als PDF - Finanz und Wirtschaft
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WINTER 2011 – 7 FRANKEN MODE UND UHREN: CARLOS LEAL HIDEAWAYS: REFUGIEN IN DEN ALPEN AUTOMOBIL: FERRARI FF 4x4-LUXUS SPEZIAL : TAFELFREUDEN UND TISCHKULTUR EDITORIAL Magazin zur Ausgabe Nummer 94 der «Finanz und Wirtschaft» vom 26. November 2011. LUXE ist eine gemeinsame Publikation von «Bilan» und «Finanz und Wirtschaft» und erscheint vier Mal jährlich. – VERLAG FINANZ UND WIRTSCHAFT AG Hallwylstrasse 71, Postfach, 8021 Zürich Telefon 044 298 35 35, Fax 044 298 35 00 www.fuw.ch, [email protected] – VERLEGER Pietro Supino GESCHÄFTSFÜHRER Martin Coninx CHEFREDAKTOR Peter Schuppli REDAKTIONELLE LEITUNG Konrad Koch ANZEIGENVERKAUF Sabrina Wägli (Leitung), Jonas Schneider, Yves Gollaz MARKETING Dana Massie, Sandra Meier ANZEIGEN DEUTSCHSCHWEIZ Edipub SA Mühlebachstrasse 43, 8032 Zürich – ART DIRECTOR Nicolas Zentner (enzed, Lausanne) Damit Wünsche in Erfüllung gehen M an soll die Feste feiern wie sie fallen. Aus dem Wagnis, ein helvetisches Magazin des Savoir-vivre zu machen, ist ein Bündnis geworden. Im Herbst 2010 erschien die erste Ausgabe des gemeinsam von den Redaktionen des Genfer Wirtschaftsmagazins «Bilan» und der Deutschschweizer Wirtschaftszeitung «Finanz und Wirtschaft» publizierten Magazins «Luxe». Was als Zusammenarbeit begonnen hatte, ist jetzt eine Familiensache – und die Geburtstagsfeier wird zum Begrüssungsfest. Das Verlagshaus Tamedia, Herausgeberin der FuW, übernimmt von der Genfer Verlagsgruppe Edipresse Luxe das Magazin «Bilan» und die Kunstzeitschrift «Tribune des Arts». Der Weg, der vor Jahresfrist mit einem ersten Schritt eingeschlagen wurde, ist damit zu einem gemeinsamen geworden. BILDREDAKTION David Huc – MITARBEITER DIESER AUSGABE Cristina d’Agostino, Mathilde Binetruy, Dominic Büttner, Roberto Caccuri, Fabrice Delaye, Hans Uli von Erlach, Christel Flach, Vincent Gillioz, Emmanuel Grandjean, Michel Jeannot, Blaise-Alexandre Le Compte, Marc Ninghetto, Olivier Pasqual, Florence Schmidt, Knut Schwander, Cédric Widmer, Olympia Wolff – ÜBERSETZUNG Béatrice Aklin, Sabine Dröschel, Gian Pozzy – BILAN LUXE VERLEGER Edipresse Développment SA GESCHÄFTSFÜHRER Tibère Adler CHEFREDAKTOR Stéphane Benoit-Godet REDAKTIONELLE LEITUNG Francesca Serra Beste Anregung zum Feiern bietet das Thema «Tafelfreuden und Tischkultur» dieser Winterausgabe. Dazu gehören auch all die Gourmandisen, die sich aus den verschiedenen Regionen unseres Landes geniessen lassen, angefangen vom Absinth aus dem Val de Travers bis zu Gwäs und Plantscher, Weinen aus uralten Walliser Rebsorten. «Luxe» weiss aber auch, wo die kommenden Feiertage auf stilvolle und stille Art gefeiert werden können: In den Schweizer Bergen. Dort haben sich neben den grossen mondänen Winterorten kleine, feine Refugien der Ruhe etabliert, die nicht minder luxuriös sind – aber viel intimer. Und dann sollten Sie nach Mailand und Paris reisen, nächsten Sommer nach Bayreuth und schon für 2014 Wien buchen. Das sind die musikalische Destinationen dessen jungen Schweizer Dirigenten Philippe Jordan, dem Shootingstar der klassischen Musikwelt. Er ist Chefdirigent der Pariser Oper, debütiert diese Saison an der Mailänder Scala, wird den Parsifal auf dem Wagner-Hügel dirigieren und ist künftiger Chefdirigent der Wiener Symphoniker. Eine märchenhafte Karriere. LEITUNG MARKETING Marie-Anne Fourot – FOTOLITHO Images3, Lausanne – DRUCK Ziegler Druck- und Verlags-AG, Winterthur Auflage 65 000; ISSN 1664-0152 8 | Finanz und Wirtschaft LU X E Wer erinnert sich nicht gerne auch an die Grimm’schen Märchen, an die Zeiten, als Wünsche noch in Erfüllung gingen. In lustvollen Märchenwelten präsentiert «Luxe» Geschenke für grosse Kinder, damit Sie sich Ihre Wünsche erfüllen mögen. Konrad Koch Verantwortlicher Redaktor Finanz und Wirtschaft LU X E | 9 pa n e r a i . c o m INHALT 46 Winter 2011 82 44 28 58 60 16 09 EDITORIAL 12 MITWIRKENDE 15 GASTKOMMENTAR Vom Glanz der Sterne von Jean-Jacques Gauer 16 MUST HAVE 18 TECH-TRENDS 20 BEGEGNUNG Philippe Jordan: «Dirigieren heisst führen und geschehen lassen.» 38 ESSEN UND ÄSTHETIK Designkollektiv Postfossil 82 HAUTE HORLOGERIE Luxuriöse Unikate 40 MYTHOS AUS DEM JURA Geschichte des Absinth 84 AUTOMOBIL Ferrari FF im Bergtest 42 CHAMPAGNER UND KUNST Perrier-Jouët und Daniel Arsham 88 INNENEINRICHTUNG Zu Besuch bei Francisco Dias 44 GUTE MANIEREN Tischsitten und Umgangsformen 93 PARFUM Der Duft der Gefühle 46 MÄRCHENWELTEN Wenn Wünsche wahr werden 98 ADRESSEN 58 DRESSCODE Smokings für Stilbewusste 99 SHOOTING Instamatic BOUDOIR Mario Botta Macher und Denker 24 AUSSTELLUNGEN 26 TREFFPUNKTE Restaurants und Shopping 60 28 FÜR GENIESSER Eine Reise durch die Schweiz 70 REFUGIEN DER RUHE Besondere Berghotels 36 CROSSOVER Restaurantführer 74 ADEL VERPFLICHTET Stiftehersteller von Faber-Castell WER KOMMT ZUM ESSEN? Anekdoten und Indiskretionen 78 37 10 | Finanz und Wirtschaft LU X E UHREN Trends und Neuheiten Titelbild: Marc Ninghetto Carlos Leal: Smoking: Paul Smith Hemd: Lanvin Fliege: Bongénie Elisabeth: Kleid: Lanvin Uhr: Piaget Dancer Ring: Piaget Possession Marc Ninghetto, Cédric Widmer, Rue des Archives, PD 84 history a n d heroes. luminor 1950 3 days - 47mm Available exclusively at Panerai boutiques and select authorized watch specialists.Finanz und Wirtschaft LU X E | 11 MITWIRKENDE Olivier Pasqual Knut Schwander Nach der Matura (bildende Kunst) und dem Diplom der ECAL beginnt Olivier Pasqual als freier Fotograf zu arbeiten. Er spezialisiert sich auf Stillleben, behandelt das Bild wie eine zu destrukturierende Struktur, die er in schlichten, oft surrealistischen Montagen reproduziert. Er erhält Mandate von Kulturinstitutionen und privaten Kunden, realisiert Werbekampagnen und arbeitet für verschiedene Magazine. 2008 wurde er mit den Eidgenössischen Preis für Design ausgezeichnet. Grüne Augen, sonore Stimme, der 48-jährige Journalist ist ein Genussmensch. Seit zwölf Jahren verantwortlicher Redaktor für die Romandie des Restaurantführers Gault Millau Schweiz, durchstreift er unser Land und die Welt auf der Suche nach guten Gastro- und Hoteladressen. Er interessiert sich für die Kulinarik, die Geschichte der Hotellerie, für Häuser und Gärten. Auf genussvolle Art lässt er die Leserschaft von «Luxe» an seinem unerschöpflichen Fundus an Wissen, Erfahrung und schönen Anekdoten teilhaben. S. 78-81 Cristina D’Agostino Während langer Zeit im Umfeld der Haute Horlogerie tätig, arbeitet Cristina d’Agostino heute als freie Journalistin für diverse Zeitschriften, darunter das Westschweizer Wirtschaftsmagazin «Bilan» sowie für «Luxe». Ihre Ausbildung in politischen Wissenschaften und Wirtschaft ist Basis für ihre vielfältigen Interessen – Karrierenmanagement, Tourismus, Architektur, Automobil, Uhrmacherei und Luxushandwerk. Marc Ninghetto Fabrice Delaye 1972 in Genf geboren, hat Marc Ninghetto seine Ausbildung an der Schule für Angewandte Kunst in Vevey vervollständigt, um dann als Assistent für Dominique Issermann zu arbeiten. In Paris erhält er erste Mandate, kehrt 2000 nach Genf zurück, wo er als Mode- und Werbefotograf ein Atelier führt. Er ist Mitglied der Kommunikationsagentur La Fabrique. In seinen persönlichen Kunstwerken experimentiert er gerne mit Superpositionen. Nach dem Studium der politischen Wissenschaften in Paris wechselte Fabrice Delaye 1991 in den Journalismus. Seine bevorzugten Gebiete sind Wirtschaft, Technologie und Wissenschaft, weshalb er sich 1999 für ein Master-Studium in Gesellschaft, Wissenschaft und Technologie an der EPUL entschied. Der 45-jährige ist Korrespondent von «Bilan» in Paris. S. 93-95 S. 84-86 S. 28-34 P. 50-51 S. 60-67 Tambour In Black DR Automatik-Chronograph LV 277 hergestellt in den Schweizer Uhrenwerkstätten von Louis Vuitton Ausschliesslich in Louis Vuitton Geschäften erhältlich. Tel. 044 221 11 00 louisvuitton.com 12 | Finanz und Wirtschaft LU X E Finanz und Wirtschaft LU X E | 13 OUVERTURE Gastkommentar Jean-Jacques Gauer Lausanne ist zu einer der hippsten Städte der Schweiz geworden. Einerseits eits wegen des vielfältigen kulturellen Angebots, anderseits dank der Persönlichkeiten, ichkeiten, die sich für die Léman-Stadt engagieren. Jean-Jacques Gauer ist einer von on ihnen. Er ist General Manager des Fünfsternepalasts Lausanne Palace & Spa. Gault ault Millau hat ihn zum Hotelier des Jahres 2012 gekürt. Vom Glanz der Sterne Illustration: Nicolas Zentner I 14 | Finanz und Wirtschaft LU X E ch stamme aus einer Hoteliersfamilie. Seit ich denken kann, wollte ich nichts anderes werden als Gastgeber. Wir besitzen den Schweizerhof in Bern, den meine Mutter nach dem Tod meines Vaters im Alter von 59 Jahren – in meinem Alter! – allein geführt hat. Damals gab es zwei Hotels in der Bundesstadt. Das eine war das Bellevue Palace, ein Palast, wie der Name sagt, und mit Aussicht dazu. Wir hingegen konnten nichts Vergleichbares vorweisen. Um diese Nachteile zu kompensieren und um uns zu unterscheiden, hatten wir nur eine Möglichkeit, nämlich in den Empfang der Gäste zu investieren – zumal Teppichböden und Rezeption auch nicht zu den schönsten zählten. Was ich in Bern lernte, konnte ich später in Lausanne umsetzen. Wer ein Stadthotel betreibt, muss Beziehungen mit den Menschen pflegen, die am Ort zählen. Je kleiner die Stadt, desto mehr muss man sich ihr öffnen. Das gilt ebenso für den Anwalt wie auch für den Blumenhändler oder die Boutiquebesitzerin. Der Kunde muss sich wohl und aufgehoben fühlen. Ich mache täglich und bei jedem Service die Runde durch unsere vier Res- taurants, um die Gäste zu begrüssen. Das hat nicht mit Koketterie zu tun, sondern bringt handfeste Vorteile, kehre ich doch jedes Mal mit einer oder zwei Reservationen ins Büro zurück. Ein Gast möchte ein Seminar organisieren, plant ein Essen mit seiner Equipe oder will die Frau Gemahlin zum Tête-à-tête ausführen. Die Kunden sehen mich, erinnern sich an ihr Anliegen, reservieren, und die Sache ist für sie erledigt. Dies ist mein persönlicher Mehrwert. Meine Rolle ist es, mich mit starken Persönlichkeiten zu umgeben. Für jeden meiner Direktoren ist es ein wichtiges Anliegen, eine individuelle Beziehung zum Gast herzustellen. Ich hasse Unechtes, Luxus bedeutet für mich Authentizität. Weshalb also einem allein reisenden Gast eine Flasche Champagner aufs Zimmer stellen? Er wird sie nicht trinken, sondern fühlt sich in Verlegenheit gebracht. Das geht nicht, wir ziehen keine Schau ab. Der Gast kommt zu uns, nicht ins Lausanne Palace. Beispiel Hotelbar. Es gibt doch keine grössere Tristesse als eine Hotelbar. Man verbindet damit fast schon zwangsläufig einen trostlosen Ort, wo vielleicht ein paar Passanten oder Geschäftsleuten verloren herumsitzen. Wenn Sie hingegen als Geschäftsmann oder -frau nach einem anstrengenden Tag Lust haben, sich in der Hotellobby zu entspannen, dann habe ich meinen Job gut gemacht. Denn ich habe einen lebhaften Ort geschaffen, wo auch Menschen aus der Nachbarschaft einkehren. Fühlen sich die bei mir wohl, ziehen die Touristen automatisch nach. Und wenn der Barmann Sie bei Ihrem zweiten oder dritten Besuch wiedererkennt und sich erinnert, was Sie trinken, dann haben wir einen Volltreffer gelandet. In der Schweiz hat die Hotellerie einen gewaltigen Sprung nach vorn gemacht. Die rund 40 Fünfsternehäuser haben Hunderte Millionen, wenn nicht Milliarden Franken in Neubauten und Renovationen investiert. Das Angebot ist enorm: Allein in Genf gibt es 17 Fünfsternepaläste, mehr sogar als in Zürich mit etwa einem Dutzend solcher Etablissements. Darüber hinaus sind in der Region Genfersee noch einige Projekte in Planung. Vorsicht ist allerdings angebracht, denn es ist sehr viel schwieriger, mit einem Luxushotel Rendite zu erzielen als mit einem Mittelklassebetrieb. | Finanz und Wirtschaft LU X E | 15 MUST HAVE %BTOFVF #.8FS$PVQ© von Francesca sca Serra XXXCNXDI Sch auk eleien 1 5 2 3 1. VERBINDEND END sammenarbeit zwischen Helmut Ergebnis der Zusammenarbeit d &W ik d Kl Morrison, Loitfelder Weikamp und Klaus Fuchsenberger ist der Rocker Bench Mustafa, die Neuinterpretation der Original Münchner U-Bahn-Bank. Schaukeln zu Zweit ist ein wunderbares Vergnügen und macht jede Wartezeit zum Ereignis. Vor allem, wenn man weiss, dass öffentliche Bänke a priori für die Verliebten bestimmt sind. Rocker Bench Mustafa, 595 €, www.helmutmorrison.com 2. DIVA Es gibt Designobjekte, die höchste Weihen erlangen. So der Schaukelstuhl RAR von Charles & Ray Eames, der zusammen mit dem AJ Egg Chair von Arne Jacobsen oder dem BarcelonaSessel von Mies van der Rohe und Lily Reich im Olymp des edlen Möbeldesigns thront. Die Originalausgabe aus glasfaserverstärktem Kunststoff stammt aus den Anfängen der 1950er Jahre. Es war die erste Plastiksitzschale, die in den USA serienmässig in grossen Auflagen produziert wurde. Der Möbelhersteller Vitra verhalf der originellen Sitzgelegenheit zur europaweiten Beliebtheit. Man mag den Rocking Armchair RAR wegen seiner charmanten, organischen 4 Form und der Ausgewogenheit Ausgew der Materialien. Die aktuelle Version au aus Polypropylen ist noch beq emer und nd ökolog bequemer ökologischer und in knalligem Rot und strahlendem Grüngelb erhältlich. Schaukelstuhl Eames RAR 1950, ca. 400€, www.vitra.com Ansprüchen gerecht wird. Praktisch der Hohlraum, der als Ablagefläche für Bücher, Zeitungen usw. dient. Die Kunststoffausführung ist vielleicht nicht für die Ewigkeit gedacht, aber das dynamische Design ist das ultimativ moderne Glanzlicht jedes Raums. Lobule chair, de 900 €, 3. ZEITGENÖSSISCH Der Schaukelstuhl des litauischen Designers Paulius Vitkauskas ist eine verblüffende Interpretation des herkömmlichen Holzstuhls, der normalerweise in der Veranda steht. Mit seinen leichten Kippbewegungen ist der Stuhl in jeder Lage richtig. Beim Kampf mit Hummer und Schere richten Sie ihn hoch auf, um sich dann später beim Digestif bequem in der tiefsten Position zurückzulehnen. Der Stuhl ist mit dem als «line X» bezeichneten Material überzogen, das ihn zur robusten Sitzgelegenheit für draussen und drinnen macht. Kudirka von Paulius Vitkauskas, aus Sperrholz, 42 x 60 x 90 cm, 550 €, erhältlich auf www.controforma.com www.vasiliybutenko.com 4. URBAN Der Lobule Chair des Ukrainers Vasiliy Butenko besticht durch seine einfache, geschwungene Form, die allen ästhetischen und praktischen 5. IDEALISTISCH Der Prototyp von Rochus Jacob ist aus kanadischer Eiche gefertigt. Unter seiner unauffälligen Schönheit verbirgt der Murakami Chair ein geniales dynamoelektrisches System. Die Schaukelbewegung, eigentlich Synonym für Müssiggang, produziert Energie. Indem sich Objekt und Benutzer zusammentun, entsteht Licht. Die Anwendungsmöglichkeiten der Nano-Dynamo-Technologie sind denn auch faszinierend. Man stelle sich vor: Tänzer in der Diskothek kreieren Energie, wir laden mit unserem Herzschlag das Mobile auf. Die Objekte von Rochus Jacob verwandeln zwar Dinge des Alltags in Hautoberfläche-Kollektoren, die physische Parameter aufzeichnen, aber sein eigentliches Anliegen ist es, nützliche, ehrliche Dinge zu gestalten. Murakami chair, www.rochusjacob.com #&3)35%*&4*//& #&4$)-&6/*(5%&/16-4 #.8TUFIUTFJUKFG¼SWPMMFOEFUF'SFVEFBN'BISFO'¼S%ZOBNJLVOETUIFUJL%BTOFVF#.8FS$PVQ© LS¶OUVOTFS#FTUSFCFOFJOQFSGFLUFT"VUP[VTDIBGGFO"MTTDI¶OTUF'PSNEFS4QPSUMJDILFJUJOEFS0CFSLMBTTFUSJGGU IJFS%ZOBNJLBVG&MFHBO[,PNGPSUBVG&G趑[JFO['¼SPQUJNBMF5SBLUJPOBVGKFEFN6OUFSHSVOETPSHUEBTJOUFMMJHFOUF "MMSBETZTUFN#.8Y%SJWF.FIS*OGPSNBUJPOFOCFJ*ISFN#.81BSUOFSPEFSVOUFSXXXCNXDI %"4/&6&#.8FS$061.*5Y%3*7& %&.*/5&--*(&/5&/"--3"%4:45&.70/#.8 0''*$*"-$"3 8)*5&563'45.03*5; */5&3/"5*0/"-)034&3"$&44*/$& 'SFVEFBN'BISFO TECHNOSOPHIE von Francesca Serra - Foto: Milo Keller und Julien Gallico ÄUSSERSTE DISKRETION Objektinszenierungen D esignvirtuose Xavier Perrenoud unterrichtet an der Lausanner Hochschule für Kunst und Design Ecal im Masterstudiengang Design und Luxusindustrie. Er ist der Gründer des Ateliers XJC, das für die grossen Namen der Haute Joaillerie und der Haute Horlogerie neue Produkte entwirft. Dieses Jahr feiert die Designwerkstatt ihren zehnten Geburtstag. Zu diesem Anlass hat sich XJC ein neues Experimentierfeld erschlossen und hat ein Ideenlabor für das Studium von Bauelementen und Materialien eingerichtet, das nun seine erste Serie modularer, vieldeutiger Objekte und Nichtobjekte herausgebracht hat. Diese sind irgendwo zwischen Haute Couture und Design anzusiedeln, entziehen sich aber jeglicher Definition. Ihre Strukturen verändern sich mit der Inszenierung, erinnern einmal an eine Halskrause, dann wieder an eine federleichte Kopfbedeckung. Sie schmücken den Körper, ähneln einer Pelerine, einer Halskette oder Manschetten. Ziel der Suche ist die Suche selbst. Es soll ein völlig entspanntes Experiment sein, das über das Objekt hinausgeht und so näher ans Detail rückt. | Prototyp Alba Aquila, www.xjc.ch NEUERÖFFNUNG IN ZÜRICH BAHNHOFSTRASSE 38 - IM DEZEMBER PIAGET ALTIPLANO Die flachste Automatik-Uhr der Welt Gehäuse aus Weissgold Gehäusehöhe: 5,25 mm Das flachste Automatik-Uhrwerk der Welt Piaget Manufaktur Kaliber Höhe des Uhrwerks: 2,35 mm 18 | Finanz und Wirtschaft LU X E www.piaget-altiplano.com Finanz und Wirtschaft LU X E | 19 M U S I K | B E G E G N U N G | von Hans Uli von Erlach – Foto: Roberto Caccuri Philippe Jordan «Dirigieren heisst führen und geschehen lassen.» CHEFDIRIGENT DER PARISER OPER, DEBÜT AN DER SCALA MILANO, NÄCHSTEN SOMMER BEI DEN BAYREUTHER FESTSPIELEN, AB 2014 CHEFDIRIGENT DER WIENER SYMPHONIKER, GASTSPIELE IN NEW YORK, LONDON, ZÜRICH: DER SCHWEIZER PHILIPPE JORDAN IST DER SHOOTING STAR DER JUNGEN DIRIGENTENGENERATION. D ie Liste der prominenten Stationen, wo Philippe Jordan bejubelt wurde, lässt sich fortsetzen: Festivals in Salzburg, Baden-Baden und Aix en Provence, Opernhäuser wie Covent Garden London, Met New York und Zürich, Staatsopern in München, Wien, Berlin. «Meine Lehrund Wanderjahre», sagt der 37-jährige in Zürich aufgewachsene Dirigent lakonisch, der uns locker und mit wohlerzogener Bescheidenheit in seiner Garderobe an der Mailänder Scala gegenübersitzt. Hinter sich eine glanzvolle Vorstellung von Richard Strauss’ «Rosenkavalier». Bisheriger Höhepunkt in Jordans fünfzehnjähriger Karriere ist seine Berufung 2009 zum musikalischen Direktor der Pariser Oper. Eben hat Intendant Nicolas Joel Jordans Vertrag bis 2018 verlängert und rühmt seine Aufbauarbeit mit dem Orchester. Der junge Schweizer, Sohn des legendären Dirigenten des Genfer Orchestre de la Suisse Romande Armin Jordan, gilt als Perfektionist. Musiker und Sänger schätzen die Klarheit seiner Zeichengebung. Was ihn interessiert, ist weit mehr als nur ein schöner Klang, sondern das Wissen um Hintergründe von Werken und ihrer Entstehung. Nächsten Sommer dirigiert Philippe Jordan an den Bayreuther Festspielen «Parsifal» – für einen Wagner-Dirigenten der Ritterschlag. Maestro, gestern Abend, bei den zum Teil sehr gefühlstriefenden Stellen im «Rosenkavalier», habe ich mich gefragt, ob Sie als Dirigent während der Aufführung auch mal ins emotionale Schwelgen kommen. Ja, sicher! Man ist als Dirigent in erster Linie total konzentriert, achtet auf viele Details gleichzeitig, dass alles funktioniert, dass Zusammenspiel und Intonation sauber sind. Man hat mit ganz anderen 20 | Finanz und Wirtschaft LU X E Dingen zu tun als mit sogenannten Emotionen. Doch es passiert mir auch, dass ich von einem dieser seltenen, überirdischen Momente, wo einfach alles stimmt, berührt bin. Musik ist einerseits Emotion, andererseits Ratio… Meistens beeinflusst die Emotion die Ratio. Aber die Ratio, das intellektuelle Wissen um den Text, um die Form, um den musikalischen Aufbau, kann auch die Emotion beeinflussen. Diese Balance ist spannend, aber auch gefährlich: Durch das genaue Kennen eines Werks, das man oft dirigiert hat, könnte sich Routine einstellen. Dann besteht die Gefahr, sich zu sehr darauf zu verlassen, dass Musik und Handlung das von allein machen. So einfach ist es eben nicht. Wie schafft man das, dass sich so was wie Vollkommenheit einstellt? Es gibt vieles, um dem idealen Effekt möglichst nahe zu kommen: das Timing, die Dynamik, das Abschattieren des Klangs. Natürlich legt man das in den drei Wochen der Proben fest. Aber wirklich geschehen tut es erst an der Aufführung im Theater. Da werden plötzlich auch die eigenen Emotionen frei. In den ersten zehn Jahren meiner Laufbahn war es vielleicht in jeder vierzigsten Vorstellung, wo plötzlich so ein Geschenk vom Himmel runterkam. Je länger ich den Beruf mache, umso öfter passiert das jetzt. Woran mag das liegen? Je mehr Erfahrung man hat, umso mehr hat man die Sicherheit, die Dinge auch einfach geschehen zu lassen. Das ist ein grosses Geheimnis des Dirigierens: Natürlich muss man führen, aber eben auch geschehen lassen. Sonst ist man am Augenblick, bei dem sich vielleicht solch ein unerklärlicher emotionaler Höhepunkt einstellt, vorbei… Gerade beim «Rosenkavalier» von Richard Strauss. Obwohl das eine komplexe Partitur ist, muss man gleichzeitig eine leichte, flüssige Attitüde erreichen. Schwerpunkte Ihres Repertoires sind Richard Strauss, Mahler, Schostakowitsch, Strawinsky, Wagner: Sie lieben die Herausforderung des Komplexen? Oh, Mozart, Haydn, Beethoven sind noch viel komplexer! Man meint immer: Was schwergewichtig klingt, ist schwierig. So habe ich früher auch gedacht. Was hatte ich für einen Respekt, als ich zum ersten Mal an Wagners «Ring der Nibelungen» ging. Aber wenn man das erst einmal analysiert, sieht man, dass es sehr klar und systematisch aufgebaut ist. Beethovens oder Brahms’ Sinfonien, eine MozartOper – das bleibt immer schwer. Da hört man jede Kleinigkeit, die nicht stimmt. Man darf nie denken, weil man es schon so oft dirigiert hat: Ich weiss eh, wie’s geht. Der Anfang der «Vierten» von Brahms etwa – natürlich klingt das von selbst. Aber es lebt nicht von selbst! Unsere Generation ist mit Tonträgern aufgewachsen. Nimmt das nicht auch etwas vom spontanen Hörerlebnis? Schallplatte und CD haben da tatsächlich einiges kaputt gemacht. Das Publikum will diese Perfektion der CD auch im Konzert hören. Das nimmt uns die Neugierde auf die Lebendigkeit einer Live-Performance. Aber die Tonträger haben auch viel gebracht: Wir haben die Möglichkeit, ein Werk in einer vollendeten Form zu hören, verschiedene Möglichkeiten der Interpretation zu vergleichen und vor allem grosse Momente der Aufführungsgeschichte zu konservieren. Hört man sich als Dirigent verschiedene Aufnahmen an, bevor man erstmals an ein Werk herangeht? Es gibt da verschiedene Meinungen. Ich achte die Kollegen, die kategorisch nie Finanz und Wirtschaft LU X E | 21 MUSIK | BEGEGNUNG eine andere Aufnahme hören würden und sagen: Es gilt die Partitur und was ich darin lese. Ich kann das nicht. Sicher gilt es die Partitur und die Intention des Komponisten zu respektieren. Aber es gibt gleichzeitig eine grandiose Aufführungsgeschichte. Ich kann heute nicht die Beethoven-Sinfonien erarbeiten, ohne zu wissen, was Karajan, Bernstein, Carlos Kleiber oder Bruno Walter damit gemacht haben. Das Hinterfragen dieser Aufnahmen entscheidet, welchen Zugang man dann selbst zum Werk entwickelt. Wobei das wirklich Entscheidende ohnehin erst geschieht, wenn man dann vor dem Orchester steht, das ein eigener Klangkörper ist. Da fängt man mit der ganzen Theorie wieder bei null an und findet ganz zwangsläufig zu eigenen Resultaten. Früher hatten deutsche Orchester ihre typische Klangtradition, österreichische eine andere und französische wieder ihre eigene. Heute sind die Orchester weltweit ähnlich zusammengesetzt, ihr Klang ist einer internationalen Perfektion gewichen. Als Arbeiter, der vor vielen nationalen Orchestern steht, stelle ich fest, dass die deutschen und die französischen Orchester wieder sehr bewusst ihre eigene Klangkultur suchen und pflegen. Übrigens: Diese ist interessanterweise bei ehemals ostdeutschen Orchestern noch viel typischer vorhanden. Wohl, weil sie während der DDR weniger international durchmischt wurden. Sollten sich Orchester auf ein spezifisches Repertoire spezialisieren? Französische auf französische Komponisten, deutsche auf Wagner, Brahms, Beethoven zum Beispiel? Keinesfalls. Es ist doch wunderbar, wenn die Berliner einen Debussy spielen, der anders klingt als von einem Orchester in Paris. Wenn ich jetzt Wagners «Ring» mit meinen Parisern mache, ist das für beide eine grosse Erfahrung. Sie sind ab 2014 auch Chefdirigent der Wiener Symphoniker. Gleichzeitig haben Sie Ihr Engagement an der Pariser Oper bis 2018 verlängert. Befürchten Sie keine Zersplitterung der künstlerischen Tätigkeit? Ich habe in den letzten zehn Jahren sehr viel gastiert, das werde ich jetzt einschränken. Es waren wichtige und unersetzbare Lehr- und Wanderjahre: Was zeichnet die Wiener Philharmoniker aus, was die New Yorker, was Chica22 | Finanz und Wirtschaft LU X E go Symphony, wie arbeitet Covent Garden, wie die Met. In Wien werde ich ja nur rund zwölf Wochen pro Saison sein. Gut drei Monate, das ist üblich für einen Chefposten, um etwa zwölf Programme zu erarbeiten. Wieso «verheiratet» man sich mit einem Orchester, wenn man die Chance hat, auf allen Kontinenten Erfolg zu haben? Weil eine langfristige Beziehung viel tiefgreifender ist. Weil man sich nicht bei je- «Eigentlich hätte mich Zürich auch sehr interessiert.» dem Projekt erst aneinander gewöhnen muss, weil man gegenseitig weiss, wer man ist und was man vom anderen erwarten kann. Das schafft eine Basis, die man künstlerisch entwickeln kann. Zudem: Ein reiner Operndirigent ist für mich nur ein halber Dirigent, ein reiner Sinfoniedirigent genauso. Die Kombination von beidem, aber auch der beiden Kulturen französisch und deutsch-österreichisch, ist jetzt für mich ideal. Und wenn dann etwas noch Attraktiveres käme? Um beim Vergleich «verheiraten» zu bleiben: Sind Sie ein treuer Mensch? In dieser Hinsicht ja (lautes Lachen)! Es werden ja heute auch nicht mehr Verträge über dreissig Jahre gemacht, so quasi «bis der Tod Euch scheidet». Sind Sie eigentlich so etwas wie ein selbständiger Unternehmer. Gibt es eine Karriereplanung, in die jetzt die Berufung nach Wien ideal hineinpasst? Natürlich passt Wien exakt in meinen Lebenslauf. Es war immer klar, dass ich neben der Pariser Oper auch mal ein solides Plateau bei einem Sinfonieorchester haben würde. Es war eine Frage der Zeit und mit welchem Orchester. Als Sie von Graz weggingen, hoffte man hier, Sie kämen an die Oper Zürich. Herr Pereira hat mich damals schon sehr früh kontaktiert. Eigentlich hätte mich Zürich auch sehr interessiert, ich habe sehr grossen Respekt vor diesem Orchester und war ja inzwischen auch mehrmals dort. Aber als Zürcher in Zürich – ich war mir noch nicht sicher genug für einen Chefposten. Auch war mein inzwi- schen verstorbener Vater Armin Jordan damals in der Schweiz als Dirigent noch sehr stark präsent. Ich brauchte meinen Weg ausserhalb seiner Reichweite. Vermissen Sie Ihren Vater? Sehr. Es war eine sehr enge Beziehung. Er hat meinen Werdegang mit viel freundschaftlichem Interesse begleitet, auch mit Stolz. Er war mir aber nie ein Lehrer oder Förderer, sondern einfach immer da für einen Rat, wenn ich ihn brauchte. Hat es Ihnen eher geholfen oder eher geschadet, sein Sohn zu sein? Am Anfang empfand ich es eher als schwierig, da wusste ich nicht: Krieg’ ich diese Stelle jetzt nur, weil ich der Sohn bin? Aber es gab natürlich auch Vorteile. Gerade an der Pariser Oper, wo er sehr viel dirigierte, übertrug man die Liebe zu ihm auf mich – das war sehr schön. Sie haben seit den Jahren mit Barenboim an der Staatsoper Unter den Linden Ihren Wohnsitz in Berlin, inzwischen auch einen in Paris, jetzt kommt Wien hinzu – wo fühlen Sie sich zu Hause? Bisher stark in Berlin. Inzwischen ist auch Paris ein Zuhause geworden. Und wo ist Ihre musikalische Heimat? Schwierig zu sagen – ich denke überhaupt nicht an eine Spezialisierung. So etwas ergibt sich vielleicht im Lauf der Zeit, dass man in ein Repertoire hineinwächst, zu dem man eine besondere Affinität hat. Das sucht man sich nicht aus, das findet man. Oder vielleicht drängen einen auch die Intendanten oder die Medien da hin. Für mich ist die Bandbreite wichtig, gerade wenn man aus der Oper kommt, wo eine grosse Flexibilität im Repertoire sein muss. Sie haben aber bereits Schwerpunkte. Richard Strauss ist zu einem geworden, jetzt auch immer mehr Wagner. Als ich in Zürich zum ersten Mal einen «Ring» machte, eröffneten sich mir ganz neue Welten. Ich fühlte mich wieder wie Anfang zwanzig, entdeckte viel Unerwartetes. Seit ich Wagner dirigiere, ist mein Beruf auf eine ganz andere Ebene gekommen. Es haben sich mir neue Wege erschlossen, künstlerisch meine ich: Ich habe entdeckt, dass das eine ja das andere bedingt. Seitdem ich Wagner à fond kenne, dirigiere ich Mozart ganz anders, oder Verdi, und umgekehrt. | JULES AUDEMARS DUAL TIME Finanz und Wirtschaft LU X E | 23 L E B R A S S U S ( VA L L É E D E J O U X ) - S C H W E I Z - a u d e m a r s p i g u e t . c o m AGENDA DAS BUCH ALS MEDIUM MUDAC EIN KAPITEL SCHWEIZER DESIGNGESCHICHTE Die Bibliothek für Kunst und Archäologie in Genf zeigt Künstlerbücher und Buchobjekte von Genfer Verlegern. Galeristen, Verleger und Künstler schaffen in einem gemeinsamen kreativen Prozess echte Kunstwerke. Die Ausstellung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, präsentiert aber eine sehenswerte Auswahl von Arbeiten junger Verlagshäuser wie Boabooks, spezialisiert auf zeitgenössische Bücher und «Multiples», B.ü.L.b comix, ganz der sequentiellen Kunst und dem modernen Comic gewidmet, Héros-limite, das Typografie als künstlerischen Akt betreibt, und Attitudes, das von den Leitern des Centre Culturel Suisse Paris gegründet wurde. Auch die Werke des Ateliers Micro-édition der Genfer Hochschule für Kunst und Design sind zu sehen. An den Konferenzen, die jeweils am Mittwoch um 12.30 Uhr stattfinden, füllt sich die Bibliothek mit Leben. Am 7. Dezember steht ein Gespräch zur Ausstellung, am 28. März 2012 ein Treffen mit den Verlegern auf dem Programm. Made in Genève, Bibliothèque d’art et archéologie, Promenade du Pin 5, 1204 Genève, 022 418 27 00, mah.ville-ge.ch zVg AUSSTELLUNGEN IN DER SCHWEIZ von Francesca Serra und Konrad Koch Siebrecht & Baechler Matthieu Lavanchy zVg Er gilt als der Wegbereiter der Moderne in der Schweizer Malerei, der Solothurner Maler Cuno Amiet. 1892 verkehrte er in Pont-Aven im Künstlerkreis um Paul Gauguin, 1905 wurde er in die deutsche Expressionistengruppe Die Brücke aufgenommen. Zurück in der Heimat behauptete er sich neben Hodler als einer der führenden Künstler der Schweiz. Zu seinem 50. Todestag zeigt das Kunstmuseum Solothurn eine Vergleichsausstellung von Cuno Amiet und Ferdinand Hodler unter dem Titel «Eine Künstlerfreundschaft zwischen Jugendstil und Moderne». Parallel präsentiert das Kunstmuseum Bern die Sammlung Eduard Gerber, eine der schönsten privaten Amiet-Sammlungen. Cuno Amiet und Ferdinand Hodler, bis 2. Januar 2012, Kunstmuseum Solothurn, Werkhofstrasse 30, 4500 Solothurn, 032 624 40 00, www.kunstmuseum-so.ch Amiet und sein Sammler, bis 15. Januar 2012, Kunstmuseum Bern, Hodlerstrasse 8, 3007 Bern, 031 328 09 44, www.kunstmuseumbern.ch Creative Center RD, Creative Director Alvaro Maggini Matthieu Lavanchy Nick Widmer CUNO AMIET – EINE DOPPELAUSSTELLUNG M Eidgenössischer Preis für Design 2011, bis zum 12. Februar 2012, Mudac, Lausanne, 021 315 25 30, www.mudac.ch 24 | Finanz und Wirtschaft LU X E Eine einzigartige Retrospektive über das Werk des genialen Uhrmachers Abraham-Louis Breguet zeigt das Landesmuseum Zürich in Zusammenarbeit mit Montres Breguet. Ausgestellt sind über 170 Uhren. Geschichtsträchtigste Exponate sind die Reisependülette von Napoleon Bonapartee oder die für Marie Antoinette gefertigte Taschenuhr mit Minutenrepetition. A.-L. Breguet. Die Uhrmacherkunst erobert die Welt, bis 8. Januar 2012, Landesmuseum Zürich, Museumstrasse 2, 8001 Zürich, 044 218 65 11, www.breguet.landesmuseum.ch zVg BREGUET – UHRMACHERKUNST ST ode, Textilien, Grafik, Fotografie, Industriedesign und szenisches Gestalten: Die Ausstellung zum Eidgenössischen Wettbewerb für Design 2011 zeigt die mit dem Eidgenössischen Preis für Design und dem Grand Prix Design prämierten Arbeiten. Sie vermittelt ein Bild über das aktuelle Schaffen von Schweizer Gestalterinnen und Gestaltern. Und das erweist sich als erstaunliches Kaleidoskop. Der Arbeitskittel, den Romance Berberat mit ihrem Textildesign stilvoll veredelt, und das innovativ inszenierte Bühnenbild des Musikers Dimitri de Perrot und des Tänzers und Akrobaten Martin Zimmermann sind nur zwei Beispiele von vielen. Ein Besuch der Ausstellung ist schon fast Bürgerpflicht. (PEUDFHDQLQFUHGLEOHZRUOG 'LH 0HVVXQJ GHU =HLW ZLUG QLH ZLHGHU VHLQ ZLH ]XYRU 5RJHU 'XEXLV |IIQHW GLH 7UHQ ]X DXVVHUJHZ|KQOLFKHU .UHDWLYLWlW /D 0RQpJDVTXH VSLHOW GLH 5DIILQHVVH GHVMHQLJHQ DXV GHU VWHWV DXI (OHJDQ] VHW]W 6LH YHUHLQW LQ VLFK 8KUPDFKHUNXQVW YRQ K|FKVWHU 4XDOLWlWXQGDXVVHURUGHQWOLFKHP(UILQGXQJVJHLVW$OOHLQGLH8KUZHUNHYRQ5RJHU'XEXLVWUDJHQDXVQDKPVORVGDV3RLQoRQGH*HQqYH HLQ4XDOLWlWVVLHJHOGDVGLHVHV-DKUVHLQMlKULJHV%HVWHKHQIHLHUWZZZURJHUGXEXLVFRP Finanz und Wirtschaft LU X E | 25 /HV$PEDVVDGHXUV%DKQKRIVWUDVVH=XULFK%XFKHUHU%DKQKRIVWUDVVH=XULFK EINZIGARTIG WIE IHRE LIEBE TREFFPUNKTE von Francesca Serra und Konrad Koch GUTE ADRESSEN ZWISCHEN GENF UND ZÜRICH FÜR ALLE, DIE MODE UND DESIGN SCHÄTZEN. DREI RESTAURANTS: HOCH ÜBER DEM TRUBEL DER FEIERTAGE ZÜRICH: MODISCHE TROUVAILLEN zVg zVg Generationen von Zürcherinnen und Zürcher haben sich im Modehaus Day von klassisch-leger bis sportlich-elegant eingekleidet. Vor einem Jahr übernahm Bruno Bencivenga, der Gründer der Schuhmarke Navyboot, das Familiengeschäft und hat es zusammen mit seiner Frau Monica mit einem feinen Sortiment von Pullovern aus Kaschmir, über Hemden und Blusen bis zu Vestons und Lederaccessoires zu der Adresse für distinguierte Casual-Kleidung gemacht. Sanft erneuert, hat das Ladenlokal seine Patina bewahrt, die es so einzigartig an der Bahnhofstrasse macht. Day, Bahnhofstrasse 12, 8001 Zürich, 044 226 80 00, www.day.ch ZÜRICH: ÜBER DEN WOLKEN 120 Meter hoch über der Stadt Zürich öffnet am Montag, 12. Dezember, das Restaurant Clouds seine Pforten. Im 35. Stockwerk des Prime Tower, des höchsten Gebäudes der Schweiz, wird sich nicht nur eine unvergleichliche Aussicht geniessen lassen, auch die Gastronomie wird auf höchstem Niveau sein. Die Chefköche Antonio Colaianni und David Martinez vereinen nämlich gemeinsam 32 Gault-Millau-Punkte. Zum Naturschauspiel werden Sundowners in der Bistro-Bar und der Lounge. Wer ab Dezember über den Wolken dinieren will, sollte jetzt schon reservieren. Clouds, Maagplatz 5 Prime Tower, 8005 Zürich, 044 404 30 00, www.clouds.ch zVg zVg GENF/ZÜRICH: TED BARKER – ORIGINELL, FRISCH, SCHOTTISCH ZÜRICH: WINTERZAUBER Liegt Schnee auf dem 871 Meter hohen Hausberg der Stadt Zürich, fährt die S-Bahn direkt in ein Wintermärchen. Das Hotel-Restaurant Uto Kulm ist nicht nur der Weihnachtsdekoration wegen die mondänste Berghütte der Schweiz. Auch Küche und Keller spielen auf Topniveau mit. Wer ein Tête-à-Tête verlängern will, kann mit Viersternekomfort in einem der 55 Zimmer übernachten. Uto Kulm, Uetliberg Zürich, 044 457 66 66, www.utokulm.ch Das britische Fashionlabel eröffnete 1988 seine erste Boutique in Glasgow und liess sich später in Covent Garden nieder. Seither hat die Marke die Kollektionen laufend erweitert und bietet nun auch Damen- und Kindermode an, die in den Shops in allen grossen Einkaufsstrassen der Welt zu finden sind. Die aktuelle Winterkollektion ist schlicht, die Farben vorwiegend grau und blau. Amüsante Details sorgen für den speziellen Touch. Die Outfits sind ebenso informell wie edel, die Hemden lässig, die Sweater mit den strukturierten Kragen originell. Exklusiv in der Schweiz bei Globus Zürich und Genf, www.globus.ch Enzo Capaccio zVg ZÜRICH: WOHNWELTEN GENF: IM 6. HIMMEL Mitten in Genf, im 6. Stock von Bon Génie, ist soeben ein kleines Lokal mit besonderem Flair aufgegangen. Couchtische als Erinnerung an die gute alte Schulzeit und mit schwarzem Leder überzogene Bänke machen eine klare Ansage: schnelle Küche ohne Komplexe in schicker Umgebung lautet das Konzept. Neben einer grossen Auswahl Terrinen sorgt die wie Pizza gereichte «Bruschetta» für etwas Italianità. Und nach dem Gaumenschmaus können sich Geniesser in einem Rauchzimmer eine der angebotenen Zigarren zu Gemüte führen. BG Lounge, rue du Marché 34, 1204 Genève, 022 818 16 06, www.bongenie-grieder.ch Von Antik bis Avantgarde. Das Inneneinrichtungsgeschäft Hafter verbindet zeitgenössisches Wohndesign mit Ojekten und Möbeln aus vergangenen Epochen. Spezialisiert auf Asiatica und englische Antiquitäten, sind eigene Experten für die fachgerechte Restaurierung und Konservierung der Kostbarkeiten besorgt. Inneneinrichtungskonzepte und Wohnausstellungen werden in der Stadtfiliale am Talacker 24 gezeigt. Hafter Antiquitäten – Inneneinrichtungen, Obere Wiltisgasse 52, 8700 Küsnacht/ZH und Talacker 24, 8001 Zürich, 44 211 44 00, www.hafter.com 1888 BY BUCHERER das absolute Glanzstück aus dem Atelier Bucherer: Brillant allerhöchster Kategorie, ab 1 Karat, formvollendet gefasst in edlem Platin UHREN SCHMUCK JUWELEN 26 | Finanz und Wirtschaft LU X E Basel Bern Davos Genève Interlaken Lausanne Locarno Lugano Luzern St. Gallen St. Moritz Zermatt Zürich Berlin Düsseldorf Frankfurt Hamburg München Nürnberg | Wien | bucherer.com G A S T R O N O M I E | P O R T R ÄT S | von Knut Schwander, Fotos: Cédric Widmer Mhh! F ür Feinschmecker, Schleckmäuler und Geniesser! Zur Einstimmung in die Wintersaison lesen Sie hier die Porträts von fünf Persönlichkeiten und Orten der Schweiz, die in Sachen Gourmandisen auf Höhenflug sind. Sie entdecken einen der höchsten Weinberge Europas der Familie Chanton in Visp, den Schokoladenkünstler David Pasquiet in Crans-Montana, das gemütliche Fumoir der Villa Honegg über dem Vierwaldstättersee, den Keller von Georges Wenger in Noirmont, für den der «Sommelier des Jahres» Thomas Schmidt verantwortlich zeichnet, das Hotel Kronenhof in Pontresina mit der grossartigen Küche von Bernt Schützelhofer, der Traditionen neu erfindet. Einsame Spitze! Schokolade als Kunst Er hat den Kopf voller Ideen. Die setzt er in Crans-Montana in den Walliser Alpen in kunstvoll inszenierte, aussergewöhnliche Schokoladekreationen und andere märchenhafte Süssigkeiten um. David Pasquiet: Kreativer Chocolatier in Crans-Montana E r hat blaue, sie haselbraune: Die Augen von David und Virginie Pasquiet funkeln wie die vieler Visionäre. Gier ist dabei keine auszumachen. Ihr Blick ist spontan, offen, lebhaft und neugierig. In Blau und Mahagonibraun sind auch die Schachteln gehalten, in denen die wunderbare, in ihren beiden Geschäften in Montana und Sierre verkaufte Schokolade edel verpackt wird. Vollkommen aussergewöhnliche (Aceto Balsamico und Sauerkirsche), manchmal verblüffende (mit PondicheryPfeffer), aber immer unglaublich 28 | Finanz und Wirtschaft LU X E genussvolle Kreationen, die vor allem eins sind: anders. In den kleinen kulinarischen Meisterwerken steckt eine mit viel Talent und handwerklichem Können neu interpretierte Tradition. Ein Genuss fürs Auge, den Gaumen und das Gemüt. Die jüngste Kreation aus dem Hause Pasquiet ist eine Schokolade mit Litschi und Sake, speziell erfunden für die Chocolatier-Messe diesen Herbst in Genf. Das süsse Wunderwerk ist an Raffinesse kaum zu überbieten, unglaublich schmackhaft, erfrischend und herrlich zartschmelzend. David, ein gebürtiger Franzose, ist gelernter Koch, Virginie stammt aus dem Gastgewerbe. Vor drei Jahren wollten die beiden gemeinsam ein Restaurant übernehmen, als sie auf das Geschäft des Nougatiers in CransMontana hingewiesen wurden. Sie liessen sich nicht zweimal bitten. Nougat stellen sie zwar auch heute noch her, aber das Kleinunternehmen heisst mittlerweile L’Instant Chocolat. Hier wird Schokolade in eleganten, handflächengrossen Tafeln mit Piment d’Espelette, Sauerdorn, Erdnuss und Wasabi und sogar mit bretonischen Butterkeksen angeboten, angeordnet wie Edelsteine in bunt leuchtenden Halbkreisen oder zu Bergen mit farbigen Gipfeln aufgetürmt. Auch gefüllte Schokolade ist zu haben – mit Tiramisu zum Beispiel. In seinem Labor stellt David auch Skulpturen her. Eine davon, der aus Schokolade geformte Steinbock, kann im Schaufenster bewundert werden. An Ostern und Weihnachten bringt er mit seinen kunstvollen Inszenierungen die Augen der Passanten und die seiner Homepage-Besucher (www.instant-chocolat.ch) zum Leuchten. Finanz und Wirtschaft LU X E | 29 G A S T R O N O M I E | P O R T R ÄT S Intelligente Investitionen Koch in Pontresina In einem der schönsten Speisesäle der Welt und dem zauberhaften «Stübli» mit Engadiner Arventäfelung erfindet der Spitzenkoch die gastronomische Tradition der grossen Berghotels neu. Bernd Schützelhofer: Tradition neu interpretiert D er Kronenhof ist eines der schönsten Berghotels in Europa. Gewölbe und Säulen, Kronleuchter und Wandmalereien erinnern an eine Zeit, in der sich der ganze europäische Adel im Engadin ein Stelldichein gab. Der riesige Wellness-Bereich mit Panoramablick und die luxuriös augestatteten Zimmer mit allem erdenklichen Komfort sorgen dafür, dass sich der Gast von heute rundum wohl fühlt. Auch das unvergleichliche Ambiente trägt dazu bei. Es ist eine gelungene Mischung aus dem edlen Glanz vergangener Epochen und der sportlichen Spontaneität des 21. Jahrhunderts. Küchenchef Bernd Schützelhofer hat es verstanden, in dieser kontrastreichen Luxuswelt den richtigen gastronomischen Ton zu treffen. Im Kronenstübli, einer der schönsten Engadiner Stuben mit Arventäfelung, diniert man bei Kerzenschein und in heimeligem Ambiente. Vor kurzem hat sich der Küchenchef eine Entenpresse zugelegt, mit der er einen der grossen Klassiker der französischen Gastronomieküche zubereitet: die Blutente, wie sie auch im Pariser Tour d’Argent serviert wird. Auf dem leuchtenden Tafelsilber und den dicken, weissen Tischtüchern werden Entenleberkreationen, Rindsfilet an Ochsenschwanzjus und andere exquisite Köstlichkeiten gereicht. Dennoch serviert der gebürtige Österreicher keine veraltete Küche. Seine Speisen sind zeitgemäss gegart und genauso modern gewürzt. Das Lammcarrée mit Lammcurry und die Meeresfische mit luftigem Espuma sind topaktuell. Im Speisesaal erwartet die Gäste eine der prunkvollsten, eindrücklich renovierten Kulissen der Belle-Epoque. Danach können sie sich in eine elegante, bis ins kleinste Detail stilvoll ausgestaltete «Pension» zurückziehen, wie sie nur echte Palasthotels bieten. 30 | Finanz und Wirtschaft LU X E lassen Zukunftspläne Form annehmen. Führend auf dem Gebiet des nachhaltigen Investierens, ist die Bank Sarasin die erste Adresse für Schweizer Private Banking mit Dienstleistungen und Anlagelösungen, die sich ganz nach Ihren persönlichen Bedürfnissen richten. Denn die Zukunft gehört Ihnen. Tel. 0800 727 27 46, www.sarasin.ch Nachhaltiges Schweizer Private Banking seit 1841. #"4&-r"#6%)"#*r#&3/r%0)"r%6#"*r%6#-*/r'3"/,'635r(&/'r(6&3/4&:r)0/(,0/(r,¸-/r-0/%0/r-6("/0 -6;&3/r."/"."r."4,"5r.6.#"*r.¾/$)&/r/&6%&-)*r/¾3/#&3(r4*/("163r8"34$)"6r8*&/r;¾3*$) G A S T R O N O M I E | P O R T R ÄT S Freude am Kommunizieren Rui Pereira: Im Kaminzimmer der Villa Honegg bietet er eine exklusive Auswahl hochkarätiger Zigarren und Digestifs an G Er leitet die eindrücklichen Weinkeller im Restaurant von Georges Wenger in Le Noirmont. Im Speisesaal überzeugt der Elsässer Sommelier durch sein Kommunikationstalent und seine kompetenten Empfehlungen. Thomas Schmidt: Sommelier aus Noirmont T homas Schmidt ist nicht von ungefähr Gault Millaus «Sommelier des Jahres 2012». Der gerade einmal 25 Jahre alte, 2 Meter grosse Elsässer mit der tiefen Stimme und der blumigen Sprache bezaubert seine Gäste im Georges Wenger in Le Noirmont, einem der besten Restaurants der Schweiz. Seine dynamische, unkonventionelle Art verrät, mit welcher ansteckenden Begeisterung er nicht nur im Speisesaal, sondern auch im Keller bei der Sache ist. 32 | Finanz und Wirtschaft LU X E Die 1500 Provenienzen mit insgesamt 40 000 Flaschen werden in mehreren Weinkellern gelagert. Der grösste befindet sich im Untergeschoss eines Hauses mit Baujahr 1855. Es diente einst einem Neuenburger Weinhändler als Lager und bietet ideale, stabile Temperaturen von 11,9° C im Winter und 12,4° C im Sommer. Hier liegen alle im Weinhandel erhältlichen Tropfen (Verkauf vor Ort oder online) und einige seltene Schätze wie die Jahrgangs-Champagner, der Madeira 1880 oder der Jerez 1842. Den Restaurantkeller organisiert Thomas Schmidt mit jeder neuen Speisekarte neu, «damit die Weine zur Jahreszeit passen». Wer will schon einen kräftigen Amarone, wenn es draussen 30° C warm ist. «Die Gäste würden uns nur enttäuscht und mit schwerem Magen verlassen. Das ist ein einem solchen Ort schlicht undenkbar.» Also vollbringt der Sommelier Wunder, hört auf den Gast, empfiehlt ihm ausgefallene Weine und zögert auch nicht, eine edle Flasche zu entkorken und seltene Tropfen zu unglaublich fairen Preisen im Glas auszuschenken. Georges Wenger steht voll hinter dieser grosszügigen Vorgehensweise:«Unsere Aufgabe ist die eines Handwerkers: Wir bieten eine nicht standardisierte Beratung und besondere Produkte an.» Allein schon die Empfehlungen von Thomas Schmidt sind einen Besuch wert. Sein Geheimnis: Er hat eine Kochlehre absolviert und versteht es wie kein Zweiter, die Weine perfekt auf die Speisen abzustimmen. emütlich knistert das Feuer im Kamin und wirft seinen bernsteinfarbenen Schein auf die Stuckdecke. In den Gläsern leuchtet ein zeitloser Armagnac. Der grosse Kronleuchter taucht den Raum in gedämpftes Licht, das vom ovalen Spiegel, in dem sich das einmalige Berg- und Seepanorama spiegelt, zurückgeworfen wird. Das Kaminzimmer der Villa Honegg ist einer dieser urgemütlichen Orte, an denen man sich wie zu Hause fühlt. Hier liest man, nimmt einen Aperitif zu sich oder geniesst einen Digestif, während man seiner Lieblingsmusik lauscht. Hier raucht man auch, ohne die anderen Gäste des 1905 errichteten und 2011 nach vierzigjährigem Dornröschenschlaf wiedereröffneten Luxushotels zu stören. Der mit dunklem Holz ausgekleidete und mit einer leistungsstarken Lüftung ausgestattete Salon ist nämlich auch eine gediegene Zigarrenlounge, in der man den herrlichen Duft und Geschmack erlesener Tabakwaren – hauptsächlich der Marke Patoro – geniessen kann. In den Zigarrenkellern und den beleuchteten Schaukästen schlummern edle Stücke, die Restaurantchef Rui Pereira Ihnen gerne anbietet. Egal, wofür man sich entscheidet – eine Zigarre aus Kuba, der Dominikanischen Republik, Nicaragua, Brasilien oder aus Panama –, man träumt von nostalgischen Reisen in ferne Länder in einem Hotel, das schon selbst eine Zeitreise ist. Hinter der Fassade aus dem Jahr 1900 und der Aussicht, die allein schon erklärt, warum die Schweiz ein solch begehrtes Ferienland ist, erwartet den Gast eine hochmoderne Ausstattung. Bevor man sich abends dem Zigarrengenuss hingibt, lässt man sich im Spa mit Panoramabad verwöhnen, geniesst im eleganten Restaurant die raffinierte Küche und sieht sich im hoteleigenen Kino gemütlich einen Film an. Natürlich fehlt es auch in den zeitgemäss eingerichteten Zimmern an nichts, denn Luxus ist hier Programm. Hotel Villa Honegg, 6373 Ennetbürgen, 041 618 32 00, villa-honegg.ch Luxuriöser Aussichtspunkt und gemütliche Zigarrenlounge Das neu eröffnete Luxushotel am Bürgenstock ob Ennetbürgen ist ein nostalgischer Aussichtspunkt mit Blick auf das schönste Alpenpanorama der Welt. Es bietet viel Raum für Privatsphäre und verwöhnt die Gäste mit einer edlen Zigarrenlounge. Finanz und Wirtschaft LU X E | 33 G A S T R O N O M I E | P O R T R ÄT S Eine Passion für historische Weine Einige alte, vergessene Rebsorten werden nur von Josef-Marie und Mario Chanton kultiviert und zu einzigartigen Weinen vinifiziert. Darunter befinden sich ganz besondere Raritäten und Sammlerstücke. Mario Chanton : Bergwinzer mit einzigartigen Erzeugnissen V or drei Jahren hat der 36-jährige Mario Chanton die Führung der von seinem Grossvater Oscar vor 60 Jahren gegründeten Kellerei übernommen. In dem Familienunternehmen der besonderen Art werden weltweit einzigartige, historische Weine gekeltert. Neben den typischen Walliser Spezialitäten Ermitage, Petite Arvine, Syrah, Humagne und Heida stehen Namen wie Gwäs, Himbertscha, Resi, Plantscher und Lafnetscha auf der Weinliste. Einige dieser grösstenteils unbekannten Rebsorten gäbe es heute bestimmt nicht mehr, hätte Marios geschichtsbegeisterter Vater Josef-Marie Chanton sie nicht aus der Vergessenheit geholt. Als Josef-Marie Chanton in den Siebzigerjahren seine Diplomarbeit über die alten Vispertaminen-Rebsorten schrieb, kam er auf die Idee, von ertragreicheren Trauben verdrängte Rebsorten neu anzubauen. Der Himbertscha zum Beispiel wuchs nur noch auf einer einzigen Parzelle in 850 m Höhe an einem der höchstgelegenen Weinberge Europas. Vor Ort musste er mit Entsetzen feststellen, dass die Rebstöcke allesamt ausgerissen worden waren. Hartnäckig suchte er weiter und wurde fündig. Von den wenigen geretteten Stöcken gewann er Setzlinge und sanierte den Weinberg. 2010 kaufte er ihn zusammen mit dem Verein VinEsch, den er mit anderen Passionierten zum Schutz und Anbau von alten Walliser Rebsorten gegründet hatte. Auch der Plantscher war bis auf ein Spalier in St. German ausgerottet. Durch Propfen dieses mittlerweile verschwundenen Exemplars erhielt er mehrere Setzlinge. Heute ergeben die 400 Stöcke jährlich 300 bis 400 Flaschen Wein. Liebhaber von nicht alltäglichen Spezialitäten reservieren die seltenen Tropfen lange im Voraus. Und um die leichten, süffigen Weissweine reissen sich die Sommeliers der besten Restaurants, da sie perfekt zu Meeresfrüchten passen und mit ihrer Geschichte die Gäste in Atem halten. So ist zum Beispiel der Gwäss die älteste mit Namen bekannte Rebsorte der Welt. Für alle, die diesen wunderbaren Geschichten gerne persönlich lauschen und die verführerischen Weine kosten möchten, organisiert Marlys, Josef-Maries Frau und Marios Mutter, «Wine & Dine»-Abende. Eine gute Idee, für die sich ein Abstecher ins Wallis lohnt. | 34 | Finanz und Wirtschaft LU X E Classic Fusion Or. Gehäuse und armband aus 18K Rotgold. Finanz und Wirtschaft LU X E | 35 R E S TA U R A N T S | S TA D T F Ü H R E R | von Knut Schwander GASTRONOMISCHE POSTKARTEN RUSSISCHES RESTAURANT IN LONDON MARI VANNA Luxus verpflichtet. Deshalb liegt diese zeitgemäss aufgefrischte und mit einer eindrücklichen Auswahl an Wodkasorten ausstaffierte Botschaft der russischen Küche auch im schicken Viertel Knightsbridge direkt neben dem Hotel Bulgari und dem One Hyde Park. Das Mari Vanna ist nach einer Einwohnerin von Sankt Petersburg benannt, die ihre Gourmet-Gäste in ihrer Küche bewirtet haben soll. Ob es sich dabei um eine wahre Begebenheit oder um ein werbewirksames Märchen handelt, sei dahingestellt. Das Konzept geht auf und nur das zählt. Nach Sankt Petersburg, Moskau und New York kann man jetzt auch in London in einem charmanten Puppenhausambiente zwischen Backsteinmauern und Louis-XVI-Möbeln dinieren. NEU IN BANGKOK ANANTARA BANGKOK RIVERSIDE RESORT & SPA Zur Neueröffnung am 1. November macht das Luxusresort hochinteressante Einführungsangebote. Vor allem aber umfasst das unweit der Bangkoker Altstadt gelegene Hotel unglaubliche zehn Restaurants, einen tropischen Garten am Wasser, ein wunderschönes Spa und Boote für Gourmet-Törns auf dem Fluss. So viel Luxus erstaunt kaum, schliesslich handelt es sich beim Anantara Bangkok Riverside Resort & Spa um das frühere Mariott. Hoteldirektor Francis Zimmermann ist übrigens Kanadier mit Schweizer Abstammung. 36 | Finanz und Wirtschaft LU X E G O U R M E T S | A N E K D O T E N | von Cristina d’Agostino CHINESISCHE HAUTE-CUISINE IN PARIS SHANG PALACE Gerade eben wurde im Fünfsternehotel Shangri-La, das im denkmalgeschützten Palast des Prinzen Roland Bonaparte (Grossneffe von Napoleon Bonaparte) untergebracht ist und von Pierre-Yves Rochon (Four Seasons des Bergues in Genf, Hôtel du Lac in Vevey) eingerichtet wurde, das Shang Palace eröffnet. Das chinesische Luxusrestaurant erntet in der Fachpresse und auch im Internet für seine exzellenten Speisen einhelliges Lob – trotz den für den 16. Pariser Bezirk typisch Preisen. Warum aber sollte man in der Hauptstadt der französischen Gastronomie, die immerhin zum UNESCO-Kulturerbe ernannt wurde, chinesisch essen? Ganz einfach: Weil kulinarische Neugier keine Grenzen kennt. EIN SCHWEIZER IN LONDON THE DORCHESTER IN GUTEN HÄNDEN Das legendäre Dorchester in London wird vom Freiburger Roland Fasel geführt. Er wurde vom Gastronomieführer GaultMillau gerade mit der Auszeichnung «Schweizer Star im Ausland» geehrt. Der umtriebige Manager leitet auch das brandneue, hochmoderne Palasthotel 45 Park Lane nebenan sowie das Coworth Park in Ascot. Damit in den Hotelrestaurants die anspruchsvollsten Geniesser auf ihre Kosten kommen, arbeitet er mit weltberühmten Sterneköchen zusammen (Alain Ducasse, Wolfang Puck und Sir David Tang). Wer kommt zum Essen ? AUCH WENN SIE IN KEINEM GÄSTEBUCH STEHEN, SO HALLEN EINIGE DENKWÜRDIGE BEGEGNUNGEN NOCH IMMER IN DEN MAUERN DER SCHWEIZER STERNERESTAURANTS WIDER. GESCHICHTEN ÜBER BERÜHMTE LEUTE. RESTAURANT HÔTEL DE VILLE IN CRISSIER. DREI MICHELIN-STERNE. «FÜR DIE DAUER EINES ESSENS IST ES WIE EINE KLEINE TRAUUNG ZWISCHEN DEM GAST UND MIR.» LOUIS VILLENEUVE, MAÎTRE D’HÔTEL. LA TABLE D’EDGARD, RESTAURANT DES LAUSANNE PALACE. EIN MICHELIN-STERN. «MIT DEN ROLLING STONES HABEN WIR DREI ABSOLUT VERRÜCKTE TAGE ERLEBT.» EDGARD BOVIER, KÜCHENCHEF. Ohne ihn würde das Essen nur halb so gut schmecken. Unbekannte Gourmets und berühmte Gäste stehen Schlange, um mit ihm ein paar geistreiche Worte zu wechseln. Die Gäste wollen ihn und keinen anderen. Louis Villeneuve, der seit 36 Jahren als Saalchef im Hôtel de Ville in Crissier tätig ist, soll sie auf ihrer gastronomischen Entdeckungsreise begleiten. Seine Diskretion ist genauso legendär wie seine Beobachtungsgabe. Kaum sind Sie die Treppe hochgestiegen, hat Herr Louis Sie mit seinem Kennerblick auch schon durchschaut. Er erinnert sich an alles, gibt aber nichts preis, höchstens vielleicht ein paar unverfängliche Anekdoten aus der Vergangenheit. Er erzählt von dem unvergessenen Tag, an dem sich zwei Kultfiguren bei einem Mittagessen begegneten. «Jean-Paul Belmondo war damit beschäftigt, vor seinen Freunden mitten im Essen mit grossen Gesten die letzten Stunts zu mimen. Es wurde viel gelacht. Da betrat Jacques Brel ohne ein Wort das Restaurant, und der ganze Saal hielt inne. Seine Ausstrahlung machte uns sprachlos – sogar Herrn Belmondo! Es war ein magischer Moment.» Mit verschmitztem Lächeln erzählt Louis Villeneuve weiter und ereifert sich dabei so, dass sich sein Gesicht rötet. Er berichtet davon, wie er den aufsehenerregenden Auftritt von Salvador Dalí erlebt hat. Er stieg aus einer dicken, schwarzen Limousine, am Arm genauso surrealistische Kreaturen wie auf seinen Bildern, darunter die bildschöne Amanda Lear. «Der Künstler trieb die Temperatur in Crissier um ein paar Grad in die Höhe.» Weitere Anekdoten hat Louis Villeneuve in einem kürzlich erschienenen Buch festgehalten. Am 31. März 2012 wird Philippe Rochat ein letztes Mal seine Gäste im Hôtel de Ville bewirten und dann den Platz für den neuen Chef Benoît Violier räumen. Der Tischplan an diesem Abschiedsessen wird bestimmt unvergessen bleiben. Edgar Bovier spricht, wie er kocht: sehr schmackhaft. Freudig erzählt der einfache, warmherzige Mann von seinem Glück, als er ein paar Speisen für die legendäre Rockgruppe zaubern durfte. Er hat gerade seinen Mittagsdienst beendet, bestellt einen Espresso und plaudert dann entspannt aus dem Nähkästchen. «Der dreitägige Aufenthalt der Rolling Stones im Lausanne Palace war völlig verrückt. Der vierte Stock wurde ausschliesslich für sie geräumt und die Suiten ganz nach ihren Wünschen mit Bier, Glace, Kühlschränken und Klimaanlagen ausgestattet. Für Mick Jagger, der gerne raffiniert und gut isst, musste alles Bio sein. Wir wussten sogar, welche Lakritzbonbons er am liebsten mag! Da unser Gastronomierestaurant geschlossen war, ging Jagger mit seiner Frau, seiner Tochter May und seinen drei Bodyguards in die Brasserie Grand-Chêne. Ich war angenehm überrascht von seiner freundlichen, höflichen Art. Ausserdem spricht er sehr gut Französisch. Nachdem sie sich gesetzt hatten, bestellte er eine Fischsuppe und seine Begleiterinnen Miesmuscheln – ganz einfache Menüs. Für Keith Richards, der am anderen Ende des Restaurants sass, musste es schon etwas deftiger sein. Er orderte einen Teller mit Wiener Schnitzel, Nieren und Senf. Draussen hatte sich eine riesige Menschenmenge angesammelt, so etwas hatten wir noch nie gesehen. Da wir am Abend des Konzerts unmöglich frei nehmen konnten, haben wir einen Tisch auf dem Dach des Hotel aufgestellt und dort mit einem guten Glas Wein dem Konzert gelauscht, das in der ganzen Stadt zu hören war.» | Finanz und Wirtschaft LU X E | 37 A L LTAG S K U N S T | P O S T F O S S I L | von Francesca Serra DAS DESIGNER-KOLLEKTIV POSTFOSSIL BESCHÄFTIG SICH MIT ÖKOLOGIE UND LEBENSSTIL. SEINE ENTWÜRFE FÜR ALLTÄGLICHES WIE ESSEN UND TRINKEN ZEIGEN, WIE GROSSARTIG BESCHEIDENHEIT SEIN KANN. Essthetik der Zukunft U nsere Ernährungsgewohnheiten sind im Wandel. Während es früher vor allem darum ging, die Zutaten zu kennen, möchte man heute wissen, woher die Nahrungsmittel kommen und wie sie produziert werden. Der Wunsch «lokal zu essen» verbreitet sich schnell, und selbst New Yorker nutzen ihre Dachgärten für den Gemüseanbau. Die Trattoria Menschen haben das imUtopia : Ein entwurf für mer stärkere Bedürfnis, die Küche sich autark zu verpflegen. der Zukunft, Ethische und biologipräsentiert an sche Anliegen bewirken der Möbelmesse eine Neuorientierung der Mailand 2011. Nahrungsmittelindustrie, die leider oft ökologische Argumente missbraucht, um bei den Konsumenten Sympathiekapital zu äufnen. Dieses ärgerliche Verhalten wird auch «Greenwashing» oder «Grünfärberei» genannt. Auch Designer beschäftigen sich mit Umweltaspekten. So das Kollektiv Postfossil, dessen Gründung im Jahr 2007 nicht auf irgendwelchen Vorwänden, sondern auf einer ehrlichen Infragestellung beruhte. Absolventen der Schule für Industriedesign Aarau taten sich zusammen und kreierten ein Ideenlabor, um über Ökologie und Ressourcenproblematik nachzudenken. Gegründet in einer Epoche der technologischen Abhängigkeit von fossilen Energien und der zu Ende gehenden Vorräte natürlicher Ressourcen, beschäftigt sich die talentierte Designergruppe intensiv mit dem Leben nach dem Erdöl. Die Mitglieder möchten unseren Lebensstil beeinflussen, wobei Verantwortung nicht lediglich einer der Aspekte ist, sondern der eigentliche Ausgangspunkt. Sie beschränken sich nicht auf Experimentaldesign, indem sie alternative Materialien und ökologische Produk38 | Finanz und Wirtschaft LU X E usw. verwendet werden. Thomas Walde hat mit Phantasie und Können Gabeln rund ums Thema Zeit gestaltet. Während eine Serie von Gabeln in aufsteigender Grösse zum langsamen Genuss, zur Entschleunigung animieren, entpuppt sich eine andere Kollektion als ideales Take-away-Besteck. Tatsächlich steht gemäss einer Food-Styles-Studie vom deutschen Zukunftsinstitut Fastfood bezüglich Geschmack und Nährwert vor einem grossen Wandel. PSYCHOGASTRONOMIE Unsere Ernährung wird von unterschiedlichen Traditionen geprägt. Thomas Walde hat sich mit der Geschichte von Küchengeräten befasst und festgestellt, dass deren Anwendung eng mit kulturellen Be- sonderheiten verbunden ist. So werden in der asiatischen Küche Messer ausschliesslich in der Küche und nie bei Tisch benutzt. Seine handwerklich hergestellten Geräte sind ergonomisch, benutzerfreundlich und sollen auch zu neuen Verhalten motivieren. Der übergrosse Löffel lässt uns schmunzeln, die Gabeln mit den runden und gewundenen Zähnen machen das Essen von Fleisch zum schwierigen Unterfangen. Esst weniger Fleisch, ist die Botschaft. Florian Hauswirth hat Gefässe für Wein und Wasser gestaltet, die wie eine grosse, in zwei Hälften geschnittene Flasche aussehen. Sie fordern uns indirekt auf, Wasser besser vom Hahnen als aus der Flasche zu konsumieren. Die Double Facette ist ein auf Dualität und Komplementarität beruhen- des Konzept. Die Verbindung von Keramik und Holz sorgt ausserdem für viel visuelles und taktiles Vergnügen. Die Änderung des Alltags basiert auch auf dem intensiveren Dialog zwischen Benutzer und Objekt, ist es doch die persönliche Erfahrung, die uns mit einem Gegenstand verbindet. Diese Kreationen verkörpern Visionen einer nahen Zukunft. Und da Essen und Trinken ein wichtiger Teil unseres Alltags sind, ist es besonders erfreulich, dass die Gegenstände von Postfossil witzig sind und unser Schönheitsbedürfnis befriedigen. Wie der Fruchtbehälter Trèfle, der Utopie und Chance oder der Kreisel Save our souls, der Zukunft versinnbildlicht. Gestaltet von Designern mit und für die Zukunft. | i Schachfiguren aus Marmor und Holz. s Porzellankegel von Christine Birkhoven. tionsmethoden verbinden, sie haben das Ziel, mit ihren Objekten beim Konsumenten Verhaltensänderungen zu provozieren DIE KÜCHE, DER ORT DER BEGEGNUNG Visionär verschlungen für den Weg zu einer Ernährung ohne Fleisch: Die Gabeln Critical Design. Letzten Frühling brillierte Postfossil im Showroom Ventura Lambrate an der Mailänder Möbelmesse mit dem Projekt Trattoria Utopia, die man auch als den «idealen Ort der Begegnung» umschreiben könnte. Die Trattoria ist ein unprätentiöser Raum, bestückt mit innovativen, einfachen Gegenständen des Wohnens und des Essens. Die Porzellankegel von Christine Birkhoven, deren leuchtend weisses Äussere mit der inneren naturfarbigen Lasur kontrastiert, sind nicht nur schön und witzig – sie erinnern an Frittentüten –, sondern können multifunktionell als Vasen, Früchteschalen Finanz und Wirtschaft LU X E | 39 A B S I N T H | R E I S E I N D E N J U R A | von Francesca Serra Zaubertrank der Boheme 3 Pierre-André Delachaux hat aus den von zahlreichen Künstlern für ihn entworfenen Etiketten eine erstaunliche Privatsammlung aufgebaut, die bisher noch nie ausgestellt wurde. 2 1 4 2 5 6 3 DER NAME IST EIN MYTHOS. ABER NUR WENIGE KENNEN SEINE TURBULENTE GESCHICHTE. GEBURTSSTÄTTE DER GRÜNEN FEE, WIE DER ABSINTH AUCH GENANNT WIRD, IST DAS SCHWEIZERISCHE VAL DE TRAVERS, GENAUER COUVET, WO HENRY-LOUIS PERNOD (1797), DER BEGRÜNDER DES PERNOD-RICARD-IMPERIUMS, DIE ERSTE ABSINTH-BRENNEREI BETRIEB. D as Getränk ist geografisch so fest verwurzelt, dass man ihm den Übernamen «Milch des Jura» gab. Pierre-André Delachaux, Geschichtsprofessor, Mitbegründer und Präsident der Openair-Kunstausstellung Môtiers art en plein air, ist mit dieser Tradition und den damit verbundenen Legenden gross geworden und gilt als eine Koryphäe auf dem Gebiet des Absinth. Er hat in einer umfangreichen Bibliografie das Zusammenwirken der Elemente, die den Mythos der Bitterspirituose begründen, durchleuchtet. VOM DER MEDIZIN ZUM APERITIF Aus dem Heilmittel gegen Malaria ist im 19. Jahrhundert ein angesagter Aperitif geworden, der von Toulouse-Lautrec, Degas, Van Gogh und Picasso salonfähig gemacht wurde. Sie tranken die grüne Fee nicht nur, sie verkörperten sie geradezu. Absinth war eindeutig ein Künstlertrank, doch wie Delach40 | Finanz und Wirtschaft LU X E aux treffend präzisierte: «Absinth schafft keine Genies, er begleitet sie.» Anfang des 20. Jahrhunderts wurde ihm der Erfolg zum Verhängnis. Absinth wurde als Hauptursache der Trinksucht unter den Arbeitern verteufelt und zunächst in der Schweiz, dann in ganz Europa verboten. In privaten Kellern und anderen Verstecken destillierte man aber fleissig weiter. Im Jahr 2005 wurde er wieder legalisiert. Um diese Zeit der Schwarzbrennerei ranken sich haarsträubende Anekdoten, die heute bei einem Glas Absinth verschwörerisch und schon fast etwas nostalgisch erzählt werden und so den Mythos dieses ungewöhnlichen Getränks weiterspinnen. Richtigen Absinth findet man noch heute im Val de Travers, am besten bei einer Tour durch ein paar der neunzig kleineren und grösseren Distillerien. Angesichts des doch beträchtlichen Alkoholgehalts von 53 bis 77° sollte er allerdings in Massen ge- 1. Ernest Pignon 2. Plonk et Replonk 3. René Zäch 4. Pascal Pinaud 5. Ultra Violet 6. Robert Wyss 7. Amanda Lear 7 nossen werden. Besonders empfehlenswert sind Brennereien wie Guilloud, La Guilloutine, La Môtisanne, La Clandestine, La Valotte, La Petite Fée, La Nouvelle Fée Verte, La 2112 und La Tradition. Doch was macht den Trank abgesehen von diesen wohlklingenden Namen noch aus? GENUSSVOLLES RITUAL Im kollektiven Bewusstsein fest eingeprägt ist das Bild des früheren Trinkrituals. Aus einem Absinthbrunnen liess man einen feinen Wasserstrahl auf ein Stück Zucker fliessen, das auf einem gelochten oder geschlitzten Löffel lag. Der Zucker schwächte den bitteren Geschmack einiger Sorten ab. «Heute wird der Löffel vor allem zu Showzwecken für Touristen verwendet», erklärt Delachaux. Das Ritual sei aber noch lebendig, nur verzichte man dabei auf Schnickschnack. Man muss das Wasser einfach nur langsam auf den Absinth giessen und beobachten, wie sich die Flüssigkeit trübt und der harmonische Geruch der zehn Inhaltsstoffe – darunter Wermutskraut und der römische Wermut mit ihren stimulierenden Eigenschaften sowie Anis und Fenchel, die verdauungsfördernd wirken – aufsteigt. Wer nicht dazu kommt, einen kleinen Abstecher in die malerische Neuenburger Region zu machen, der findet bei Caviar House & Prunier den traditionellen Artemisia. Das Absinth-Angebot soll übrigens demnächst erweitert werden. | El Toro Patentierter Ewiger Kalender. Automatikwerk. Gehäuse Rotgold 18 Karat mit blauer Keramiklünette. Wasserdicht bis 100 m. Erhältlich auch mit Lederband. U LY S S E N A R D I N S A - 2 4 0 0 L e L o c l e - S c h w e i z W W W . U LY S S E - N A R D I N . C O M T. 0 3 2 9 3 0 7 4 0 0 - i n f o @ u l y s s e - n a r d i n . c h Finanz und Wirtschaft LU X E | 41 Daniel Arsham & Snarkitecture «Dig» bei der Galerie Store Front for Art and Architecture, New York, 2011 D E S I G N | C H A M PA G N E R | von Emmanuel Grandjean das Gebäude, in dem sich The House befand, wurde von Promotoren gekauft. Sie haben das Haus niedergerissen und ein Building darauf gestellt. Sie arbeiteten auch für die Dance Compagnie von Merce Cunningham. Das hat sich ganz einfach ergeben. Merce hat meine Arbeiten in Miami gesehen und sich gedacht, dass mir eine Zusammenarbeit vielleicht gefallen würde. Es war unglaublich spannend, denn es war etwas ganz anderes, als ich es gewohnt war. In einem bestimmten Sinn steht Szenografie diametral gegenüber der Architektur, denn sie ist logischerweise eine kurzlebige Angelegenheit. Ich habe mit Merce bis zu seinem Tod vor zwei Jahren gearbeitet. Anschliessend war ich für die Truppe Robert Wilson sowie den jungen Choreografen Jonah Bokaer, einen ehemaligen Tänzer bei Merce, tätig. D aniel Arsham mag zwar noch nicht zu den bekanntesten zeitgenössischen Künstlern zählen, dennoch wurde er von Perrier-Jouët beauftragt, für die Prestige-Cuvée «Belle Epoque 1998» eine spezielle Verpackung zu entwerfen. Entdeckt wurde der Mann mit Tänzerfigur und samtweicher Stimme vom Pariser Galeristen Emmanuel Perrotin, der von Takashi Murakami über Maurizio Cattellan bis zu Xavier Veilhan eine Reihe von Künstlern im Portfolio hat, die bei Sammlern hohes Ansehen geniessen. Geboren in Cleveland, Ohio, aber aufgewachsen unter der ständig strahlenden Sonne von Miami hat Daniel Arsham eine sehr eigenständige Kunst entwickelt. Seine Werke zwischen Jugendstil und Modernität erzählen von der Beziehung des Menschen zur Natur, sie modifizieren Räume, schauen hinter Wände, erfinden Architekturen. Für Perrier-Jouët hat er die von Emile Gallé gestaltete Anemone der Perrier-Jouët-Flasche in einen Monolithen aus weissem Kunstharz graviert. Die durchbrochene Skulptur, von der nur 100 Exemplare hergestellt werden, sieht aus, als sei sie vom Laufe der Zeit erodiert worden. Die Besonderheit dieser Verpackung? Sie ist auch ein Kunstwerk, denn der Künstler hat eine Diptychon-Skulptur für zwei Magnum-Flaschen konzipiert, deren eine Hälfte der Käufer erhält, während die andere in den Kellereien von Perrier-Jouët in Epernay für die kommenden Generationen aufbewahrt wird. Eine Skulptur im Zeichen der Weitergabe, des Erbes, der vergehenden Zeit. Wie Champagner… Mister Arsham, hat die Idee, mit einem Champagnerhaus zusammenzuarbeiten, Sie auf Anhieb interessiert? Ich kannte die Marke nur flüchtig, das Design der Flasche war mir allerdings bekannt, ebenso die Tatsache, dass 42 | Finanz und Wirtschaft LU X E ZUR FEIER SEINES 200-JAHRE-JUBILÄUMS PRÄSENTIERT DAS CHAMPAGNERHAUS PERRIER-JOUËT EINE BESONDERE VERPACKUNG: EINE SKULPTUR DES AMERIKANISCHEN KÜNSTLERS DANIEL ARSHAM, DER SICH VOM LAUF DER ZEIT INSPIRIEREN LIESS. Courtesy OHWOW Gallery & Galerie Perrotin, Paris Prickelndes Kunstwerk Perrier-Jouët traditionell intensive Beziehungen zur Kunst pflegt. So war das Haus eng mit Gallé und dem Jugendstil verbunden. Dieser Künstler und seine Affinität zu Natur und Architektur haben mich seit jeher fasziniert. Ich war natürlich auch zu Besuch in der Champgne und habe die Keller besichtigt, wo die Champagner lagern. Dort ist mir die Idee gekommen, das Thema Zeit und Erbe zu bearbeiten und ein Werk zu gestalten, das zweigeteilt werden kann. Ein Teil bleibt im Keller in Epernay, der andere beim Sammler. Ihre Zeichnungen und Skulpturen sind eng mit der Architektur verbunden. Weshalb sind Sie Künstler und nicht Architekt geworden? Ich habe Architektur studiert, dann aber das Studium abgebrochen. Meine Arbeit liegt zwischen den beiden Bereichen. Dank dieser unscharfen Abgrenzung kann ich Dinge gestalten, Ideen in Form fassen, was ein Architekt nicht tun kann. Dies ist der Vorteil, Künstler zu sein. Was hat Sie für die Kunst motiviert? Ich weiss es nicht. Es war einfach etwas, das ich unbedingt machen musste. Für mich ist Kunst kein Beruf, sondern eine ständige Tätigkeit, eine Gewohnheit, mit der ich mein Geld verdiene. Was beeinflusst Ihre Arbeit mehr – Architektur oder Kunst? Selbstverständlich die Architektur. Aber ich fühle mich auch sehr nahe bei Künstlern wie Ed Ruscha oder John Baldessari. Nicht nur, weil beide Kalifornier sind, sondern weil sie mit Codes arbeiten, die ich kenne. Ihr Lieblingskünstler ist John Baldessari, was erstaunt, denn Ihre Kunst bezieht sich stark auf die Modernität. Ich hätte eher an Max Ernst gedacht. Ach, die Menschen erwarten oft, dass Künstler Werke bevorzugen, die ihrer eigenen Kunst ähnlich sind. Das ist aber nicht immer der Fall. Alle Ihre Werke sind weiss. Eine Referenz an die bevorzugte Farbe der modernen Architektur? Sagen wir so, ich kann keine Farben erkennen. Wirklich, keine einzige? Meine Wahrnehmung ist sehr begrenzt. Normale Menschen unterscheiden Millionen von Farbtönen. Für mich sind Grün und Rot genau das Gleiche. Aber ich kann sehr gut damit umgehen. Sie studierten Kunst an der Cooper Union in New York, sind aber dennoch nach Miami zurückgekehrt, wo es keine wirklich grosse Kunstszene gibt. Ich bin zwar in Cleveland, Ohio, geboren, aber Miami ist die Stadt, in der ich aufgewachsen bin. Natürlich hätte ich in New York bleiben können, aber die Konkurrenz ist dort hart. Ähnlich wie in Europa, ich würde zum Beispiel nie nach Berlin gehen. Ausserdem ist Miami nicht teuer, und es gibt dort viele Menschen, die zeitgenössische Kunst fördern und unterstützen. Wie etwa Magali de la Cruz, Besitzerin einer immensen Kollektion. | 100 Exemplare ausschliesslich bei PerrierJouët in Epernay erhältlich. Preis und Infos auf www.perrier-jouet.com Sie haben auch einen Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst in Miami geführt. The House, aber das ist schon lange her, etwa zehn Jahre. Hier habe ich den Galeristen Emmanuel Perrotin kennengelernt, der auf Besuch in Miami war. Er hat die Arbeiten gesehen und daraufhin mich und einige Künstler eingeladen, in Paris auszustellen. Er war mein erster Galerist. Und so haben Sie aufgehört, die Arbeiten anderer Künstler zu zeigen? Gezwungenermassen. Miami erlebte einen gigantischen Immobilienboom, und Finanz und Wirtschaft LU X E | 43 T I S C H S I T T E N | R AT G E B E R | von Olympia Wolff Sitz gerade! * Bernard von Muralt, «Lebensstil und Umgangsformen. Vom Umgang mit Menschen in einer Welt ohne Grenzen», LicorneVerlag, 224 Seiten www.courtoisiesavoir-vivre.ch «Z eige mir, wie du isst, und ich sage dir, wer du bist.» Wenn es um weltweit gültige Umgangsformen geht, zitiert Bernard von Muralt, Koryphäe in Sachen gute Manieren, mit Vorliebe den Gastrosophen Brillat-Savarin. Fakt ist, dass die Türen der Grossen dieser Welt denen fest verschlossen bleiben, die die massgebenden Codes nicht beherrschen. Wer nicht von Madame la Comtesse während eines Anlasses mit einem «Sitz gerade!» belehrt werden möchte, beachte dieses kleine Vademecum, das auf wertvollen Tipps des ehemaligen Protokollchefs der Eidgenossenschaft basiert, der heute als Stilberater und Autor* tätig ist. lich von selbst, dass man das Messer nicht in den Mund steckt oder ableckt, nicht am Tellerrand oder mit einem Stück Brot säubert. Am Schluss legt man das Besteck parallel auf den Teller (bei 3.15 Uhr). Gesellschaftliches Zusammensein ist auch bei Tisch eine grosse Kunst. Die Höflichkeit verlangt, dass man seinem Tischgenossen nicht zu nahe kommt und ihm genügend Raum lässt. Die Hände ruhen neben dem Gedeck oder gefaltet auf dem Tisch. Man führt das Besteck zum Mund, man beugt den Kopf nicht vor. Todsünden: den kleinen Finger spreizen, den Teller schräg halten, um die Suppe auszulöffeln, Füsse ums Stuhlbein schlingen. ZU TISCH GEHEN Bei dieser ersten Etappe wäre ein Fauxpas ein definitiv schlechtes Omen. Treffen Sie pünktlich, elegant gekleidet, angenehm duftend und sauber manikürt ein. Sie setzen sich erst dann, wenn sich alle Gäste am Tisch versammelt haben. Herren halten die Stuhllehne ihrer Nachbarin. Steht eine Dame auf, deuten sie als Zeichen ihres Respekts eine Erhebung an. Man sitzt gerade, zwischen Rücken und Lehne einen kleinen Abstand einhaltend. Zigaretten und Handys sind strikte verboten. 44 | Finanz und Wirtschaft LU X E So war es früher: Wagte es der Gast, den Salat zu zerschneiden, legte sich lähmende Stille über die mondäne Gesellschaft. Was für ein ignoranter Rüpel, so das Urteil der indignierten Gästeschar. Heute, im 21. Jahrhundert, ist dies kein Fauxpas mehr, so unser Stilfachmann, auch er selbstverständlich mit der Zeit gehend. Der Grund für die Empörung war durchaus plausibel: Im Kontakt mit der Vinaigrette, die die grünen Salatblättchen benetzte, oxidierte das Silbermesser. Heute ist das Besteck rostfrei, weshalb das nicht immer mundgerechte Rohgemüse ohne weiteres zerschnitten werden darf. Man beginnt mit dem aussen liegenden Besteck und arbeitet sich zum Teller vor. Benutzt man nur die Gabel, hält man sie mit der rechten Hand. Mit ihr zerteilt man Gemüse, Blätterteiggerichte, Eier und Kuchen. Wird sie gleichzeitig mit dem Messer verwendet, so liegt sie in der linken Hand, die Gabelzinken schauen nach unten. Das Messer benutzt man ausschliesslich mit der rechten Hand, indem man ein Stückchen aufs Mal schneidet (z.B. Fleisch). Es versteht sich natür- Bezüglich Falten der Serviette bedeutet Einfachheit Eleganz. Die Gastgeberin drapiert sie also nicht im Glas, sondern legt sie in die Mitte auf oder links vom Teller (in Italien rechts). Sobald man Platz genommen hat, entfaltet man die Serviette ohne Hektik und legt sie auf den Schoss. Vor und nach dem Trinken betupft man sich die Lippen. Gleitet sie auf den Boden, hebt man sie in aller Diskretion auf. Wirklich gar nie legt man sie auf den Stuhl, die Rücken- oder die Armlehne. Nach dem Essen zerknüllt man sie nicht zu einem Lappen, sondern faltet sie locker zusammen und legt sie links neben den Teller. Illustration: Nicolas Zentner f SALAT ZERSCHNEIDEN HEUTE O. K. ÜBER DEN KORREKTEN GEBRAUCH DER SERVIETTE WIE MAN MIT DEM BESTECK UMGEHT p Rue des Archives HÄNDE UND HALTUNG DAS ESSEN BEGINNT AM SCHLUSS DES ESSENS Selbstverständlich wartet man, bis allen Gästen serviert ist und die Gastgeberin mit dem Essen beginnt. Man vermeidet es, «guten Appetit» in die Runde zu rufen, dies wäre unfein, weil zu familiär. Präsentiert man Ihnen die Platte, bedienen Sie sich beider Bestecke. Halten Sie Mass, grosse Portionen auf den Teller laden ist unschön und unhöflich. Wenn Sie einen Toast anbringen, stossen Sie nicht an, sondern begnügen sich damit, lächelnd das Glas zu heben. Erst wenn die Gastgeberin das entsprechende Zeichen gibt, indem sie aufsteht oder die Gäste zum Kaffee in den Salon bittet, dürfen auch Sie sich erheben. Wieder halten Sie die Stuhllehne Ihrer Nachbarin zur Rechten fest und stellen den Stuhl durch leichtes Anheben zurück. Es ist schlechter Stil, sich lauthals für das gelungene Essen zu bedanken. Komplimente dieser Art machen Sie der Gastgeberin persönlich, zum Beispiel beim Abschied. Erstes holt man sich die Vorspeise, dann das Hauptgericht, ein Vermischen der Gänge wäre unhöflich. Der Vorteil: Man darf sich ungeniert zweimal bedienen. Es ist sehr ungezogen, den Teller bis zum Rand zu laden. Die Regel ist, dass man alles isst, was man sich selbst serviert hat. Man darf durchaus stehend essen, zerschneiden tut man aber auf dem Tisch. Für den Nachschlag oder den neuen zweiten Gang besorgt man sich, wenn möglich, einen frischen Teller. SMALLTALK NO-GOS Konversation bedeutet nicht Plauderei. Beim Diner geht es um Zuhören, Reflektieren und Takt. Der Gastgeber schneidet das Thema an, führt durch die Diskussion und sorgt, so nötig, für Harmonie. Vertreten Sie ruhig Ihre Meinung, aber seien Sie nicht kategorisch. Unterhalten Sie sich mit beiden Tischnachbarn, auch wenn Ihnen der eine besser gefällt. Absolut tabu sind Themen wie Geld, Krankheit, vergangene Abendgesellschaften. Wenn Sie wieder eingeladen werden möchten, sollten Sie diese Fehltritte unbedingt vermeiden: Herren ziehen das Jackett vor dem Essen nicht aus, machen ihre Nachbarin nicht plump an, fuchteln mit dem Besteck nicht in der Luft herum und bemühen sich um eine gemässigte Lautstärke. Damen verzichten darauf, das Make-up am Tisch aufzufrischen, vermeiden schweres Parfum und starren die andern Gäste nicht an. Und für beide Geschlechter gilt: keine Zahnstocher, kein unter dem Tischtuch verstecktes Schreiben von SMS, Ellbogen auf dem Tisch, kurz – sich wie zu Hause benehmen. | BUFFET Beim Buffet ist der Ablauf grundsätzlich ähnlich wie bei einem traditionellen Essen – Entree, Hauptgericht, Dessert. Als Finanz und Wirtschaft LU X E | 45 G E S C H E N K E | W U N S C H L I S T E | von Francesca Serra und Christel Flach MÄRCHENWELTEN SIE HABEN UNSER KINDLICHES UNTERBEWUSSTSEIN NACHHALTIG GEPRÄGT, STEHEN FÜR MORAL UND IDEAL, ABER AUCH FÜR MUT, SCHÖNHEIT, GLÜCK UND INTELLIGENZ, DENEN TÖDLICHE PFEILE, VERWÜNSCHUNGEN UND SPRECHENDE SPIEGEL NICHT WIRKLICH ETWAS ANHABEN KÖNNEN. IHRE FASZINATION IST UNGEBROCHEN. FÜR GROSSE KINDER EINE AUSWAHL VON DINGEN, WIE AUS DEM MÄRCHEN. 2 3 1 Tausendundeine Nacht Taus Tause htt h NAC T FÜR NACHT FÜ NACHT MUSS SCHEHERAZADE GEF SCHICHTEN, SCHICH SC CH LÜGEN UND INTRIGEN ERFINDEN, UM DEN DE EN ZORNIGEN ZO SULTAN ZU BESÄNFTIGEN. IN DER E ER KUNST KUNS K S DER VERFÜHRUNG IST DAS ZUVIEL DER FEIND DES GUTEN, EIN KOSTBARER DUFT ODER FEIN ZARTE SEIDE GENÜGT… ZA 1. Herrenschal Etro, Kaschmir, www.etro.com, 300 Fr. 2. Bedufter für ätherische Öle Jasmine by Stadler Form, Ultraschall-Technologie www.stadlerform.ch, 59 Fr. 3. Rote Seidentasche Shanghai Tang, Kollektion From China with love, www. shanghaitang.com, 218 $ 4. Eau de Parfum Honour Amouage men, Inspiration Madame Butterfly von Puccini, www.amouage.com, 206 € 46 | Finanz und Wirtschaft LU X E 4 Für jede einzelne Woche im Jahr. GESCHENKE | WUNSCHLISTE 1 2 4 3 Der gestiefelte Kater 5 48 | Finanz und Wirtschaft LU X E MIT FINESSE UND INTELLIGENZ GELINGT ES DEM GESTIEFELTEN KATER SEINE PLÄNE ZU REALISIEREN. GLÜCK, GELD UND LIEBE – DIE INGREDIENZIEN DES MAGISCHEN ACCESSOIRES. Die Patravi Calendar ist die erste Uhr in rundem Gehäuse, welche mit dem Manufakturwerk von Carl F. Bucherer ausgestattet ist. 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NIEMAND HÄTTE DER SMOKINGJACKE EIN SOLCHES SCHICKSAL VORAUSGESAGT, WAR SIE DOCH EIN EINFACHES KLEIDUNGSSTÜCK, DAS DER DISTINGUIERTE MANN AUSSCHLIESSLICH ZU HAUSE IM RAUCHERZIMMER TRUG. I n den viktorianischen Upperclass-Häusern war es üblich, dass sich die Herren nach dem Dinner ins Raucherzimmer zurückzogen, um dort dem Tabakgenuss zu frönen. Weil die Näschen ihrer Begleiterinnen empfindlich und die Männer selbstverständlich galant waren, zogen sich Letztere eine kurze Jacke über, um die Damen nicht mit Rauchgeruch zu inkommodieren. Der ebenso nonchalante wie kurzzeitig aktive König Edward VII. machte Schluss mit dieser vornehmen Sitte und behielt die Weste auch während des Dinners an. VOM SALON INS CASINO Damit löste er nicht nur eine Mode aus, sondern machte die Dinnerpartys zu einem weniger steifen Anlass. Bräuche und Moden sind vergänglich, Stil aber ist zeitlos. Der Smoking wurde zum obligatorischen Outfit in Spielcasinos, vor allem in Monte Carlo, und überquerte bald den Atlantik. Die Amerikaner, begeistert vom ungezwungenen Chic des Jacketts, nannten es Tuxedo, in Anlehnung an den Tuxedo Park Country Club von New York, wo der Smoking erstmals vorgeführt wur- 58 | Finanz und Wirtschaft LU X E de. In der Folge wurde das Dinner Jacket von Moderschöpfern neu interpretiert und modernisiert und gilt heute noch als die angemessene Bekleidung an Cocktailpartys und wichtigen Anlässen. Der kleine Gesellschaftsanzug, wie der Smoking auch genannt wird, ist der festlich-elegante Anzug des Mannes par excellence und ist ausschliesslich an Cocktailpartys, im Casino und an Abendanlässen zu tragen, an denen «Black Tie» verlangt wird. Man trägt ihn nie am Tag und erst back. Wie die moderne Uniform Jeans/ Hemd sich stark an den Fifties orientiert, ist auch der Smoking auf Nostalgiekurs. Jackett und Hemdbrust sind farbig und wirken ultimativ altmodisch. Brioni, seit Pierce Brosnan Lieferant von Mr. Bond, setzt mutig auf starke Farben – einzelne Elemente oder gar das ganze Stück –, behält aber die klassischen Schnitte. Der skandalumwitterte Tom Ford kleidet den Herrn in ein knallbuntes Velourssakko und bindet ihm eine extrabreite Schleife um. Dior Homme hat den Smoking überarbeitet und empfiehlt ein schlichtes, nachtblaues Ensemble mit weissem Hemd und Schleife. Bei Burberry ist die Jacke stark tailliert, die Fliege schmal, der Schnitt topaktuell in die Länge gezogen. Und der exzentrische Jean-Paul Gaultier hat das Konzept «James Blonde» ent- wickelt, ein verblüffender Mix von Sean Connery und Claudia Schiffer. Wer sich einen Smoking kaufen möchte, wählt mit Vorteil ein klassisches Ensemble. Es besteht aus einem kurzen, geraden, ein- oder zweireihigen schwarzen Jackett mit Satin- oder Seidenrevers. Die Hose mit Seidenbesatz (Galon) ist ebenfalls schwarz, das Hemd selbstverständlich weiss, d Ryan Gosling trägt möglichst mit Steham Filmfestival in kragen, auch wenn Cannes einen blauen Smoking von Salvamittlerweile der tore Ferragamo klassische Umlegekragen gestattet ist. a James Blonde: Die unverzichtbaJean Paul Gaultier re Schleife kann je von James Bond nach Mode und Geinspirierte Muse amDefilee der Winschmack individuell terkollektion 2011. beschaffen und ge- bunden sein. Die goldene Regel will, dass sie nicht breiter ist als die Distanz vom einen zum andern Auge. Der Kummerbund aus Seide ist das historische Relikt des Gilets. In den USA fester Teil des edlen Gewands, ist die Leibschärpe hierzulande weniger üblich. Bei den Schuhen gibt es keinerlei Kompromisse. Zum Smoking trägt Mann auf Hochglanz poliertes schwarzes Schuhwerk, idealerweise in Lackversion. Von der ursprünglichen Raucherweste bis zur Muse berühmter Modedesigner, die Geschichte des Smokings bleibt faszinierend. Sollte Hugh Hefners Pyjama das gleiche Schicksal beschieden sein, dann, meine Herren, werden Sie nicht darum herumkommen, an grossen Anlässen Ihren schönsten Morgenmantel umzulegen. | – einer ist die Verleihung des Nobelpreises. Neben Frack und Smoking unterscheiden die Dresscodes noch den Strassen- und den dunklen Anzug. Wer sich also an das Protokoll halten möchte, muss leider selbst an der Hochzeit seines besten Freundes darauf verzichten, als James Bond aufzutreten. In Sachen Smoking ist James Bond die Referenz. Er hat dem Abendanzug formellen Chic und eine Prise Lässigkeit verliehen und so dazu beigetragen, dass das Dinner Jacket bis heute glanzvoll überlebt hat. Film- und Modemythos im Gleichschritt sozusagen. AUF NOSTALGIEKURS Obwohl der Smoking ein nach strengen Regeln und Vorgaben gearbeitetes Ensemble bildet, lässt er doch genügend Raum für Neuinterpretationen. Alle bedeutenden Modehäuser sind es sich schuldig, den Smoking in ihrer Kollektion zu führen, was seine Exklusivität in keiner Wei- – Der Smoking scheut das Sonnenlicht ausser es ist der Sonnenaufgang nach einer durchfeierten Nacht. – nach Sonnenuntergang. Der Frack (auch Schwalbenschwanz genannt) ist der feierlich-formelle Herrenanzug. Diesen grossen Gesellschaftsanzug zieht Mann an, wenn eine Einladung mit dem Vermerk «White Tie» versehen ist. Allerdings gibt es nur noch wenige Anlässe, an denen ein solch edles Stück getragen werden muss se beeinträchtigt. Im Gegenteil: Der wahre Luxus ist im Detail erkennbar, jeder Couturier verleiht dem Anzug einen besonderen Touch, verändert allenfalls diskret den Schnitt, macht ihn zum Repräsentanten seines Labels. Diese Saison feiert die Fliege auch im Alltag des Modebewussten ein ComeFinanz und Wirtschaft LU X E | 59 AC T U | PA S S É - P R É S E N T | par David Chokron IN STA MA TIC VON LAUSANNE NACH L.A., VON SNOW WHITE ZU CASINO ROYALE. MÄNNLICH UND VERWEGEN GIBT SICH DER VON PIAGET ZUM NEUEN MARKENBOTSCHAFTER ERKORENE SCHAUSPIELER CARLOS LEAL. EINE BILDGESCHICHTE VOLLER SPANNUNG UND BEGEHREN. CARLOS LEAL Mantel: Dior Hemd: Lavin Fliege: Dries van Note Hose: Zegna Uhr: Piaget Emperador Coussin, ultraflaches Automatikwerk, ewiger Kalender, retrograde Anzeige, Gehäuse in Weissgold, Alligatorenband ELISABETH Kleid: Chanel Ohrringe: Piaget Possession, Rotgold mit Diamanten Ring: Piaget Possession, Weiss- und Rotgold mit Diamanten 60 60 | Finanz | Finanz undund Wirtschaft Wirtschaft LU X LU E XE Finanz und Wirtschaft LU X E | 61 AC T U | PA S S É - P R É S E N T | par David Chokron Ring: Piaget Magic Gardens, Rosenmotiv in Weissgold mit Diamanten 62 | Finanz und Wirtschaft LU X E CARLOS LEAL: Veston: Dolce & Gabbana Pullover: Dior Hose: Zegna Uhr: Piaget Polo Forty Five, Chronograph mit Flyback, Automatikwerk, zweite Zeitzone, grosses Datum, Gehäuse aus Titan und Stahl, Kautschukband Pelz: Fendi Ohrringe: Piaget Possession, Weissgold mit Diamanten Finanz und Wirtschaft LU X E | 63 AC T U | PA S S É - P R É S E N T | par David Chokron Tunika: Phillip Lim Lingerie: La Perla Schuhe: Yves Saint Laurent Ohrringe : Piaget Possession, Rot- und Weissgold mit Diamanten 64 | Finanz und Wirtschaft LU X E Finanz und Wirtschaft LU X E | 65 AC T U | PA S S É - P R É S E N T | par David Chokron Anzug: Paul Smith Hemd: DSQuared Krawatte: Paul Smith Einstecktuch: Epicé Uhr: Piaget Polo Tourbillon Relatif, Handaufzug, fliegendes Tourbillon am Ende des Minutenzeigers, Gehäuse in Rotgold, Alligatorenband 66 | Finanz und Wirtschaft LU X E Mantel und Kleid: JP Gaultier Schuhe: Fendi Ohrringe: Piaget Possession, Weissgold mit Diamanten Uhr: Piaget Dancer, ultraflaches Handaufzugwerk, Gehäuse und Band in Weissgold Akteur: Carlos Leal Fotograf: Marc Ninghetto Post-Produktion: Karim Nassar Haare & Make-Up: Francis Ases Styling: Pascale Hug Model: Elisabeth Reale @ Time Model AD: Nicolas Zentner DANK: Renaissance Zurich Tower Hotel Finanz und Wirtschaft LU X E | 67 MAKING OF INSTAMATIC Samstag, 8. Oktober. Impressionen vom Shooting mit Carlos Leal im Hotel Renaissance im Mobimo Tower in Zürich. IVANHOE BLACK Kollektion Varius Stolz vertritt der Varius Ivanhoé Black von Caran d'Ache das Erbe des mythischen Ivanhoe. Er verkörpert die raffinierte Allianz zwischen Hightech und Handwerks kunst in Swiss made Qualität. Die tiefschwarze Farbe und das fein geflochtene, PVD-beschichtete Stahlkleid enthüllen seine Kraft und Eleganz. carandache .com Finanz und Wirtschaft LU X E | 69 AC T U | PA S S É - P R É S E N T | par David Chokron H OT E L | B E R G W E LT | von Vincent Gillioz Luxus fern vom Trubel DIE BERGHOTELLERIE STECKT IM WANDEL. AUSSERGEWÖHNLICHE UNTERKÜNFTE, DIE UMWELTBEWUSSTSEIN UND LUXUS, ALTES HOLZ UND MODERNES DESIGN VERBINDEN, SIND GEFRAGT. EIN KLEINER ÜBERBLICK ÜBER BESONDERS SEHENSWERTE ORTE IN DEN SCHWEIZER BERGEN. K ein Zweifel, bei einer nach Exklusivität dürstenden Kundschaft führt weiterhin nichts an St. Moritz, Gstaad, Crans-Montana und Zermatt vorbei, schliesslich sind sie die Aushängeschilder für feudale Wintersportorte. Daneben aber nehmen alternative, rustikalere, aber nicht weniger luxuriöse Destinationen in der Schweizer Tourismuslandschaft einen immer wichtigeren Platz ein. Wer früher nach Ruhe und Abgeschiedenheit trachtete, musste schwer zugängliche Orte, Sockengeruch und mühseliges Holzfs Alpin und modern holen in Kauf nehdie Whitepods sind men. Das hat sich igluähnliche Luxuszelte geändert. Heuauf der Alp Chindonne te kann man auch in Les Giettes. an abgelegenen Orten einen Aufenthalt fern vom Trubel und im Einklang mit der Natur verbringen, ohne auf ein gehobenes Standing zu verzichten. Seit einigen Jahren erstrahlen Weiler, Alphütten und Berghotels in neuem Glanz. Ihr Credo: Authentizität und Umweltbewusstsein. Das Hameau les Clèves, Montagne Alternative, das Hotel Guardaval, das Grimsel-Hospiz und die Whitepods wollen ihren Gästen alle eine echte, fast spirituell Rückzugsmöglichkeit zum Relaxen bieten. Meist gehören auch Wellness, lokale Gastronomie und ruhige Sportarten wie Wandern zum Angebot. Die oft am Rande von grossen Wintersportorten gelegenen unkonventionellen Unterkünfte entsprechen einem Bedürfnis der heutigen Gesellschaft nach einer unverfälschten, aussergewöhnlichen Umgebung, in der es sich wunderbar erholen und entspannen lässt. CHALETS IN NENDAZ Eric und Corinne Mariéthoz haben dieses Bedürfnis erkannt. Beide haben ihre Karriere in der Tertiärwirtschaft an den Nagel gehängt, um das Hameau les Clèves oberhalb des Walliser Dorfes Nendaz wieder zum Leben zu 70 |70Finanz | Finanz undund Wirtschaft Wirtschaft LU X LU E XE erwecken. «Uns wurde plötzlich bewusst, dass wir in den sechs Jahren unserer Ehe nur einen Monat zusammen verbracht haben», sagt der gebürtige Walliser Eric. «Wir haben versucht, etwas aufzubauen, das den Lodges in den kanadischen Bergen nahekommt.» 2006 kaufte das Paar die Skibar am Rande der Piste. Das Geschäft lief und veranlasste sie, nur wenige Meter weiter ein Hotel zu erstehen. Heute kümmern sie sich um 27 auf vier Gebäude (zwei Mazots, ein Chalet und ein Hauptgebäude mit Restaurant) verteilte Betten. Der Weiler, zu dem im Winter keine einzige Strasse führt, könnte fast als kleines Zermatt durchgehen. Ein Hotelangestellter holt die Gäste mit einem pittoresken, aber geheizten Raupenfahrzeug auf dem Parkplatz ab. «Wir halten unsere Gäste an, mit ihrem Fahrzeug auch ihre Sorgen unten zu lassen, damit sie unseren aussergewöhnlichen Ort auch in vollen Zügen geniessen können», erklärt der Besitzer, der jedem einzelnen Gast einen ganz persönlichen Service bietet. Das kann ein Catering im Chalet, ein gastronomisches Menü im exklusiv den Gästen vorbehaltenen Restaurant oder die Erfüllung eines anderen Spezialwunsches sein. Wer die Tür zu einem der schmucken Mazots aufstösst, fühlt sich augenblicklich zu Hause. Im Kamin knistert ein Feuer, und in einem Eiskübel steht eine gute Flasche Weisswein aus der Region. Eine Nespresso-Kaffeemaschine und eine HiFinanz und Wirtschaft LU X E | 71 H OT E L | B E R G W E LT Fi-Anlage von Bang & Olufsen vervollständigen die puristische, gepflegte Ausstattung. Und natürlich fehlt auch der Aussenwhirlpool nicht. In der von einem Finalisten des MasterChef-Wettbewerbs geleiteten Küche wird mit Produkten aus der Region gekocht. «Die Gerichte sind einfach und authentisch, und die Qualität der Zutaten wird grossgeschrieben.» Statt den ewig gleichen Aufschnittteller und Käseschnitten serviert die Skibar Toasties. Und im Restaurant wird auch schon mal ein Wolfsbarschfilet zusammen mit einem grossen Herens-Steak gereicht. RESPEKT VOR UMWELT UND TRADITION Während Clèves doch ziemlich abgelegen und ohne Ski nur schwer zu erreichen ist, setzen andere bewusst auf die Nähe zu den Wintersportorten, wahren dabei aber doch eine gewisse Distanz. So das Gästehaus Montagne Alternative, das Luxusunterkünfte im Commeire-Weiler anbietet. Auf einem Steilhang oberhalb von Orsières überragt das charmante Berghotel das Tal unterhalb des GrossenSt.-Bernard-Passes. Die fünf unverfälschten, sorgfältig renovierten Schuppen bieten Platz für bis zu 24 Personen. Auch hier sind den Wünschen der Gäste keine Grenzen gesetzt. Privatmiete mit Cateringservice ist genauso möglich wie ein eigener Koch oder Speisen am Gästetisch. Nur rund 15 km entfernt liegen die kleinen Familienstationen Vichères, Le Chable, Champex, La Fouly und Bruzon. Ausserdem bietet sich an die Region für Ski- und Skischuhtouren. Ludovic Orts, Benoit Greindl und Eduardo Ramos, die belgischen Väter des verwegenen Projekts, sind ehemalige Kaderleute und Manager, die sich beruflich neu orientieren wollten. Sie kennen die Erwartungen der Kunden und bieten ihnen neben den üblichen touristischen Dienstleistungen auch Firmenseminare an, die von Unternehmen wie Nestlé oder Cartier regelmässig genutzt werden. Gäste, die sich hierher zurückziehen, um ihre Batterien wieder aufzuladen, können sich bei Massagen und Yogakursen entspannen. Ein besonderes Augenmerk wurde auf Umweltaspekte gelegt, die in den Baumaterialien und den Energiesystemen zum Tragen kommen. Ein dogmatischer Umweltaktivist sei er trotzdem nicht, betont Eduardo Ramos. «Wir machen uns lediglich Gedanken über unser Verhältnis zur Umwelt und zu den Mit72 | Finanz und Wirtschaft LU X E menschen. Die ökologischen Entscheidungen haben sich da aufgedrängt.» Die ganz besondere Atmosphäre, die das hundertjährige Holz ausstrahlt, findet sich auch im Bündner Maiensässhotel Guardaval direkt oberhalb von Lenzerheide wieder. Seine Holzstuben wurden mit viel Liebe und Sorgfalt renoviert und geschmackvoll im edel-rustikalen Stil eingerichtet. Sie vermitteln natürliche Alpenromantik mit modernem alpinem Lebensstil. Das atypische, von der Familie Gantner geführte Hotel verfügt über rund fünfzig auf zwölf alte Ställe und Hütten und das Hauptgebäude verteilte Zimmer. Im traditionsreichen Gourmet-Restaurant verwöhnt Sternekoch Karl-Heinz Schuhmair – 16 Punkte Gault Millau – mit seinen aus regionalen Produkten zubereiteten Köstlichkeiten die Gäste. i Im rustikalen und charmanten Hotel Guardaval lassen sich die Gäste vom sternengekrönten Koch verwöhnen und entspannen sich im einzigartigen Wellbeing-Bereich. GRAND CRUS IN 2165 M HÖHE Ausgefallene Übernachtungsmöglichkeiten findet man aber nicht nur in Alphütten, Maisensäss und Ställen. Auch ein Aufenthalt im imposanten Steinbau des Hospiz Grimsel ist ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Das von 2007 bis 2010 rundum erneuerte, zwischen zwei Staumauern im Berner Oberland gelegene Hotel ist eine Ruheoase, die im Winter nur per Seilbahn erreichbar ist. Unter der Federführung von Mark von Weissenfluh, dem auf Hotel- und Tourismuskonzepte spezialisierten Leiter der Grimselhotels, wurden die denkmalgeschützten Gemäuer des Hospiz Grimsel im Stil der Zwanzigerjahre neu designt und mit gehobenem Komfort ausgestattet. Genauso edel ist das Gourmet-Restaurant. Hier wird zu den exquisiten Speisen ein guter Tropfen aus dem mit 300 Grands Crus aussergewöhnlich gut bestückten Weinkeller kredenzt. Noch ausgefallener sind die Whitepods auf der Chindonne-Alp. Sie versprechen ein unvergessliches Erlebnis inmitten einer fast unberührten Natur. Dem Dents du Midi direkt gegenüber machen die igluähnlichen Luxuszelte vor dem atemberaubenden Alpenpanorama nun schon den dritten Winter in Folge Furore. Hier können Abenteuerhungrige und Naturfreunde für die Dauer eines Wochenendes zum Trapper werden, Schneeschuhwanderungen unternehmen oder auf einem Hundeschlitten durch die verschneite Landschaft fahren. Und auch auf gehobenen Komfort muss man in den auf den ersten Blick eher rudimentären Pods nicht verzichten, wenn man die paar Schritte zu Fuss bis zum Iglu in Kauf nimmt. Wer es gern originell mag, der kommt diesen Winter voll auf seine Kosten. Einige unerschrockene Unternehmer haben nämlich begriffen, dass sich auch die Luxushotellerie der sich wandelnden Nachfrage anpassen muss. Dass sie damit richtigliegen, zeigen die schon ziemlich vollen Reservationsbücher. Warten Sie nicht länger, sonst müssen Sie die Ferien womöglich in einem der strengen, schmucklosen Palasthotels verbringen! | www.hameaulescleves.ch www.montagne-alternative.com www.guardaval.ch www.grimselwelt.ch www.whitepod.com ii Montagne Alternative besteht aus fünf grossen, authentischen und luxuriösen Scheunen. i Die Gäste werden mit einem Raupenfahrzeug zum Hameau Les Clèves gefahren, wo sie gemütlichen Komfort und eine auf lokalen Produkten basierende Gastronomie geniessen. f Zwischen zwei Staumauern auf einem Felssporn garantiert das historische Grimsel Hospiz ein Erlebnis der besonderen Art. Ein imposanter Steinbau mit eleganter Einrichtung und einem überraschenden Weinkeller. Finanz und Wirtschaft LU X E | 73 S C H R E I B K U N S T | FA B E R - C A S T E L L | von Konrad Koch - Foto: Dominic Büttner Von Hand geschrieben DER GRÜNE BLEISTIFT FABER 9000 IST EINER DER BEKANNTESTEN MARKENARTIKEL DER WELT. IN ACHTER GENERATION IN FAMILIENBESITZ, PRODUZIERT DAS FRÄNKISCHE UNTERNEHMEN FABERCASTELL SEIT 250 JAHREN HOLZGEFASSTE STIFTE. NEBEN DIESEM KLASSIKER IST EINE PALETTE GEDIEGENER SCHREIB-, ZEICHEN- UND MALGERÄTE ENTSTANDEN, DIE BIS ZUM PERFEKTEN BLEISTIFT SOWIE DEM SAMMLEROBJEKT PEN OF THE YEAR REICHT. E Anton Wolfgang Graf von Faber-Castell mit seinem Lieblingsschreibgerät, dem Perfekten Bleistift. 74 | Finanz und Wirtschaft LU X E s waren wirre Jahre um 1761, die Chronisten später den Siebenjährigen Krieg nennen werden. Chevalier de Chavigny, Gesandter des französischen Königs in Solothurn, ermahnte die Eidgenossenschaft, «tranquillité publique» zu wahren und sich aus fremden Händeln zu halten. Frankreich und England fochten zusammen mit ihren Verbündeten in deutschen Landen um die koloniale Weltvormacht. Bereits in den ersten Kriegsjahren musste Salomon Sprecher von Bernegg, Spross eines altadligen Bündner Geschlechts, als österreichischer Befehlshaber die Garnison von Breslau den Preussen übergeben. Zu seiner Ehre: Es war eine diplomatisch verordnete Kapitulation. Kaiserin Maria Theresia erteilte ihm Satisfaktion. Es war auch die Zeit, in der im Dörfchen Stein bei der deutschen Reichsstadt Nürnberg der Schreiner Kaspar Faber sich mit einer kleinen Werkstatt als Bleistiftmacher selbständig machen konnte. Was im Fluss der Geschichte eine Zufälligkeit ist – in einer Familiensaga ist es Fügung. Acht Generationen später feiert in diesem Jahr der zum Weltkonzern ge- wachsene deutsche Schreibgerätehersteller sein 250-jähriges Firmenjubiläum. Geleitet wird das Familienunternehmen von Anton Wolfgang Graf von Faber-Castell. Seine Mutter Katharina ist eine von Sprecher-Bernegg aus dem bündnerischen Maienfeld und eine direkte Nachfahrin von Salomon. DER ERSTE MARKENBLEISTIFT Aus dem Handwerksbetrieb des Vaters machte Sohn Anton Wilhelm in Stein bei Nürnberg eine florierende Manufaktur. Bis heute ist dort der Stammsitz der Firma. 1839 übernahm in vierter Generation Lothar Faber den väterlichen Betrieb und modernisierte ihn, seinem unternehmerischen Credo folgend: «Das beste Mittel, sich über die Konkurrenz zu schwingen, ist die Qualität des Fabrikats.» Für seine Zeit revolutionär, kennzeichnete er seine Bleistifte mit dem Firmennamen «A.W. Faber» und dem Zusatz «fabrique fondée 1761» und schuf damit das erste Markenschreibgerät. Für seine wirtschaftlichen und sozialen Verdienste wurde er von König Maximilian II. von Bayern in den erblichen Freiherrenstand erhoben. SeiFinanz und Wirtschaft LU X E | 75 S C H R E I B K U N S T | FA B E R - C A S T E L L ne Enkelin Ottilie heiratete 1898 Alexander Graf zu Castell-Rüdenhausen, der aus einem der ältesten deutschen Adelsgeschlechter stammte. Er übernahm die Geschäftsleitung. Die testamentarische Verfügung von Lothar, dass der Firmen- und der Familiennamen Faber zu erhalten seien, führte dazu, dass das Adelshaus Castell zu seinen zwei Linien Castell-Castell und Castell-Rüdenhausen die neue der Grafen von Faber-Castell zufügte. Anton Wolfgang Graf von Faber-Castell steht einem der ältesten Industrieunternehmen der Welt vor, das in seinem 250. Firmenjahr einen Umsatz von 538 Mio. € erwirtschaftet. Der Blick zurück ist für den Grafen, wie er sagt, immer ein Messen an der Maxime von Freiherr Lothar von Faber, an dessen kluger Tat, sich von der anonymen Massenware zu differenzieren und sich durch unnachgiebiges Streben nach Qualität als Markenartikelhersteller zu profilieren. ADEL VERPFLICHTET Gegen mächtig expandierende Konkurrenten musste das Haus Faber-Castell in der Vergangenheit Bestand halten und steht heute gerade wegen dieser ständigen Herausforderung erfolgreich da wie noch nie – und auch erfolgreicher als viele der Mitbewerber. «Wenn man ein Familienunternehmen bleiben will», erklärt der Graf und zitiert dabei aus dem Stammbuch der Casteller, die auf 27 Generationen mit 950 Jahren Geschichte WOHNEN DIREKT AM ZURICHSEE – EIN SELTENES GUT o Graf von FaberCastell präsentiert den Jubiläumskoffer Art & Graphic. Die mit den bestenWerkzeugen zum Malen und Zeichnen gefüllte Schatulle ist auf 1761 Stück limitiert. s Der «Perfekte Bleistift» mit Spitzer und Stifthalter. durch Überheblichkeit, durch Unwissen, durch Profilierungssucht». Davor ist auch ein Familienunternehmen nicht gefeit, meint er selbstkritisch und stellt sich daher vor jedem Entscheid die Frage: Ist er sinnvoll für die nächste Generation? Über 2 Mrd. holzgefasste Stifte stellt Fa- «Man muss die Grösse haben, bescheiden zu sein!» zurückblicken, «muss man die Grösse haben, bescheiden zu sein.» Wachstum um jeden Preis steht nicht zur Debatte. Die Vorstellung gar, sich die Expansion über den Gang an die Börse zu finanzieren, weist er vehement von sich: «Dann hat man die Unabhängigkeit verloren.» Das Leben für die Marke und die Identität mit dem Unternehmen sind in einer dynastisch handelnden Familie stärker als in einem von Angestellten geführten Unternehmen, ist er überzeugt, «denn Unternehmen werden nicht von aussen zerstört, sondern von innen, 76 | Finanz und Wirtschaft LU X E ber-Castell jährlich her, was etwa einem Viertel der Weltproduktion entspricht. Der Konzern mit 14 Fertigungsstätten und rund 7000 Mitarbeitern weltweit ist dank eigener Forstbestände – es wächst mehr Holz darin nach, als für die Stiftefabrikation des Werks in Brasilien verbraucht wird – für umweltgerechte Produktion zertifiziert. Neben den Blei- und Farbstiften für Kinder, Schule und den grafischen und künstlerischen Bereich sind es auch Make-up-Stifte für weltbekannte Kosmetikunternehmen. Daneben werden Filzstifte, Markierer und in der Premium-Line Füller und Druckbleistifte sowie auch Accessoires um die Welt des Schreibens hergestellt. Die Graf von Faber-Castell. Collection steht für höchste Handwerkskunst. Der «Perfekte Bleistift» mit platiniertem Halter, integriertem Spitzer und Radiergummi ist das Lieblingsschreibgerät des Grafen, das er immer mit sich trägt. Dem Faber 9000 wurde im Jahr 2000 der Faber-Castell Grip mit seinen Noppen als Bleistift mit hohem Erkennungswert zur Seite gestellt. Ob aber aus dem Brot-und-Butter-Geschäft, wie der Graf die Stifte für den Bürobedarf nennt, oder aus den Luxuseditionen, sie alle müssen sichtbar ein Faber-Castell-Produkt sein, ebenso wie «eine Eiche Zehntausende von Blättern hat, jedes anders und doch jedes erkennbar ein Eichenblatt». Zuversicht, dass dem Faber-Castell-Stamm noch einige Jahresringe wachsen, gibt dem Grafen, dass im Touchscreen-Zeitalter eine Gegenbewegung festzustellen ist. Papier und Schreibgeräte sind in Schule und Büro, aber auch im künstlerischen Freizeitbereich und als Lifestyle-Insignien gefragt. Für die schnelle Niederschrift einer Idee, das skizzierte Festhalten eines Entwurfs, nichts ist eben so kommod wie Bleistift und Farbstift – und nichts so elegant wie die handschriftlich auf der Visitenkarte beigefügte Nummer des Smartphone! | Exklusiv leben direkt am Zürichsee 23 luxuriöse Wohnungen mit unverbaubarer Sicht auf den Zürichsee und in die Alpen, mit direktem Seezugang und privatem Wellness-, Spa- und Fitnessbereich, gestaltet von Buchner Bründler Architekten in einer Gartenanlage von enea landscape architects, an einem Wohnort mit höchster Lebensqualität – das Peninsula Beach House in Wädenswil. B e s u c h e n S i e u n s e re We b s i t e w w w. b e a c h - h o u s e . c h o d e r v e re i n b a re n S i e e i n e persönliche Beratung in unserem Showroom: [email protected] Tel. 044 680 15 05 Ein Projekt der Peach Property Group AG Finanz und Wirtschaft LU X E | 77 U H R E N | N E U H E I T E N | von Olivier Pasqual KÖSTLICH UND KOSTBAR EINFACHHEIT IST EINE HOHE KUNST. SCHLICHTHEIT, SYNONYM FÜR ULTIMATIVE ELEGANZ, VERBIRGT OFT EIN GROSSES KNOW-HOW UND EINE IMMENSE KOMPLEXITÄT. DIESE UHREN BESITZEN FINESSE, RASSE UND EINEN HAUCH MAGIE. f Panerai Luminor 1950 10 Days GMT Ceramica 44 mm, Mechanikwerk mit Automatikaufzug, Kaliber Panerai P.2003, wasserdicht 100 m, 17 100 Fr. Bulgari Octo Chronographe Quadri-Retro, Stahlgehäuse, Keramiklünette, ManufakturCloisonné-Zifferblatt, Armband Alligatorleder mit DreifachFaltschliesse, 25 000 Fr. 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Parmigiani Fleurier Kalpagraph, Automatikwerk, Chronographenfunktion, 100% Manufakturwerk, 55 Stunden Gangreserve, Gehäuse Roségold, schwarzes Zifferblatt, Hermès-Armband Alligatorleder, 31 000 Fr. Chopard L.U.C. Quattro, mechanisches Werk mit Handaufzug, vierfaches Federhaus, 9 Tage Gangreserve, Zifferblatt mit silbrig satiniertem Sonnenschliff, Armband handgenähtes braunes Alligatorleder, 22 650 Fr. IWC Portugaise Yacht Club Chronographe, mechanisches Chronographenwerk, Gangreserve 68 Stunden, Gehäuse 18 Kt. Rotgold, Ardoise-Zifferblatt, arabische Ziffern in 18 Kt. Rotgold, schwarzes Kautschukarmband, 25 500 Fr. Baume et Mercier Hampton, ManufakturAutomatikwerk mit Datum, Zifferblatt mit silbrig satiniertem Sonnenschliff, römische Ziffern, Armband Alligatorleder mit Dornschliesse, 8300 Fr. 80 | Finanz und Wirtschaft LU X E Finanz und Wirtschaft LU X E | 81 ZEITGEIST von Mathilde Binetruy & Michel Jeannot GESCHÜTZTE TIERART Diese Schildkröte kommt von weit. Die ersten Tessera-Mosaiken wurden auf Sizilien entdeckt und stammen aus der Zeit um 300 v. Chr. Kleine würfelförmige Glasstückchen ersetzten die Kieselsteine und wurden für Fresken, grandiose Decken- und Wandgemälde verwendet. Cartier hat diese hohe Kunst auf die menschliche Dimensionn reduziert. Entstanden ist ein Meisterwerk der Ge-duld, denn nicht weniger als 60 Arbeitsstunden und 1’167 Steinchen waren nötig, um das Motiv dieser Rotonde de Cartier zu kreieren. Cartiers Tierfamilie erhält damit Zuwachs. Das kostbare ür Reptil ist in einer auf 10 Stück limitierten Auflage für 128 000 Fr. erhältlich. Montre Rotonde de Cartier 42 mm, Steinmosaik mit Schildkrötendekor www.cartier.com UND ES WURDE LICHT Ein Meisterwerk wie aus einem Traumland. Die Twenty 4® «Torsade» aus Weissgold ist ein funkelndes Gebilde von verschieden geschliffenen Diamanten (Brillant, Baguette, Marquise) und Fassungen, die sich zu einer strahlenden Kompo-sition von Linien und Arabesken vereinigen. Wie beschreibt man diese Ode an das Licht mit ihren 2’279 Diamanten in diversen Fassungen (Neige, unsichtbar und geschlossen) von insgesamt 31,73 Karat. Es fehlen die Worte, die Uhr ist Magie pur.. Référence 4909/104G, Twenty 4® «Torsade», Unikat, 750 000 Fr. www.patekphilippe.com DREI FREUNDE IM WINTER Nach den aufsehenerregenden Serien Les Masques legt Vacheron Constantin La symbolique des laques auf und startet damit zu einem neuen Höhenflug der Uhrmacherei. Zôhiko, eine japanische Lackwerkstätte seit 1661, steht hinter dieser einzigartigen Kollektion. Die Handwerker von Zôhiko sind Meister des Maki-e, des «gestreuten Bildes». Bei dieser am höchsten entwickelten Lackkunst wird das Motiv mit feinem Gold- oder Silberstaub auf die feuchte Lackoberfläche aufgetragen. Magie, Können und Technik verbinden sich zu poetischen, unbeschreiblich schönen Kreationen. La symbolique des laques, Set mit drei Uhren «Trois amis de l’hiver», limitierte Auflage von 10 Sets, 290 100 Fr. www.vacheron-constantin.com VERFÜHRERISCHE ELEGANZ Der Name der Uhr – Arceau – ist Programm. Denn er beinhaltet alles, was Hermès präsentiert:: Design, Sattlerhandwerk, Pferdesport. Seit 1978 symbolisiert dieser Zeitmesser die unvergleichliche klassische Ästhetik und den zeitlosen Stil des Traditionshauses. Das Modell Arceau Fleurs m-d’Indiennes basiert auf dem Gehäuse der 41-mmModelle und ist sichtbar gewordene Magie. Auf dem emaillierten Zifferblatt wirkt der Zauber derr Farben, Blumen leuchten in einem intensiven Mixx se von seltenen, subtilen Farbtönen. Die ganz grosse Kunst. Arceau Fleurs d’Indiennes, limitierte Edition von 5 Exemplaren, 360 000 Fr. www.hermes.com A U TO | F E R R A R I | von Cristina d’Agostino 660 PS D ie Szene könnte aus einem Blake-Edwards-Film stammen. Die Begegnung eines Rassepferdes mit friedlichen, blumengeschmückten Rindviechern, die sich zum Alpabzug versammelt haben. Willkommen zum Gstaad Classic, dem Oldtimer-Rennen mitten im traumhaften Berggebiet. An diesem Tag steigt Gino Forgione, Konzessionär von Ferrari Genf, die Röte ins Gesicht, denn wegen einer Strafe hat er das Siegerpodest knapp verpasst. Aber der Chef von Modena Cars und Partner des Gstaad Classic, der das Rennen im eigenen Ferrari Dino absolviert hat, ist nicht eigentlich unglücklich, er freut sich mehr über andere, strategisch viel wichtigere Erfolge. Denn die ersten Ferrari FF sollen in Kürze in die Schweiz geliefert werden, und dabei steht einiges auf dem Spiel. Für 2011 sind insgesamt knapp hundert Wagen vorgesehen, 84 | Finanz und Wirtschaft LU X E über zwanzig sind in der Region Genf bereits fest bestellt. Ein vielversprechender Start für das jüngste Produkt aus dem Werk von Maranello. NEUES ZIELPUBLIKUM Der erste Ferrari mit Vierradantrieb, Turbomotor V12 und 660 PS ist ein echter Vierplätzer mit modulierbarem Kofferraum für das Weekend-Gepäck. Das ideale LuxusAllradfahrzeug für den Schweizer Markt, für Fahrten auf Schnee und im Gebirge. Die strategische Politik von Ferrari konzentriert sich vermehrt auf das Traumland der 4×4-Automobilisten und hat die Absicht, die Schweiz bevorzugt zu beliefern, zum Ärger anderer Länder in Europa. Das noble Gstaad Classic bot für Modena Cars den idealen Rahmen, Kunden und Interessenten zu einer Testfahrt des neu- en Ferrari FF zu laden. Der prestigereiche Event und die traumhafte Landschaft bildeten die Kulisse, um jeden Skeptiker zu begeistern. Die meisten Käufer eines Ferrari FF sind nicht ausschliesslich an einem Wagen der Scuderia interessiert. Das Gefährt wurde nämlich für ein neues Zielpublikum konzipiert, für die Schicht der Wohlhabenden, die auch Porsche im Visier hat. Der deutsche Autohersteller hat bereits angekündigt, dass er die Preisklasse von 300 000 bis 500 000 Fr. besetzen will. So kam es, dass Modena Cars Anfang September rund fünfzehn Automobilbegeisterte zum Aufstieg auf die Alp einlud, wo sie die Fahrzeuge testen und gleichzeitig das Gstaad Classics mitverfolgen konnten. Die Ankunft der Boliden – Lamborghini Super Leggera, Porsche Panamera S, Maserati 4200 und Mercedes SLS – war denn auch ein besonderes Erlebnis, die Anwesenden spürten, dass sie ein ganz spezielles Weekend erleben durften. Vor Ort die Verantwortlichen von Ferrari Suisse und Osteuropa sowie Verkäufer von Modena Cars. Nervosität liegt in der Luft, obwohl René Arnoux, Exchampion der Formel 1 und heute unabhängiger Berater von Modena Cars, am Steuer des neuen Ferrari FF sitzt und mit der Leistung seines Fahrzeugs sehr zufrieden scheint. Für den Event in Gstaad wurden als Avant-Premiere vier Modelle angeliefert. Das Basismodell ist ab 360 000 Fr. zu haben. Im diskretem Grau, Der Sitzkomfort ist die von Pininfarina designte Karosserie erstaunlich. Auf den ergonomischen Vorderdes Jüngsten der und Hintersitzen fühlt Scuderia. auf der Alp EIN SCHICKER NOBELORT, ALPENPÄSSE, ENGE KURVEN – ALLE BEDINGUNGEN WAREN GEGEBEN FÜR DIE PRÄSENTATION DES NEUEN FERRARI FF. DER ERSTE ALLRADANTRIEB IN DER GESCHICHTE DER SCUDERIA STARTETE IN GSTAAD MIT VOLLGAS ZUR EROBERUNG DES SCHWEIZER MARKTES. «LUXE» WAR AUF TESTFAHRT. ATEMBERAUBEND. Finanz und Wirtschaft LU X E | 85 A U TO | F E R R A R I BASELWORLD Komfortables, überaus geräumiges Interieur mit ergonomischen Ledersitzen. THE WATCH AND JEWELLERY SHOW MARCH 8–15, 2012 Motorbrummem im typischen Ferrari-Sound. Ein Ohrenschmaus. Der Ferrari FF fährt sich einfach wie ein Stadtauto. Aber welch ein Temperament! man sich geborgen wie im Lieblingssessel zu Hause. Der Innenraum mit speziell behandeltem Anilinleder mit Sattlernähten und die schokoladebraune Farbe in Verbindung mit Karbon sorgen für ein gediegenes Ambiente. Die von Pininfarina entworfene Karosserie in diskretem Grau entspricht dem aktuellen Farbtrend. Zurzeit ist das legendäre Ferrari-Rot weniger gefragt, die Kunden mögen’s diskreter und bestellen nur noch einen von fünf Ferrari in den traditionellen Scuderia-Farben. Während die Front des Ferrari FF – die Bezeichnung steht für Ferrari Four (vier Sitze und Vierradantrieb) – auf einen Sportwagen schliessen lässt, sind die Hecklinien weniger sportlich. Aber sobald man den Starterknopf betätigt, sind jegliche Zweifel beseitigt. Man hört den typischen Ferrari-Sound. Spezialisierte Ingenieure haben in der Tat während Monaten in Maranello getüftelt, um den Ferrari-FF-Klang zu entwickeln, der wie bei jedem Modell zwar eigenständig ist, aber stets dem typischen Scuderia-Brummen entspricht. Auf der Strasse verblüffen Souplesse und Leichtigkeit. Einen Ferrari FF 86 | Finanz und Wirtschaft LU X E zu steuern, ist ebenso einfach wie einen Fiat 500 Abarth – zumindest fast. Aber das ist denn auch der einzige gemeinsame Nenner. 7-Gang-Schaltung am Steuer, direkteinspritzender V12-Motor, 6,3 Liter Hubraum, 660 PS, 8000 Umdrehungen/Minute, Leistungsgewicht 2,7 kg/PS, 7-Gang-F1-Doppelkuppelungsgetriebe, Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 3,7 Sekunden machen das Auto zu einem waschechten Rennwagen. EIN 4×4 HEBT AB Der 100 km lange, von Modena Cars angelegte Parcours ist eine wundervolle Gelegenheit, das Strassenverhalten des Sportwagens zu testen, und die Lust, die Zügel schleifen zu lassen, ist fast unbändig, zumal die Bremskapazität ebenso beeindruckt wie die Beschleunigung. Beim Brausen durch den Tunnel lässt man den Motor dröhnen, auf den Lippen ein seliges Lächeln. Das Fahrzeug ist gutmütig genug, die Fahrfehler einer Nichtfachfrau zu entschuldigen. Unter den Händen eines Fachmanns allerdings zeigt es dann, was wirklich in ihm steckt. Faszination pur. Am Ende des Weekends ist die Bilanz des Gstaad-Classic-Rennens positiv – selbst wenn einige Fahrer ihren Ausweis abgeben mussten. Hauptsponsor Audemars Piguet wird in zwei Jahren wieder dabei sein, versichert Generaldirektor Philippe Merk, der glücklich ist, an diesem Anlass den neusten Chronographen zu präsentieren. Auch Gino Forgione ist zufrieden, kann er sich doch über drei feste Bestellungen freuen. Seine Zufriedenheit ist verständlich, denn er hat in eine 6600m2 grosse Hightech-Garage in Plan-les-Ouates investiert, um den Ferrari-Standards zu entsprechen. Die Bestellungen treffen zum richtigen Moment ein, denn die Wirtschaftsaussichten sind nicht rosig. Gino Forgione: «Wir rechnen mit einem schwierigen 2012. Aber die neuen Modelle werden uns helfen, die Krise zu überstehen. Glücklicherweise setzt Ferrari auf mehr Dynamik, denn neben dem Ferrari FF werden wir 2012 den neuen 599, später das Modell 458 Scuderia lancieren, das den 430 Scuderia ersetzt, Ende 2013 den neuen Enzo. Wir sind also gerüstet.» | BASELWORLD.COM Finanz und Wirtschaft LU X E | 87 STIL | ZU von - Fotos: Tonatiuh Ambrosetti & Daniela Droz / mc2 AC T U | BESUCH PA S S É - P| R É SFlorence E N T Schmidt | par David Chokron 1. Im Esszimmer. Der Mezzadro-Hocker von Achille Castiglioni (Zanotta, 1957) könnte durchaus eine Skulptur sein, die an die Vase Pollo von Tapio Wirkkala (Rosenthal, 1970) anknüpft. An der Wand Aufnahmen von Fabrizio Giannini. Willkommen bei Francisco Dias DIE ELEGANTE, KOMPROMISSLOS AUTHENTISCHE, AUSSCHLIESSLICH MIT ORIGINAL-VINTAGEMÖBELN AUSGESTATTETE WOHNUNG LIEGT IN DER ALTSTADT VON LUGANO. DIE SEHR MASKULINE EINRICHTUNG ZEUGT VON GROSSEM SACHWISSEN, SORGFÄLTIGER SELEKTION UND RADIKALER ABLEHNUNG ALLES ÜBERFLÜSSIGEN. BESICHTIGUNG DES UNIVERSUMS VON DER SZENOGRAF FRANCISCO DIAS, DER NICHTS DEM ZUFALL. ÜBERLÄSST. i Vom Esszimmer Blick auf den Salon, wo Hausherr Francisco Dias in der Denkerpose von Rodin auf dem edlen Barcelona-Sessel von Mies Van Der Rohe (Knoll, 1929) Platz genommen hat. Das noble Stück stammt aus dem Nachlass einer Luganeser Bank. Im Vordergrund zwei Stühle von Joe Colombo (Modell 861 «Universale», 1965, Hersteller Kartell), die Francisco in der hypen Vintage-Boutique Demosmobilia in Chiasso aufgestöbert hat. Der dunkle Holztisch ist eine originelle Eigenkreation, das Holz stammt von Lastwagenböden, die Struktur ist aus Eisen. Sechs Jahre nach seinem Einzug hat Francisco den Mut aufgebracht, sich vom sakrosankten Weiss zu verabschieden und die Wände des Esszimmers taubengrau zu streichen. Im Hintergrund die Fotografie «Houston» des Tessiners Luciano Rigolini (1993), selbstverständlich mit Architekturmotiv. 88 | Finanz und Wirtschaft LU X E D ies ist die Geschichte eines Jungen, der in der prachtvollen Villa Favorita in Lugano aufwuchs, wo seine Eltern als Butler und Köchin für Baron Thyssen tätig waren. Mit der Tochter des Barons spielte er unter den Gemälden grosser Meister (zurzeit zu bewundern in der Galerie Villahermosa in Madrid), zwischen prächtigen Möbelstücken und Kunstwerken und eignete sich so ganz natürlich Wissen und einen sicheren Geschmack an. Der leidenschaftlich an Design, Architektur und zeitgenössischer Kunst interessierte Vierzigjährige plant seine Reisen stets in Verbindung mit den Kreationen bewunderter Meister. So fährt er nach Brasilien, um die Realisationen von Oscar Niemeyer, Lina Bo Bardi und Mendes da Rocha zu bestaunen und geniesst den Aufenthalt in Indien und Bangladesh, um stundenlang die von Le Corbusier oder Louis Kahn ent- worfenen Bauten zu betrachten. Motiviert von seiner Passion für Architektur und Wohnen absolvierte der junge, frisch diplomierte Bauzeichner und Autodidakt mit Erfolg die Aufnahmeprüfung ins Berufsregister REG A für Architekten. Heute nimmt er zusammen mit Freunden ab und zu an Architekturausschreibungen teil, in seiner Haupttätigkeit ist er jedoch für das Tessiner Fernsehen (RSI) als Szenograf tätig. So zeichnet er verantwortlich für die Neugestaltung der Studios, etwa jenes der Tagesschau, und kümmert sich um das Styling der Präsentatoren. Der gebürtige Portugiese und Wahltessiner besitzt einen anerkannt sicheren, klugen Geschmack. Seit acht Jahren bewohnt er mitten im Stadtzentrum von Lugano ein lichtdurchflutetes Apartment am Corso Elvezia in der Nähe des Parco Ciani, des Casino Kursaal und vor allem des traumhaf- 2. Die «Eamse plastic side chairs» von Charles und Ray Eames (Herman Miller, 1950) bilden eine Art Ehrenspalier, die zur ehemaligen, nicht mehr benutzten Wohnungstür führt. Die Deckenleuchte Glo-Ball ist ein Werk von Jasper Morrison (Floss, 1999), die Rosenthal Surface Vase wurde von Akim Haigis entworfen (Produktion Rosenthal, 2009). 3. Im konsequent schlichten Wohnzimmer steht der Tisch Tulip von Eero Saarinen (Knoll, 1965), dazu perfekt assortiert die ovale Lampe von Pia Guidetti Crippa (Lumi, 1960). Das Sofa Soriana der Designer Afra und Tobia Scarpa (Cassina, 1970) ist ebenso mit Velours bezogen wie der Stuhl gegenüber, den der Besitzer auf einem Flohmarkt entdeckt hat. «Ich weiss nichts über den Stuhl, ausser dass er aus den 1950er Jahren stammt. Es ist ein Qualitätsmöbel, das Design gefällt mir gut, und ich werde bestimmt herausfinden, wer ihn geschaffen hat». 1 2 3 ten Seeufers. Im Treppenhaus des 1905 errichteten Gebäudes ist das bunte Artdeco-Fenster bereits Hinweis für stilvolles Wohnen. Das Reich des Gastgebers befindet sich zuoberst im dritten Stock. 130 m2, fast vier Meter hohe Räume, in der Mitte das Atrium, das auf fünf Zimmer gibt. Jedes Detail ist hier kalkuliert, durchdacht, gepflegt. Die Wände sind in irisierendem Weiss gestrichen, mit Ausnahme einer Wand in entspannendem Grau im Entree und des Esszimmers, ebenfalls in warmen Taubengrau. Allein die Wahl der Farbpigmente hat den Hausherrn während Wochen beschäftigt und war Inhalt intensiver Diskussionen mit einem befreundeten Grafiker. Ist er stur? Vielleicht, ein wenig, gibt Francisco zu, als wir den Ankleideraum besichtigen, wo ausschliesslich weisse und schwarze Sachen und Jeans zu finden sind. Das Mobiliar besteht aus Designerikonen, Vintage-Möbeln und Trouvaillen, die er auf Flohmärkten entdeckt hat. Selbstverständlich sind die Stars des Möbeldesigns bestens vertreten: Eero Saarinen, Ray und Charles Eames, Gio Ponti, Joe Colombo, Achille Castiglioni… Eine besondere Stellung geniesst der Armstuhl 635 Red and Blue von Gerrit Rietveld, den Francisco mit seinem ersten Lohn erworben hat. Der rote Faden, der sich durch die Geschichte des Bewohners zieht? Wir entdecken diesen im Katalog von Lucian Freud, dem Enkel des Begründers der Psychoanalyse, der Baron Thyssen in der Villa Favorita porträtierte. Francisco war schon im zarten Alter ein Bewunderer des Originals, das jetzt 40 Jahre später in Form eines Katalogs vor ihm liegt. Finanz und Wirtschaft LU X E | 89 S T IY | PA UC O B E SFU SRSHÉI O NN T | par David Chokron AC TLLUE| | Z SN SÉ -EPC SE 1. Der Armstuhl 635 Red and Blue von Gerrit Rietveld wurde von Cassina neu aufgelegt und ist eine Designikone. Er thront im Schlafzimmer und ist das erste Stück, das sich der Liebhaber edler Möbel leistete. 2 2. Der Hausherr in seinem Büro beim Schmökern. Im Büchergestell eine Unzahl von Kunst- und Architekturbüchern – Siza, Louis Khan, Mies van Rohe… Der Sammlerstuhl 646 «Leggera» von Gio Ponti (Fratelli Cassina, 1951) kontrastiert mit dem Büchergestell von der Migros. «Es gefällt mir, weil es modulierbar, nicht teuer und funktionell ist, einfach ein Möbel für Bücher, welche die weisse Farbe fast unsichtbar machen. Hier sind die Bücher die Hauptakteure, sie sollen zur Geltung kommen.» RADIO ist tatsächlich ein Radiogerät aus den 60er Jahren, vom Flohmarkt stammend und perfekt funktionierend. Die Anschlagtafel enthält Fotosouvenirs von der Brasilienreise, eines Oscar-Niemeyer-Projekts, Reiseskizzen von Francisco, Badges von den Filmfestivals von Cannes und Locarno – kurz Inspirationen und Erinnerungen. «Dies ist der Ort, wo ich mich entspanne und wo ich eine organisierte Unordnung akzeptiere.» 3. Das Büro von der gegenüberliegenden Seite aus: Im Vordergrund der schokoladenbraune Lederstuhl von Robert Haussmann (De Sede, 1950). Direkt auf dem Boden gestellt entfaltet die Leuchte Lesbo von Angelo Mangiarotti (Artemide, 1966) ihre schönste Wirkung. 4. Auf der dänischen Kommode drei Vasen eines zeitgenössischen englischen Designers, die Francisco in der Boutique Paul Smith in Mailand erstanden hat. Daneben eine Lithographie des brasilianischen Architekten Oscar Niemeyer, die dessen Stadtprojekt Brasilia (2000) zeigt, erworben in der Serpentine Gallery in London. 5. Im halben Zimmer bzw. dem Ankleideraum gibt’s keine Schränke, dafür einen Ständer mit Kleidern ausschliesslich in Weiss und Schwarz und ausserdem Jeans, kein einziges farbiges Kleidungsstück ist sichtbar. Dahinter der Plastic Armchair Dax von Charles und Ray Eames (Herstellung Herman Miller, 1950. Es handelt sich hier um das Original aus Fiberglas und nicht um den von Vitra produzierten Plastikstuhl). Auf dem Boden ein roter Poster, der den stilisierten Stuhl Barcelona von Mies Van der Rohe zeigt, sowie eine Aufnahme der vom Architekten Livio Vacchini konzipierten Post von Locarno und eine Fotografie von Filippo Simonetti. 3 90 | Finanz und Wirtschaft LU X E 4 5 Finanz und Wirtschaft LU X E | 91 1 S T ITLU | | ZPA U B SU AC SE SÉ - PCRHÉ S E N T | par David Chokron F O R S C H U N G | PA R F U M | von Fabrice Delaye - Illustration: Anne-Christine Dallemagne 1. Im Büro ein Day-bed aus den 1950er Jahren, Signatur «In the manner of Parisi». Der ideale Platz für Lektüre und Träumereien. Auf dem Boden eine Zeichnung des Tessiner Architekten Mario Botta, an der Wand ein Bild von Jimmy Ortelli (1990). 2. Das Cheminee in der Küche ist nicht mehr in Betrieb und wurde weiss gestrichen, damit es in die Wand übergeht. Die blaue Fliese mit den Halbmonden ist ein Werk von Gio Ponti (hergestellt in den 1950er Jahren von der Ceramica D’Agostino Salerno) und stammt aus dem Hotel Parco dei Principi. Daneben eine Skulptur aus Holz und Eisen des schweizerisch-italienischen Künstlers Lorenzo Cambin. Auf dem kleinen weissgestrichenen Tisch vom Flohmarkt leuchtet der rote Aschenbecher von Ettore Sottsass (hergestellt von Olivetti Synthesis, 1970), die faszinierenden Kugelreihen erinnern an die Kreationen des Meisters für die Memphis-Gruppe. Der weisse Stuhl 861 «Universale» wurde von Joe Colombo entworfen und 1965 von Kartell produziert. Das Küchenfenster öffnet auf einen kleinen Balkon und die Altstadt von Lugano. Der der 3. Am Boden die Zeichnung «Marriage» des Genfer Grafikers Joël Flumet, das einzige Relikt, das Francisco nach der Scheidung behalten hat. Weshalb Bilder direkt auf dem Boden platzieren? Ganz einfach, man kann sie jederzeit wechseln und vor allem braucht man keine Löcher in die Wände zu bohren. Für Francisco ein geradezu schrecklicher Gedanke. 1 2 3 4. Minimalistisch das Schlafzimmer mit dem Bett (Modell Nathalie von Vico Magistretti, hergestellt von Flou, 1978), drei Lampen und einem Bild. Um schlafen zu können, braucht Francisco visuelle Ungestörtheit. Das heisst, ein fast leeres Zimmer und blütenweisse Bettwäsche. Blümchenmuster oder Stickereien sind ihm unerträglich. Die Lampe Serge Mouille (Ateliers Serge Mouille, 1953) beleuchtet präzise die Leseecke im Bett. Auf dem Boden eine Collage von Max Hubert (1995), das einzige Farbelement, das in diesem makellos weissen Zimmer toleriert wird. PARFUM- UND KOSMETIKHERSTELLER SCANNEN UNSER GEHIRN, UM DIE NEUROBIOLOGISCHEN WECHSELWIRKUNGEN ZWISCHEN DUFT UND EMOTIONEN ZU ERGRÜNDEN. 4 S eit diesem Frühling beteiligen sich im Brain and Behaviour Laboratory der Universität Genf vierzig Personen an einem erstaunlichen neurowissenschaftlichen Experiment. Sie testen Parfums in einem Computertomographen. Während eineinhalb Jahren haben die Ingenieure des Aromen- und Duftstoffherstellers Firmenich einen Duftspender entwickelt, der in einen Magnetresonanztomographen eingebaut wurde, der die Gehirnaktivität sichtbar machen kann. Projektleiter Sylvain Delplanque rechnet mit vielversprechenden Resultaten: «Man kann bildlich sehen, wie unser Geruchssystem Gefühle auslöst.» Dieser spektakuläre Forschungsschwerpunkt ist der letzte Teil des EmOdor-Projekts, das von Firmenich mit 300000 Fr. unterstützt und von den Wis92 | Finanz und Wirtschaft LU X E senschaftlern des Zentrums für Emotionsforschung der Genfer Universität geleitet wird. Seit sechs Jahren versuchen sie, die Zusammenhänge zwischen Gerüchen und Gefühlen zu ergründen. Dazu wurden zunächst 3000 Personen in der Schweiz, in China, Singapur, den USA, Grossbritannien und seit kurzem auch in Brasilien befragt. «Das Ziel war, mehr über kulturelle Unterschiede bei der Geruchswahrnehmung zu erfahren», erklärt Sylvain Delplanque. Danach wurden mehrere hundert Probanden physiologischen Tests (Herzrhythmus, Muskelreaktion usw.) unterzogen. Auch hier ging es darum, die Verbindung von Geruch und Emotion besser zu verstehen. Mithilfe der Ergebnisse aus dem Tomographen werden jetzt Neuronenmodelle unseres Duftempfindens erstellt. Finanz und Wirtschaft LU X E | 93 F O R S C H U N G | PA R F U M Im CNRS in Lyon führen Jean-Pierre Royer und Jeanne Plailly ähnliche Experimente durch. Gefühle spielen bei ihnen aber keine Rolle. Vielmehr versuchen sie den biologischen Trägern unseres Geruchsgedächtnisses auf die Schliche zu kommen. Und auch sie verwenden dazu einen Computertomographen. Sie haben Studierende ohne Erfahrung in der Parfumindustrie und professionelle «Nasen» gebeten, sich einen Geruch vorzustellen, und ihn dann im Tomographen versprüht. Dabei hat sich gezeigt, dass im Gehirn während der Wahrnehmung und der Vorstellung von Gerüchen ähnliche - Gefühle objektiv analysieren Regionen aktiviert werden und dass bei dieser Aktivierung auch die Erfahrung eine Rolle spielt. Die Geruchswahrnehmung funktioniert gleich wie die Bildoder Klangwahrnehmung, nämlich durch die Reaktivierung von Geruchsbildern im Gehirn. Eine Fähigkeit, die sich mit zunehmender Erfahrung weiterentwickelt. GERUCHSGEDÄCHTNIS Was aber hat die Industrie dazu bewogen, sich an diesen beiden Arbeiten zu beteiligen? Hofft sie, neue Parfums herzustellen, die garantiert schöne Erinnerungen wachrufen oder aber beruhigende, sinnliche oder positive Emotionen auslösen? Ja und nein. Wir betreiben in erster Linie Grundlagenforschung, stellen die Wissenschaftler klar. Gleichzeitig steckt aber mehr dahinter, wie Eric Perrier, Forschungsleiter bei LVMH Parfums (Givenchy, Guerlain, Dior usw.), betont: «Wir verfolgen schon lange einen wissenschaftlichen Ansatz, und zwar nicht nur bei der Zusammensetzung unserer Moleküle, sondern auch, um 94 | Finanz und Wirtschaft LU X E F O R S C H U N G | PA R F U M mehr über das Konsumentenprofil zu erfahren. In diesem Sinne haben wir uns kürzlich damit befasst, wie Make-up für mehr Lebensqualität sorgen kann.» Die sensorische Wahrnehmung steht bei den Parfumerie- und Kosmetiklabors neuerdings im Zentrum der Forschungen. Angefangen hat alles mit Untersuchungen, wie sich eine Textur anfühlt, wie Farben wirken und welches Geräusch eine Mascara-Flasche beim Öffnen erzeugt. «In den Labors wird versucht, die Analyse der Emotionen wissenschaftlich zu objektivieren», erklärt Anne Abriat, Leiterin des Sensorik-Pools im Bereich Innovation von L’Oréal. Sie verwenden die ganze Bandbreite an Instrumenten aus der Anthropologie, der Psychologie und der Psychophysiologie, dem Tor zu den Neurowissenschaften, um die biologischen Träger der Wahrnehmung und der Sinnesempfindungen zu entschlüsseln. Die olfaktorische Wahrnehmung hat in der Sinnesforschung jedoch lange ein Randdasein geführt. Erst mit der Entdeckung der Geruchsrezeptoren durch die amerikanischen Forscher Linda Buck und Richard Axel im Jahr 1991, die dafür 2004 mit dem Medizinnobelpreis ausgezeichnet wurden, erhielt sie neue Impulse. «Es wurden rund 400 solcher Riechrezeptoren identifiziert», sagt Boris Schilling vom Biowissenschaftslabor des Parfumherstellers Givaudan in Zürich. «Wenn diese Rezeptoren mit einem Molekül oder einer Molekülgruppe interagieren, wird die Information an den Riechkolben weitergeleitet und spricht dort weitere Neuronen wie beispielsweise Erinnerungsneuronen an, bevor sie in unserem Grosshirn ein Geruchsbild erzeugen.» und auch im Rahmen des TecnoscentJoint-Venture, das wir 2007 mit unserem belgischen Partner ChemCom eingegangen sind, wenden wir ein ähnliches Vorgehen an wie in der Biopharmaindustrie, das heisst, wir verbinden ein neues Duftmolekül mit einem Geruchsrezeptor. Im Einzelfall wird der Rezeptor stimuliert oder aber gehemmt, zum Beispiel um ei- phinen – auch Glückshormone genannt – auf der Haut anregt. Seit 2000 versucht Lancôme, eine Marke von L’Oréal, in einer Studie herauszufinden, ob ein Parfum in Kombination mit ihrer Anti-AgeCrème High Resolution entspannend wirkt. Dazu unterzogen die Firmenlabors rund sechzig Personen einer Reihe von Tests, bei der sie psychisch aufreibende Aufgaben ausführen mussten, während Düfte versprüht wurden. Anhand der Messung der Rückenmuskelspannung mit einem Elektromyogramm hat Lancôme ein Parfum mit einer stark entspannenden Wirkung gewählt, das die Antifaltenwirkung der Crème verstärkt. - Bis zur Entdeckung der Geruchsrezeptoren hat die olfaktorische Wahrnehmung in der Sinnesforschung lange ein Randdasein geführt. - BIOINSPIRIERTE DÜFTE Diese neuen Erkenntnisse haben die Herstellung neuer Parfumbestandteile bereits grundlegend verändert. «Intern nen schlechten Geruch oder einen unangenehmen Geschmack zu überdecken.» Givaudan hat gerade einen Inhaltsstoff entwickelt, der den bitteren Geschmack bestimmter Süssstoffe, der bei einigen Konsumenten nicht gut ankommt, übertüncht. Ausserdem will das Unternehmen seine Palette an rund 1300 Inhaltsstoffen (darunter 800 chemischen), die bei der Herstellung neuer Parfums zur Verfügung stehen, erweitern. Natürlich ist es von Vorteil, wenn man die Wirkung eines Dufts auf die Gefühle oder die Erinnerungen kennt. Givaudan verwende bereits mit Elektroenzephalogrammen durchgeführte Untersuchungen, um einen Inhaltsstoff mit einem bestimmten Empfinden in Verbindung zu setzen, erklärt Boris Schilling. «Das können beruhigende, entspannende oder auch stimmungsaufhellende Eigenschaften sein.» Trotzdem: «Magisch wirken sie nicht, sie dienen den Parfumeuren lediglich als Anhaltspunkte.» Die greifen auch gerne darauf zurück. Ende der Neunzigerjahre hat Guerlain das Parfum Apology auf den Markt gebracht, das die Ausschüttung von Endor- STRESSABBAU Ähnliche Tests liegen der Pflegelinie Absolute Premium für Frauen in der Menopause zugrunde. Ein weiteres Beispiel: Für das Parfum Hydra Zen wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Tours ein blumiger Duft mit stressabbauenden Eigenschaften entwickelt. Dazu wurden die Pupillenerweiterung sowie 43 Gesichtsparameter gemessen und die Endorphinproduktion im Speichel von 150 Frauen beurteilt. Warum die Industrie an der Entwicklung neuer und viel präziserer Instrumente wie des funktionalen Computertomographen grosses Interesse hat, liegt auf der Hand. Aus Kostengründen ist es zwar unmöglich, die Konsumenten «en masse» zu testen, es geht aber auch vielmehr darum, Modelle für ein besseres Verständnis aufzubauen. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Biologie des Gehirns wohl eine Rolle spielt, jedoch der kulturelle Einfluss für die Duftwahrnehmung entscheidend ist. An der Attraktivität der Neurowissenschaften für die Industrie ändert das aber nichts, denn, wie Eric Perrier erklärt: «In unserer Industrie wird es immer wichtiger, wissenschaftlich nachzuweisen, dass unsere Produkte nicht nur an der Oberfläche wirken.» | Finanz und Wirtschaft LU X E | 95 PA R F U M | H E R B S T | von Blaise-Alexandre Le Comte Magie und Mysterium L es Salons du Palais Royal Shiseido in Paris sind ein Parfumgeschäft von exquisiter, schlichter Raffinesse. Die Boutique von Serge Lutens bildet den stilvollen Rahmen für seine Parfums, die er in puristische rechteckige oder glockenförmige Flacons füllt. Hier hat Schönheit kein Geschlecht, die Düfte sind weder männlich noch weiblich. Raffinierte Herren lassen sich von Rose de Nuit oder Datura Noir verführen, während androgyne Damen für Fumerie Turque oder Vétiver Oriental schwärmen. Mit seiner ersten Kreation Féminité du Bois brach Serge Lutens 1992 radikal mit den aseptischen, stumpfen Codes der damaligen Parfummode. Dieser Damenduft mit Holznoten war der Anfang einer rund 30 Parfums umfassenden Kollektion, die er unter wundersamen und charmanten Bezeichnungen wie Muscs Koublaï Khän, Cuir Mauresque, Tubéreuse Criminelle oder Bas de Soie anbietet. Der Parfumeur, der sich keinem bestimmten Stil zuordnen lassen will, hat damit einen Trend lanciert, der mit Duftnoten spielend faszinierende Kontraste kreiert. SYMBOL DES DANDYS Witzig und unfassbar wendet sich seine jüngste Kreation Vitriol d’œillet ebenso an die elegante Frau wie den raffinierten Mann. Die Nelke lässt eine Nuance Veilchen durchschimmern und Noten von schwarzem, rosa und Cayenne-Pfeffer explodieren. Vitriol d’œillet ist kalte Wut, kühle Eleganz, eine Komposition, die an den Dandy des 19. Jahrhunderts und sein Symbol, die Nelke, erinnert. Serge Lutens, Bewunderer der Schönheit der modernen Frau, hat für sie ein Nécessaire de beauté zusammengestellt. Wie der Name sagt, enthält es alle Beauty-Essentials und nicht mehr: Puder, Lidschatten, Lippenstifte und Nagellacke in einer sehr selektiven Farbauswahl. Es gibt keine Farbschattierungen, nur Farbe pur. Wie es seiner auf Kontrasten basierenden Ästhetik entspricht, empfiehlt Serge Lutens die fast unsichtbare Kompaktfoundation Teint si fin, betont das Auge mit hell-dunklen Augenschatten und lässt die Iris glitzern und leuchten. Dieser unterkühlte Blick hypnotisiert, für Sinnlichkeit sorgt der intensiv geschminkte Mund. Die gefährliche Verführerin wählt die blutrote Lippenstiftvariante Mise à mort, die klassische Schönheit bevorzugt die Intensität von Votre Sienne, aber jede stilbewusste Lutens-Anhängerin schminkt sich mit Zurückhaltung, denn ihr einziges und einfaches Ziel ist es, schön zu sein. | 96 | Finanz und Wirtschaft LU X E Geweihter Rauch SERGE LUTENS IST EIN ABSOLUTER ÄSTHET, LIEBHABER DER WEIBLICHEN SCHÖNHEIT, DIE ER SCHMINKT, INSZENIERT UND FOTOGRAFIERT. Myrrhe und Weihrauch: Wazamba von Parfum d’Empire Incense Avignon von Rey Kawakubo für Comme des Garçons Vitriol d’oeillet ist die jüngste Kreation von Serge Lutens. HEUTE WIRD PARFUM NICHT MEHR VERBRANNT, SONDERN VERSPRÜHT. AUS DEM EINSTIGEN PRIVILEG DER GÖTTER IST EIN WELTLICHES ACCESSOIRE ELEGANTER FRAUEN UND MÄNNER GEWORDEN. D ie Abstammung vom lateinischen «fumare» erinnert daran, dass Parfums in alten Zeiten als Opfergabe für ägyptische, griechische, babylonische und römische Götter verbrannt wurden. Dazu gehörte auch Weihrauch, etymologisch «das heilige Räucherwerk» oder Lateinisch «incensum», wörtlich übersetzt «das, was verbrannt wird». Verglühendes Weihrauchharz wird zum Bindeglied zwischen den Gottheiten und der gemeinen Welt der Menschen. Die christlichen Liturgien haben sich das wertvolle Harz, das aus dem Weihrauchbaum Boswellia Sacra gewonnen wird und ursprünglich aus dem heutigen Emirat Oman stammt, zu eigen gemacht. Die christliche Kirche stellt die Verbindung zwischen Gott und den Menschen symbolisch mit den Gaben der drei Könige für das Jesuskind dar. In der Heiligen Dreieinigkeit steht Gold für den Vater, Myrrhe für den Heiligen Geist und Weihrauch für den Sohn. VON SAKRAL ZU WELTLICH Inspiriert von den genauso feierlichen wie demonstrativen religiösen Zeremonien hat Rei Kawakubo mit Avignon – einem Duft aus der schönen und ausgefallenen Kollektion Incense von Comme des Garçons – einen Rauchfassträger skizziert, dessen üppig austretende Weihrauchschwaden die kahlen, imposanten Mauern einer Kathedrale mit ihrem Geruch füllen. Nur ein paar Vanille- und Kamillenoten mildern die kräftigen Duftschleier, die uns in einen mystischen Zustand oder zumindest in eine tiefe Andacht versetzen. Als Ausdruck religiöser Festlichkeit verlangt Avignon vor allem eins: andachtsvolle Stille. Dieser christlichen Sakralität stellt Wazamba von Parfum d’Empire den Weihrauch als heidnischen Brauch gegenüber, bei dem der angerufene Gott ein Götzenbild und der Priester eine Frau ist. Er setzt den christlichen Kasteiungen des Fleisches den heiligen Weihrauch und die heilige Myrrhe, unterstrichen mit Essenzen aus Nadelbäumen und Sandelholz, entgegen und vergöttlicht so den Körper. Fast unbemerkt nimmt das befreite, sublimierte Fleisch die leicht säuerliche Note eines frischen Apfels an, der die sonnengegerbte Haut wunderbar geschmeidig macht. | Finanz und Wirtschaft LU X E | 97 BOUDOIR I N T E R V I E W | von Francesca Serra S H O OT I N G I N S TA M AT I C , S.60 Chanel Genf : Boutique Chanel, 43 rue du Rhône, 022 311 08 62 ; Bongénie Brunschwig Group, 34 rue du Marché, 022 818 11 11– Lausanne : Bongénie Brunschwig, Group, 10 place Saint-François, 021 345 27 27 - Saint Moritz : 22 via Serlas, 081 837 53 00 Zürich : Grieder Les Boutiques, 30 Bahnhofstrasse, 044 224 36 36 ; Boutique Chanel, 39 Bahnhofstrasse, 044 211 17 81 Dior Genf : Drake Store, 13 rue des Alpes, 022 732 24 42 ; Boutique Dior, 60 rue du Rhône, 022 310 62 55- Lausanne: Drake Store, 22 rue de Bourg, 021 320 08 20 – Zürich : Christian Dior Boutique, 13 Bahnhofstrasse, 044 215 68 80 Dolce & Gabbana Genf : Drake Store, 13 rue des Alpes, 022 732 24 42 ; Boutique Dolce & Gabbana, 49 rue du Rhône, 022 310 26 55 - Lausanne: Drake Store, 22 rue de Bourg, 021 320 08 20 – Zürich : Boutique Dolce & Gabbana, 10 Weinplatz 10, 044 211 55 05 Dsquared Genf : Drake Store, 13 rue des Alpes, 022 732 24 42 - Lausanne: Drake Store, 22 rue de Bourg, 021 320 08 20 – Zürich : Fidelio, 1 Münzplatz, 044 211 13 11 ; Gaito, 2 Münstergasse, 044 261 18 24 Epicé Genf : Because I love, 20 rue du Général Dufour, 022 320 21 11 - Lausanne : Walpurgis, 6 rue Enning, 021 312 96 21 – Zürich : Gassmann, 5-7 Poststrasse, 044 211 0837 ; Kitchener Plus, 49 Viaduktstrasse, 044 202 01 30 Fendi Genf : Boutique Fendi, 62 rue du Rhône, 022 319 30 10 ; Bongénie Brunschwig Group, 34 rue du Marché, 022 818 11 11 – Lausanne : Bongénie Brunschwig, Group, 10 place Saint-François, 021 345 27 27 – Zürich : Grieder Les Boutiques, 30 Bahnhofstrasse, 044 224 36 36 Jean Paul Gaultier Genf : Jean Paul Gaultier, 19 rue du Rhône, 022 310 33 22 - Zürich : Grieder Les Boutiques, 30 Bahnhofstrasse, 044 224 36 36 Lanvin Genf: Anita Smaga, 49-51 rue du Rhône, 022 310 26 55 ; Bongénie Brunschwig Group, 34 rue du Marché, 022 818 11 11 – Zürich : Grieder Les Boutiques, 30 Bahnhofstrasse, 044 224 36 36 La Perla Genf : Boutique La Perla, 106 rue du Rhône, 022 310 33 27 - Zürich : Grieder Les Boutiques, 30 Bahnhofstrasse, 044 224 36 36 Neil Barrett Genf : Drake Store, 13 rue des Alpes, 022 732 24 42 - Lausanne: Drake Store, 22 rue de Bourg, 021 320 08 20 – Zürich : Fidelio, 1 Münzplatz, 044 211 13 11 Paul Smith Genf : Bongénie Brunschwig Group, 34 rue du Marché, 022 818 11 11 ; Drake Store, 13 rue des Alpes, 022 732 24 42 - Lausanne: Drake Store, 22 rue de Bourg, 021 320 08 20 ; Walpurgis, 6 rue Enning, 021 312 96 21 - Zürich : Fidelio, 1 Münzplatz, 044 211 13 11 ; Gaito, 2 Münstergasse, 044 261 18 24 Phillip Lim Genf :Drake Store, 13 rue des Alpes, 022 732 24 42 - Lausanne: Drake Store, 22 rue de Bourg, 021 320 08 20 Zürich : Fidelio, 1 Münzplatz, 044 211 13 11 Piaget Genf : Piaget, 40 rue du Rhône, 022 Botta MARIO ADRESSEN 817 02 00 ; Chronométrie Kunz, 1 rue du Mont-Blanc, 022 731 09 20 - Bucherer SA, 1 rue de Bourg, 021 312 36 12 – Zürich : Meister Uhren, Bahnhostrasse 30, 044 211 93 33 ; Airbijoux, Bahnhofstrasse 1 , 044 212 21 71 ; Bucherer, Bahnhofstrasse 50, 044 212 21 71 www.piaget.com Yves Saint Laurent Genf :Drake Store, 13 rue des Alpes, 022 732 24 42 ; Anita Smaga, 49-51 rue du Rhône, 022 310 26 55 - Lausanne: Drake Store, 22 rue de Bourg, 021 320 08 20 – Zürich : Jelmoli-The House of Brands in Zürich : Jelmoli, The House of Brands, 1 Seidengasse, 044 220 44 11 Ermenegildo Zegna Genf : Zürich : Drake Store, 13 rue des Alpes, 022 732 24 42 - Bongénie Brunschwig Group, 34 rue du Marché, 022 818 11 11– Lausanne : Bongénie Brunschwig, Group, 10 place Saint-François, 021 345 27 27 ; Drake Store, 22 rue de Bourg, 021 320 08 20 – Zürich : Boutique Ermenegildo Zegna, 25 Bahnhofstrasse, 043 344 70 90 U H R E N , S.78 Audemars Piguet Genf: Audemars Piguet Boutique, 12 place de la Fusterie, 022 319 06 80; Les Ambassadeurs, 62 rue du Rhône, 022 318 62 22; La Maison de l’Horlogerie, 24 rue du Cendrier, 022 732 09 54 – Lausanne: Bijouterie Junod, 8 place Saint-François, 021 312 83 66 – Zürich: Les Ambassadeurs, Bahnhofstrasse 64, 044 227 17 17 Baume & Mercier www.baume-et-mercier.com Bulgari Genf : Bulgari, 30 rue du Rhône, 022 317 70 70 Zürich : Bulgari, 25 Bahnhofstrasse, 044 212 53 03 Cartier Genf, Cartier, 35 rue du Rhône, 022 818 54 54 ; Les Ambassadeurs, 62 rue du Rhône, 022 318 62 22 ; Chronométrie Kunz, 1 rue du Mont-Blanc, 022 731 09 20 – Lausanne : Cartier, 6 rue de Bourg, 021 320 55 44 ; Guillard SA, 1 place de la Palud, 021 312 6 86 – Zürich : Les Ambassadeurs, Bahnhofstrasse 64, 044 227 17 17 Chopard Genf : Chopard, 27 rue du Rhône, 022 310 70 50 – Lausanne : Bijouterie Junod, 8 place Saint-François, 021 312 27 45 ; Bucherer SA, 1 rue de Bourg, 021 312 36 12 ; Guillard SA, 1 place de la Palud, 021 312 6 86 – Zürich : Chopard, Bahnhofstrasse 40, 044 215 30 30 Hublot Genf : Hublot, 3 rue Robert-Céard, 022 310 13 13 ; Benoît de Gorsky, 86 rue du Rhône, 022 310 14 30 ; Chimento, 19 quai du Mont-Blanc, 022 731 16 51 ; Chronométrie Clarence, 3 rue du Marché, 022 311 31 69 ; Bijouterie Zbinden, 17 rue du Mont-Blanc, 022 311 42 28 – Lausanne : A l’Emeraude, 12 place Saint-François, 021 312 95 83 – Zürich : Galli Uhren Bijouterie, Theaterstrasse 16, 044 262 04 10 ; Beyer Chronometrie, Bahnhofstrasse 31, 043 344 63 63 IWC Schaffhausen Genf, IWC Schauffhausen Boutique, 2 rue du Rhône, 022 310 36 86; La Maison de l’Horlogerie, 24 rue du Cendrier, 022 732 09 54 – Lausanne: A l’Emeraude, 12 place Saint-François, 021 312 95 83 - Zürich: IWC Schauffhausen Boutique, Bahnhofstrasse 37, 043 521 14 94; Galli Uhren Bijouterie, Theaterstrasse 16, 044 262 04 10; Stahel, Gerbergasse 5, 044 211 28 04 Panerai Genf: Officine Panerai, 19 rue du Rhône, 022 818 66 44; Les Ambassadeurs, 62 rue du Rhône, 022 318 62 22; La Maison de l’Horlogerie, 24 rue du Cendrier, 022 732 09 54 – Lausanne: A l’Emeraude, 12 place Saint-François, 021 312 95 83 – Neuchâtel: Officine Panerai, 4 rue de la Balance, 032 723 28 00 – Zürich: Les Ambassadeurs, Bahnhofstrasse 64, 044 227 17 17 Patek Philippe Genf : Salon Patek Philippe, 41 rue du Rhône, 022 Gübelin SA, 60 rue du Rhône, 022 365 53 80 - Lausanne : A l’Emeraude, 12 place Saint-François, 021 312 95 83- Zürich : Beyer Chronometrie, Bahnhofstrasse 31, 043 344 63 63 ; Gubelin AG, Bahnhofstrasse 36, 044 37 52 20 Piaget Genf : Piaget, 40 rue du Rhône, 022 817 02 00 ; Chronométrie Kunz, 1 rue du Mont-Blanc, 022 731 09 20 - Bucherer SA, 1 rue de Bourg, 021 312 36 12 – Zürich : Meister Uhren, Bahnhostrasse 30, 044 211 93 33 ; Airbijoux, Bahnhofstrasse 1 , 044 212 21 71 ; Bucherer, Bahnhofstrasse 50, 044 212 21 71 TAG Heuer www.tagheuer.com Tissot www.tissot.com Tudor www.tudorwatch.com Zenith www.zenith-watches.com H A U T E H O R LO G E R I E , S.82 Cartier Genf, Cartier, 35 rue du Rhône, 022 818 54 54 ; Les Ambassadeurs, 62 rue du Rhône, 022 318 62 22 ; Chronométrie Kunz, 1 rue du Mont-Blanc, 022 731 09 20 – Lausanne : Cartier, 6 rue de Bourg, 021 320 55 44 ; Guillard SA, 1 place de la Palud, 021 312 6 86 – Zürich : Les Ambassadeurs, Bahnhofstrasse 64, 044 227 17 17 Hermès Genf : Hermès, 43 rue du Rhône, 022 819 07 19 – Lausanne : Hermès, 1 rue de la Paix, 021 312 33 22 ; Guillard SA, 1 place de la Palud, 021 312 6 86 – Zürich : Hermès, Bahnhofstrasse 31, 044 211 41 77 Patek Philippe Genf : Salon Patek Philippe, 41 rue du Rhône, 022 Gübelin SA, 60 rue du Rhône, 022 365 53 80 - Lausanne : A l’Emeraude, 12 place Saint-François, 021 312 95 83- Zürich : Beyer Chronometrie, Bahnhofstrasse 31, 043 344 63 63 ; Gubelin AG, Bahnhofstrasse 36, 044 37 52 20 Vacheron Constantin Les Ambassadeurs, 62 rue du Rhône, 022 318 62 22 ; Chimento, 19 quai du Mont-Blanc, 022 731 16 51 - Zürich : Les Ambassadeurs, Bahnhofstrasse 64, 044 227 17 17 Macher und Denker P apier – Stein – Schere. Der Stein, Sinnbild für elementare Formen, für den architekturalen Akt, in dem aus Natur Kultur wird. Die Schere symbolisiert die für Bottas Bauten typischen Öffnungen und Einschnitte, die Licht einlassen, wodurch Raum entsteht. Schliesslich das Papier, auf dem der Architekt aus dem Tessin während unseres Gesprächs pausenlos zeichnet. Wie gewohnt mit dem Caran d’Ache Fixpencil B2. «Die Spitze ist weicher, einem Kohlestift nicht unähnlich», erklärt er und schenkt mir den zeichnerischen Beweis. Liebenswürdigkeit, Zuhören und seine ruhige Stimme sorgen für Entspanntheit. Es waren die Kraft seines Naturells und die unbedingte Gewissheit seiner Berufswahl, die machten, dass er schon als junger Architekt mit Grössen wie Scarpa, Kahn und Le Corbusier verkehrte. Seine berufliche Zukunft war von Anfang an klar gespurt. Signore Botta, hätten Sie sich eine andere Tätigkeit als die des Architekten vorstellen können? Fotograf vielleicht, Kunstmaler, Bildhauer, in jedem Fall eine Aktivität in Zusammenhang mit dem Bild. Als junger Mensch fiel es mir leichter, bildnerisch zu gestalten, als mit Ton oder virtuellen Elementen zu arbeiten. Das Bild hat mich stets fasziniert, weshalb ich mich als Erstes aufs Zeichnen konzentriert und mich später in die Architektur verliebt habe. Und so lief alles… bestens… Wenn der Beruf den eigenen Passionen entspricht, geht alles einfach. Sie haben viele unterschiedliche Bauwerke realisiert – Privathäuser, Schulen, Kirchen, Banken, Bibliotheken, Museen, Kathedralen. Es mag paradox klingen, aber es ist nicht der Architekt, der entscheidet. Der Architekt wird gewählt mit dem Auftrag, über das Mandat die gesellschaftlichen Erwartungen zu interpretieren. In Wirklichkeit ist die Geschichte der eigentliche Kunde und Bauherr. Sie verbirgt sich hinter dem Auftraggeber, denn in Tat und Wahrheit geht es um kulturelle Sensibilität, um Ästhetik und Ethik der Epoche, die der Architekt quasi dolmetscht. Architektur ist immer Spiegelbild der Zeit, oft auch ein erbarmungsloses, da sie Hoffungen und Ambitionen einer bestimmten Epoche in eine physische Form fasst. Ein Bauwerk sollte seinen Erfinder überleben. Ist es schwierig vorauszusagen, welche Gebäude bleiben oder niedergerissen werden? Wir alle haben den Wunsch, ewig zu dauern, aber die moderne Kultur ist fragil. Alles und jedes hat mit der Zeit ein Ende. Auch die ägyptischen Pyramiden werden irgendwann, in sehr ferner Zukunft allerdings, verschwinden. Bauten sind vielfach an finanzielle und ökonomische Unternehmen gekoppelt, die vielleicht 25 oder 40 Jahre dauern. Es genügt zu beobachten, wie viele Gebäude der Sechziger- bis Siebzigerjahre bereits abgerissen worden sind, nur weil sie nicht mehr den aktuellen technischen und wirtschaftlichen Standards genügen. Wie hat sich die Rolle des Architekten entwickelt? Sie hat sich stark entwickelt, aber die wichtigste Änderung hat sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vollzogen. Zur Kultur des «Machens» gesellt sich die Kultur des «Denkens», und zwar in allen Bereichen. Die vielen Bereiche und Spezialisierungen machen den Architekten zum Regisseur. Mangelt es dem humanistischen Architekten an hervorragender Synthesekapazität und Gesamtvision, riskiert der kreative Akt unter den technische Lösungen der Spezialisten zu leiden. Apropos Regisseur, Sie haben auch Szenografien für Theater entwickelt. Das war amüsant, aber es ist nicht mein Metier. Bei der Szenografie handelt es sich nicht um die reelle Konstruktion von Raum, sondern um seine Evokation. Es braucht Trickfertigkeit, um virtuelle Konstruktionen zu kreieren, die Welten suggerieren, in die das Publikum dem Alltag entfliehen kann. Dies ist die Magie des Theaters, der Ort des kollektiven Imaginären. Was rufen Ihre Bauwerke mit den schlichten geometrischen Formen beim Betrachter hervor? Es ist eine formale Spiegelung der Geschichte. Ich trage in mir ein Wissen, das mir nicht vollständig gehört. Ich bin der geistige Erbe der Bewegung Neues Bauen, von Bauhaus, Picasso, Giacometti, Paul Klee, Mondrian. Diese Kultur hat mich für die finale Synthese, für die Architektur geformt. Ihr Name wird auch mit der Tessiner Schule in Verbindung gebracht. Man spricht zwar von der Tessiner Schule, tatsächlich waren wir aber eine Gruppe von Freunden, die eine wunderbare kulturelle Solidarität verband, die zusammen arbeiteten, aber mit ganz unterschiedlichen Sprachen, Tendenzen und Zielen. In den Siebzigerjahren begann man, die Werke bewusst wahrzunehmen, aber im Grunde genommen handelte es sich eher um eine äusserliche als eine innerliche Bewegung. Sie wohnen nicht in einem modernen Haus. Nein, ich bewohne eine ehemalige Seidenspinnerei, die zu einem Loft umgebaut wurde. Mein Atelier ist hingegen in einem modernen Gebäude untergebracht. Welches sind die wegweisenden Bauwerke in der Schweiz? Die besten Architekten sind die Berge. Aus diesem Grund sind besonders im Tessin viele bedeutende Architekten ausgewandert, da sie in einem architekturalen Raum aufgewachsen sind. Es ist stets der Kontext, der den Charakter der Architektur prägt. Die der Wüste wird von der Wüste bestimmt, der der Prärien und der Berge von den Prärien und den Bergen. Architektur ist nicht das Objekt oder das Volumen, sondern in erster Linie die räumliche Beziehung, die das Volumen mit dem Kontext verbindet. Architektur ist also nie neutral? Nein, und sie kann auch nie nur eindimensional sein. Architektur hat immer einen sozialen und kollektiven Anspruch. Selbst wenn ich eine grosse Villa für einen PrivatFinanz und Wirtschaft LU X E | 99 @SDKHDQYTOOHMFDQBG B O U D O I R | I N T E RV I E W Ist die Gründung der Accademia di Architettura Mendrisio nicht eine Form Ihres Erbes? Es ist mehr als ein Erbe, sondern vielmehr das Bedürfnis, das Metier anders zu interpretieren. Es gibt in der Schweiz schon zwei hervorragende Schulen in Lausanne und in Zürich, und es hätte somit wenig Sinn gemacht, technische Bereiche zu multiplizieren und beispielsweise Mathematik, Logik oder Physik zu vermitteln. Mir ging «Ich führe ein klösterliches Leben: Arbeiten und Ruhen.» Sandro Campardo es darum, ein neues Profil zu entwickeln, das sich mit den Bedingungen der Modernität auseinandersetzt, wo Tempo und Komplexität der Veränderungen vom Architekten mehr humanistisches als technisches Wissen verlangen. Es war interessant festzustellen, dass die Schule sich darauf besinnt, diese Problematik zu formulieren. Für Lösungen sind Markt, Industrie und Handel zuständig. kunden baue, ist der Bauherr Repräsentant seiner Epoche. Es gibt keine individuellen Launen oder Moden, die nicht das Produkt einer Epoche sind. Selbst Gaudí, der ein Genie war, war ein Kind der aufgeklärten Gesellschaft des jungen 20. Jahrhunderts. Mit etwas Abstand stellt man fest, dass er wirklich ein Vertreter seiner Epoche war, der nur in dieser Zeit arbeiten konnte, weder 30 Jahre früher noch 30 Jahre später, und dies alles trotz seiner gewaltigen Kreativität. rung der weiblichen Schönheit anderseits. Die Sprache bleibt gleich, trotz der sehr gegensätzlichen Themen. In der Architektur kann die Sprache auf Analogien und Ähnlichkeiten beruhen und doch ganz verschiedene Geschichten erzählen. Sie haben Ihre bevorzugten Materialien – Naturstein und Backsteine –, die für Kohärenz Ihrer Bauten sorgen. Kann man von Stil sprechen? Der Begriff Stil gehört eher in die Vergangenheit, ich bevorzuge den Ausdruck Sprache. Jeder von uns hat ein Vokabular, das gezwungenermassen autobiografisch ist. Denken wir an Picasso, der für «Guernica» und «Les demoiselles d’Avignon» die gleiche Sprache benutzt hat: den Schrei des Mörders einerseits und die Bewunde- Sprechen wir von Ihrer Nachfolge. Gibt es eines Tages Mario Botta & Partners? Nach mir werden die Leute anders arbeiten. Ich habe das grosse Glück gehabt, schon als sehr junger Mensch zu arbeiten und so Erfahrungen sammeln und meine Sprache reifen zu lassen. Wer am Anfang steht, soll bei null beginnen. Wenn man kopiert, dann übernimmt man vor allem die Fehler, die viel evidenter sind, analog der Karikatur oder einem Slogan, als das Authentische. 100 | Finanz und Wirtschaft LU X E Wie kompensieren Sie Ihre intensive Aktivität? Ich bin ein Eigenbrötler, führe ein klösterliches Leben – Arbeiten und Ruhen. An elected official or a part in a striking watch? Nur wenige Architekten können von Welterfolg träumen. Wie sehen Sie den Beruf des Architekten der Zukunft? Solange es Menschen gibt, braucht es Häuser. Die Organisation des Lebensraums ist zweifellos eine der konstantesten Aktivitäten des Menschen. Der Mensch kann nicht nur in bereits Gebautem wohnen, er braucht für seinen Lebensraum neue Möglichkeiten. Sie haben viele religiöse Bauwerke erstellt – die Kathedrale von Evry, die Kirche Santa Maria degli Angeli, die Synagoge Cymbalista und das Zentrum für jüdisches Erbe in Tel Aviv. Ich begann mit dem Wiederaufbau einer kleinen Kirche im Maggiatal (Chiesa di San Giovanni Battista in Mogno), die von einer Lawine zerstört worden war. Ich mag es, Aspekte des Sakralen mit dem ursprünglich prosaischen Raum zu verbinden. Wenn ich könnte, würde ich nur Kirchen und Tempel bauen. Weil erstens in diesen Strukturen die technischen und funktionellen Elemente unwichtiger sind als beispielsweise in einer Bibliothek oder in einem Theater. Und weil zweitens diese Räume ausserhalb unseres Alltags liegen. | Discover the world of Fine Watchmaking at www.hautehorlogerie.org The Foundation’s Partners : A. Lange & Söhne | Audemars Piguet | Baume & Mercier | Bovet | Cartier | Chanel | Chopard | Corum | Fédération de l’industrie horlogère suisse | Girard-Perregaux | Greubel Forsey | Harry Winston | Hermès | Hublot | IWC | Jaeger-LeCoultre | JeanRichard | Montblanc | Musée d’art et d’histoire de Genève | Musée d’Horlogerie Beyer, Zürich | Musée d’horlogerie du Locle, Château-des-Monts | Musée international d’horlogerie, La Chaux-de-Fonds | Panerai | Parmigiani | Perrelet | Piaget | Richard Mille | Roger Dubuis | TAG Heuer | Vacheron Constantin | Van Cleef & Arpels | Zenith Finanz und Wirtschaft LU X E | 101