
Geschriebener und ungeschriebener Bestandsschutz beim aktienrechtlichen Zeichnungsvertrag 3/2014
Schürnbrand
Das kann indessen nicht bedeuten, dass die Norm als Ausnahmevorschrift einer Analogiebildung von vornherein
nicht zugänglich wäre.27 Vielmehr ist nach dem Schutzzweck des Schriftformgebots einerseits und den für die
Anordnung der Heilung maßgeblichen Erwägungen andererseits zu fragen. Nicht überzeugen kann zunächst der
Hinweis, im Falle der Verfehlung des Schriftformgebots
stehe der Heilung der Prüfungszweck des Registerverfahrens entgegen.28 Zwar steht außer Frage, dass die Schriftform dem Registergericht die Erfüllung seines Prüfauftrags wesentlich erleichtert. Indessen kommt eine Heilung
des formnichtigen Zeichnungsvertrags ohnehin erst nach
der Registereintragung in Betracht. Dann aber hat sich
dieser Zweck erledigt.29 Ohnehin dürfte der Warn- und
Schutzfunktion die ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Diese wiederum geht vor allem von den spezifischen
Pflichtangaben aus, die § 185 Abs. 1 AktG einfordert. Deren teilweises oder sogar vollständiges Fehlen wird mittels des Heilungstatbestands jedoch gerade überwunden.
Darin kommt die Wertung des Gesetzes zum Ausdruck,
im Spannungsfeld zwischen dem Individualschutz des
Zeichners und dem letztlich der realen Kapitalaufbringung dienenden Bestandsschutz der durchgeführten Kapitalerhöhung zugunsten des zweiten und damit zugleich zu
Lasten des ersten zu entscheiden, wenn der Zeichner die
von ihm getroffene Finanzierungsentscheidung noch einmal nach außen bestätigt, indem er als Aktionär Rechte
wahrnimmt oder Pflichten erfüllt. Vor diesem Hintergrund
wäre es nicht überzeugend, wenn man dem isolierten
Rumpf des bloßen Schriftformerfordernisses, dem im
Vergleich zu den Pflichtangaben jedenfalls keine deutlich
herausgehobene Schutzfunktion zukommt, eine weitergehende, den Fortbestand der Kapitalerhöhung ausschließende Bedeutung zumessen wollte. Ganz im Gegenteil
wurde der Umstand, dass der Mangel der Schriftform dem
in der Norm geregelten Fehlen wesentlicher Angaben
wertungsmäßig gleichsteht, bei der Abfassung der Norm
offensichtlich nicht hinreichend berücksichtigt.
b) Verbot widersprüchlichen Verhaltens
Diese Einsicht bestreiten freilich auch die Gegner einer
Analogie vielfach nicht, vielmehr suchen auch sie nach
einem Weg, dem Zeichner den Einwand fehlender Schriftform endgültig abzuschneiden. Soweit ersichtlich an keiner Stelle erörtert wird dagegen die Möglichkeit, auf diesen Mangel die Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt
anzuwenden, obwohl man diese heute durchgängig auf alle sonstigen Wirksamkeitshindernisse anwendet, die nicht
von § 185 Abs. 3 AktG erfasst werden.30 Der Ansatz, es –
wie bei den anderen Wirksamkeitshindernissen – bei
einem nur vorläufigen Bestandsschutz zu belassen, ist damit zu Recht implizit verworfen. Als Anknüpfungspunkt
27 Vgl. zur Analogiefähigkeit auch von Ausnahmevorschriften Sprau
in Palandt, 73. Aufl. 2014, Einl. z. BGB Rz. 53; Säcker in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2012, Einl. z. BGB Rz. 120 ff.
28 So aber Servatius in Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 185 AktG
Rz. 39.
29 So auch Hunecke, Der Zeichnungsvertrag, 2011, S. 194.
30 Näher sogleich unter III.2.
für eine endgültige Sicherung der Kapitalmaßnahme dient
sodann das Verbot widersprüchlichen Verhaltens als besondere Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Nun ist selbstverständlich nicht zu bestreiten, dass
die Überwindung der Formnichtigkeit mit Hilfe von § 242
BGB zum anerkannten Repertoire der zivilrechtlichen
Methodenlehre gehört.31 Indes geht es dabei um die Gewährleistung von Billigkeit im Einzelfall; dieses Rechtsinstitut ist hingegen nicht geeignet, für einen bestimmten
Vertragstyp generalisierend das Formerfordernis einzuschränken. Legt man diesen Ansatz zugrunde, könnten
daher die Umstände des Einzelfalls und dabei vor allem
subjektive Momente auf Seiten der Gesellschaft wie des
Zeichners nicht ausgeblendet bleiben. Das wiederum würde in das Zeichnungsgeschäft ein unangemessenes Maß
an Rechtsunsicherheit hineintragen; hier besteht ein besonderes Bedürfnis für eine einfach anzuwendende und
damit pauschalierende Anknüpfung.32 Wenn eine solche
darin gefunden wird, dass ein den Einwand fehlender
Schriftform ausschließendes widersprüchliches Verhalten
immer angenommen wird, sofern nur die Voraussetzungen des § 185 Abs. 3 AktG vorliegen, also die Kapitalerhöhung eingetragen ist und der Zeichner seine neue Mitgliedschaft nach außen bestätigt hat,33 so findet diese
Handhabung im Ergebnis uneingeschränkt Zustimmung.
Methodisch wird damit allerdings nur die in Wahrheit vorgenommene entsprechende Anwendung der Vorschrift
kaschiert.
c) Zwischenergebnis
Die ganz auf das Fehlen bestimmter Angaben zugeschnittene Heilungsvorschrift des § 185 Abs. 3 AktG kann nicht
auf sämtliche Wirksamkeitsmängel des Zeichnungsvertrags erstreckt werden. Zu folgen ist aber den Stimmen
derjenigen, die die Heilung eines Schriftformverstoßes
befürworten. Insofern ist eine entsprechende Anwendung
möglich und geboten, weil der Zweck der Heilungsregel
Form und Inhalt des Zeichnungsscheins in gleicher Weise
betrifft und sich der alternativ angebotene Verweis auf das
Verbot widersprüchlichen Verhaltens bei näherem Hinsehen als nicht weiterführend erweist.
2. Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt
a) Anwendbarkeit
Weiterhin unbewältigt bleiben damit sonstige Wirksamkeitsmängel. Hinsichtlich derer besteht heute freilich –
wie nun schon mehrfach betont – Einvernehmen darüber,
dass der Zeichnungsvertrag nach den Grundsätzen der
Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt vorläufig Anerkennung findet, sofern dem nicht ausnahmsweise die besondere Schwere des Unwirksamkeitsgrunds entgegen31 Vgl. nur Einsele in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2012, § 125 BGB
Rz. 57 ff.; Ellenberger in Palandt, 73. Aufl. 2014, § 125 BGB
Rz. 22 ff.
32 So zu Recht Wiedemann in Großkomm/AktG, 4. Aufl. 1995, § 185
AktG Rz. 58; relativierend demgegenüber Hunecke, Der Zeichnungsvertrag, 2011, S. 195.
33 Lutter in KölnKomm/AktG, 2. Aufl. 1989, § 185 AktG Rz. 60; Dürr
in Wachter, 2012, § 185 AktG Rz. 24.
3/2014 Geschriebener und ungeschriebener Bestandsschutz beim aktienrechtlichen Zeichnungsvertrag
Schürnbrand
77
steht, etwa der Zeichner nicht voll geschäftsfähig ist.34 Im
Regelfall hingegen wird der Zeichner zunächst Aktionär
mit allen Rechten und Pflichten, die das Gesetz und der
Zeichnungsvertrag vorsehen. Er kann jedoch von der Gesellschaft verlangen, dass sie seine Beteiligung rückgängig macht.35 Hierzu hat sie ihm einen Interessenten zu vermitteln, der ihm die neu entstandenen Anteile zu einem
angemessenen Preis abnimmt. Gelingt das nicht, ist das
Kapital unter entgeltlicher Einziehung der Aktien herabzusetzen, ohne dass es hierzu eines Hauptversammlungsbeschlusses bedürfte.
lauf würde die Rechtsanwendung vereinfachen und damit
erleichtern. Auch ließe sich mit Blick auf das Parallelproblem im Personengesellschaftsrecht auf die Rechtsprechung des BGH zum fehlerhaften Beitritt zu einer fehlerfreien Personengesellschaft verweisen.39 Danach ist der
Beitritt erst vollzogen, wenn Rechtstatsachen geschaffen
worden sind, an denen die Rechtsordnung nicht vorbeigehen kann. Das wiederum soll – und die Ähnlichkeit der
Formulierung zu § 185 Abs. 3 AktG ist frappierend – erst
dann der Fall sein, wenn der Beitretende Beiträge geleistet
oder gesellschaftsvertragliche Rechte ausgeübt hat.
Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Keinesfalls entfaltet § 185 Abs. 3 AktG eine Sperrwirkung, die einen
weitergehenden Bestandsschutz ausschlösse. Erst in jüngerer Zeit nämlich wurde die Problematik fehlerhafter
Strukturveränderungen als ein umfassendes Phänomen erkannt und eingehend beschrieben; sie konnte daher weder
dem Gesetzgeber des AktG 1965 noch gar des HGB 1897
mit einer Deutlichkeit vor Augen stehen, die aus heutiger
Sicht eine Rechtsfortbildungssperre rechtfertigen könnte.
Im Gegenzug brächte die Rückabwicklung der Kapitalerhöhung mit den Mitteln des allgemeinen Zivilrechts kaum
lösbare Probleme mit sich. Vor allem aber stünden ihr die
Interessen der Gläubiger an der Unantastbarkeit des entstandenen Garantiekapitals entgegen.36 Schließlich lässt
sich die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt auch dogmatisch bruchlos rechtfertigen. Denn
der Zeichnungsvertrag ist nicht bloß ein schlichter schuldrechtlicher Vertrag, der Leistungs- und Rücksichtnahmepflichten begründet. Vielmehr weist er eine Doppelnatur
als auch korporationsrechtliches, strukturänderndes Geschäft auf, weil er zugleich die Grundlage für die neue
Mitgliedschaft schafft.37
Über die Richtigkeit dieser Rechtsprechung ist hier nicht
abschließend zu befinden.40 Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass sie sich nicht ohne weiteres mit der gesetzlichen Regelung der Kommanditistenhaftung in Einklang
bringen lässt.41 Schließlich verdeutlicht gerade die Vorschrift des § 176 Abs. 2 HGB, dass es nach der Vorstellung des Gesetzgebers anders als bei der Gründung für
den Beitritt zu einer bereits bestehenden Gesellschaft keinerlei Außenwirkung bedarf, damit die Mitgliedschaft
entsteht. Jedenfalls überzeugt allein diese Sichtweise für
das Aktienrecht. Bei einem fehlerfreien Ablauf entstehen
nämlich schon mit der Eintragung kraft Gesetzes die neuen Mitgliedschaften; irgendwelcher Zwischenschritte
oder zusätzlicher Mitwirkungshandlungen von Seiten der
Gesellschaft oder des Zeichners bedarf es anerkanntermaßen nicht.42 Hiervon für die fehlerhafte Kapitalerhöhung
abzuweichen, gibt es keinen Anlass, da der Rechtsverkehr
mit der Eintragung der Durchführung der Kapitalmaßnahme im Handelsregister auf die erhöhte Grundkapitalziffer
vertrauen kann und wird. Da diese aber nur Bestand haben
kann, wenn ihr verbindliche Zeichnungsverträge zugrunde liegen, müssen diese zum selben Zeitpunkt ihre (vorläufige) Wirksamkeit erlangen.
b) Relevanter Zeitpunkt
Noch keineswegs ausdiskutiert ist indessen die Frage, ab
welchem Zeitpunkt der fehlerhafte Zeichnungsvertrag in
Vollzug gesetzt ist, ab wann genau mithin der Zeichner zunächst einmal Aktionär mit allen Rechten und Pflichten
wird. Es liegt auf den ersten Blick durchaus nicht fern,
einen Wertungsgleichlauf mit § 185 Abs. 3 AktG anzustreben und daher neben der Eintragung im Handelsregister noch zu verlangen, dass der Zeichner Rechte ausgeübt
oder Verbindlichkeiten erfüllt hat.38 Ein solcher Gleich34 Vgl. dazu bereits oben I.
35 Hierzu und zum Folgenden Zöllner, AG 1993, 68 (74); Kort, ZGR
1994, 291 (314); Lutter in FS Röhricht, 2005, S. 369 (375 ff.); Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 185 AktG Rz. 28; Marsch-Barner in Bürgers/
Körber, 3. Aufl. 2014, § 185 AktG Rz. 23; Peifer in MünchKomm/
AktG, 3. Aufl. 2011, § 185 AktG Rz. 61.
36 Zöllner, AG 1993, 68 (74); Lutter in KölnKomm/AktG, 2. Aufl.
1989, § 185 AktG Rz. 42.
37 Wohl allg. M., s. BGH v. 11.1.1999 – II ZR 170/98, BGHZ 140, 258
(260) = AG 1999, 371 zur GmbH; v. 22.6.1992 – II ZR 178/90, AG
1993, 28 (30) – IBH; Servatius in Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010,
§ 185 AktG Rz. 12; Veil in K. Schmidt/Lutter, 2. Aufl. 2010, § 185
AktG Rz. 4; Wiedemann in Großkomm/AktG, 4. Aufl. 1995, § 185
AktG Rz. 29 f.; Herfs in Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 3. Aufl. 2013, § 6 Rz. 76; Hunecke,
Der Zeichnungsvertrag, 2011, S. 95.
38 Servatius in Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 189 AktG Rz. 8; jeden-
Nach den allgemeinen Grundsätzen der Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt sollte daher der fehlerhafte
Zeichnungsvertrag mit der Eintragung der Durchführung
der Kapitalerhöhung im Handelsregister als vollzogen anzusehen sein. Daran ist auch mit Blick auf § 185 Abs. 3
AktG festzuhalten. Diese Vorschrift knüpft zwar ähnlich
wie die Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt an einen
Rechtsmangel und den gleichwohl erfolgten Vollzug der
Maßnahme an. In der Sache handelt es sich jedoch um
eine Heilungsvorschrift, die nicht nur für vorläufige, sondern für endgültige Bestandskraft sorgt; die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form kann der Zeichner über-
39
40
41
42
falls erwägend Peifer in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2011, § 185
AktG Rz. 63.
BGH v. 14.10.1991 – II ZR 212/90, NJW 1992, 1501 (1502).
Zustimmend etwa Röthel in Henssler/Strohn, 2. Aufl. 2014, § 105
HGB Rz. 141; Weitemeyer in Oetker, 3. Aufl. 2013, § 105 HGB
Rz. 90; Schöne in Bamberger/Roth, 3. Aufl. 2012, § 705 BGB
Rz. 94; ablehnend Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl.
2013, § 705 BGB Rz. 367; sowie schon Wiesner, Die Lehre von der
fehlerhaften Gesellschaft, 1980, S. 150.
Näher Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, 2002, S. 333 f.
Vgl. nur Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 189 AktG Rz. 3; Peifer in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2011, § 185 AktG Rz. 6; Rieder/Holzmann in
Grigoleit, 2013, § 185 AktG Rz. 2.
78
Geschriebener und ungeschriebener Bestandsschutz beim aktienrechtlichen Zeichnungsvertrag 3/2014
Schürnbrand
haupt nicht mehr geltend machen.43 Dass das Gesetz diese
weitgehende Rechtsfolge an eine zusätzliche Betätigung
der Aktionärsstellung anknüpft, lässt daher keinen Rückschluss auf die Behandlung anderweitiger Unwirksamkeitsgründe im Rahmen der Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt zu. Die der Vorschrift zugrunde liegende
Wertung ist mit anderen Worten nicht zu verallgemeinern.44 Vielmehr wird der Zeichner trotz etwaiger Mängel
seiner Willenserklärung oder des Zeichnungsgeschäfts
bereits mit der Eintragung der Kapitalmaßnahme im Handelsregister (zumindest vorläufig) Mitglied, ohne dass es
darauf ankäme, ob er danach noch als Aktionär Rechte
ausgeübt oder Verpflichtungen erfüllt hat. Dies wird zwar
nur vereinzelt explizit ausgesprochen,45 diese Position
kommt aber in nicht wenigen Stellungnahmen implizit dadurch zum Ausdruck, dass allein die Registereintragung
als Anknüpfungspunkt Erwähnung findet.46
3. Rückwirkung auf die Behandlung von
Formmängeln
Wenn aber der Zeichnungsvertrag schon mit der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung im Handelsregister (vorläufige) Wirksamkeit erlangt, ist die bislang
einhellige Auffassung zur Rechtslage bei Formfehlern im
Zeitraum zwischen der Eintragung und der endgültigen
Heilung nach § 185 Abs. 3 AktG überprüfungsbedürftig.
Betroffen davon ist jedenfalls das Fehlen von Pflichtangaben nach § 185 Abs. 1 AktG, nach hier vertretener Ansicht aber auch die Verfehlung der Schriftform als solcher.47 Wie schon geschildert,48 sollen nach bislang einhelliger Auffassung mit der Eintragung zwar die neuen Aktien, aber keine Mitgliedschaft des betroffenen Zeichners
entstehen.49 Vielmehr stünden die Anteile als eigene Aktien der Gesellschaft zu und seien von ihr unter Beachtung
des Kapitalschutzes anderweitig zu verwerten.
Demgegenüber ergibt sich ein deutlich stimmigeres Gesamtbild, wenn man auch insoweit die Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt anwendet und die Aktionärsstellung dem Zeichner zuweist. Dem steht jedenfalls § 185
Abs. 3 AktG nicht entgegen. Wenn diese Vorschrift nämlich anerkanntermaßen in gegenständlicher Hinsicht nicht
abschließend ist, weil sie sich des Problems fehlerhafter
Zeichnungsverträge aus heutiger Sicht nur bruchstückhaft
annimmt, so kann es auch nicht überzeugen, ihr in zeit43 Vgl. oben II.1.
44 Überzeugend Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, 2002,
S. 331.
45 Vogelmann, Die Rechtsfolgen fehlerhafter Strukturänderungen im
Aktienrecht, 2004, S. 255.
46 Vgl. etwa Veil in K. Schmidt/Lutter, 2. Aufl. 2010, § 185 AktG
Rz. 24; Wiedemann in Großkomm/AktG, 4. Aufl. 1995, § 185 AktG
Rz. 65; Marsch-Barner in Bürgers/Körber, 3. Aufl. 2014, § 185
AktG Rz. 23; Hunecke, Der Zeichnungsvertrag, 2011, S. 196 f.
47 Vgl. oben III.1.
48 Vgl. oben II.2.
49 S. nochmals Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 185 AktG Rz. 16; Lutter in
KölnKomm/AktG, 2. Aufl. 1989, § 185 AktG Rz. 53; Peifer in
MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2011, § 185 AktG Rz. 46; MarschBarner in Bürgers/Körber, 3. Aufl. 2014, § 185 AktG Rz. 17;
Rieder/Holzmann in Grigoleit, 2013, § 185 AktG Rz. 27 f.; Dürr in
Wachter, 2012, § 185 AktG Rz. 21; v. Dryander/Niggemann in Hölters, 2011, § 185 AktG Rz. 29.
licher Hinsicht eine Sperrwirkung zu entnehmen. Der bloße Umstand, dass es später zu einer Heilung kommen
kann, die dem Zeichnungsvertrag und der darauf aufbauenden Mitgliedschaft endgültige Bestandskraft verleiht,
steht mit anderen Worten der Annahme einer mit Wirkung
ex nunc abzuwickelnden Mitgliedschaft nach den Regeln
über die fehlerhafte Gesellschaft nicht entgegen. In der
Sache wiederum wiegen die von § 185 Abs. 3 AktG erfassten Formmängel keinesfalls schwerer als andere Mängel, die sich mit der Lehre vom fehlerhaften Organisationakt überwinden lassen. So ist es nicht recht nachvollziehbar, dass der Zeichner Inhaber der neuen Anteile wird,
selbst wenn er arglistig getäuscht wurde, nicht aber, wenn
der Zeichnungsvertrag formnichtig ist, weil im Zeichnungsschein entgegen der Vorgabe des § 185 Abs. 1
Satz 3 Nr. 1 AktG der Tag nicht benannt ist, an dem die Erhöhung des Grundkapitals beschlossen worden ist.50 Geboten ist vielmehr ein Gleichlauf in der rechtlichen Behandlung.
Die Folgen dieser Neuorientierung können für den Betroffenen im Einzelfall gravierend sein. Nach bisheriger Konstruktion ist der Zeichnungsvertrag im Falle eines Formverstoßes nichtig und der Zeichner hat keine Mitgliedschaft erworben, so dass er seine vor der Eintragung geleistete Einlage nach Bereicherungsrecht zurückverlangen kann. Dem steht das in § 57 AktG verankerte Verbot
der Einlagenrückgewähr nicht entgegen, da die Vorschrift
nur für Aktionäre gilt.51 Das gilt nach der hier entwickelten Konzeption nur, wenn dem Zeichnungsvertrag ausnahmsweise jede Anerkennung zu verweigern ist, weil
dem höherrangige Interessen der Allgemeinheit oder besonders schutzwürdiger Personen entgegenstehen. Demgegenüber wird der Zeichner in aller Regel mit der Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister Aktionär;
seine Beteiligung kann nur mit Wirkung für die Zukunft
nach den Regeln über die Kapitalherabsetzung aufgehoben werden. Nach näherer Maßgabe der §§ 237, 225 AktG
dürfen daher Zahlungen an ihn nur unter Beachtung der
berechtigten Interessen der Gläubiger der Gesellschaft erfolgen.52 Bedeutung erlangen die verschiedenen Konzeptionen allerdings nur dann, wenn der Zeichner sich alsbald
nach der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung auf die Unwirksamkeit des Zeichnungsvertrags beruft. Übt er nämlich als Aktionär Rechte aus oder erfüllt er
Verpflichtungen, ist der Formmangel nach § 185 Abs. 3
AktG endgültig geheilt.
IV. Fazit
In § 185 Abs. 3 AktG sind die Folgen eines fehlerhaften
Zeichnungsvertrags nur bruchstückhaft und nicht vollends stimmig bewältigt. Die Vorschrift bedarf daher zum
50 Allgemein aus Sicht der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft
Hadding/Kießling in Soergel, 13. Aufl. 2012, § 705 BGB Rz. 73,
80 ff.; Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 705
BGB Rz. 328, 340.
51 Vgl. Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 185 AktG Rz. 29; Lutter in KölnKomm/AktG, 2. Aufl. 1989, § 185 AktG Rz. 62; daneben Dürr in
Wachter, 2012, § 185 AktG Rz. 21.
52 Näher zur Umsetzung Lutter in FS Röhricht, 2005, S. 369 (375 ff.).
3/2014
Steuer-Journal
einen der Ausdehnung im Wege der Analogie und zum anderen der Ergänzung mit Hilfe der Lehre vom fehlerhaften
Organisationsakt. Dieser Zustand ist rechtspolitisch gewiss nicht vollends befriedigend.53 De lege lata sind jedoch folgende Ergebnisse festzuhalten:
1. Die Heilungsvorschrift des § 185 Abs. 3 AktG findet
jenseits ihres Wortlauts, der allein das Fehlen von Pflichtangaben und die Aufnahme unzulässiger Beschränkungen
in den Zeichnungsschein erfasst, entsprechende Anwendung auf Verstöße gegen das Schriftformgebot des § 185
Abs. 1 Satz 1 AktG.
53 Daher Reformbedarf konstatierend Wiedemann in Großkomm/AktG,
4. Aufl. 1995, § 185 AktG Rz. 8.
79
2. Sonstige Unwirksamkeitsgründe können grundsätzlich
mit Hilfe der Lehre vom fehlerhaften Organisationsakt
(Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft) überwunden
werden. Maßgeblich ist insofern allein die Eintragung der
Durchführung der Kapitalerhöhung im Handelsregister,
auf die Wahrnehmung von Rechten oder die Erfüllung von
Pflichten als Aktionär kommt es nicht an.
3. Entgegen der bislang einhelligen Auffassung erwirbt
die Gesellschaft im Falle eines Formverstoßes die neuen
Aktien mit der Eintragung nicht als eigene, vielmehr ist
die Mitgliedschaft auch dann nach den Regeln des fehlerhaften Organisationsakts regelmäßig dem Zeichner zuzuordnen.
Steuer-Journal
Betriebsveranstaltungen: Vorsicht bei Teilnahme
von „Geschäftsfreunden“
Vorbemerkungen
Der BFH hatte im Jahr 2013 Gelegenheit, seine Rechtsprechung zu der Frage fortzuentwickeln, unter welchen
Voraussetzungen die Teilnahme von Arbeitnehmern an
Betriebsveranstaltungen zu einem steuerbaren Lohnzufluss führt (vgl. BFH v. 16.5.2013 – VI R 93/10, BFH/NV
2014, 14; v. 16.5.2013 – VI R 94/10, BFH/NV 2013,
1846; v. 16.5.2013 – VI R 7/11, BFH/NV 2013, 1848). Die
damit einhergehende Präzisierung der Rechtsprechung ist
zu begrüßen. Sie stellt klare Leitlinien auf und gibt der
Praxis ein stärkeres Maß an Rechtssicherheit. Zudem
führt sie sowohl für die Unternehmen als auch für ihre
Mitarbeiter in der Regel zu günstigeren Ergebnissen, beispielsweise hinsichtlich der rechnerischen Verteilung der
Veranstaltungskosten auf sämtliche Teilnehmer.
Allerdings ist nach wie vor Vorsicht geboten, sofern auch
„Geschäftsfreunde“ an Betriebsveranstaltungen teilnehmen.
Allgemein: Teilnahme von Arbeitnehmern
Nach ständiger Rechtsprechung können auch Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen im ganz
überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen. Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen
auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter,
bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht. Das eigenbetriebliche Interesse des
Arbeitgebers an der Durchführung solcher Veranstaltungen ist insbesondere in der Förderung des Kontakts der
Arbeitnehmer untereinander und in der Verbesserung des
Betriebsklimas zu sehen. Aus Gründen einer einheitlichen
Rechtsanwendung hat der BFH jedoch typisierend festgelegt, ab wann den teilnehmenden Arbeitnehmern geldwerte Vorteile von solchem Eigengewicht zugewandt werden,
dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden
kann: Bei Überschreiten einer Freigrenze von 110 c (inkl.
Umsatzsteuer) sind die Zuwendungen des Arbeitgebers in
vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren (näher BFH v. 12.12.2012 – VI R 79/10, BFH/NV
2013, 637).
Positiv kann festgehalten werden, dass nach der nunmehr
geänderten Rechtsprechung für die Annahme von Arbeitslohn zusätzlich erforderlich ist, dass die Teilnehmer
der Veranstaltung durch die Leistungen objektiv bereichert sein müssen. Zu einer objektiven Bereicherung führen nur solche Leistungen, die von den teilnehmenden Arbeitnehmern unmittelbar konsumiert werden können (insbesondere Speisen, Getränke, Musikaufführungen etc.).
Aufwendungen des Arbeitgebers für die Ausgestaltung
der Betriebsveranstaltung (z.B. Miete des Veranstaltungssaals, Beauftragung eines Eventveranstalters, Gestellung
von Sicherheitspersonal) bereichern die Teilnehmer nicht.
Derartige Aufwendungen bleiben bei der Ermittlung der
maßgeblichen Kosten unberücksichtigt.
Sonderfall: Teilnahme von „Geschäftsfreunden“
Die o.g. Entscheidungen betreffen die lohnsteuerliche
Einordnung der Aufwendungen, die im Zusammenhang
mit der Durchführung von Betriebsveranstaltungen anfallen. Sie geben jedoch wichtige Anhaltspunkte, wie die
Teilnahme von „Geschäftsfreunden“ an solchen Veranstaltungen steuerlich zu beurteilen ist. Hintergrund ist die
in jüngster Zeit leider verstärkt zu beobachtende Tendenz,
dass die Finanzämter die Veranstaltungskosten, die auf
andere als Arbeitnehmer – also insbesondere auf „Geschäftsfreunde“ – entfallen, in ihrer Abzugsfähigkeit anzweifeln.
Oftmals stellen die Finanzbehörden schon die betriebliche
Veranlassung der Veranstaltungen als solche in Zweifel.
Dies ist systematisch unzutreffend. Eine Kapitalgesell-
80
Steuer-Journal
schaft wie z.B. die Aktiengesellschaft verfügt aus steuerlicher Sicht über keine außerbetriebliche private Sphäre.
Sie verfügt nur über eine einheitliche Vermögenssphäre,
die zwingend betrieblichen Charakter hat (st. Rspr., vgl.
z.B. BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, BFH/NV 1997, 190 =
GmbHR 1997, 317) Das heißt, bei Kapitalgesellschaften
sind sämtliche Aufwendungen handelsrechtlich und damit auch steuerlich Betriebsausgaben. (instruktiv Frotscher in Frotscher/Maas, Stand Mai 2008, § 8 KStG
Rz. 22 m.w.N.). Aufwendungen für die Durchführung
einer Betriebsveranstaltung sind nach allgemeinen
Grundsätzen betrieblich veranlasst und stellen Betriebsausgaben dar. Hierbei ist es unerheblich, ob die Aufwendungen auf eigene Mitarbeiter oder auf „Geschäftsfreunde“ entfallen.
Darüber hinaus sind Fälle bekannt, in denen Finanzämter
die Auffassung vertreten, bei den anteiligen Aufwendungen der Betriebsveranstaltung für „Geschäftsfreunde“
handele es sich um nichtabzugsfähige Betriebsausgaben
i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG (Freigrenze für „Geschenke“ i.H.v. 35 c [exkl. Umsatzsteuer]). Dieser Ansatz
führt jedoch nach richtiger Auffassung ebenfalls in aller
Regel nicht zur Versagung des Betriebsausgabenabzugs.
Die Vorschrift steht dem Betriebsausgabenabzug insbesondere dann nicht entgegen, wenn es sich um (Betriebs-)
Veranstaltungen mit eingeschränktem gesellschaftlichen
Charakter wie z.B. um Informationsveranstaltungen,
Workshops o.Ä. handelt.
Der Begriff des Geschenks i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1
EStG entspricht dem Begriff der bürgerlich-rechtlichen
Schenkung. Eine Schenkung ist nach § 516 Abs. 1 BGB
eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen
einen anderen bereichert, wenn beide Teile darüber einig
sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt (grundlegend BFH v. 23.6.1993 – I R 14/93, BStBl. II 1993, 806).
Dies ist jedoch gerade bei „Geschäftsfreunden“, die an
einer – aus ihrer Sicht: erst recht – beruflich bzw. geschäftlich motivierten Veranstaltung teilnehmen, nicht der Fall:
Eine Zuwendung im o.g. Sinn setzt eine objektive Bereicherung auf Seiten des Empfängers voraus. Bei diesem
muss eine Vermögensmehrung in Form eines geldwerten
Vorteils eintreten. Die geschenkte – nicht selten lästige
bzw. unliebsame – Teilnahme des „Geschäftsfreunds“ an
einer Informationsveranstaltung oder einem Workshop
eines Geschäftspartners oder Kunden besitzt allerdings im
Wirtschaftsverkehr keinen Geldwert (Bei [Informations-]Reisen beispielsweise geht die Rechtsprechung davon aus, dass diese nur dann einen Geldwert im Wirtschaftsverkehr besitzen, wenn sie nach der Art ihrer
Durchführung auch als Pauschalreise gegen Entgelt angeboten und buchbar sind [BFH v. 23.6.1993 – I R 14/93,
BStBl. II 1993, 806; FG Rheinland-Pfalz v. 13.2.1998 – 3
K 2930/94, n.v. (juris)]. Ist die konkrete Reise hingegen
hinsichtlich der Durchführung, also insbesondere hinsichtlich des Programms, so gestaltet, dass sie im allgemeinen Wirtschaftsverkehr keinen Geldwert besitzt, fehlt
es an einer Bereicherung [zutreffend Alvermann, AG
2007, 236; vgl. auch FG Baden-Württemberg v. 11.3.1999
3/2014
– 6 K 292/97, n.v. (juris); FG Bremen v. 4.7.2000 299108
K 5, n.v. (juris)]). Das Gegenteil ist der Fall. Dies erkennt
man z.B. daran, dass die Teilnahme an derartigen Veranstaltungen nicht am allgemeinen Markt gegen Entgelt angeboten werden. Es kann in diesem Zusammenhang allenfalls von einer – steuerlich unbeachtlichen – aufgedrängten Bereicherung gesprochen werden. Mangels objektiver
Bereicherung der teilnehmenden „Geschäftsfreunde“
scheidet eine Betriebsausgabenkürzung nach § 4 Abs. 5
Nr. 1 EStG aus.
Die Abzugsfähigkeit der Betriebsausgaben wäre selbst
dann gegeben, wenn man – m.E. unzutreffend – das Vorliegen eines Geschenks i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG
unterstellen würde. Die Rechtsfolgen des § 4 Abs. 5
Satz 1 Nr. 1 EStG treten nicht ein, wenn die Zuwendung
dem Empfänger Betriebsausgaben oder Werbungskosten
erspart und deshalb bei ihm nicht der Bereich der Kosten
der allgemeinen Lebensführung gem. § 12 Nr. 1 EStG berührt ist. Zwar hat der BFH eine solche einschränkende
Auslegung der Vorschrift in der bereits zitierten Entscheidung vom 23.7.1993 noch ausdrücklich offengelassen.
Die Finanzgerichtsbarkeit hat sie jedoch ausdrücklich bejaht (FG Brandenburg v. 19.3.2003 – 2 K 2408/00, EFG
2003, 832; FG Düsseldorf v. 4.6.2002 – 3 K 3044/98 E,
EFG 2002, 1227). Auch die Finanzverwaltung wendet
diese Grundsätze dem Grunde nach an (vgl. R 4.10 Abs. 2
Satz 4 EStR). Im Übrigen folgt auch der ganz überwiegende Teil der Literatur dieser Auffassung (so z.B. Heinicke in Schmidt, 32. Aufl. 2013, § 4 EStG Rz. 537; Crezelius in Kirchhof, 12. Aufl. 2013, § 4 EStG Rz. 198; Bahlau in Herrmann/Heuer/Raupach, Loseblatt, § 4 EStG
Rz. 1158; schon frühzeitig Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 4 EStG Rz. G 50 [Mai 1995]. Diese Rechtsprechung gilt darüber hinaus auch für die Zuwendung von
Reisen durch den Steuerpflichtigen [zutreffend Alvermann, AG 2007, 236]).
Danach kommt das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1
Nr. 1 EStG nicht zur Anwendung, wenn sowohl bei dem
Zuwendenden als auch bei dem Empfänger eine betriebliche/berufliche Veranlassung im Vordergrund steht. Das
heißt, eine etwa vorhandene private (Mit-)Veranlassung
muss von untergeordneter Bedeutung sein. Dies ist insbesondere mit Blick auf Informationsveranstaltungen,
Workshops etc. eines Geschäftspartners bzw. Kunden der
Fall: Sowohl bei dem veranstaltenden Unternehmen als
auch bei den teilnehmenden „Geschäftsfreunden“ steht
regelmäßig eine betriebliche/berufliche Veranlassung im
Vordergrund. Ursache und Anlass ist die jeweilige Geschäftsbeziehung. Dies liegt in der Natur der Sache. Nach
den o.g. Grundsätzen lägen bei den an diesen Veranstaltungen teilnehmenden „Geschäftsfreunden“ Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben vor, sofern sie die Aufwendungen selbst getragen hätten. Der Teilnahme an der Veranstaltung des Geschäftspartners, Kunden etc. liegt ein
unmittelbarer beruflicher bzw. betrieblicher Anlass zugrunde. Im Gegenzug entfällt auf Ebene des veranstaltenden Unternehmens das Betriebsausgabenabzugsverbot
des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG.
3/2014
Kommentar
Kocher / Lönner
Der BFH hat sich bislang – soweit erkennbar – noch nicht
ausdrücklich mit der Anwendbarkeit des § 4 Abs. 5 Satz 1
Nr. 1 EStG auf den Teil der Aufwendungen einer Betriebsveranstaltung, der auf die Teilnahme von „Geschäftsfreunden“ entfällt, beschäftigt. Es wäre daher zu
begrüßen, wenn der BFH im Lichte der aktuellen lohnsteuerlichen Entscheidungen auch letzte Zweifel an der
81
Abzugsfähigkeit von Veranstaltungskosten bei der Teilnahme von „Geschäftsfreunden“ höchstrichterlich ausräumen würde.
RA FAStR Dr. Thorsten Zumwinkel,
Streck Mack Schwedhelm, München
Kommentar
RA Dr. Dirk Kocher, LL.M. / RA Dr. Andreas Lönner, Hamburg*
Erforderlichkeit, Nachfrageobliegenheiten und
Gremienvertraulichkeit – Begrenzungen des Auskunftsrechts
in der Hauptversammlung
Kommentar zu BGH v. 5.11.2013 – II ZB 28/12, AG 2014, 87
Der BGH hat eine Grundlagenentscheidung zu § 131
AktG gefällt: Das Auskunftsrecht bleibt auf Informationen
beschränkt, die für die Beurteilung von Tagesordnungspunkten erforderlich sind. Zusätzlich hat der BGH wichtige Leitlinien zu Nachfrageobliegenheiten der Aktionäre
und Auskunftsverweigerungsmöglichkeiten wegen Gremienvertraulichkeit aufgestellt.
I. Einleitung
Das Auskunftsrecht ist eines der wichtigsten Aktionärsrechte. Zugleich dominiert sein z.T. exzessiver Gebrauch
die Hauptversammlungspraxis mit negativen Konsequenzen: Der Aufwand für das Back-Office und die Anfechtungsrisiken wegen angeblich nicht vollständiger oder
richtiger Antworten sind beachtlich. Auch andere Aktionäre werden beeinträchtigt, wenn Einzelne die Dauer
einer Hauptversammlung durch exzessive Fragen in die
Länge ziehen oder deswegen generelle Beschränkungen
des Rede- und Fragerechts erforderlich werden, die zu
Lasten der übrigen Aktionäre gehen. Daher ist ein sinnvoller Ausgleich aller beteiligten Interessen erforderlich.
Hierzu hat der BGH einen wichtigen Beitrag geleistet.
II. Erforderlichkeit der Auskunftserteilung
1. Hintergrund
§ 131 Abs. 1 Satz 1 AktG begrenzt den Auskunftsanspruch auf Angelegenheiten der Gesellschaft, die „zur
sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich“ sind. Das ist wichtig, um missbräuchlich ausufernde Auskunftsbegehren zu verhindern und die
Hauptversammlung nicht mit für die Tagesordnung uner* Der Autor Kocher ist Rechtsanwalt und Partner, der Autor Lönner ist
Rechtsanwalt bei Latham & Watkins LLP in Hamburg.
heblichen Fragen zu belasten.1 In der Literatur wurde seit
2009 vertreten, dies sei mit Art. 9 Abs. 1 der Aktionärsrechterichtlinie2 nicht vereinbar, der eine solche Beschränkung nicht kennt.3 Dem sind die Instanzgerichte4
und der überwiegende Teil der Literatur5 nicht gefolgt.
Nun hat auch der BGH bestätigt, dass das Kriterium der
Erforderlichkeit mit der Aktionärsrechterichtlinie vereinbar ist.
2. Argumentation des BGH
Nach Auffassung des BGH spricht einiges dafür, dass das
Fragerecht und die Antwortpflicht der Gesellschaft nicht
schon nach Art. 9 Abs. 1 der Aktionärsrechterichtlinie auf
die zur Beurteilung eines Gegenstands der Tagesordnung
erforderlichen Informationen beschränkt sind.6 Der Senat
geht zutreffend davon aus, dass die Beschränkung der
Auskunftspflicht sich jedenfalls innerhalb des den Mitgliedstaaten durch Art. 288 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 9
Abs. 2 Satz 1 Fall 2 der Aktionärsrechterichtlinie eröffneten Spielraums bewegt und geeignet und erforderlich ist,
1 BGH v. 18.10.2004 – II ZR 250/02, AG 2005, 87 = NZG 2005, 77.
2 Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
v. 11.7.2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären
in börsennotierten Gesellschaften, ABl. EU Nr. L 184 v. 14.7.2007,
17.
3 Kersting, ZIP 2009, 2317 ff.; Kersting in KölnKomm/AktG, 3. Aufl.
2010, § 131 AktG Rz. 112 ff.; Kersting in FS Hoffmann-Becking,
2013, S. 651 ff.
4 OLG Stuttgart v. 29.2.2012 – 20 W 5/11, AG 2012, 377; OLG
Frankfurt v. 8.11.2012 – 21 W 33/11, AG 2013, 302.
5 Ausführlich Kocher/Lönner, AG 2010, 153 ff.; Reger, NZG 2013,
48 ff. Ablehnend auch Marsch-Barner in Marsch-Barner/Schäfer,
Hdb. börsennotierte AG, 3. Aufl. 2014, § 34 Rz. 50; Widder/Klabun,
EWiR 2013, 67 (68); Pöschke, ZIP 2010, 1221 ff.
6 BGH v. 5.11.2013 – II ZB 28/12, AG 2014, 87 – Rz. 21 – in diesem
Heft (Vorinstanz: OLG Frankfurt v. 8.11.2012 – 21 W 33/11, AG
2013, 302); i.E. bereits ebenso Kocher/Lönner, AG 2010, 153 (154).
82
Kommentar
Kocher / Lönner
um das Ziel der Richtlinie zu erreichen, die Aktionärsrechte zu stärken.7
Nach Art. 9 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 der Aktionärsrechterichtlinie bestehen Fragerecht und Antwortpflicht nur vorbehaltlich von Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten ergreifen, um den „ordnungsgemäßen Ablauf von Hauptversammlungen“ zu gewährleisten. Der BGH betont, dass
weder Wortlaut noch Systematik, Entstehungsgeschichte
oder Zielsetzung der Aktionärsrechterichtlinie einer Regelung der Reichweite des Auskunftsrechts durch ein Erforderlichkeitskriterium entgegenstehen.
Ansätzen in der Literatur, wonach derartige Maßnahmen
nur solche organisatorischer Art sein könnten, erteilt das
Gericht eine klare Absage.8 Er trägt damit den Erfahrungen der Hauptversammlungspraxis Rechnung, dass organisatorische Maßnahmen wie die zeitliche Beschränkung
des Rede- und Fragerechts alleine gerade nicht genügen,
um den ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung trotz einer Flut nicht erforderlicher Fragen zu gewährleisten.9
Im Gegenteil würden solche Maßnahmen Rechte anderer
Aktionäre beeinträchtigen, wenn die Gesellschaft Auskünfte auf eine Vielzahl von Fragen eines einzelnen Aktionärs geben müsste, die objektiv nicht erheblich sind.10
Denn dies ginge letztlich zu Lasten der insgesamt zur Verfügung stehenden Zeit, ohne dass damit ein Erkenntnisgewinn für die zur Entscheidung anstehenden Tagesordnungspunkte verbunden wäre.
In diesem Zusammenhang betont der BGH unter Verweis
auf die Zielsetzung der Aktionärsrechterichtlinie, die Aktionäre in die Lage zu versetzen, ihr Stimmrecht in der
Hauptversammlung „in Kenntnis der Sachlage“ auszuüben, dass das Auskunftsrecht nicht nur ein Individualrecht ist, sondern zugleich zur Meinungs- und Urteilsbildung anderer Aktionäre in der Hauptversammlung beiträgt.11 Die Beschränkung der Auskunftspflicht auf erforderliche Informationen sorge für einen angemessenen
Ausgleich der Informationsinteressen Einzelner mit dem
allgemeinen Interesse an einer zielgerichteten und sachbezogenen Information. Dem ist vollumfänglich zuzustimmen.12
Dieses Auslegungsergebnis von Art. 9 Abs. 2 Satz 1
Fall 2 der Aktionärsrechterichtlinie ist eindeutig genug,
dass der BGH den Fall ohne Vorlage an den EuGH nach
der acte-claire-Doktrin13 selbst entscheiden konnte.
7 BGH v. 5.11.2013 – II ZB 28/12, AG 2014, 87 – Rz. 21, 27 ff. im
Anschluss an Kocher/Lönner, AG 2010, 153 (155 f.).
8 So Kersting in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 651 (660); Pöschke,
ZIP 2010, 1221 (1222 f.). Wie hier dagegen Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2011, § 7 Rz. 23.
9 BGH v. 5.11.2013 – II ZB 28/12, AG 2014, 87 – Rz. 35; zuvor bereits Kocher/Lönner, AG 2010, 153 (156).
10 BGH v. 5.11.2013 – II ZB 28/12, AG 2014, 87 – Rz. 35.
11 BGH v. 5.11.2013 – II ZB 28/12, AG 2014, 87 – Rz. 33.
12 Gleichsinnig E. Vetter, EWiR 2014, 37 (38); a.A. Kersting, ZIP
2013, 2460 ff.
13 Dazu EuGH v. 15.9.2005 – C-495/03, Slg. 2005, I-8151 – Rz. 39.
Vorliegend die Voraussetzungen ablehnend Kersting, ZIP 2013,
2460 (2462 f.).
3/2014
3. Praktische Auswirkungen des
Erforderlichkeitskriteriums
Der hier kommentierte Beschluss erging in einem Auskunftserzwingungsverfahren nach § 132 AktG. Auch dort
gilt, dass nur die Erteilung von für die Beurteilung von Tagesordnungspunkten erforderlichen Informationen durchgesetzt werden kann. Das Auskunftserzwingungsverfahren stellt zugleich sicher, dass die Erforderlichkeit nicht
unverhältnismäßig ausgelegt wird, indem es die Anwendung des Kriterium gerichtlicher Kontrolle unterwirft.14
Eine größere Rolle spielt das Auskunftsrecht allerdings in
Anfechtungsklagen, die oft auf seine angebliche Verletzung gestützt werden. Schon vor der Entscheidung des
BGH hätte die Nichterteilung von nicht erforderlichen Informationen richtigerweise mangels Relevanz und Wesentlichkeit keine Anfechtung getragen.15
Die größte Bedeutung hat die Entscheidung für die Hauptversammlungspraxis, die sich wieder uneingeschränkt auf
das Kriterium der Erforderlichkeit verlassen kann. Zuvor
war die Konzentration der Hauptversammlungsdebatte
auf relevante Fragestellungen nur unter Inkaufnahme von
Anfechtungsrisiken möglich, da die Vereinbarkeit des Erforderlichkeitskriteriums mit der Aktionärsrechterichtlinie gerade nicht gerichtlich geklärt war. Der BGH ermöglicht eine Versammlungsführung, die im Interesse aller
Aktionäre zeitlich und inhaltlich auf die relevanten Punkte konzentriert ist.
III. Nachfrageobliegenheit
In der Hauptversammlungspraxis rügen klagewillige Aktionäre routinemäßig, ihre Fragen seien nicht hinreichend
oder gar nicht beantwortet worden. Das geschieht oft pauschal und ohne Nennung der einzelnen Fragen oder gar
der für die Beantwortung der Frage noch fehlenden Aspekte. Entsprechend schwierig ist es für den Vorstand und
seine Berater – selbst wenn sie auskunftswillig sind – mit
weiteren Antworten gezielt nachzubessern. Häufig findet
dann ein Pingpongspiel von pauschalen Nachfragen oder
Rügen und weiteren Antworten statt, das ersichtlich der
Vorbereitung von Anfechtungsklagen dient, ohne den Aktionären echten Erkenntnisgewinn zu bringen.
Dem lässt sich nur dadurch begegnen, dass man eine Mitwirkungsobliegenheit des fragenden Aktionärs anerkennt: Wem es wirklich um die Information geht und nicht
um die Provokation von Fehlern, der wird so konkret
nachfragen, dass der Vorstand klar erkennen kann, welche
Information noch gewünscht wird. Dies hat der BGH für
eine wichtige Konstellation geklärt:
Aktionärsfragen sind oft entweder sehr pauschal gestellt
oder enthalten eine Vielzahl von Details, die selten alle für
die Beurteilung eines Tagesordnungspunktes – und sei es
der Entlastung der Mitglieder der Verwaltung – relevant
sind. Der BGH hat offen gelassen, ob dann jedenfalls der
14 BGH v. 5.11.2013 – II ZB 28/12, AG 2014, 87 – Rz. 36.
15 Kersting, ZIP 2009, 2317 (2323 f.); Kocher/Lönner, AG 2010, 153
(157); Widder/Klabun, EWiR 2013, 67 (68).
3/2014
Kommentar
Kocher / Lönner
erforderliche Teil zu beantworten ist,16 was praktisch üblich und zu empfehlen ist. Jedenfalls erkennt der BGH
eine konkrete Nachfrageobliegenheit des Aktionärs an,
der deutlich zu machen hat, welche – erforderlichen – Detailauskünfte ihm fehlen. Das gilt sowohl für vermeintlich
nicht vollständig beantwortete pauschale Fragen17 als
auch für Fragen nach einer Vielzahl von Informationen,
die z.T. nicht erforderlich sind.
Dem ist für beide Konstellationen zuzustimmen. Gerade
wenn ein Aktionär durch eine sehr weite Fragestellung
oder Fragen auch nach nicht erforderlichen Informationen
selbst mit dafür verantwortlich ist, dass Unklarheiten über
die noch fehlenden aber wegen ihrer Erforderlichkeit geschuldeten Informationen bestehen, ist es diesem Aktionär zuzumuten, diese Unklarheiten durch konkrete und
eindeutige Nachfragen auszuräumen. Ansonsten liegt der
Verdacht nahe, dass es ihm nicht in erster Linie um die Informationen geht. Jedenfalls verhält er sich widersprüchlich.18
Richtigerweise muss man noch weitergehen: Auch wenn
ein Aktionär konkret nach einer Vielzahl von Informationen fragt, die alle erforderlich sind, kann es in der Eile
einer Hauptversammlung vorkommen, dass einzelne Fragen nicht vollständig beantwortet wurden, ohne dass dies
auf bösem Willen beruht. Wenn dann Vorstand und/oder
Versammlungsleiter zu verstehen geben, dass aus ihrer
Sicht alle Fragen beantwortet sind, spätestens aber auf
Nachfrage des Versammlungsleiters, ob noch Fragen unbeantwortet geblieben sind,19 ist es dem Aktionär zumutbar, eine konkrete und deutliche Nachfrage zu stellen. Das
gilt jedenfalls solange, wie er davon ausgehen kann, dass
die Verwaltung eine Beantwortung seiner Frage nicht ablehnt,20 sondern sie vielleicht nicht richtig verstanden hat
oder ihr eine Nachlässigkeit unterlaufen ist. Wer dann
schweigt und lieber Anfechtungsklage erhebt oder ein
Auskunftserzwingungsverfahren anstrengt, statt die Verwaltung darauf hinzuweisen, handelt treuwidrig und erweckt den Verdacht, dass es ihm nicht um eine zeitnahe
Informationserteilung geht. Der Nachfrageobliegenheit
genügt aber nur eine konkrete und präzise Nachfrage, auf
deren Grundlage der Vorstand klar bestimmen kann, welche erforderliche Information noch gewünscht wird.
Nicht genügend sind die in der Praxis häufig vorkommenden pauschalen Rügen, es seien nicht alle Fragen beant16 Bejahend KG v. 24.8.1995 – 2 W 1255/95, ZIP 1995, 1585 (1589);
verneinend Spindler in K. Schmidt/Lutter, 2. Aufl. 2010, § 131
AktG Rz. 31; Decher in Großkomm/AktG, 4. Aufl. 2001, § 131
AktG Rz. 155.
17 Dazu schon OLG Hamburg v. 12.1.2001 – 11 U 162/00, AG 2001,
359 (360); Drinhausen in Hölters, 2011, § 131 AktG Rz. 22; Kersting in KölnKomm/AktG, 3. Aufl. 2010, § 131 AktG Rz. 266.
18 Dazu Bredol, NZG 2012, 613 (614 ff.).
19 Dazu LG München I v. 13.4.2006 – 5HK O 4326/05, AG 2007, 255
(257); Decher in Großkomm/AktG, 4. Aufl. 2001, § 131 AktG
Rz. 395; Kersting, in KölnKomm/AktG, 3. Aufl. 2010, § 131 AktG
Rz. 394; Kubis in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2013, § 131 AktG
Rz. 75.
20 Das OLG Köln v. 28.7.2011 – 18 U 213/10, AG 2011, 838 (839)
hatte die Absicht zur Beantwortung offener Fragen konkret verneint,
da der Versammlungsleiter nur dazu aufforderte, offene Fragen zu
Protokoll zu geben.
83
wortet worden oder gar, keine der Fragen sei vollständig
beantwortet worden.21 Dann weiß die Verwaltung nicht,
welche Informationen noch fehlen und kann nicht richtig
nachbessern. Nur das führt aber zu einer Verbesserung der
Informationslage für alle Aktionäre.
IV. Gremienvertraulichkeit
Aktionäre fragen häufig, womit sich Vorstand und v.a.
Aufsichtsrat beschäftigen und was sie auf welcher Grundlage und mit welcher Mehrheit beschlossen haben. Das ist
grundsätzlich legitim, da der Aktionär ein berechtigtes Interesse hat, etwas über die Tätigkeit der Organmitglieder
zu erfahren, über deren Entlastung er abstimmen soll.
Andererseits gibt es ein schützenswertes Interesse an
einer gewissen Gremienvertraulichkeit: Eine wirklich offene Diskussion kann in Vorstand und Aufsichtsrat nur
stattfinden, wenn die Mitglieder nicht befürchten müssen,
dass jedes Wort in der Hauptversammlung publik wird.
Eine offene Diskussion fördert im Unternehmensinteresse
einen unvoreingenommenen Austausch über die besten
Handlungsoptionen. Das liegt auch im Interesse der Aktionäre.
Um dieses Spannungsverhältnis aufzulösen, erkennt der
BGH in bestimmtem Umfang ein Auskunftsverweigerungsrecht an. Ob dies auf § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG
zu stützen ist22 oder ein eigenständiges Recht darstellt,23
lässt er offen, da diese Frage für den Umfang des Verweigerungsrechts nichts hergibt.
Der BGH erkennt das Auskunftsverweigerungsrecht jedenfalls für den Inhalt der Diskussionen im Aufsichtsrat
an sowie für das Abstimmungsverhalten der Mitglieder.
Das gilt unabhängig davon, ob der Gegenstand der Beratung selbst vertraulich ist.24 Offen gelassen hat der BGH,
ob hiervon auch der Inhalt von Tagesordnungspunkten des
Aufsichtsrats und seiner Beschlüsse erfasst ist.25 In einem
weiteren Punkt verbleibt eine Unsicherheit: Der BGH
geht davon aus, dass auch dieses Auskunftsverweigerungsrecht im Einzelfall zurücktreten kann, wenn ein objektiv begründeter Verdacht schwerwiegender Pflichtverletzung vorliegt.26 Das mag in einer Hauptversammlung
schwer zu beurteilen sein.
21 Das verkennt das OLG Köln v. 28.7.2011 – 18 U 213/10, AG 2011,
838 (839), das eine solche pauschale Rüge anerkennt und eine Überwachungspflicht der Fragenbeantwortung nur bei der AG sieht. Dagegen zu Recht Bredol, NZG 2012, 613 (615 f.) und E. Vetter, EWiR
2014, 37 (38). Wie hier auch Wachter in Wachter, 2012, § 131 AktG
Rz. 18.
22 Kersting, in KölnKomm/AktG, 3. Aufl. 2010, § 131 AktG Rz. 306,
374.
23 Drygala in K. Schmidt/Lutter, 2. Aufl. 2010, § 171 AktG Rz. 15.
24 Im Anschluss an BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325
(331 f.); soweit reicht jedenfalls auch die Verschwiegenheitspflicht
des Aufsichtsrats, vgl. Habersack in MünchKomm/AktG, 3. Aufl.
2008, § 116 AktG Rz. 54.
25 Dafür z.B. LG Mannheim v. 7.4.2005 – 23 O 102/04, AG 2005, 780
(781); nur bei konkretem Bedarf dagegen Heidel in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2011, § 131 AktG Rz. 28.
26 BGH v. 5.11.2013 – II ZB 28/12, AG 2014, 87 – Rz. 49 im Anschluss an BGH v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 = AG
2009, 285 – Rz. 43.
84
Rechtsprechung
Wenig geklärt ist bisher, ob vergleichbare Grundsätze für
den Vorstand gelten. Richtigerweise ist das zu bejahen,27
weil sich auch dessen Verschwiegenheitspflicht darauf erstreckt.28
27 Zutreffend LG München I v. 13.4.2006 – 5HK O 4326/05, AG 2007,
255 (257).
28 Vgl. Spindler in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2008, § 93 AktG
Rz. 100.
3/2014
V. Ergebnis
Der Entscheidung des BGH ist zuzustimmen. Sie bewahrt
das Kriterium der Erforderlichkeit, um die knappe Zeit
einer Hauptversammlung im Interesse aller Aktionäre auf
die wichtigen Fragen zu konzentrieren. Zudem betont sie
die Mitwirkungsobliegenheiten von Aktionären, die deutlich zu machen haben, welche Informationen ihnen konkret noch fehlen, und stärkt das Prinzip der Gremienvertraulichkeit
Rechtsprechung
Expertenhaftung von Wirtschaftsprüfern
BGB §§ 31, 249, 826, 840
Zur Frage der Haftung eines Wirtschaftsprüfers wegen
vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern
durch irreführende Äußerungen bei Vorträgen und Veranstaltungen mit Vertriebsmitarbeitern über die Werthaltigkeit von Beteiligungen.
BGH, Urt. v. 19.11.2013 – VI ZR 336/12
■
Tatbestand
[1] Die Kläger verlangen von der Beklagten zu 1), einer
Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH,
und ihrem Geschäftsführer, dem Beklagten zu 2), einem
Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer, Schadensersatz im Zusammenhang mit Kapitalanlagen bei Unternehmen der sog.
E-Gruppe.
[2] Die Beklagte zu 1) war in den Jahren 1998–2002 mit der
Prüfung der Jahresabschlüsse von Gesellschaften der EGruppe beauftragt, zu der auch die G. AG und die K. AG gehörten. Die Kläger zeichneten im Mai 2000 eine Beteiligung
als atypisch stille Gesellschafter an der G. AG über eine Rateneinlage von 108.000 DM mit einem Agio von 8.640 DM.
Sie zeichneten außerdem Beteiligungen als atypisch stille Gesellschafter an der K. AG. über Einmaleinlagen von
9.523,81 c nebst Agio von 476,19 c im Oktober 2002 und
von 10.000 c im Juli 2004. Die beiden Beteiligungen an der
K. AG finanzierten die Kläger mit Hilfe von Darlehen. Am
13.12.2005 stellten die G. AG und die K. AG Insolvenzantrag. Die Insolvenzverfahren wurden eröffnet.
[3] Die Kläger verlangen von den Beklagten wegen behaupteter Zahlungen auf die Kapitalanlagen und wegen behaupteter Zinsaufwendungen für die Darlehen Schadensersatz i.H.v.
57.173,71 c nebst Zinsen und Rechtsanwaltskosten sowie die
Feststellung, dass ihren Ansprüchen vorsätzlich begangene
unerlaubte Handlungen der Beklagten zugrunde liegen. Sie
stützen die Ansprüche auf angeblich inhaltlich falsche Äußerungen des Beklagten zu 2), mit denen dieser die E-Gruppe
im Rahmen von Seminarveranstaltungen in den Jahren 1999
und 2000 auf Malta und in Würzburg vor Vertriebsmitarbeitern zu positiv dargestellt habe und welche die Kläger, an die
die Äußerungen weitergegeben worden seien, zur Zeichnung
der Anlagen veranlasst hätten. ... [Die Klagen hatten im Wesentlichen Erfolg.]
䉴 Aus den Entscheidungsgründen
I. ...
II.
[6] ... Die Beklagten haften den Klägern aus vorsätzlicher
sittenwidriger Schädigung gem. §§ 826, 840 Abs. 1, 31 BGB.
1. Sittenwidrigkeit
[7] Das Berufungsgericht hat das Verhalten des Beklagten
zu 2) mit Recht als sittenwidrig i.S.d. § 826 BGB qualifiziert.
[8] a) Ob ein Verhalten als sittenwidrig anzusehen ist, ist eine
Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Überprüfung durch
das Revisionsgericht unterliegt (vgl. BGH v. 15.10.2013 – VI
ZR 124/12, z.V.b.; v. 4.6.2013 – VI ZR 288/12, VersR 2013,
1144 = AG 2013, 637 – Rz. 14; v. 25.3.2003 – VI ZR 175/02,
BGHZ 154, 269 [274 f.] = MDR 2003, 740, jeweils m.w.N.).
[9] b) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt,
Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt
(vgl. BGH v. 15.10.2013 – VI ZR 124/12, z.V.b.; v. 4.6.2013
– VI ZR 288/12, VersR 2013, 1144 = AG 2013, 637 – Rz. 14;
v. 20.11.2012 – VI ZR 268/11, VersR 2013, 200 MDR 2013,
87 – Rz. 25; v. 9.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668
[2670]; Katzenmeier in Dauner-Lieb/Langen, 2. Aufl., § 826
BGB Rz. 2 f.; Sprau in Palandt, 72. Aufl., § 826 BGB Rz. 4,
jeweils m.w.N.). Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass
der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt
oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft.
Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. BGH v. 15.10.2013 –
VI ZR 124/12, z.V.b.; v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW
2004, 2668 [2670]; v. 19.10.1987 – II ZR 9/87, BGHZ 102, 68
[77 f.] = MDR 1988, 293; Sprau in Palandt, 72. Aufl., § 826
BGB Rz. 4, jeweils m.w.N.).
[10] c) Im Bereich der Expertenhaftung für unrichtige
(Wert-)Gutachten und Testate kommt ein Sittenverstoß bei
einer besonders schwer wiegenden Verletzung der einen Experten treffenden Sorgfaltspflichten in Betracht. Als sittenwidrig ist dabei zu beurteilen, dass der Auskunfterteilende
aufgrund des Expertenstatus ein besonderes Vertrauen für
sich in Anspruch nimmt, selbst aber nicht im Mindesten den
an einen Experten zu richtenden Maßstäben genügt (vgl.
Oechsler in Staudinger, Neubearb. 2009, § 826 BGB
3/2014
Rechtsprechung
85
Rz. 207 f.). Der Sittenverstoß setzt ein leichtfertiges und gewissenloses Verhalten des Auskunftgebers voraus. Es genügt
nicht ein bloßer Fehler des Gutachtens, sondern es geht darum, dass sich der Gutachter durch nachlässige Erledigung,
z.B. durch nachlässige Ermittlungen oder gar durch Angaben
ins Blaue hinein der Gutachtenaufgabe entledigt und dabei
eine Rücksichtslosigkeit an den Tag legt, die angesichts der
Bedeutung des Gutachtens für die Entscheidung Dritter als
gewissenlos erscheint (vgl. BGH v. 21.4.1970 – VI ZR 246/
68, WM 1970, 878 [879]; v. 12.12.1978 – VI ZR 132/77,
VersR 1979, 283 [284]; v. 24.9.1991 – VI ZR 293/90, NJW
1991, 3282 = MDR 1991, 1138; v. 18.6.1962 – VII ZR 237/
60, VersR 1962, 803 [804 f.]; Oechsler in Staudinger, Neubearb. 2009, § 826 BGB Rz. 213).
richts bei der E-Gruppe ein ernsthaftes Forderungsmanagement nicht betrieben, vielmehr stand es in der Praxis im Belieben der Anleger, ob sie den eingegangenen Zahlungsverpflichtungen nachkamen oder nicht. Auf der anderen Seite
mussten sofort Vertriebsprovisionen gezahlt werden, welche
sich jeweils an der gesamten Anlagesumme orientierten, obwohl die gezeichneten Beträge im Wesentlichen nur in relativ
geringfügigen monatlichen Raten eingingen.
[11] Diese anerkannten Grundsätze der Expertenhaftung
sind zwar – was auch das Berufungsgericht gesehen hat – im
Streitfall nicht unmittelbar anwendbar, weil dem Beklagten
zu 2) nicht angelastet wird, ein unrichtiges (Wert-) Gutachten
oder Testat erteilt zu haben. Sein Verhalten ist jedoch gleichwohl als sittenwidrig zu beurteilen. Denn der Beklagte zu 2)
stellte sich mit seinem Expertenstatus in den Dienst der von
ihm geprüften kapitalsuchenden E-Gruppe und lieferte den
Vertriebsmitarbeitern irreführende Verkaufsargumente. Hierdurch setzte er sich rücksichtslos über die Interessen potentieller Anlageinteressenten hinweg, die mit seinen Äußerungen
zwangsläufig in Berührung kamen und diese im Vertrauen auf
seine berufliche Integrität und seine fachliche Autorität zur
Grundlage ihrer Entscheidung machten (vgl. Oechsler in
Staudinger, Neubearb. 2009, § 826 BGB Rz. 210, 214 zum
Wertgutachten).
[15] Fehl geht die Rüge der Revision, es fehle an Feststellungen, dass „auch nur ein Anleger vom Verhalten eines anderen
Anlegers erfuhr, der seine Einlage nicht beglich“, weshalb im
Hinblick auf die einseitige Mittelherkunft auch nicht von
einem gebündelten Risiko gesprochen werden könne. Die
Revisionserwiderung weist mit Recht darauf hin, dass eine
interne Abstimmung unter den Anlegern weder nach den
Denkgesetzen noch nach der Lebenserfahrung erforderlich
war, um die Gefahr zu begründen, dass Anleger in erheblicher
Anzahl ihre Einlage nicht erbringen würden, weil die Stimmung insb. auf dem Kapitalmarkt etwa wegen negativer Pressemeldungen zum Nachteil der E-Gruppe umschlagen konnte
und etliche Anleger gleichzeitig, aber unabhängig voneinander veranlasst werden konnten, ihre Zahlungen einzustellen.
[12] aa) Der Hinweis des Beklagten zu 2), die E-Gruppe verfüge über ein „ausgezeichnetes Eigenkapital“, das es erlaube,
ihre Aktien als „Blue Chips“ einzuordnen, war falsch und geeignet, die Adressaten über die wirtschaftliche Situation der
Unternehmen der E-Gruppe zu täuschen.
[13] (1) Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte zu 2) im Rahmen von Veranstaltungen auf Malta und in Würzburg in den Jahren 1999
bzw. Anfang 2000 vor Vertriebsmitarbeitern der E-Gruppe
Vorträge gehalten, in denen er insb. eine (im Vergleich zu
DAX-Unternehmen) ausgezeichnete Eigenkapitalausstattung der von ihm geprüften Unternehmen der E-Gruppe hervorhob und Aktien der Anlagegesellschaften mit „Blue
Chips“ verglich. Dadurch hat er einen Eindruck der Werthaltigkeit von Beteiligungen an diesen Unternehmen vermittelt,
der objektiv unzutreffend war. Denn für die Werthaltigkeit
der Beteiligungen an Unternehmen der E-Gruppe waren nicht
nur eine hohe Eigenkapitalquote entscheidend, sondern auch
die vorhandenen Aktiva. Insoweit konnten die Unternehmen
der E-Gruppe in ihrer Kapitalqualität und Risikostruktur aber
nicht ansatzweise mit „Blue Chip-Unternehmen“ wie etwa
großen Aktiengesellschaften mit hoher Marktkapitalisierung
verglichen werden, welche typischerweise auf der Aktivseite
die gesamte Vielfalt der Asset-Klassen des § 266 Abs. 2 HGB
aufweisen. Das Aktivvermögen der E-Gruppe-Unternehmen
bestand demgegenüber – auch nach dem eigenen Vorbringen
der Beklagten – nahezu ausschließlich aus den Forderungen
gegen die einzelnen Anleger aus deren Beteiligung als atypisch stille Gesellschafter. Das Anlagekapital stand den Unternehmen der E-Gruppe auch nicht in liquider Form sofort
zur Verfügung, sondern sollte von über 95 % der Anleger –
wiederum nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten – in
monatlich fällig werdenden, mehr oder weniger kleinen Raten über einen Zeitraum von bis zu 30 Jahren erbracht werden. Dabei wurde nach den Feststellungen des Berufungsge-
[14] (2) Da auf der Aktivseite der Unternehmen im Wesentlichen lediglich noch nicht fällige Forderungen gegen die Anleger standen, deren Qualität mit der Zahlungsfähigkeit und
-willigkeit der Anleger stand und fiel, hat das Berufungsgericht ferner mit Recht von einem „gebündelten Risiko“ gesprochen.
[16] (3) Unerheblich ist auch der Einwand der Revision, dass
sich einige Unternehmen der E-Gruppe zum Zeitpunkt der
Äußerungen des Beklagten zu 2) auf Malta und in Würzburg
kurz vor oder in der Gründungsphase befanden, denn nach
den Feststellungen bezogen sich die Äußerungen generell auf
die Unternehmen der E-Gruppe, die sich in ihrer Struktur
vollständig geglichen hätten. ...
[19] bb) Der Beklagte zu 2) nahm für die vorbezeichneten irreführenden Angaben – wie bereits ausgeführt – seinen Expertenstatus als Wirtschaftsprüfer und seine Stellung als Abschlussprüfer der Gesellschaften der E-Gruppe in Anspruch.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde er den
Vertriebsmitarbeitern als Wirtschaftsprüfer vorgestellt und
referierte über Erkenntnisse, die er in seiner Funktion als Abschlussprüfer (angeblich) gewonnen hatte. Er reklamierte damit für sich nicht nur die Sachkunde und Seriosität, die einem
Wirtschaftsprüfer als besonderen Standesregeln unterliegendem und unabhängigem Berufsträger allgemein zugewiesen
werden (vgl. § 43 Abs. 1 WPO). Vielmehr nahm er für sich
darüber hinausgehend das besondere Vertrauen in Anspruch,
das dem Abschlussprüfer im Hinblick auf seine gesetzlich
vorgesehene Objektivität gegenüber der geprüften Gesellschaft (vgl. zur Unparteilichkeit § 323 Abs. 1 HGB) sowie
auf die im Rahmen der Prüfung gewonnenen besonderen Einblicke in die Struktur der geprüften Gesellschaft entgegengebracht wird. Mit dieser Autorität ist es bereits schwer vereinbar, sich – wie es der Beklagte zu 2) tat – in exponierter Position einseitig für die Vertriebsinteressen der geprüften Gesellschaftsgruppe einzusetzen.
[20] cc) Die Expertenäußerungen des Beklagten zu 2) vor
den Vertriebsmitarbeitern der E-Gruppe waren, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, darauf ausgerichtet, an die Anlageinteressenten weitergegeben zu werden. ...
[22] dd) Die Angaben des Beklagten zu 2) hatten für die von
den Mitarbeitern der Strukturvertriebe angesprochenen Anlageinteressenten – hier die Kläger – große Bedeutung. Nach
86
Rechtsprechung
den Feststellungen des Berufungsgerichts war bei den Beratungsgesprächen das hohe Eigenkapital immer ein maßgebendes Verkaufsargument, wobei sich der jeweilige Vertriebsmitarbeiter auf den Beklagten zu 2) berief.
[23] ee) Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass
dem Beklagten zu 2) klar war, dass seine Informationen gerade dazu bestimmt waren, an die Anlageinteressenten weitergegeben zu werden. Ihm war auch ohne weiteres ersichtlich,
dass seine Aussagen zur Eigenkapitalausstattung der E-Gruppe jedenfalls grob unvollständig und damit irreführend waren.
2. Kausalität
[24] Das Berufungsgericht hat sich – entgegen der Auffassung der Revision – rechtsfehlerfrei die Überzeugung gebildet, dass die weitergegebenen Äußerungen des Beklagten
zu 2) zur Qualität und Bonität der Unternehmen der E-Gruppe für die Anlageentscheidung im Streitfall kausal geworden
sind.
[25] a) Erfolglos rügt die Revision, das Berufungsgericht habe erforderliche Feststellungen zur Kausalität der Äußerungen des Beklagten zu 2) für die Anlageentscheidung der Kläger nicht getroffen, weil im Bereich der kapitalmarktrechtlichen Informationsdeliktshaftung auf einen konkreten Kausalitätsnachweis für den Willensentschluss des Anlegers nicht
verzichtet werden könne. Das Berufungsgericht hat sich in
tatrichterlicher Würdigung aufgrund der Zeugenaussage des
maßgebenden Anlagevermittlers die Überzeugung gebildet,
dass gerade der Hinweis des Vermittlers auf die Einschaltung
eines Wirtschaftsprüfers und dessen Bonitätsbekundungen in
allen geführten Beratungsgesprächen die erstrebte Wirkung
erzielt hätten, die Kläger zur Zeichnung der Anlagen zu veranlassen. Damit bedurfte es – entgegen der Auffassung der
Revision – keiner weitergehenden Feststellungen. Die von
den Beklagten angeführten Entscheidungen des BGH in den
sog. COMROAD-Fällen (vgl. etwa BGH v. 3.3.2008 – II ZR
310/06, WM 2008, 790 = AG 2008, 377 – COMROAD VIII;
v. 4.6.2007 – II ZR 173/05, WM 2007, 1560 = AG 2007, 623
– COMROAD V) betreffen anders gelagerte Fälle, denen falsche ad-hoc-Mitteilungen zugrunde lagen, bei denen keine
tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass eine dadurch ausgelöste Anlagestimmung kausal war für die getroffenen Anlageentscheidungen. Im Streitfall haben die Kläger ihre Anlageentscheidung nicht nur aufgrund einer von ihnen behaupteten, durch eine falsche ad-hoc-Mitteilung ausgelösten Anlagestimmung getroffen, sondern aufgrund einer persönlichen
Beratung durch einen Anlagevermittler, der sich die irreführenden Äußerungen des Beklagten zu 2) über ein besonderes
Eigenkapital unter Vergleich mit hochwertigen großen Unternehmen zu Nutze machte.
[26] b) Soweit die Revision meint, dass die Kläger die Anlagen vielleicht auch dann gezeichnet hätten, wenn die Aussagen zur Eigenkapitalqualität nicht gemacht worden wären,
betrifft dies einen Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens, für den die Beklagten darlegungs- und beweisbelastet
sind. Die Revision zeigt hierzu jedoch keinen – vom Berufungsgericht übergangenen – Sachvortrag der Beklagten auf,
der den Einwand ausfüllen könnte.
3. Schaden
[27] Ohne Erfolg zieht die Revision schließlich einen Schaden der Kläger und den Rechtswidrigkeitszusammenhang mit
den Äußerungen des Beklagten zu 2) in Zweifel.
[28] a) In Fällen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dient der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Aus-
3/2014
gleich jeder nachteiligen Einwirkung durch das sittenwidrige
Verhalten auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten. Vielmehr muss dieser sich auch von einer „ungewollten“
Verpflichtung wieder befreien können. Schon eine solche
Verpflichtung kann einen gem. § 826 BGB zu ersetzenden
Schaden darstellen. Insoweit bewirkt die Norm einen Schutz
der allgemeinen Handlungsfreiheit (vgl. BGH v. 21.12.2004
– VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361 [367 f.] = MDR 2005, 627).
[29] Bereits deshalb sind auch – entgegen der Auffassung
der Revision – in diesem Zusammenhang die Gründe, die
letztendlich zur Insolvenz der Unternehmen der E-Gruppe
geführt haben, unerheblich. Der gem. § 249 Abs. 1 BGB begründete Anspruch eines Anlegers auf Rückgängigmachung
der Beteiligung, die ihm unter Verletzung seines wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts aufgedrängt wurde, geht
nicht verloren, wenn sich die Anlage aus Gründen nachteilig
entwickelt, die vom Gegenstand der Fehlinformation verschieden sind (vgl. BGH v. 5.7.1993 – II ZR 194/92, BGHZ
123, 106 [113 f.], MDR 1993, 1068 = AG 1994, 32). Da nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts die von den Klägern erworbenen Beteiligungen weder so hochwertig noch so
risikoarm waren, wie sie der Beklagte zu 2) beschrieben hatte, sind die Kläger bereits durch die Zeichnung der Anlagen
unmittelbar geschädigt worden.
[30] b) Nach diesen Grundsätzen ist die Rüge der Revision,
das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, dass das Eigenkapital der Anlagegesellschaft nicht ausgereicht habe oder
gar negativ gewesen sei, ebenso unerheblich wie die weiteren
Rügen fehlender Feststellungen des Berufungsgerichts bezüglich der Durchsetzbarkeit der Forderungen gegen die Anleger.
4. Vorsatz
[31] Letztendlich ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts, dass der Beklagte zu 2) Kenntnis von den die
Sittenwidrigkeit prägenden Umständen sowie Schädigungsvorsatz hatte.
[32] a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war
dem Beklagten zu 2) klar, dass seine Äußerungen als Wirtschaftsprüfer zur exzellenten Eigenkapitalausstattung der EGruppe und zum Charakter ihrer Aktien als „Blue Chips“ die
Anleger erreichen würden und geeignet waren, sie dadurch
zur Zeichnung einer Anlage zu motivieren, indem sie die
wirtschaftliche Potenz der Unternehmensgruppe falsch einschätzten.
[33] b) Darüber hinaus besaß er auch Schädigungsvorsatz.
§ 826 BGB setzt insoweit keine Schädigungsabsicht im Sinne
eines Beweggrundes oder Zieles voraus, sondern es genügt
bedingter Vorsatz hinsichtlich der für möglich gehaltenen
Schadensfolgen, wobei dieser nicht den konkreten Kausalverlauf und den genauen Umfang des Schadens, sondern nur
Art und Richtung des Schadens umfassen muss; es reicht dabei jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage einschließlich der sittenwidrigen Belastung fremden Vermögens
mit einem Verlustrisiko aus (vgl. etwa BGH v. 13.9.2004 – II
ZR 276/02, WM 2004, 2150 [2155] = AG 2005, 39).
[34] Da der Beklagte zu 2) seine Äußerungen bei Vorträgen
und Veranstaltungen mit Vertriebsmitarbeitern getätigt hat,
nahm er billigend in Kauf, dass die von ihm gegebenen Informationen auch im Vertrieb zur Bewerbung der Beteiligungen
verwandt werden, um Interessenten zur Zeichnung einer Anlage zu veranlassen, die nicht den erweckten Vorstellungen
entsprach. Soweit die Revision dies anders sehen will, setzt
sie lediglich in revisionsrechtlich unzulässiger Weise ihre ei-
3/2014
Rechtsprechung
gene Würdigung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung
des Berufungsgerichts, ohne relevante Verfahrensfehler aufzuzeigen. Da der Schaden – wie oben ausgeführt – bereits in
dem Erwerb der Beteiligung liegt, musste sich der bedingte
Vorsatz des Beklagten zu 2) lediglich darauf beziehen, dass
seine unzutreffenden Äußerungen als Abschluss- und Wirtschaftsprüfer und das ihm entgegengebrachte Vertrauen des
Publikums für die Anlageentscheidung ursächlich werden
konnten. Dies war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall.
5. § 31 BGB
[35] Das Berufungsgericht hat auch mit Recht und insoweit
von der Revision unangegriffen eine Haftung der Beklagten
zu 1) für das deliktische Verhalten ihres Geschäftsführers
nach § 31 BGB bejaht, weil der Beklagte zu 2) die haftungsbegründenden Äußerungen nicht als Privatperson, sondern
zur Erläuterung der im Rahmen der Abschlussprüfungen gewonnenen Erkenntnisse und damit in Ausübung seiner Organstellung getätigt hat.
[36] 6. Nach alledem ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen, allerdings mit der Maßgabe, dass die Verurteilung
zur Zahlung nur Zug-um-Zug gegen Abtretung der Rechte
aus den erworbenen Anlagen bzw. aus der Anmeldung ihrer
Forderungen zur Insolvenztabelle erfolgt.
Beschränkung des Auskunftsrechts in der
Hauptversammlung
AktG § 131; Richtlinie 2007/36/EG
1. Die in § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG enthaltene Beschränkung des Auskunftsrechts des Aktionärs auf zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung einer Hauptversammlung erforderliche Informationen ist eine zulässige Maßnahme nach Art. 9 Abs. 2
Satz 1 Fall 2 der Aktionärsrechterichtlinie.
2. Jedenfalls dann, wenn eine Frage auf eine Vielzahl
von Informationen gerichtet ist, die zumindest teilweise
nicht für die Beurteilung eines Tagesordnungspunkts
relevant sind, muss der Aktionär, der auf seine Frage
eine aus seiner Sicht unzureichende Pauschalantwort
erhält, durch eine Nachfrage deutlich machen, dass
sein Informationsinteresse auf bestimmte Detailauskünfte gerichtet ist.
3. Der Vorstand darf regelmäßig die Auskunft verweigern, wenn sich das Auskunftsverlangen auf vertrauliche Vorgänge in den Sitzungen des Aufsichtsrats oder
der von ihm nach § 107 Abs. 3 Satz 1 AktG bestellten
Ausschüsse richtet.
BGH, Beschl. v. 5.11.2013 – II ZB 28/12
„Kirch/Deutsche Bank“
(Vorinstanz: OLG Frankfurt v. 8.11.2012 – 21 W 33/11, AG 2013,
302)
䉴 Aus den Gründen
A. ... B. ... C. ...
I. ... II. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Frage II.3.
[19] Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Antragsgegnerin auf die Frage II. 3. die erfor-
87
derlichen Auskünfte erteilt hat und keine weitergehende Auskunft nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG schuldet.
a) Erforderlichkeit
[20] Das Merkmal der Erforderlichkeit der Auskunft in
§ 131 Abs. 1 Satz 1 AktG zielt nach der Rechtsprechung des
Senats darauf ab, missbräuchlich ausufernde Auskunftsbegehren zu verhindern, um die Hauptversammlung nicht mit
überflüssigen, für eine sachgemäße Beurteilung des Beschluss- oder sonstigen Gegenstands der Tagesordnung unerheblichen Fragen zu belasten (BGH v. 18.10.2004 – II ZR
250/02, BGHZ 160, 385 [388 f.] = AG 2005, 87). Entsprechend der Funktion des Auskunftsrechts, das auch zur Meinungs- und Urteilsbildung anderer Aktionäre in der Hauptversammlung beitragen soll, ist Maßstab für die „Erforderlichkeit“ eines Auskunftsverlangens der Standpunkt eines objektiv urteilenden Aktionärs, der die Gesellschaftsverhältnisse nur aufgrund allgemein bekannter Tatsachen kennt und daher die begehrte Auskunft als nicht nur unwesentliches Beurteilungselement benötigt (BGH v. 18.10.2004 – II ZR 250/02,
BGHZ 160, 385 [389] = AG 2005, 87; v. 16.2.2009 – II ZR
185/07, BGHZ 180, 9 = AG 2009, 285 – Kirch/Deutsche
Bank – Rz. 39). Durch dieses Kriterium wird das Informationsrecht gem. § 131 AktG in qualitativer und quantitativer
Hinsicht sowie hinsichtlich seines Detaillierungsgrads begrenzt (BGH v. 16.2.2009 – II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 = AG
2009, 285 – Kirch/Deutsche Bank – Rz. 39).
b) Aktionärsrechterichtlinie
[21] b) Entgegen der Sicht der Rechtsbeschwerde verstößt
§ 131 Abs. 1 Satz 1 AktG nicht gegen Art. 9 der Richtlinie
2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
11.7.2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften (ABl. EU Nr. L 184
v. 14.7.2007, 17 ff.) – nachstehend Richtlinie oder Aktionärsrechterichtlinie –, soweit das Auskunftsrecht des Aktionärs
auf zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderliche Auskünfte beschränkt ist. Zwar
spricht einiges dafür, dass das Fragerecht der Aktionäre und
die mit diesem korrespondierende Antwortpflicht der Gesellschaft nicht schon nach Art. 9 Abs. 1 der Aktionärsrechterichtlinie auf die zur Beurteilung eines Gegenstands der Tagesordnung erforderlichen Informationen beschränkt sind.
Die in § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG enthaltene Beschränkung
der Auskunftspflicht ist aber jedenfalls eine zulässige Maßnahme nach Art. 9 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 der Richtlinie. Der Senat kann die sich in diesem Zusammenhang stellenden Fragen
zur Auslegung der Richtlinie selbst beantworten.
[22] aa) Es spricht einiges dafür, dass das Fragerecht der Aktionäre nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 der Aktionärsrechterichtlinie und die mit diesem korrespondierende Antwortpflicht der
Gesellschaft nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Aktionärsrechterichtlinie nicht auf die zur Beurteilung der Gegenstände der
Tagesordnung erforderlichen Informationen beschränkt ist.
[23] (1) Dem Wortlaut der Richtlinie lässt sich eine solche
Einschränkung nicht entnehmen (OLG Stuttgart v. 29.2.2012
– 20 W 5/11, ZIP 2012, 970 [973] = AG 2012, 377; Busche in
FS Reuter, 2010, S. 939, 947; Kersting in KölnKomm/AktG,
3. Aufl., § 131 AktG Rz. 113; Kersting in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 651, 652 f.; Kubis in MünchKomm/AktG,
3. Aufl., § 131 AktG Rz. 64; Pöschke, ZIP 2010, 1221
[1222]; Ziemons in Nirk/Ziemons/Binnewies, Handbuch der
Aktiengesellschaft, Stand März 2013, Rz. I 10.667; Lack,
Rechtsfragen des individuellen Auskunftsrechts des Aktio-
88
Rechtsprechung
närs nach dem Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts, 2009, S. 264). Nach diesem genügt es, dass die Frage zu einem Punkt der Tagesordnung gestellt wird. Damit ist nur ein Zusammenhang mit
einem Tagesordnungspunkt angesprochen. Aus den vom Senat in den Blick genommenen weiteren Sprachfassungen der
Richtlinie, die bei der Auslegung ebenfalls heranzuziehen
sind (vgl. EuGH, Slg. 2010, I-4871 – Rz. 35; Slg. 2011, I4973 – Rz. 23; v. 30.5.2013 – Rs. C-488/11, NJW 2013, 2579
– Rz. 25; v. 19.9.2013 – Rs. C-251/12, ZIP 2013, 1971 –
Rz. 27), ergibt sich kein anderes Ergebnis. Die Formulierungen „questions concernant des points inscrits à l’ordre du
jour“ (französische Sprachfassung), „questions related to
items on the agenda“ (englische Sprachfassung), „preguntas
relacionadas con los puntos del orden del dı́a“ (spanische
Sprachfassung), „porre domande connesse con i punti all’ordine del giorno“ (italienische Sprachfassung) geben keinen
Anhaltspunkt für eine Beschränkung des Auskunftsrechts auf
erforderliche Angaben (so auch Kersting in FS HoffmannBecking, 2013, S. 651, 653). Dem das Fragerecht des Aktionärs betreffenden Erwägungsgrund 8 der Aktionärsrechterichtlinie lässt sich für eine über den Wortlaut des Art. 9
Abs. 1 der Richtlinie hinausgehende Einschränkung des Fragerechts bzw. der Antwortpflicht ebenfalls nichts entnehmen.
[24] (2) Für eine inhaltliche Begrenzung des Fragerechts des
Aktionärs bzw. der Antwortpflicht der Gesellschaft nach
Art. 9 Abs. 1 der Aktionärsrechterichtlinie lässt sich auch weder aus der Entstehungsgeschichte der Norm noch aus ihrem
begrenzten Anwendungsbereich etwas ableiten.
[25] Den Materialien der Aktionärsrechterichtlinie lassen
sich Anhaltspunkte für eine inhaltliche Beschränkung des
Fragerechts bzw. der diesem korrespondierenden Antwortpflicht nicht entnehmen. Die Begründung des Richtlinienvorschlags der Kommission spricht lediglich den in Art. 9 Abs. 2
normierten Vorbehalt an (KOM [2005] 685, S. 7). Die allgemeine Begründung des Vorschlags nennt zwar die in Erwägungsgrund 3 zum Ausdruck gekommene Zielsetzung, Hindernisse für die Stimmrechtsausübung im Ausland zu beseitigen, und bezieht sich auf den schwierigen und verzögerten
Zugang zu Informationen, die für die Hauptversammlung von
Bedeutung sind (KOM [2005] 685, S. 3). Eine inhaltliche
Konkretisierung des im Richtlinientext angesprochenen Bezugs zur Tagesordnung lässt sich anhand der Begründung jedoch nicht vornehmen. Dies gilt auch für die Stellungnahme
des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (Plenarsitzungsdokument A6-0024/2007, S. 39) und den Entwurf einer
legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments
(Plenarsitzungsdokument A6-0024/2007, S. 35).
[26] Eine Beschränkung des Fragerechts bzw. der Antwortpflicht auf zur Beurteilung eines Tagesordnungspunkts der
Hauptversammlung erforderliche Informationen lässt sich
auch nicht daraus herleiten, dass ihr Anwendungsbereich
nach Art. 1 Abs. 1 auf die Ausübung bestimmter, mit Stimmrechtsaktien verbundener Rechte beschränkt ist (so aber OLG
Stuttgart v. 29.2.2012 – 20 W 5/11, ZIP 2012, 970 [973] = AG
2012, 377; Ziemons in Nirk/Ziemons/Binnewies, Handbuch
der Aktiengesellschaft, Stand März 2013, Rz. I 10.667 unter
Bezugnahme auf den Auslegungsgrundsatz des effet utile;
Busche in FS Reuter, 2010, S. 939, 948). Richtig ist zwar,
dass dem Aktionär das Fragerecht – wie bereits anhand der
Materialien der Aktionärsrechterichtlinie aufgezeigt und wie
auch in Erwägungsgrund 3 der Richtlinie deutlich wird –
nicht losgelöst von der Ausübung seines Stimmrechts zugestanden wird. Selbst wenn der Informationsanspruch die Voraussetzungen für eine sachgerechte Stimmrechtsausübung
3/2014
sicherstellen soll, besagt dies aber nicht, dass für diesen nicht
bereits ein subjektives, durch einen inhaltlichen Bezug zu
einem Tagesordnungspunkt legitimiertes Informationsinteresse des einzelnen Aktionärs ausreichend sein kann (zur unterschiedlichen Ausgestaltung der materiellen Voraussetzungen des Auskunftsrechts Pelzer, Das Auskunftsrecht der Aktionäre in der Europäischen Union, 2004, S. 205 ff.). Im Übrigen wird in Erwägungsgrund 3 der Aktionärsrechterichtlinie
auch eine wirksame Kontrolle durch die Aktionäre als Grundvoraussetzung für eine solide Unternehmensführung genannt, die erleichtert und gefördert werden sollte (Kersting in
FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 651 [655]).
[27] bb) Die in § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG enthaltene Beschränkung des Auskunftsrechts auf zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderliche Informationen in der oben unter a) näher beschriebenen Auslegung ist aber jedenfalls eine zulässige Maßnahme nach Art. 9
Abs. 2 Satz 1 Fall 2 der Aktionärsrechterichtlinie. Danach
bestehen das Fragerecht und die Antwortpflicht nur vorbehaltlich etwaiger Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten ergreifen oder den Gesellschaften zu ergreifen gestatten, um den
ordnungsgemäßen Ablauf von Hauptversammlungen und ihre ordnungsgemäße Vorbereitung zu gewährleisten. Die mit
der Begrenzung der Auskunftspflicht nach § 131 Abs. 1
Satz 1 AktG verbundene Einschränkung des Informationsanspruchs einzelner Aktionäre bewegt sich innerhalb der den
Mitgliedstaaten nach Art. 288 Abs. 3 AEUV in Verbindung
mit Erwägungsgrund 8 Halbs. 2 und Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie zustehenden Regelungskompetenz und ist offenkundig
ein geeignetes und nicht über das erforderliche Maß hinausgehendes Mittel zur Erreichung der der Aktionärsrechterichtlinie zugrunde liegenden und für die Mitgliedstaaten nach
Art. 288 Abs. 3 AEUV verbindlichen Ziele (Kocher/Lönner,
AG 2010, 153 [155]; vgl. auch Nettesheim in Grabitz/Hilf,
Das Recht der Europäischen Union, 50. Lfg., Art. 288 AEUV
Rz. 112). Sie sorgt für einen angemessenen Ausgleich der Informationsinteressen einzelner Aktionäre mit dem allgemeinen Interesse an einer zielgerichteten und sachbezogenen Information innerhalb der Hauptversammlung (vgl. auch
EuGH, Slg. 2011, I-4599 – Rz. 84 ff.).
[28] (1) Zu Unrecht wird im Schrifttum eingewandt, Maßnahmen zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Ablaufs
und der ordnungsgemäßen Vorbereitung der Hauptversammlung könnten nur solche organisatorischer Art sein (Kersting
in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 651, 660; Pöschke, ZIP
2010, 1221 [1222 f.]). Eine solche Beschränkung kann dem
Wortlaut der Richtlinie nicht entnommen werden (Kocher/
Lönner, AG 2010, 153 [156]; Habersack/Verse, Europäisches
Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 7 Rz. 23). Der ordnungsgemäße Ablauf der Hauptversammlung kann vielmehr nicht nur
durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt werden,
sondern auch dadurch, dass sich die Diskussion in der Hauptversammlung auf die für die Beurteilung eines Gegenstands
der Tagesordnung wesentlichen Fragen konzentriert. So beruht die Einführung des Erforderlichkeitskriteriums im nationalen Recht nach den Materialien des § 131 AktG gerade darauf, dass Missbräuche des Auskunftsrechts verhindert und
ein ordnungsgemäßer Ablauf der Hauptversammlung gewährleistet werden soll (Begr. des RegE zum AktG v.
6.9.1965, Kropff, AktG, 1965, S. 185; vgl. auch BGH v.
18.10.2004 – II ZR 250/02, BGHZ 160, 385 [389] = AG
2005, 87). Abgesehen davon kann der Formulierung „ordnungsgemäßer Ablauf“ in der deutschen Sprachfassung bei
der Auslegung kein entscheidendes Gewicht beigemessen
werden, weil insoweit sowohl die englische Sprachfassung
(„the good order of general meetings and their preparation“)
3/2014
Rechtsprechung
als auch die niederländische Sprachfassung („de voorbereiding en de goede orde van der algemene vergadering“) Formulierungen verwenden, die noch deutlicher machen, dass
der Vorbehalt sich nach dem Wortlautbefund nicht auf Maßnahmen organisatorischer Art beschränkt.
[29] Eine Beschränkung des Art. 9 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 der
Aktionärsrechterichtlinie auf organisatorische Maßnahmen
lässt sich auch nicht aus Erwägungsgrund 8 der Richtlinie
herleiten. Der Erwägungsgrund 8 steht einer inhaltlichen Beschränkung des Fragerechts bzw. der Antwortpflicht nicht
entgegen, weil Aktionären nur „grundsätzlich“ entsprechende Möglichkeiten eingeräumt werden sollten und Halbs. 2
des Erwägungsgrunds ausdrücklich das Regelungsermessen
der Mitgliedstaaten hervorhebt, das durch Art. 9 Abs. 2 der
Richtlinie konkretisiert wird.
[30] (2) Aus dem Zusammenhang der Richtlinie (vgl. zu diesem Auslegungskriterium EuGH v. 19.9.2013 – Rs. C-251/
12, ZIP 2013, 1971 – Rz. 26) lässt sich ebenfalls nicht ableiten, dass eine Beschränkung der Antwortpflicht auf erforderliche Auskünfte nicht vom Vorbehalt des Art. 9 Abs. 2
Satz 1 Fall 2 der Aktionärsrechterichtlinie gedeckt sein kann.
Der im Schrifttum erhobene Einwand, Art. 9 Abs. 2 Satz 2
und 3 der Richtlinie enthielten eigenständige und engere Regelungen dazu, in welchem Umfang wiederholende Fragen
und auf die Erteilung öffentlich verfügbarer Auskünfte abzielende Fragen zu beantworten seien, so dass für eine weitergehende inhaltliche Einschränkung des Fragerechts kein Raum
sei (Kersting in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 651, 662),
ist unbegründet. Art. 9 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie eröffnet
den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, es den Gesellschaften
zu gestatten, auf Fragen gleichen Inhalts eine Gesamtantwort
zu geben. Damit ist nicht allgemein die Behandlung wiederholender Fragen, sondern nur die Art und Weise ihrer Beantwortung geregelt. Das in § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG genannte
Merkmal der Erforderlichkeit ist damit nicht angesprochen.
Gleiches gilt für Art. 9 Abs. 2 Satz 3 der Richtlinie, nach dem
den Mitgliedstaaten die Festlegung ermöglicht wird, dass
eine Frage als beantwortet gilt, wenn die entsprechende Information bereits in Form von Frage und Antwort auf der Internetseite der Gesellschaft verfügbar ist. Diese Vorschrift hat
eine Antwortfiktion zum Inhalt („als beantwortet gilt“), was
zeigt, dass nicht etwa eine (inhaltliche) Einschränkung der
Antwortpflicht geregelt ist, sondern die (organisatorische)
Möglichkeit eröffnet wird, durch die Veröffentlichung der Information in der Form von Frage und Antwort auf der Internetseite der Gesellschaft die Wiederholung inhaltsgleicher
Antworten zu vermeiden. Entsprechend stellt die Richtlinie
nicht auf die öffentliche Verfügbarkeit der jeweiligen Information, sondern auf die Veröffentlichung in der Form von
Frage und Antwort ab. Diese – Einzelheiten des Verfahrens
bei der Erfüllung des Auskunftsanspruchs regelnden – Vorbehalte sind dabei auch vor dem Hintergrund der durch die
Richtlinie eröffneten Möglichkeit zu sehen, Fragen bereits im
Vorfeld der Hauptversammlung zu beantworten (Begründung
zum Entwurf einer legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments, Plenarsitzungsdokument A6-0024/2007,
S. 35). Ihnen kann nicht entnommen werden, dass mit diesen
Vorbehalten die Behandlung nicht zielführender Fragen in
der Hauptversammlung abschließend geregelt werden sollte
(a.A. Kersting in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 651, 662).
[31] (3) Aus der Entstehungsgeschichte der Aktionärsrechterichtlinie ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass
sich der den ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung betreffende Regelungsvorbehalt für die Mitgliedstaaten
ausschließlich auf den äußeren Ablauf der Auskunftsgewäh-
89
rung bezieht. Dass die Richtlinie beruhend auf einem Änderungsvorschlag des Rechtsausschusses in Art. 9 Abs. 1 abweichend vom Richtlinienvorschlag der Kommission (vgl.
Art. 9 Nr. 1 der Vorschlagsfassung, KOM [2005] 685 endgültig) ein Fragerecht nur zu Punkten auf der Tagesordnung eröffnet, besagt nicht, dass mit der Richtlinie die Reichweite
des Fragerechts und der mit diesem korrespondierenden Antwortpflicht der Gesellschaft abschließend geregelt werden
sollte. Auch der Kommissionsvorschlag enthält in Art. 9
Nr. 2 einen Art. 9 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 der Aktionärsrechterichtlinie entsprechenden Regelungsvorbehalt. Hätte mit der
inhaltlichen Präzisierung des Fragerechts zugleich eine Beschränkung des Regelungsvorbehalts einhergehen sollen,
hätte es nahegelegen, im Hinblick darauf auch den Regelungsvorbehalt anzupassen oder dessen geänderten Inhalt zumindest in den Materialien zu dokumentieren. Hieran fehlt es.
Vielmehr wird in der Begründung des im Rechtsausschuss
eingebrachten Änderungsantrags des Abgeordneten G., der
für eine Beschränkung des Fragerechts auf Fragen mit einem
Bezug zur Tagesordnung eintrat, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein solcher Bezug im Hinblick auf „einen ordnungsgemäßen Ablauf der Hauptversammlung“ nötig sei
(Änderungsantrag 113, abgedruckt im Entwurf eines Berichts
des Rechtsausschusses vom 19.9.2006, PE 378.495v04-00).
Dem liegt offensichtlich die Annahme zugrunde, dass der
ordnungsgemäße Ablauf der Hauptversammlung auch durch
eine inhaltliche Begrenzung des Fragerechts erreicht werden
kann. Ferner hat auch der Abgeordnete L. in der Plenardebatte am 15.2.2007 darauf hingewiesen, dass nach dem im
Rechtsausschuss gefundenen Kompromiss den Mitgliedstaaten die Möglichkeit verbleiben soll, entsprechend ihrer eigenen Rechtstradition vernünftige Anpassungen und auch begrenzte Einschränkungen des Fragerechts vorzunehmen, ohne es grundsätzlich in Frage zu stellen (Protokoll der Plenardebatte vom 15.2.2007, CRE 15/02/2007-5).
[32] (4) Es entspricht vielmehr der in den Erwägungsgründen zum Ausdruck kommenden Zielrichtung der Aktionärsrechterichtlinie (vgl. EuGH v. 19.9.2013 – Rs. C-251/12, ZIP
2013, 1971 – Rz. 26), den ordnungsgemäßen Ablauf einer
Hauptversammlung in Bezug auf Fragerecht und Antwortpflicht nicht ausschließlich durch organisatorische Maßnahmen, sondern auch durch Regelungen zur Reichweite des
Fragerechts und der Antwortpflicht zu steuern. Die Beschränkung der Auskunftspflicht auf zur sachgemäßen Beurteilung
des Gegenstands der Tagesordnung erforderliche Informationen sorgt für einen angemessenen Ausgleich der Informationsinteressen einzelner Aktionäre mit dem allgemeinen Interesse an einer zielgerichteten und sachbezogenen Information innerhalb der Hauptversammlung.
[33] Zielsetzung der Aktionärsrechterichtlinie ist nach deren
Erwägungsgrund 1 die Stärkung der Rechte der Aktionäre in
börsennotierten Gesellschaften, die – vgl. Erwägungsgrund 4
Satz 4 – durch die Einführung gewisser Mindestnormen zum
Schutz der Anleger und zur Förderung einer reibungslosen
und wirksamen Ausübung der mit Stimmrechtsaktien verbundenen Rechte der Aktionäre erreicht werden soll. Nach
Erwägungsgrund 6 Satz 1 soll der Aktionär in der Lage sein,
sein Stimmrecht in der Hauptversammlung oder davor in
Kenntnis der Sachlage auszuüben. Soweit es – wie in der Vorschrift des § 131 AktG – um die Information der Aktionäre in
der Hauptversammlung geht, ist dabei nicht nur die individualrechtliche Komponente des Auskunftsrechts in den Blick zu
nehmen; das Auskunftsrecht hat auch die Funktion, zur Meinungs- und Urteilsbildung anderer Aktionäre in der Hauptversammlung beizutragen (BGH v. 18.10.2004 – II ZR 250/
02, BGHZ 160, 385 [389] = AG 2005, 87). Entsprechend wird
90
Rechtsprechung
ein auf eine gleichmäßige Unterrichtung aller Aktionäre gerichteter Auskunftsanspruch als durch den allgemeinen
Gleichheitssatz legitimiert angesehen (BVerfG v. 20.9.1999 –
1 BvR 636/95, ZIP 1999, 1798 [1799] = AG 2000, 74). Dieser
Sicht steht es nicht entgegen, dass die im Vorschlag der Kommission enthaltene Regelung, Antworten auf Fragen aller Aktionäre auf der Internetseite der Gesellschaft zur Verfügung
zu stellen, Art. 9 Abs. 3 der Vorschlagsfassung (KOM [2005]
685 endgültig, S. 7, 16), auf die Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaft und Währung hin (Plenarsitzungsdokument A6-0024/2007 endgültig, S. 39) nicht in die Richtlinie aufgenommen wurde. Die Streichung dieser Regelung
war in den Stellungnahmen zum Vorschlag der Kommission
im Hinblick darauf angeregt worden, dass eine Pflicht zur
Veröffentlichung ad hoc gegebener Antworten auf Fragen,
die in der Hauptversammlung mündlich gestellt werden,
überzogen sei (Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses
des Deutschen Anwaltsvereins zum Richtlinienvorschlag der
Kommission, NZG 2006, 577 [578]), insb., weil die Antworten regelmäßig nur im Hinblick auf die in der Hauptversammlung erfolgenden Abstimmungen von allgemeinem Interesse
seien (Gemeinsame Stellungnahme von BDA/BDI/DAI/
DIHK/GDV zum Richtlinienvorschlag der Kommission,
NZG 2006, 300 [302]). Hierdurch wird eine über das Individualrecht hinausgehende Funktion des Auskunftsrechts in der
Hauptversammlung nicht in Frage gestellt.
[34] Das Frage- und Rederecht steht den Aktionären in der
Hauptversammlung nur in zeitlich begrenztem Umfang zur
Verfügung. Nach § 131 Abs. 2 Satz 2 AktG ist es den Gesellschaften eröffnet, durch die Satzung oder die Geschäftsordnung den Versammlungsleiter zu ermächtigen, das Frageund Rederecht des Aktionärs zeitlich angemessen zu beschränken. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung auf eine
zum Teil missbräuchliche Ausübung des Auskunfts- und Rederechts reagiert, die zur Beeinträchtigung der im Interesse
aller Aktionäre wichtigen Diskussionskultur führt. Sie soll
den Aktionären bei dem Ziel, eine Abwicklung der Hauptversammlung in angemessener und zumutbarer Zeit zu ermöglichen, mehr Entscheidungsfreiheit einräumen und die
Hauptversammlung – sofern sie das wünschen – wieder zu
einer straffen, auf die wesentlichen strategischen Entscheidungen konzentrierten Plattform machen (Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des
Anfechtungsrechts [UMAG], BT-Drucks. 15/5092, 17; vgl.
auch BGH v. 8.2.2010 – II ZR 94/08, BGHZ 184, 239 = AG
2010, 292 – Rz. 11 f.). Der Senat hat in diesem Zusammenhang eine Satzungsregelung, nach der das Rede- und Fragerecht durch den Versammlungsleiter in solcher Weise zeitlich
beschränkt werden darf, dass die Hauptversammlung, in der
nur über die in § 119 Abs. 1 Nr. 2–4 AktG aufgeführten Gegenstände und/oder die Ermächtigung zum Erwerb eigener
Aktien Beschluss zu fassen ist, insgesamt nicht länger als
sechs Stunden dauert, aus Rechtsgründen nicht beanstandet
(BGH v. 8.2.2010 – II ZR 94/08, BGHZ 184, 239 = AG 2010,
292 – Rz. 20).
[35] Eine angemessene Unterrichtung der Aktionäre über die
Gegenstände der Tagesordnung mit Hilfe der in der Hauptversammlung erteilten Auskünfte kann indes allein durch Maßnahmen organisatorischer Art – wie die vorstehend genannte
zeitliche Beschränkung des Rede- und Fragerechts – nicht zuverlässig erreicht werden. Vielmehr würden solche – ihrerseits durch legitime Ziele gerechtfertigten – Beschränkungen
zu einer empfindlichen Beeinträchtigung der Mitgliedschaftsrechte anderer Aktionäre führen, wenn die Gesellschaft Auskünfte auf Fragen geben müsste, die zwar in einem
Zusammenhang mit einem Tagesordnungspunkt stehen, für
3/2014
die Beschlussfassung vom Standpunkt eines objektiv urteilenden Aktionärs aus betrachtet jedoch nicht beurteilungserheblich sind. Eine Hauptversammlung kann ihre Aufgabe als
Entscheidungsforum und „Sitz der Aktionärsdemokratie“ nur
erfüllen, wenn der Versammlungsleiter dafür Sorge trägt,
dass die zur Verfügung stehende Zeit möglichst gerecht verteilt wird und nicht durch Beiträge oder Fragen einzelner Aktionäre, die ersichtlich nicht auf einen Erkenntnisgewinn in
Bezug auf einen zur Entscheidung anstehenden Tagesordnungspunkt gerichtet sind, verbraucht wird (BVerfG v.
20.9.1999 – 1 BvR 636/95, ZIP 1999, 1798 [1800] = AG
2000, 74; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 131 AktG Rz. 35). Diese
Erwägung gilt spiegelbildlich auch für die von der Gesellschaft zu erteilenden Auskünfte. Ist – wie im vorliegenden
Fall – die Entlastung der Organmitglieder der Gesellschaft
Gegenstand der Tagesordnung, stünden jedwede Fragen mit
einem Bezug zur Organtätigkeit mit diesem in einem Zusammenhang, selbst wenn sie – objektiv betrachtet – keine nennenswerte Aussagekraft über die tatsächliche Verwaltungsleistung haben. Müsste bereits ein ausschließlich subjektiv
begründetes Informationsbedürfnis eines einzelnen Aktionärs erfüllt werden oder bestünde gar die Möglichkeit, mit
missbräuchlichen Auskunftsverlangen gezielt ein verzerrtes
Bild über den Gegenstand der Tagesordnung zu zeichnen,
würde dies das Mitgliedschaftsrecht anderer Aktionäre beeinträchtigen, denn der Zweck des Auskunftsanspruchs, innerhalb begrenzter Zeit eine ausreichende Informationsgrundlage für die Entscheidung über den Gegenstand der Tagesordnung zu gewinnen, könnte nicht effektiv verwirklicht werden
(Kocher/Lönner, AG 2010, 153 [156]).
[36] Die Begrenzung des Auskunftsrechts der Aktionäre
stellt schließlich auch keine unverhältnismäßige Beschränkung der Aktionärsrechte dar, weil zum einen die Beurteilung
der Erforderlichkeit einer Auskunft durch die Gesellschaft
nach § 132 Abs. 1 AktG einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt und zum anderen die Erteilung unzureichender Auskünfte die Gefahr der Anfechtbarkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses in sich birgt (BGH v. 18.10.2004 – II ZR
250/02, BGHZ 160, 385 [388] = AG 2005, 87; v. 16.2.2009 –
II ZR 185/07, BGHZ 180, 9 = AG 2009, 285 – Kirch/Deutsche Bank – Rz. 33 ff.).
[37] cc) Der Senat kann die Vereinbarkeit von § 131 Abs. 1
Satz 1 AktG mit der Aktionärsrechterichtlinie feststellen, ohne dass er den Gerichtshof der Europäischen Union gem.
Art. 267 Abs. 1–3 AEUV um eine Vorabentscheidung ersuchen muss. Die Vorlagepflicht entfällt u.a. dann, wenn die
richtige Auslegung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr
bleibt („acte claire“; EuGH v. 6.10.1982 – Rs. C-283/81 – Cilfit u.a., Slg. 1982, 3415 – Rz. 13 ff.; Slg. 2005, I-8151 –
Rz. 39; BGH v. 22.3.2010 – NotZ 16/09, BGHZ 185, 30 =
MDR 2010, 720 – Rz. 33; v. 4.3.2013 – NotZ (Brfg) 9/12, ZIP
2013, 886 = MDR 2013, 683 – Rz. 33; BVerfG v. 31.5.1990 –
2 BvL 12/88, 2 BvL 13/88, 2 BvR 1436/87, BVerfGE 82, 159
[192 f.]; v. 25.1.2011 – 1 BvR 1741/09, BVerfGE 128, 157
[187 f.]; v. 17.1.2013 – 1 BvR 121/11, 1 BvR 1295/11, ZIP
2013, 924 = AG 2013, 429 – Rz. 28). Ob dies der Fall ist, ist
unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Gemeinschaftsrechts und der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung
zu beurteilen (EuGH v. 6.10.1982 – Rs. C-283/81 – Cilfit u.a.,
Slg. 1982, 3415 – Rz. 17 ff.). Hieran gemessen war ein Vorabentscheidungsersuchen nicht veranlasst. Der Senat gelangt
– wie vorstehend aufgezeigt – bei den sich hier stellenden
Fragen zur Auslegung der Aktionärsrechterichtlinie zu einem
eindeutigen Ergebnis. Die im Schrifttum geäußerten Zweifel
an der Vereinbarkeit des § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG mit Art. 9
3/2014
Rechtsprechung
der Aktionärsrechterichtlinie sind vereinzelt geblieben und
berücksichtigen – ebenso wie die Rechtsbeschwerde – die in
§ 288 Abs. 3 AEUV und Art. 5 EUV in Verbindung mit Erwägungsgrund 8 Halbs. 2 und Art. 9 Abs. 2 der Aktionärsrechterichtlinie geregelte Kompetenzverteilung nicht hinreichend.
c) Entlastung
[38] Die Annahme des Beschwerdegerichts, die Frage II. 3.
der Antragstellerin sei ausreichend beantwortet, ist im Ergebnis zutreffend.
[39] aa) Bei der Beschlussfassung der Hauptversammlung
über die Entlastung (§ 120 Abs. 1 und 2 AktG) haben die Aktionäre darüber zu entscheiden, ob die Tätigkeit der Organmitglieder im abgelaufenen Geschäftsjahr zu billigen ist, sie
in der Unternehmensführung eine „glückliche Hand“ bewiesen haben und ihnen das Vertrauen auch für ihre künftige Tätigkeit auszusprechen ist (BGH v. 18.10.2004 – II ZR 250/02,
BGHZ 160, 385 [389] = AG 2005, 87; v. 21.6.2010 – II ZR
24/09, ZIP 2010, 1437 = AG 2010, 632 – Rz. 24). Weder die
nach § 120 Abs. 2 Satz 2 AktG beschränkte Wirkung der Entlastung noch das der Hauptversammlung bei dieser Entscheidung zustehende Ermessen rechtfertigen eine Einschränkung
des Auskunftsrechts gem. § 131 AktG oder eine Verschärfung seiner Anforderungen. Dem Aktionär sind vielmehr die
für seine Ermessensausübung erforderlichen Auskünfte zu
erteilen. Es ist ihm nicht zuzumuten, die Tätigkeit der Verwaltung ohne die dazu erforderlichen Informationen „abzusegnen“ und ihr das Vertrauen auszusprechen (BGH v.
18.10.2004 – II ZR 250/02, BGHZ 160, 385 [389 f.] = AG
2005, 87).
[40] bb) Hieran gemessen musste die Antragsgegnerin jedenfalls ohne eine weitere Rückfrage der Antragstellerin keine weiteren Auskünfte für die Ermessensausübung bei den
Entscheidungen über die Entlastung erteilen.
[41] (1) Bei dem Erwerb von Sal. Oppenheim handelte es
sich nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts um
eine Entscheidung von grundlegender Bedeutung, weil dieser
die größte Privatbank Deutschlands betraf. Zudem mussten
die Aktionäre aufgrund von Presseinformationen annehmen,
dass sich die übernommene Gesellschaft zum damaligen
Zeitpunkt in einer existenziellen Krise befand. Für das
Rechtsbeschwerdeverfahren ist daher davon auszugehen,
dass die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts ein für
die Billigung des Organhandelns wesentlicher Umstand war
und sich das Auskunftsrecht ausnahmsweise auf dessen konkreten Inhalt bezog (vgl. OLG Stuttgart v. 29.2.2012 – 20 W
5/11, ZIP 2012, 970 [971] = AG 2012, 377; BayObLG v.
20.3.1996 – 3Z BR 324/95, ZIP 1996, 1251 [1253] = AG
1996, 322; Kersting in KölnKomm/AktG, 3. Aufl., § 131
AktG Rz. 208).
[42] (2) Das Beschwerdegericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Mitteilung des genauen Inhalts der über
den Erwerb geschlossenen Verträge keine für die Beurteilung
der Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns erforderliche Information darstellt und auch die Benennung
sämtlicher im Rahmen der Due Diligence aufgedeckten Risiken das für die Beurteilung der Entscheidungen über die Entlastungen maßgebliche Informationsbedürfnis der Antragstellerin deutlich übersteigt (vgl. auch Hüffer, 10. Aufl. 2012,
§ 131 AktG Rz. 19). Das Auskunftsverlangen ist insoweit auf
eine Fülle nebensächlicher Informationen gerichtet, die für
die Beurteilung der Verwaltungsleistung keine Relevanz haben. Das bezweifelt auch die Rechtsbeschwerde nicht.
91
[43] (3) Die Antragsgegnerin war auf die Frage II.3. hin auch
nicht gehalten näher zu erläutern, welcher Art die von der
Due Diligence aufgedeckten Risiken waren, und diese zu
quantifizieren. Da die Antragsgegnerin nicht verpflichtet war,
sämtliche im Rahmen der Due Diligence aufgedeckten Risiken zu benennen, waren auch nähere Erläuterungen zur Art
der Risiken nicht geboten. Nach der Quantifizierung aufgedeckter Risiken hat die Antragstellerin schon nicht ausdrücklich gefragt. Soweit die Antragstellerin die Vorstellung gehabt haben mochte, im Zusammenhang mit der Information
über den „sonstigen Inhalt“ des Berichts der Due Diligence
auch über den Umfang der Risiken aufgeklärt zu werden, war
dies für die Antragsgegnerin nicht hinreichend deutlich. Im
Übrigen ist nicht erkennbar, warum aus der Sicht des objektiv
urteilenden Durchschnittsaktionärs eine weitere Detaillierung der Auskunft für die Beurteilung der Verwaltungsleistung erforderlich war, nachdem die Antragsgegnerin geantwortet hat, dass die vorhandenen Risiken zu einem großen
Teil nicht übernommen worden seien.
[44] (4) Schließlich war die Antragsgegnerin auch nicht von
sich aus verpflichtet, die für sie mit dem Erwerb von Sal. Oppenheim verbundenen Restrisiken zu benennen, damit die
Antragstellerin hätte nachvollziehen können, ob die Risikoübernahme vertretbar war und von der Verwaltung angemessen berücksichtigt wurde. Dabei kann offen bleiben, ob der
Vorstand bei einer zumindest teilweise auf nicht erforderliche
Auskünfte gerichteten Frage verpflichtet ist, diese in den
durch § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG gezogenen Grenzen zu beantworten (bejahend: KG v. 24.8.1995 – 2 W 1255/95, ZIP
1995, 1585 [1589]; a.A. Decher in Großkomm/AktG,
4. Aufl., § 131 AktG Rz. 155; Spindler in K. Schmidt/Lutter,
2. Aufl., § 131 AktG Rz. 31; Groß, AG 1997, 97 [103];
Marsch-Barner, WM 1984, 41 [42]). Jedenfalls dann, wenn
eine Frage auf eine Vielzahl von Informationen gerichtet ist,
die zumindest teilweise nicht für die Beurteilung eines Tagesordnungspunkts relevant sind, muss der Aktionär, der auf seine Frage eine aus seiner Sicht unzureichende Pauschalantwort erhält, durch eine Nachfrage deutlich machen, dass sein
Informationsinteresse auf bestimmte Detailauskünfte gerichtet ist. Es gelten in diesem Fall dieselben Grundsätze wie bei
einer pauschalen Frage, bei der der Aktionär ein auf detaillierte Informationen gerichtetes Auskunftsverlangen ebenfalls
durch eine Nachfrage kundtun muss (dazu OLG Hamburg v.
12.1.2001 – 11 U 162/00, AG 2001, 359 [360]; LG Braunschweig v. 6.4.1990 – 22 O 97/89, AG 1991, 36 [37]; Reger in
Bürgers/Körber, 2. Aufl., § 131 AktG Rz. 17; Drinhausen in
Hölters, § 131 AktG Rz. 22; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 131
AktG Rz. 21; Kersting in KölnKomm/AktG, 4. Aufl., § 131
AktG Rz. 266; Groß, AG 1997, 97 [103]). Hiervon ausgehend hätte die Antragstellerin weitere Informationen zu den
mit dem Erwerb von Sal. Oppenheim übernommenen Risiken
konkret erfragen müssen, weil ihr Auskunftsverlangen sowohl zum Inhalt der für den Erwerb von Sal. Oppenheim geschlossenen Verträge als auch zu den Ergebnissen der Due
Diligence auch auf Informationen gerichtet war, die für die
Beurteilung der Entscheidung über die Entlastung nicht relevant waren. Es war daher Sache der Antragstellerin, durch
eine präzise Nachfrage zum Ausdruck zu bringen, auf welche
(weiteren) Informationen es ihr ankam (vgl. auch Kubis in
MünchKomm/AktG, 3. Aufl., § 131 AktG Rz. 77; MarschBarner, WM 1984, 41 [42]).
2. Frage II.4.
[45] Das Beschwerdegericht hat im Ergebnis auch ohne
Rechtsfehler angenommen, dass der aus der Frage II.4. fol-
92
Rechtsprechung
gende Auskunftsanspruch von der Antragsgegnerin erfüllt
wurde.
[46] a) Dies gilt zunächst für die Teilfragen 1 und 3 der Frage II.4. Die Antwort der Antragsgegnerin bleibt insoweit
zwar pauschal und enthält die Information über die im Risikoausschuss behandelten Engagements im Einzelnen nicht. Das
Beschwerdegericht hat aber im Ergebnis zutreffend eine weitergehende Auskunftspflicht im Hinblick auf den Vorrang der
Vertraulichkeit der Vorgänge in den Sitzungen des Risikoausschusses verneint.
[47] aa) Der Vorstand darf regelmäßig die Auskunft verweigern, wenn sich das Auskunftsverlangen auf vertrauliche Vorgänge in den Sitzungen des Aufsichtsrats oder der von ihm
nach § 107 Abs. 3 Satz 1 AktG bestellten Ausschüsse richtet
(OLG Stuttgart v. 15.2.1995 – 3 U 118/94, AG 1995, 234
[235]; LG Mannheim v. 7.4.2005 – 23 O 102/04, AG 2005,
780 [781]; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 131 AktG Rz. 11; Kersting in KölnKomm/AktG, 3. Aufl., § 131 AktG Rz. 244, 374;
Spindler in K. Schmidt/Lutter, 2. Aufl., § 131 AktG Rz. 44;
Ebenroth, Das Auskunftsrecht des Aktionärs und seine
Durchsetzung im Prozess, 1970, S. 119; vgl. auch BVerfG v.
20.9.1999 – 1 BvR 636/95, ZIP 1999, 1798 [1800] = AG
2000, 74; demgegenüber zur GmbH: BGH v. 6.3.1997 – II ZB
4/96, BGHZ 135, 48 [53 ff.] = GmbHR 1997, 705). Die
Grundlage für das Auskunftsverweigerungsrecht wird teilweise in § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG gesehen (Kersting in
KölnKomm/AktG, 3. Aufl., § 131 AktG Rz. 244, 374); teilweise wird es auch als eigenständiges Recht anerkannt (Drygala in K. Schmidt/Lutter, 2. Aufl., § 171 AktG Rz. 15). Unabhängig von dieser Streitfrage sind die Diskussionen im
Aufsichtsrat und das Abstimmungsverhalten der Mitglieder
des Aufsichtsrats vertraulich, und zwar unabhängig davon, ob
dies auch für den Gegenstand der Beratung selbst gilt (BGH v.
5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325 [331 f.]; Habersack
in MünchKomm/AktG, 3. Aufl., § 116 AktG Rz. 54; Lutter/
Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., § 6
Rz. 260 f.; vgl. auch BVerfG v. 20.9.1999 – 1 BvR 636/95,
ZIP 1999, 1798 [1800] = AG 2000, 74). Ob sich das Auskunftsverweigerungsrecht darüber hinaus auch auf den Gegenstand einer Aufsichtsratssitzung oder den Inhalt eines in
ihr gefassten Beschlusses erstreckt (so LG Mannheim v.
7.4.2005 – 23 O 102/04, AG 2005, 780 [781]; Drygala in
K. Schmidt/Lutter, 2. Aufl., § 171 AktG Rz. 15; Reger in
Bürgers/Körber, 2. Aufl., § 131 AktG Rz. 13; Spindler in
K. Schmidt/Lutter, 2. Aufl., § 131 AktG Rz. 44; HoffmannBecking in MünchHdb/GesR, Band 4, 3. Aufl., § 33 Rz. 51)
oder ob die Frage der Auskunftspflicht von den konkreten
Umständen des Einzelfalls abhängt (Heidel in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., § 131 AktG Rz. 28;
Kubis in MünchKomm/AktG, 3. Aufl., § 131 AktG Rz. 22;
wohl auch Siems in Spindler/Stilz, 2. Aufl., § 131 AktG
Rz. 17), kann offen bleiben, weil im vorliegenden Fall die
Vertraulichkeit der verlangten Informationen offensichtlich
gegeben ist. Entscheidendes Kriterium ist insoweit ein objektives Bedürfnis der Geheimhaltung im Interesse des Unternehmens (BGH v. 5.6.1975 – II ZR 156/73, BGHZ 64, 325
[329]).
[48] bb) Die mit dem Auskunftsverlangen begehrten Informationen zu den im Risikoausschuss behandelten Kreditengagements und die hierzu gefassten Beschlüsse des Risikoausschusses sind vertraulich, weil das Auskunftsverlangen
insoweit auf die Mitteilung persönlicher Umstände und Verhältnisse der Kunden der Antragsgegnerin gerichtet ist (vgl.
auch LG Frankfurt/M. v. 24.1.2005 – 3-5 O 61/03, ZIP 2005,
1275 [1277] = AG 2005, 891; Reger in Bürgers/Körber,
3/2014
2. Aufl., § 131 AktG Rz. 19; Heidel in Heidel, Aktienrecht
und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., § 131 AktG Rz. 71). Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde auch nicht. Sie meint
vielmehr, es sei der Antragstellerin nicht um die namentliche
Benennung der Kunden der Antragsgegnerin gegangen. Dazu
hat das Beschwerdegericht ohne Rechtsfehler festgestellt,
dass die Frage als auf die Beschreibung aller Engagements im
Einzelnen unter Nennung der betroffenen Kreditnehmer gerichtet aufgefasst werden konnte und von der Antragsgegnerin auch aufgefasst wurde.
[49] Das auf der Vertraulichkeit der verlangten Informationen beruhende Recht zur Auskunftsverweigerung tritt hier
auch nicht hinter ein vorrangiges Aufklärungsinteresse wegen eines objektiv begründeten Verdachts schwerwiegender
Pflichtverletzungen zurück (vgl. BGH v. 16.2.2009 – II ZR
185/07, BGHZ 180, 9 = AG 2009, 285 – Kirch/Deutsche
Bank – Rz. 43; v. 29.11.1982 – II ZR 88/81, BGHZ 86, 1
[19 f.]). Zu einem solchen Interesse hat das Beschwerdegericht nichts festgestellt. Die Rechtsbeschwerde rügt insoweit
auch keine fehlerhafte Tatsachenfeststellung.
[50] b) Eine weiter gehende Antwort war auch auf die Teilfrage 2 nicht geboten. Die Frage nach einer Veränderung des
bankinternen Ratings knüpft an die Benennung der im Risikoausschuss behandelten Engagements entsprechend der
Teilfrage 1 an. Nachdem – wie vorstehend dargestellt – Einzelheiten über die Tätigkeit des Risikoausschusses bei der
Überprüfung von Kreditengagements nicht mitgeteilt werden
mussten, konnte die erkennbar auf die Offenlegung anschließender Bewertungsänderungen gerichtete Frage nicht konkret, sondern – wie geschehen – nur pauschal beantwortet
werden. Die Antwort der Antragsgegnerin legt diesbezüglich
offen, dass es auch hinsichtlich der im Risikoausschuss behandelten Engagements zu nachträglichen Bewertungsänderungen gekommen ist.
Anm. d. Red.: Siehe zu dieser Entscheidung den Kommentar von Kocher/Löchner, AG 2014, 81 – in diesem
Heft.
Entschädigung von Kapitalanlegern
EAEG § 1
1. Handelsverluste, die im Rahmen der vertragsgemäßen Anlage von Kundengeldern entstanden sind, sind
nicht entschädigungsfähig.
2. Zur Darlegungs- und Beweislast der Anleger.
BGH, Urt. v. 5.11.2013 – XI ZR 13/13
„Phoenix II“
(Leitsatz 2 der Redaktion)
■
Tatbestand
[1] Die Klägerinnen nehmen die beklagte Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen auf Entschädigung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (im Folgenden: EAEG) in Anspruch.
Zwischen den Parteien steht nur noch im Streit, ob die Beklagte von ihr berechnete Handelsverluste in Abzug bringen
durfte.
[2] Die Klägerin zu 1) beteiligte sich im Juli 1995 und August 2004 mit einem Anlagebetrag von insgesamt 8.590,82 c
einschließlich Agio an dem Phoenix Managed Account (im
3/2014
Rechtsprechung
Folgenden: PMA), einer von der Phoenix Kapitaldienst
GmbH (im Folgenden: P. GmbH) im eigenen Namen und für
gemeinsame Rechnung der Anleger verwalteten Kollektivanlage, deren Gegenstand nach Nr. 1.4 der in den Geschäftsbesorgungsvertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Anlage der Kundengelder in „Termingeschäften
(Futures und Optionen) für gemeinsame Rechnung zu Spekulationszwecken mit Vorrang von Stillhaltergeschäften“ war.
Das Konto erhielt die Kundennummer D ... 5.
[3] Im August 1995 beteiligten sich ferner beide Klägerinnen
gemeinschaftlich mit einem Anlagebetrag von 5.470,82 c
einschließlich Agio an dem PMA (Kundennummer D ... 1).
[4] Die P. GmbH war bis Ende 1997 auf dem sog. Grauen
Kapitalmarkt tätig. Ab dem 1.1.1998 wurde sie als Wertpapierhandelsbank eingestuft und der Aufsicht des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel unterstellt. Bereits ab
Mitte 1993 hatte die P. GmbH begonnen, die für den PMA
eingegangenen Verpflichtungen aus den Termingeschäften
nicht mehr mit dem aktuellen Marktwert, sondern mit „Null“
zu bewerten, um eingetretene Verluste zu verschleiern. Ab
1997 legte die P. GmbH nur noch einen geringen Teil der von
ihren Kunden vereinnahmten Gelder vertragsgemäß in Termingeschäften an. Ein Großteil der Gelder wurde im Wege
eines „Schneeballsystems“ für Zahlungen an Altanleger und
für die laufenden Geschäfts- und Betriebskosten verwendet.
Auf diese Weise erhielt auch die Klägerin zu 1) zu dem Konto
D ...5 Auszahlungen über insgesamt 5.090,34 c. Den Anlegern wurden monatliche Kontoauszüge übermittelt, die den
tatsächlichen Handelsverlauf nicht widerspiegelten.
[5] Im März 2005 untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht der P. GmbH den weiteren Geschäftsbetrieb und stellte am 15.3.2005 den Entschädigungsfall fest.
Am 1.7.2005 wurde über das Vermögen der P. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.
[6] Die Beklagte ermittelte auf der Grundlage der von ihr
überprüften Berechnungen des Insolvenzverwalters ausgehend vom rekonstruierten, tatsächlichen Handelsverlauf des
PMA für jeden Anleger den Verlauf und Endstand seiner Anlage. Für die Konten der Klägerinnen ergaben sich so unter
Abzug der Handelsverluste jeweils zum 31.3.2005 für das
Konto D ... 5 ein Endbetrag von 815,27 c und für das Konto
D ... 1 ein Endbetrag von 1.924,83 c.
[7] Mit der Klage verlangen die Klägerinnen von der Beklagten die Zahlung von 90 % ihrer jeweiligen Anlagesumme ohne Agio nebst Rechtshängigkeitszinsen, d.h. die Klägerin
zu 1) unter Berücksichtigung der Auszahlungen 5.021,14 c
und die Klägerin zu 2) 2.300,82 c. Sie meinen, dass die Handelsverluste nicht hätten abgezogen werden dürfen.
[8] Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die
Klage der Klägerin zu 1) nur i.H.v. 1.599,92 c nebst Zinsen
und die Klage der Klägerin zu 2) nur i.H.v. 866,17 c nebst
Zinsen für begründet erachtet und sie im Übrigen abgewiesen. ... [Die Revision hatte keinen Erfolg.]
䉴 Entscheidungsgründe
... I. ...
[13] II. ... Das Berufungsgericht hat bei der Bemessung des
Entschädigungsanspruchs der Klägerinnen aus §§ 3 Abs. 1, 4
Abs. 1 EAEG zu Recht die von der Beklagten berechneten
Handelsverluste anspruchsmindernd berücksichtigt.
93
1. Entschädigungsfall
[14] Die P. GmbH, ein u.a. mit Finanzkommissionsgeschäften befasstes Kreditinstitut (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG),
war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein der
beklagten Entschädigungseinrichtung zugeordnetes Institut
(§§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EAEG). Den Eintritt
des Entschädigungsfalles hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gem. §§ 1 Abs. 5, 5 Abs. 1 EAEG
festgestellt.
2. Wertpapiergeschäfte
[15] Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei eine Verbindlichkeit der P. GmbH gegenüber der Klägerseite aus Wertpapiergeschäften bejaht.
[16] a) Zwischen der Klägerseite und der P. GmbH ist ein
Geschäftsbesorgungsvertrag über die Anschaffung und die
Veräußerung von Finanzinstrumenten (hier: Derivate, § 1
Abs. 11 Sätze 1 und 4 KWG) im eigenen Namen für fremde
Rechnung geschlossen worden. Dabei handelt es sich – wie
der Senat mit Urteil vom 20.9.2011 (BGH v. 20.9.2011 – XI
ZR 434/10, BGHZ 191, 95 = AG 2011, 904 – Phoenix –
Rz. 15 ff.) im Einzelnen begründet hat – um Finanzkommissionsgeschäfte i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG und somit
um Wertpapiergeschäfte nach § 1 Abs. 3 EAEG.
[17] b) Es bestand auch eine Verbindlichkeit der P. GmbH
gegenüber der Klägerseite aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag.
[18] Gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 EAEG in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 21.6.2002 (BGBl. I 2002,
2010; vgl. hierzu BGH v. 23.11.2010 – XI ZR 26/10, BGHZ
187, 327 = MDR 2011, 376 – Rz. 15) sind Verbindlichkeiten
aus Wertpapiergeschäften Verpflichtungen eines Instituts zur
Rückzahlung von Geldern, die Anlegern aus Wertpapiergeschäften geschuldet werden oder gehören und die für deren
Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften gehalten werden. Wie der Senat mit Urteil vom 23.11.2010
(BGH v. 23.11.2010 – XI ZR 26/10, BGHZ 187, 327 = MDR
2011, 376 – Rz. 14 ff.) entschieden und im Einzelnen begründet hat, wird von dieser Vorschrift auch der von der Klägerseite gegen die P. GmbH geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der von ihr eingezahlten Gelder, der seine Grundlage
in §§ 675 Abs. 1, 667 Fall 1 BGB hat, erfasst. Denn bei den
vertragswidrig verwendeten Anlagegeldern handelt es sich
um Gelder, die dem Anleger gehören und für dessen Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften gehalten
werden. Das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz bezweckt gerade auch den Schutz des Anlegers
vor solchen Vertragsverletzungen eines Instituts, die den Anspruch des Kunden auf Rückzahlung der eingezahlten, aber
vertragswidrig verwendeten Gelder vereiteln (BGH v.
23.11.2010 – XI ZR 26/10, BGHZ 187, 327 = MDR 2011,
376 – Rz. 28).
3. Handelsverluste
[19] Entgegen der Auffassung der Revision umfasst der Entschädigungsanspruch – wie das Berufungsgericht zutreffend
angenommen hat – nicht die von der Beklagten berechneten,
tatsächlichen Handelsverluste.
[20] Gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 EAEG sind Verbindlichkeiten
aus Wertpapiergeschäften, wie bereits erwähnt, Verpflichtungen eines Instituts auf Rückzahlung von Geldern, die Anlegern aus Wertpapiergeschäften geschuldet werden oder gehören und die für deren Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften gehalten werden. Handelsverluste, die auf-
94
Rechtsprechung
grund einer vertragsgemäßen Anlage der Gelder entstanden
sind, werden davon nicht erfasst.
[21] a) Dies ergibt sich allerdings, anders als das Berufungsgericht meint, nicht bereits unmittelbar aus dem – dem Entschädigungsanspruch aus §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EAEG zugrunde liegenden – Herausgabeanspruch des einzelnen Anlegers gegen die P. GmbH aus §§ 675 Abs. 1, 667 Fall 1 BGB.
Danach wird der Beauftragte oder Geschäftsbesorger zwar
grundsätzlich von der Verpflichtung, zur Auftragsausführung
erhaltene Gelder wieder zurückzuzahlen, frei, wenn er diese
auftragsgemäß weitergeleitet oder bestimmungsgemäß verbraucht hat (vgl. BGH v. 10.10.1996 – III ZR 205/95, NJW
1997, 47 [49] = MDR 1997, 164; v. 4.10.2001 – III ZR 290/
00, BGHReport 2002, 71; v. 30.10.2003 – III ZR 344/02, WM
2003, 2382 [2383] = MDR 2004, 345). Dies ist hier aber nach
der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des BGH ausnahmsweise nicht der Fall, weil die Anleger der P. GmbH bzw. dem
Insolvenzverwalter über deren Vermögen entgegenhalten
können, dass wegen des Vorgehens der P. GmbH, in betrügerischer Weise neue Anleger zu werben und ihre vertraglichen
Verpflichtungen entsprechend ihrer vorgefassten Absicht
grob zu verletzen, ihr Anspruch auf Rückzahlung der Einlage
nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB)
nicht um die Verluste aus den wenigen noch getätigten Anlagegeschäften vermindert werden darf (vgl. BGH v. 9.12.2010
– IX ZR 60/10, WM 2011, 364 = MDR 2011, 389 – Rz. 15; v.
10.2.2011 – IX ZR 18/10, WM 2011, 659 = MDR 2011, 634
– Rz. 14; v. 22.9.2011 – IX ZR 209/10, WM 2011, 2237 –
Rz. 19). Dieser Einwand steht der Klägerseite indes gegenüber der Beklagten – entgegen der Auffassung der Revision –
im Rahmen des Entschädigungsanspruchs aus §§ 3 Abs. 1, 4
Abs. 1 EAEG nicht zu.
[22] b) Nach dem Schutzzweck des Einlagensicherungs- und
Anlegerentschädigungsgesetzes sind im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung der Anlegergelder tatsächlich
angefallene Handelsverluste bei der Bemessung des Entschädigungsanspruchs aus §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EAEG zu berücksichtigen.
[23] Nach der Gesetzesbegründung zur bis zum 30.6.2002
geltenden Fassung des § 1 Abs. 4 EAEG sollen in den
Schutzbereich der Norm nur solche Verpflichtungen aus
Wertpapiergeschäften fallen, die zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten gehören, nicht dagegen beispielsweise
Schadensersatzansprüche aus Beratungsfehlern (BT-Drucks.
13/10188, 16). Mit der Neufassung des § 1 Abs. 4 EAEG
durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz vom
21.6.2002 (BGBl. I, 2010) sollten nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen redaktionelle Unklarheiten des
Normtextes beseitigt werden (vgl. BT-Drucks. 14/8017,
69 f.), die den Schutzbereich der Vorschrift unberührt gelassen, insb. nicht erweitert haben. Wenngleich die Unterscheidung zwischen Hauptleistungspflichten und Schadensersatzansprüchen aus Beratungsfehlern im Hinblick darauf zweifelhaft ist, dass auch die Beratungsleistung eine vertragliche
Hauptleistungspflicht darstellen kann, ist das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel klar. Geschützt werden nur solche Ansprüche des Anlegers, die sich unmittelbar auf die Verschaffung
von Rechten, Besitz oder Eigentum an Geldern oder Wertpapieren richten. Dazu gehören auch Ansprüche wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten, durch die – wie etwa im Falle
der Unterschlagung oder Untreue – die Ansprüche des Kunden auf die Verschaffung von Rechten, Besitz oder Eigentum
an Geldern oder Wertpapieren vereitelt werden (vgl. BGH v.
23.11.2010 – XI ZR 26/10, BGHZ 187, 327 = MDR 2011,
376 – Rz. 24 m.w.N.; v. 25.10.2011 – XI ZR 67/11, WM 2011,
3/2014
2219 = AG 2011, 911 – Rz. 27). Der Ersatz (tatsächlich) entgangenen Gewinns oder der Ausgleich von Verlusten, die
aufgrund einer fehlerhaften Anlagestrategie entstanden sind,
unterfallen daher nicht dem Schutz des Einlagensicherungsund Anlegerentschädigungsgesetzes (BGH v. 23.11.2010 –
XI ZR 26/10, BGHZ 187, 327 = MDR 2011, 376 – Rz. 24).
[24] Eine solche Eingrenzung des Schutzbereichs ist auch
europarechtskonform. § 1 Abs. 4 Satz 1 EAEG beruht auf
Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3.3.1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger (ABl. EG 1997 Nr. L 84, 22). Dieser
bestimmt, dass dem Anleger Gelder zurückzuzahlen sind, die
ihm geschuldet werden oder gehören und für seine Rechnung
im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften gehalten werden. Weiterhin gewährleistet diese Norm, dass dem Anleger
die Finanzinstrumente zurückgegeben werden, die diesem
gehören und für seine Rechnung im Zusammenhang mit
Wertpapiergeschäften gehalten, verwahrt oder verwaltet werden. Einen Anspruch des Anlegers auf Ausgleich von Handelsverlusten, die im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung der Anlegergelder entstanden sind, will die Richtlinie – was auch ihr Erwägungsgrund 8 unterstreicht – nicht gewähren.
[25] Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht
dem auch nicht die Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des
BGH entgegen, der im Rahmen eines auf §§ 134 Abs. 1, 143
Abs. 1 InsO gestützten Rückgewähranspruchs des Insolvenzverwalters über das Vermögen der P. GmbH gegen einen Anleger wegen der an diesen von der P. GmbH geleisteten Auszahlungen Handelsverluste nicht berücksichtigt (vgl. BGH v.
9.12.2010 – IX ZR 60/10, WM 2011, 364 = MDR 2011, 389
– Rz. 15; v. 10.2.2011 – IX ZR 18/10, WM 2011, 659 = MDR
2011, 634 – Rz. 14; v. 22.9.2011 – IX ZR 209/10, WM 2011,
2237 – Rz. 19). Insoweit kommt es nämlich darauf an, ob die
P. GmbH die Geltendmachung etwaiger Gegenpositionen
verwirkt hat, weil der Insolvenzverwalter im Grundsatz voll
in die – zivilrechtlich geprägte – Rechtsposition des Schuldners einrückt. Dies ist dagegen in dem Verhältnis zwischen
Entschädigungseinrichtung und Anleger bei der Bestimmung
des Umfangs des Entschädigungsanspruchs aus §§ 3 Abs. 1,
4 Abs. 1 EAEG nicht der Fall. Dieser richtet sich nach dem –
oben umrissenen – Schutzzweck der Anlegerentschädigung,
der eine Entschädigung für tatsächlich erlittene Handels- oder
Kursverluste nicht vorsieht.
[26] c) Das Berufungsgericht hat schließlich – entgegen der
Auffassung der Revision – für die Bemessung der Handelsverluste auch zu Recht die Berechnung der Beklagten zugrunde gelegt und das diesbezügliche (einfache) Bestreiten der
Klägerseite für nicht ausreichend erachtet.
[27] aa) Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EAEG richtet sich der Entschädigungsanspruch des Anlegers nach Höhe und Umfang
der ihm gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften unter Berücksichtigung etwaiger Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechte des Instituts. Die Bemessung des Entschädigungsanspruchs erfolgt danach in
zwei Schritten. Zunächst sind Höhe und Umfang der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften festzustellen. Diese umfassen nach § 1 Abs. 4 Satz 1 EAEG die Verpflichtungen des
Instituts auf Rückzahlung von Geldern, die Anlegern aus
Wertpapiergeschäften geschuldet werden oder gehören und
die für deren Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften gehalten werden. Sodann sind etwaige Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechte des Instituts zu klären
und ggf. nach allgemeinen Grundsätzen dem Entschädigungsanspruch gegenüberzustellen.
3/2014
Rechtsprechung
[28] Nach den allgemeinen Grundsätzen zur Darlegungsund Beweislast hat der Anleger die Höhe des von ihm geltend
gemachten Entschädigungsanspruchs darzulegen und ggf. zu
beweisen, während die Entschädigungseinrichtung zu etwaigen Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechten des Instituts vortragen muss (vgl. hierzu BGH v. 23.11.2010 – XI ZR
26/10, BGHZ 187, 327 = MDR 2011, 376 – Rz. 32; v.
25.10.2011 – XI ZR 67/11, WM 2011, 2219 = AG 2011, 911
– Rz. 22). Dabei kann sich der Anleger zunächst auf die Darstellung der von ihm erbrachten Einzahlungen (ohne Agio)
und der an ihn geleisteten Auszahlungen beschränken. Verlangt er darüber hinaus die Auszahlung tatsächlich erzielter
Gewinne, muss er auch diese darlegen. Dagegen muss er zu
etwaigen Verlusten – soweit deren Entstehung ihm wie hier
verschwiegen worden ist – keinen Vortrag halten. Dies ist
dann Sache der Entschädigungseinrichtung, zu deren Aufgaben es nach § 5 Abs. 4 Satz 1 EAEG gehört, die angemeldeten Ansprüche zu prüfen; zu diesem Zweck stehen ihr die in
§§ 5 Abs. 2, 9 Abs. 2 EAEG genannten Ermittlungsbefugnisse zu (vgl. hierzu BGH v. 20.9.2011 – XI ZR 434/10, BGHZ
191, 95 = AG 2011, 904 – Rz. 55 ff.). Hat die Entschädigungseinrichtung unter Ausschöpfung der ihr zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten die dem einzelnen Anleger
zustehende Entschädigungssumme detailliert und nachvollziehbar berechnet, ist es dem Anleger zwar unbenommen,
diese Berechnung anzugreifen. Ihm kommt insoweit aber
gem. § 138 Abs. 2 ZPO eine gesteigerte Darlegungslast zu, so
dass ein bloß einfaches oder nur pauschal auf das gesamte Rechenwerk bezogenes Bestreiten unbeachtlich ist. Denn die
Entschädigungseinrichtung steht gleichermaßen wie der Anleger außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs und
hat zu Beginn des Entschädigungsverfahrens keine nähere
Kenntnis von den maßgebenden Tatsachen (vgl. BGH v.
11.7.1989 – XI ZR 59/88 – Rz. 23 f. m.w.N., in WM 1990,
343 nicht abgedruckt). Für eine Zurechnung der Kenntnis des
Instituts fehlt es an einer Rechtsgrundlage; die Entschädigungseinrichtung steht – aus Sicht der Anleger – auch nicht
„in dessen Lager“. Bei dieser Sachlage muss der Anleger den
nachprüfungsfähigen Vortrag der Entschädigungseinrichtung
zur Höhe der Handelsverluste substantiiert bestreiten, wenn
er ihm entgegentreten will.
[29] bb) Nach diesen Maßgaben hat das Berufungsgericht
das Bestreiten der Klägerseite zu Recht als unerheblich angesehen und deshalb der Ermittlung der Entschädigungshöhe
die Berechnung der Beklagten zugrunde gelegt.
[30] Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte die gesamte Handelstätigkeit
der P. GmbH im Zusammenhang mit dem PMA aufgeklärt
und im Einzelnen nachvollzogen. Hierzu hat sie die Unterlagen des Insolvenzverwalters ausgewertet und sachlich wie
rechnerisch überprüft. Auf diese Weise hat die Beklagte Gewinne und Verluste des PMA in den einzelnen Handelsperioden ermittelt und auf dieser Grundlage die Kontenverläufe
der einzelnen Anleger nachgezeichnet. Diese konkreten Berechnungen hat die Klägerseite nicht substantiiert bestritten.
Sie hat insb. nicht aufgezeigt, welche konkreten Positionen in
den Berechnungen fehlerhaft sein sollen. Im Übrigen hat sich
das Berufungsgericht mit den Einwendungen der Klägerseite
auseinandergesetzt, ohne dass die Revision insoweit einen
Rechts- oder Verfahrensfehler dartut oder ein solcher aus anderen Gründen erkennbar ist. Die Revision stellt lediglich
noch in Frage, dass die vereinnahmten Gelder vertragsgemäß
in Termingeschäfte angelegt worden seien; dieser nur pauschale Vortrag genügt indes den Anforderungen an die der
Klägerseite obliegende gesteigerte Darlegungslast nicht.
95
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten
und drohende Verluste aus schwebenden
Geschäften
HGB § 249; AktG §§ 249, 256
Zur Frage, ob die Deutsche Bank verpflichtet ist, Rückstellungen wegen etwaiger Schadenersatzansprüche
bezüglich einer Interviewäußerung ihres ehemaligen
Vorstandsvorsitzenden in die Jahresbilanz 2011 einzustellen.
OLG Frankfurt, Teilurt. v. 12.11.2013 – 5 U 14/13, n. rkr.
„Kirch/Deutsche Bank“
䉴 Gründe
I.
[1] Die Beklagte [Deutsche Bank AG] ist eine börsennotierte
deutsche Großbank. Die Kläger und ihr Streithelfer sind Aktionäre der Beklagten. Mit ihren Klagen begehren die Kläger
und ihr Streithelfer die Feststellung der Nichtigkeit bzw. die
Nichtigerklärung von Beschlüssen der Hauptversammlung
der Beklagten vom 31.5.2012. Darüber hinaus wendet sich
die Klägerin zu 3) mit ihrer Klage gegen den Jahresabschluss
der Beklagten zum 31.12.2011, der eine Bilanzsumme von
1.869.074.000.000 c, ein Eigenkapital von 33.990.000.000 c
und einen Bilanzgewinn von 852 Mio. c ausweist.
[2] Die Klägerin zu 3) hat die Auffassung vertreten, dass der
für das Jahr 2011 festgestellte Jahresabschluss nichtig sei,
weil die Beklagte trotz überwiegender Verurteilungswahrscheinlichkeit im Rechtsstreit B-GmbH (Kirch) gegen Deutsche Bank u.a. vor dem OLG München für die dort in Grund
und Höhe gegen sie geltend gemachten Ansprüche keine
Rückstellungen gebildet habe. Darüber hinaus habe die Beklagte versäumt, Rückstellungen für noch nicht ausbezahlte
Boni für ihre Investmentbanker i.H.v. rund 4 Mrd. c zu bilden. ... [Die Klage hatte keinen Erfolg.]
II.
...
[18] Zwar ist die auf Feststellung der Nichtigkeit des Jahresabschlusses gerichtete Klage gem. §§ 256 Abs. 7 Satz 1, 249
AktG zulässig. Sie ist jedoch unbegründet, da die Klägerin
zu 3) bereits keinen Fehler i.S.d. § 256 Abs. 1 AktG des vom
Aufsichtsrat am 8.3.2012 festgestellten Jahresabschlusses für
das Jahr 2011 vorgetragen hat.
1. Schadensersatzforderung
[19] Zunächst hat die Klägerin ihre Auffassung einer Nichtigkeit des Jahresabschlusses 2011 darauf gestützt, dass die
Beklagte – was unstreitig ist – keine Rückstellungen für den
Schadensersatzprozess der B-GmbH gegen die Beklagte vor
dem OLG München („Kirch-Prozess“) gebildet habe. Die
dort geltend gemachten Schadensersatzansprüche hätten sich
auf rund 5 Mrd. c belaufen, von denen bis dato rund 2 Mrd. c
beziffert gewesen seien.
[20] Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Rückstellungen
für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste
aus schwebenden Geschäften zu bilden. Bei Schadensersatzansprüchen ist insoweit eine Wahrscheinlichkeitsbeurteilung
hinsichtlich ihres Bestehens maßgeblich (BGH v. 16.2.2009 –
II ZR 185/07, NJW 2009, 2207 ff. = AG 2009, 285 – Rz. 47).
Dass aus Sicht der Beklagten bei der Aufstellung bzw. dem
Beschluss über den Jahresabschluss 2011 eine überwiegende
96
Rechtsprechung
Wahrscheinlichkeit für eine Schadensersatzverpflichtung in
bestimmter Höhe bestand, hat die Klägerin zu 3) im Ergebnis
nicht hinreichend dargetan. In erster Linie stützt sie ihre diesbezügliche Auffassung auf einen Hinweisbeschluss des OLG
München in dem Verfahren B- GmbH gegen A-Bank AG und
V vom 24.3.2011 (...). In diesem Beschluss regt der dortige
Senat eine vergleichsweise Einigung der Parteien unter Einbeziehung sämtlicher Streitigkeiten zwischen Kirch und ihm
nahestehenden Unternehmen und Personen einerseits und
den Beklagten andererseits in Höhe eines von den Beklagten
zu zahlenden Betrages von 775 Mio. c an. Zur Begründung
führt der Senat aus, dass durch die Interviewäußerung von
Herrn Breuer im Jahre 2002 ein Schaden darin bestehen
könnte, dass bei Nichtannahme des seinerzeitigen Vertragsangebots der Beklagten eine freie Umstrukturierung der Unternehmen des X-Konzerns nicht mehr möglich gewesen sei.
Der Verlust einer freien Umstrukturierung hätte im Wesentlichen im insolvenzbedingten Verkauf der Aktien der C-AG
und der Verwertung des Aktienpakets an der Springer AG gelegen.
[21] Zutreffend weist die Beklagte daraufhin, dass es sich
hier insoweit um einen Vergleichsvorschlag des 5. Zivilsenats des OLG M. handelte, sein Ziel mithin eine gütliche Einigung der Parteien war. Bereits daraus, dass der Senat eine Einigung zu einem Betrag von („nur“) 775 Mio. c (statt der
nach dem Vortrag der Beklagten zu 3. geforderten 5 Mrd. c)
vorschlug, zeigt, dass offenbar das OLG M. – jedenfalls was
die Höhe des Schadenersatzes angeht – nach der durchzuführenden Beweisaufnahme nur eine geringe Wahrscheinlichkeit
des Obsiegens der B-GmbH angenommen hat. Aus dem Vergleichsvorschlag lässt sich daher keine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung und erst recht kein entsprechendes Bewusstsein der Beklagten herleiten. Insoweit ist
auch zu berücksichtigen, dass die Vorinstanz, das LG M. mit
Urteil vom 31.3.2009 (...) die Klage der B-GmbH in erster Instanz vollumfänglich abgewiesen hatte. Hinzu kommt
schließlich, dass der Vorstand der Beklagten den Vergleichsvorschlag letztendlich abgelehnt hat, was dagegen spricht,
dass er mit einer (letztinstanzlichen) Verurteilung rechnete.
[22] Ebenso wenig folgt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung der Beklagten in der von der Klägerin zu 3) angenommenen Höhe daraus, dass diese in dem Verfahren vor dem OLG am 14.11.2011 und 27.2.2012 Befangenheitsanträge stellte. Diese begründete die Beklagte u.a.
wie folgt:
[23] „Im Licht der am 11.11.2011 vorgenommenen Akteneinsicht und der dienstlichen Äußerungen der abgelehnten
Richter erweist sich zudem, dass die abgelehnten Richter
schon am 25.3.2011, d.h. vor Beginn der von ihnen durchgeführten umfangreichen Beweisaufnahme voreingenommen
und in der Sache festgelegt waren.“
[24] Hieraus folgt – was unstreitig ist –, dass die Beklagte
bzw. ihre Prozessbevollmächtigten die Besorgnis einer Befangenheit der Mitglieder des 5. Senats des OLG M. hegten.
Dass sie deswegen – auch nachdem die Befangenheitsanträge
zurückgewiesen worden waren – von einer letztinstanzlichen
Verurteilung (in welcher Höhe?) ausgingen, belegt der Vortrag jedoch nicht.
2. Bonifikation
[25] Unter Bezug auf einen Artikel in der D-Zeitung vom
... 10.2012 hat die Klägerin zu 3) die angenommene Nichtigkeit des Jahresabschlusses der Beklagten für 2011 erstmals in
ihrem Schriftsatz vom 30.10.2012 auch darauf gestützt, dass
die Beklagte noch nicht ausbezahlte Boni für ihre Investment-
3/2014
banker i.H.v. rund 4 Mrd. c weder im Einzel- noch im Konzernabschluss berücksichtigt habe. In dem Zeitungsartikel
heißt es auszugsweise wie folgt:
[26] „In den Geschäftsberichten von 2009 bis 2011 finden
sich vage Hinweise, dass in jedem dieser Geschäftsjahre variable Vergütungen von jeweils rund 2 Milliarden Euro für
das jeweilige Geschäftsjahr, die erst in den folgenden Jahren
ausgezahlt werden, auch in der Erfolgsrechnung der folgenden Jahre berücksichtigt werden. Unklar bleibt, ob und wo
dafür Rückstellungen gebildet wurden. Wären diese „aufgeschobenen‘“ Vergütungen in der Erfolgsrechnung berücksichtigt worden, wäre der Konzerngewinn vor Steuern für
2011 um 42 Prozent niedriger ausgefallen. Der Gewinn vor
Steuern des Geschäftsbereichs Investment Banking (...) wäre
2011 wohl um zwei Drittel niedriger.“
[27] Die Beklagte trägt demgegenüber (pauschal) vor, dass
sie „im Rahmen der Aufstellung der Konzern- bzw. Einzelabschlüsse für die aufgeschobene Vergütung die relevante
Rechnungslegungsvorschriften nach EFRS bzw. HGB beachtet habe, was auch die Abschlussprüferin E uneingeschränkt
bestätigt habe“.
[28] Einen Fehler in dem angegriffenen Jahresabschluss legt
die Klägerin zu 3) nicht dar. Ihre Behauptung, für die „aufgeschobenen Vergütungen“ („Boni“) seien in gesetzwidriger
Weise keine Rückstellungen gebildet worden, erfolgt ersichtlich ins Blaue hinein. Insb. folgt dies nicht aus dem Zeitungsartikel, auf den sich der Vortrag der Klägerin zu 3) gründet.
Denn dort wird ausdrücklich festgestellt, dass es unklar bleibe, ob Rückstellungen gebildet wurden. ...
[30] Nach allgemeinen Grundsätzen liegt die Darlegungsund Beweislast für die behauptete Nichtigkeit des Jahresabschlusses auf Seiten des Klägers. Um ihr zu genügen, kann
ein Aktionär im Vorfeld von seinem Auskunftsrecht nach
§ 131 AktG Gebrauch machen (Rölike in Spindler/Stilz,
§ 256 AktG Rz. 80 unter Hinweis auf OLG Karlsruhe v.
21.11.1986 – 15 U 78/84, WM 1987, 533 ff. = AG 1989, 35).
Da dies vorliegend nicht geschehen ist, kommt weder eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten noch eine Umkehr der
Darlegungs- und Beweislast in Betracht. ...
3. Unwesentliche Beeinträchtigung
[33] Nach alledem hat die Klägerin zu 3) bereits eine Fehlerhaftigkeit des streitgegenständlichen Jahresabschlusses 2011
nicht dargetan. Unabhängig hiervon führten die von der Klägerin zu 3) behaupteten fehlenden Rückstellungen nur zu
einer unwesentlichen Beeinträchtigung des Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Beklagten, weswegen
eine Nichtigkeit des Jahresabschlusses auch aus diesem
Grund ausgeschlossen ist. Maßgeblich ist insoweit das Verhältnis der möglicherweise fehlerhaft nicht gebildeten Rückstellungen zur Bilanzsumme der Beklagten (OLG Frankfurt
v. 18.3.2008 – 5 U 171/06, NZG 2008, 429 = AG 2008, 417).
Selbst wenn man vorliegend der Klägerin zu 3) folgend hinsichtlich der geltend gemachten Schadensersatzansprüche
der B-GmbH nicht auf den Vergleichsvorschlag des OLG M.,
sondern auf den bezifferten Schadensersatzbetrag von
2 Mrd. c und hinsichtlich der Berücksichtigung aufgeschobener Vergütungen einen Betrag von 4 Mrd. c zugrunde legen
wollte, umfasste ein Fehler i.H.v. 6 Mrd. c bei einer Bilanzsumme der Beklagten von 1.869.000.000.000 c lediglich das
sehr geringe Verhältnis von 0,32 %. ...
Anm. d. Red.: Das Rechtsmittel beim BGH wird unter
dem Az. II ZR 410/13 geführt.
3/2014 R31
gesteigert und erfolgreich neue Märkte und Kooperationen erschlossen. Das Jahr 2013 war geprägt durch
einen starken Zuwachs am Terminmarkt für Strom sowie
deutliche Steigerungen an den Erdgas und CO2-Märkten.
Zusätzlich zum Geschäft in ihren angestammten Märkten hat die EEX im Laufe des Jahres neue Märkte und
Geschäftsfelder erschlossen. Dazu zählen die im Juni
gestarteten Futures auf Herkunftsnachweise für Grünstrom. Mit dem Kauf eines Herkunftsnachweises erbringen Energieversorger den Nachweis, dass eine Megawattstunde Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt
wurde. Im Jahr 2013 wurden 466.000 Herkunftsnachweise am EEX-Terminmarkt gehandelt.
5 %igen Anteil an der Börse Istanbul übernehmen und
eine Option auf weitere 2 % des Aktienkapitals erwerben. Eventuell wird die Borsa Istanbul ihrerseits in der
Zukunft ebenfalls einen Minderheitsanteil an der Nasdaq OMX übernehmen. Das jetzt geschlossene Abkommen stellt eine langfristige Verpflichtung der Partner zur
Zusammenarbeit dar, von der die Mitgliedsunternehmen und Kunden beider Börsen profitieren.
Die Borsa Istanbul A.Ş. in der jetzigen Form ist am
30.12.2012 auf der Basis eines neuen Kapitalmarktgesetzes gegründet worden. Die Vorgängerbörse war die
im Dezember 1985 gegründete Istanbul Menkul Kıymetler Borsası.
Dipl.-Verw. Wiss. Marianne Gajo, Spaichingen
Dr. Stefan Mai, Senior Vice President,
Eurex Frankfurt AG, Frankfurt/M.
Norwegische Norexeco plant Papierund Forstwirtschaftderivate
Die 2012 gegründete norwegische Norexeco AS möchte einen organisierten und regulierten Markt für Derivate
auf Produkte der Papier- und Forstwirtschaft starten. Ab
dem Frühjahr 2014 sollen vier finanziell abgerechnete
Warenterminkontrakte zum Handel angeboten werden.
Dazu gehören zwei Kontrakte für Zellulose (NBSK Softwood Kraft Pulp und BHKP Hardwood Kraft Pulp) und
zwei Kontrakte für Recyclingpapier (Recovered Paper
OCC 1.04 und Recovered Paper ONP/OMG 1.11) Für
diese Commodities sollen standardisierte Futures-Produkte auf Monatsbasis mit einem Handelshorizont über
die kommenden 20 Monate angeboten werden, wobei
der Handel der Aufsicht durch die norwegische Finanzaufsicht Finanstilsynet unterliegen wird. Das Produktangebot soll sukzessive um weitere Produkte inklusive Optionsangebote erweitert werden. Das Clearing und die finanzielle Abwicklung der Geschäfte, die in a oder US-$
notiert sein werden, soll die European Commodity Clearing (ECC) erbringen. ECC und Norexeco haben diesbezüglich eine Kooperationsvereinbarung unterschrieben.
Die European Commodity Clearing ist das zentrale
Clearinghaus für Energie und energienahe Produkte in
Europa. In Kooperation mit der ECC will Norexeco den
Börsenteilnehmern effiziente Clearing-Services ermöglichen, mit denen diese das Kontrahentenrisiko erheblich mindern und zur gleichen Zeit ihr Risiko am Markt
optimieren können.
Dipl.-Verw. Wiss. Marianne Gajo, Spaichingen
Nasdaq OMX beteiligt sich an Börse
Istanbul
Die Nasdaq OMX Group und die Borsa Istanbul A.Ş. Haben ein weit reichendes Abkommen geschlossen, das
zum einen die Lieferung von Technologie der Nasdaq
als auch die Beteilung der Nasdaq OMX an der Börse
Istanbul umfasst. Die Nasdaq wird Plattformen und Anwendungen nach Istanbul liefern, die auf der Genium
Inet-Technologie basieren. Die Nasdaq OMX wird einen
Dubai und Toronto unterzeichnen
Vereinbarung
Die Dubai International Financial Centre Authority (DIFCA) und die Toronto Financial Services Alliance (TFSA)
haben ein strategisches Abkommen bezüglich der Zusammenarbeit der beiden Finanzzentren Dubai und Toronto unterzeichnet. TFSA und DIFCA wollen die Bedeutung ihrer jeweiligen Finanzzentren mit dem Abkommen
verstärken. Die beiden Verbände wollen deshalb künftig
einen intensiven Informations- und Wissensaustausch
betreiben. Lokale und internationale Trends sollen aufgegriffen und gemeinsam bearbeitet werden. Dazu gehört auch der Bereich islamischer Finanzprodukte. Das
unterzeichnete Abkommen regelt die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit von DIFCA und TFSA zur
gemeinsamen Weiterentwicklung ihrer Finanzdienstleistungsangebote. Die Absichtserklärung umfasst
auch die Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung
und Forschung.
Dipl.-Verw. Wiss. Marianne Gajo, Spaichingen
Branchen- und
Unternehmens-Report
Branchen-Nachrichten
Branchentrends 2014 in den Marktsegmenten Telekommunikation, Medien
und Technologie
Einen jährlichen Ausblick auf die aktuellen Branchentrends der Marktsegmente Telekommunikation, Medien
und Technologie (TMT) bieten die „Deloitte TMT Predictions“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte. Aus
der nun erschienenen Ausgabe für das Jahr 2014 geht
hervor, dass der Markt für Smartphones, Tablets und
Konsolen weitgehend gesättigt ist. Die Experten erwarten, dass das starke Umsatzwachstum in Zukunft nicht
3/2014 R32
weiter fortgesetzt wird.
Abb.: Combined global sales revenues of smartphones, tablets, PCs, TV sets, video game
consoles (1999–2018)
Viele Verbraucher sind bereit,
für interessante redaktionelle
Inhalte im Web zu bezahlen,
wenn sie einen angemessenen Preis haben und sich bequem abrechnen lassen. So
geben in Deutschland derzeit
rund 25 % aller Internetnutzer
Geld für journalistische Inhalte im Internet aus. Dies hat
eine repräsentative Umfrage
im Auftrag des Hightech-Verbands BITKOM gezeigt.
Quelle: Deloitte
Ausnahmen sehen die Experten bei den sog. Wearables. Hierbei handelt es sich um smarte Uhren und Brillen
mit Navigations- und Augmented-Reality-Funktionen.
Insbesondere Smart Glasses werden aller Voraussicht
nach einen Milliardenmarkt erschließen, sofern die regulatorischen Grenzen, die ihre derzeitige Verbreitung
noch verhindern, ausgeräumt sind.
Weiterhin wird ein großes Wachstumspotential bei Premium-TV-Angeboten wie Video on Demand-Abonnements und Pay-TV gesehen. Immer mehr Verbraucher
nutzen solche Dienste von mehreren Anbietern. Ende
2014 werden es weltweit 50 Mio. Haushalte sein. Das
durch zusätzliche Abonnements generierte Umsatzvolumen liegt schätzungsweise bei etwa 5 Mrd. US-$. In
Deutschland verfügen derzeit rund 10 % der TV-Premium-Kunden über mindestens zwei Abonnements, Ende
2014 werden es 15 % sein. Dazu trägt auch bei, dass Angebote im Bereich des Subscription-basierten Video on
Demand (SVOD) weniger als 10 a monatlich kosten und
damit für viele Nutzer attraktiv sind.
Das Wachstum der vergangenen Jahre im Bereich Consumer Hardware beruhte auf dem Erfolg von stationären/mobilen PCs, TV-Geräten, Konsolen, Smartphones
und Tablets. In nahezu all diesen Segmenten weisen die
Märkte nun einen hohen Sättigungsgrad auf, die Preise
sind unter Druck und der Lebenszyklus der Geräte wird
häufig länger. Mit der Ausnahme von Tablets, die in kleinem Format kontinuierlich beliebter werden, bleiben die
kumulativen Branchenumsätze gerade einmal konstant.
Die Branchenexperten empfehlen den Marktteilnehmern auf die zunehmende Stagnation in den unterschiedlichen Segmenten mit angepassten Vermarktungsstrategien reagieren. Gleichzeitig ergeben sich
neue Wachstumsoptionen, die rechtzeitig erkannt und
in übergreifende Strategien eingebettet werden müssen. Chancen ergeben sich insbesondere bei innovativen Video-on-Demand-Angeboten sowie kleinen, preiswerten Tablets.
Dipl.-Kffr. Marion Müller, Bad Soden
Jeder Vierte zahlt für
redaktionelle Inhalte
im Internet
Am stärksten werden kostenpflichtige redaktionelle Angebote von den 30- bis 49-Jährigen genutzt. Hier liegt
der Anteil bei 31 %. In der Generation 65-Plus sind es dagegen nur 13 % der Internetnutzer. Laut Umfrage geben
17 % der Internetnutzer Geld für einzelne journalistische
Beiträge aus und ebenfalls 17 % zahlen eine monatliche Pauschale in Form eines Abos. Der durchschnittliche Preis liegt nach Angaben der Befragten bei 13,60 a
im Monat.
Abb.: Wären Sie grundsätzlich bereit, für journalistische Angebote
im Internet zu bezahlen?
Quelle: Bitkom
Nahezu ein Drittel (31 %) derjenigen, die gegenwärtig
kein Geld für journalistische Inhalte ausgeben, erklären
sich dazu aber grundsätzlich bereit. Dagegen wollen
61 % der heutigen Nichtzahler auch künftig kein Geld für
redaktionellen Content ausgeben, und 8 % sind unentschlossen. Als Grund für ihre fehlende Zahlungsbereitschaft nennen fast zwei Drittel (65 %) der Nichtzahler,
dass ausreichend kostenlose journalistische Inhalte im
Internet verfügbar sind. 44 % meinen, dass die Qualität
der Angebote keine Bezahlung rechtfertigt, während
34 % einzelne Artikel oder Abos zu teuer sind. 32 % der
Nichtzahler gaben an, dass ihnen das Bezahlen im Internet zu kompliziert ist.
Dipl.-Kffr. Marion Müller, Bad Soden
3/2014 R33
Möbelproduktion 2013 um 3 %
gesunken
Nach vorläufigen Ergebnissen betrug in Deutschland
der Wert der Möbelproduktion im Jahr 2013 rund
16,2 Mrd. a. Gegenüber dem Jahr 2012 bedeutet dies
einen nominalen Rückgang von 3 %.
als zwanzig Punkte unter dem Vergleichszeitraum des
Jahres 2012 und stellt damit die schlechteste Einschätzung seit der ersten Befragung 2005 dar.
Abb.: Zufriedenheitswerte 2005–2013
Nachdem der Wert der produzierten Möbel in den Jahren 2006 bis 2008 zum Teil stark zugenommen hatte,
ging er während der Wirtschaftskrise 2009 um 12 % zurück und hat trotz der – zum Teil starken – Steigerungen
in den Folgejahren das Vorkrisenniveau von 2008 noch
nicht wieder erreicht.
Abb.: Produktion von Möbeln
Index = Nennungen der Salden „Sehr zufrieden + zufrieden“ und „unzufrieden + sehr unzufrieden“
Quelle: Deutscher Golfverband e.V.
1
Unter anderem Schlaf-, Ess- und Wohnzimmermöbel aus Holz sowie Metall- und Kunststoffmöbel.
2
Angaben für 2013 geschätzt.
Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden
Die Ursachen hierfür sieht die Branche in dem Zusammentreffen eines schwierigen Marktumfelds und ungünstigen Wetterbedingungen im Frühjahr. Insbesondere die Greenfee-Einnahmen gingen stark zurück. Die
Golfanlagen bewerten ihre Zufriedenheit dementsprechend zunehmend negativ. Insgesamt geben zwar mit
59,8 % immer noch mehr als die Hälfte der Befragten an,
mit der Saison 2013 zufrieden oder sehr zufrieden gewesen zu sein. 40,2 % sehen jedoch ihre Erwartungen
als nicht erfüllt an und sind unzufrieden (2012: 37,6 %)
oder sehr unzufrieden (2012: 2,6 %).
Dipl.-Kffr. Marion Müller, Bad Soden
Der Produktionsrückgang im Jahr 2013 ist in nahezu allen Bereichen der Möbelindustrie zu beobachten. Die
Produktion von Büro- und Ladenmöbeln ging um 2,5 %
zurück, die von Sitzmöbeln um 3,9 %. Außerdem verringerte sich die Produktion von „Sonstigen Möbeln“, zu
denen u.a. Schlaf-, Ess- und Wohnzimmermöbel aus
Holz sowie Metall- und Kunststoffmöbel gehören
(-4,5 %) und die von Matratzen (-9,6 %). Lediglich die Herstellung von Küchenmöbeln aus Holz ist leicht gestiegen (+1 %).
Vom gesamten Wert der 2013 produzierten Möbel entfielen 29 % auf Sitzmöbel, 27 % auf Sonstige Möbel und
24 % auf Küchenmöbel aus Holz. Der Anteil von Büround Ladenmöbeln betrug 16 % und der für Matratzen
4 %.
Dipl.-Kffr. Marion Müller, Bad Soden
Golf-Branche blickt auf ein schwieriges
Jahr zurück
Eine Vielzahl der deutschen Golfanlagen bewertet das
Jahr 2013 als nicht zufrieden stellend und bestätigt die
gedämpften Frühjahreserwartungen. Dies geht aus
dem Golfbarometer Herbst 2013 des Deutsche Golf Verbandes (DGV) hervor.
Gleichwohl schätzen noch immer 26,3 % der Anlagen
die wirtschaftliche Lage als gut ein und 63,5 % bewerten
sie befriedigend. Der Index liegt insgesamt jedoch mehr
Jahresabschlüsse
Hornbach Baumarkt AG
Konzernabschluss zum 29.2.2013
Die Hornbach Baumarkt AG ist der Marktführer im Bereich der großflächigen Bau- und Gartenmärkte in Europa.
Der Konzern steigerte im Berichtsjahr (1.3.2012 bis
28.2.2013) den Nettoumsatz trotz des sich europaweit
zunehmend eintrübenden Konjunkturumfelds leicht um
0,6 % auf 3,020 Mrd. a (Vorjahr: 3,001 Mrd. a). Der Anteil
der Auslandsfilialen am Konzernumsatz blieb unverändert bei 42,4 %. Im Geschäftsjahr 2012/13 lagen die Erträge im Konzern erwartungsgemäß unter den Rekordergebnissen des Vorjahres. Dies war im Wesentlichen
auf die in der zweiten Jahreshälfte beschleunigte, flächenbereinigte Umsatzabschwächung des Segments
Baumärkte und dadurch schlechtere Kostenquoten zurückzuführen. Das Ergebnis unbeeinflusst von Abschreibungen, Zinsen und Steuern (EBITDA) ging im Konzern
um 15,5 % auf 155,8 Mio. a (Vorjahr: 184,3 Mio. a) zurück.
Die EBITDA-Marge (in Prozent vom Nettoumsatz) sank
von 6,1 % im Vorjahr auf 5,2 %. Das Konzernbetriebsergebnis (EBIT) lag mit 99,3 Mio. a entsprechend der Prog-
3/2014 R34
nose zum Dreivierteljahr unter dem Vorjahreswert i.H.v.
128,4 Mio. a (-22,7 %). Die EBIT-Marge wurde mit 3,3 %
(Vorjahr: 4,3 %) ausgewiesen. Ergebniswirksam verbucht wurde im Geschäftsjahr 2012/13 ein positiver
operativer Sondereffekt im sonstigen Ergebnis i.H.v.
5,5 Mio. a im Zusammenhang mit der Stromsteuer in
Deutschland. Das Konzernergebnis vor Steuern (EBT)
verringerte sich um 30,1 % auf 74,4 Mio. a (Vorjahr:
106,5 Mio. a). Ursache für den prozentual stärkeren
Rückgang als beim EBIT war in erster Linie die Verschlechterung des Zinsergebnisses von -19,3 Mio. a auf
-24,0 Mio. a. Dieses verringerte sich im Wesentlichen
wegen der im Vorjahresvergleich niedrigeren Zinserträge sowie wegen des zusätzlichen Zinsaufwands für die
per 25.2.2013 vorzeitig zurückgezahlte Unternehmensanleihe mit einer ursprünglich vereinbarten Laufzeit bis
15.11.2014. Dem stand eine Verbesserung der negativen Währungseffekte (inkl. Devisentermingeschäften)
von -2,5 Mio. a auf -0,9 Mio. a gegenüber. Insgesamt verschlechterte sich das Finanzergebnis von -22,0 Mio. a
auf -24,9 Mio. a. Der Konzernjahresüberschuss gab um
32,4 % auf 52,3 Mio. a (Vorjahr: 77,4 Mio. a) nach. Die
Konzernsteuerquote erhöhte sich von 27,3 % auf 29,7 %.
Die Umsatzrendite nach Steuern ermäßigte sich von
2,6 % auf 1,7 %.
Die Konzernbilanzsumme fiel im Vergleich zum Vorjahr
um 30,7 Mio. a oder 1,9 % auf 1,597 Mrd. a. Die Verminderung der Bilanzsumme war im Wesentlichen auf die
Verringerung der flüssigen Mittel von 404,3 Mio. a auf
317,2 Mio. a zurückzuführen, die hauptsächlich aus der
Expansion und der Rückführung von Finanzschulden
resultierte. Dem stand vor allem die expansionsbedingte Zunahme des Sachanlagevermögens sowie der Vorräte gegenüber. Das bilanzielle Eigenkapital im Konzern
betrug zum Ende des Geschäftsjahres 821,7 Mio. a (Vorjahr: 792,0 Mio. a). Die Eigenkapitalquote erhöhte sich
von 48,6 % im Vorjahr auf 51,4 %. Das langfristige Vermögen betrug zum Bilanzstichtag 740,5 Mio. a (Vorjahr:
686,9 Mio. a) und damit rund 46 % (Vorjahr: 42 %) der Bilanzsumme. Die Sachanlagen und fremdvermietete Immobilien und Vorratsgrundstücke stiegen um
57,8 Mio. a (8,9 %) von 650,3 Mio. a auf 708,1 Mio. a. Dabei standen den Sachanlagezugängen i.H.v.
113,9 Mio. a Abschreibungen i.H.v. 50,4 Mio. a sowie Anlageabgänge i.H.v. 0,9 Mio. a gegenüber. Durch Währungskursanpassung verminderten sich die Sachanlagen und fremdvermietete Immobilien und Vorratsgrundstücke um 3,5 Mio. a. Außerdem wurden in Anwendung
des IFRS 5 Immobilien, die zur Veräußerung bestimmt
waren, per Saldo i.H.v. 1,3 Mio. a vom Sachanlagevermögen sowie den fremdvermieteten Immobilien und Vorratsgrundstücken ins kurzfristige Vermögen umgegliedert. Die langfristigen Forderungen aus Steuern vom
Einkommen und vom Ertrag betrafen einen aufgrund
des SEStEG in den Geschäftsjahren 2007/08 sowie
2010/11 aktivierten Auszahlungsanspruch für Körperschaftsteuerguthaben zum Barwert i.H.v. 6,4 Mio. a (Vorjahr: 8,0 Mio. a). Das kurzfristige Vermögen verringerte
sich um 8,9 % von 941,2 Mio. a auf 857,0 Mio. a bzw. rund
54 % (Vorjahr: 58 %) der Bilanzsumme. Dabei stand dem
wachstumsbedingten Aufbau der Vorräte ein Abbau der
flüssigen Mittel gegenüber. Zwar erhöhten sich die Vorräte von 475,7 Mio. a auf 481,6 Mio. a. Durch weitere
Maßnahmen zur Optimierung der Kapitalbindung konnte aber der Lagerumschlag mit 4,0 konstant hoch gehalten werden. Die Forderungen und sonstigen Vermögenswerte (einschließlich Forderungen aus Steuern
vom Einkommen und vom Ertrag) lagen bei 57,1 Mio. a
(Vorjahr: 61,2 Mio. a). Die Verbindlichkeiten inkl. der Rückstellungen betrugen zum Bilanzstichtag 775,7 Mio. a gegenüber 836,1 Mio. a im Vorjahr. Die langfristigen Schulden verminderten sich von 471,6 Mio. a auf 438,6 Mio. a.
Der Rückgang der langfristigen Schulden um
33,0 Mio. a war im Wesentlichen auf die vorzeitige Rückführung eines Schuldscheindarlehens in der Schweiz
i.H.v. 21,9 Mio. a sowie diverser Sondertilgungen von
Darlehen i.H.v. rund 9,2 Mio. a zurückzuführen. In den
langfristigen Schulden waren passive latente Steuern
i.H.v. 33,5 Mio. a (Vorjahr: 35,7 Mio. a) enthalten. Die kurzfristigen Schulden verringerten sich von 364,5 Mio. a auf
337,1 Mio. a. Dabei reduzierten sich die kurzfristigen Finanzschulden im Wesentlichen bedingt durch die
Rückführung bestehender Finanzverbindlichkeiten um
16,0 Mio. a auf 8,6 Mio. a (Vorjahr: 24,6 Mio. a). Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen und übrige Verbindlichkeiten beliefen sich zum Bilanzstichtag
auf 248,8 Mio. a gegenüber 244,4 Mio. a im Vorjahr. Die
sonstigen Rückstellungen und abgegrenzten Schulden
verringerten sich um 9,3 Mio. a von 67,6 Mio. a auf
58,3 Mio. a. Die Nettoverschuldung im Konzern, d.h. die
Finanzschulden abzgl. der flüssigen Mittel, stieg zum Bilanzstichtag gegenüber dem Vorjahr von 27,7 Mio. a auf
64,9 Mio. a.
Der Mittelzufluss aus laufender Geschäftstätigkeit verminderte sich im Geschäftsjahr 2012/13 gegenüber
dem Vorjahr von 103,8 Mio. a auf 94,9 Mio. a. Dabei verringerten sich die Mittelzuflüsse aus dem operativen
Geschäft („Funds from operations“) von 144,0 Mio. a auf
108,0 Mio. a. Der Rückgang war im Wesentlichen auf die
flächenbereinigte Umsatzabschwächung und dadurch
schlechtere Kostenquoten zurückzuführen. Aus der Veränderung des Working Capital (Veränderungen der Vorräte, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie sonstiger Aktiva plus Veränderungen der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie sonstiger Passiva) ergab sich ein Mittelabfluss von 13,1 Mio. a
nach einem Mittelabfluss i.H.v. 40,2 Mio. a im Vorjahr. Der
Mittelabfluss i.H.v. 13,1 Mio. a stammte im Wesentlichen
aus dem Abbau anderer Passiva sowie einem expansionsbedingten Vorratsaufbau. Der erhöhte Mittelabfluss im Vorjahr war im Wesentlichen Folge eines Stichtagseffekts aus der früheren Begleichung von Lieferantenverbindlichkeiten. Der Zahlungsmittelabfluss aus der
Investitionstätigkeit erhöhte sich von 92,7 Mio. a auf
113,3 Mio. a. Dabei standen den um 12,8 Mio. a auf
116,6 Mio. a gestiegenen Investitionen geringere Einzahlungen aus Abgängen des Anlagevermögens i.H.v.
3,3 Mio. a (Vorjahr: 11,1 Mio. a) gegenüber. Wie im Vorjahr
wurde im Geschäftsjahr 2012/13 kein Bau- und Gartenmarkt im Rahmen einer Sale & Leaseback-Transaktion
veräußert. Der Zahlungsmittelabfluss aus der Finanzierungstätigkeit summierte sich im Geschäftsjahr 2012/
3/2014 R35
13 auf 68,6 Mio. a nach einem Abfluss i.H.v. 30,7 Mio. a
im Vorjahr. Dabei wurden durch planmäßige und vorzeitige Tilgungen langfristige Finanzschulden i.H.v.
45,5 Mio. a zurückgeführt. Die kurzfristigen Finanzkredite
reduzierten sich um 4,8 Mio. a (Vorjahr Mittelabfluss von
0,02 Mio. a). Die Brutto-Finanzschulden reduzierten sich
von 431,9 Mio. a im Vorjahr auf 382,1 Mio. a im Berichtsjahr.
Eigenkapitalquote (%)
Gearing (%)
Dynamischer Verschuldungsgrad (%)
Eigenkapitalrendite (%)
Nettoumsatzrendite (%)
2011
2012
vH
2013
46
118
703
49
106
7.519
46
116
negativ
10
3
10
3
7
2
Dipl.-Vw. Christoph Schlienkamp, Bankhaus Lampe, Düsseldorf
Metro AG
Konzernabschluss zum 30.9.2013
Die Metro Group zählt zu den bedeutendsten internationalen Handelsunternehmen.
In einem nach wie vor herausfordernden Umfeld wuchs
der Konzernumsatz im Rumpfgeschäftsjahr 2013 (1.1.–
30.9.2013) um 0,9 % auf 45,0 Mrd. a (bereinigt um Portfolioveränderungen und Wechselkurseffekte). Zu den
Portfolioänderungen zählten der Verkauf des Großhandelsgeschäfts von Makro Cash & Carry in Großbritannien, die Veräußerung des real-Geschäfts in Osteuropa
sowie der Rückzug von Media Markt aus China. Alle
Transaktionen wurden im Jahr 2012 eingeleitet. Das
Konzern-EBIT vor Sonderfaktoren stieg im Rumpfgeschäftsjahr um 22 Mio. a auf 728 Mio. a. Das Periodenergebnis lag mit -71 Mio. a um 57 Mio. a unter dem Wert
des Vorjahresvergleichszeitraums. Nach Abzug der Anteile nicht beherrschender Gesellschafter verblieb ein
auf die Aktionäre der Metro AG entfallendes Periodenergebnis von -71 Mio. a (9M 2012: -19 Mio. a). Das Periodenergebnis enthielt Sonderfaktoren i.H.v. 87 Mio. a
(9M 2012: 179 Mio. a). Das um diese Sonderfaktoren bereinigte Periodenergebnis betrug somit 16 Mio. a (9M
2012: 165 Mio. a).
Im Rumpfgeschäftsjahr 2013 verringerte sich die Bilanzsumme um 5,991 Mrd. a auf 28,811 Mrd. a. Bei den langfristigen Vermögenswerten war ein Rückgang von
677 Mio. a auf 16,646 Mrd. a zu verzeichnen. Die Reduzierung der Sachanlagen i.H.v. 615 Mio. a war vor allem
mit negativen Währungseffekten in Russland, der Türkei
und Japan zu begründen. Zudem lagen die Investitionen im Berichtszeitraum unter den planmäßigen und
außerplanmäßigen Abschreibungen. Die latenten Steueransprüche betrugen zum 30.9.2013 837 Mio. a
(30.9.2012: 1,077 Mrd. a; 31.12.2012: 914 Mio. a). Der
Rückgang gegenüber dem 31.12.2012 resultierte im
Wesentlichen aus der laufenden Fortschreibung temporärer Differenzen im Rumpfgeschäftsjahr 2013. Die kurzfristigen Vermögenswerte sanken um 5.314 Mio. a auf
12,165 Mrd. a. Zum 30.9.2013 besass die Metro Group
Vorratsvermögen
i.H.v.
5,856 Mrd. a
(30.9.2012:
6,599 Mrd. a; 31.12.2012: 6,826 Mrd. a). Der Rückgang
um 970 Mio. a im Rumpfgeschäftsjahr 2013 war im Wesentlichen bedingt durch den starken Bestandsabbau
bei Media-Saturn. Hauptursache hierfür waren saisonbedingt hohe Lagerbestände zum 31.12.2012, die im
Folgequartal deutlich reduziert wurden. Im Vergleich
zum 30.9.2012 verminderte sich das Vorratsvermögen
um 743 Mio. a. Wesentliche Faktoren hierfür waren bestandsoptimierende Maßnahmen der Vertriebslinien
Media-Saturn und Metro Cash & Carry sowie die Veräußerung des real-Geschäfts in Osteuropa. Die Verringerung der Ertragssteuererstattungsansprüche gegenüber dem 31.12.2012 um 50 Mio. a auf 297 Mio. a war
auf erstattete Kapitalertragssteueransprüche zurückzuführen. Die Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente betrugen zum 30.9.2013 2,564 Mrd. a (30.9.2012:
2,075 Mrd. a; 31.12.2012: 5,299 Mrd. a). Der Rückgang
gegenüber dem 31.12.2012 war insbesondere dadurch
begründet, dass zum Ende des Kalenderjahres eine hohe Liquidität durch das Weihnachtsgeschäft bestand.
Der Anstieg im Vergleich zum 30.9.2012 resultierte im
Wesentlichen aus der Veräußerung des real-Geschäfts
in Osteuropa, Immobilientransaktionen sowie dem
niedrigeren Investitionsvolumen. Die „Zur Veräußerung
vorgesehenen Vermögenswerte“ fielen im Wesentlichen durch den Abgang des Real-Geschäfts in Russland, der Ukraine und Rumänien um 1,239 Mrd. a auf
292 Mio. a.
Die Konzernbilanz der Metro Group wies zum 30.9.2013
ein Eigenkapital von 5,206 Mrd. a aus (30.9.2012:
5,649 Mrd. a; 31.12.2012: 5,666 Mrd. a). Die Gewinnrücklagen sanken seit dem 31.12.2012 um 421 Mio. a. Dieser
Rückgang resultierte insbesondere aus der Dividendenzahlung für das Geschäftsjahr 2012 i.H.v. 327 Mio. a.
Die Eigenkapitalquote betrug 18,1 % (30.9.2012: 17,9 %;
31.12.2012: 16,3 %). Die bilanzielle Nettoverschuldung
betrug 5,391 Mrd. a (30.9.2012: 7,734 Mrd. a; 31.12.2012:
3,245 Mrd. a). Sie wurde ermittelt durch Saldierung der Finanzschulden inkl. Finanzierungs- Leasingverhältnissen i.H.v. 7,963 Mrd. a (30.9.2012: 9,814 Mrd. a;
31.12.2012: 8,550 Mrd. a) mit den Zahlungsmitteln und
Zahlungsmitteläquivalenten gemäß Bilanz i.H.v.
2,564 Mrd. a (30.9.2012: 2,075 Mrd. a; 31.12.2012:
5,299 Mrd. a) sowie den Geldanlagen i.H.v. 8 Mio. a
(30.9.2012: 5 Mio. a; 31.12.2012: 6 Mio. a). An den langfristigen Schulden zum 30.9.2013 hatten die langfristigen Finanzschulden mit 5,763 Mrd. a (30.9.2012:
7,052 Mio. a; 31.12.2012: 6,736 Mrd. a) den größten Anteil. Ihr Rückgang resultierte im Wesentlichen aus fälligkeitsbedingten Umgliederungen in die kurzfristigen Finanzschulden. Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen
und Leistungen sanken im Rumpfgeschäftsjahr 2013
auf 9,805 Mrd. a (30.9.2012: 10.430 Mrd. a; 31.12.2012:
13,513 Mrd. a). Der deutlich niedrigere Wert gegenüber
dem 31.12.2012 war hauptsächlich auf die Vertriebslinien Media-Saturn sowie Metro Cash & Carry zurückzuführen. Ursächlich hierfür war im Wesentlichen das bedingt durch das Weihnachtsgeschäft hohe Verbindlichkeitenvolumen am Jahresende, das bereits im Folge-
3/2014 R36
quartal auf ein Normalmaß zurückgeführt wurde. Im Vergleich zum 30.9.2012 ergab sich eine Verminderung der
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen von
625 Mio. a. Den größten Anteil an diesem Rückgang
trug real, was auf die Veräußerung des real-Geschäfts in
Osteuropa zurückzuführen war. Darüber hinaus trugen
verkürzte Zahlungsziele der Lieferanten sowie Währungseffekte bei Metro Cash & Carry und Media-Saturn
zu der Reduzierung bei. Zum 30.9.2013 betrugen die
kurzfristigen Finanzschulden 2,200 Mrd. a (30.9.2012:
2,762 Mrd. a; 31.12.2012: 1,814 Mrd. a). Der Zugang gegenüber dem 31.12.2012 resultierte im Wesentlichen
aus Umgliederungen von langfristigen Finanzschulden
i.H.v. 756 Mio. a für Fälligkeiten im kommenden Geschäftsjahr. Gegenläufig wirkte sich die Tilgung von
Commercial Papers i.H.v. 205 Mio. a sowie die Tilgung
von Schuldscheindarlehen mit 150 Mio. a aus. Die kurzfristigen sonstigen finanziellen und anderen Verbindlichkeiten waren zum 30.9.2013 mit 2,531 Mrd. a deutlich
niedriger als Ende 2012 (30.9.2012: 2,364 Mrd. a;
31.12.2012: 2,910 Mrd. a). Der Grund hierfür waren im
Wesentlichen die hohen Umsatzsteuerverbindlichkeiten zum Ende des Kalenderjahres aufgrund des Weihnachtsgeschäfts. Die Abnahme der Ertragssteuerschulden gegenüber dem 31.12.2012 um 110 Mio. a ergab
sich vor allem aus den geleisteten Steuerzahlungen aufgrund von veranlagten Steuererklärungen im In- und
Ausland. Die „Schulden im Zusammenhang mit zur Veräußerung vorgesehenen Vermögenswerten“ i.H.v.
264 Mio. a resultierten im Wesentlichen aus dem veräußerten, aber aufgrund aufschiebender Bedingungen
noch nicht abgegangenen real-Geschäft in Polen. Die
kurzfristigen Schulden hatten einen Anteil von 66,1 %
am gesamten Fremdkapital nach 68,9 % zum
31.12.2012.
Aus der betrieblichen Tätigkeit wurde im Berichtszeitraum ein Mittelabfluss von 1,768 Mrd. a (9M 2012:
-2,095 Mrd. a) generiert. Aus dem Bereich der Investitionstätigkeit war ein Mittelzufluss von 747 Mio. a (9M
2012: -600 Mio. a) zu verzeichnen. Daraus ergab sich gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum eine Steigerung des Cash-flow vor Finanzierungstätigkeit um
1,674 Mrd. a auf -1,021 Mrd. a.
Eigenkapitalquote (%)
Gearing (%)
Dynamischer Verschuldungsgrad (%)
Eigenkapitalrendite (%)
Nettoumsatzrendite (%)
2011
2012
vH
2013
19
440
2.716
16
514
1.700
18
453
negativ
10
1
0
0
-1
0
Dipl.-Vw. Christoph Schlienkamp, Bankhaus Lampe, Düsseldorf
Bibliothek
Neuerscheinungen
Borsutzky, Andreas: Unternehmensmitbestimmung
bei grenzüberschreitender Sitzverlegung. Baden-Baden: Nomos 2014. 301 S., kt. 78 a.
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Heidelberger Kommentar. 3. Aufl. Heidelberg: C. F.
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oder beim Spruchverfahren erhebliche Bedeutung
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nur das Aktiengesetz, sondern auch praxisrelevante
Nebengesetze und für kapitalmarktorientierte Unternehmen relevante Vorschriften wie §§ 12-15b, 20a,
21-30, 37b, 37c WpHG, §§ 27, 30, 33-33c, 39a-39c
WpÜG, das Spruchverfahrensgesetz und den Deutschen Corporate Governance Kodex. Das Autorenteam aus Wissenschaft, Wirtschaft und Beratung garantiert einen hohen Praxisbezug und schlägt eine
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Di Lorenzo, Catherine: Probleme der strafrechtlichen
Produkthaftung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft für das Zustandekommen eines
rechtswidrigen Beschlusses. Haftung für vorsätzliches positives Tun bei Zustimmung, Enthaltung und
Gegenstimme. Frankfurt/M.: Lang 2013. 177 S., kt.
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Dietrich, Christian: Corporate Governance aus der
Sicht institutioneller Growth- und Value-Investoren.
Wiesbaden: Springer Fachmedien 2014. 315 S., kt.
59,99 a.
Förschle, Gerhart/Grottel, Bernd/Schmidt, Stefan/
Schubert, Wolfgang J./Winkeljohann, Norbert
(Hrsg.): Beck’scher Bilanz-Kommentar. 9. Aufl. München: C. H. Beck 2014.2.778 S., Ln. 199 a. Besonderes
Merkmal dieses Kommentars ist die verknüpfende
Darstellung von Handelsbilanz- und Steuerbilanzrecht. Die kombinierte Darstellung zieht sich wie ein
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zahlreichen handels- und steuerrechtlichen Exkurse.
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3/2014 R37
auch umfassend die IFRS mit ein, insbesondere die
Abweichungen der IFRS/HGB. Auch in der 9. Auflage
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11 zu Tochterunternehmen und Joint-Ventures sowie
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die Neuerungen im Bereich der Stellungnahmen
des HFA des IDW zu Umwandlungen und Rückstellungen. Das Werk richtet sich an Wirtschaftsprüfer,
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Hassner, Florian Alexander: Finanzielle Unterstützung
zum institutionellen Leveraged Buyout einer Aktiengesellschaft. Eine europäische Betrachtung. BadenBaden: Nomos 2014. 698 S., kt. 158 a.
Hauser, Marc: Creeping-In – Notwendigkeit der Regulierung einer vermeintlichen Umgehung der Mindestpreisregeln des WpÜG?, Hamburg: Kovač 2014.
312 S., kt. 98,80 a. Zugl. Diss. FU Berlin 2013.
Mühlbauer, Martina: Die Qualität der Lageberichterstattung von DAX-Konzernen. Empirische Analyse der
Berichterstattung zur Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage. Wiesbaden: Springer Fachmedien 2013.
477 S., kt. 69,99 a.
Riesenbeck, Tim: Vertragsänderungspflichten im Gesellschaftsrecht. Frankfurt/M.: Lang 2013. 328 S., kt.
69,95 a. Zugl. Diss. Bonn 2013.
Vins, Benjamin: Die Ausgabe konkurrierender Vorzugsaktien bei der SE. Baden-Baden: Nomos 2014. 78 S.,
kt. 78 a.
Weihmann, Torben: Grenzenlose Spaltungsfreiheit?
Beschränkungen des Transfers von Vertragsverhältnissen bei einer Spaltung nach der Aufhebung des
§ 132 UmwG a.F. Hamburg: Kovač 2014. 356 S., kt.
99,80 a. Zugl. Diss. Mannheim 2013.
Redaktionelle Bearbeitung
RAin Barbara Lange, LL.M., München
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ZWH Heft 12/2013, 473 – 481.
Bien, Erleichterungen des privaten Rechtsschutzes im
Kartellrecht durch die 8. GWB-Novelle, ZWeR Heft 4/
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3/2014 R38
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Velte, Zwingender Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats für Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers?!, NZG Heft 34/2013, 1332 – 1334.
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Weitbrecht/Willems, Auf dem Weg nach Europa: Fusionskontrolle nach der 8. GWB-Novelle, ZWeR
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Weitemeyer/Vogt, Verbesserte Transparenz und NonProfit Governance Kodex für NPOs, NZG Heft 1/2014,
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das AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz zur „angeschafften Drohverlustrückstellung“ in § 4f und § 5
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Beuchert/Friese, Optimiertes KapESt-Management bei
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Bittmann, Steuerstrafrecht: veröffentlichte Rechtsprechung des BGH von 2011 – 2013, ZWH Heft 12/2013,
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Schmid/Renner, Die steuerliche Behandlung von Optionen nach dem BFH-Urteil vom 6.3.2013, I R 18/12,
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Wellens/Schwemin, Optimierung von Funktionsverlagerungen mittels Lizenzierung möglich?, DB Heft 5152/2013, S. 2881 – 2886.
Wieneke, Aktien- und kapitalmarktrechtlicher Schutz
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Wiese/Berner, Veräußerung von Dividendenansprüchen durch Steuerausländer an Dritte im Lichte des
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Braidi, L‘interdiction d’exercer selon l’art 33 LFINMA:
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Richter, Unterliegt der im Aktienregister eingetragene
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Tröger, Der Einheitliche Aufsichtsmechanismus (SSM) –
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Barth/Rahe/Rabenhorst, Ausgewählte Anwendungsfragen zur Konzernlageberichterstattung nach DRS
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Echterling/Eierle/Haberberger/Weik, Die neuen Regelungen zum hedge accounting nach IFRS 9, KoR
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Ewelt-Knauer/Flottmeyer/Knauer, Zur Novellierung der
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Henselmann/Munkert/Winkler/Schrenker, 20 Jahre
Spruchverfahren – Empirische Ergebnisse zur Abfindungserhöhung in Abhängigkeit vom Antragsteller
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2013, 1206 – 1212.
Lang/Skirk, Praktische Anwendung der ISA in Deutschland – Die Prüfung von Beziehungen zu und Transaktionen mit nahe stehenden Personen (ISA 550), WPg
Heft 24/2013, 1186 – 1192.
Naumann/Herkendell, Regulierung der Abschlussprüfung – Aktueller Stand der Diskussion in Brüssel,
WPg Heft 24/2013, 1181 – 1185.
Schülke, Bilanzpublizität: Das neue Ordnungsgeldverfahren, NZG Heft 35/2013, 1375 – 1380.
Zwirner, Berücksichtigung von Synergieeffekten bei Unternehmensbewertungen, DB Heft 51 – 52/2013,
2874 – 2879.
Zwirner/Froschhammer,
Heft 1/2014, 1 – 4.
IFRS-Update
Redaktionelle Bearbeitung
Dr. Bastian Schoppe, AG-Redaktion
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Herausgeber: Prof. Dr. Heinz-Dieter Assmann, LL.M.,
Universität Tübingen, E-Mail: [email protected]; Prof. Dr. Mathias Habersack, Universität München, E-Mail: [email protected]; Prof. Dr. Hans-Joachim Mertens, in Verbindung mit VorsRiBGH Prof. Dr. Alfred Bergmann,
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