Haus der Wannsee
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Haus der Wannsee-Konferenz Raum 13 – Konzentrations- und Todeslagera Konzentrationslager waren von 1933 an ein zentraler Bestandteil des nationalsozialistischen Herrschaftssystems. In ihnen wurden zunächst vor allem Menschen als politische Gegner inhaftiert. Mit der Vorbereitung und Durchführung des Krieges bauten die Nationalsozialisten das System der Konzentrationslager aus. Zum nationalsozialistischen Lagersystem gehörten auch die Todeslager im besetzten Polen. Dort wurden Millionen Juden aus vielen Ländern Europas im Rahmen der „Endlösung der Judenfrage“ ermordet. Im Oktober 1941 begann mit dem in Betrieb genommenen Todeslager Chelmno (dt. Kulmhof) und weiteren Plänen für die drei Todeslager Belzec, Sobibor und Treblinka im Generalgouvernement das industriell organisierte Morden. Im Generalgouvernement lief der Massenmord unter der Tarnbezeichnung „Aktion Reinhardt“. Organisator der „Aktion Reinhardt“ war der von Heinrich Himmler eingesetzte SS- und Polizeiführer Odilo Globocnik. Auschwitz und Majdanek waren als einzige sowohl Konzentrations- als auch Todeslager. Für die Konzentrationslager mit ihren zahlreichen Nebenlagern war seit Frühjahr 1942 das Wirtschaftsverwaltungshauptamt der SS verantwortlich. Speziell für diesen Zweck ausgebildete SSMannschaften befehligten die Konzentrationslager, SS-Wachmannschaften standen für die Bewachung der durch Stacheldraht, elektrische Zäune und Wachtürme gesicherten Gelände bereit. Für die Organisation im inneren Bereich der Lager setzte die SS zwangsweise Häftlinge in Kontroll- und Arbeitsfunktionen ein. Die „Aktion Reinhardt“ Die „Aktion Reinhardt“ zielte auf die planmäßige und systematische Ermordung der Juden im Generalgouvernement, später richtete sie sich gegen Juden aus vielen europäischen Ländern. Von März 1942 bis November 1943 wurden mehr als 1,75 Millionen Juden sowie etwa 50.000 Sinti und Roma ermordet. Mit den Todeslagern Belzec, Sobibor und Treblinka erreichte der Völkermord an den europäischen Juden eine neue Dimension. Auf kleinstem Gelände und mit wenig Personal wurden innerhalb kürzester Zeit Hunderttausende ermordet. Alle ankommenden Personen wurden ohne Selektion oder Registrierung vom Zug zu einem abgegrenzten Teil des Lagers geführt. Sie mussten sich entkleiden, den Frauen wurde das Kopfhaar geschoren. Ihnen wurde erklärt, sie befänden sich in einem „Durchgangslager“. Ein schmaler Gang endete in den Gaskammern, die als Baderaum ausgegeben wurde. Die Menschen erstickten innerhalb von 20 Minuten qualvoll durch Motorenabgase. Kleidung und Gepäck der Ermordeten füllten umfangreiche Magazine und wurden dann mit Zügen in das Deutsche Reich gebracht und weiter verwendet. Befehligt und organisiert wurde jedes Lager von nicht mehr als ungefähr 30 SS- und Polizeioffizieren. Ein Teil des Personals und die Kommandanten hatten zuvor Erfahrungen beim Massenmord an Kranken („Euthanasie“) gesammelt. Zur Bewachung setzte die SS ehemalige sowjetische Kriegsgefangene ein, die im Lager Trawniki ausgebildet wurden. Ein kleiner Teil der Häftlinge wurde in Kommandos als so genannte Arbeitsjuden eingesetzt. Nach wenigen Wochen wurden auch sie ermordet und durch neue Kommandos ersetzt. In Treblinka und Sobibor kam es 1943 zu Aufständen und zur Flucht der zum Tode bestimmten „Arbeitsjuden“. Aus allen drei Lagern haben weniger als 200 Häftlinge den Krieg überlebt. 1 Tagebucheintrag 27. März 1942 von Joseph Goebbels, Reichspropagandaminister und Gauleiter von Berlin (Joseph Goebbels, Tagebücher) „Aus dem Generalgouvernement werden jetzt, bei Lublin beginnend, die Juden nach dem Osten abgeschoben. Es wird hier ein ziemlich barbarisches und nicht näher zu beschreibendes Verfahren angewandt, und von den Juden selbst bleibt nicht mehr viel übrig.“ Joseph Goebbels, Tagebücher, 27. März 1942 Odilo Globocnik (1904-1945), SS- und Polizeiführer im Distrikt Lublin, verantwortlich für die Organisation und Durchführung der "Aktion Reinhardt" Das Mordprogramm an den Juden steht für Globocnik in einem engen Zusammenhang mit den Germanisierungs- und Kolonisierungsplänen für den Distrikt Lublin und darüber hinaus. Globocnik bittet um eine umfangreichere Treibstoffzuteilung. Als Referent im Persönlichen Stab des Reichsführers Heinrich Himmler setzt sich Grothmann für Lösungen hinsichtlich des Treibstoffmangels ein. Mit der genannten "Auslandsanlieferung", die nun angelaufen sei, sind Deportationszüge von Juden aus Westeuropa gemeint. Christian Wirth (1885-1944), Kriminalbeamter, Büroleiter in den „Euthanasie“Tötungsanstalten Brandenburg, Hadamar und Hartheim. Erster Kommandant von Belzec, später Inspekteur der Lager der "Aktion Reinhardt" Albert Ganzenmüller (1905-1987), Dr.-Ing., Staatssekretär im Reichverkehrsministerium und stellvertretender Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn 2 Schreiben von Ganzenmüller an Wolff vom 28. Juli 1942 und dessen Antwort vom 13. August 1942 (BA Berlin) Schriftwechsel zwischen Karl Wolff und Albert Ganzenmüller. Wolff begrüßt den schnellen Verlauf der Deportationen und damit die effiziente Abwicklung des Mordprogramms. 3 Abschluss der „Aktion Reinhardt“ Belzec, Sobibor und Treblinka wurden im Laufe des Jahres 1943 aufgelöst und alle Spuren beseitigt. Nichts sollte an den Völkermord erinnern. Globocnik bilanzierte anschließend die Einnahmen aus den geraubten Werten der Ermordeten. 4 Aufstellung der Werte der zur Ablieferung angelangten „Judensachen“ bis zum 3. Februar 1943, auf persönliche Anfrage Himmlers verfasst von Globocnik (BA Berlin) 5 Wehrmacht-Frachtbrief für den Transport von Häftlingen mit der Deutschen Reichsbahn, Endpunkt Sobibor, vom 4. November 1943 (BA Berlin) Die Todeslager Sobibor und Treblinka hatten zu diesem Zeitpunkt ihren Betrieb eingestellt. Die Häftlinge mussten vermutlich als „Arbeitsjuden“ die gesammelten Effekten der Ermordeten in das noch bestehende Arbeitslager „Alter Flugplatz“ nach Lublin bringen. Dort wurden die Sachen sortiert und weitertransportiert. 6 7 Schreiben Odilo Globocniks an Himmler vom 4. November 1943 betr. Abschluss der Aktion Reinhardt 8 Antwort Himmlers an Globocnik vom 30. November 1943: "... Ich spreche Ihnen für Ihre großen und einmaligen Verdienste, die Sie sich bei der Durchführung der Aktion Reinhardt für das ganze deutsche Volk erworben haben, meinen Dank und meine Anerkennung aus." (BA Berlin) 9 Belzec Belzec liegt nahe der Eisenbahnlinie Lublin – Lemberg. Es wurde als erstes Lager der „Aktion Reinhardt“ errichtet. Seit dem 17. März 1942 transportierte die Reichsbahn in Güterzügen täglich tausende Juden aus Ghettos der umliegenden Distrikte nach Belzec; neben der großen Anzahl polnischer Juden später auch deutsche, österreichische, tschechische und slowakische Juden. Belzec galt als Experimentierfeld für das industriell organisierte Mordprogramm. Im Sommer 1942 ließ die SS die ursprünglich aus Holzbaracken bestehenden Gaskammern abreißen und durch Steinbauten ersetzen. Jüdische Häftlinge wurden ab November 1942 gezwungen, die Massengräber zu öffnen und die Leichen auf Scheiterhaufen zu verbrennen. Alle noch lebenden „Arbeitsjuden“ ließ die SS in Sobibor erschießen. Im März 1943 wurde das Gelände des Todeslagers umgepflügt, bepflanzt und durch die Errichtung eines Bauernhofes getarnt. Die Gesamtzahl der Opfer des Todeslagers Belzec liegt bei mehr als 430.000. SS-Wachmannschaft des Todeslagers Belzec hinter der Kommandantur, 1942 (USHMM Washington D.C.) v.l.n.r.: Fahrer (im schwarzen Mantel), Fritz Tauscher, Karl Schluch, Reinhold Feix, unbekannt, Karl Gringer, Ernst Zierke, Lorenz Hackenholt, Arthur Dachsel und Heinrich Barbel. 10 Auszug aus einer Meldung von Jäcklein, Zugwachtmeister der Schutzpolizei vom 14. September 1942 in Lemberg, betrifft: Umsiedlerzug von Kolomea nach Belzec (RGVA Moskwa) „ Schon nach kurzer Fahrzeit versuchten die Juden die Waggons nach allen Seiten und sogar die Wagendecken zu durchbrechen. Es gelang auch teilweise dies durchzuführen, sodass ich schon 5 Stationen vor Stanislau den Bahnhofsvorsteher in Stanislau fernmündlich bat, Nägel und Bretter für eine behelfsmässige Verschliessung bereitzulegen und mir den Bahnschutz zur Bewachung zuzuteilen. (…) Dies alles half jedoch sehr wenig, denn schon einige Stationen später, als der Zug wieder stehen blieb, musste ich feststellen, dass schon wieder grössere Löcher ausgebrochen und der ganze Draht an den Lüftungsfenstern abgerissen war. (…) Das Kommando hatte die mitgeführte Munition inzwischen verschossen und auch 200 Schuss, die ich von Wehrmachtsangehörigen erhalten hatte, sodass wir uns mit Steinen vom fahrenden Zug und mit dem aufgepflanzten Seitengewehr beim haltenden Zug helfen mussten. (…) Die immer grösser werdende Panik unter den Juden, hervorgerufen durch die starke Hitze, Überfüllung der Waggons bis zu 220 Juden, der Leichengestank – es befanden sich beim Ausladen der Waggons etwa 2000 Tote in den Wagen – machten den Transport fast undurchführbar.“ 13.4. Sobibor Sobibor war in einer dicht bewaldeten und dünn besiedelten Gegend im Osten des Generalgouvernements gelegen. Von Mai bis Juli 1942 wurden ungefähr 100.000 Juden aus der umliegenden Region Lublin und aus dem Deutschen Reich nach Sobibor gebracht; von Oktober 1942 bis Juni 1943 weitere Juden aus Polen und den Niederlanden, aber auch aus Frankreich, der Slowakei, Theresienstadt sowie aus Litauen und Weißrussland. Die drei Gaskammern wurden im Sommer 1942 ausgebaut. Am 14. Oktober 1943 entwaffneten Häftlinge ihre SS-Bewacher, töteten zwölf von ihnen und durchbrachen die Lagerumzäunung. Über 300 Menschen versuchten zu fliehen, nur 47 Überlebende sind heute namentlich bekannt. Das Lager wurde nach dem Aufstand von der SS aufgelöst, alle Spuren wurden verwischt. Annähernd 250.000 Juden wurden in Sobibor ermordet. SS-Mannschaft von Sobibor, Alexander Kaiser, Franz Hoedl, Hubert Gomerski (von li. nach re.), undatiert (USHMM Washington D.C.) 11 13.5. Treblinka Treblinka lag an der Eisenbahnlinie Warschau – Bialystok. Von Juli bis Oktober 1942 wurden dort mehr als 310.000 Juden, vor allem aus dem Warschauer Ghetto, ermordet. Darüber hinaus kamen 450.000 polnische Juden aus den Gebieten um Radom und Bialystok, Juden aus Griechenland, der Slowakei, aus Theresienstadt sowie ungefähr 2.000 Sinti und Roma nach Treblinka. Die Gaskammern wurden im Herbst 1942 weiter ausgebaut. Seit März 1943 mussten Häftlinge auf Befehl der SS die Massengräber öffnen und die Leichen verbrennen. Einigen Häftlingen gelang es am 2. August 1943, Waffen zu erbeuten und zu fliehen. Von 300 am Aufstand Beteiligten überlebten etwa 70. Die zurückgebliebenen Gefangenen wurden von der SS getötet. Die SS ließ danach das Lager abreißen und zur Tarnung ein Bauernhaus errichten. Mehr als 900.000 Menschen wurden in den 14 Monaten, in denen das Todeslager Treblinka bestand, ermordet. Andere Häftlinge beschreiben die hier genannte Hinrichtungsstätte als Gang oder Schlauch zu den Gaskammern. Diese werden hier mit dem Tarnnamen „Bad“ bezeichnet. Mit der „Baracke der Besatzung“ sind wahrscheinlich die Werkstätten und Magazine der jüdischen Arbeitshäftlinge gemeint. Abram Jakub Krzepicki (1917-1943) war am 25. August 1942 nach Treblinka deportiert worden. Als „Arbeitsjude“ eingeteilt, gelang ihm nach 18 Tagen die Flucht. Im Warschauer Ghetto berichtete er über Treblinka. Diesen Bericht mit einer Skizze des Todeslagers zeichnete Rachela Auerbach, eine Mitarbeiterin des Ringelblum Archivs, auf. In der Wohnung des Historiker Emanuel Ringelblum hatte im November 1940 die Gründung des Ghettoarchivs Oneg Shabbat stattgefunden. Hier wurde eine Vielzahl von Materialien und Dokumenten, auch persönliche Nachlässe, gesammelt und archiviert. Oneg Shabbat arbeitete als interdisziplinäres Forschungsinstitut und wurde ein Teil des aktiven Untergrunds im Warschauer Ghetto. Der Bericht von Krzepicki wurde zusammen mit anderem Material des Ringelblum-Archivs 1950 bei Bauarbeiten in Warschau gefunden. Richard Glazar schrieb als Überlebender von Treblinka seine Erlebnisse auf: „Die Falle mit dem grünen Zaun. Überleben im Treblinka“ (Auszug) „Geleitet wird alles von SS-Männern. Zur Hilfe haben sie junge Ukrainer als SSWachmänner. Und dann sind wir noch da, etwa tausend, eine Zahl, die täglich aus den ankommenden Transporten aufgefüllt wird. (…) Meistens werden die Neuen denjenigen Kommandos zugeteilt, die auf dem Sortierungsplatz die Sachen aus den Transporten ordnen. (…) Zum Beispiel den Blauen mit den blauen Armbinden, die die Transporte auf dem Bahnhofe empfangen und die Leute und ihr Gepäck von der Zufahrtsrampe schnellstens wegschaffen müssen. Oder zu den Roten mit den roten Armbinden, die den Leuten auf dem Entkleidungsplatz beim Ausziehen helfen und den Frauen, die sich weigern, die Kleider vom Leib herunterreißen müssen. Das verlangt nach einem schon recht abgebrühten Burschen. (…) Im unteren Teil des Sortierungsplatzes häuft sich das Material zum Verarbeiten für die Sortierungskommandos. (…) Koffer und Rucksäcke, gewöhnliche Säcke mit Schnüren anstatt Tragriemen, Tausende von Stiefelpaaren, zusammengebunden und aufgehäuft zu einem schwarzen, zottigen und bröckelnden Berg, elegante und schäbige Halbschuhe, Latschen, feine Damenwäsche, zerrissene verlauste Mäntel. Unglaublich, woraus das letzte Gepäck von Abertausenden besteht. (…) Jetzt sortiere ich schon mit Routine. Ich passe auf, eigentlich passe ich vor allem auf, und so arbeite ich auch. Fortwährend in Lauerstellung, unaufhörlich wittern, von wo die Gefahr kommen könnte.“ Richard Glazar (1920-1997) war einer der wenigen Überlebenden des Aufstandes von Treblinka. Seine böhmisch-jüdische Familie lebte in Prag. Nach Jahren im Versteck wurde Richard Glazar im Sommer 1942 entdeckt und erst nach Theresienstadt, von dort nach Treblinka deportiert. Außer ihm hat von seiner Familie lediglich seine Mutter Auschwitz und Bergen-Belsen überlebt. Nach dem Krieg lebte er bis 1968 in der Tschechoslowakei, danach in der Schweiz. Er trat als Zeuge in den 1963 und 1971 stattfindenden Prozessen gegen die Mörder von Treblinka auf. 12 13.6. Majdanek Das Lager Majdanek wurde im Herbst 1941 in Lublin errichtet. Seit dem Sommer 1942 war Majdanek gleichzeitig Konzentrations- und Todeslager. Es wurde weit mehr als Hunderttausend Menschen, hauptsächlich aus Polen, aber auch aus anderen europäischen Ländern, nach Majdanek deportiert. Der größte Teil der deportierten Juden überlebte das Lager nicht. Die KZ-Häftlinge starben an Hunger, Erschöpfung, Krankheit, durch Erschießungen und schwerste Misshandlungen. Viele Juden wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft in Gaskammern mit Kohlenmonoxyd oder Zyklon B getötet. Ein Teil des Lagers wurde für Frauen und Kinder ausgebaut. Die Häftlinge wurden hauptsächlich in Arbeitskommandos in den SS-Bekleidungswerken eingesetzt. Hier sortierten sie größtenteils das geplünderte Eigentum der durch die „Aktion Reinhardt“ ermordeten Juden. Im April 1944 ordnete die SS die Auflösung des Lagers an. Tausende KZ-Häftlinge wurden in andere Konzentrationslager deportiert. Zuvor hatte die SS versucht, die Spuren ihres Mordens zu verwischen. Lieferung von Zyklon B an das KZ Majdanek. "An die Verwaltung des Konzentrationslagers Lublin... Wir haben bei unserem Lieferwerk nachgefragt, wann mit der Lieferung der restlichen 2658 Büchsen Zyklon aus Ihrem obigen Auftrag zu rechnen ist, und werden Ihnen sofort nach Erhalt einer Antwort Bescheid geben. (...) Bei dieser Gelegenheit bitten wir um Mitteilung, ob Sie die lt. unserem Telegramm vom 12.7.43 bereitgestellten 500 kg Zyklon inzwischen bereits von Dessau haben abholen lassen." 13 Schreiben von Tesch und Stabenow, Internationale Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung, Hamburg an die Verwaltung des Konzentrationslagers Lublin vom 25. August 1943, Betrifft: Auftrag Nr. 23 vom 8. Juni 1943 (PMM Lublin) „Es war zu Anfang des November 1943. Wie jeden Tag, kam ich morgens um 7 Uhr zur Arbeit. Bei meiner Ankunft in den Werkstätten, die unter meiner Aufsicht standen, und die ganz dicht bei dem Stacheldrahtgitter des Schutzhaftlagers lagen, bemerkte ich mehrere Polizeikompanien, die eine starke Postenkette rund um den ganzen Drahtzaun des Lagers gezogen hatten. Kein einziger Häftling kam an diesem Morgen zur Arbeit, und ich hatte tatsächlich keine Ahnung, was los war. Ich fragte einen Kameraden, woraufhin ich erfuhr, das alle jüdischen Häftlinge erschossen werden sollten. Die jüdischen Häftlinge gehörten allen möglichen Nationalitäten an, meistens waren es Deutsche, Polen und Slowaken, aber auch Franzosen, Belgier und Holländer. Es wurden auch alle Häftlinge, die nicht im eigentlichen Lager wohnten, und die, die in den Deutschen Ausrüstungswerken in Lublin und in den Schneiderwerkstätten beschäftigt waren, ins Lager zurückgebracht. (…) Die Häftlinge mußten den Drahtzaun in jeweils drei Gruppen zu zehn Mann passieren, und dann, nachdem sie sich hatten ganz ausziehen müssen, in dem tags zuvor ausgehobenen Gräben entlang gehen, worauf sie, anfangend vom anderen Ende, erschossen wurden.“ Auszug aus dem Affidavit von Michael Ruppert, Angehöriger der SS-Lagermannschaft von Majdanek, vom 23. September 1945 (IfZ München) Unter dem Namen „Aktion Erntefest“ ließ Himmler innerhalb von zwei Tagen über 40.000 Juden im Distrikt Lublin ermorden. Allein an die 18.000 Juden wurden am 3. November 1943 in Majdanek erschossen. Die anderen Massenerschießungen fanden in Poniatowa und Trawniki statt. Bauarbeiten an den Magazinbaracken im KZ Majdanek, Herbst 1942 (USHMM Washington) 14 13.7. Auschwitz-Birkenau Das Stammlager Auschwitz ließ Heinrich Himmler mit einem Befehl vom 27. April 1940 errichten. Im Oktober 1941 folgte der Aufbau des Lagers Birkenau. Die Gefangenen dort waren hauptsächlich Juden aus ganz Europa, daneben nichtjüdische Polen und Deutsche sowie sowjetische Kriegsgefangene. In Birkenau bestand seit August 1942 auch ein Lager für Frauen. Ein dritter Lagerteil umfasste Buna-Monowitz und weitere Arbeitslager. Die SS befehligte mit ihrem Kommandanturstab und anderen Abteilungen sowie den SSWachmannschaften den gesamten Lagerkomplex. Funktionshäftlinge mussten unter dem Befehl der SS den täglichen Ablauf innerhalb des Lagers organisieren. Im Frühjahr 1942 wurden zwei Bauernhäuser zu Gaskammern umgebaut. Im Laufe des Jahres 1943 gingen insgesamt vier neue Gebäude mit Krematorien und Gaskammern in Betrieb. Mindestens 1,1 Millionen Juden wurden aus ganz Europa nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Davon verlor ungefähr eine Million ihr Leben. Mehr als 20.000 Sinti und Roma fielen dem rassistischen Mordprogramm ebenfalls zum Opfer. 15 Alle Fotos: Auschwitz-Album (YV Jerusalem) Ankunft und Selektion in Auschwitz. Unmittelbar nach ihrer Ankunft wurden die Menschen von SS-Männern mit Hilfe von Kapos an der Rampe in zwei Gruppen geteilt. Alte Menschen, Frauen mit Kindern und Kranke wurden direkt in die als Duschräume getarnten Gaskammern geschickt. Diejenigen Frauen und Männer, die als arbeitsfähig eingeteilt wurden, kamen zur Zwangsarbeit in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Diese Fotos zeigen die Ankunft von Juden aus dem in der Karpatho-Ukraine liegenden Ghetto Berehovo am 26. Mai 1944. Das Auschwitz-Album. Diese Fotos von der Ankunft in Auschwitz vom Mai 1944 wurden als Dokumentation von den SS-Männern Bernhard Walter und Ernst Hoffmann angefertigt. Sie befinden sich in einem Fotoalbum, das von Lilli Jacob in Mittelbau-Dora unmittelbar nach ihrer Befreiung gefunden wurde. Die 18jährige Lilli kam aus Bilke, einem Ort im ungarisch-ukrainischen Grenzgebiet. Alle Bilder Juden wurden ins Ghetto und dann nach Auschwitz deportiert. Lilli war die einzige Überlebende ihrer großen Familie, die alle im Mai 1944 mit den fotografierten Zügen in Auschwitz ankamen. Sie war schockiert, als sie auf den Fotos nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Brüder und andere Menschen aus Bilke erkannte. 16 Schreiben von Kammler, SS-Hauptamt Haushalt und Bauten, 27. September 1941 (RGVA Moskwa) Anordnung zur Errichtung der zuerst als Kriegsgefangenenlager geplanten Lager in Auschwitz und Lublin 17 18 19 Auftragsbestätigung der Firma Topf & Söhne für Öfen und Anlagen des Krematoriums Auschwitz vom 4. November 1941 (RGVA Moskwa) 20 Fernschreiben aus dem Wirtschaftverwaltungshauptamt in Oranienburg an die Funkstelle der Kommandantur des Konzentrationslagers Auschwitz, 2. Oktober 1942, betr: "Fahrgenehmigung ... zwecks Abholung von Materialien für die Judenumsiedlung..." (APM Oswiecim) 21
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